Lichtdruck H. BESSON — Basel. Zur Erinnerung an unsern lieben Vater Herrn Dr. Ludwig Sieber-Bischoff bersandt von seinen Kindern Fritz Sieber, Herr und Frau Dr. Richard- Si ebei\ Basel, im Dezember 1891. BEGRABNISFEIER in der St. Peterskirche am 23. October 1891. Personalien. Herr Doctor Ludwig Sieber, den wir heute zur letzten Ruhestatte begleiten, wurde am 17. Marz 1833 als das jiingste von drei Geschwistern in Aarau geboren; seine Eltern waren Herr Christian Friedrich Sieber; Gastwirt in Aarau und spater in Baden, und Frau Susanna, geb. Munzinger. Schon im funften Jahre verlor er seinen Vater, und die Mutter siedelte bald nachher mit den Kindern nach Basel liber, woselbst sie geboren und ihr verstorbener Gatte eingebiirgert war; sie leitete bis zu ihrem im Jahre 1858 erfolgten Tode mit liebevoller Sorg- falt und wahrem christlichem Sinne die Erziehung des mit geistigen Gaben reich ausgestatteten Knaben und legte damit den Grund zu dem ernsten Streben, das ihn wahrend seines ganzen Lebens beseelte. Nach dem Verluste der geliebten Mutter lebte er ^30301 — jg 4 bis zu seiner Verheiratung imHause seines Schwagers Herrn Gessler-Sieber, mit dessen Familie er Freud und Leid teilte. Der Verstorbene durchlief als fleissiger Schuler die offentlichen Basler Erziehungsanstalten von der untersten Stufe bis zur Universitat und schloss dabei manchen fur das spatere Leben wichtigen Freundschaftsbund. Schon friih zeigte sich bei ihm eine Vorliebe fur das Studium der Sprachen, und zwar so, dass er nicht nur mit seinem klarenVer- stande die Feinheiten derselben zu erkennen suchte, sondern auch mit seinem Sinn fur schone Form es trefflich verstand, dieselben zu handhaben. Ganz besonders fiihlte er sich angezogen von unserem hochverdienten damaligen Universitatslehrer fur deutsche Sprache, Wilhelm Wackernagel, als dessen Schuler er sich zeitlebens betrachtete, und dessen akademische Vorlesungen liber Poetik, Rhetorik und Stilistik er spater auf Wunsch der Familie aus- arbeitete und veroffentlichte. Nachdem er noch zu seiner weiteren Ausbildung im Studium der klassischen und germanistischen Philo- logie die auswartigen Universitaten Gottingen und Berlin besucht hatte, kehrte er im Jahre 1855 reich ausgeriistet mit Kenntnissen in seine Heimat zuriick und iibernahm eine Lehrstelle zuerst am Realgym- nasium und dann am humanistischen Gymnasium und Padagogium. Durch die Sicherheit seiner Kennt- — 5 — nisse und den anregenden Vortrag, sowie durch die gewissenhafte und geschickte Behandlung des Lehrstoffes wusste er die Liebe seiner Schuler zu gewinnen; und manche bedauerten seinen Weggang von der Schule, als ihm im Jahre 1871 die Stelle des Oberbibliothekars an unserer offentlichen, der Universitat gehorigen Bibliothek iibertragen wurde. Wir diirfen wohl sagen, dass Ludwig Sieber nun hier reclit eigentlich an seinem Platze war; sein angeborener und durch Uebung ausgebildeter Ordnungssinn, seine piinktliche Gewissenhaftigkeit, sein vielseitiges und ausserordentlich zuverlassiges Wissen kamen ihm hier ganz besonders zu Statten, und wenn sich diese fur die Wissenschaft unserer Stadt vor allem wichtige Anstalt in der letzten Zeit so schon und reich entwickelt hat, dass man nun alles Ernstes damit beschaftigt ist, ihr ein neues Heim zu schafifen, so ist das wesentlich auch sein Verdienst. Leider wird es ihm nun nicht ver- gonnt sein, das so heiss ersehnte Ziel eines neuen geraumigen Hauses fur seine geliebte Anstalt selbst noch zu erreichen. Die Leitung der Bibliothek war fur den Ver- storbenen nicht nur das Amt, das er treu und ge- wissenhaft verwaltete, sondern zugleich seine erste und stets im Vordergrund stehende Lieblingsbe- schaftigung. Seine wissenschaftliche Arbeit in den freien Stunden schloss sich deshalb auch zum — uG 6 ■£* — grossten Teil an seine Tatigkeit auf der BibUo- thek an; wir denken dabei an manche griindliche Untersuchungen, die sich besonders auf die Ge- lehrtengeschichte unserer Stadt beziehen, und zu denen die reichen Schatze unserer Biichersammlung ihm den Stoff lieferten. Zu seinen Verdiensten um die Wissenschaft diirfen wir aber auch die mannigfachen Hilfeleistungen zahlen, die er in zuvorkommendster Weise hiesigen und auswartigen Gelehrten darbot, um das fur ihre Forschung Notige in unserem Biicherschatz heraus- zufinden. In Anerkennung seiner wissenschaftlichen