THE UNIVERSITY OF ILLINOIS LIBRARY 781 .5 'ffliJL I83S - r c . i ; - ..... a ' it I ■' , ' • ' >• •• k ' , ‘ . v . < . ' M,;i •' - . ' - - i ■ 1 ,> : - ... / v ' ■ / .SA- I, , s' y ;y \ ' 1 ' 1 ’ 1 *5 • vQl - i . v. s ' t 1 ' yp /' » ' 7 . . - , ■ - - ' • * ' •' ■“ ■ ! \ % ' N . ' * • - _• / - mx-v - . ■> . t - - ^ / . * / i '■ • > ' • r : > > , . . i . . - f \ • ’ ■ < Die praktischen Studien zur Theorie der Musik. In drei Lehrbuchern bearbeitet von Ernst Friedrich Richter ■weil. Professor, Kantor an der Thomasschule und Musikdirektor an den beiden Hanptkirchen, Universitatsmusikdirektor und Lebrer am Konigl. Konservatoriurn der Musik zn Leipzig. Erster Band: Lehrbuch der Harmonie. Leipzig, Druck und Verlag yon Breitkopf & Hartel. 1895. Lehrbuch der HARMONIE Praktisclie Anleitung zu den Studien in derselben zunachst fur das Konigl, Konservatorinm der Musik zn Leipzig bearbeitet von Ernst Friedrich Richter. Zwanzigste Auflage, mit Anmerkungen und Erganzungen versehen von Alfred Richter. Leipzig, Druck und Yerlag von Breitkopf & Hartel. 1895 . Alle Rechte, insbesondere das der Ubersetzung, yorbehalten. W 3L\ V^u V A lo ^ . Ar . \^M y n l-^vjcc IS 13 H4\ l \s— ^ Sekunde. Terz. Quarte. Quinte. Sexte. Septime. Oktave. GroBere Entfernungen zweier Tone werden einfach auf ihr Yer- haltnis in der tiefern Oktave reduziert. Anmerkung. Beziiglich der Prime vergl. »Alfred Richter, Elementarkennt- nisse der Musik«, S. 32, Anmerkung. Nahere Bestimmung der Intervalle. Man sieht leicht, dass die obige Darstellung der Intervalle sich auf die diatonische C-Durtonleiter grtindet, und dass die Yerhaltnisse der zwischen derselben liegenden Tone dabei nicht bertihrt sind. Ebenso ist die Begrttndung derselben samtlich von dem ersten Tone der diatonischen Tonleiter angenommen, wahrend jeder beliebige Ton der Tonleiter als unterer angenommen werden kann, wodurch sowohl die Tone der verschiedenen Stufen sich andern, als auch in diesen selbst sich kleine Yerschiedenheiten in der GrdBe der Stufen zeigen werden. Um in diesen mannigfaltigen Yerschiedenheiten einen klaren tJberblick zu gewinnen, mag man sich folgende Grundsatze merken: Die oben gezeigte Reihe der Intervalle, wobei der un- tere Ton als der erste Ton der Durtonleiter, die Reihe selbst diese bildet, dient zur Grundlage aller Intervallbestim- mung. Man nennt diese Intervalle zum Teil grofs, zum Teil rein. Jede chromatische Yeranderung dieser TSne, des obern sowohl, wie des untern, verRndert ihre Stufenzahl, also auch ihre Benennung nicht, sondern macht nur eine nahere Bestimmung derselben notig. So wird, wenn z. B. zur Quinte g irgend ein Kreuz hinzugefllgt wird, dieselbe immer Quinte bleiben, nur eine nahere Bestimmung sich notig machen, da sie offenbar eine andre Quinte geworden ist, als sie ursprtlnglich war. Einleitung. 3 n oder Da nun solche Verhnderungen der Intervalle durch chromatische Erhohung oder Erniedrigung derselben entstehen, bedient man sich fol- gender verschiedenen und dieselben nhher bezeichnenden Benennung: 1. Sekunden, Terzen, Sexten, Septimen, Nonen, die aus der Durtonleiter bei angenommenem ersten Ton derselben als un- terem entstehen, nennt man grofs; Primen, Quarten, Quinten, Oktaven rein. 2. Erniedrigt man den obern Ton der groBen Intervalle um eine kleine halbe Stufe, so entstehen kleine Intervalle. 3. Erhbht man den obern Ton der groBen und reinen Inter¬ valle um eine kleine halbe Stufe, so entstehen tibermaBige Intervalle. 4. Erhoht man den untern Ton der meisten reinen und klei- nen Intervalle um eine kleine halbe Stufe, so entstehen vermin¬ der te Intervalle. Zu \. i reine groBe grofle reine reine grofle groBe reine groBe _ -G>- Prime. Sekunde. Terz. Quart©. Quint©. Sexte. Septime. Oktave. Zu 2. None. kleine kleine Sekunde. Terz. Zu 3. iibermaBige iiberm. Prime. Sekunde. kleine •& Sexte. iiberm. — Quarte. kleine kleine —fe——-fe Septime. None. Iiberm. iiberm. Quinte. Sexte. NB. tibermaBige Septimen, Oktaven und Nonen kommen in harmonischen Verhaltnissen iiberhaupt nicht vor, tibermaBige Terzen nur in Ausnahmefallen (vgl. Anm. nach den Aufgaben Nr. 189), in welchen sich fast immer die reine Quarte wird substituieren lassen. Auch die iibermaBige Prime ist als Bestandteil eines Dreiklangs unmoglich, doch ist die Fortschreitung zur iibermaBigen Prime, die ja lediglich nur in der chromatischen Erhohung derselben Tonstufe besteht, bekanntermaBen etwas sehr Gewohnliches. Zu 4. verminderte verminderte verminderte verminderte verminderte -- fagr—~ — Tfx\. -^ ^ n ^ -ir' ll * *¥ Terz. Quarte. ¥ Quinte. ¥ Septime. ¥ Oktave. 1 * 4 Einleitung. Anmerknng. Verminderte Primen, Sekunden, Nonen sind harmonisch un- denkbar, wenn sie auch in melodischen Yerbindungen, d. h. in Bezug auf fort- schreitende Intervalle, nicht auf gleichzeitig erklingende, vorkommen konnen. Die verminderte Oktave findet sich haufig als Vorhaltvor (vgl.Nr. 223, Beispiel b), als ein harmonisches Verhaltnis ist auch sie unmoglicb. Die verminderte Sexte kommt wie die ubermaBige Terz nur in Ausnahmebildungen vor, und wird wie fiir die ubermaBige Terz die reine Quarte, fiir sie fast immer die reine Quinte stehen konnen. Bemerkung zu der Bildung der verminderten Intervalle. Der Grund, warum bei Bildung der verminderten Intervalle der untere Ton derselben erhoht worden ist, da doch ein gleiches Intervall entstehen wiirde, wenn der obere Ton erniedrigt wird, liegt in den eigentumlicken Umkehrungs- verhaltnissen samtlicher Intervalle, wovon weiter unten gesprochen werden soil. Ubersicht und Zusammenstellung der gebrhucblichsten Intervalle. Primen reine ubermaBige Sekunden groBe kleine ubermaBige. groBe T e r z e n kleine verminderte reine Quarten ubermaBige verminderte. Qu in te n reine ubermaBige verminderte groBe Sexten kleine IibermaBige. groBe Septimen kleine vermind. Oktaven reine vermind. Nonen groBe kleine. Einteilung der Intervalle in Konsonanzen und Disson anzen. Wenn man in der Musik von konsonierenden und dissonierenden Intervallen spricht, versteht man darunter nicht wohl- oder tlbel- klingende, was beide Worter auch wohl ausdrilcken konnen, sondern unter den ersten solche, deren Tone in reinem, befriedigendem Ver- haltnisse stehen, welches einer weitern bestimmten Beziehung zu Einleitung. 5 andern Intervallen als notwendiger Folge nicht bedarf, unter den letzten aber solche, die auf eine weitere Folge bestimmt hindeuten und ohne dieselbe keinen befriedigenden Sinn geben wtirden. Giei- ches gilt von den verschiedenen Akkorden, die durch die Zusammen- stellung ihrer Intervalle konsonierende und dissonierende sein konnen. Konsonanzen sind samtliche rein genannte Intervalle, dann die groBen und kleinen Terzen und Sexten. Die ersten werden auch vollkommene Konsonanzen, die letzten unvollkommene genannt. Dissonanzen sind die groBe und kleine Sekunde, groBe und kleine Septime, und samtliche tlbermaBige und vermin- derte Intervalle. Hiernach ergibt sich folgende Ubersicht: I. Konsonanzen. a. Vollkommene. Die reine Prime, reine Quarte, reine Quinte, reine Oktave. 1 4 NB. 5 8 -w- -__-_ rm ILU _ NB. liber das eigentiimliche Verhaltnis der Quarte erfolgt spater in der Harmonielehre weitere Erklarung, s. S. 147. b. Unvollkommene. Die groBe und kleine Terz, die groBe und kleine Sexte. II. Dissonanzen. Die tlbermaBige Prime, die groBe, kleine und tlbermaBige Sekunde, die verminderte Terz, die tlbermaBige und verminderte Quarte, die tlbermaBige und verminderte Quinte, die tlbermaBige Sexte, die groBe, kleine und verminderte Septime, die vermin¬ derte Oktave, die groBe und kleine None. libermaBige 1. groBe, kleine, iibermiiBige 2. verminderte 3. f —5 lip vermind. 4 . iiberm., vermind. groBe, kleine, verminderte 7. verminderte 8. 5. iiberm. 6. - groBe, kleine 9. -4 i g - & 6 Einleitung. Yersetzung (Umkehrung) der Intervalle. Wie schon oben angedeutet wurde, geht man bei Bestimmung der Intervalle in der Regel von dem untern Tone aus. Hat man jedoch Grttnde, das Verhaltnis zweier Tone von dem obern Tone aus zu be- stimmen, so nennt man die gefundenen: Unterintervalle. So ist z. B. d von g die Quinte, g aber von d die Unterquinte. Man sieht leicht, dass sich hierdurch das Intervall nicht verandern kann. Anders jedoch wird es, wenn das obere Intervall unter den ur- sprttnglich tiefern Ton, also um eine Oktave, versetzt wird. Da auf diese Versetzung in verschiedenen Kompositionsarten besonders Rticksicht genommen wird, mag hier eine Erklarung derselben er- folgen. Die diatonische Durtonleiter wird sich durch diese Yersetzung folgenderweise gestalten: Oberintervalle: 4 2 3 4 5 6 7 8 /2 ±4* ~ <3<3 <3 <3 <3<2 . ^ & GS*- Unterintervalle: 8 & 7 — cy - 6 5 4 3 2 4 Es ergeben sich also folgende Zahlenreihen: 4 2 3 4 5 6 7 8 8 7 6 5 4 3 2 4 das heiBt: aus der Prime wird durch die Yersetzung eine Oktave, aus der Sekunde eine Septime, u. s. w. Bildet die Versetzung der Durtonleiter die Grundlage, so wird filr alle Zwischenintervalle folgendes zu merken sein. 1. Alle reinen Intervalle bleiben bei der Yersetzung in die Oktave rein. 2. Alle grofsen Intervalle werden Mein, alle Meinen grofs, die iibermafsigen yermindert und die yerminderten iibermafsig. In folgender Tabelle sind alle Versetzungen tibersichtlich dar- gestellt: Urspriingliche Intervalle. Prim en Sekunden -fl-- n hijt — jj m - -g * .a 9 a . .Y 9 W~ H Okta -0- rei "' - ven verm. klein, Se ptim en groC, verm. —a ~ ■ -—«-h- —g—-f= -—— --—H :: : i d -rri—I' <*»■ S#- 9 V W BP Versetzung derselben. Einleitung. 7 grofl, 3= Terzen klein, verm. Quarten rein, liberal., verm. * -JSL Z&L £ ::ac klein, Sexten groB, tiberm. rein, Quin ten verm.. iiberm. E ;;g= 22 : Quinten rein, tiberm., verm. groB, Sexte n klein, tiberm. J 5 ' g.: "gi * — < g.. 1 (C?... ..... . rzg ( . £ — I Quarten Terzen rein, verm., tiberm. klein, groB, verm. 221 i 3 zsl jGL 2 Sep timen groB, klein, verm. he fct £ Oktaven rein, verm. i9 izz: p= 3 . i Sekunden klein, groB, tiberm. Prim en rein, tiberm. £ ■ft j 3- Eine genaue, sichere Kenntnis dieser wesentlichen Yersetzung der Intervalle ist nicht allein ftir die Ubungen im doppelten Kontra- punkt wichtig, sondern erleichtert schon bei einfacher harmonischer Struktur Versttindnis und Einsicht in dieselbe vorztiglich, weswegen das Studium derselben dringend zu empfehlen ist. Hier mogen noch einige Bemerkungen folgen. Der Grand, warum in der ersten Intervallentabelle (S. 4) alle verminderten Intervalle dadurch gebildet wurden, dass der untere Ton um eine kleine halbe Stufe erhoht, und nicht dadurch, dass der obere erniedrigt wurde, ist aus obiger Versetzungstabelle klar zu sehen. Da die verminderten Intervalle aus den tibermaBigen durch die Yersetzung in die Oktave entstehen, so kommt diese Bildung von selbst. Z. B. die tlbermaBige Quarte folgende verminderte Quinte ergeben: muss notwendig Ebenso gehcirt die reine Quarte ursprtinglich zu den Konso- nanzen, da sie sich durch die Yersetzung in die reine Quinte ver- 8 Einleitung. wandelt, ebenso wie die reine Quinte nur die reine Quarte erzeugen kann, und tlberhaupt niemals aus einer Konsonanz durch Versetzung in die Oktave eine Dissonanz entsteht. Es gescbieht dieses Intervalls deshalb hier besondere Erwahnung, weil in gewissen Fallen, die spater erwahnt werden, die Quarte eine ahnliche Bertlcksichligung yerlangt, wie manclie Dissonanz, was in frtlhern Zeiten manche Theo- retiker veranlasste, sie kurzweg ftlr eine Dissonanz zu erkldren. Ebenso wird klar sein, dass die tlbermaBige Oktave, sowie die Nonen nicht versetzt werden konnen, da sie nie Unterintervalle werden konnen, sondern bei der Versetzung in die untere Oktave immer Oberintervalle bleiben. Andre Versetzungsarten, wie in die Dezime und Duodezime, die ganz verschiedene Resultate liefern, konnen hier tibergangen werden, da sie auf unsre nachsten Studien keinen Einfluss tiben. Da eine vollstandige und sichere Kenntnis aller Intervalle zu den folgenden harmonischen Studien unentbehrlich ist, so wird sowohl eine schriftliche Ubung derselben, wie mtindliche Losung aufgegebe- ner Intervalle die richtige Vorstellung derselben sehr erleichtern, welche tlbungen wiederholt anzustellen sind. Anmerkung. Beziiglich des auf S. 1 vorkommenden Ausdrucks »diatonische Stufen« wird verwiesen auf »Alfred Richter, Elementarkenntnisse der Musik«, S. 5 und 4 5, beziiglich der durch Erniedrigung des oberen Tones gewonnenen verminderten Intervalle auf ebendas., S. 34. HARMONIELEHRE. Die aus verschiedenen Intervallen nach gewissen Grundprinzipien zusammengesetzten gleichzeitigen Tonverbindungen nennt man im allgemeinen: Harmonien, Akkorde. Die Harmonielehre weist die Gattungen und Arten der Akkorde nach und zeigt ihre nattirliche Behandlung. Diese besteht in der rechten,naturgemaBenVerbindung der Akkorde untereinander, d. h. in dem Gbergang, der Auflosung, der Verschmelzung einesAkkor- des in und mit dem folgenden. I. Abteilung. Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. Unter den verschiedenartigen Akkorden, die zur harmonischen Grundlage einer Komposition dienen konnen, kann man leicht solche, die selbstdndig ohne eine bestimmte Beziehung zu andern sich dar- stellen, unterscheiden von denen, die auf eine Yerbindung mit andern Akkorden deutlich hinweisen, daher nicht selbstandig sind. Kon- sonierende und dissonierende Akkorde. Zu den ersten gehoren die meisten DreiklSnge, zu den letzten die Septimenakkorde. Beide Arten bilden die Grundharmonien, von welchen alle tlbrigen Akkorde abgeleitet werden. Erstes Kapitel. Die DreiklSnge der Durtonleiter. Ein Dreiklang wird durch eine Zusammenstellung dreier ver- schiedener Tone gebildet. Der unterste derselben wird Grundton genannt, zu welchem dessen Terz und Quinte hinzugeftigt ist, z. B. & ft. 77T\ „ . 25 /V vM7-^- -c-*- Diese Dreiklange, von c, g und a gebildet, zeigen jedoch noch einen Unterschied in ihren Intervallen. Wahrend die Dreiklange von c und g hier durch groBe Terzen und reine Quinten gebildet sind, enthalt der Dreiklang von a eine kleine Terz und reine Quinte. 10 Harmonielehre. I. Abteilung. Ein Dreiklang mit groBer Terz und reiner Quinte wird Durdreiklang, ein Dreiklang mit kleiner Terz und reiner Quinte Molldreiklang genannt. Anmerkung. Die ErklSrung andrer Arten von Dreikldngen kann erst weiter unten folgen. Wie die diatonische Tonleiter den Inhalt einer Tonart ausmacht und die Grundlage der melodischen Reihen bildet, so werden auch die Dreiklange, die sich auf die verschiedenen Stufen der Tonleiter grtinden, den wesentlichen Teil des harmonischen Inhalts einer melodischen Reihe bilden. Natiirlicher Zusammenhang der Dreiklange einer Tonart. Der Dreiklang, der auf der ersten Stufe einer Tonart ruht, wird zwar der wichtigste, die Tonart bestimmende sein; mit ihm stehen aber andre in nachster Verbindung, die seine Stellung erst erlautern und bestimmen. Bei der nattirlichen, terzenweisen Darstellung des Dreiklangs zeigt sich die Prime als Grundton, die Quinte als hcichster Ton, gleichsam als Spitze desselben. 2 . -—- Prime. Quinte. Anmerknng. Jede weitere Hinzufiigung eines neuen Intervalls wiirde ent- weder den Akkord verSndert oder bereits vorha'ndene Tone doppelt darstellen. Der nachste mit diesem in Verbindung stehende Dreiklang muss als ein selbstandiger zwar auBerhalb der Klangmasse desselben lie- gen, aber sich doch auf einen Ton derselben sttltzen, aus ihm gewisser- maBen hervorgehen. Dieser Ton kann nur in den SuBern Grenzen des Akkordes zu linden sein, namlich in c und g. G , welches hier die Quinte ist, wird also den Grundton des zunachst stehenden Drei¬ klangs bilden, wahrend c in gleicher Weise die Spitze, die Quinte des andern, dessen Grundton F sein wtirde, ausmachen wird. Der Zusammenhang dieser drei Akkorde lasst sich am deutlich- sten auf diese Weise darstellen: Bei diesen drei in engster Verbindung stehenden Akkorden ist besonders zu bemerken, dass ihre Tone die samtlichen Tone der Ton¬ leiter enthalten; dass sie Grundztlge der Tonart bilden, und dass sie Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 11 deshalb in der Praxis am haufigsten benutzt werden und benutzt werden mtissen, wenn die Tonart selbst sich klar und deutlich darstellen soli. Ihrer Wichtigkeit wegen hat man ihnen auch besondere Namen zugeteilt. Der zuerst gefundene, auf der ersten Stufe der Tonleiter fuBende Akkord heiBt: der tonische Dreiklang, der zweite auf der fttnften Stufe: der Dominant-Dreiklang, der dritte auf der vierten Stufe: der Unterdominant-Dreiklang. Reiht man diese drei Akkorde in die Tonleiter ein, so stellen sie sich, ohne ihre innere Verbindung zu zeigen, so dar: li & ^ -/3 ■ - ■ — % S3 ^ AM ) a "tr & 25T- i IV V und sie zeigen sich samtlich als Durdreiklange. Anmerkung. Betreffs derAusdrucke Tonic a, Dominante und Unter- (resp. Sub-) Dominante, von denen obige Benennungen abgeleitet sind, vergl. »Alfred Richter, Elementarkenntnisse der Musik«, S. 29. Anwendung der gefundenen Harmonien. Bei der Anwendung dieser drei Akkorde bedienen wir uns hier, sowie auch bei spatern Akkorden, des vierstimmigen Satzes. Anmerkung. Die theoretische Akkordverbindung lasst sich zwar dreistimmig in vielfacher Beziehung gut darstellen. Sie wurde uns aber von unserm prak- tischen Ziele langer fern halten und mag deshalb der besondern Darstellung iiber- lassen bleiben. Der vierstimmige Satz wird immer als die Grundlage aller Kom- positionsarten seine Wichtigkeit behaupten. Wir betrachten aber jede Harmonie nicht als eine bloBe Masse, wie Kompositionen fiir das Pianoforte sie haufig darstellen, sondern verteilen ihre Bestandteile unter vier besondere Stimmen. Die obere Stimme wird Sopran, die unterste Bass, beide zu- sammen werden die auBeren Stimmen genannt; die zundchst unter dem Sopran liegende Stimme heiBt Alt, die liber dem Bass befind- liche Tenor, beide zusammen heiBen Mittelstimmen. Die partiturmaBige Anordnung dieser Stimmen ist folgende, und der Dreiklang wird sich etwa so darstellen lassen: 12 Harmonielehre. I. Abteilung. Ftlr die drei obern Stimmen hat man sicli frtiher besonderer Schltissel bedient, die, wenigstens teilweise, ihrem Umfange besser entsprechen, als der oben benutzte Violinschltlssel. Von diesen Schltisseln soli spater gesprochen werden. In neuerer Zeit benutzt man daftlr ziemlich allgemein den Violinschltlssel, doch setzt man, da dieser Schltissel dem Umfang des Tenor nicht gerecht wird, diese Stimme stets eine Oktave hoher, als sie klingt. Ftlr unsre ndchsten Ubungen wahlen wir der leichtern tJbersicht wegen nicht ftlr jede Stimme ein besonderes Liniensystem, sondern wollen die klaviermaBige Darstellung der Stimmen benutzen. Die Stimmenverteilung in Nr. 5 wird sich so darstellen lassen: 6 . Eine Bertlcksichtigung dieser verschiedenen Stimmen wird bei Akkordverbindungen in doppelter Beziehung stattfinden: einmal in Beziehung auf den Fortschritt jeder Stimme ftlr sich allein, d. h. ihres eignen melodischen Ganges, dann in ihrem Verhaltnis zu den tlbrigen Stimmen, welches beides rein und wohlgebildet sein muss. Das Resultat dieser beiden Bedingungen nennt man reine Stimmenftlhrung. Diese Reinheit der Harmonie und ihre Fortschreitung wird erreicht durch Aufsuchung und Ubung des Nattlrlichen und Ge- setzmaBigen der Harmonieverbindung. Hierdurch entsteht der sogenannte reineSatz, auch strenger Stil genannt, der aus der Natur der Musik selbst hervorgegangene Regeln und Gesetze vorschreibt, deren Beobachtung die sicherste Grundlage ftlr spStere freie Benutzung der Materialien ftlr die Kom- position bieten wird. Durch Ubungen im reinen Satze wird das Urteil gescharft, der Sinn ftlr das Wahre und Richtige gebildet und der Geschmack gelautert. Anmerktmg. Insofern jede Komposition durch richtigen Gebrauch aller zu Gebote stehenden Mittel und der hierdurch bewirkten Reinheit (hier gleich- bedeutend mit naturgemafiem Ausdruck) sich darstellen soil, wiirde der Begriff: reiner Satz im allgemeinen Sinne als sich von selbst verstehend keine weitere Erklarung veranlassen. Im engern Sinne versteht man aber unter reinem Satz noch etwas, was durch den gleichbedeutenden Ausdruck: strenger Satz, strenger Stil noch n&her und besser angedeutet wird, indem diesem der freie Stil entgegengesetzt werden kann, wogegen im wirklichen Sinne kein Gegensatz des reinen Salzes, etwa als unreiner Satz, anzunehmen ist, da, so haufig der letztere in der That auch vorkommen mag, dieser doch jedenfalls als falsch zu bezeichnen ware, wahrend der freie Satz seine Begriindung der Haupt- sache nach doch auf dem GesetzmaBigen des reinen Satzes haben konnte. Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 13 Wie oben angedeutet wurde, versteht man unter reinem Satz im engern Sinne einen solchen, der in der naturgemafien Entwickelung aller Tonverh<n isse die wenigsten Abweichungen von dem Gesetz maB igen und nur solche gestattet, die das Wesentliche, Grundziigliche nicht beriihren, und welche gehorig motiviert sind. 1st hierdurch der Begriff des reinen Satzes im allgemeinen bestimmt, so sind seine Grenzen noch nicht gezogen; und dies ist gerade ein Punkt, der dem Anfanger um so mehr Schwierigkeiten macht, als die Grenzen von den Theore- tikern selbst sehr verschieden bestimmt werden. Diese Schwierigkeit hat viele derselben, namentlich einige neuere, veranlasst, vom reinen Satze, vom strengen Stil gar nicht mehr zu sprechen, iiberhaupt sogleich mit der Komposition zu beginnen und die harmonischen Gesetze an den Zufalligkeiten derselben zu lehren. Ob diese Nachgiebigkeit gegen jugendliche Ungeduld, die sich nicht gern mit dem Abstrakten besch&ftigt, diese Richtung auf friihreifes Schaffen, ehe das Or- ganische sich zur Schaffensfahigkeit entwickelt hat, wirklich Reifes zu Wege bringen kann, soil hier nicht weiter untersucht werden. Mogen diejenigen, die den Ansichten dieses Buches folgen und ihre Studien ihnen gemafl machen, sowie alle, die eine strenge Schule durchzumachen haben, uberzeugt sein, dass durch das, was ihnen verboten wird, ihre Frei- heit fur zukunftiges Schaffen keineswegs verloren gehen, sondern sich auf natur- gemaBer Grundlage um so voller, lebenskraftiger entfalten wird. Die wirkliche Meisterschaft hat sich immer in der Beschrankung am genialsten geltend zu machen gewusst, wie im Gegenteil die ungebundensten Einfalle nicht selten den Beweis fiir Krankheit und Schwache des Geistes liefern. Auf der andern Seite kann der Schuler nicht berechtigt sein, von Ausnahmen aufgestellter Grundsatze, die sich bei den besten Meistern wohl finden durften, da Gebrauch zu machen, wo es sich um die Regel handelt, iiberhaupt da Kompositionen liefern zu wol- len, wo es gilt, Aufgaben theoretisch gut auszufiihren. Die bis jetzt bekannten drei Akkorde im vierstimmigen Satze zur Anwendung gebracht, werden Veranlassung zu Bemerkungen und Beobachtungen geben, woraus gewisse Grundztige und Regeln festzustellen sind. Da die DreiklSnge nur drei Tone enthalten, so muss ein Be- standteil (Intervall) derselben, wenn sie vierstimmig gebraucht wer¬ den sollen, verdoppelt werden. Anmerkung. In Betreff der vier Stimmen und deren partiturmassiger An- ordnung vergl. »Alfred Richter, Elementarkenntnisse der Musik«, S. 91 f. Jedes Intervall des Dreiklangs kann verdoppelt werden, nur bietet sich in den meisten Fallen der Grundton als der geeig- netste Ton zur Yerdoppelung dar, seltener die Quinte und Terz, welch letztere in manchen spater zu zeigenden Fallen gar nicht verdoppelt wird. Jede Yerdoppelung muss durch eine gute und korrekte Stim- menfilhrung bedingt sein. Um die Verbindung zweier Dreiklange herzustellen, ist folgende Regel zu beobachten: 1. Wenn ein Ton in zwei zu verbindenden Akkorden gemeinschaftlich vorkommt, wird er in derselben Stiinme beibehalten. Z. B. 14 Harmonielehre. I. Abteilung. In dem Beispiele a. findet sich fiir beide Dreiklange c als gemein- schaftlicher Ton; der Sopran, der das erste c enthalt, behalt es auch als Quinte des nachsten Akkordes. Ebenso in Beispiul b in welchem das g des Alts die Verbindung bewirkt. Die tibrigen Stimmen schreiten zu dem ihnen zunHchst liegenden Tone fort, wie bei a. der Alt von g zu a, der Tenor von e zu f, u. s. w. 2. Wenn in zwei Akkorden sich kein gemeinschaft- licher Ton zeigt, werden die Stimmen selbstandig in der Weise fortgeftihrt, dass keinemiteinerandernin Quinteii- und Oktavenparallelen erscheint. Um diese fehlerhafte Fortschreitung naher zu erlautern, soli zu- erst das Notige liber die Bewegung der Stimmen zu einander voraus- geschickt werden. Das Verhhltnis der Stimmen bewegung zu einander. Eine Stimme kann mit einer andern in gerader Bewegung [motus rectus), Gegenbewegung [motus contrarius ) und Seitenbewegung (motus obliquus) fortschreiten. Die gerade Bewegung entsteht, wenn zwei Stimmen zu gleicher Zeit steigen oder fallen, z. B. - -^^— -^-- . ' —& - ^^— - £3 -P -^ —o — - 1 - J -^- In Gegenbewegung zu einander schreiten die Stimmen fort, wenn die eine steigt, die andre fallt, z. B. Die Seitenbewegung entsteht, wenn von zwei Stimmen die eine auf demselben Tone liegen bleibt, wahrend die andre sich fort- bewegt, z. B. Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 15 Diese drei Bewegungsarten der Stimmen kommen bei Akkord- verbindungen in gemischter Weise vor. So zeigt sich in dem Beispiele Nr. 7 b. die gerade Bewegung zwischen Sopran und Tenor, die Gegenbewegung zwischen Sopran, Tenor und Bass, und die Seiten- bewegung zwischen Alt und den tibrigen Stimmen. Die oben erwahnte fehlerhafte Stimmenbewegung in Ok- taven- und Quintenparallelen kann nur bei der geraden Be¬ wegung zum Vorschein kommen, wenn z. B. zwei Stimmen schritt- oder sprungweise auf folgende Art fortschreiten: rth - ^r— -- ytT o & rj VY) ' ^ & ■ <3 Dieser Fehler gilt als solcher ftir alle Stimmen. Folgende Harmoniefortschreitungen enthalten beide Fehler: Im Beispiel a. sind parallele Oktavensprtlnge zwischen Sopran und Bass, im Beispiel b. Oktavenschritte zwischen Alt und Bass, und im Beispiel c. zwischen Tenor und Bass. Quintenparallelen finden sich in a. zwischen Alt und Bass, in b. zwischen Tenor und Bass, und in c. zwischen Sopran und Tenor, sowie zugleich zwischen Sopran und Bass. Das mechanische Mittel, diese und ahnliche fehlerhafte Fort- schreitungen zu vermeiden, ist ftir obige Falle die Benutzung der Gegen- und Seitenbewegung der Stimmen, d. h diejenige Stimme, die mit einer andern bereits eine Oktave oder Quinte ent- halt, muss mit dieser entweder in Gegenbewegung fortschreiten, oder, wenn der folgende Akkord denselbenTon enthalt, liegen bleiben. Die tibrigen Stimmen gehen sodann zu den ihnen zunSchst liegenden Ttjnen der neuen Harmonie tiber. So wird im Beispiel 12 a. die Seitenbewegung gegen eine Stimme, bei b. und c. die Gegenbewegung aller Stimmen gegen den Bass an- zuwenden sein, z. B. 16 Harmonielehre. I. Abteilung. Anmerknng. Der Grund des Oktavenverbots, dem sich das der Ein- klangsfortschreitungen anschlieBt, lasst sich leicht in der notwendigen Selb- standigkeit der Stimmen finden. Schwieriger ist es, den Grund des Ver- bots der Quintenfortschreitung, so sehr man von der Notwendigkeit des- selben iiberzeugt ist, festzustellen, und man hat sich von jeher viel Miihe gegeben, ihn klar und bestimmt auszudriicken. Man mag hieriiber folgende Ansicht priifen. Stellt jede Akkordgestaltung fiir sich ein geschlossenes Ganzes dar, wel¬ ches sich, es mag sonst gestaltet sein wie es will, hauptsachlich in seinem Grund- ton und der Quinte gleiclisam wie ein Kreis abscliliefit (die Septime als Hinzu- gefiigtes kann hier nicht in Betracht kommen), und konnen die Harmonieverbin- dungen nur dadurch hervorgebracht werden, dass ein Akkord in den andern gewissermafien ein- und aufgeht, so leuchtet ein, dass zwei Akkorde mit ihren Abgrenzungen, Quinte nach Quinte, nicht ineinander aufgehen, sondern, wenn sie nebeneinander gestellt werden, ohne Beziehung zueinander erscheinen werden. Man kann dies leicht beobachten, wenn man folgende Satze vergleicht: Die Septimen aber bilden eigentlich keine neuen Akkorde, insofern sie durch die Yorbereitung die Yerbindung mit dem vorhergehenden Akkorde fester oder enger machen, dienen also nur dazu, Beziehungen zweier Akkorde bestimmter anzudeuten und Verbindungen der Harmonien inniger und fester zu machen. Dberall nun, wo die reine Quinte erscheint, wird sie ihren Charakter der Abgrenzung in sich tragen, die iibrigen Bestandteile des Akkordes (gleichsam der Inhalt der Quinte) oder Hinzugefiigtes, wie die Septime, mbgen darunter oder dariiber liegen, das Unangenehme der Folge zweier reinen Quinten wird immer in dem Mangel an Verbindung, in der Isoliertheit derselben zu finden sein. Da hier nur von den Quinten der Dreiklange die Rede war, so mag noch bemerkt werden, dass bei den reinen Quinten, die durch hinzugeftigte Septi¬ men entstehen, zwar die Regel ihrer Vorbereitung zum Teil Quintenparallelen von selbst verhiitet, dass aber bei der Fortschreitung einer solchen Septime, die mit einer andern Stimme eine reine Quinte bildet, zu einer folgenden reinen Quinte, diese letztere das Unangenehme und Mangelnde der Verbindung ebenso horen lassen wird, weil dieses eben nur in der zwei ten Quinte, die ohne Ver¬ bindung auftritt, liegt, z. B. Was aber die verminderte Quinte anlangt, die z. B. im Dominant-Septimen- akkord in Yerbindung mit der reinen Quinte auftreten kann, so rechtfertigt ihr Die Grundharmonien und die von ihnen abgelciteten Akkorde. 17 Auftritt bei Parallelen die oben ausgesprochene Ansicht vollkommen, da, sobald sie nach der reinen Quinte erscheint, ihr verbindender Charakter sich geltend macht, wogegen vor der reinen Quinte, abgesehen von ihren anderweitigen Fortschreitungsgesetzen, die letztere sogleich auBerhalb einer bestimmten Grenze auftritt. Man vergleiche folgende Stellen: Wenn man jedoch Stellen folgender Art in Kompositionen strengern Stiles nicht selten findet: so darf man annehmen, dass die Verdoppelung der verminderten Quinte (das f) eine doppelte Fortschreitung derselben erfordert (die im Alt zwar auch etwas ge- zwungen nach c erfolgen konnte, wodurch man freilich das g des 2. Akkords ent- behren miisste), die Quintenfolge aber wenig auffallend erscheint, weil sie in den Mittelstimmen liegt, dass man jedoch folgende Fortschreitungen nicht rein nen- nen konnte: 18 . Q . J ^ J I -- -^^ TO « -- W~ f— f - 1 i __ -UJ. —p-r -—- 75 - . :: teils weil sie in der Oberstimme zu sehr hervortreten, teils weil obige Bedingung der doppelt notwendigen Fortschreitung fehlt. Stellen, wie Nr. 16 c., deren Wert zweifelhaft, finden sich nicht selten. Hierdurch wird auch klar, warum solche Quintenparallelen, die aus Durch- gangsnoten entstehen, in vielen Fallen nicht so unangenehm hervortreten als die oben besprochenen. Viele Theoretiker halten siedeshalb fur fehlerfrei, was jeden- falls nichtunbedingt zugestanden werden kann, da viele derselben sich auf andre falsche Stimmenfortschreitungen griinden, und es nicht zu leugnen ist, dass bei sehr offener Lage und hinlanglicher Dauer derselben das Unangenehme ihrer Wir- kung fiihlbar wird. Es ist hier nicht der Ort, iiber diese Verhaltnisse ausfiihrlicher zu handeln, und es gabe iiber manchen Punkt, wie z. B. iiber die Fortschreitung der Quinte des iibermafiigen Quintsextakkordes, manches zu erwahnen, was uns hier zu weit fiihren wiirde. Einzelnes wird uns bei unsern praktischen ttbungen auf diesen Punkt zuriickfiihren. Wenn der Sinn obiger Darstellung dem Anfanger noch zu dunkel sein sollte, Richter, Harmonielehre. • 2 18 Harmonielehre. I. Abteilung. so wirdbei fortgeschrittenen Kenntnissen undtlbungen und bei notwendig wieder- holtem Studium des ganzen harmonisclien Systems sich bald das Verstandnis fin den. Die fehlerhafte Stimmenfortschreitung, die bisher erwhhnt wurde, nennt man offene Quinten- und Oktavenfortschreitung. Verdeckt ist sie, wenn bei geraderBewegung zweier Stim- men das zweite Intervall eine Quinte oder Oktaye ausmacht. Z. B. Offene Quinten- und Oktavenparallelen bleiben ftlr die har- moniscben Verbindungen stets unzulassig; fiber den Wert oder Un- wert der verdeckten Quinten und Oktaven wird in der Folge (im 17. Kapitel) gesprochen werden; ftlr jetzt muss dies der miindlichen Anweisung iiberlassen bleiben, da sich iiberhaupt bei r i ch ti g e r Auf- fassung der Aufgaben zundchst nicht yiel Gelegenheit zu Fehlern dieser Art zeigen wird. Anmerkung. Der Anfanger wird wohl thun, bei der Ausfiihrung der ersten Aufgaben verdeckte Quinten und Oktaven ganzlich unberucksichtigt zu lassen, weil bei zu angstlicher Yermeidung derselben nicht selten die ersten Grundsatze der Akkordverbindung verletzt werden und leicht andre, viel schlimmere Fehler entstehen konnen. Manches wird uns in der Folge auf diesen Punkt zuriick- fiihren, und bei reiferer Einsicht soli besonders dariiber abgehandelt werden. Aufgaben. Die drei Hauptdreikldnge musikalisch, mit Beobachtung der bis- her festgestellten Regeln in Verbindung zu setzen, wird die nhchste Aufgabe sein. Wir wahlen hierzu etwa folgende Bassfortschreitung: 1 . 2 . — 77 — -75— ' - ^ r - “O' — & ^ JL i cl— CL — CL - - -J CL . G: I Y I IV V I 3. 4. 3 ^ "77— —. - zsr~ - > 0 — Z? 7Z a . . a . a. a . Anmerkung. Diese sowie alle folgenden Aufgaben geben Andeutung, in welcher Art und Weise unsre praktischen tibungen erfolgen. Sie sind stets so lange fortzusetzen, bis der vorliegende Lehrsatz und alle bisher vorgekommenen Regeln eine richtige Anwendung erhalten. Die Stellung der drei hinzuzuftigenden obern Stimmen des ersten Akkordes wird uns noch zu wichtigen Bemerkungen Veranlassung geben. Wir haben bereits im 5. Beispiel gesehen, dass die Stellung der Stimmen in einem Akkord sehr verschieden sein kann. Diese Stellung der Stimmen nennt man die Lage des Akkordes. Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 19 Enge und weite Lage. InengerLage erscheint ein Akkord, wenn die drei obern Stim- raen so gedrangt aneinander liegen, dass weder der Sopran noch Tenor, wenn sie um eine Oktave versetzt werden, zwischen den beiden iibrigen erscheinen konnen, wenn auch der Bass entfernt liegt. Z. B. Die erste Lage des Akkordes a. ist in b. so verandert, dass das frilhere e des Tenor eine Oktave hoher gesetzt dem Sopran zugeteilt ist; in c. ist dasselbe der Fall mit den beiden Tcjnen g und e; um- gekehrt in d. ist das c des Sopran eine Oktave tiefer gesetzt. In alien diesen Versetzungen andert sich wohl die Stellung, aber nicht die enge Lage. Anders ist es, wenn der Akkord inweiter Lage (auch zer¬ st reute Lage genannt) erscheint, welches dann der Fall ist, wenn entweder der Sopran zwischen Alt und Tenor, oder der Tenor zwi¬ schen Alt und Sopran gestellt werden kann, so dass hierdurch die enge Lage entsteht. Z. B. Bei a. erscheint der Akkord in weiter Lage, durch Versetzung des g zwischen Alt und Sopran in enger Lage, 6., ebenso bei c. und d. Bei f. ist das g des Sopran des Akkordes e. eine Oktave tiefer zwischen Alt und Tenor gesetzt. Weite Lage in diesem Sinne wtirde aber folgende Stellung (Nr. 23) der Stimmen nicht sein, denn bei Versetzung des Tenor wtirde die Stellung der obern Stimmen nicht geandert, b., und erst die Ver¬ setzung des Sopran ergabe die wirkliche weite Lage des Akkordes, c. 2* 20 Harmonielehre. I. Abteilung. Wenn auch die weite Lage den Akkord voller ersclieinen lasst, so ist sie doch nicht immer anzuwenden, und ftlr unsre ersten Ubungen nicht tibersichtlich genug, so dass wir dieselben zunachst in enger Lage aufschreiben wollen. Anmerknilg. Eswird immer besser sein, dieBeispiele anfang- lich in enger Lage auszufiihren und die weite Lage erst sp&ter, von den Aufgaben der zweiten und dritten Abteilung an, zu be- nutzen, in welchen letztern sie sich von selbst mit Notwendig- keit darbieten wird. Anfanglich stoBt der Schuler bei der weiten Lage hin und wieder auf Schwierigkeiten, die zu iiberwinden die nachste Absicht nicht sein kann, und die daher besser umgangen werden. Gewohnlich erscheinen die verschiedenen Lagen nicht einzeln, sondern kommen gemischt vor, je nachdem es die StimmenfUhrung erfordert. Ist die Lage des ersten Akkordes bestimmt, so sind die folgen- den Akkorde in ihrer Stellung nicht mehr so frei, dass jede beliebige zu wahlen sein wiirde, sondern sie richtet sich nach den bereits S. 13 und \ 4 gegebenen Regeln der Akkordverbindung. Diese Akkordverbindung und die Stimmenftthrung der ersten Aufgabe Nr. 20 wird so erfoigen kbnnen: 24 * jO- W •sr s: JSL. -S -d- —'■ IS 31 C: I IV Die natttrliche Beziehung dieser Akkorde zu einander wird durch obiges einfache Beispiel klar, wenn man die Verbindung derselben, die durch die Bogen angedentet ist, genau beobachtet; besonders aber wird aus den beiden letzten Akkorden die enge Verbindung, das ein¬ ander Erganzende deutlich. — Das Gefiihl der Riickkehr, der Buhe, der Befriedigung, welches in dieser Akkordverbindung liegt, macht sie geeignet, den Schluss zu bilden. —Diese Schlussform durch den Dominantakkord, der sich zu dem tonischen Dreiklang wendet, nennt man, wenn letzterer auf den rhythmischen Accent oder auf guten Zeit- teil fallt, den authentischen Schluss. Eine andre Schlussform, die durch den Unterdominantdreiklang gebildet wird, wie oben Nr. 20 im vierten Beispiel, heifit der pla- galische Schluss (Plagal-Schluss). Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 21 Uber diese und andre Schlussarten kann erst in der Folge aus- ftlhrlich gesprochen werden. Um sich die Akkordfolge, die entsteht, wenn der Bass sich stufen- weise fortbewegt (wie im Beispiel 24 F-G), gelaufig zu machen, wird es zweckmaBig sein, die Folge IY-V und Y-IY in verschiedenen Lagen und Tonarten aufzuschreiben. Die Dreikl&nge der tibrigen Stufen der Dur- t o nlei t e r. Alle Dreiklange der tibrigen Stufen einer Tonleiter werden zwar zu einer und derselben Tonart gehoren, aber nicht so entschieden darauf hinweisen, wie z. B. die Akkordverbindung Y-I. Man nennt diese Dreiklange zum Unterschied von den Hauptdrei- klangen Nebendreiklange. Sie finden sich auf der zweiten, dritten, sechsten und siebenten Stufe der Tonleiter. II III VI VII 0 Die Dreiklange der zweiten, dritten und sechsten Stufe zeigen sich als Molldreiklange, weil ihre Terzen klein und ihre Quin- ten rein sind. Der Dreiklang der siebenten Stufe ist yon den tibrigen wesent- lich verschieden, weil er auBer der kleinen Terz eine verminderte Q u i n t e enthalt; er wird deshalb der verminderte Dreiklang genannt. Als leichtes Erkennungszeichen wahlen wir ftir die Molldreiklange eine kleine Zahl zur Bezeichnung der Stufe, auf welcher er seinen Sitz hat, wozu wir bei dem verminderten Dreiklang eine 0 fiigen, wie oben vii°, eine Bezeichnungsart, die der Theoretiker G. Weber ein- geftihrt hat. Die samtlichen Dreiklange der Durtonleiter stellen sich nun so dar: 22 Harmonielehre. I. Abteilung. I ii iii IV V vi vii° Anmerkung. Der Anfanger hat sich sehr zu htiten, alle diese Akkorde bei ihrem Erscheinen als to ni sc he Dreiklange aufzufassen, ein Missverstandnis, welches die Einsicht in harmonische Verbindungen sehr erschwert. Solange C dur die herrschende Tonart ist, sind die vorkommenden Dreiklange von G, F, von d u. s. w. nichts andres, als die ihr (der Tonart Cdur) zugehorigen Akkorde der verschiedenen Stufen, und von Gdur, Fdur, dmoll wird solange nicht die Rede sein, als diese Tonarten nicht selbstandig auftreten. Hierdurch entsteht eine Mehrdeutigkeit der Akkorde, die wohl zu beachten ist. Jeder Dreiklang kann verschiedenen Tonarten angehoren. Der Cdur-Drei- klang kann sein: C: I F: V G: IV Wenn man daher bei diesem Akkord von C-dur (im gewohnlichen Sprach- gebrauch die Tonart ausdriickend) spricht, so ist dies nur im ersten Falle wahr, wenn der C dur-Dreiklang die erste Stufe einnimmt, in alien iibrigen Fallen aber unrichtig. Anwendung. Bei der Verbindung dieser Akkorde sowohl unter sich, als auch mit den frtiher gefundenen, bedarf es zunachst keiner neuen Regel: manches Neue wird sich aber doch dabei zeigen. Der Bass kann sich entweder sprung- oder stufenweise be- wegen. Im ersten Falle werden immer VerbindungstGne (gleiche Ton- stufen in zwei sich folgenden Akkorden) vorhanden sein; im letzten werden die Stimmenschritte in der Gegenbewegung, nach oben (S. \ 5) erwahnter Regel erfolgen miissen, um die innere Verbindung der Akkorde hervorzubringen. a. Der Bass geht sprungweise. n a. b. NB. besser: — — - — - £5 — x~n - — rD — - 25 — /fry ^ CT~ isr~\ -25 <2 - v-i/ S' & 25'' ' fy ~25- rr ' 25 - ty - n & fy - - fy — & i _ ii IV ii V . -1 -«— ~ 5?- - &>—\ .. 25 WT7—25 i rv W*- yx _ ii VI u. s. w. Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 23 Wie in diesen Beispielen die Bassspriinge von der zweiten Slufe aus, so werden dieselben von alien tibrigen Stufen behandelt werden konnen, so dass gemeinschaftliche Tone der zwei Akkorde in denselben Stimmen liegen bleiben. Yon dieser Regel gibt es jedoch in manchen Fallen Ausnahmen. Es findet sich in dem Beispiele 30 bei NB. eine Fortschreitung der Stimmen nach obiger Regel gebildet, die eine verdeckte Oktave zwischen Tenor und Bass enthalt, und die jedenfalls durch die fol- gende Fortschreitung verbessert ist. Fehlt in dem letzten Falle auch die ortliche Yerbindung der Tone, so ist die innere doch vor- handen, indem das d des Sopran im ersten Akkord leicht durch die tiefere Oktave verdoppelt gedacht werden kann, wodurch die Ver- bindung sogleich augenscheinlich wird, z. B. in 31: Anmerkung. Warum aber gerade dieser Ton doppelt gedacht werden soil, da es sonst bei jedem beliebigen der Fall sein konnte, griindet sich darauf, dass er der Grim d ton, iiberhaupt der Ton ist, der dem ganzen Akkord seine Bestimmung gibt. Ebenso fiihrt der Umfang von zwei Oktaven zwischen Sopran und Bass von selbst auf die Verdoppelung der mittleren, dazwischen liegenden Oktave. Das Unangenehme der erwahnten verdeckten Oktave liegt darin, dass die obereStimme einen ganzen Ton fortschreitet, und fallt nock mehr auf, wenn sie in den SuBern Stimmen enthalten ist, wie in Bei- spiel 32 bei a. a* 6» c» 32 . & . . /•---- - & - -- -< 5 ?— - Durch die Gegenbewegung des Basses bei b. kann die Stimmen- ftthrung verbessert werden, ebenso durch die Gegenbewegung im Bei- spiel c., obwohl sich auch hier eine verdeckte Quintenfolge zwischen Sopran und Tenor zeigt. (Siehe die Bemerkung zum Beispiel 36.) Anmerkung. Bei den oben angefuhrten Fallen ist nicht von absoluten Feh- lern die Rede. Ist die Stimmenfulirung ganz in unsre Gewalt gegeben, so lasst sich vieles vermeiden, was unter andern UmstSnden, z. B. bei Bearbeitung eines cantus firmus, eines Motivs oder aus andern fur die Komposition wichtigen Griin- den nicht zu umgehen ist. Hier ist die Verbesserung nur vom absolut theore- tischen Standpunkt angefiihrt. Uber die verdeckte Quinte in 32 c. folgt bei Nr. 36 das Nahere. Das Unangenehme der hesprochenen verdeckten Oktaven fallt sogleich weg, wenn die obere Stimme einen halben Ton fort¬ schreitet, z. B. -t)-- r-<5?— —«- --rr _ yri _ y >0- Yr*\ & t & AM7: ~1 24 Harmonielehre. I. Abteilung. -6— yr.-72 — -r “P= ^ 72 \ frrs & VT7 &L &L z U- 72 rv - b S. ^ ^ ^ - ^ .J Daraus erhellt, dass verdeckte Oktaven durchaus zulassig sind 2 wenn die obere Stimme nur einen halben Ton aufwarts fortschreitet, wenn es sicb also um die Yerbindung eines Durdreiklangs mit einemMoll- oder einem andern Durdreiklang han- delt. In solchen Fallen wird die verdeckte Oktave zur Notwendig- keit, und sie vermeiden wollen, wtirde oft zu einer schlechten Stimm- ftihrung fiihren. — GroBere Yorsicht also ist geboten, wie wir gesehen haben, wenn die obere Stimme einen ganzen Ton aufwarts fort¬ schreitet. Wo es sich um die Verbindung zweier MolldreiklUnge han- delt, wie in folgenden Beispielen: 34, - ^(5 — -- - <2 - ". 72 at * ■ ■ ■ diirfte die verdeckte Oktave auch hier entschieden zuzulassen sein, wenigstens in den meisten Fallen. Handeltessichdagegen um die Yerbindung eines Moll dr eiklangs mit einem Dur¬ dreiklang, wie in dem Beispiel 30 bei NB., so ist die verdeckte Oktave besser durch Gegenbewegung der drei obern Stimmen mit dem Basse zu vermeiden. Besondere Yorsicht wird daher hauptsachlich bei der Yerbindung der Dreiklange der 2. und 5. Stufe zu beobachten sein. Auch hier gelten tibrigens Aus- nahmen. So wtirde in folgendem Beispiel: die verdeckte Oktave zwischen Alt und Bass immerhin unbedenklich zugelassen werden konnen, da dadurch ein guter Schluss erzielt wird. 38 , b. Der Bass geht stufenweise. Hier wird immer die Gegenbewegung anzuwenden sein, z. B. NB 1. besser: / U — - tTZ Oe | A. <2— <2 >72 '72 & r2 I W(7 <2. & . 07 72^ -— c\ • ‘ 72 A '—- 72. . ...72— - 72 —- -- I ii ii iii Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 25 besser: besser NB 2. Bemerkungen zu diesen Akkordverbindungen. In alien bei NB. 1 (und folgenden ahnlichen Stellen) benutzten Stimmenfortschreitungen ist es besser, die Terz des zweiten Akkordes zu verdoppeln, um verdeckte Quinten zu vermeiden. Das Unange- nehme derselben fallt noch mehr auf, wenn die Akkorde in weiter Lage erscheinen, z. B. - 1 - -“^7=22— far—... S? , /Q & ms .^ v 1/ ^ •G. G- rv ^ & - 72 rj ' — —o- .<2 -O'— Die StimmenfUhrung bei b. ist vorzuziehen. Kommen diese verdeckten Quinten in den Mittelstimmen vor, so sind sie unter Umst&nden eher zu gestatten, weil sie nicht so hervor- treten. Bei NB. 2 im Beispiel 36 ist die Verdoppelung der Terz des zweiten Akkordes nicht anzuwenden, da tlberhaupt die Verdoppelung der siebenten Tonstufe (in dem Beispiel 36 das h des zweiten Akkor¬ des) zu vermeiden ist (s. S. 27). Uber die Behandlung dieses Tones, den man Leitton nennt, wird bei den folgenden Aufgaben ausfUhrlicher gesprochen werden. 28 Harmonielehre. I. Abteilung. Aufgaben zur Ausarbeitung. i Die vierte Aufgabe gibt zu einigen Bemerkungen Veranlassung. Die Fortschreitung des Basses geschieht hier in den ersten vier Takten auf eine regelmaBige, konsequente Weise. Man nennt eine solche regelmaBige harmonische oder melodische Fortschreitung Se- qu enz. Diese konsequente Fortschreitung des Basses bedingt auch eine gleich regelmaBige Fiihrung der tlbrigen Stimmen. Die Bearbeitung dieses Satzes nach oben aufgestellten Grund- satzen der Akkordverbindung durch liegenbleibende Tone, z. B. wtlrde diesen Zweck nicht erreichen lassen; es muss vielmehr dann die Fortschreitung so erfolgen, dass der Akkord des zweiten Taktes in dieselbe Stellung gebracht wird, die der erste des ersten Taktes er- hielt, wodurch der Verbindungston d nicht in derselben Stimme bleibt. NB. Ebenso werden in der ersten Aufgabe der Sequenz wegen ver- deckte Oktaven, von denen oben gesprochen wurde, zu gestatten sein, wenn sie nicht in den auBern Stimmen zu finden sind. Im dritten Takte der Aufgabe Nr. 4 stoBen wir auf einen Akkord, den wir bisher nicht gebraucht haben. Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorite. 27 Der verminderte Dreiklang. Er ruht auf der siebenten Tonstufe der Durtonleiter und ist un- selbstandiger als die bisher gefundenen Dreiklange, da er auf eine Fortschreitung deutlich hinweist, was durch die Dissonanz, die ver¬ minderte Quinte, bewirkt wird. Die nattlrliche Fortschreitung der verminderten Intervalle kann im allgemeinen so aufgefasst werden, dass entweder beide Tone sich um einen Sckritt nahern (a.), oder der obere oder untere Ton allein gegen den andern Ton fortschreitet ( b ., c.), eine Art der Stimmenfort- schreitung, die erst durch wirkliche Akkordverbindung deutlich wird. a. b. c. d. e. Umkehrung -G- — p—I - — T ^ ^.73/3 ' rm lyj— : — . L-——If Die dem verminderten Dreiklang (d.) folgende Terz zeigt den Drei¬ klang der ersten Stufe c unvollstdndig, mit Auslassung der Quinte. Da nach den friiher erlauterten Umkehrungs-(Versetzungs-)Ver- haltnissen der Intervalle (S. 6, 7) aus der verminderten Quinte eine tibermaBige Quarte entsteht, so muss sich der Fortschritt derselben ebenfalls in umgekehrter Weise zeigen. Siehe 42 e. Den Grundton, auf welchem der verminderte Dreiklang ruht, nennt man Leitton. Er findet sich wieder als Terz im Dominantdreiklang und als Quinte im Dreiklang der dritten Stufe. 43 . -y- — ^=z X fm & ' ■ £>; a iii1 — - VI1° III Da der Leitton von selbst sehr deutlich hervortritt, wird er im einfach harmonisch vierstimmigen Satze nicht yerdoppelt. Ebenso wird seine Fortschreitung eine halbe Stufe aufwdrts dann zu bewirken sein, wenn der nachstfolgende Akkord diesen Ton enthalt. Es ruht dieser Fortschreitungszug in dem melodischen Charakter des Leittons, insofern er als Halbton vor dem Grundton der Tonleiter liegt. Dies ist namentlich beim Dominantdreiklang, wenn der Leitton in der obern Stimme enthalten ist, bemerkbar, wie a. im Beispiel 44 befriedigender wirkt, als b. und c. 44. a. -G- b. c. d. e. 1 - 73 * 1 ' &Z'73 ’ f/TV ~ VIZ ^ ^ - GS ^ ^ 'Ssl ^ 1 :—^—:: _ S3 ^ : 73 ' 1 z t . > 73 —- . - & - 1 1 - 28 Harmonielehre. I. Abteilung, Dieses Streben nach oben pragt sich in den Mittelstimmen weniger aus, wie bei d. Am wenigsten verwendbar sind Spriinge in der obern Stimme, wie bei c, in obiger Akkordverbindung (ob- wohl eine besondere Melodiebildung auch diese Fiihrung rechtfer- tigen konnte), wogegen Spriinge in den Mittelstimmen (bei e.) dann anzubringen sind, wenn der Bass in der Gegenbewegung ge- fiihrt wird. (Vergl. dariiber S. 44 und 45.) In dem Beispiel 41 findetsich im dritten TakteVerdoppelung und Fortschreitung des Leittons gegen obige Regel. Beides geschah wegen der in dem Beispiel enthaltenen Sequenz, die keine Veranderung der Stellung, wie der Fortschreitung der Akkorde erlaubte. IJber ausgefiihrtere Schlussbildung. Die S. 20 bemerkte Schlussbildung durch den Dominantakkord (der authentische Schluss) zeigt sich in den letzten Beispielen in noch bestimmterer Weise. Wie namlich die nattirliche Beziehung des Dominantakkordes zum tonischen Dreiklang beide Akkorde zur Bildung des Schlusses geeignet macht, so ist in diesen Beispielen eine noch weitere Yorbereitung des- selben bemerkbar durch den Dreiklang der zweiten Stufe, der zum Dominantakkord in derselben Beziehung steht, wie der Dominant¬ akkord zum tonischen Dreiklang, z. B. AuBer dem Dreiklang der zweiten Stufe ist auch der Unterdomi- nantdreiklang zu dieser Schlussbildung geeignet, z. B. Die durch diese Akkordverbindung hervorgebrachten Schluss- formeln (Kadenzen) werden durch spater zu zeigende Anwendung der Akkorde sich noch bestimmter gestalten. Vergl. S. 204 f. Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 29 Zweites Kapitel. Die Dreiklhnge der Molltonleiter. a. Hauptdreikltinge. Die Hauptdreiklange der Durtonleiter fanden sich auf der ersten, viei ten und fUnften Stufe. Auf denselben Stufen finden wir auch die Hauptdreiklange der Molltonleiter. Die Beziehung, in welcher der Dominantdreiklang zum tonischen Akkord steht, wie sie namentlich durch die friiher gezeigte Schluss- bildung deutlich wird, macht aber die chromatische Veranderung eines Tones der Molltonleiter notwendig. Die siebente Tonstufe derselben, die nach der Vorzeichnung der Molltonart stets um einen ganzen Ton von der achten Stufe ent- fernt ist, wird um einen halben Ton chromatisch erhoht, so dass sie den Charakter des Leittons erhalt. Z. B. Hierdurch wird die Bildung des Dominantdreiklangs in Moll jener in Dur ganz gleicb, namlich: Der Dominantdreiklang in Dur und Moll ist stets ein barter Dreiklang. Eine Vergleichung der Schlussform beider Tonarten zeigt dies deutlich: C dur. 49 . & C moll. tHi; Z31 3C Dass aber die sechste Tonstufe der Molltonleiter keiner chroma- tischen Veranderung durch Erhbhung um eine halbe Stufe , wie sie haufig in melodischer Beziehung notig wird, im harmonischen Sinne fahig ist, beweist der Plagalschluss a. (siehe S. 21), der wie bei b. gar nicht gedacht werden kann. 30 Harmonielehre. I. Abteilung in A moll. 50 . a. b. a. b. EE — V-& - . dZZ . — tr— -dt - -- - i" ’ <2? " L^J Mte- 1 ^ ZZ E ZZ c: iv i Die drei HauptdreiklSnge in Moll lassen sich in ihrer nattirlichsten Beziehung nach friiherer Erlauterung so darstellen: 51 . ^ IV Die Molltonleiter, wie sie der Bildung yon Harmonien zum Grunde liegt, wird daher folgende sein: Anmerkung. Alle iibrigen Formen der Molltonleiter, wie stiitzen sich auf melodische Bedingungen, die den in Nr. 52 befindlichen iiber- maCigen Sekundenschritt von der sechsten zur siebenten Stufe nicht zu- lassen. Auf die Harmoniebildung an und fiir sich selbst haben diese Formen keinen Einfluss; wohl aber wirkt die harmonische Unterlage auf die Bildung der Moll¬ tonleiter selbst zuriick, wie folgende Beispiele zeigen : Der letzte Fall, wo die abwartsgehende Tonleiter sogar den ubermafligen Sekundenschritt h-as zeigt, welchenwir in der Folge bei Akkordver- bindungen sorgfaltigvermeidenwerden, erklart sich dadurch, dass Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 31 h als Bestandteil des Akkords notwendig ist, as aber, um den Mollcharakter der Stelle nicht zu verletzen, was durch a auffallend geschieht, w&hrend in der auf- wartsgehenden Skala (im ersten Beispiel) dieser schon durch die kleine Terz es vollstandig gewahrt ist. — liber die verschiedene Bildung der Molltonleiter vergl. wAlfred Richter, Elementarkenntnisse der Musik«, S. 25 f. b. Die DreiklCinge der ubrigen Stufen der Molltonleiter. Nebendreikldnge. Nach Feststellung der Molltonleiter zeigen sich die Nebendrei- kldnge in folgender Gestalt: i no NB. iv V VI vno Die zweite Stufe gibt einen verminderten Dreiklang, wie friiher die siebente Stufe der Durtonleiter; ebenso findet sich ein vermin- derter Dreiklang auf der siebenten Stufe. Die sechste Stufe bildet hier einen harten Dreiklang. Eine neue Form des Dreiklangs bringt die dritte Stufe. Sie enthalt eine groBe Terz und eine tibermaBige Quinte, und wird deshalb der ubermafsige Dreiklang genannt. Das Gezwungene oder Gewaltsame der Yerbindung dieses Akkor- des mit andern Akkorden derselben Tonart ldsst ihn selten als Grundharmonie der dritten Stufe der Molltonleiter erscheinen. Folgende Beispiele mogen dies beweisen: Von diesen Beispielen werden die unter c. und e. am brauch- barsten sein. Schwieriger noch zeigt sich die Einftlhrung dieses Akkordes: Am ertraglichsten ist seine Einfiihrung, wenn die tibermaBige Quinte vorbereitet, d. h. in derselben Stimme als Bestandteil des vor- hergehenden Akkordes bereits vorhanden ist (bei d.). — 32 Harmonielehre. I. Abteilung. Anmerknng. Es liegt etwas eigentumlich Fremdes in den Akkorden der dritten Stufe sowohl der Dur- als Molltonleiter, so dass sich diese Harmonie, selbst wenn sie sich wie in der Durtonleiter einfach als Molldreiklang zeigt, sehr schwer mit andern Akkorden natiirlich und wirkungsvoll verbinden ldsst, und daber selten vorkommt. Die meisten der oben gezeigten brauchbaren Akkordverbindungen werden unter andern Verhaltnissen vorkommen, und den tibermaBigen Dreiklang nicht als dritte Stufe der Molltonleiter erkennen lassen. Der tibermaBige Dreiklang, der in der neuern Musik sehr haufig gebraucht wird, gehort unter die chromatisch verhnder- ten Harmonien, die spater unter dem Namen alterierte Akkorde Erklarung finden sollen. (Siehe Kap. \ 0, Alterierte Akkorde.) Anwendung. Die bereits entwickelten Grunds&tze der Harmonieverbindungund der Stimmenfiihrung werden auch hier Geltung haben, und nament- lich kommt bei der Verbindung der Grundakkorde in Moll das zur Geltung, was frilher liber die Fortftihrung des Leittons erwahnt wurde, da der in der Molltonleiter befindliche tibermaBige Sekunden- schritt von der sechsten zur siebenten Stufe, sowie abwarts von der siebenten zur sechsten als unmelodisch zu vermeiden ist, wenn beide Tone, die den tibermaBigen Sekundenschritt enthalten, zuver- schiedenen Harmonien gehoren. Z. B. 59 * Es wird daher bei der sehr oft vorkommenden Verbindung der Akkorde der ftinften und sechsten Stufe die Fortftihrung des Leittons jedesmal aufwarts erfolgen mtissen, wodurch in dem Dreiklang der sechsten Stufe dieTerzverdoppelterscheint. Z. B. So wtirde es nicht moglich sein, das unter 59 b. mitgeteilte Bei- spiel richtig darzustellen, wenn man nicht einen vermittelnden Ton gebrauchen will, wie etwa: Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 33 Anmerkung. Die Praxis weicht in gewissen und besondern Fallen von die- ser Regel ab. Man wird aber wohl thun, sich den oben gezeigten Stimmengang besonders anzueignen, um so mehr, als man nicht iibersehen darf, dass jede Abweichung von den Regeln in der Praxis nur motivierte Aus- nahmeistundseinsoll, wogegen in unzahligen andern Fallen die Beobach- tung der Regel immer sich nachweisen lasst. Aufgaben zur Yerbindung der Dreikl&nge der Molltonleiter. Bemerkungen zu diesen Aufgaben. Ein chromatisches Zeichen tlber einer Bassnote ohneeineZiffer, wie z. B. im dritten Takte der ersten Aufgabe, bezieht sich immer auf die Terz des Basses. Diese Erhbhung der Terz im Dominantakkord, die sich in Moll sehr hdufig findet, ist die S. 29 besprochene Erhbhung des Leittons. In der Regel wird der Dreiklang, wenn der Bass den Grundton enthalt, in der Generalbassschrift nicht bezeichnet, es mtissten denn besondere Grtinde vorhanden sein, ihn durch 3, oder 5, 8, |, oder auch vollstandig durch | zu bezeichnen. Ein Grund der Bezeichnung durch 5 findet sich in der dritten und sechsten Aufgabe. Es ist hier die Einftihrung des Dreiklangs der dritten Stufe in Moll versucht worden, wobei es notig war anzudeuten, dass die Quinte erhbht ist, da sie ebenfalls die siebente Tonstufe der Molltonleiter ausmacht. Richter, Harmonielehre. a 34 Harmonielehre. I. Abteilung. Die Angabe einer 3 oder 5 bei dem ersten Akkord einiger Auf- gaben weist auf die Lage desselben hin. Siehe hiertiber die Be- merkungen zu den nachsten Aufgaben (S. 39). Die Ausfiihrung einer Aufgabe wird die bisher entwickelten Grundziige bestatigen. Wir wahlen dazu die erste Aufgabe. Der erste Grundsatz derAkkordverbindung (durchTonverbindung in derselben Stimme) ist hier tiberall beobachtet, und deshalb macht im dritten Takte (bei NB.) der Alt den fehlerhaften ttbermaBigen Sekundenschritt yon f zu gis. Um diesen Fehler (siehe S. 32) zu vermeiden, wird es notig, den Alt von f zu e fortschreiten zu lassen, den Sopran yon h zu gis zu filhren, wahrend der Tenor von d zu h springt in folgender Weise: (eine Akkordverbindung, die bereits in Nr. 31 Erklarung fand, bei welcher die Ton verbindung nicht in derselben Stimme stattfindet), ■ oder: es behalt der Sopran das h und der Tenor geht von d in das gis abwarts, der Alt von f zu e, wodurch die enge Lage verlassen wird, und diese und die folgende Harmonie in weiter Lage er- scheinen. Weitere Bemerkungen, welche die Schwierigkeiten der Stimmen- ftihrung in Bezug auf die Akkorde der vierten, fiinften und sechsten Stufe der Molltonleiter notig machen, sind in speciellen Fallen der praktischen Anleitung zu tiberlassen. Ehe wir zur weitern Benutzung der Dreiklange tlbergehen, sollen die bisher gefundenen Akkorde auf folgende Weise tlbersichtlich dar- gestellt werden. Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 35 (jbersicht aller Dreikl&nge der Dur- und Molltonleiter. n Dur. 66 . -<2r I ii iii IV V vi vii° Moll. &- i no nr iv v vi vii® in Dur: in Moll: Durdreikl&nge finden 3ich fea: i iv v in Dur: V VI in Moll. Molldreikldnge EE 221 Yerminderte Dreiklange i II III VI in Dur: in Moll •tg— T$*- I IV VII° in Moll. IlO VU$ UbermaBiger Dreiklang '&• ii r Anmerkung. Es darf aber nicht aufier Acht gelassen werden und soli an dieser Stelle ausdriicklich betont werden, dass in Moll eine doppelte Bildung der Harmonien moglich ist. Unser heutiges Moll entspricht durchaus der alten aolischen Kirchentonart: die Erhohung der 7. Stufe, d. h. die Einfuhrung des Leittons war notwendig aus verschiedenen Griinden und namentlich wegen der Beziehungen des Dominantdreiklangs zum tonisehen. Fehlen Griindezwin- gender Natur, kann die Erhohung unterbleiben. Die Dreiklange der 3. und 7. Stufe konnen somit als Durdreiklange, der Dreiklang der 5. Stufe kann als Molldreiklang gebildet werden. Was den Dreiklang der 7. Stufe betrifft, so ist er in Verbindung mit dem tonisehen allerdings meist als vermin- derter Dreiklang in Gebrauch, in Verbindung mit andern Dreiklangen aber kommt er ofters als Durdreiklang vor, obgleich nicht zu iibersehen ist, dass sein Auf- treten in vielen Fallen eine Modulation nach der verwandten Durtonart (amoll — Cdur) bewirkt (s. daruber unter »Modulation «). Dagegen wird der Dreiklang der 3. Stufe meistens als Dur-, der der 5. Stufe ofters als Molldreiklang ange- wandt, wie folgendes Beispiel beweisen mag: 67 . 3* 36 Harmomelehre. I. Abteilung. Wollten wir hier tiberall gis setzen, so miissten wir den melodischen Gang der Oberstimme andern; die Verbindung im 3. Takte konnte iibrigens mit gis gar nicht richtig dargestellt werden. Dass der Dreiklang der 3. Stufe haupt- sachlich als Durdreiklang vorkommt, findet seine Begriindung in dem Umstand, dass der ubermaflige Dreiklang von harter Wirkung ist, iiberdies auf eine ganz bestimmte Fortschreitung hinweist, mithin, wenigstens als Dreiklang der 3. Stufe in Moll (vgl. dariiber das auf S. 31 Bemerkte), praktisch sich wenig verwerthen lasst. — Aus naheliegenden Grunden ist von der Moglichkeit dieser doppelten Bildung der Harmonien in Moll voriaufig abgesehen worden. Drittes Kapitel. Die Umkehrungen der Dreiklange. Der Sextakkord, der Quartsextakkord. Die Anwendung der Dreikldnge und fiberhaupt aller Grund- akkorde beschrankt sich nicht darauf, dass der Grundton derselben, wie in alien frtthern Beispielen, im Bass liegt; der Bass kann auch die Terz oder die Quinte des Grundakkordes erhalten. Hierdurch entstehen Umgestaltungen der Grundakkorde, die man Umkehrung, Versetzung, Yerwechselung des Akkordes nennt. Anmerkung. Es mag wohl beachtet werden, dass hier nur von Ver- setzung des Basses inein andres Intervall die Rede ist, und dass die friiher erwahnten Yersetzungen der iibrigen Stimmen in enge und weite Lagen und in verschiedene Intervalle den Akkord durchaus nicht wesentlich verandern. Zwei der Umkehrungen sind bei dem Dreiklang mdglich: a) wenn der Bass die Terz des Dreiklangs erhdlt } entsteht der Sextakkord. Grundakkord. Sextakkord. Sr- I Terz des Grundakkordes. b) wenn der Bass die Quinte des Dreiklangs erhdlt , entsteht der Quartsextakkord. Grundakkord. Quartsextakkord. 69. Quinte des Grundakkordes. Der Sextakkord wird durch 6 fiber der Bassnote, der Quartsext¬ akkord durch | fiber derselben bezeichnet, z. B. 70. P 6 4 J21 sr G: G I i G I G I Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 37 Zur Bezeichnung des Grundtons soli in der Folge der Buch- stabe, und zur Bezeichnung der Stufe, wie bereits frtlher, die Zahl dienen, wobei, wie in Beispiel 70 zu sehen ist, nur die Stellung des Grundtons, nicht aber der zufallige Bass in Betracht kommen kann. Anmerknng. Wie der Grundton des Sext- und Quartsextakkordes im Beispiel 70 stets C ist und nicht die Bassnoten E und G, so wird auch der Akkord selbst nicht auf der dritten, beziehentlich fiinften Stufe, sondern immer nur auf der ersten Stufe seine Begriindung haben, da iiberhaupt diese Akkorde keine neugebildeten, sondern nur durch den Bass in eine andre Stellung gebrachte, daher abgeleitete Akkorde sind. Jeder Dreiklang kann in solchen Umkehrungen erscheinen. Anwendung. Durch Benutzung der Umkehrung der Akkorde erhalt die harmo- nische Ftihrung nicht allein mehr Abwechselung, der Gang der Stim- men, und namentlich des Basses wird durch dieselben flieBender. Nach den frtlher S. \ 3 bemerkten Begeln fiber die Yerdoppelung eines Intervalls des Dreiklangs wird es auch bei dem Sextakkord im vierstimmigen Satze besser sein, den Grundton des Stamm- akkordes zu verdoppeln, und es wird die Yerdoppelung des Bass- tones im Sextakkord (d. i. die ursprtlngliche Terz) oder der Terz des Basses (d. i. die ursprtlngliche Quinte) nur dann stattfinden konnen, wenn die natiirliche Ftihrung der Stimmen es fordert, oder wenn dadurch falsche Fortschreitungen vermieden werden konnen. Dass der Leitton, auch wenn er im Bass liegt, von dieser Verdop- pelung auszunehmen ist, mag nach dem S. 27 Erwahnten noch be- merkt werden. Ebenso bedarf es bloB der Erwahnung, dass die Stellung der drei obern Stimmen allein durch die Stimmenfilhrung selbst bedingt wird, sonst aber keinen wesentlichen Einfluss auf den Akkord hat. Der Sextakkord kann daher in folgender Gestalt vorkommen: Der Gebrauch des Quartsextakkordes ist seltener, als der des Sextakkordes, und bedarf gewisser Bedingungen, die spater er- wdhnt werden sollen. Am hdufigsten treffen wir ihn bei den Schluss- bildungen. Als Yerdoppelung ist der Basston, die Quinte des Stammakkordes, am geeignetsten, und der Akkord wird sich in folgen- den und dhnlichen Formen zeigen * Harmonielehre. I. Abteilung. 38 Es bedarf bei der Verbindung dieser Akkorde mit andern keiner weitern mechanischen Regeln, als der bereits gegebenen; ebenso um- gehen wir die bloB mechanische Zusammenstellung zweier und dreier Akkorde, und zeigen die Anwendung dieser abgeleiteten Akkorde an kleinen Tonstiicken, die, so unbedeutend sie immer sein mdgen, doch das Bild eines Ganzen enthalten, wobei sich einzelne Falle besser im Verhaltnis zum Ganzen beurteilen lassen. Aufgaben. o 6 6 6 4 3 f, - —- 1— e — g - _ i - g - g — & .-/ST " - “ —^- *• 5 6 6 6 ^ J _ Cs K, _ £* ,.i - 1 — ~ O " OL — - 5 '— — 6 CV " p 4^ 1^) ^ vr-p- — a - j g p 7 L j ^ 1 _ -■- 6 0 3 6 643 66 6 43 etJ , i g /tz J.fe c -p s " 1 1 - j- - &-* - pH *■—ari-(f?- >—g - 8 - ft 6 0 * 6 h if 9 3. 6 r 5^ • 1 1 _^. > - - 1 - ps. ry-- \ - & — r S tp Ar g —|— 1 —g - A ' J f? ^.:: — ^ ... j |- O' _ & 0 6 if 40. («5 6 ft 0 4 if C\.: i • -j O'-- O' o' sS ; g?.... Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleitelen Akkorde. 39 Bemerkungen zu diesen Aufgaben. Die Angabe der Quinte im ersten Takte des zweiten Beispiels, sowie alle ahnlichen Angaben in der Folge, deuten die Stellung des Sopran, somit die Lage des ersten Akkordes an. Steht keine Zahl liber der ersten Bassnote, so ist anzunehmen, dass der Sopran am zweck- maBigsten die Oktave des Basses erhalt. Der verminderte Dreiklang der siebenten Stufe zeigt sich in der zweiten Aufgabe als Sextakkord. In dieser Stellung kommt er am haufigsten vor. Es mag hierbei erinnert werden, dass der Grund- tondesselben nicht verdoppelt wird, weil er der Leitton ist, da- gegen wird in den meisten Fallen die Terz (im Sextakkord der Basston) verdoppelt. Die Stimmenflihrung veranlasst zuweilen auch eine Verdoppelung der Quinte. Der verminderte Dreiklang der zweiten Stufe in Moll lasst auch eine Verdoppelung des Grundtons zu. Die Fortschreitung des verminderten Dreiklangs ist immer durch die Fortftlhrung des Basses bedingt. Die nattirliche Richtung des ver¬ minderten Dreiklangs in seiner Grundstellung ist bereits S. 27 ange- geben. In den gewohnlichsten Fallen erfolgt der Bassschritt auf folgende Weise: 6 6 6 rv- <2 37 — £2 cs — und die Fortschreitung der tibrigen Stimmen so: 75. Aus obigen Beispielen geht hervor, dass die Umkehrung der ver¬ minderten Quinte, namlich die iibermaBige Quarte, im vierstim- migen Satze nicht notwendig dieselbe Fortschreitung haben wird, wie sie oben S. 27 zweistimmig angegeben war; wir sehen im ersten Beispiel und andern h und f des Sopran und Alt zu c und g fortschreiten: Die KlangShnlichkeit dieses Akkordes mit dem spiiter zu zeigen- den Dominantseptimenakkord veranlasst Anfanger haufig, die vermin¬ derte Quinte auch dann ab warts zu fiihren, wenn sie sich durch Umkehrung in die IibermaBige Quarte verwandelt hat; dies ist, wie 40 Harmonielehre. I. Abteilung. obige Beispiele zeigen, einzig und allein dann notwendig, wenn sie wirklich als verminderte Quinte tlber dem Grundtone liegt, und eine Fortschreitung folgender Art: 77. ist wegen der Quintenparallelen fehlerhaft. Aamerkung. Hierbei mag noch bemerkt werden, dass Quintenparallelen, von denen die eine Quinte vermindert, die andre rein ist, dann zu gestatten sind, wenn die verminderte Quinte derreinenfolgt, abernichtumge- keh rt. Z. B. 78 Yergleiche ubrigens die Anmerkung S. 16. Anders gestaltet sich die Fortschreitung der Stimmen im ver- minderten Dreiklang, wenn der Bass zu einem andern Akkord als zu dem tonischen Dreiklang tlbergeht. Es mogen hier einige Akkordver- bindungen folgen: nicht rein. rn?—— - —<4?- -^- <7 *2 Vm!Z7^I &ZS S3 . S3 A C3 ^ a/ ^ 6 6 6 6 6 S3 J • ■ - ^ & — cS -=- S3 - vii° iii vii° IV - - vii° V VII° VI Der verminderte Dreiklang der zweiten Stufe in Moll erlaubt eine Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 41 andre Behandlung, da der Grundton desselben verdoppelt werden kann. Siehe S. 39. Die Folge zweier oder mehrerer Sextakkorde bei stufen- weiser Fortschreitung des Basses, wie in der Aufgabe 73 Nr. 3 und andern, wird eine oder mehrere Stimmen in der Gegenbewegung zum Bass notwendig machen, z. B. 80 . Die Reihe von Sextakkorden der 5. und 6. Aufgabe in No. 73 lasst sich zwar auf verschiedene Weise ausftlhren, am besten jedoch, wenn die konsequente Bassfortschreitung auch in den tibrigen Stim¬ men beibehalten wird, z. B. Yerdeckte Oktaven, wie im 2. und 3. Takte zwischen Tenor und Bass, sind in solchen Fallen nicht zu umgehen. Man kann daraus folgern, dass einzelneil regelwidrigen Stimmenftlhrungen gegen die Konsequenz des Ganzen nicht die besondereBe- deutung beizulegen ist, die ihnen sonst gebtlhrt, da die Bildung des Einzelnen, wenn sie auch moglichst vollkommen sein muss, der des Ganzen immer untergeordnet sein wird. Anmerkung. Es ist nicht zu verkennen, dass oben aufgestellter Grundsatz von dem Anfanger leicht missverstanden werden kann; jedoch war die Aufstel- lung eines Prinzips nicht zu umgehen, und es mag, um moglichen Irrtum zu ver- meiden, noch hinzugefiigt werden, dass Entscheidung in diesen Dingen in letzter Tnstanz nur dem durch Erfahrung und tibung vollig gereiften Urteile zukommt. liber die Zeichen der Generalbassschrift. Die Zahlen und Zeichen der Generalbassschrift nennt man im all- gemeinen Signaturen. Einige derselben sind bereits erklart worden, wie das in Moll sehr haufig vorkommende chromatische Zeichen. Die Bezeichnung des Sext- und Quartsextakkordes ist S. 36 ange- geben. Man bedient sich dann eines Striches durch die Zahl (z. B. in den Aufgaben 8, 9, 10 unter Nr. 73 eines Striches durch die 6;©), wenn eine chromatische Erhohung des Intervalles um eine halbe Stufe notig wird, ftir welchen jedoch nicht selten ein jj oder bei der Zahl ange- bracht wird (z. B. o# oder 6$, 5$). Andere Zahlen finden ihre Erklarung spater bei den betreffenden Akkorden. 42 Harmonielehre. I. Abteilung. Schlussbildung durch den Quartsextakkord. In den Aufgaben 73 sehen wir durch die Umkehrungen des Drei- klangs die frilher angeftihrte Schlussbildung erweitert und viel be- stimmter gestaltet. Es zeigt sich nSmlich, dass der Quartsextakkord des tonischen Dreiklangs vor dem Dominantakkord entschieden auf den Schluss hinweist. Dem Quartsextakkord geht nicht selten der Dreiklang der vierten oder zweiten Stufe voraus. So entschieden nun der Quartsextakkord auf den Schluss hin¬ weist, wie er ebenfalls bei der Modulation in fremde Tonarten ent¬ schieden wirkt, so matt ist das Auftreten desselben unter andern Verhaltnissen, so dass dessen zweckmaBiger Gebrauch gewissen Be- dingungen unterworfen ist, yon denen spater gesprochen werden soil. Viertes Kapitel. Septime nharmonien. Vierkl&nge. Die Septimenharmonien grtinden sich auf die Dreiklange. Sie entstehen durch Hinzufiigung einer Terz zur Quinte des Dreiklangs, welche vom Grundton aus eine Septime bildet: 84. -G>- ~tS>~ AuBer den verschiedenen Arten der Dreiklange werden auch die verschiedenen Arten von Septimen mannigfache Septimenharmonien ergeben. Die Grundharmonien und die von ihnen abgelelteten Akkorde. 43 Das allgemein Eigenschaftliche der Septimen- akkorde. Die Septimenakkorde sind nicht so selbstandig, als die meisten Dreiklange, sondern deuten entschieden auf einen Fortschritt hin, so dass sie nie allein, sondern nur in Yerbindung mit Dreiklangen etwas Vollstandiges oder Abgeschlossenes geben. Dagegen werden sie die Beziehungen der Akkorde zu einander enger, inniger machen und durch diese Eigenschaft vorztlgliche Mittel ftlr Akkordverkntlpfung und ftlr die Stimmenftihrung insbesondere gewahren. Der Dominantseptimenakkord in Dur und Moll. Der vorztlglichste und am haufigsten vorkommende der Septimen¬ akkorde ist der Dominantseptimenakkord, auch Hauptseptimenakkord genannt. Er ruht wie der Dominantdreiklang auf der ftinften Stufe und ist in Dur und Moll ganz gleich gebildet, namlich aus dem Durdrei- klangund derkleinen Septime. In der Grundlage wird er durch 7 liber der Bassnote und in unsrer Bezeichnungsart durch V 7 bezeichnet: 7 7 if -- C: V 7 G: V 7 Die Beziehung, in welcher der Dominantdreiklang zu dem toni- schen Dreiklange steht, ist hauptsiichlich durch frtlher gezeigte Schluss- bildung klar geworden (s. S. 20). Noch deutlicher wird der Schluss durch Benutzung des Dominantseptakkordes hervortreten. Folgende Akkordverbindung wird die Schlussbildung zeigen Anmerkung. Zu bemerken ist hierbei, dass der dem Septimenakkord nach- folgende Dreiklang unvollstandig ist; in beiden Fallen fehlt die Quinte des Akkordes. Der Grand davon wird sich aus dem Folgenden ergeben. 