Lei- stungen hat ihm die philosophische Fakultat unserer Universitat bald nach Antritt der Bibliothekarstelle den Doktorgrad erteilt. Schon friiher, im Jahre 1866, hatte sich der Verstorbene verehelicht mit Amalia Bischoff. Diese ausserst gliickliche, leider durch eine langere Krank- heit der Gemahlin gestorte Verbindung dauerte nur 15 Jahre; denn schon im Jahre 1881 wurde ihm die teure Gattin entrissen. Der verlassene Witwer fand seinen Trost hauptsachlich in der Erziehung der beiden ihm eng ans Herz gewach- senen Kinder; das erste, eine Tochter, ist nun seit zwei Jahren gliicklich verheiratet und hat vor weni- gen Monaten den Vater mit einer Enkelin be- gliickt; das zweite Kind, ein Sohn, lebte die letzten —oG ^ £P— zwpi Jahre allein mit dem Vater zusammen und durfte wie ein Freund seine geistige Anregung bei den Studien geniessen; erst vor einer Woche zog er vom heimatlichen Herd fort an eine fremde Uni- versitat und wurde schon nach wenigen Tagen an das Totenbett des geliebten Vaters zuriickgerufen. Am ofifentlichen Leben hat sich Dr. Sieber beteiligt als Mitglied des Grossen Rates, der Synode, des Erziehungsrates und der Inspektion des huma- nistischen Gymnasiums ; allein geleitet von dem Streben, seine Arbeit auf die Tatigkeit an der Bibliothek zu concentriren, gab er bald diese Posten wieder auf-, auch war ihm das politische und kirch- liche Parteiwesen sehr zuwider; er zog es vor, in Ruhe dem Amte und der Familie zu leben und die Mussestunden der Wissenschaft und Kunst zu widmen. In letzterer Hinsicht mag erwahnt werden, dass er ein feines Verstandnis fur Poesie hatte und besonders durch seine mundartlichen Dichtungen eine meisterhafte Beherrschung unseres Basler Dia- lektes beurkundete, und dass er von Jugend auf grosse Freude an der Musik und ganz besonders am Gesange hatte; schon in friiher Jugend trat er dem Basler Gesangverein bei und hat demselben stets warme Teilnahme entgegengebracht und ihm auch wahrend zwei Jahren als President vorgestanden; auch der Liedertafel gehorte er wahrend vieler Jahre als tatiges Mitglied an, Bei mehreren ge- — 0 G 8 ©s — meinnutzigen Vereinen sowie bei der Verwaltung der Lesegesellschaft hat er redlich mitgewirkt; eine ganz besondere Liebe wandte er jedoch der Basler historischen und antiquarischen Gesellschaft zu, die wesentlich seinem Eifer die schone Entwicklung in den letzten Jahren verdankt. Der Verstorbene war empfanglich fur dieFreuden edler Geselligkeit, und seine freundlichen, liebens- wiirdigen Umgangsformen machten aus ihm eitien stets gerne gesehenen Gast. Aber weit hoher stand die herzliche Zuneigung, welche er seinen naheren Freunden entgegenbrachte ; sie beruhte auf einem ernsten Zusammengehen hoherer Bestrebungen, und es kam dies gelegentlich zum deutlichen Ausdruck, wenn er am Feste eines Freundes eine eigene wissenschaftliche Arbeit als Gruss darbrachte und sie in sinnige Beziehung zu dem Leben und Wirken des Gefeierten zu bringen wusste. Der Dahingeschiedene erfreute sich im allge- meinen einer guten Gesundheit und konnte deshalb stets riistig seinen mannigfachen Arbeiten obliegen; immerhin hatte sich seit einiger Zeit mitunter eine wahrscheinlich von etwas mangelhafter Herztatig- keit herriihrende Miidigkeit geltend gemacht. Heute vor acht Tagen zeigte sich dann plotzlich bei ihm ein Unwohlsein; es war der Vorlaufer einer Lungenent- ziindung, die am letzten Sonntag deutlich auftrat. Alle Sorgfalt, welche die Seinigen und die Aerzte —zg 9 zukommen liessen, vermochten die grausame Krankheit nicht zu bannen ; eine eintretende Herz- schwache hatte zur Folge, dass schon nach drei Tagen die Krafte des teuren Lebens erschopft waren, und dass er letzten Mittwoch den 21. Ok- tober friih 6 Uhr sanft entschlief. Er hat sein Leben gebracht auf 58 Jahre, 7 Monate und 4 Tage. Wir wissen und fuhlen alle, was wir in Ludwig Sieber verloren haben, und wir hatten vollauf Ur- sache, dariiber zu klagen, dass er uns entrissen wurde zu einer Zeit, wo er noch so vieles hatte sein konnen fur seine Familie und seine Freunde, und wo er noch so manches hatte leisten konnen fur unser Gemeinwesen und unsere wissenschaftlichen Anstalten. Aber lieber als klagen wollen wir Gott dem Allmachtigen dafiir danken, dass er uns durch den Verstorbenen so vieles gegeben hat, und dass wir sein Lebensbild behalten diirfen als ein