44 Harmonielehre. I. Abteilung. Das diesen Akkorden innewohnende Streben nach einem Ruhe- punkte und die erfolgte Vereinigung mit einem Dreiklang nennt man Auflosung des Septimenakkordes, Kadenz. Erfolgt die Vereinigung des Dominantseptakkordes mit dem tonischen Dreiklange in der Nr. 87 angeftthrten und ahn- licher Weise, so wird sie Schlusskadenz genannt. Ftlr die Stimmenfilhrung wird uns die Fortschreitung der Inter- valle des Septimenakkordes Anlass zu wichtigen Bemerkungen geben. Wir betrachten zuerst die Schlusskadenz als die regelmaBige Auflosung des Dominantseptakkordes besonders. Die Septime als das wesentliche Intervall des Akkordes ist durch ihre Beziehung zu dem Grundton an eine bestimmte Fortschreitung gebunden. Wird der Fortschritt des Basses, der den Grundton ent- halt, als gegeben betrachtet, so wird eine Fortschreitung der Septime nach oben unmoglich erscheinen: selbst wenn, wie bei b , eine dritte Stimme hinzukommt: wogegen das Abwartsschreiten derselben voile Befriedigung gewahrt: Da die Fortschreitung des Grundtons durch einen Quarten- schritt aufwarts oder Quintenschritt abwarts bereits bestimmt ist, bleibt die Fortschreitung der Terz und Quinte des Septimenakkor¬ des zu betrachten tibrig. Die Terz des Dominantseptakkordes ist stets der Leit- ton der Tonleiter; ihre natilrliche Richtung bestimmt sich daher aus dem bereits frilher tlber den Leitton Gesagten (S. 27), die Fort¬ schreitung derselben wird eine halbe Stufe aufwarts erfolgen, und b wird daher nicht so nattirlich erscheinen, wie a: 90. a. 6. ^ a - -— ^ & : zJ - ■ . & i In dem Beispiele 90 b. ist die Terz der obern Stimme zugeteilt, was das Ungewohnliche ihrer Fortschreitung besonders ftthlbar macht. Ertraglich wird diese Ftihrung, wenn die Terz in einer Mittelstimme sich befindet, z. B. Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 45 91 . Dieses Abwdrtsftlhren der Terz (Leitton) ist daher unter folgenden Bedingungen anzuwenden: a) wenn sie nicht in der obern Stimme liegt, sondern in einerMittelstimme, z. B. 92. selten anwendbar. Oi* ' ' - & —-- r -s -(2?—-II tet, 6) wenn der Bass in der Gegenbewegung fortschrei- z. B. Der Grand der zweiten Regel wird deutlich, wenn man die im letzten Beispiel b zwischen Alt und Bass befindlichen verdeckten Quin- ten betrachtet. Die FUhrung der Quinte des Septimenakkordes ist frei. Wah- rend sie meistens durch die Septime eine Stufe abwarts gedrangt wird, kbnnen Griinde der Stimmenftlhrung vorhanden sein, sie ebenso einen Schritt aufwarts fortschreiten zu lassen, wie Beispiel 916 zeigt, wo das d des Sopran ins e geftihrt ist. Fassen wir diese Bemerkungen kurz zusammen, so finden wir folgende Regeln ftir die regelmaBige Auflosung des Septimenakkordes und ftlr die Schlusskadenz insbesondere : Die Septime schreitet eine diatonische Stufe abwarts, wahrend der Grundton einen Quartensprung aufwSrts oder Quintensprung abwSrts macht; die Terz wird ebenso gegen die Septime eine Stufe auf¬ warts geftihrt, wahrend die Quinte schrittweise auf- und abwarts geftihrt wer- d e n k a n n. 46 Harmonielehre. I. Abteilung. Anmerknng. Bei der Fortschreitung der Terz gegen die Septime mag daran erinnert werden, was iiber den Grundton und die verminderte Quinte im verminderten Dreiklang (S. 27) gesagt wurde. Beide lntervalle finden sich im Dominantseptimenakkord wieder. Anwendung. AuBer bei den Schlussbildungen wird der Dominantseptimen¬ akkord selten in deruns bis j etzt bekannten Yerwendung in der Mitte eines Tonsatzes gebraucht, und wenn es geschieht, nur in einer Stellung, wodurch das Gefilhl des volligen Abschlusses nicht hervorgebracht wird. Dies geschieht namentlich dann, wenn die Septime des Akkordes in der obern Stimme liegt, wodurch der Schluss unvollkommen wird, oder wenn der Dominantseptimenakkord auf den guten Taktteil (Thesis, fiillt, da bei dem vollkommenen Schlusse (Kadenz) der tonische Drei¬ klang auf diesen fallen muss (s. S. 20). AuBerdem erscheint der Akkord oft durch Auslassung eines Inter¬ vals unvollkommen. Dieses Intervall kann jedoch nur die Quinte, selten die Terz sein, wiihrend die Weglassung des Grundtons und der Septime den Akkord ganzlich verSndern und unerkennbar machen wttrde. a. b. c. selten: d. 94. /r$- 1 - -g- — f =%=.u /W—— - 'g..: .... & - _ « -&— . . - & — — - — —<5?— '&■ a _ . J - CT - - — v 7 i In a, b, d , ist die Quinte weggelassen, in c die Terz und tlberall daftir der Grundton verdoppelt worden, welche Yerdoppelung durch das Liegenbleiben des Tones die engste Yerbindung mit dem folgen- den Akkorde herstellt, und wodurch der tonische Dreiklang sich wie¬ der vollkommen darstellt, was bei den frilliern AuflOsungen nicht der Fall war (s. Nr. 87). Wir kntipfen liber die Auslassung eines Intervalles im Akkord folgende Bemerkung an: Durch die Stimmenftlhrung kann ein Akkord unvoll- standig erscheinen; das ausgelassene Intervall wird meistens die Quinte des Grundakkordes sein. Aufgaben. Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 47 2 - 6 6 6 7 _ H .—r ' _ . 7—i > a . Diese Aufgaben bediirfen keiner weitern Erklarung. Dass durch 7 der Septimenakkord in der uns jetzt bekannten Lage angezeigt wird, ist friiher schon erwahnt worden, ebenso dass das darunter befind- liche Kreuz, oder iiberhaupt jedes chromatische Zeichen, welches sich ohne eine daneben befindliche Zahl vorfindet, sich auf die Terz des Basstones bezieht (s. S. 33). Funftes Kapitel. Die Umkehrungen des Septimenakkordes. Wie die Stellung des Dreiklangs dadurch verandert werden kann, dass der Bass ein andres Intervall desselben, als den Grundton, er- halt, so kann dies auch bei den Septimenakkorden geschehen: die erste Umkehrung entsteht, wenn der Bass die Terz des Grundtons erhalt; die zweite, wenn die Quinte des Stammakkordes im Bass liegt, und die dritte, wenn die ursprtingliche Septime der untern Stimme zugeteilt ist. In gedrangter Lage stellen sich die Umkehrungen so dar. (22 _ —2?-- - IT ^^^ — -<5?- -ll- ^ ^-IT {s 7 '*7 $7 g 7 Eine Vergleichung dieser Yersetzungen des Septimenakkordes mit denen des Dreiklangs zeigt die analoge Stellung derselben deutlich: 48 Harmonielehre, I. Abteilung. 97. Ihre Benennung erhalten diese abgeleiteten Akkorde von der Stellung ihrer Intervalle: die erste Umkehrung lieiBt: der Quintsextakkord, die zweite: der Terzquartsext- oder kurz Terzquart- akko rd, die dritte: der Sekundquartsext- oder kurz Sekund- akkor d. Die Bezeichnung derselben in der Generalbassschrift ist oben im Beispiel 97 zu sehen. Es bedarf hierbei nur der Erinnerung, dass es bei diesen Ver- setzungen ebenso wie frUher bei den Versetzungen des Dreiklangs nur auf die Stellung des Basses oder der untersten Stimme ankommt, und dass die tibrigen Intervalle verschieden in die obern Stimmen verteilt sein konnen, z. B. -§ - g T — ~1 — -g* 2 — — a * “T ^3 . sy i % O'- VMZ g 2- gg g "gg g g 1 X7g rv g cx o ■ zs ■ 6 6 — — 4 4 — — — 5 * 5 — — 3 3 — — — rP- —g-— jt — =g —<5!— —g— . r/T\ - im & ^ - X7g^~ g 77 u. s. w. - 1. g Z7 2 2 Anwendung. Die regelmaBige Fortschreitung (Auflftsung) dieser abgeleiteten Akkorde grtlndet sichauf die des Stamm- akkordes. Begrtindete dort die Dissonanz, die Septime, den Fortschritt nach einer Seite hin, so wird auch bei den abgeleiteten Akkorden, in welchen die beiden Tone, der Grundton und die Septime, entweder wieder erscheinen, oder durch Umkehrung zu Sekunden werden, das Streben nach derselben Fortschreitung (Auflosung) stattfinden. Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 49 Fortschreitung des Quintsextakkordes. Da sich die ursprtlngliche Septime gegen den Basston im Quint- sextakkord ebenfalls als Dissonanz, als verminderte Quinte zeigt, deren Fortschreitung schon oben (S. 27) besprochen wurde, 100 . so wird die Auflosung des Quintsextakkordes auf natiirliche Weise so stattfinden: Die Fortschreitung des Grundtons ist hier, so wie sie frilher an- gegeben wurde, nicht mehr vorhanden, da das G der obern Stimme liegen bleibt und sich in die Quinte verwandelt; wenn aber eine Ober- oder Mittelstimme ihrer Stellung nach nur selten diese Fort¬ schreitung ausfiihren kann, so liegt sie doch dieser Harmonieverbin- dung zu Grunde, wie die Bezeichnung G 1 C unter 101 beweist. Dass aber der Sopran oder eine Mittelstimme in solchen Fallen die Fortschreitung der Grundtone den Noten nach nicht ausftihren kann, liegt auBer andern Griinden zunachst in dem Gharakter dieser Stimmen, der mehr in Yermittelung und Yerkntipfung der Har- monien als in der Begrtindung derselben, die dem Bass zukommt, zu finden ist. Anmerknng. Abweichende Fortschreitungen des Grundtons in diesen Fallen, wie sie eine freiere Fiihrung der Stimmen in gewissen Verhaltnissen ergeben wurde, sind bierbei nicht ausgeschlossen, nur muss eine innere Verbindung und Beziehung der Akkorde zu einander vorhanden sein. Fortschreitung des Terzquartsextakkordes. AuBer der Septime und ihrer Umkehrung findet sich hier die verminderte Quinte oder deren Umkehrung, die tlbermaBige Quarte, wieder: L 102. P A \ -jO— Die Aufldsung dieses Akkordes erfolgt so: Richter, Harmonielehve. 4 50 Harmonielehre. I. Abteilung. a. tv b. y (2? S 1 ' “ Gy G Gy G Der Bass, die ursprilngliche Quinte , kann auf beide angegebene Arten fortschreiten. Fortschreitung des Sekundakkordes. Dieser Akkord hat das Eigentttmliche, dass die ursprtinglichen, dissonierenden Intervalle, die Sep time und die verminderte Quinte, nur in ihren Umkehrungen, als Untersekunde und tlber- maBige Unterquarte, vorkommen konnen. Die Fortschreitung dieses Akkordes ist folgende: 104. i 2 JSL 0 JSL. w S>- Die Auflosung des Sekundakkordes erfolgt also hier durch den Sextakkord. Man kann an diesen Aufldsungen ersehen, dass sie sich samt- lich auf die nattirliche Fortschreitung des Dominantseptimenakkordes griinden, die frtiher Kadenz genannt wurde, denn tiberall findetsich die Grundtonbezeichnung G 1 C oder F 7 I. Diese Aufldsungen werden daher selbst Kadenzen bilden, nur nicht so vollkommener Art, wie die oben erwahnte, und wie man jene vollkommene Kadenz nennt, so bezeichnet man diese mit dem Namen unvollkommene Kadenzen. Ubersicht der naturlichen Fortschreitung aller Umkehrungen des Dominantseptimenakkordes in verschiedenen Lagen. a. Der Quintsextakkord. Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 51 b. Der Terzquartsextakkord. Oder: --i - ^^(5— -- 1 T 22 .. f/ys Jr J ^ T s r— —<5*- -1- bzrg- =t=d g? 1 4 * 52 Harmonielehre. I. Abteilung. £2 * 3 2 0 4 3 6 7 4 # -r5?- 2ZI 45 ?- Bemerkung. Die Bezeichnung 8 7 im vorletzten Takte des zweiten, vier- ten und fiinften Beispiels bedeutet, dass die Septime nicht mit dem Akkord zu- gleich auftreten, sondern erst der Oktave nachfolgen soli. Die Ausfuhrung muss daher (in der 2. Aufgabe) so erfolgen: 107, Die Bezeichnung 5 7 , die mitunter vorkommt, von der aber in vorliegenden Aufgaben kein Gebrauch gemacht worden ist, wiirde andeuten, dass die Septime der Quinte zu folgen hat: 108 , n ^ £> r i ' 5 7 - & - Sechstes Kapitel. Nebenseptimenharmonien. Wenn bei den Dreiklangen drei Hauptakkorde nbtig sind, um die Tonart (die Beziehung zum tonischen Dreiklang als Mittel- punkt) festzustellen, bedarf es bei den Septiraenakkorden nur eines Hauptakkordes, des Dominantseptimenakkordes, dessen Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 53 iulialt allein sclion die Tonart zweifellos rnacht, und dessen nattlrliche Fortschreitung zum tonischen Dreiklang die Tonart vergegenwiirtigt. Anmerkung. Sclion die Erscheinung, dass die Septime des Dominant- akkords zugleich der Grundton des Unterdominant-Dreiklangs ist, maclit die Beziehung beider Tone g und f ( als Grundtone der Dominantdreiklange) zu ihrem gemeinschaftlichen Mittelpunkt c (als tonischen Dreiklang) vollstandig klar (s. oben S. ^ 0. No. 3). AuBer diesem Dominantseptimenakkord, aucli H auptseptimen- oder wesentlicher Septimenakkord genannt, lassen sich von den tibrigen Dreiklangen in Dur und Moll Septimenharmonien biiden, deren Beziehung zu einer bestimmten Tonart zwar unleugbar, aber durchans nicht so entschieden ist, wie bei jenem. Sie heiBen: Nebenseptimenakkorde. Sie sind einfach durch Hinzuftigung einer Septime des Grundtons zu den Dreiklangen zu biiden. a. in Dur: I* ii 7 iii 7 IV* vi 7 vu° 7 b: in Moll: NB. NB. 1-7 n° 7 III' ? iv 7 VG vii ° 7 Wir gelangen bier zu Akkordbildungen, die zum Teii ohne Zu- sammenhang mit andern Akkorden hart und deshalb fremdartig klingen, weil, wie oben schon bemerkt wurde, ihre Beziehung zu einer Grundton art nicht so entschieden und klar ist, wie bei dem Dominantseptimenakkord. Ihr Gebrauch wird daher zum Teil wohl seltener, aber nichtsdestoweniger geeignet sein, der harmonischen Fortftlhrung Abwechselung und besondere Fhrbung zu verleihen. Unter diesen Nebenseptimenakkorden lassen sich folgende Arten unterscheiden* a. Durdreiklangemit groBer Septime. 110 , in Dur: in Moll: G: I T IV* a: VI* NB. Durdreikliinge mit kleiner Septime biiden stets Domi- n^ntseptimen akkorde. b. M o 11 d r e i - klang mit grofier Sep time. c. Molldreikliinge mit kleiner Sep time. als Grundliarmonie nicht gebrauchlich. IP in Dur: in Moll; G: n 7 iii 7 vi 7 a: iv 7 54 Harmonielehre. I. Abteilung, in Dur; in Moll: d. Verminderte Dreiklange mit 5fe—f—- r— kleiner Septime. m. n . -—1 C: vnO ? a: n° 7 e. Verminderter Dreiklang mit verminder- ter Septime. f. Der iibermaBige Dreiklang mit groBer Septime. a: ur* wie er sich auf der dritten Stufe in Moll findet, ist zwar brauchbar, aber aus frtther bei dem UbermaBigen Dreiklang entwickelten Grttnden selten und mehrdeutig. Anmerkung. Wir linden diesen Akkord in andrer Begriindung im zehnten Kapitel wieder. in Moil: Anwendung der Nebenseptim enakkorde in Dur. Die Septime oder deren Umkehrung, dieSekunde, maggroB, klein, vermindert oder (was die Sekunde allein betrifft) tiber- maBig sein, sie wird immer in ihrer Beziehung zu dem Grundton als Dissonanz zu einem Fortschritt oder einer Auflosung drangen. Dieser nattlrliche Fortschritt ist bei den Nebenseptimen- akkorden kein andrer, als der bereits bei der Dominantseptime gefundene, n&mlich eine Stufe abwarts gegen den Grundton, wenn sich letzterer quinten- oder quartenweise ab- oder aufwarts bewegt. Ist sonach die Fortschreitung der Hauptintervalle des Akkordes in dieser Art gefunden: ill. IEI -- & -&r 321 -Gr so bedarf es ftir die tlbrigen Intervalle keiner neuen Regel; die Terz wird sich eine Stufe aufwarts ftlhren lassen, wahrend der Fort¬ schritt der Quinte nach beiden Seiten hin erfolgen kann. Anmerkung. Die abweichende Fortschreitung der Terz in den Beispielen 412 6 und c ist dadurch entstanden, dass die verdeckte Oktave, die bei regel- mafiigem Steigen der Terz um eine ganze Stufe zum Yorschein kommen wiirde, z. B. Die Grundharmonien und die von ihnen abgelciteten Akkorde. 55 vermieden wurde. Siehe S. 23 Beispiel 32. Uberhaupt diirfte es sich in vielen Fallen empfehlen, die Terz, wenn nur sonst keine falsche Fortschreitung (schlechte verdeckte Quinte oder Oktave) ent- steht, herabzufiihren, da dadurch oft eine vollere Lage des folgenden Akkordes erzielt wird. Diese Bemerkung gilt auch fiir die groBe Terz, die iibrigens, wie das 5. Beispiel in Nr. 115 beweist, auch im Sopran unter Umstanden herabgefiihrt werden kann. Selbstverstandlich ist eine solche Fiihrung fiir den Leitton, d. h. fiir die Terz im Dominantseptimenakkorde, wie bereits wiederholt ausgefiihrt worden ist, unstatthaft, lasst sich aber doch durch besondere Verhaltnisse oder Beziehungen (Sequenz und dgl.) gelegentlich rechtfertigen. Der Verdoppelung des Leittons im Beispiel 112 c ist folgende verdeckte Quinte vorzuziehen: 114 . es mussten denn Umstande maBgebend sein, iiber die nur an Ort und Stelle bei der Anwendung zu urteilen ist. Natiirliche (kadenzierende) Fortschreitung der Nebenseptimenakkorde in Dur. a. der ersten Stufe. oder: nicht: & 115 * i §£* ~~Cr~ J2&1 32: 22? C: 4 IV gut: nicht 22 -J21 -<5>- oder: nicht: 21 1 T5T HSr 3S -2?- i mit Auslassung der Quinte. 2Z < 5 ^ -&r 221 32: ~cr fcE 2 V 56 Harmonielehre. I. Abteilung. b. der zweiten Stufe. Oder: d. der vierten Stufe (selten mit dieser Auflosung und der Yerdoppelung des Leittons wegen hauptsachlich nur bei einer Sequenz anwendbar). ~rJ 2 ? i ^ rr 22 1 9?. 71 r ~ 1 " r —G - 41 -jf - & 1--It '2? -J % < i *3 * ^ —l- FAV 22~^T , °r “IT r sl L™—-- fi- tHt —^-ft--77 .^a j_7 ^ nicht gut. 22 ^ J3 J J - r—J -I S T*- ^ if 3 r it H -cy- ^ i_L l> l nicht: nicht: G: IY^ vii® ohne Quint©: P 22 : zssr. -<£?- 22 =it ~&r jGL. 5 : & i nicht: e. der sechsten Stufe. Y&- ohne Quinte: iZZL ggrj fi— a -r-& -rr £L ^i==n JZ. ± —&— ~G~ l -t g- 4- il^E!3 - -G—-v- £Z£L -JBL 1 —22— nicht: C: vi 7 nicht nicht: nicht: 11 Die Grundharmonien und die von ihnen abgelciteten Akkorde. 57 f. der siebenten Stufe. nichtgut: bessert /r Q - --{" —f -- r-c-e- -Or 3* - & - & - -£5 1 -»— - T _ Hiss, £3- ' — 1 < & S3 a r\. T O 1 }- yr, - ^■575- _ J - — j - T - J \ & \ 1 J ^ j- nicht: C : vn°7 iii ohne Quinte: Anmerkmig. Die oben befindiichen Fortschreitungen aller Septimenakkorde sind weder in ihren Lagen erschopfend, noch sind sie als die einzig mbglichen dargestellt worden. Die Schwierigkeit der Bildung solcher Fortschreitungen liegt nur in den oft hervorkommenden verdeckten Quinten und Oktaven. Auch sind alle oben hinzu- gefiigten Bemerkungen, wie »nicht«, »nicht gut«, welche sich meistens auf die Fiihrung des Basses, insofern dieser mit andern notwendigen Stimmenschrit- tenjene Fehler hervorbringt, beziehen, in vielen Fallen nurvom theoretischen Standpunkte aus aufzufassen, wahrend solche und ahnliche Stellen in der Praxis, selbst im sogenannten reinen Satze, oft nach oben (S. 41) ausgesproche- nem Grundsatze beurteilt werden miissen. Da es bis jetzt der Theorie noch nicht gelungen ist, positive Reg el n fiir alle Falle der Art aufzustellen, kann bei der Mannigfaltigkeit der Akkordverbin- dung das Wahre und Falsche, das Erlaubte und Unerlaubte in dieser Bezichung nur durch vollstandige harmonische Ausbildung und ein wirklich mu- sikalisch gebildetes Ohr erkannt werden. Mehr hieriiber folgt spSter. Uber die besondere Fortsclireitung des Septimen- akkordes der siebenten Stufe. In der oben unter I 15 befindiichen Zusammenstellung der Fort- schreitung aller Septimenakkorde in Dur ist der Septimenakkord der siebenten Stufe, analog den tibrigen, in die dritte Stufe geftihrt worden, d. h. die Grundtonfortschreitung erfolgt wie bei den tibrigen Septimenakkorden ebenfalls durch einen Quartenschritt aufwarts oder Quintenschritt abwarts. Diese Fortschreitung ist die seltenere, und wird meistens nur bei gleichmaBiger Fortftlhrung der Harmonie (Sequenz) gebraucht Ofter kommt jene Fortschreitung vor, auf die sich der verminderte Dreiklang, dem hier die Sep time hinzu- geftlgt ist, sttltzt (siehe S. 27 und 39), namlich die zu dem tonischen Dreiklang. 58 Harmcmielekre. I. Ableilung. a. b. a. b. —- T&h—l % ks \ rm ^ & V & -^ V-U 1 tr -2? ^ rv* ~T ,-j-. 1 i —S-%— - CS t & C : viiO I vno- I vii° T vn° 7 I Dass die Beziehung des verminderten Dreiklangs zum tonischen Dreiklang durch die Hinzuftigung der Septime nicht verandert, im Gegenteil noch entschiedener wird, zeigt obiges Beispiel deutlich. Ebenso ist zu bemerken, dass, wenn der Akkord in obiger Lage erscheint, die Terz des folgenden Dreiklangs verdoppelt werden muss (siehe 116 6), weil sonst reine Quinten entstehen wtirden (siehe 117 a); man mtlsste denn einen Sprung wie bei b. anbringen, eine Filhrung des Tenor, die man oft findet, und die trotz der verdeckten Oktave sehr wirkungsvoll ist. Diesem Akkord eigenttimlich ist, dass nur die Stellung desselben befriedigend wirkt, in welcher die Sep time in der obern Stimme liegt, wahrend die tibrigen Stellungen, wenn auch nicht unbrauchbar, doch unklarer erscheinen. 118 . ^5L 1ST- -J2L 22 : 6 4 I Anmerkung. Ob der Grund davon darin liegt, dass in der Septime mit ihrer oben bewirkten Fortschreitung der Gharakter der None liegt (manche Theoretiker behaupten, dass diesem Akkord mit seiner Auflosung der Dominantseptimen- akkord mit hinzugefiigter None zum Grunde liege), der, obwohl aknlich dem der Septime, doch viel umfassender ist, und die Stellung in die Mitte nicht vertragt, kann hier nicht weiter untersucht werden. Die freiere Behandlung der Terz und Quinte im Septimenakkord. Yerschiedene Fortschreitungen dieser Intervalle sind be/eits bei obigen Akkordverbindungen benutzt worden. Die Quinte geht auf- und abwarts, die Terz ebenso bald eine Stufe aufwarts, bald macht Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 59 sie einen Terzschritt abwarts. Alles dies geschah meistens in Berttck- sichtigung und Yermeidung der verdeckten Quinten und Oktaven. Abgesehen von diesen teilweise fehlerhaften Fortschreitungen kann besonders die Terz noch andre Schritte machen, wodurch die Stim- menftthrung oft selbstandiger und freier wird, z. B. a . 6. nichtgut: c. Hr zr &— --— - «-^-j T frTv ^ Oh \>\J o ' " c* cv & ^ s ^ . \ . CS VI* ^ „ & s? t-^- -- J J Diese Ftthrung ist auch in den Mittelstimmen moglich, wenn es die Lage gestattet, wie bei c. (Vergl. S. 152 u. 153.) Die Ftthrung des Sopran bei b. ist deshalb nicht gut, weil dadureh ein ttbermiiBiger Quartensprung hervorkommt. Man nennt den Schritt von der vierten zursiebenten Stufe (f-h) den Tritomis, weil er drei ganze Tonstufen enthalt. Uber den- selben mehr in der Folge. (S. 165 u. f.) Andre Ftthrung der Quinte ist nur moglich, wenn der Bass zu gleicher Zeit obige grundtonmaBige Fortschreitung andert, wie ilber- haupt sich noch weitere Stimmenftthrung ergeben wird, wenn wir andre als die bisher benutzten Akkordverbindungen aufsuchen. Die Vorbereitung der Septime. Es ist bisher fiber die Fortschreitung der Septimenakkorde, aber nicht fiber die Einftthrung derselben gesprochen worden. Die Harte des Auftrittes vieler Dissonanzen und namentlich der meisten Septimen in den Nebenseptimenakkorden macht eine sorgfaltige Einftthrung derselben notig, die darin besteht, dass man sie vorbereitet. Yorbereitet ist ein Ton, wenn derselbe bereits im vorher- gehenden Akkorde in ein und derselben Stimrae und als har- monischer Ton vorhanden ist, so dass er durch einen Bogen verbunden werden kann. Solche Vorbereitung eines Tones liegt schon in den ersten frtther gezeigten Akkordverbindungen, z. B. Man kann hier sagen: das c des Sopran im zweiten Akkord ist 60 Harmonielehre. I. Abteilung. durch das c des ersten Akkordes vorbereitet: ebenso das g des Alt im folgenden Beispiel. Die Notwendigkeit der Yorbereitung der Septimen beruht aber nicht allein in der Harte ihres Auftretens, wenn sie frei ange- schlagen werden, sondern besonders in dem Charakter der har- monischen Yerbindung und Verkntipfung zweier sich folgen- der Akkorde, die den Septimen vorzugsweise eigen ist, und der olme die Vorbereitung nicht hervortreten wilrde. Die Yorbereitung der Septime kann nun auf folgende Art erfolgen: C: in IV* vii° V m 7 vi I vi 7 11 IV vn° 7 l In alien diesen Beispielen bildet der Ton, der mit dem folgenden gleichen durch einen Bogen verbunden ist, die Yorbereitung der Sep time. Bei der Bildung soldier Vorbereitung sind folgende Regeln zu beachten: a) Die Yorbereitung erfolgt auf leichtem Taktteile (Arsis) und muss b) wenigstens von ebenso langerDauer sein, als die nachfolgende Septime; sie kann wohl langer, aber nicht ktirzer sein, z. B. nicht: tigsten Teile der Harmonielehre, und ist mit vieler Sorgfalt auszufiihren und ein- zuiiben, weil auf ihr das Wesentlichste der innern Harmonieverbindung ruht. Wenn sich auch hierbei Ausnahmen in der Praxis nachweisen lassen, so mag wiederholt erinnert werden, dass sie eben nichts andres als Ausnahmen Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 61 sind, die gegen die Richtigkeit des Grundsatzes harmonischer Yerbindung nicht zu zeugen vermogen, sondern als nur im konkreten Falle durch Stellung und Ver- hiiltnisse geboten oder beabsichtigt beurteilt werden konnen (S. 33. Anmerkung). Diese Ausnahmen kommen meistens bei den kleinen Septimen, als den weniger harten, wie die der zweiten und siebenten Stufe, vor, und sind dann immer durch gute Stimmenfiihrung gemildert. Eine besondere Ausnahme der notwendigen Vorbereitung macht jedoch die Septime des Dominantakkordes, auch die wesent- liche Septime genannt. Sie ist diejertige, die durch ihre Beziehung zum tonischen Dreiklang, zur Grundtonart am wenigsten hart und be- fremdend auftritt, und bedarf nicht in alien Fallen der Vorbereitung. Es mag liber ihren weitern Gebrauch folgendes bemerkt sein: Die Dominantseptime bedarf zwar der Vorbereitung nicht, doch erfordert das freie Auftreten derselben das Vorhandensein des Grundtons, wenn die Stimmenfiihrung rein und ohne Harte sein soli. 123* Anmerkung. Diesogenannten durchgehenden Septimen, dienatiirlich als solche nicht vorbereitet werden konnen, rich ten sich nach den Regeln der durchgehenden Noten, die spater erklart werden. Uber die durchgehenden Sep¬ timen siehe das 4 8. Kapitel. Uber die Falle, wo weder Grundton noch Septime des Dominantakkordes vorbereitet ist, s. S. 154. — Auch die Septime der siebenten Stufe in Dur und Moll (im letz- ten Falle der verminderte Septimenakkord) bedarf ihres besondern Charakters wegen, welcher die enge Verwandtschaft mit dem Domi- nantseptakkord leicht erkennen lasst, durchaus nicht stets einer Vor¬ bereitung. Aufgaben. i. 124 . 