liebes Andenken und zugleich als einen Sporn, treu und gewissenhaft auszuharren auf dem Posten, an den wir gestellt sind. Leichenrede von August Linder, Pfarrer. Offenb. Joh. 2, io. Set getreu bis an den 7'o d, so will ich Dir die Krone des Lebens geben. Geehrte Trauerversammlung! Wer weiss wie nahe mir mein Ende, dass meine Seele geht in Tod; ach wie geschwinde und behende kann kommen meine Todesnot. In diesen Worten ist das ausgesprochen, was wir gewiss alle unwill- kiirlich empfunden haben, als wir die Nachricht von dem unerwartet schnellen Hinschied des Mannes erhielten, dessen sterbliche Hiille wir jetzt zu ihrer letzten Ruhestatte begleiten wollen. Ob freilich fur den Dahingeschiedenen die letzte Stunde seines Lebens auch so unerwartet schnell hereingebrochen ist, das wissen wir nicht; Gott ist gnadig und weiss die Seinen in der Stille wunderbar auf den Tod vorzubereiten. Jedenfalls ist aber auch dieser Todesfall fiir yn§ alle wieder — Ctf I I 00— eine ernste Mahnung, dass wir bei Zeiten unser Haus bestellen, damit wenn der Herr kommt, wir als wachende Knechte vor ihm erfunden werden. Worauf kommt es denn an, meine Lieben, wenn wir einmal im Gericht bestehen wollen? Was ver- langt der Herr von uns, wenn wir der ewigen Seligkeit sollen teilhaftig werden? Sei getreu bis an den Tod, so will ich Dir die Krone des Lebens geben. So hat der Herr Jesus einst vom Himmel her zu der Martyrergemeinde Smyrna gesprochen. So spricht er auch heute noch zu uns. Lasst uns ein paar Augenblicke bei der Be- trachtung dieses Wortes unseres erhohten Heilandes verweilen inErinnerung an unsern dahingeschiedenen Bruder und zum Trost seiner tiefbetriibten Ange- horigen. Es ist nicht das erste Mai, dass wir in der hi. Schrift zur Treue aufgefordert werden. Es zieht sich vielmehr dieser Gedanke, dass es bei uns auf die Treue ankommt, wenn wir vor dem Herrn be- stehen wollen, durch die ganze gottliche Offenbarung hindurch. Schon von Mose heisst es (Hebr. 3, 5) : er war treu in seinem ganzen Hause, und Paulus sagt im ersten Corintherbrief (1 Cor. 4, 2) : nun suchet man nicht mehr an den Haushaltern, denn dass sie treu erfunden werden. Auch kennen wir ja alle das Gleichnis von den anvertrauten Pfunden (Matth. 25, 24 — 30), in welchem uns der Herr auf —oG 1 2 ©o— das Genaueste dariiber berichtet, worauf es einmal ankommt, wenn wir vor ihm bestehen wollen, nicht auf die Grosse und den Glanz unserer Leistungen, sondern darauf, ob wir mit den uns anvertrauten Gaben treu umgegangen sind. Und nun hat eben hier am Schluss der gottlichen Offenbarung der Herr vom Himmel her noch einmal an seine Ge- meinde die Ermahnung gerichtet: sei getreu bis an den Tod! Wenn wir uns nun fragen, wie es mit dieser Treue bei uns bestellt ist, dann, meine Lieben, werden wir freilich dem Herrn gestehen miissen : es steht schlimm damit bei uns, es fehlt uns an der Treue im Grossen wie im Kleinen, an der Treue in unserem irdischen wie in unserem himmlischen Beruf, es fehlt uns an der Treue Gott und den Menschen gegeniiber. Uberall begegnen wir Be- gehungs- und Unterlassungssiinden; und im besten Fall werden wir nichts anderes sagen konnen als nur das : wir sind untreue Knechte, wir haben nur getan, was wir zu tun schuldig waren. Ich bin ganz iiberzeugt, auch der dahingeschiedene Freund wiirde uns viel mehr von seiner Untreue als von seiner Treue zu erzahlen gewusst haben. Zwar vom rein menschlichen Gesichtspunkt aus betrachtet, hat er, dem so schone Geistesgaben von Gott verliehen waren, gerade durch seine Treue, durch seine Punktlichkeit und Gewissen- —cG I 3 &— haftigkeit sich ausgezeichnet. Er wird in dieser Hinsicht noch lange Zeit fur Alle, die ihn gekannt haben, ein leuchtendes Vorbild sein. Wie hat er doch in seinem Beruf gelebt! Weil er seinen Be- ruf als einen nicht nur von Menschen, sondern vor allem von Gott ihm iibertragenen ansah, darum ist er ihm so lieb gewesen, und darum hat es ihm Gott gelingen lassen , treu zu sein in diesem sei- nem Beruf und in demselben viele Befriedigung und viele Anerkennung auch bei Menschen in der Nahe wie in der Feme zu finden. Und doch, meine Lieben, bleibt es dabei: wenn wir auch vor Menschen das Zeugnis erhalten diirfen, dass wir treue Haushalter in unserm Beruf gewe- sen sitid: vor Gott, der den Ewigkeitsmasstab an unser Tun anlegt, der ins Innerste unseres Her- zens hineinschaut . reicht dieses Zeugnis nicht aus. Da konnen wir uns nur verlassen auf Gottes Barm- herzigkeit, der uns unsere vielen Begehungs- und Unterlassungssiinden , auch unsere vielen Amtssiin- den um Jesu Christi, unseres Herrn und Heilandes willen in Gnaden zudeckt. Aber wir mochten ja doch gerne der Ermah- nung des Herrn: sei getreu bis an den Tod, nach- kommen. Wie geschieht denn das? Wo sollen wir denn die Treue hernehmen, die wir von Natur nicht haben, und die doch der Herr ganz entschie- den von uns verlangt? Nun, diese Treue werden — *? 