2 . I-*- 7 0 4 7 Z2Z= -p—3- 8 6 6 5 6 4 m S3 -G>- :e: 3. 6 J a —< 5 ?— J- 7^ - n - 4=! —& — ^ —< 5 *— \—& - 4. A £ 6 7 5 6 7 v~ z -&■ 19 - 3C -G>- 62 Harmonielehre. I. Abteilung. Die Verbindung der Septimenakkorde unter- einander. Die Fortschreitung oder Aufltisung der Septimenakkorde geschah in den friihern Beispielen stets durch denDreiklang der vierten Stufe aufwarts oder, was gleich ist, der ftinften Stufe abwarts. Statt des Dreiklangs kann auch ein Septimenakkord derselben Stufe folgen. Die Fortschreitung der Stimmen erleidet hierbei keine Abande- rung, nur wird in diesem Falle die Terz des ersten Septimenakkordes zur notigen Vorbereitung der folgenden Sep time dienen, da- ker nicht fortschreiten, sondern liegen bleiben, z. B. Hier bildet die Terz des Dominantakkordes, das h 1 die Vor¬ bereitung der folgenden Septime. Das Eigentttmliche dieser Harmonieverbindung ist, dass in einem der Septimenakkorde immer die Quinte fehlen wird. .In dem Bei- spiel 125 ist die Quinte des ersten Akkordes weggelassen worden. Folgen mehrere Septimenakkorde aufeinander, dann wird immer wechselsweise in einem die Quinte fehlen. 126 , 5 f V—g? §3 2H22 r \ \ 7 7 ■ Jt - J - £ ~9 — 9~ - 9 - -tg- f=r G: I n 7 V 7 I* IV* vi IV* vn0 7 iii 7 vi 7 n 7 V 7 Ftlr Harmonieverbindungen dieser Art mag daher folgende Norm gelten: Wenn zwei oder mehr Septimenakkorde in der Grund- lage aufeinander folgen ? bleibt wechselsweise in einem die Quinte weg. Aufgaben. 127 . 9 ^- Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 63 * 3 - 5 4 7 3 6 6 7 7 . H -&■ 3Z 22 -< 5 >- 4 . =t= t 4 S3 4 F=t FF=S [?-AI J _22 =t= =td= • —1- r* -J2 —— - 11 Anwendung der Nebenseptimenakkorde in Moll. Beschrankter ist der Gebrauch der Nebenseptimen¬ akkorde in Moll. Manche derselben zeigen sich ftir Akkordver- bindungen, wie sie in Dur angewandt wurden, unfahig oder unbe- stimmt und mehrdeutig; andre bilden in ihrer kadenzierenden Fort- schreitung schwere, unmelodische Stimmenschritte. Eine Bildung von Septimenakkord, wie sie die erste Stufe gibt, kann keine den obigen analoge Fortschreitung ergeben, da fol- gende Akkordverbindung nicht denkbar ist. Anmerknng. Wenn sich auch mit obiger Intervallzusammenstel- lung Fortschreitungen bilden lassen, wie etwa: so diirfte doch der Beweis, dass hier eine Fortschreitung des Septimenakkordes der ersten Stufe in Moll vorliege, schwer fallen. Die Auflosung des Akkordes der zweiten Stufe erfolgt in die Dominante und wird sehr haufig gebraucht. 130 , t= u .. - —& - —, .H i*= =&$&- p 3ZZ J2. U S. W. ’JSL -- nicht: nicht: a : ii ° 7 V - - - -— Eine Fortschreitung des Septimenakkordes der dritten Stufe ist nicht unmoglich; 64 Harmonielehre. I. Abteilung, sie ist aber mehrdeutig, und dtirfte in Cdur after anzutreffen sein, als in Amoll. (Siehe: Alterierte Akkorde.) Dass die Quinte in diesem Akkord als tibermaBiges Inter- vall stets eine Stufe aufwarts gehen wird, mag hier noch bemerkt werden. Die Akkorde der vierten und sechsten Stufe sind selten, weil die Stimmenftihrung bei der Auflosung unbequem und unmelo- disch wird. 133 , Das Gezwungene der meisten obigen Fortschreitungen ist nicht zu verkennen und macht sie wenig brauchbar. — Die siebente Stufe in Moll bringt einen wichtigen Akkord, der allgemein unter dem Namen der yerminderte Septimenakkord bekannt ist. Eine AuflGsung dieses Akkordes in der Weise aller tlbrigen ist unmdglich, da sie in den Dreiklang der dritten Stufe erfolgen milsste, welcher bereits oben als zweifelhaft und mehrdeutig aufgestellt wurde. Statt dessen grtindet sich, wiebeim Septimenakkord der siebenten Stufe inDur (siehe S. 57 u. 58), die Fortschreitung des- selben auf die nattirliche Fiihrung des Leittons, auf welchem dieser Akkord ruht: Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 65 Wie der Grundton dieses Akkordes (Leitton) eine halbe Stufe fortschreitet, so tritt auch die Sep time eine halbe Stufe abwarts, wiihrend Terz und Quinte ebenso regelmaBig fortgefiihrt werden wie bei andern Septimenakkorden; besonders aber ist die Ftihrung der Terz in manchen Lagen (135 a) genau zu beachten, weil sie leicht fehlerhafte Fortschreitung ergibt: wohingegen die Stellung bei 6. und c. der Terz grohere Freiheit gibt. Anmerkung. Die natiirliche Fortschreitung dieses Akkordes, ebenso des Septimenakkordes der siebenten Stufe in Dur, in den tonischen Dreiklang hat die kltern Tonsatzlehrer veranlasst, die Begriindung desselben in der Dominant- septimenharmonie zu finden. Sie dachten sich diesem Akkord eine None (groB oder klein) hinzugefiigt und den Grundton weggelassen, wodurch beide Akkorde der siebenten Stufe entslanden. Indem hierbei auf das, was spater liber die Nonenakkorde im 9. Kapitel ge- sagt ist, verwiesen wird, soil hier nur als Grund obiger Ansicht angefiihrt werden, dass jene Annahme der Nonenakkorde unnotig und weitscbweifig ist, und dass die Einfachheit des harmonischen Systems der weitlaufigen Begriindung desselben fiir die praktischen Zwecke vorgezogen wurde. Filr die Anwendung des verminderten Septimenakkordes merke man sich noch folgendes: Die verminderte Sep time, die mildeste unter alien, bedarf keiner Yorbereitung (s. S. 61). Aufgaben. 4 . I • 136. 9 : ilrPf 7 # 6 if if 321 TZSZ 2. 3 if 7 5if 4t 6 2 0. © 6 5 6 6 7 4 if r>r. —p- & r nrr 5?-- & - ■— P EEI §•—a— m <22 - 4 3 6 77 ^ 9 * -d?-sr F—« .. E ■&- 6 6 5 erscheinen deshalb befriedigender, weil die Septime tlber dem Grund- tone liegt. Eine der vorhergehenden gleiche Fortschreitungsart erfordert der verminderte Septimenakkord. Z. B. 140 . & 5 nzr _ 6 oder: ® 0 6 £ 3 6 121 4 6 2 # 4 &- a: vii ° 7 i Dass hier ebenfalls die dritte Yersetzung, der Sekundakkord am seltensten Verwendung finden wird, zeigt die unbefriedigende Auf- losung in den Quartsextakkord, einen Akkord, der immer eine sorgfaltige Behandlung erfordert, tlber welche das Notige spater folgt. (S. 4 45 u. f.) Dass Quintenfolgen, die durch Auflosung des Quintsext- und Terzquartsextakkordes in dieser Weise entstehen: 141 17 32 5* 68 Harmonielehre. I. Abteilung. als fehlerhaft zu betrachten sind, ist bereits oben (S. 65) erwahnt worden. Uber die Folgen dieser Art Quinten vergleiche auch S. 17 Nr. 16, 4 7 und 4 8. Bei diesem liberaus fligsamen Akkorde bringt die Stellung des Grundtons zur Septime keine so wesentliche Yerschiedenheit hervor, wie es bei dem Akkorde der siebenten Stufe in Dur der Fall ist; die Sep time kann liber oder unter dem Grundton liegen, die Klang- ahnlichkeit der iibermaBigen Sekunde mit der kleinen Terz wird dem Akkorde immer viel Milde zuteilen, und jene UbermaBige Sekunde eben nur in Bezug auf die Tonart als solche empfinden lassen. Aufgaben. 142. 2. . 6 6 6 6 5 5 6 6 5 fiV i ^ J _ 2z:. ri.nrv , -3 ^ — 3 _ d2 . 6 3. 5 i-1- -- 1 - 4 _3 4 7 --r-A. ^2 6 7 7 rsr; i tzt _ glipgl ^ jg 25 23 i J l J s. * 6 i, 5 6 6 5 -—-2 6 2 6 6 5 rTi i & ^ -j ^^ 1 25 ^^23 :'J —70~1p ^ ^23.. A 6 7* 5 5 2 6 4 7 3 6 6 6 6 5 , |. •"IT ttri I J Vv - Z7 J S' £7 £7 ^ J ,22 ! - $• 5 2 r— ^ 6 6 2 6 6 5, 7 7 pvt' rZ IT . j— /*r' < rw i i j ^ a & ^L & ! ^ £2 ^^ 6. o II TJ 6 o J* 6^2 6 4, 2, 6 5, 7 7 ^ T ^ I 75 2? tp T £7 ■ c 5* -— —d > * “ r T- 7 * 5 if 6 6 ®+ & 4 7 7 3 6 -I-csr- 6 5 if Q«- A ^ T . T llii - 23 25 -jjgUja k '=t=fc= .-£2 -- Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 69 9 . & 7 6 5 6 # 7 6 # 4 6 7 4 # 5 3z: 10 . & 5 zJ ->y- 6 & 6 4 0 v~ Z -< 5 ?- #i -tS>- -<5 L - Anmerkung. Im 4 . Takt der 9. Aufgabe bleibt die Septime liegen, was durchaus statthaft ist, da es sich nur um eine Versetzung desselben Akkordes handelt. — Uber das Liegenbleiben der Septime s. nachstes Kapitel. — Aciites Kapitel. Die Septimenakkorde in Verbindung mit Akkorden verschiedener andrer Tonstufen, als die bisher be- nutzten. Trugkadenz en. Die bekannte Regel, die Septime miisse bei der Auflosung eine Stufe abwarts fortschreiten, bewahrt sich bei den frtiher gezeigten Akkordverbindungen zwar vollkommen, sie hat aber so wenig posi¬ tive Geltung, wie andres, welches unter andern Bedingungen und Verhaltnissen, bei der groBen Mannigfaltigkeit der Akkordverbindungen notwendigen Veranderungen und Abweichungen unterworfen ist. Bei der Bewegung der Sep time oder ihrer Umkehrung, der Sekunde, kommt alles auf den Fortschritt des Grundtones an. Ist dieser von der Art, wie in alien bisher gezeigten Fallen, dass ohne das Abwartsschreiten der Sep time kein verst and liches und be- friedigendes Resultat hervorgehen wilrde, so wird auch jene Regel voile Geltung haben. Der Fortschritt des Grundtons kann aber auch jene Richtung der Septime vhllig aufheben; sie kann entweder liegen bleiben oder auch aufwarts fortschreiten. Z. B. 143 . 7 4 Dies fiihrt uns auf die Moglichkeit, die Septimenakkorde mit Akkorden andrer Tonstufen, als die bisher benutzten, zu verbinden. Es mogen hier einige bekannte Arten der Akkordverbindungen mit Bemerkungen folgen, um beiVersuchen neuer Bildungen der Art nach kritischen Grundsatzen verfahren zu konnen. Wir beginnen mit dem Dominantseptimenakkord. Es ist frtiher erwahnt worden, dass die Auflosung der Septimen¬ akkorde in bisheriger Weise Kadenz, und die des Dominantseptimen- akkordes Schlusskadenz genannt wird. 70 Harmonielehre. I. Abteilung. Folgt dem Dominantseptimenakkord ein andrer Akkord, als der tonische Dreiklang, der die Schlusskadenz bildet, so wird entweder die nattirliche Hinneigung zum Schlusse verzogert oder glinzlich aufgehoben. Die Erwartung der nattirlichen Folge erfahrt hier- durch eine Tauschung, und man nennt deshalb diese Akkordver- bindungen Trugkadenzen. Trugkadenzen entstehen also tiberall, wo die Fortschreitung des Dominantseptimenakkordes nicht zum tonischen Dreiklang erfolgt, sondern zu andern Akkorden ftthrt. Einige Arten derselben sollen zunachst erliiutert werden. \. Die Verbindung des Dominantseptimenakkordes mit Dreiklangen, auBer dem tonischen, bei stufenweisem Ab- wartssch reiten der Septime. a. Verbindung mit der sechsten Stufe. Diese Akkordverbindung (Trugkadenz) kommt sehr haufig vor. Man hat tibrigens darauf zu sehen, dass der Gnindton des Dominant¬ septimenakkordes nicht verdoppelt wird, da es sonst sehr schwer, ja geradezu unmoglich ist, die Verbindung richtig darzustellen: : U ^ - & & - — - ^ — & & .. ' & &^ ... _ Ssiz." - -- Nicht so entschieden ist die Wirkung dieser Fortschreitung bei den Umkehrungen des Septimenakkordes, und daher seltener: in Dur: in Moll: C: V 7 vi - - a: V 7 VI b. Verbindung mit der dritten Stufe. Anmerknng. Die Versuche mit den Umkehrungen des Akkordes unterbleiben hier und in der Folge; sie sind leicht anzustellen. Entschiedener wird diese Fortschreitung bei Anwendung der Modulation: Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 71 Auch in Moll ist die Verbindung mit dem Dreiklang der dritten Stufe moglich, nur wird dieser als dissonierender Akkord (durch die tibermaBige Quinte) eine weitere Folge notig machen. der S Die Verbindung mit Dreiklangen bei liegenbleiben- Septime. a. Mit der zweiten Stufe: 150 . nicht: in Moll unbrauchbar. -6- - JlB?- - —— - & — -- er— - rr- — P? — —^ C: V 7 G: V 3T 7 «= »7 C:V 7 e: vii ° 7 C: V 7 Fis: V 7 d. Durch Gegenbewegung des Basses bei Modulation in andre Tonarten: Vorstehende Beispiele verschiedener Akkordverbindungen geben nur eine Andeutung mcjglicher Zusammenstellungen. Der Zweck der- selben war, auf die Mannigfaltigkeit harmonischer Fortschreitung auf- merksam zu machen. Hier ist das eigentliche Feld der Spekulation auf neue Harmonieverbindungen, welchem heutzutage soviel Wunder- bares in verschiedenem Sinne entkeimt. Uber den Wert solcher Akkordverbindungen kann die Kritik nur in speziellen Fallen entscheiden, da ihr richtiger Gebrauch nur bei Berticksichtigung ihrer Einfiihrung, ihrer Folge, ihres rhyth- mischen Gewichts, kurz ihrer ganzen Stellung und Umgebung moglich wird. Der besondere Gharakter eines Tonstiicks, die durch die Verwen- dung eines Motivs oder Gedankens eigens gestaltete Stimmenfiihrung und ahnliches kann auf solche Harmonieverbindungen hinfiihren; sie aber auf die Spekulation hin anzuwenden, neue und fremdartige Gestaltungen zu erfinden, tlberhaupt um originell zu erscheinen, mochte nur selten so gelingen, dass man nicht die Absicht bemerkte. 74 Harmonielehre. I. Abteilung. 1. Aufgaben. 6 7 6 .5 8 7 162 . 2 - 5 s>- £ 8 7 7 22 221 0 4, 6 5 6 4 0 7 33221 -27- - .32£7 _ 32 S 3 ^z= -- 3. 2 3 -S> 221 6 4 „ 7 3 ■ ■ ■ - g >— 0 4 7 =£2= ~23 4 . 6 5 6 5 ISL 75 6 5 6. - 6 >- 27 - 27 - -- 22: iS>- 5. weite Lage. 4 3 §£E*S -27- - 27 - - 27 - 6 - 27 - A 6 4 7 ~Z?- -22 6 . 3 -d5- 8 7 4 0 & 4 3 6 4 0 5 7 7 0 §5 22L - 27 - 27 w 6 7 4 0 © i 6 5 6 4 & 6 7 4 0 §3 - . i SO I £2 . , £y - 1 _2Z_L. - 2 - — - stT2 ___ 72 - :-1-r— J’i 22 WW- — " & & -7? 332 . : Anmerkung. Die weite Lage der 5. Aufgabe bezieht sich auf eine Seite 72 angefiihrte Stiramenfuhrung; spater kann dieselbe wieder verlassen werden. Die Nebenseptimenharmonien mit Akkorden andrer Tonstufen oder Tonarten verbunden. Es mbgen hier noch einige Akkordverbindungen mit Nebensep- limen folgen. Alle Fdlle der Art anzuftthren, wtlrde ebenso unmoglich als unzweckmaBig sein. a. BeiregelmaBigerFortschreitung der Septime. Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 75 b. Bei freierFortschreitung der Sep time. 164. H nicht: isr -tS>— -£?- 5?sz 1 - V. 1^41 1P~ r C: n 7 G: V 7 G: ii 7 c: vii° 7 C: n 7 a: V 7 G: ii 7 d: vii ° 7 Anmerkung. Der Grund, warum das letzte Beispiel nicht gut ist, liegt in dem darin befindlichen sogenannten Querstand, dessen Erklarung spater (S. 163) erfolgen wird. c. Mit liegenbleibender Septime. Die letzte Akkordfolge wird oft gebraucht. Sie bildet eine Yer- zogerung der kadenzierenden Fortschreitung der zweiten Stufe in die ftinfte durch den dazwischen geschobenen Quartsextakkord des toni- schen Dreiklangs. Auch der Sextakkord desselben erscheint nicht selten zwischen der Auflosung dieses Akkordes, wie im Beispiel c. Auf gleiche Weise wird der vermin der te Septime nakkord hUufig benutzt: t ^ 43 6 # ( A. 7 - —- .£?■ Iks —3 - .1^ \ -& - VM7 TL^ v - z?—. ^ J Tj g : vn° 7 C : I V -- vf 5 * & T7 Auch hier wird die nattlrliche Fortschreitung nur durch den Quart¬ sextakkord verzogert. Anmerkung. Es wlirde zu weit fiihren liber die Schreibart des verminderten Septimenakkordes in diesem Falle und liber die verschiedene Art der Anschauung dieser Fortschreitung (wodurch das es in dis verwandelt wird) hier weiteres zu bemerken; obige Erklarung halte ich fur die richtige. Die mechanische Zusammenstellung solcher Akkordfolgen mag den eignen Ubungen und Untersuchungen fiberlassen bleiben. Der Nutzen derselben wird in der gewonnenen Einsicht akkordlicher Verhaltnisse und Beziehungen liegen, und deshalb nicht so gering an- zuschlagen sein, als es anfanglich scheinen diirfte: tlberhaupt wird dieser zur Komposition selbst ungefahr in derselben Beziehung stehen, wie die technischen Studien und Voriibungen zur praktischen Aus- flihrung und zum Yortrag musikalischer Werke. Beide machen ge- wandt und geschickt, bilden Krafte aus; und ermoglichen erst die geistigen Produktionen. Es mag hier nur noch bemerkt sein, dass ftir das Kriterium obiger Zusammenstellung immer das Verhaltnis der Septime zum Grundton und ihr Fortschreiten gelten wird. Ist dieses rein und bilden die tibrigen Stimmenschritte keine der oben erwdhnten Fehler, wird die Akkordverbindung brauchbarftir besondere Falle sein. 76 Harmonielehre. I. Abteilung. Anmerkung. An dem Grundsatze ist tibrigens theoretisch festzuhalten, dass jede Dissonanz der Auflosung und, soweit die Septime (Oberseptime) und die verminderte Quinte in Frage kommen, der stufenweisen Auflosung nachunten bedarf. Die verminderte Quinte macht scheinbar eine Ausnahme, da sie oft heraufgefiihrt wird: 167. p 6\6 i -<5>- 3 r doch geschieht das stets nur, wenn sie als iibermaCige Quarte erscheint; auCer- dem erfolgt, ganz wie bei den unter Nr. 155 wiedergegebenen, die Septime be- treffenden Fallen die regelrechte Auflosung durchaus, sie erfolgt nur in einerandern Stimme. Was nun die Falle betrifft, wo die Septime oder auch die verminderte Quinte liegen bleibt, so ist zu bemerken, dass die Auflosung gewohnlich nur verzdgert wird, dass sie aber nachtraglich doch erfolgt: Die hier zwischen dem Dominantseptimenakkord, resp. dem verminderten und dem tonischen Dreiklang liegenden Harmonien konnen nur die Bedeutung ven Zwischenakkorden beanspruchen: sie storen die naturgemafle Auflosung keineswegs, wenn dieselbe auch spater und, wie in den Beispielen 6. und c. in einer andren Stimme erfolgt. Verbindungen, wo diese nachtragliche Auf- losung nicht erfolgt, sind selten, lassen sich kaum ohne Zuhilfenahme der Mo¬ dulation bewerkstelligen und konnen nicht als ungezwungen gelten. — Auch auf einen Unterschied sei hier noch aufmerksam gemacht, n&mlich auf den zwischen Ober- und Unterseptime. Den folgenden Verbindungen; 169. gut < 5 ?— t^r <3~ m —g- 6 II- nicht gut zszis: ii- liegt nicht eigentlich, wie man wolil anzunehmen geneigt ist, der Septimenakkord von d, sondern der Dreiklang F, a, c mit Untersep timed vor. c ist also nictt Dissonanz, sondern d. Diese Unterseptime hat im Gegensatze zur Oberseptime die Neigung sich nach oben aufzulosen. Auflosungen nach unten, wie im Bei- spiel 169 6., sind nicht zu loben. Ganz auffallend liegt die Geltung dieses Tones als Unterseptime in folgender Schlussvvendung zu Tage* Die Grundharmomen und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 77 Hier liegt offenbar ein durch Einfiihrung der Unterseptime in seiner Wir- kung noch verstarkter Plagalschluss vor. (Im Dominantseptimenakkord wird selbstverstandlicli auch in den Fallen, wo wir den untern Ton als Unterseptime auffassen wollen, der obere Ton die Bedeutung einer Dissonanz behalten, da er ja zur verminderten Quinte wird.) In alien Fallen aber, wo der untere Ton sich sprungweise bewegt, miissen wir ihm Grundtonbedeutung zuerkennen: x x 171. und wird dann eine nachtragliche Auflosung der Oberseptime in der hier ange- deuteten Weise erwartet. — Fur die Praxis ist der Unterscliied zwischen Ober- und Unterseptime ganz gleichgiiltig. Die Regel in ihrer obigen Fassung: die Sep¬ time lost sich entweder auf Oder bleibt liegen, wenn sie den gemeinschaftlichen Ton bildet, ist in ihrer Knappheit und Fasslichkeit hier, wo es sich nur darum handeln kann, praktische Resultate zu erzielen, entschieden vorzuziehen. Doch durfte nicht unterlassen werden, den gereiften, verstandigen Schuler, der gern in das Wesen der Sache eindringen mochte, auf diesen Unterschied aufmerksam zu machen und ihn zu weiterm Nachdenken liber den Gegenstand zu veranlassen. — Yergl. Nachtrag S. 226 Aufgaben. 7 5 6 172. 6 5 6 4 ?v- *75 _ H}.- r * . -- 45 S i j & 45 — i — -4? 2 . 6 7 5 BE -- - - ££ h- 3. m 7 4 7 i-, 3 5 6 6 7 5 6 6 4 5 i &- -4? -0—m -G>- 4 . m 6 5 6 4 7 7 6 6 42 6 4 «?- - 6 >— 12- 5 . 6 6 5 4 7 7 if 6 5 —t- 6 7 4 if 12 4? 12 6 . 3 42- 7 5ff 3 © 5 6 4 6 6 7 4 if -4* *T =* 4? - 12. i -42- HL 7 . 72. 6_2±f if § © 5 6 4 iS>- 6 87 if -42- 2: - 45 *- 8. 6 5 a 2 6 4 6 3 5 6 7 4 if 4? 7 = £ -42- t-42- -t5>- 78 Harmonielehre. I. Abteilung. Anmerkung. Manche der oben angefiihrten Falle konnten in diesen Auf- gaben noch nicht aufgenommen werden, weil sie sich auf Modulation griinden, die erst unten naher erklart wird. (Die sechste Aufgabe macht eine Anwendung der Modulation.) Ebenso wtirden manche der obigen Beispiele durch Anwendung der Modulation glatter und weniger steif und fremd geworden sein. Neuntes Kapitel. Uber Nonen-, Undezimen- und Terzdezimenakkorde. Man findet tiber diese Akkordbildungen in den meisten Lehr- btichern weitlaufige Abliandlungen. Die Ansichten, die tiber dieselben geltend gemacht werden kdnnen, sind versckieden und werden zu gleichem praktischen Ziele ftihren. Man kann annekmen entweder, dass dieseZusammenstellung yon Intervallen als wirk- liche Akkorde, wie z. B. der Septimenakkord, zu betrachten und zu behandeln sind; oder, dass sie als unwesentliche Akkordverbindungen entweder zu den Vorhalten gehoren, oder durch das Liegen- bleiben einer Stimme zufallig entstehen. Im ersten Falle wird die Erkldrung ihres Gebrauchs, besonders durch ihre Umkehrungen, sehr weitlaufig, und da beim vierstimmigen Satze immer ein oder mehrere Tone oder Intervalle derselben weg- bleiben mtissen, unklar, weil sie dann leicht mit andern Akkorden zu verwechseln sind. Im zweiten Falle vereiniacht sich ihre Erklarung sehr. Anmerkung. Die Nonenakkorde, sowie die spater genannten, sind noch ein Uberrest der alten sogenannten Generalbasslehre, die jede Zusammenstellung von Tonen, sie mochte noch so zufallig sein, gern als besondern Akkord auffasste und dessen Behandlung lehrte, ohne die vielen zufalligen Akkorderscheinungen unter ein bestimmtes System zu ordnen, und dadurch die ganze Harmonielehre ebenso weitschweifig machte als ihre Erlernung erschwerte. Ohne auf innere theoretische Grtinde, die dergleichen Bildungen unter die zufalligen verweisen, hier weiter eingehen zu konnen, bestimmt uns schon die mogliche Vereinfachung des harmo- nischen Systems ohne wirklich praktische Nachteile zu der letzten Ansicht. (Mehr hieriiber in der zweiten Abteilung.) Um aber eine klare Anschauung zu gewinnen, soli die Bildung dieser unwesentlichen Akkorde gezeigt, und es sollen Bemerkungen hinzugeftlgt werden. Wenn man zu dem Dominantseptimenakkord eine None hinzu- ftigt, entsteht ein Akkord, der unter dem Namen Dominantsept- nonenakkord bekannt ist. in Dur: in Moll: Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 79 In Dur linden wir die groBe None, in Moll die kleine. Dieser Akkord wird im reinen Satze, wie unter ahnlichen Ver- haltnissen der Dominantseptimenakkord selbst, unter Vorbereitung der None oder des Grundtons gebraucht, und Falle folgender Art, wo beide Tone frei eintreten: sind ihrer Steifheit und Verbindungslosigkeit wegen zu tadeln. Diese Vorbereitung kann so erfolgen: besser: Inwiefern die ersten Beispiele zu den Yorhalten, die letzten zu andern zufalligen Akkordbildungen zu rechnen sind, kann erst spater in der zweiten Abteilung erklart werden. Anmerkung. Von dem Nonenakkord in Dur leitet man den von uns friiher ausftihrlich behandelten Septi menakkord der siebenten Stufe, ebenso den verminderten Septimenakkord von dem Nonenakkord in Moll ab, um ihre Kadenzfortschreitung den iibrigen Septimenakkorden analog bilden zu konnen, indem man sagt: diese Akkorde seien Dominantseptimenakkorde selbst, denen die None hinzugefiigt und deren Grundton weggelassen ist. Z. B. 176. Hierdurch entsteht bei dem ersten die Weitlaufigkeit, dass man zwei Akkorde der siebenten Stufe in Dur annehmen muss: einer, dessen natiirliche Kadenz folgende ist: der andre als vom Dominantseptimenakkord abgeleitet, wahrend es am einfach- sten bleibt, auf den Charakter des Leittons, auf welchem die obigen Akkorde ruhen, hinzuweisen. Dass viele musikalische Lehrbticher auch Nebenseptnonen- akkorde annehmen, macht die Erklarung mancher harmonischen Bildung noch verwickelter, und ist ebenso wenig notig, da alle diese Tone nicht ohne Vorbereitung anzubringen sind, wodurch sie sich in 80 flarmonielehre. I. Abteilung. ihrer ganzen Behandlung und Folge in nichts von den Yorhalten unterscheiden. Was naeh der Praxis sowohl, wie nach vereinfachter Theorie von dem Nonenakkorde gilt, wird in noch groBerem MaBe von dem Un- dezimen- und Terzdezimenakkorde gelten. Die sonderbare Gestalt dieser Akkorde ist in vollstandiger Weise folgende: 178. 1 i 9 7 1 3 1 1 9 7 -z?- "< 2 : 12L ~zr t Im reinen vierstimmigen Satze konnen sie nattlrlich nie zur An- wendung kommen, da sie sich durch die notwendige Auslassung vieler Intervalle einfach als Yorhalte zeigen werden, z. B. und selbst im mehrstimmigen Satze werden sie sich ihrem Charakter nach von den Vorhalten gar nicht unterscheiden, und im freieren Stile, wo sie auch ohne Vorbereitung auftreten, als Wechselnoten auf- fassen lassen. Mehr hiertiber im 12. Kapitel. Zehntes Kapitel. Chromatische Yerhnderung der Grundharmonien. Alterierte Akkorde. Die chromatische Ver&nderung eines oder mehrerer Inter¬ valle der Grundharmonien hat eine doppelte Wirkung: entweder: sie bringt eine Modulation hervor, oder: sie gibt dem Akkord eine neue bisher von uns nicht benutzte Gestaltung. Wird z. B. der Durdreiklang in dieser Weise verandert, so entstehen a. Modulationen: 180. g^=|: SE t£ i SE Durch cis der verminderte Dreiklang der siebenten Stufe in Ddur oder dmoll, oder der zweiten Stufe in /imoll, Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 81 >- durch es der cmoll-Dreiklang, 3 durch es und ges der verminderte Dreiklang der siebenten Stufe von Des dur und des moll, oder der zweiten Stufe von b moll. Die zwei letzten Veranderungen sind bloBe Yersetzungen desselben Durdreiklangs in andreTonarten, namlich Ces dur und Cis dur. b. Neue Gestaltungen: a. b. c. d. e. s* f. rv & - 0 19 — ■ \rr —V jjfcr- ; 0 19 V0 ' 0 ?L J0 ^ g?r 70 \0 0 0 1.0 1 --h Von diesen kdnnen die Bildungen a, b, d, f wohl zufallig durch Nebentone (Durchgangstone) zum Vorschein kommen, harmonische Geltung haben sie jedoch nicht. Anders ist es mit den Bildungen unter c. und e., die harmonische (akkordliche) Bedeutung erhalten. Die erste Gestalt des Dreiklangs (c.) ist bekannt unter dem Namen der iibermafsige Dreiklang. Dieser Akkord findet sich auf der dritten Stufe in Moll vor (siehe S. 31), doch erscheint er, wie schon frliher erwahnt wurde, selten in dieser Stellung, ofter aber als Dreiklang der ersten, vierten und fiinften Stufe in Dur mit chromatisch erhohter Quinte. Seine Entstehung aus der durchgehenden Note (gis) zur nachst- folgenden (a) ist leicht erklarlich, sowie auch seine Fortschreitung durch diesen Ton (gis) als tibermaBiges Intervall bestimmt ist. 182 . u. s. w. Auch die Umkehrungen (Versetzungen) dieses Akkordes sind brauchbar: 6 6 6 6 if 4 £ if - -1 'r? -S’- ——«— - , '%==% - XT—^- r#£i- C: I IV - VI IV viiO Wenn zvvar diese Akkorde meistens im Durchgang oder durch Vorbereitung der tibermaBigen Quinte erscheinen, so konnen sie doch auch bei raschem Wechsel der Harmonien frei eintreten: Richter, Harinonielehre. 6 82 Harmonielehre. I. Abteilung. Dem ttbermaBigen Dreiklang lasst sich nicht nur die Dominant- septime, wie am haufigsten geschieht, sondern auch die groBe Sep time der ersten und vierten Stufe hinzuftigen. a. Der tibermaBige Dreiklang inYerbindnng mit der Dominantseptime: b. In Verb indung mit der Sep time der ersten Stufe: ^ „ -. ;* 186. -g- ^ - O r -& ■&- -g- jQ— 22 G: I* IV c. Die Hinzuftlgung der Septime zum tlbermaBigen Dreiklang der vierten Stufe dilrfte sehr selten sein. 187. 7 5# 221 22 : 22 : 6 5 # 22=21 4 3 6 —- & 4 2 6 =2=2: 8 - -- —2 -g- IV* viiO Es ist bei alien diesen Akkordverbindungen bisher die kaden- zierende Bassfortschreitung (z. B. V-I I-IV u. s. w.) benutzt worden; dass diese behandelten Akkorde sich aber auch mit Akkorden andrer Stufen und verschiedener Bassfortschreitung gebrauchen lassen, mogen einige Beispiele zeigen. 188 . Oder: 6 5-6 Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 83 6 5 if 7 5 # if JSL. $L 6 ■<5* -&■ - £2 * -J21 6 fm 4 22 : -<£2 d£ pi 22 : > 2 - zzz: 321 i=E 121 H: G: V 7 e: Vr C : hi I> d : V G : in I T G: V<- Diese mitunter hartklingenden harmonischen Verbindungen ge- winnen nur durch die Stellung, die sie einnehmen, und besonders dann Bedeutung, wenn gewissermaBen eine innere Notwendigkeit zu denselben fiihrt. Wenn es Pflicht eines Lehrbuchs ist ? auf die Mdglichkeit solcher harmonischen Bildungen hinzuweisen, so ist es ebenfalls Pflicht, den Anfdnger zu warnen, den Wert dergleichen Beizmittel zu ttber- schatzen, ilberhaupt ihm anzuraten, sich nicht frtiher mit solchen besondern harmonischen Mitteln absichtlich zu befassen, ehe er nicht mit der Behandlung der einfachsten Harmo- nien, des einfachen reinen Satzes vollstdndig vertraut ist. Eine zu friihe Beschaftigung damit und absichtliche Aufsuchung besonderer Effekte wird den klaren Blick und die Einsicht in die ein¬ fachen harmonischen Grundzilge erschweren, auch wohl unmoglich machen, und den Sinn von der Hauptsache ab auf Nebendinge lenken. A u f g a b e n. 4. 5 5# 5 5£ 3 6 • f (*5> r~a» r & j & e - yT? .si 6 - 5 - if 6 6 5 6 6 6 3 2 6 if 5 ®5#55#62 6 47 ----- —— —& -——---;—- Qizzid ~p — —1“ — - i 3. 3 6 6 if 5 4 2 6 6 6 6 75 4 7 „ if 677 _ tar •^1.- T & cx '" ■ S3 _ h- Z?—t j.GLL zpqEL — & ' ■ ■ 5 3 b# i—i — 1— 7 6 5 - NB 6 3 5 • 6 6 6 5 N \ «. fVf" ^zr~ i n (r r-y. - . 1 zr Ti |.p rZ> ~?2- <2 i-csr zszzr^ -d Anmerkimg. In der vierten Aufgabe ist die iibermafiige Quinte auch bei dem Molldreiklang der zweiten Stufe benutzt worden (bei NB.), die in dieser Ver- bindung nicht unnatiirlich klingt. Dies wiirde der Bildung f in 4 84 entsprechen. Man sieht daraus, dass sich bei natiirlicher Stimmenfiihrung manche neue Akkordgestaltungen gewinnen lassen. Ob diese erhohte Quinte eis nicht auch f notiert werden konnte, diirfte vielleicht Gelegenheit zu einer Kontroverse geben. 6 * 84 Harmonielehre. I. Abteilung. Aus der Bildung e. des Beispiels 181: i (die auch unter dem Namen: doppeltyerminderter Dr eiklang vorkommt) entsteht eine Harmonie, die viel gebraucht wird, namlich der iifeermafsige Sextakkord. Die erste Umkehrung des obigen Akkordes gibt ihn: Seiner Fortschreitung nach, die durch die libermtiBige Sexte es-cis bestimmt wird, gehort der Stammakkord hier zu g moll, dessen vierte Stufe c moll mit Erbohung des Grundtons sich in die ftlnfte Stufe wendet. Uberall, wo dieser Akkord mit seiner nattlrlicben, oben 190 ge- zeigten Fortschreitung erscheint, weist sich der letzte Akkord als Dominante aus. Der Beweis davon liegt in einigen gleich dem tibermiiBigen Sextakkord gebildeten Harmonien, dem tlbermaBigen Terzquartsext- und dem tibermaBigen Quintsextakkord, deren Begrilndung weiter unten folgt. AnmerklRg. Die Yerwandtschaft, in welcher der iibermaBige Sextakkord mit eben bemerkten Akkorden steht, lasst seinen Ursprung auch aus der Quelle jener ableiten. Siehe spater. Der IibermaBige Sextakkord hat das Eigenttimliche, dass man nur die Terz desselben (die Quinte des Stammakkordes) im vierstimmigen Satze verdoppeln kann: Yon den tibrigen Lagen des Stammakkordes (des sogenannten doppeltverminderten Dreiklangs) ist die erste (Grundlage) drei- stimmig brauchbar, aber sehr selten, die dritte (zweite Umkehrung) auch vierstimmig, jedoch nur in sehr weiter Stellung. 192. Anmerkung. Die chromatische Yeranderung eines Intervalls des Molldrei- klangs ist bereits in den Bildungen von Nr. 180 und 181 enthalten, bedarf also keiner weitern Untersuchung. Ebenso wird die chromatische Veranderung eines Intervalls des verminderten Dreiklangs entweder Dur- oder Molldreiklange her- vorbringen, oder Bildungen, die sioh bereits oben an der angefiihrtenStelle finden. Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 85 So wird die Bildung des Dreiklangs in Nr. >181 d. folgender in Cdur befind- licher gleich sein: besser in wetter Lage: 193 . ^ C: vno -- ■sr ts* Dieser Akkord fiihrt in manchen Lehrbiichern den Namen: hartvermin- derter Dreiklang. Dergleichen Akkorde, wenn man sie so nennen darf, erscheinen gewohnlich nur zufallig im Durchgang, und ihre Fortschreitung erfolgt im Yerhaltnis ihrer Intervalle, d. h. iibermaBige Interval!e schreiten eine Stufe aufwarts, ver- minderte abwarts fort. Die chromatische Yer an derung eines Intervalls des Sep- timenakkordes ist zum Teil schon oben erwahnt worden, da, wo zum chromatisch veranderten Dreiklang auch die Septime hinzugefttgt wurde (S. 82). Es geschah dies beim iibermaBigen Dreiklang. Unter den tibrigen Nebenseptimenakkorden erhalt die chromatische Veranderung eines derselben eine besondere Wichtig- keit. Es ist dies derSeptimenakkord der zweiten Stufe in Moll, der in folgender Gestalt vielgebrauchte Akkordformen hervor- bringt. Die chromatische Erhohung der Terz desselben a: n ° 7 gibt folgende Umkehrungen: Von diesen Umkehrungen ist die z w e i t e am wichtigsten und wird viel gebraucht, die tibrigen sind selten. Der durch die zweite Yersetzung hervorkommende Akkord ist unter dem Namen: der iibermafsige Terzquartsextakkord bekannt. Seine Fortschreitung griindet sich auf die des Stammakkordes, d. h. wie derSeptimenakkord der zweiten Stufe zunachst in die Domi- nante ftihrt, so wird es auch bei diesem der Fall sein. Wird bei diesem Akkord der Grundton weggelassen, so entsteht der bereits frtlher gefundene IibermaBige Sextakkord, dessen 86 Harmonielehre. I. Abteilung. Fortschreitung zur Dominante hierdurch Erkhirung findet (siehe S. 84): 197 . Mit Hinweglassung des Grundtons: -y— r^r~. —- fc^— ii F/Tf ^ ^ 1 a: n0 7 V a: n<> 7 V oder zur Yergleichung mit 190 in gmoll: chrom. Erhohung iiberm. Terz- uberm. Sext- Stammakkord: der Terz: quartsextakkord: akkord: F I 198. £ < 5 ?- £ ■&- g: ii0 7 8? g: iiO- iiO- Y Anmerkung. Es mag hier noch beilaullg erwahnt werden, dass die Bildung des iibermaBigen Terzquartsextakkordes schon durch den S. 85 erwahnten hart- verminderten Dreiklang erreicht werden kann, dem man eine Septime hinzufiigt. Dass die Auflosung dann auch eine andre werden kann, namlich c : vn° 7 I, wahrend derselbe Akkord in a moll seiner natiirlichen Folge nach in die Domi¬ nante fiihrt, ist leicht zu sehen. Diesem Akkord kann man auch eine None des Stammakkords hinzuftigen, wobei aber filr die praktische Yerwendung der Grundton weggelassen wird (siehe 9. Kapitel S. 79). Hieraus entsteht der iibermafsige Quintsextakkord. Seine Begrilndung ist folgende: Stammakkord: mit None: ohne Grundton u. mit Erhohung Versetzungen : der Terz: a. & , o. c. 2 # ;Q.—-- i- —- ri bP —-tt - TO - g- -g- =1 — ...... -- . — 199 . a ii° 7 Yon diesen Akkorden ist der aus der ersten Yersetzung a. ent- standene, der tibermaBige Quintsextakkord, der brauchbarste, die tibrigen sind selten. Seine nattirliche Fortschreitung erfolgt ebenfalls in die Dominante, bringt aber immer Quintenparallelen hervor: Diese fortschreitenden Quinten, die nicht zu den unangenehmsten gehoren, werden vermieden entweder durch friihere Auflosung der Quinte (die ursprtingliche, oben erwahnte None als Yorhalt), wie im folgenden Beispiel (a.), oder durch einen Sprung der Quinte in die Terz, wodurch der tibermaBige Sextakkord entsteht ( b .), oder am hUufigsten durch Liegenbleiben der Terz und Quinte bei der Fort- Die Grundharmonien und die yon ihnen abgeleiteten Akkorde. 87 schreitung der Sexte und des Basstons, wodurch der Quartsextakkord, der hier den Charakter des Yorhalts erhalt (c.), zwischen die Auflosung geschoben ist. a. b. 201 . — zz4^= - Z22ir: -T& - fH — —(S>- — u -- nicht: besser: Anmerkung. Die Hinzufiigung der None berechtigt nicht, diese Harmonie fur einen Nonenakkord zu erklaren; die None hat hier denselben Charakter wie uberall als Yorhalt, wie aus der Fortschreitung a. sehr deutlich hervorgeht; ebenso entspricht die Fortschreitung unter b. unde, der Behandlung der Yorhalte vollkommen, sowie auch dieselbe (als Quinte im obigen Akkord) einer Vorberei- tung bedarf. Hieraus wiirde folgen, dass dieser Harmonie erst bei den Vorhalten selbst h&tte gedacht werden sollen, doch musste hier ihrer Erwahnung geschehen, weil es sich um die Begriindung und engste Beziehung zu den beiden zuerst bespro- chenen Akkorden handelte, und durch die oben ausgesprochene Ansicht einer allgemein angenommenen Benennung nicht entgegengetreten werden sollte. Nicht leugnen lasst sich iibrigens, dass Ableitung und Begriindung dieser drei eine iibermaBige Sexte enthaltenden Akkorde, so wie sie oben wiedergegeben sind, manches scheinbar Gezwungene und Gekiinstelte enthalten. Anfangern will es durchaus nicht recht einleuchten, dass im iibermaBigen Sextakkord und Quint- sextakkord (bei dem iibermaBigen Terzquartsextakkord liegt ja die Sache ganz einfach) Grundton ein Ton sein soil, der iiberhaupt in den betreffenden Har- monien nicht vorkommt. Viele sind daher geneigt die beiden Akkorde von der 4 . Stufe in Moll abzuleiten, nehmen also folgende Grundharmonie an: . tjt. r r rv a & V L L & £2 72 iv lv 7 denken sich den Grundton chromatisch erhoht und die in Frage kommenden Harmonien auf dem Wege der Umkehrung gewonnen, wobei sie die Bezeichnungs- weise iv resp. iv 7 natiirlich beibehalten. Der Grundton einer Tonart lasst sich aber, wenn wir von dem bekannten Umstande absehen, dass die 7. Stufe in Moil sowohl eine kleine als eine grosse Septime sein kann, iiberhaupt nicht alterieren, eher gestattet die Quinte, wie wir bereits gesehen haben, in selteneren Fallen auch die Terz eine Anderung nach dieser Richtung, ohne dadurch immer mit Notwendigkeit das Wesen der Tonart zu gefahrden. — Der Hauptgrund fur die Terzbedeutung der iibermaBigen Sexte ist aber in ihrer Fort¬ schreitung zu erkennen. Sie lost sich in den Grundton des Dominant- dreiklangs auf. Dies ist wenigstens zumeist der Fall, obgleich auch andre Auf- losungsarten vorkommen konnen, die aber teilweise das Gebiet der Modulation beriihren. Die Auflosung selbst erfolgt aber derart, dass die iibermaBige Sexte einehalbe Stufe aufwarts fortschreitet. Diese Art der Fortschreitung ist aber hauptsdchlich der groBen Terz eigen, dem Grundton aber nur, wenn wir vom Leitton absehen, in den allerseltensten Fallen und nur da, wo er gewissermaBen die Bedeutung einer groBen Terz enthalt, oft auch nur unter Zuhilfenahme der Modulation: 88 Harmonielehre. I. Abteilung. Sodann aber ist der iibermaBige Sextakkord sowohl als der iibermaBige Quintsextakkord dem iibermaBigen Terzquartsextakkord, dessen Sexte wir doch unter alien Umstanden Terzbedeutung zuerkennen miissen, in der Wirkung bei- nahe, in der Auflosung vollkommen gleich, so dass auch daraus der Terz- charakter der iibermaBigen Sexte hervorgeht. Sprechen wir ihr aber diesen Terz- charakter zu, so bleibt nichts andres iibrig, als den beiden Harmonien die 2. Stufe der Tonleiter als Grundton anzuweisen, mithin wird die Bezeichnung in alien Fallen, wo einer dieser drei Akkorde in Frage kommt, ii ° 7 sein miissen. — Wir wollen es hier nicht unterlassen, auf die Hauptmannsche Theorie aufmerksam zu machen. Hauptmann geht von dem Grundsatze aus, dass »jede harmonische Kombination in ihrer auBeren Gestaltung nur aus inneren Bestimmungen hervor- gehe, und ein Akkord daher, um ihn theoretisch zu fassen, nie als ein Aggregat von Tonen, mit willkiirlicli vorzunehmenden Erhohungen und Yertiefungen zu betrachten sei, sondern allezeit nur als ein Moment der Entfaltung im Begriffe organischer Wirklichkeit« (vgl: Hauptmann, »Natur der Harmonik und Metrik«, S. 47). Das Entstehen der iibermaBigen Sexte erklart er aus einem Ubergreifen in ein andres System, namlich in das der Oberdominanttonart. Auf diese Weise gewinnt er fiir dies Intervall Leittonbedeutung, spricht ihm aber ebenfalls den Grundtoncharakter ab, denn er sagt ausdriicklich vom iibermaBigen Sextakkord, dass er seinen Leitton (d. h. eben die iibermaBige Sexte) entschieden als Terz der Quinte eines Oberdominantakkordes erkennen lasse. Wie man sieht, stimmen iibrigens beide ErklUrungsweisen in der Sache, d. h. in der Bedeutung, welche sie dem in Frage kommenden Intervall zuweisen, durch- aus liberein. Vergl. Nachtrag S. 226. 204. P 1 -<5>- 2 5 -jS 1 Aufgaben. 6 © #2 6 7 7 6 5 e 1 P & 4 6 3 6 7 6 if 4 & — 5 4 3 6 4 # 3 & 3 . P e> 4 3 jSU -&—Y 6 4 if — 4 2 6 a ^5 22= 12 e 4 7 if 4 . & - 5 4 3 - # 6 & 4 3 6 5 tf 7T 7 a*— 7 t / ^^ . J . r ^ — & L-x?- Am Schlusse dieses Kapitels iiberblicken wir noch einmal das weite Feld, welches sich in ihm fiir harmonische Bildungen erschloss. Wir haben viel allgemein Bekanntes und Brauchbares gefunden, andres erschien uns unbrauchbar und wertlos, nichts aber zeigte sich in Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 89 seinemUrzustande, jedes hatte eine Zuthat erhalten, eine Verhnderung, gewissermaBen Ausschmtlckung erfahren. Dieses Yerlassen des Ur- sprtlnglichen gibt uns Yeranlassung, noch einmal auf das S. 83 Be- merkte zurtickzuweisen. Es hat wohl lange Zeit gewahrt, ehe diese harmonischen Um- bildungen aufgefunden wurden, und noch langere, ehe sie zum Allge- me-ingut geworden sind; es mag sich auch noch manches bis jetzt Unbrauchbare mit der Zeit ausbilden lassen, nur kann man nicht raten, das ganze Streben aus Originalitatssucht darauf zu richten, neue harmonische Verbindungen zu erfinden oder sie in tibertriebener Weise zu verwenden und vomUrsprilnglichen abzuweichen, damit der gesunde innere Kern nicht verloren gehe. Da alle diese Bildungen mehr zur Ausschmtlckung und, man konnte sagen, zur eleganteren AusfUhrung der einfachen harmonischen Grundztige dienen, darf man sie nur mit Auswahl benutzen, wenn man nicht das Kunstwerk tiberladen und dadurch selbst ftlr geschmacklos gelten will. Am Schlusse der Darstellung aller wesentlichen Harmonien und ihres nachsten Gebrauches mag noch eine kurze Ubersicht der- selben, ihrer Arten und Ableitungen folgen. Ubersicht aller einer Dur- oder Molltonart zugehorigen Akkorde. I. Grundharmonien. a. Der Dreiklang. b. Der Septimenakkord. A. DieArtendesDreiklangs: Dur, Moll, vermindert, iibermafiig: Durdreiklhnge der Durtonleiter: der Molltonleiter: Molldreiklange der Durtonleiter: der Molltonleiter: a: i iv 90 Harmonielehre. I. Abteilung. Verminderte Dreiklange der Durtonleiter: I m der Molltonleiter: C: vii° ~ a: ii° vii° UbermdBiger Dreiklang der Molltonleiter: A> 17 , XT NB. Die iibrigen iibermaBigen Dreikldnge siehe unter II: alterierte Akk orde. Umkehrungen (Yersetzungen) des Dreiklangs: o. Der Sextakkord. 6 I 6. Der Quartsextakkord. 6 4 p Z2ZI B. Die Arten des Septimenakkordes: a. Der Dominantseptimen- oder Hauptseptimen- a k k o r d. b. Nebenseptimenakkorde. a. Dominantseptimenakkord (Durdreiklang mit kleiner Septime): . ^ in Dur und Moll gleich gebildet: 7 ~ , 7 7 b - -<&- I C: Y 7 b. Nebenseptimenakkorde: 1. Durdreiklang mit gro B e r Septim e in Dur: in Moll: m a: YI* 2. Molldreiklang mit kleiner Septime in Moll: G: U IV, i a: iv 7 3. Vermin der ter Dreiklang mit kleiner Septime in Moll: in Dur: Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 91 4. YerminderterDreiklang mitver minder ter Sep¬ time (verminderter Septimenakkord) in Moll: 5. tjbermaBiger Dreiklang mit groBer Sep time a: II i' f Umkehrungen (Yersetzungen) der Septimenakkorde: a. Der Quintsext- b. Der Terzquart- akkord. sextakkord. c. Der Sekundakkord. 6 II. Alterierte (chromatisch vertinderte) Akkorde. a. Der tlbermaBige Dreiklang, vom Durdreiklang gebildet: in Dur. b. Der tlbermaBige Sextakkord, gebildet: \. vom Molldreiklang mit erhohtem Grundton (sog. doppelt- verminderter Dreiklang): ■f- -—i , & -• 2. vom Septimenakkord der zweiten Stufe in Moll (siehe die folgenden Akkorde). c. Der tlbermaBige Terzquartsextakkord; d. Der tlbermaBige Quintsextakkord, — beide gebildet vom Septimenakkord der zweiten Stufe in Moll: Erhohung der Terz: Zweite Ohne Grundton Umkehrung: iiberm. Sextakk.: i ¥ £ is: * Mit der None vom Grundton und ohne den letztern: c: ii ° 7 & 4 3 6 5 92 Harmonielehre. I. Abteilung. Anmerkung. Bei dieser Aufzahlung ist der Umstand, dass die Harmonien in Moll auf doppelte Art, mit erhohter oder nicht erhohter 7. Stufe gebildet werden konnen, wie auch friiher nicht beriicksichtigt worden, da die auf letztere Art gewonnenen Akkorde natiirlich genau mit denen der Paralleldurtonart iiber- einstimmen. — Der Septimenakkord der 4. Stufe in Moll mit grofier Septime (ace gis ) ist nicht gebrauchlich (vgl. S. 63), darum hier nicht aufgezahlt. In der Praxis flndet sich der Akkord stets mit kleiner Septime vor und entspricht in Intervallen wie in der Art seiner Anwendung dem Septimenakkord der 6. Stufe der Durtonart vollkommen. Elftes Kapitel. Ober Modulation eines Tonsatzes. Der Begriff Modulation hat verschiedene Bedeutung. Man ver- stand friiher darunter die Art und Weise, wie zu einem Gesange die Folge von Harmonien geordnet ist. Im neueren Sinne begreift man darunter die A us wei chung von einerTonart in eineandre. Die Benennung: ausweichende Modulation, die man mitunter findet, wtirde nach der urspriinglichen Bedeutung des Worts kein Pleonasmus sein. Nach der Bestimmung des Begriffes wird es zundchst wichtig sein, jede vorkommende Modulation (Ausweichung in eine fremde Tonart) richtig erkennen und bestimmen zu lernen: spater, im sech- zehnten Kapitel, soil es sich um die Mittel zur Modulation handeln, wodurch die Fahigkeit der Erkennung derselben noch mehr erganzt wird. Eine Modulation entsteht dann, wenn eine derbis- herigen Tonart fremde Harmonie auftritt. Die friihere Tonart wird dann ganz verlassen, und die Harmonien werden zu der neuen Tonart gerechnet werden mtissen, solange nicht wieder eine ihr fremde Harmonie auftritt, die eine neue Modulation bewirkt. So wird im folgenden Beispiel: 205. i p ± -- izsfc -tS>- —i©- —& w 6 9 ^ 7b G: d: G: G: od. G: a eine Modulation nach d moll im dritten Takte erfolgen, weil cis-e-g-b nicht mehr Cdur, wohl aber unleugbar d moll angehdrt, wogegen es im vierten Takte zweifelhaft ist, ob der der bisherigen Tonart (dmoll) fremde C-Dreiklang zu Cdur oder zum folgenden G dur zu rechnen Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 93 ist, wahrend die Modulation nach a moll im ftlnften Takte unver- kennbar ist. Der Dominantseptimen- sowie der yerminderte Septi- menakkord sind als die hauptsachlichsten Modulationsmittelniemals zu verkennen. Das Erscheinen des erstern lasst zwar zunachst einen Zweifel dartiber bestehen, ob Dur oder Moll yorliegt, da er ja ganz gleich gebildet wird. Doch wird die Verbindung, in welcher er erscheint, diesen Zweifel losen. D fis a c in Verbindung mit G h cl oder e g h oder C e g ist G dur, in Verbindung mit g b d oder Es g b oder c es g dagegen g moll. Mitunter kommt die Modulation nicbt vollstandig zum Abschluss, d. h. nach dem Eintritt des Dominantseptimenakkordes erscheint eine Harmonie, durch die wiederum eine neue Modulation bewirkt wird. In solchen Fallen wird man gut thun, wenn man das Vorhandensein der verwandten Tonart annimmt. So ist in folgendem Beispiel, 2 °3. jj| 32: g v 7 c v 7 i es zweifelhaft, ob G dur, oder g moll yorliegt, doch ist G dur, als eine C dur in hervorragender Weise verwandte Tonart, das Naherliegende. Was den verminderten Septimenakkord betrifft, so bestimmt sein Auftreten die Tonart sofort. Denn da er nur auf der 7. Stufe in Moll tiberhaupt vorkommt, kann er nattirlich auch nur zuMoll gehoren, und wird daher z. B. gis h d f unbedingt nur zu a moll gerechnet wer- den konnen. Daran kann auch derUmstand nichts iindern, dass dieser Akkord sehr haufig in Verbindung mit dem Durdreiklang erscheint: 207. a vii ° 7 A In solchen Fallen mtlssen wir in der angegebenen Weise verfahren, den ersten Akkord zu a moll, den zweiten zu A dur rechnen, denn dass wir dem Dreiklang A cis e in dieser Verbindung tonische und nicht, wie wir bezilglich des Durdreiklangs (wovon weiter unten zu reden sein wird) sonst gern geneigt sind, Dominantbedeutung zuerkennen miissen, wird durch den Charakter des Akkordes, der ja den Leitton zum Grundton hat, bedingt. Alle tibrigen Akkorde sind mehrdeutig, d. h. sie konnen ver- schiedenen Tonen angehoren. So gehort der G dur-Dreiklang nicht allein zu G dur, sondern ist auch Dominante zu C dur und c moll, Unterdominante zu D dur, sechste Stufe zu h moll. Diese Mehrdeutigkeit lasst nicht selten die Modulation erst aus den folgenden Akkorden erkennen, wie tiberhaupt die entschiedene Modulation selbst erst durch die Dominantseptimenharmonie mit ihren Ableitungen gebildet werden kann. 94 Harmomelehre. 