14 t£- wir allein im Glauben finden, im Glauben an Gott und unsern Herrn und Heiland. Glaube an Gott, glaube an den, der Dich geliebet hat bis in den Tod, glaube an den, der zuerst gegen Dich unend- lich treu gewesen ist und Dir Dein Lebenlang Treue bewiesen hat, dann wird Dir auch in der Liebe zu Ihm Kraft geschenkt werden, gegen Gott und Men- schen treu zu sein. Teure Freunde! Es gibt keine Treue ohne Glauben, ohne einen lebendigen Glauben an einen lebendigen Gott, und wenn unter unserm Volk der Glaube an den lebendigen Gott aussterben sollte, dann wiirde es auch mit der Treue unter unserm Volke aus sein. Davon ist der Verstorbene gewiss aufs Tiefste durchdrungen gewesen. In diesem Glauben ist er seinem Hause vorgestanden, in diesem Glauben hat er gelebt, in diesem Glau- ben ist er gestorben, und dieser Glaube ist es ge- wesen , der ihm die Kraft gegeben hat, treu zu sein in dem Beruf, der ihm von dem Herrn, sei- nem Gott, iibertragen worden war. Es will freilich etwas heissen , nicht nur eine Zeitlang, sondern sein Lebenlang, ja bis in den Tod dem Herrn treu zu sein. Das hat die Ge- meinde von Smyrna erfahren, als die Verfolgungs- zeit liber sie hereinbrach. Da hat sich eben die Treue gegen den Herrn, der Glaube an Christum erst recht bewahren miissen. Nun leben wir ja in keinen solchen Verfolgungszeiten wie damals die — *? 1 5 ersten Christen, aber Zeiten der Versuchung, Zeiten der Priifung, die haben wir Alle zu gewartigen. Und ist nicht gerade fur Euch, liebe Trauernde, die Zeit, in der ihr Euch gegenwartig befindet, eine solche Priifungszeit? Wie gerne hatten wir Euch den lieben Vater noch gegonnt, an dessen Umgang Ihr so vielen Genuss hattet, der gerade auch fur das Familienleben einen so besonders feinen Sinn hatte! Aber in solchen Tagen der Trauer und des Todes, da gilt es eben gerade, treu zu sein und es fest zu glauben: Der Herr hat uns dennoch lieb, wenn er uns auch Wunden schlagt. Und wenn wir also treu sind bis an den Tod, welch’ herrliche Verheissung gibt doch auch uns der Herr, wie er einst zu Smyrna gesprochen hat: Ich will dir die Krone des Lebens geben! Wer spricht denn also? Kein Mensch. Nie hat ein Mensch also reden konnen. Leben kann uns nur der geben, der selbst das Leben ist, der einst zu der Gemeinde von Smyrna gesprochen hat : Das saget der Erste und der Letzte, der tot war und ist lebendig geworden. Der Siegeskranz aber, den wir einmal erlangen werden, wenn wir hie- nieden treu gewesen sind , ist kein verganglicher, sondern ein unverganglicher ; und wahrend in Griechenland nur Einer den Kranz erhalten konnte, konnen wir ihn Alle erhalten. So lasst uns denn, meine Lieben, nach dieser Krone trachten. Und wie —jG I 6 £>- — - der Entschlafene in seinem Berufe treu gewesen ist, so lasst auch uns in unserem irdischen wie in un- serem himmlischen Berufe treu sein. Der Herr aber troste die tief betriibten Hinterlassenen und starke sie immer mehr in dem Glauben an den, der ge- sagt hat: Ich bin der Erste und der Letzte, der tot war und ist lebendig geworden • und : S e i getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben. Amen. ANSPRACHE AM GRABE auf dem Kannenfeldgottesacker von Professor Andreas Heusler. Ich erfulle eine wehmiitige Pflicht, indem ich als Vertreter der Anstalt, an der unser Freund gewirkt hat, und im Namen der Universitat zunachst Ihnen, den Leidtragenden, und den Mittrauernden aus wei- teren Kreisen ausspreche, wie tief der Verlust uns trifft, den wir erlitten haben, und wie schwer wir den teuren Mann, den wir jetzt ins Grab legen, vermissen werden. Es mag sich ja an diesem Orte nicht wohl geziemen, alle die Verdienste, die er sich um uns erworben, aufzuzahlen, es mag hier an dem Einen geniigen : was zum Besten gehort, das von einem Manne gesagt werden kann, das gilt von unserem Freunde: was er war, das war er ganz und mit Leib und Seele. Er hat mit wahr- haft, idealer Begeisterung den Beruf und das Amt, das ihm anvertraut worden, ergriffen, er ist darin aufgegangen und hat seine* Bibliothek so in sein Herz eingeschlossen, dass alles, was an Freud und Leid ihr widerfahren ist, von ihm empfunden wurde, — 1 8 ©*— als sei es ihm personlich geschehen. Und diese voile Hingebung an die Sache hat ihn nicht ruhen lassen, sich durch griindlichstes Studium mit den viel- verzweigten Fragen des Bibliothekswesens bekannt zu machen, und unzahligeMale habe ich Veranlassung gehabt zu bewundern, mit welcher Sachkenntnis er dieses Gebiet beherrscht hat, und wie auch das Kleinste, scheinbar Nebensachlichste ihm vertraut und immer gegenwartig fur praktische Verwertung zur Hand war. Und jetzt, da wir vor der Verwirk- lichung des langen Sehnens nach Neugestaltung unserer Bibliothek stehen, vor der Verwirklichung des hbchsten Wunsches, der unsern teuren Ver- storbenen in den letzten Jahren vollig beherrscht und erfiillt hat, jetzt, da wir die schonsten Friichte seiner reichen Erfahrung und Kenntnisse zu ge- niessen hofften, da seine wohlerwogene Meinung, sein zutreffendes Urteil uns unentbehrlich schienen, reisst ihn der Tod aus unserer Mitte, und 'fair fiihlen uns wie verwaist. Da konnten wir wohl mutlos werden, wenn uns nicht das Gefiihl der Dankbarkeit gegen ihn erhobe und uns mahnte, alle unsere Krafte einzusetzen, um das, was er uns, ich mochte sagen als seinen letzten Willen, als sein teuerstes Vermachtnis hinterlassen hat, zu gliicklicher Voll- endung zu fiihren. Mit diesem Vorsatze und in der Hoffnung, dass sein Andenken wiirdig geehrt werde, wollen wir von dieser Statte scheiden. — e® 19 ^ Aber nicht damit allein; ich darf auch ein Wort des Dankes auf dem Grabe niederlegen im Namen der Vielen, die immer, so oft sie seines literarischen Rates und seiner Beihiilfe bedurften, in ihm einen bereitwilligen und dienstfertigen Berater und Heifer gefunden haben. Und vielen unter uns ist er noch mehr, ist er ein lieber Freund gewesen. Manchen, die hier stehen, und so auch mir ist er von friiher Jugendzeit an durch ununterbrochene und unwandelbare Freundschaft eng verbunden ge- wesen. Der Kreis der Jugendfreunde lichtet sich nachgerade stark*, um so schmerzlicher ist jede neue Liicke, und diese letzte trifift besonders hart : es war gar zu schon, mit dem teuren Verstorbenen zu verkehren, er hatte fur alles Teilnahme und herz- liches Entgegenkommen, und, wenn ich noch von mir selbst reden darf: an den Tagen, da ich ihn nicht auf seinem Arbeitszimmer, wenn auch nur zu fliichtiger Begriissung, aufsuchen konnte, mangelte mir etwas, und ich weiss, dass es ihm auch so ging. Ja, Du bist ein treuer Freund gewesen, auf den man sich verlassen konnte, zuverlassig und rein wie Gold, das sei Dir von Herzen gedankt und das bleibt Dir unvergessen ! NACHRUF eines Freundes. Du sahst, im Geist, schou weite Raume Und wandeltest im neuen Haus, Da schlagt ein Blitz in deine Traume Und loscht sie aus. Ein kleines Haus ist dir geworden; Wir steh’n erschiittert bis ins Mark An seinen engen schwarzen Pforten, An deinem Sarg. Verwaist steh’n «deiner» Bucher Scharen, Die wie ein Vater du gehegt, Auf die du schiitzend in Gefahren Die Hand gelegt. Im eig’nen Lebensbuch zu wenden Noch manches Blatt gedachtest du — Da nimmt der Tod dir’s aus den Handen Und klappt es zu. Doch dem Gedenkbuch deiner Lieben Hast du ein Blatt ja einverleibt, Und was du auf dies Blatt geschrieben, Das lebt und bleibt. — y. Dr. L. Sieber’s Verdienste um die BIBLIOTHEK von Professor Andreas Heusler, President der Bibliolheks-Kommission. Im Mai des Jahres 1871 trat Ludwig Sieber sein Amt als Bibliothekar an, und sein Streben war von Anfang an darauf gerichtet, nicht nur das Laufende gewissenhaft zu besorgen, sondern mit dem ganzen Bibliothekswesen sich vertraut zu machen. In dieser Richtung wurde er ganz besonders ge- fordert durch eine Reise nach Deutschland im Herbst des Jahres 1882, welche die Besichtigung der be- deutenden deutschen Bibliotheken, namentlich in Gottingen, Halle und Dresden zum Zwecke hatte. Von daher datiren auch grossenteils die engen Beziehungen, die er mit den hervorragendsten deutschen Bibliothekaren bis an sein Lebensende unterhielt. Und von daher stammt auch die Ueber- zeugung