1. Abteilung. Das musikalische Ohr selbst verfahrt bei Auffassung einer Modu¬ lation sehr einfach: es fasst die fremde Harmonie immer als zu der- jenigen Tonart gehorend auf, welche mit der herrschenden nachst- verwandt ist. So wtirde z. B. der Durdreiklang von D in 208 •i ftir sich allein betrachtet der Tonart D dur angehoren; in Verbindung mit C dur wird er aber als Dominante zu G dur gehorig zunachst er- kannt werden, und erst die folgenden Akkorde konnen darin ent- scheiden, welche Tonart die herrschende wird. Ebenso wird die Dominantbedeutung des Durdreiklangs in folgen¬ den Beispielen klar zu Tage liegen: 209. zsL -z* S: 6 5 P 4 3 G : V, vi GY F : V, I G V Unbestimmter in der Wirkung, da wir ihm nicht so leicht wie dem Durdreiklang die Dominant-, eine besondere Bedeutung beimessen kclnnen, und infolge dessen im ganzen ungeeignet, die Tonart sofort festzustellen, ist der Molldreiklang. Die Falle, wo er als tonischer Dreiklang auftritt, sind die selteneren, und wird dann stets erst das nachtragliche Erscheinen der Dominantharmonie seine tonische Be¬ deutung feststellen (ygl. S. ^S). Der verminderte Dreiklang bestimmt in den meisten Fallen eine Tonart mit Sicherheit. An und ftlr sich betrachtet ist er zwar gleichfalls mehrdeutig, denn er kann drei verschiedenen Tonarten angehoren: hdf kann in Cdur, cmoll und a moll vorkommen. Die Yerbindungen jedoch, in welchen dieser Dreiklang erscheint, werden hier entscheiden: 210 . c : vii° V 7 G: vii° V 7 I G : vii° IV a: n° YI VI1° Zweifelhafte Falle sind, wie man sieht, auch hier nicht ausge- schlossen, doch wird dann stets der Zutritt einer dritten Harmonie in der in den Beispielen d. und e. angedeuteten Weise Klarheit schaffen. Die Grundharmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 95 Das Erscheinen des Quartsextakkordes auf gutem Taktteil ist in den allermeisten Fallen als Modulation aufzufassen. Denn der Quartsextakkord hat, wenn er in solcher Weise eingeftlhrt wird, die Eigenschaft, sich dem Gehdr als tonischer Dreiklang zu reprasen- tieren. So wird in folgendem der 2. Aufgabe von Nr. 217 entnom- menen Beispiel: durch den Eintritt des auf gutem Taktteil erscheinenden Quartsext¬ akkordes von g ein Schluss gebildet: Der Dreiklang C e g ist mithin als tonischer aufzufassen. Dass dieser Schluss nicht vollkommen ab- schlieBt, d. h. dass dem Quartsextakkord nicht der Dominant- und diesem wieder der tonische Dreiklang folgt, sondern dass gleich weiter (nach G dur) moduliert wird, Sndert an der Sache nichts. Die Wirkung ist doch die einer Modulation nach C dur, obgleich der Dreiklang C e g eigentlich noch zu F dur gehort. Erscheint der Quartsextakkord jedoch auf der Arsis, d. h. auf schlechtem Taktteil, so wird er wie jeder andre Dreiklang behandelt. Anmerkung. Fine Schlussbildung vermittelst des Quartsextakkords kann in einer dreiteiligen Taktart iibrigens ebensogut auf dem 2. als auf dem 1. Takt¬ teil erfolgen: Im Beispiel a. liegt entschieden eine Kadenzbildung, wenn auch eine unter- brochene, vor: der Eintritt des Quartsextakkordes bewirkt also eine Modulation. Im Beispiel b. liegt allerdings der rein durchgehende Charakter des Quartsext¬ akkords klar zu Tage. Ein solcher Schluss vermittelst des Quartsextakkords wird iibrigens hauflg eingeleitet durch nichtleitereigne Akkorde, namentlich der Oberdominant- tonart und der Molltonart derselben Tonstufe. Nach Hauptmannscher Auffassung stellt dies ein Ubergreifen in ein andres Tonsystem dar. Mehr dariiber in der Folge unter »Kadenzen«. Hingewiesen sei hiermit auch darauf, dass die Bildung der Har- monien in den Molltonarten auf doppelte Art vorgenommen werden kann (vgl. S. 35 u. 36), und dass eine eigentliche Modulation daher in vielen Fallen, wo man eine solche anzunehmen vielieicht geneigt ist, nicht vor liegt. In folgenden Beispielen: 96 Harmonielehre. I. Abteilung. 213 . ^ 321 -&r —ri—* --i—1 £ — & — J - — 1 -f- — g g -- rv— ^- & - k l & ^ - & & —/SC- . a VI III iv VII iv V- wird die Tonart a moll entschieden nicht verlassen. Das g muss hier tiberall stehen: die Moglichkeit, die Verbindung der Harmonien mit gis an den mit Kreuzen bezeichneten Stellen darzustellen, ist voll- stSndig ausgeschlossen. Kein musikalisch richtig Denkender wird hier aber eine Modulation empfinden. Anders verhalt es sich aber in fol- gendem Fall: Das Auftreten des Durdreiklangs der 7. Stufe verursacht, wie schon auf S. 35 in der Anmerkung angedeutet worden war, in vielen Fallen das Gefiihl einer Modulation, namentlich aber wenn er in Ver¬ bindung mit dem Durdreiklang der 3. Stufe (G h d - C e g) erscheint. Dann erhalt er dieBedeutung desDominantdreiklangs und der folgende Dreiklang wird zum tonischen: die Bezeichnung wird daher richtiger in der oben angegebenen Weise erfolgen. (Auch in dem Beispiel 205 kann der Dreiklang C e g in der Art und Weise, wie er auftritt, und in der Verbindung, in welcher er erscheint, nicht mehr zu d moll gerech- net werden.) Auch die Verbindung der Dreiklange der 4. und 6. Stufe mit dem Durdreiklang der 7. weist mehr auf eine Modulation nach der Paralleldurtonart hin: 215 . -1- -d-H -1-h-r S X i ^ 1 li ■y, ^ tyl & £3 ri. <3 y (22)' \ / & £3 a : V i iv G :V a : vn° i VI C :V In beiden Fallen wilrde das nachtragliche Erscheinen des Drei- klangs C e g die Modulation zu einer zweifellosen machen. Was den Septimenakkord der 1. Stufe in Moll anlangt, so ist er nur mit kle in er Septime in Gebrauch (vgl. S. 92 in der Anm.), da eine Auf- losung der groBen Septime nach der 6. Stufe nicht stattfinden kann Die Grundbarmonien und die von ihnen abgeleiteten Akkorde. 97 Sein Auftreten bewirkt eine Modulation nur dann, wenn er in Ver- bindung mit einem einer andern Tonart angehorenden Dreiklang erscheint: a. 216 . 6 . Bei a. liegt keine Modulation vor. Bei b. wird man G dur schon vom Eintritt des Septimenakkords ace g annehmen konnen, da durch das Erscheinen dieses Akkords die Modulation wenn auch nicht ent- schieden, so doch gtlnstig vorbereitet wird. Ubrigens lasst sich gegen die eingeklammerte Bezeichnungsweise auch nicht viel einwenden, denn im Grunde genommen ergibt sich die Modulation doch erst aus der Folge. Es folgen hier einige Aufgaben zur Ubung im Aufsuchen der Mo¬ dulation: das weitere tlber diesen Gegenstand siehe im sechzehnten Kapitel. Aufgaben. 0 i. 4 3 615 6 5 7b 6 6 5 rv \ "IT )• l M 1 if cs*- IL 7 Til —i— m ir — A — A — A Cr —1—— :7L£ C: I G: V 7 I C: IV V 7 I d: vii0 7 i C: I ii 7 V I 6 7 k 4 if 4 - « 6 j* ^ £ ^ 6 6 5 if aO _ i if 5 * <5 P” zr — J IB :- a t—A i ' 73 ^ 6 ■“* T 6 & 26 4 - if (l 5 -5 6 & fS* — $ i 73 r- — # l 73 l 1 / 7? - '£ - — -££—— ——:£?- 22* 6 6 if 2 6 _6 5_ 7 7, 4 7 ?-v& -- ji H.5- £2 If- - jfD. ^ . 13 TiCl ---^ 73 — L^i— u - —HI— ■ Ji L—— Richter, Harmonielehre. 7 98 Harmonielehre. II. Abteilung. J* 3 6 6 6 4 3$ 6 6« 4 3 n 8.7 1 1 I -&■ —4- - 7Z> - —<5?— ' r? — z?r~ --- g> — ^—1—vm—-£?— - zduzzi- - " SlI — - '—G -d & & 4 4 4b 4 6b 6 666 3 3 3b 2 3 4 5 4 5 5.6 r — T j - —a. t ^ _ t, V J -r -E - — ■ 1 _rr— . ! J—<5> --r ' & _ 6 R 6 6 6 5 5 5 5b 4 7 3 2 6 >-v. O ' ■ Jr • t _ & r _ v & i ,2 V ^ J-—- ~v — a T 6 6b 4 4 6 6 3 2 5 6 6 7 rv --#•1 -■ ^ " 5?- J Die Bezeichnung der Modulation kann in der bei der ersten Auf- gabe angegebenen Weise erfolgen, wonach die Buchstaben die Tonart und die romischen Zahlen, wie bekannt, die Stufen anzeigen, auf wel- chen die vorliegenden Akkorde in der entsprechenden Tonart sich befinden. Anmerkung. tjber die auf S. 95 und in der Folge viel gebrauchten Aus- drticke: Thesis und Arsis, d. h. guter und schlechter Taktteil, siehe »Alfred Richter, Elemenlarkenntnisse der Musik, S. 65 f. 0 A r, t II. Abteilung. Zufhllige Akkordbildungen. Harmoniefremde Tone. Zwolftes Kapitel. Yor halte. Der gleichzeitige Fortschritt einer jeden Stimme zum folgen- den Akkord, zumal wenn er, wie in unsern friihern Beispielen, durch keine metrische Yerschiedenheit der Bewegung erfolgt, bringt eine gewisse Angemessenheit und Monotonie der musikalischen Satze hervor. Eine neue Verkettung und Yerscklingung der Akkorde und ein dadurch interessanter Wechsel von harmonischen Yerbindungen ent- steht, wenn die Stimmen nicht tiberall gleichzeitig fortschreiten; wenn eine oder mehrere derselben in ihrer Stellung verweilen, wahrend andre bereits die Bestandteile der nSchsten Harmonie bilden. Die vorzilglichste und wichtigste Art dieser Verkettung von Har- monien geschieht durch den Yorhalt. Zuf&llige Akkordbildungen. Harmoniefremde Tone. 99 Er entstehi durch die Verzogerung eines zu einer bestimmten Zeit erwarteten oder auch notwendigen Stimmenschrittes, und zwar so, dass die Stimme, die eine Stufe ab warts fortzuschreiten hat, um ihre Stellung im folgenden Akkord einzunehmen, auf dem Tone des e r s t e n Akkordes noeh yerweilt, wahrend die tibrigen zum z w e i t e n fortschreiten und jene Stimme erst spa ter in den harmonischen Ton tlbergeht. Bei folgender Harmonieverbindung : kann der Sopran wahrend des Eintritts des zweiten Akkordes auf dem c verweilen und spater zu dem h iibergehen auf folgende Weise. Ebenso kann durch das Verweilen des Tenor aus dem Beispiel 218 ein Vorhalt gebildet werden: 220 . /s~ S3 T Ij j — a -- -1 Das Gharakteristische der Vorhalte ist, dass sie gegen die Harmo- nie, bei der sie erscheinen, dissonieren, und dass sie dadurch die harmonische Verbindung vermitteln, indem sie durch die zu erwar- tende Auflasung der Dissonanz die notwendigen Beziehungen zweier Akkorde inniger machen. In dieser Hinsicht haben sie Ahnlichkeit mit den Septimen, mit denen sie als verkntipfenden Intervallen der Vorbereitung ebenso wie der Auflosung unterworfen sind. Das Dissonierende des Vorhalts ist zwar nicht immer in dem gegen irgend eine Stimme dissonierenden Intervall desselben enthalten; es konnen Falle vorkommen, wo der Vorhalt zu keiner der tibrigen Stimmen als Intervall dissoniert, sondern wo nur durch Stellung, Lage und Fortschreitung der Charakter des Vorhalts hervortritt, wie in dem Beispiel 220, wo der Ton des Vorhalts einen Sextakkord bildet, und wo nur das ungewcjhnliche Erscheinen, sowie die ganze Stellung 7 * 100 Harmoniclehre. II. Abteilung. des Dreiklangs der dritlen Stufe, verbunden mit der Fortschreitung des Tenor, den Charakter des Yorbalts hervorbringt. Obige Beispiele geben die bei Bildung der Yorhalte notigen Regeln: Ein Yorhalt kann gebildet werden bei stufenweisem AbwartsschreiteneinerStimmeunterfolgendenBeding- ungen: er muss 1. vorbereitet sein und 2. sich auflosen. Es werden also drei Dinge bei dem Vorhalt zu beachten sein: die Yorb er ei tung desselben, der Vorhalt selbst und seine Stel- lung, und die Auflosung (Fortschreitung) desselben. a. Die Yorbereitung. Die Yorbereitung eines Vorhalts kann geschehen durch je- den Bestandteil eines Dreiklangs. Auch die Septimen werden zur Yorbereitung, wiewohl seltener, benutzt, am haufigsten die Domi- nantseptime. Yorbereitung durch die Okta ve des Grundtons: durch die Terz ^ 1 U ..... 1 1 J_L. & ^ _ _ ^ i S3 & . /O . Z? viz & ^ 5 - 4 3 6 TI 7 6 & - 3 - 6 car—— 7ft £T\» -— ■ —fTZ CX-- " ... & -(S> . C: I V I I a: VII° 7 I G: I II VI durch die Q u i n t e : durch die Dominantseptime: C: V 7 H3-£ ^-sh -^- JC2 - - ^ . -&5> - —- — <5> - —2? —— . tr 6 5 - ft n 9 8 5 4 3 - 7*5 -"T 5 # 6 -^-! - - CJ- - or . -- Zs -^— 73- & - V 7 a: V IV Die Yorbereitung erfolgt auf der Arsis, der Vorhalt selbst tritt auf der Thesis ein. AuBerdem gilt die frtiher (S. 60) Zufallige Akkordbildungen. Harmoniefremde Tone. 101 erwShnte Kegel, dass die Vorbereitung wohl von gleicher oder ldngerer Dauer, als der Vorhalt, nicht aber ktirzer sein darf. b. Der Yorhalt. Der Eintritt des Yorhalts auf der Thesis ist eben erwahnt worden, seine tlbrige Stellung soli noch naher erldutert werden. Der Vorhalt kann in jeder Stimme vor einem Inter- vall des Dreiklangs erscheinen, — vor den Septimen nur in seltenen Fallen. Vorhalte vor der Oktave des Grundtons: 222 . t -&r 6 5 9 8 -ZL. C: V 7 I vor der Terz: 3C H 2 £L' 7 | 6 I -<5>- 4 3 4 - 2 - I V 7 I izz: -H r- t ■&- 5 - 4 3 5 q 4 3 zzzr~ 7 6 4 .'I “l 5 r ZE ~ZT- C: IY I I I IV I vor der Quinte selten, nur in gewissen Lagen : C: I V F: I V 7 C: I V vi I fTy 7 . . ( VI ^ Uber die Vorhalte bei der Quinte mag auf das bei dem Beispiel 220 Bemerkte gewiesen werden. So wird das erste und dritte Bei¬ spiel ganz im Charakter des Vorhalts sein, wahrend das vierte ein eigentlicher Vorhalt nicht ist. Kommt eine Septime zu dem Akkord, wie im zweiten Beispiel, so tritt der dissonierende Charakter des Vorhalts sogleich hervor: ebenso im letzten Beispiele. Dass die Sep time nur selten einen Vorhalt haben kann, geht dar- aus hervor, dass denselben in den meisten Fallen die reine Oktave bilden mttsste, die an und fttr sich nur ein Intervall der Verdoppe- lung ist, aber nie in eine dissonierende Stellung kommen kann (a.), es sei denn wie im folgenden Beispiel b. die Oktave vermindert. 102 Harmonielehre. II. Abteilung. Im ersten Falle wird die Septime stets eine durchgehende sein. c. Die A uflosung. Die Auflosung des Yorhalts erfolgt, wie obenbemerkt wurde, in derselben Stimme stufenweise abwSrts. Anmerkung. Abweichende Arten der AuflGsung sollen spater gezeigt werden. Hierbei ist ferner zu beobachten* Der Auflosungston (der Ton, der durch einen Vorhalt aufge- halten ist) darf in keiner andern Stimme enthalten sein; nur der Bass oder die unterste Stimme kann ihn ohne Nachteil der Harmonie erhalten. 224. a. nicht: b. besser : c. nicht: d. NB. Im Beispiel a. schreitet der Tenor von a zu c, welches letztere im Sop ran durch d vorgehalten ist; im Beispiel c. nimmt der Tenor das g auf, welches im Alt den Vorhalt a hat. Beide Verdoppelungen sind fehlerhaft, besonders weil sie die Terz und Quinte des Akkordes betreffen. Im Beispiel d. bei NB. geschieht die Verdoppelung bei dem Grundton. In diesem Fall ist die Wirkung besser, besonders wenn die Konsequenz der Stimmenfilhrung dazu notigt, wie im folgenden Satze. Gnmdton Terz Quinte: 225. Anmerkung. Es mag hier noch bemerkt sein, dass die Verdoppelung des Grundtons iramer die Entfernung wenigstens einer Oktay e voraussetzt, und dass die Verdoppelung im Einklang fehlerhaft ist, z. B. Zufftllige Akkordbildungen. Harmoniefremde Tone. 103 nur zwischen Bass und Tenor oder bei der der untersten zunachst liegenden Stimme kann der Vorhalt wohl auch in solcher Nahe erscheinen. Die unterste Stimme, gewOhnlich der Bass, hat jedoch, als die akkordbestimmende, die Kraft des Gegengewichts gegen die Dissonanz des Vorhalts, es sind daher Verdoppelungen zulassig, wenn sie durch eine gute Stimmenftihrung begrtlndet sind. Z. B. Die fehlerhafte Fortscheitung des Sopran und Basses im letzten Beispiel wird klar, wenn man den Vorhalt, als bloBe Verzogerung des Stimmenschrittes, aufhebt, wodurch die offenen Oktaven her- vortreten. 227. Gleich verhalt es sich mit den Quin tens chrit ten, die durch den Vorhalt verdeckt sind: 228. r-®®' Z- .. . T L Hierbei werden jedoch die Riicksichten maBgebend sein, die tlberhaupt bei den verdeckten Quinten in Betracht kommen, da Lage, Stellung, Fortschreitung solche Stimmenftihrung gestatten kann, ohne dass das Unangenehme der Quinten hervortritt. Wir fassen diese Bemerkungen kurz zusammen in folgendcr Regel. Der Vorhalt hebt Oktaven- und Quintenparallelen nicht auf. Folgende Fortschreitung wird daher fehlerhaft sein: 229. jedoch sind Quintenparallelen dieser Art nicht unbedingt zu verwer- fen, wenn durch den Gang der tibrigen Stimmen eine Ausgleichung der unangenehmen Folge geschieht, so dass sie nicht zu offen liegen. 104 Harmonielehre. II. Abteilung. Positive Bestimmung dartiber zu geben, ist unmiJglich; sie stets zu verwerfen, wtirde zu sehr beschranken. — Die Vorhalte im Bass, die am hSufigsten vor derTerz des Akkordes (oder, was dasselbe ist, vor dem'Sext- und Quintsextakkord) vorkommen, erlauben keine Verdoppelung in den tibrigen Stimmen. Die Vorhalte vor dem Grundton und der Quinte zeigen sich im Bass selten brauchbar. SieheS. 101. Beispiel 222, letzte Zeile. Die Bezeichnung der Vorhalte in der Generalbassschrift ist zum Teil in den obigen Beispielen enthalten. Wenn der Vorhalt in einer der drei obern Stimmen liegt, wird das Intervall desselben vom Bass aus zugleich mit der Auflosung an- gegeben, z. B. ^, 98 , 76 , die tibrigen Zahlen beslimmen den Akkord, wo es notig wird, z. B. den Sextakkord jj£, den Quartsextakkord oder ]£. Wenn der Vorhalt in der untern Stimme liegt, werden ebenfalls die zufalligen Intervalle der tibrigen Stimmen durch Zahlen ange- deutet, z. B. oder bei dem Septimenakkord: 4-; die nachfolgen- den Striche bedeuten, dass die Stimmen wahrend der AuflOsung des Vorhalts ihre Tone behalten. Man bezeichnet den Vorhalt im Basse auch durch einen Querstrich tiber denselben und setzt tiber den Auflosungston den entsprechenden Akkord, was in Bezug auf letztern iibersichtlicher ist, z. B. 232. 32 JU. I JSL. -- --"'g' - 5 ?- I 6 5 32 : -3SL — 6 5 32: In den nachfolgenden Aufgaben ist die erste Art, als die gewohn- lichste, gewahlt. ZufSllige Akkordbildungen. Harmoniefremde Tone. 105 Aufgabe n. i. 6 “* A 3 233. 9 3S jO- 7 6 r-t5>— .6 -fc- 7 8 5 - 8 7 4 3 22 = I 3 6 9 8 JSr C: I IV V 3 b_6_ _2_- 4 3- 1 5 _ O’ 3 8 9 6 7 —1 . - rr3--3= ^—9 - i—J* —J- -—-• ^9 t *2 7 3. D J I -- -€?- 5 4 2 22 ; 3 © 4 3 ll VI IV vu° vi tS- I V 7 a: V 7 i In alien diesen Beispielen erfolgt die Auflosung des Vorhalts re- gelmaBig wdhrend der Fortschreitung der tibrigen Stimmen zu einer neuen Harmonie, deren Bestandteil der Auflosungston selbst ist. Anmerkung. Zur Erl&uterung der im neunten Kapitel ausgesprochenen An- sicht iiber Nonenakkorde mag hier bemerkt sein, dass viele Stellen, in welchen die None vorkommt und die von manchen als Nonenakkorde erkannt werden, sicb auf obige Weise erkl&ren lassen, wie in dem Beispiel 244 b., wo die kaden- zierende Grundtonfortschreitung F-h sich leicht als die Fortschreitung eines NonenvorhaltsmitBenutzungdreierAkkorde viel einfacher darstellt und zu demselben Ziele fiihrt, wie bei alien folgenden Beispielen es sich auf gleiche Weise zeigt: Nonenvorhalt: t)ber die frei eintretende None wird spater beim Orgelpunkt gesprochen werden. Als Erganzung des im neunten Kapitel Gesagten mag noch hinzugefiigt sein, dass als ein Grund gegen selbstandige Nonenakkorde auch die Unmoglichkeit gelten kann, sie mit dem Grundton zugleich in solche Verwechselung zu bringen, dass dieser in unmittelbare N&he der None gebracht ist, wie dies bei den Septimenakkorden stets geschehen kann, z. B.: Auf gleiche Weise konnen vier Akkorde bei dem Yorhalt ange- wendet werden, wenn derselbe vor einem harmonischen Tone, der In den tibrigen Stimmen nicht enthalten ist, steht, z. B.: 247. ohne Vorhalt: \ 2 3 4 4 2 3 4 C: I IV ii vii # vi 112 Harmonielehre. II. Ableilung. Aufgaben. 7 6 66 6 . 4 6 6 6 - tf 7 6 5 4 7 8 2 4 _ 4 5 9^2 &> —©—- -< 5 >- 3=2=-. ± 4 =: . ’a)- — ■^-p-fT-2- - 9 -- 4 3 2 3 6 7 -<&- 5 4 qsr. 0 7 4 7 1 St -eh Zufallige Akkordbildungen. Harnooniefremde Tone. 113 Zwischen Vorhalt und Aufldsung konnen in derselben Stimme andre Tone eingeschoben werden. Dies konnen sein: 1. Tdne, die zum Akkord gehdren, z. B.: 249 . JOL J3L -& -&■ 2. Harmoniefremde Tdne, Wechselnoten, z. B.: Die Erkldrung dieser und dhnlicher Stelien wird durch die weiter unten sich findende Darstellung der Durchgangs- und Wechsel- n o t e n vervollstandigt. Es kommen auch Stelien vor, in welchen der Yorhalt gar keine Aufldsung erhalt, z. B.: gewohnlich auf diese Art: Sie sind durch Auslassung aus folgenden Satzen entstanden: Vorausnahme (Antizipation). Die Vorausnahme eines Tones, die seltener im Gebrauch ist als der Vorhalt, ist das Gegenteil von diesem und besteht darin, dass eine oder mehrere Stimmen frtlher Tdne des nachstfolgenden Akkordes horen lassen, als andre und als es die metrische Gliederung er- warten lasst. Richter, Harmonielehre. 8 114 Harmonielehre. II. Abteilung. Bei Noten langer Geltung und bei langsamer Bewegung kommt diese Art der Stimmenftthrung selten oder nicht vor, da die Harte der hier auftretenden Dissonanzen sich bis zur Unverstandlichkeit steigern wtirde; meistens sind es kiirzere Taktteile, die vorausgenommen wer¬ den, z. B. Vorausnah me in mehreren im Bass : im Sopran : Stimmen: Die Ahnlichkeit dieser Stimmeiibewegung in ihrer metrischen Gestalt mit dem, was die allgemeine Musiklehre unter dem Namen synkopierte Noten begreift, ist unverkennbar, nur dass die letz- teren nicht durch Yorausnahme der Akkorde, sondern mehr durch Nachschlagen derselben gebildet sind. oderbloB rhythmische Gelt¬ ung haben. Ygl. »Alfr. Richter, Elementarkenntnisse d. Musik«, S. 70. Die Bewegung der Stimmen kann auch hier unter Umstanden freier sein, z. B. kann ein andrer harmonischer Ton vorausgenommen werden, als jener, der beim Eintritt des Akkordes beabsichtigt ist, wie in der bekannten Schlussformel: Als Gegensatz zur Vorausnahme kann noch angeftihrt werden das Nachschlagen harmonischer Tone, Welches insofern mit den Vorhalten Ahnlichkeit hat, als auch hier Vorbereitung und Auflosung stattfindet, aber sich wieder wesentlich unterscheidet, da sein Cha- rakter sich mehr in der metrischen und rhythmischen Bewegung aus- pragt, weswegen dasselbe auch immer in groBerer Reihenfolge auf- tritt, die Vorhalte aber unter ganz andern Bedingungen einzeln oder in grhBerer Anzahl erscheinen. Eine Reihe solcher nachschlagender Tone wtirde folgende im Bass sein: Zufollige Akkordbildungen. Harmoniefremdc Tone. 115 255 I Allegro. 4 -G>- 3 ^ -<©- —5- 4 ^ #- Hierher wtlrde auch jene Unisonostelle aus der Ouverttlre zu »Leonore« (No. 3) von Beethoven zu rechnen sein: 8* 116 Harmonielehre. II. Abteilung. Dreizehntes Kapitel. Der Orgelpunkt. Liegende Stimmen. Eine besondere Mannigfaltigkeit der Harmonien und eine Mischung derselben entsteht durch das Liegenbleiben einer, wohl auch raehrerer Stimmen auf einemTone und durch die dadurch zufallig gebildeten Akkorde. Nicht selten trifft man, namentlich in dem Bass, sowohl am Anfang eines Tonstiickes wie auch in der Mitte und am Schlusse desselben, da wo eine Kadenz eintreten soli, einen lang ausgehaltenen Ton, wahrend die iibrigen Stimmen, scheinbar ohne Beziehung zu demselben, ihre harmonische Bewegung fortsetzen. Liegt dieser Ton in dem Bass, so wird er Orgelpunkt genannt; kommen solche lang ausgehaltene Tone in den iibrigen Stimmen vor, so nennt man die letzten: liegende Stimmen Oder liegende Tone. Anmerkung. Manche geben auch diesen letztern, aber mit Unrecht, den Namen Orgelpunkt. Die Tone, die zum Liegenbleiben geeignet sind, sind die Tonika oder Dominante, auch kommen beide zugleich vor. Anmerkung. Versuche, die in neuerer Zeit von manchen Komponisten mit der Terz des Dreiklangs angestellt worden sind, lassen das Unnatiirliche und Ge- suchte zu sehr horen. Die harmonische Yerbindung wie der Fortschritt der iibrigen Stimmen wahrend des Orgelpunktes geschieht immer nach den bekannten Regeln, so dass die zunachst untere Stimme die harmonische Fiihrung iibernimmt, und im allgemeinen ohne Beriicksiclitigung des liegenbleibenden Tones. Es folgen zuerst einige Beispiele, bevor auf die Behandlungsart des Orgelpunktes naher eingegangen werden soli. a. Orgelpunkt auf der Tonika: 257 . b. auf der Dominante: Zufallige Akkordbildungen. Harmoniefremde Tone. 117 c. Oder: In diesen Beispielen sind diejenigen Akkorde, zu denen der Bass- ton harmonisch nicht gehort, durch Kreuze bezeichnet. Fiir die Behandlung des Orgelpunktes mogen folgende Bemerkungen dienen: 4. Der Eintritt des Orgelpunktes erfolgt auf einerrhyth- misch und metrisch bestimmten Zeit, 2. durch einen Akkord, zu welchem der Basston harmo¬ nisch gehort, 3. der letzte Akkord des Orgelpunktes muss ebenfalls mit diesem harmonisch sein. Das erste geschieht am Anfang oder am Schlusse einer Periode oder Abteilung derselben und auf der Thesis; das zweite und dritte gewohnlieh durch den Grundton ernes Dreiklangs, wie im Beispiel 257 a. c. d., oder wie bei b. durch den Quartsextakkord. Zu beobacbten ist ferner, dass die dem Basston fremden Akkorde nicht zu haufig aufeinander folgen, sondern ofters mit Akkorden wechseln, zu denen der Orgelpunkt harmonisch gehort. Es ist dies notwendig, um Abschweifungen zu verhiiten, die den Charakter des Orgelpunktes, der nur in dem festen Zusammenhalten verschiedener Akkordverbin- dungen zu finden ist, verletzen wiirden. So wiirde folgender Orgelpunkt in dieser Beziehung zu tadeln sein: Die dem Bass zunachst liegende Stimme, im yierstimmigen Satze der Tenor, wird bei dem Orgelpunkt die Grundstimme der harmonischen Fiihrung. Daher werden alle notwendigen Fortschreitungen von dieser Stimme bedingt sein, wenn auch der Orgelpunkt zufallig zur Harmonie 118 Harmonielehre. II. Abteilung. gehoren sollte. So wird in dem Beispiele 257 a. der Fortschritt des b im Alt (im ersten Takte) durch die Fiihrung der iibrigen Stimmen be- stimmt, und nicht dadurch, dass es Septime zum Bass ist. Steht der Orgelpunkt auf der Dominante, wie es haufig am Schlusse der Fall ist, so kann auf demselben kein Plagalschluss gebildet werden, wie sich schon aus der dritten der oben angefiihrten Regeln ergiebt. Z. B. Der Plagalschluss kann aber bei dem Orgelpunkt der Tonika er- folgen : Das Ende des Orgelpunktes ist liberhaupt ebenso sorgfaltig zu beachten wie der Eintritt. In den oben angefiihrten Beispielen erfolgt dasselbe immer durch eine Kadenz. In diesem Falle hat es keine Schwierigkeit, auBer an Stellen wie bei Nr. 259. Der Orgelpunkt kann aber auch fi'iiher schon zur harmonischen Fiihrung iibergehen, und dann ist die dritte Regel sorgfaltig zu beachten. Z. B. Folgendes Abbrechen wiirde aber nicht gut sein: 262 . u. s. w. Zufallige Akkordbildungen. Harmoniefremde Tone. 119 Liegende Stimmen. Die nach Art des oben bescbriebenen Orgelpunktes auf einem Ton liegenbleibenden Ober- und Mittelstimmen sind seltener als jener, und erfordern in ihrer Behandlung grofiere Bebutsamkeit. Ausgehaltene Tone dieser Art sagen dem Charakter dieser Stimmen nur dann zu, wenn selir selten zu ihnen nicht gehorige Akkorde dabei erscheinen, da diese Stimmen nicht die Kraft des Gegengewichts gegen fremde Akkorde besitzen, die dem Bass oder der unlern Stimme eigen ist. So wird der Orgelpunkt des Beispiels 257 a., in die obere Stimme verlegt, in den letzten Takten sehr unnaturlich klingen: wahrend folgender als Dominante ausgehaltener Ton deswegen besser ist, weil die letzten Akkorde des Beispiels zu demselben gehoren: Als Beispiel wirkungsvoller Benutzung liegender Stimmen und fort- klingender Tone und fiir die Behandlung derselben kann angefiihrt werden eine Stelle im »Gloria« der Cdur-Messe von Cherubini, da wo die Vio- linen as fiir langere Zeit aushalten, wahrend der Chor und die beteiligten Instrumente unterhalb desselben ihre besonderen melodischen und har- monischen Fortschreitungen ausfiihren; ebenso das lang gehaltene D der Violinen in der Einleitung zur Ouvertiire »Meeresstille und gliickliche Fahrt« von Mendelssohn-Bartholdy. In beiden Stellen werden sich selten Akkorde finden lassen, zu welchen der ausgehaltene Ton nicht harmo- nisch gehort. Hierher ist auch das Trio des Scherzo der A dur-Symphonie von Beethoven zu rechnen, welches durchgangig auf dem A basiert ist und welches sich bald als liegender Ton in den Ober- und Mittelstimmen, bald als Orgelpunkt in den tiefsten zeigt, und das ganze Stuck hindurch als Grundlage dient. Liegende Tone in den Mittelstimmen sind mit denselben Riick- sichten zu behandeln, wie die der Oberstimme. Bei Instrumentalkom- positionen erscheinen sie immer verhaltnismafiig verstarkt: im vierstim- 120 Harmonielehre. II. Abteilung. migen Satze kommen sie nur selten und in nicht zu groBer Ausdehnung vor. Z. B.: Anmerkung. Als Erganzung des iiber die Nonenakkorde Gesagten mag hier noch folgendes stehen. Im vorstehenden Beispiel 6. findet sicb, wenn die liegende Stimme hinzu- gerechnet wird, ein vollstandiger Nonenakkord in verwechselter Lage mit regel- mafiiger Auflosung. Es ist schon friiher iiber die Nonenakkorde bemerkt worden, dass die Verwechselungen derselben nicht so gebraucht werden konnen, dass Grundton und None in unmittelbare Nahe gebracht werden, wie bei den Septimen. Dass sie in groBerer Entfernung zusammen vorkommen konnen, wie oben, gibt noch keinen Grund, sie als selbstandige Akkorde zu betrachten, da sie nur unter oben befindlichen Yerhaltnissen vorkommen, namlich bei einem liegenden Tone, dessen Charakter es aber ist, auch ihm fremde Harmonien zu tragen, wie z. B. bei folgender None, die doch in der That keinen Nonenakkord bildet: Will man die liarmonische Fortschreitung iiber dem Orgelpunkt dnrch Zahlen bezeichnen, so miissen sich dieselben stets auf den liegen¬ den Ton im Bass beziehen, wodurch in vielen Fallen die sonst gewohn- liclie Bezeichnung der Akkorde sich verandert. So wiirde der unter Nr. 257 6. befindliche Orgelpunkt so bezeiclinet werden konnen: 9 9 6 - 7 8 7 6 4 - 5 3b 4 4 9 9 7 6 7 7 5 4 4 8 7 6 4 7 4 2 Cs - <2-^ . -Z~2 £3?'