von der vollig unzweckmassigen, ja gerade bibliothekszweckwidrigen baulichen Einrichtung un- serer Bibliothek und der daraus entspringende Wunsch — o© 22 ©J— vollstandiger Ablosung dieser Anstalt von dem Museum. Freilich dieser Wunsch musste vorerst noch ganz in den Hintergrund treten, solange nicht eine geradezu in die Augen springende Raumnot ihn rechtfertigenkonnte. Und in dieser Beziehung war fur einige Zeit vorgesorgt worden durch Ueberlassung des von der physikalischen Anstalt verlassenen Saales im Museum an die Bibliothek. Aber diese Raume fiillten sich bald durch wertvolle Geschenke, die kurz nach einander unserer Anstalt zu Teil wurden, die Biichersammlungen der verstorbenen Professoren W. Wackernagel, K. R. Hagenbach, W. Vischer, J. J. Stahelin, spater die Meyer’sche Portratsammlung und noch in letzter Zeit die Bi- bliothek von Prof. K. Steffensen. Die Aufnahme, Aufstellung und Katalogisirung dieses umfassenden Zuwachses unserer Sammlung nahm Sieber in den ersten Jahren seiner Amtstatigkeit stark in An- spruch, wurde aber mit Hiilfe der von ihm trefflich instruirten und in die Sache eingefiihrten Unter- beamten verhaltnismassig rasch vollendet. Die Hauptaufgabe, die ihm sein Vorganger und Freund W. Vischer hinterlassen, musste allerdings dariiber zuriickgestellt werden, die Erstellung eines neuen einheitlichen Katalogs, der die fur die verschiedenen Facher und die verschiedenen Sale getrennt exi- stirenden Kataloge zusammenfassen sollte. Was diese neue Arbeit durchaus notig, zugleich aber —off 23 ©=— auch zeitraubend und miihselig machte, war der Um- stand, dass die alten Kataloge vielfach ungenau sind und daher die Biichertitel nicht einfach aus ihnen in den neuen Katalog transcribirt werden konnen. Die jetzigen Kataloge sind teilweise aus friiheren abgeschrieben worden, bei denen der merkwiirdige Brauch beobachtet wurde, alle Biichertitel, auch die deutschen, lateinisch zu verzeichnen, was bei einem kleinen Biicherbestande allenfalls ertraglich sein kann, bei grosserer Ausdehnung aber die Be- nutzbarkeit der Kataloge natiirlich fast ganz illu- sorisch macht. Als vor drei Jahren endlich die grosse Arbeit an die Hand genommen werden konnte, hatte Sieber in unermiidlicher Weise schon ein vollstandiges System fiir die Katalogisirung durch- gedacht und mit einem Hiilfsbeamten (Hr. Dr. C. Chr. Bernoulli) eine in alles Detail eindringende Instruktion aufgestellt, so dass nun die Arbeit von vornherein in einen festen sicheren Gang ge- bracht war. In den letzten Jahren wurde nun auch die Er- weiterung und Vergrosserung der Bibliotheksraum- lichkeiten unabwendbar; es hatten schon einzelne Teile der Biichersammlung in Dependenzen ausser- halb des Museums untergebracht werden miissen, was die Verwaltung sehr schwerfallig machte. Es durfte nicht mehr gezogert werden, die Frage ernstlich zu beraten, wie der Bibliothek Raum zu schaffen -etf 24 So— sei. Ein aus friiherer Zeit stammendes Projekt hatte fur diese Eventualitat die Losung in Aussicht genommen, dass die naturhistorische Sammlung aus dem Museum entfernt und mit der vergleichend ana- tomischen vereinigt in einem neuen Gebaude, das zugleich fur Lehrzwecke einzurichten ware, unter- gebracht wiirde, die dadurch freiwerdenden Raume des Museums aber derBibliothek zugewiesen wiirden. Gegen diese Idee richtete sich Sieber mit der ganzen Kraft seiner Ueberzeugung und der ganzen Scharfe der Beweisfiihrung auf Grund seiner reichen Er- fahrung. Er wies nach, dass wie die jetzigen Bibliotheksraume durchaus bibliothekswidrig und unpraktisch seien, so auch die neuen durchaus un- geniigend und unzweckmassig fiir die Bibliotheks- bediirfnisse waren, und dass mit erheblichen Kosten doch nur etwas Unerfreuliches und auf die Dauer Unhaltbares geschafifen wiirde. Die Raum- und Lichtverhaltnisse seien den Erfordernissen einer Bibliothek nicht gewachsen und etwas Befriedigendes konne nur durch einen Neubau erstellt werden. Griindliche Kenntnis der modernen Bibliotheks- bauten gab seiner Argumentation die feste Grund- lage, die jeden Widerspruch aus dem Felde schlug, und er hatte die Freude, dass seine An- sicht auch in den vorgesetzten Behorden adop- tirt und die ersten Einleitungen zu Erstellung eines neuen Bibliotheksgebaudes getroffen wur- -ctf 25 Sw- eden. Die offentliche Ausschreibung einer Kon- kurrenz fur Bauplane, die im letzten Sommer er- folgte, basirte auf einem Programm, das Sieber ausgearbeitet und wobei er alles, was von neuen Bibliotheksbauten wie Halle, Strassburg ihm als Muster vorleuchtete, in meisterhafter Weise bis ins kleinste Detail auf unsere Bediirfnisse und Verhalt- nisse angepasst und zusammengestellt hatte. Leider wird er im Preisgericht, als dessen Mitglied er be- zeichnet war, seine massgebende Stimme nicht mehr erheben. Das administrative Geschick, die mehr tech- nische Tatigkeit Siebers ist aber nicht einmal das, was ihn als Bibliothekar ausgezeichnet hat. Hoher steht uns die Auffassung, die er von seiner Auf- gabe und Stellung fur das wissenschaftliche Leben und Forderung wissenschaftlicher Interessen hatte. Vorerst moglichste Erleichterung der Benutzung der Biichersammlung war seine bestandige Sorge, aber freilich innerhalb der Schranken, welche die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Verwaltung der Bibliothek erfordertei Man hat ihn hierin oft verkannt und seine Ablehnung iibertriebener und ordnungswidriger Begebfren, wenn sie auch vollig gerechtfertigt war, getadelt. Was moglich und zu- lassig war, dazu hat er immer mit unermiidlicher Bereitwilligkeit die Hand geboten. Namentlich so- dann im Verkehr nach aussen und im Erteilen von — cG 26 ©0— Auskunft aller Art und Mitteilung des von ihm selbst Gefundenen und Entdeckten fur fremde Ver- wertung war er dienstfertig liber Alles. Er war hierin so recht das Gegenteil vieler Bibliothekare, welche keinem Andern etwas von ihren Schatzen gonnen; welche alles, was ihre Bibliothek von unedirten Handschriften besitzt , selbst nutzbar machen und selbst zuerst dem Publikum bekannt geben und dadurch glanzen wollen ; ihm lag nichts daran, dass sein Name genannt werde und auf neuen Publikationen als Herausgeber figurire, sondern dass das Gefundene iiberhaupt ans Tageslicht gestellt und dass die Wissenschaft gefordert werde. Eige- nes Interesse und die zahlreichen Anfragen aus dem In- und Auslande fiihrten ihn namentlich zu intensiver Beschaftigung mit den Handschriften und den Incunabeln unserer Bibliothek besonders in der Richtung der Geschichte der Buchdruckerkunst und der Gelehrtengeschichte des 15. und 16. Jahr- hunderts, und zumal die Buchdruckerei- und Ge- lehrtengeschichte Basels in dieser Periode war seine Spezialitat; der ging er mit Vorliebe nach, und er legte sich irn Laufe der Jahre eine Sammlung von Collectaneen an, aus deren Reichtum er in libe- ralster Weise einer Menge von Gelehrten oft zu deren grossten Uberraschung Beitrage zu ihren Arbeiten und Aufschliisse liber Zweifel erteilen konnte. Immer die kleinsten Beobachtungen , die — eG 27 " 0 s — er nach dieser Richtung machte, zusammentragend, die Notizen, die er bei zufalligen Gelegenheiten in einer Handschrift oder einem Buche fand, festhal- tend und aufzeichnend, erwarb er sich eine stau- nenswerte Kenntnis auf dem bezeichneten Gebiete, die wesentlich andern zu Gute kam. Aus Frank- reich, wo derartige Studien heutzutage besonders stark von Bibliophilen aller Art getrieben werden, war sein Rat ausnehmend gesucht, und er ge- noss dort des grossten Ansehens als Autoritat auf diesen Gebieten, wie denn auch ungezahlte franzosische Schriften nicht genug preisen konnen, was sie dem savant Dr. Sieber verdanken. Man kann bedauern, dass er nicht dazu gekommen ist, das reiche Material, das er liber die Basler Gelehr- ten und Buchdrucker der Renaissancezeit gesam- melt hat, in einer zusammenhangenden Darstellung zu verarbeiten ; es bleibt uns nur der geringe Trost, dass Vieles davon in Werke anderer iiber- gegangen ist und dass hoffentlich seine Collec- taneen auch kiinftigen Forschern noch mannigfach niitzlich sein werden. Dr. Sieber’s Wirken in der HISTORISCHEN GESELLSCHAFT. Worte, gesprochen vom Prasidenten Professor Albert Burckhardt-Finsler in der Sitzung vom 29. Oktober 1891. Hochverehrte Herren! Sie alle wissen genau, nein Sie empfinden es im tiefsten Herzen, was der Hinschied von Doctor Ludwig Sieber fiir die historische und antiquarische Gesellschaft zu bedeuten hat, was wir alle dem selig Entschlafenen zu verdanken haben, und welche Liicke durch seinen Tod bei uns entstanden ist. Es ware vielleicht das Richtigste, wenn wir uns in Schweigen hiillen und auf diese stumme Weise der allgemeinen Trauer den entsprechenden Ausdruck verleihen wiirden. Allein da tritt uns die freundliche Gestalt des Heimgegangenen vor die Augen, der so oft bei frohen und traurigen Anlassen das richtige Wort an uns gerichtet hat. — Nein, wir wollen unsern Schmerz nicht grollend und hadernd verbeissen, sondern wir wollen lieber — 29 zu unserm Troste von ihm, dem Verstorbenen, reden, uns nochmals sein Bild vor die Seele rufen , und wollen in wehmutiger Dankbarkeit des vielen Guten und Schonen uns erinnern, was uns alien im ein- zelnen und unserer Gesellschaft als solcher durch Ludwig Sieber geboten worden ist. Am elften November des Jahres 1862 trat der Verstorbene der atitiquarischen Gesellschaft bei, und am 13. November desselben Jahres erfolgte auf Vorschlag von Konrektor Fechter seine Auf- nahme in die damals noch getrennt bestehende historische Gesellschaft. Wahrend der ersten Zeiten seiner Mitglied- schaft hat sich Ludwig Sieber weniger an den Ar- beiten der beiden Vereine beteiligt, war doch da- mals noch fast seine ganze wissenschaftliche Tatig- keit philologischen Studien im engern Sinne des Wortes gewidmet. Erst als durch seine Wahl zum Oberbibliothekar das Schwergewicht seiner Arbeit von selbst auf das historische und antiquarische Gebiet verlegt wurde, trat er auch mit einer grossern Abhandlung in der antiquarischen Gesellschaft auf. Am 18. Dezember 1873 hielt Ludwig Sieber seinen ersten Vortrag und zw’ar liber das von ihm aufge- fundene juristische Kartenspiel des Thomas Murner. Bald darauf handelte es sich um die Vereini- gung der beiden Gesellschaften. Von jeher hatte er der freiern Bewegung innerhalb dieser Kreise — 3O 'cX — das Wort geredet, und so half er dena auch mit Freuden dazu, diese fiir Basels historische und anti- quarische Bestrebungen so erfolgreiche Fusion nach Kraften zu fordern und durchzufiihren. Jetzt be- gann denn auch eine rege Tatigkeit des Entschla- fenen, allenthalben war er bemiiht, der neuen ver- einigten Gesellschaft Freunde und Mitglieder zu werben. Wie oft hat er uns ans Herz gelegt, doch ja dafiir zu sorgen, dass alle, welchen die Vater- stadt und ihre Vergangenheit lieb ist, sich unsrer Gesellschaft anschliessen, und mit welcher Freude hat er nicht jeweiien, wenn er die Leitung in Han- den hatte, die neu Beigetretenen angemeldet und begriisst ! Mit der ihm eigenen verbindlichen Liebens- wiirdigkeit verstand es Ludwig Sieber, die weitesten Kreise fiir die Sache der Gesellschaft zu interes- sieren-, Gelehrte und Ungelehrte, Alte und Junge, alle hatten jeweiien beim Umgang mit ihm das- selbe wohltuende Gefiihl, dass er ganz besonders freundlich und zuvorkommend mit einem jeden von ihnen verkehre. Auch als die Gesellschaft ihren alten Raumlichkeiten auf der Lesegesellschaft ent- wachsen war, da ist er es gewesen, welcher in erster Linie sich tatig zeigte, um uns einen neuen, alien verschiedenartigen Wiinschen entsprechenden Sitzungssaal zu verschafifen. Da war es denn seine besondere Freude, recht viele Mitglieder der Ge- -C- sellschaft auch nach Beendigung des wissenschaft- lichen Teiles der Sitzung vereinigt zu sehen, um der Geselligkeit zu pflegen , welche er stets durch irgend eine Vorweisung aus dem reichen Schatze der ihm anvertrauteu Bibliothek zu beleben und zu vertiefen im Stande war. Gerne denken wir auch daran, wie der Entschlafene stets mit uner- miidlicher Sorgfalt bestrebt war, dem Vortragenden, wenn immer moglich, an die Hand zu gehen durch Ausstellung diesbeziiglicher Abbildungen , so dass jeweilen eine reiche Sammlung von Bildern das gesprochene Wort illustrirte. Die Kostbarkeiten seiner eigenen Biichersammlung und die Pracht- stiicke der Bibliothek, sie prangten da auf dem wohl bekannten Gestell und erregten jedes Mai das berechtigte Staunen und den aufrichtigen Dank der Besucher unserer Sitzungen. Wenn aber erst ein besondrer Anlass kam, wenn es gait, gelehrte Gesellschaften aus dem Auslande oder liebe Freunde und Mitarbeiter aus der Eidgenossenschaft zu em- pfangen, da war Ludwig Sieber stets mit der glei- chen Zuvorkommenheit bereit, den Gasten durch eine interessante Ausstellung Ehre zu erweisen und ihnen zu zeigen, was Basel an historischen und lit- terarischen Schatzen in seinen Anstalten beherberge. Im Oktober des Jahres 1877 hielt die schwei- zerische geschichtsforschende Gesellschaft in Basel ihre Jahressitzung ab, da lesen wir denn wortlich — =