. - - - -j-—— ■ 1 Eine solche Bezeichnung ist der schweren Cbersichtlichkeit und dabei ihrer Unvollstandigkeit wegen nur zu besonderen Zwecken iiblich, weshalb man in Partituren, wo Bezifferung angebracht ist, nicht selten bei dem Orgelpunkt die Worte vtasto soloa findet, was andeutet, dass bei der sonst iiblichen Orgelbegleitung nur der Orgelpunkt selbst ange- geben werden sol!. Zufallige Akkordbildungen. Harmoniefremde Tone. 121 Vierzehntes Kapitel. Durchgehende Noten. Wechselnoten. Unter die harmoniefremden Tone sind besonders die Durchgangs- und Wechselnoten zu rechnen. Die ersten entstehen durch die Ausfiillung groherer oder kleinerer harmonischer Slimmenschritte mit dazwischenliegenden Tonen. Z. B.: Die durch ein Kreuz x bezeichneten Noten bilden den Durchgang, die mit 0 bezeichneten sind harmonische N ebentone, insofern nam- lich zu der ersten Note ein C- oder A-Dreiklang gedacht werden kann. Z. B.: -X — J-S-e-Z- -1--t it a ^- - p - 9-*- - - —- -. * a ■ List" * 3 —^ ~ — fiTT 1 J _ A , - 3 & 9 j n « 1 « 4 J 5 r*—i i r f * 4 6 6 2 6 4 7 i ' r 9 m i- rcr~r'—: 1 t jtt ZHO . - -4- =t= b±= fit' G: F:V 7 G: V 7 a:V 7 C:I die Modulation voriibergehend, haufig wechselnd sein, ohne die Hauptton- art Cdur wesentlich zu verlassen. Diese Art der Modulation eignet sich nur fur die nachstverwandten Tonarten, und obwohl auch entferntere durch besondere und entschiedene Mittel zu erreichen sind, so miissen in ihrer Entwickelung sehr natiirliche und organische Yerbindungen herrschen, wenn sie nicht unfasslich und unbeholfen erscheinen sollen. Zuf&llige Akkordbildungen. Harmoniefremde Tone. 133 Im n&chsten Beispiel jedoch wird die entfernter liegende Tonart das Ziel, welches nach und nach erreicht wird; die urspriingliche Tonart wird ganz verlassen, und die neue tritt an ihre Stelle: 304 . Dieses Beispiel zeigt deutlich, wie die erweiterte Modulation, die sich die neue Tonart als Ziel setzt, sich der durchgehenden Modulation bedient, um dieses zu erreichen; und dies um so lieber, als es hier niclit darum zu thun war, schnell in das issdur zu gelangen. Will man solche kurze Satze nicht als Zwischenspiele zweier Tonstiicke verschiedener Tonarten, oder als Aufgaben benutzen, so wird ihr Gebrauch in der Komposition in besonderer Art undWeise stattfinden miissen, da auf der Bildung der Modulation selbst zum Teil zugleich die Bildung derPerioden und ihrer Abteilungen beruht. Dies ist aber ein wichtiger Teil der Form- lehre und gehort der Modulationsordnung einer Komposition an, ist unserm nachsten Zwecke also fremd. Wir benutzen zunachst die Bildung solcher Modulationen als Aufgaben, um auch hierdurch die Gewandtheit im Gebrauch der Harmonien und ihrer zweckmafiigen Yerbindung zu befordern. Indem die Mittel zur Modulation aufgesucht werden, soli auf die Art der Modulation zuerst keine Bucksicht genommen werden, da dieselben zu beiden oben bezeichneten Arten dienen konnen. Das erste und einfachste Mittel wird der tonische Dreiklang der neuen Tonart selbst sein. Ist dieser Dreiklang jedoch bereits ein Bestandteil der ersten Tonart, so wird nur die Folge und besonders die nachkommende Dominantharmonie der neuen Tonart die beabsichtigte Modulation wirklich bestimmen. So wird im folgenden Beispiele bei a. keine Modulation zu empfinden sein, wahrend bei b. erst die dritte Harmonie die Tonart Gdur deutlich horen lasst: Bei entfernten Tonarten kann zwar der Molldreiklang als tonischer Dreiklang entschiedener wirken, doch wird auch ihm der Bestimmtheit wegen die Dominantharmonie nachfolgen (bei a.); der Durdreiklang aber wird sich gern als Dominante auffassen lassen (&.). 134 Harmonielehre. 11. Abteilung. a C: I a: V i G: I e: V Sowenig bestimmt sich der tonische Dreiklang zur Modulation in oben gebrauchter Weise zeigt, so sehr hat eine Stellung desselben, der Quartsextakkord, die Eigenschaft, eine Modulation ganz besonders entschieden zu machen. Denn ebenso wie sich derselbe gern bei der Schlusskadenz beteiligt (siehe S. 37 und 42), so bringt er auch dann bei seinem Auftreten das Gefiihl einer Modulation hervor, wenn er nicht nach Art der durchgehenden Akkorde gebraucht 1st, sondern auf der Thesis ein- tritt. Aber auch in diesem Falle folgt ihm gern die Dominante nach, welche die Modulation vollendet. Auf der Arsis wird er die Tonart nicht so bestimmt bezeichnen: Alle oben angefiihrten Beispiele aber weisen auf ein noch wirksameres Modulationsmittel hin; es ist dies die Bominantkarmoiiie. Der Dreiklang sowohl wie der Septimenakkord der Dominante zeigt sich als das natiirlichste und vorziiglichste Mitt el zur Ausweichung, da (was besonders die Dominantseptimenharmonie betrifft) durch dieselben die Ton- art am unverkennbarsten bestimmt wird. Die Modulation durch den Septimenakkord der Dominante kann ohne Zwischenakkord auf folgende Weise bewirkt werden. Zuf&llige Akkordbildungen. Harmoniefremde Tone. 135 Nach dem Grundsatze, dass die Harmonieverbindung zuniichst am fassliclisten sein wird, welche durch gleiche Oder liegenbleibende Tone (Vorbereitung) bewirkt wird, kann von dem tonischen Durdreiklang aus in alle iibrigen Tonarten unmittelbar durch den Dominantseptimenakkord mo- duliert werden, auBer in die Tonarten der kleinen und groBen Terz und in die der iibermaBigen Quarte, wenn ein oder mehrere Tone des Dreiklangs die Tonverbindung herstellen. Yon Gdur aus kann man also in alle Ton¬ arten gelangen, auBer nach Es, E und Fis (es mag zunachst unbestimmt bleiben, ob Dur oder Moll) in folgender Weise: Von C nach d: C — F: C — G: C — a: tlberall in diesen Beispielen vermitteln die gleichen Tone, die durch einen Bogen miteinander verbunden sind, denUbergang zur Dominante der nachsten Tonart; so von Cdur nach dmoli die Tone g und e, die zur Sep¬ time und Quinte der Dominantharmonie werden, u. s. w. Anmerkung. Es bedarf nur der Andeutung, dass diese Modulationen auch durch andre Stellung der Akkorde erreicht werden. Z. B.: — d: 310 . 1=^= oder: al 22: fi -G>- -T2~ Will man in die drei oben noch fehlenden Tonarten in derselben Weise modulieren, so kann dies durch einen dazwischen geschobenen Akkord (am einfachsten ein Dreiklang), der sodann die fehlende Yerbindung her- stellt, geschehen. Z. B.: Die Modulation von Moll aus wird sich so bilden lassen: Von a nach h: a — d: a — e: a jQ~ 221 2^~g= — /zr — u —& U — X<3- -& a B: $ F: -< 52 - -SZ-ET <£*■ Hrrr TST ¥■ 136 Harmonielehre. II. Abteilung. In die iibrigen Tonarten C, Des , Es, Fis und As durch einen Ver- bindungsakkord : 313 . Von a nach C: n a — Des: a — — Es: -V—'—jo—^— — 9i —- rtr—- H -*-- S3 ■ ■ J .1 fSL ^ - & - U .L _" Y& JJ - Es versteht sich von selbst, dass diese Modulationsart nur als ein- fachstes Prinzip aufgestellt ist, und dass eine Modulation durchaus nicht immer auf diese Art erfolgen miisse, ebenso dass, wie einfache Harmonie- verbindungen ohne liegenden Ton hervorgebracht werden konnen, dies auch bei den Modulationen der Fall sein wird, wie z. B. folgende Modu¬ lations! ohne Zwischenakkord sich bewerkstelligen lassen : 314 . Immer aber wird es fur die Yerbindung von Harmonien und fur die der Tonarten insbesondere von groBem Nutzen sein, sich mit jenem Prinzip recht vertraut zu machen, und zu diesem Zweck Modulationen von alien Tonarten aus niederzuschreiben und dabei die Akkorde in die verschie- densten Stellungen zu bringen, sowie sich diese Yerbindungen durch die Ausfiihrung am Pianoforte zu veranschaulichen. Dieses mechanische Yerfahren wird die Gewandtheit im Gebrauch aller Kompositionsmittel sehr befordern. — Mit dem Dominantseptimenakkord teilt ein andrer Akkord die Fahig- keit zur Modulation. Es ist dies der verminderte Septimenakkord. Dieser Akkord, der in den meisten Fallen die Stelle der Dominanthar- monie vertritt, wird nicht selten zur Modulation geeigneter sein, als jene, da sein Auftreten viel milder ist, besonders in solchen Fallen, wo Septime und Grundton der Doininantharmonie zugleich frei eintreten miissten. Die Benutzung dieses Akkordes mogen folgende Beispiele darlegen. AuBer dieser Yerwendung zeigt dieser Akkord durch seine enhar- monische Natur noch eine besondere Fahigkeit. Folgender Akkord, dem Klange nach ganz gleich, aber von verschie- dener Notierung: Zufallige Akkordbildungen. Harmoniefremde Tone. 137 wird vier verschiedenen Tonarten zugehorig sein, namlich: in der ersten Gestalt f moll, in der zweiten d moll, in der dritten h moll, in der vierten as moll. Hierdurch wird sich eine vierfache Modulation ermoglichen lassen: Da nun samtliche verminderte Septimenakkorde in folgenden drei Lagen erscheinen konnen, wie das Pianoforte am deutlichsten zeigt: jede derselben aber durch enharmonische Yerwechselung zu vier Tonarten gehoren wird, so ergeben sich Modulationen fur samtliche zw olf Tonarten in Moll, denen man in vielen Fallen die zwolf in Dur zufiigen kann, da dieser Akkord sich nicht selten statt der Dorainantharmonie in Dur ge- brauchen lasst. Fiir das Verhaltnis innerer Yerbindung aller Tonarten wie die Mannig- faltigkeit harmonischer Yerbindung wird auch hier das fleiCige Aufschreiben dieser Modulationsart sehr fordernd sein. Wenn auch diese Modulationsart fur die Komposition selbst sich viel- fach brauchbar erweist, so ist der haufige Gebrauch derselben nicht zu empfehlen, weil bei der Leichtigkeit ihrer Anwendung sich der kunstlerische Wert verringert. Ahnliche Yerwendung, namlich durch enharmonische Verwechselung, wenn auch nicht in so umfassender Weise, zeigt der libermafsige Quintsextakkord. Die Klangahnlichkeit desselben mit dem Dominantseptimenakkord: 319 . bei enharmonischer Verwechselung macht ihn in Yerbindung mit jenem zur Modulation in gewisse Tonarten geeignet. Z. B. VVaren im Obigen die Mittel aufgesucht, um schnell aus einer Tonart in die andre gelangen zu konnen, so kann man, da es doch nicht immer 138 Harmonielehre. II. Abteilung. die Absicht sein wird, eine Modulation schnell und entschieden auszufiihren zu Beforderung der Gewandtheit die Aufgaben erweitern und auf folgende Weise stellen: Yon einer Tonart in die andre vermittelst der Dreiklange verschiedener Stufen: Yon C zu d durch den Dreiklang der dritten Stufe: 321 ~d~ f* Yon C zu d durch den Dreiklang der vierten Stufe: der fiinften Stufe: der sechsten Stufe: H 322 . ^ -i 2 - -d- d^- - r — - -^- >> uf J 1 - 2 _ _ 3 /c rs d 3 f L 2 6 6 . i <3 & - s 1 2 — a. ... - CL Diese Ausftihrung diene zunachst zur Erlauterung der Aufgaben selbst. Die nachsten Aufgaben sollen Gelegenheit geben, die Grundsdtze einer guten Bassftihrung sowohl wie melodischer Stimmenfiihrung tiberhaupt, soweit die einfachste harmonische Fortschreitung in Frage kommt, kennen zu lernen. Hierzu werden fehlerhaft ausgeftihrte Beispiele am besten dienen konnen. Aufgabe mit Angabe der Grundtbne. c F g 7 C d g 7 G n c S3 1 ** i l j J3 Anmerkung. Bei der Ausarbeitung dieser und der folgenden Aufgaben wenden wir der Raumersparnis wegen den Yiolinschliissel an und schreiben die Stimmen zusammen auf zwei Liniensysteme, empfehlen aber fiir eigne Arbeiten die in Nr. 336 benutzte Weise der Notierung angelegentlichst. Die Ausftihrung dieser Aufgabe soli folgende sein: Es zeigt sich in diesem Beispiele nirgends ein Fehler gegen eine bis jetzt bekannte Regel der Fortschreitung und Akkordverbindung, und doch ist es des steifen, unsichern und unkrdftigen Basses wegen ganz zu yerwerfen. Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. Ubungen im Gebr. ders. im relnen Satz. 1 43 Eine gute harmonische Bassftihrung gestattet, auBer beim Orgelpunkt, nur dann ein Liegenbleiben der Tone, wenn es durch notwendige Vorbereitung eines Tones be- dingt, oder durch entschiedenen Fortschritt der tibrigen Stimmen ausgeglichen ist. Dazu diene noch folgendes als nahere ErlSuterung. Alle Umkehrungen des Septimenakkordes, nament- lich des Dominantseptimenakkordes dtirfen, ja mtissen gelegentlich vorbereitet sein. 339 . a. 6 6 5 -G>- C. d. e. 4 2 t. 6 5 4 6 3 f- “V— —Or- ^7 ~~~75 -zr JL- - *2 a. ^7 <2 - - S3 & ... viU ° -ifl- .5L £2 C: V v. II V 7 IV V 7 I VI- III- I IV 7 In alien diesen Fallen ist ein Liegenlassen des Basses durchaus gerechtfertigt. Der Quintsextakkord ist allerdings immer am wirk- samsten, wenn er frei eintritt. Auch der Grundton des Septimenakkordes darf im Bass bei sprung- oder stufenweisem Eintritt der Sep¬ time vorbereitet sein: Eine Notwendigkeit freilich, den Grundton im Basse vorzu- bereiten, ist nur in den Beispielen d. e. f. vorhanden; in den andern Beispielen ist er auch in den andern Stimmen vorbereitet, und dttrfte es sich allerdings dann empfehlen, auch den Bass fortschreiten zu lassen, etwa in folgender Weise: 144 Harmonielehre. III. Abteilung. Dagegen htlte man sich den Grundton des gewbhn- lichen Dreiklangs vorzub ereiten, ausgenommen durch den Quartsextakkord. a. nicht gut, weil nicht notwendig -G 342 . 'G~ m b. schlecht zzzzz c. gut -o- az:: :nz 22 _ gl — 6 4 f-v ^- 73 -^- ~G - '. & O ' Das Beispiel a. ist besonders deshalb nicht gut, weil der Bass hier ganz leicht fortschreiten kann: Das Beispiel b. ist schlecht, wie jede Yorbereitung des Grundtons durch den Sextakkord, hochstens dilrfte man sich das bei dem ver- minderten Dreiklang gestatten: _ ~ l^sA- Z f m %—%— - g g \3z=l-4 i \ )■/.. ■ ■ CiT. , . 6 0 ! . ... v Rf--- Gy cy i \ io ~)— — y- G^^G - - f — 1 — C: vii° ii G: vn° n (V 7 ) Auch die Yorbereitung des Sextakkordes ist in vielen Fallen von matter Wirkung und soweit es geht, zu unter- lassen. Eine Ausnahme macht jedoch der Sextakkord des verminderten Dreiklangs, dessen Vorbereitung unbedingt gut zu heiBen ist. nicht gut besser gut gut 345 . y '—- /T 72 G G> G ffCS -o G> G ft ... G G 2 -rr -- ■ j.r^> - G G — 6 6 6 7 6 37“ & & SL - G^=^G - — jg r. C: I VI hi ii VII 1 G: n 7 vii° Dagegen ist die Yorbereitung des Quartsextakkords durch einen Grundton statthaft, wenn man nur sonst die Regeln befolgt, die ftir den Gebrauch dieses Akkordes maBgebend sind (Ygl. S. 145 u. f.): Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D.Ubangen im Gebr. ders. im reinen Satz. 145 C: I IV (I) G: I IV (V 7 ) Die Vorbereitung des Quartseitakkordes durch einen Sextakkord ist aber durch aus zu vermeiden. Doch macht auch bier wieder der verminderte Dreiklang eine Ausnahm e: sehr schlecht sehr schlecht leidlich 347 . 6 C: VI IV -y ^ -^ *3 & . 33 & ^ ®B=g—g— & C3 - 73 Z2 6 4 III 6 4 II VII 0 (I) Vgl. tiber diesen letztern Fall das auf S. 147 Gesagte. Beispiel Nr. 338 enthalt auch zweimal den Quartsextakkord, was uns Gelegenheit geben mag, tiber den Gebrauch dieses eigenttim- liclien und schwierigen Akkordes das weitere hinzuzuftigen. Uber den Gebrauch des Quartsextakkordes. Der seltene Gebrauch der zweiten Verwechselung des Dreiklangs, des Quartsextakkordes, hat seinen Grund darin, dass seine Erschei- nung an gewisse Bedingungen gekniipft ist. Wir finden ihn am haufigsten bei den Kadenzbildungen, wie frilhere Beispiele zeigen. Sodann erscheint er in Shnlichem Charakter bei der Modula¬ tion (siehe S. 134). In beiden Fallen kann er auch wohl frei eintreten, wird aber so¬ dann meat als durchgehender Akkord zu betrachten sein, sondern immer auf der Thesis erscheinen mtlssen. AuBer diesen Fallen erscheint er am nattlrlichsten als toni- scher, Dominant- und Unterdominant-Dreiklang unter folgenden Bedingungen: a. wenn die Quarte vorbereitet ist; b. wenn der Bass sich stufenweise zu dem folgenden neuen Akkord fortbewegt, oder liegen bleibt. Folgende Beispiele zeigen die Anwendung. Richter, Harmonielehre. 10 146 Harmonielehre. III. Abteilung. -6- — i — <§ —— -t—i j _ "JL ^ 1 P & mi ^ fr i | 6 ^-P~ 1 6 6 4 5. 7?- P - 1 r r 6 6 4 5 -f—— i In den Beispielen a. zeigt er sich am natttrlichsten, weil er auf Tonika, Dominante und Unterdominante ruht, wahrend er auf andern Stufen ( b .) leicht das Geftlhl einer Modulation hervorbringt. Auf der Arsis gebraucht, wird er auBer unter obigen Bedingun- gen auch bei Yorbereitung des Basses erscheinen kftnnen (vgl. das auf S. 144 Bemerkte). 349 Wie der Quartsextakkord sich in alien diesenBeispielen entweder als durchgehender Akkord zeigt (auf der Arsis), oder wie oben im Charakter des Yorhalts (auf der Thesis), erscheint er bei Vorbereitung des Basses auf der Thesis viel matter : I I 350 . y - - 7? % IfU - o ^ ... 5 CX’ . e-L . O' ■&r f 6 4 4 3 6 4 •-• ■75- *). rj 7? \ —L-- Nicht selten wird er auch als Vorhalt selbst auftreten, wodurch die Vorbereitung der Quarte vollkommen gerechtfertigt ist. £ £4 «y Ai. — 6 4 r 2 B 7^ OT O'-1-O' 77 ^ ■sr 77 -- ZL 6 5 6 4 6 5 jGL -<2 -- ~Sl. 351 . Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. Ubungen ira Gebr. ders. im reinen Satz. 147 Im zweiten Falle noch entschiedener, weil er bei einem selten vorkommenden Akkord dem der dritten Stufe) auftritt. Dass der Quartsextakkord aber bei stufenweiser Stimmenftlh- rung kleinerer Taktglieder imDurchgang auch frei eintreten kann, wie: wird nach dem, was im ftinfzehnlen Kapitel fiber die durchgehenden Akkorde gesagt ist, und nach den Beispielen Nr. 299, 302 keiner wei- tern Erkldrung bediirfen. Anmerknng. Die oft notwendige Vorbereitung der reinen Quarte im Quart¬ sextakkord hat manche Theoretiker veranlasst, sie unter die Dissonanzen zu rechnen. In der Einleitung dieser Harmonielehre ist sie bei der Einteilung der Inter¬ vals S. 5 unter den Konsonanzen aufgefiihrt, auch S. 8 der Grund dieser Ansicht angegeben. Das zweifelhafte Verhaltnis der reinen Quarte und die Notwendigkeit ilirer Vorbereitung tritt nur gegen den Bass oder die unterste Stimme und iiberhaupt nur im Quartsextakkord ein, da selbst im Terzquartsextakkord diese Notwendigkeit der Vorbereitung sich nicbt immer findet; zwischen den ubrigen Stimmen ist die reine Quarte ebenso wie jede andre Konsonanz zu behandeln. Bei den wirklichen Dissonanzen ist dies nicht der Fall, denn diese behalten ihren Charakter iiberall, sie mogen oben, unten oder in der Mitte erscheinen. Der Quartsextakkord des verminderten Dreiklangs wird vier- stimmig selten zu gebrauchen sein, weil er sich zu unvollkommen darstellt. Ilingegen wird er im dreistimmigen Satze vorkommen, wo er nicht selten die Stelle des Sekundakkordes vertritt. (Siehe spater: der dreistimmige Satz.) Uber den Gebrauch des Sextakkords. Obgleich die Einftlhrung des Sextakkords geringern Schwierig- keiten unterliegt und groBere Freiheit vertragt als die des Quartsext- akkords, so findet sie doch auch haufig eine missbrauchliche Anwen- dung. Jede stufenweise Einftlhrung und ebenso jedes stu- fenweise Verlassen des Sextakkords ist statthaft, auch fallt 10 * 148 Harmonielehre. III. Abteilung. dabei die etwaige Verdoppelung des Basstones (also der Terz im Drei- klang), die man sonst gern vermeidet (s. S. 37) wenig ins Gewicht* 354 . jOL- JS. 2. (5- J2L- j!Z. & 6 6 4 C: it T IY I vii 0 I m ii I - jSL. ~zr n jC? 5 ). ^ 72 & -or-- *2 <7 & & — & - Alle diese Beispiele sind gut und brauehbar. Auch die sprungweise Einftlhrung des Sextakkordes durch einen Grundton ist in den meisten Fallen gut zu h e i B e n • a. gut b. gut c. nicht gut d. besser e. gut 355 . Beispiel c., wo der Bass eine Quinte herauf in den Sextakkord springt, ist allerdings nicht von guter Wirkung, Beispiel d. aber, wo der Bass sich in derselben Weise bewegt, befriedigend, da e im Sopran hier gleichsam als Yorhalt erscheint und die Auflosung in den Domi- nantseptimenakkord bewirkt wird. Mit mehr Vorsicht ist dagegen der Sprung aus einem Sextakkord in einen Grundton zubehandeln: 356 . d. nicht a. unbedingt gut b. leidlich c. nicht gut besonders e. gut Dass Beispiel e. befriedigender wirkt als Beispiel d ., liegt daran, dass der Ton d hier als Zwischennote zwischen c und e aufgefasst werdenkann und die Wirkung infolgedessen der eines Plagalschlusses gleich kommt (s. spater »Uber die musikalischen Schlussarten«). Ein Sprung aus einem Sextakkord in einen andern wird stets zu billigen sein, wenn, wie das in den Bei- spielen Nr. 357 a. und b. der Fall ist, die Grundtone in dem Verbiiltnisse einer Quarte aufwarts und einer Quinte Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. tjbungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 149 abwiirts, oder einer Quinte aufwarts und einer Quarte abwarts stehen. 357. a. gut b. gut c. weniger gut d. besser v JL- (2 (2 73 & tnz ^& O' ' “O' 72 c/ ^ 6 6 6 6 6 6 72 Z7 6 6 Pi* * 1. /s n O' 1 ^ 72 -O'- 2 C: I IY IV I yi ii viiO e. nicht gut f. besser M S3 J i 72 V fD % ( -2- \ V-U <2 ^ 1 72 A _ V. ^ \72 1 XT Cir \^.J ^ r< 6 6 6 6 6 7 c\ • nr 72 i\ - & — {t2l) - 1-£/— ( 72 ) - I hi (IY) I . hi (V 7 ) Beispiel c. diirfte mit Vorsicht anzuwenden und nur etwa in folgenden Verbindungen gut zu heiBen sein: - /s <2 ^. 2i " ti/2 ~ ^ G & 1IC> 6 6 2 6 6 6 r\» #• ^ -—• <2 7 72 72 72 & G: IV ii v 7 IY ii I da der Sextakkord c e a hier nur als Zwischenakkord zwischen deni Unterdominant- und dem Dominant-, resp. dem tonischen Dreiklang auftritt. Der Sprung aus dem Sextakkord von f in den Sextakkord von d im Beispiel Nr. 357 d. ist braucbbar, da die Einftlhrung der ersten Umkehrung des verminderten Dreiklangs, wie schon ofters bemerkt, an und filr sich von milder Wirkung und daher geringen Beschran- kungen unterworfen ist. Beispiel 357 e. wird braucbbar, wenn, wie bei f., dem Sext¬ akkord von g bei liegenbleibendem Bass der Septimenakkord von G folgt (s. Beispiel 355 d ). Was endlich den Sprung aus dem Quartsextakkord in einen Sext¬ akkord, oder umgekehrt, betrifft, so unterliegt er den ftir den Quart¬ sextakkord geltenden Voraussetzungen. AuBer der Bedingung einer guten barmonischen Fortschreitung, dass die Bassftibrung selbst eine gute und fassliche Begriindung der- selben bilde, ist das zweite Erfordernis, dass der Fortschritt auch melodisch sei. 150 Harmonielehre. III. Abteilung. Das gibt Gelegenheit, uns tlber die Zulassigkeit der verscliiedenen Intervallschritte auszusprechen. Cfber die verschiedenen Intervallschritte. a A11 e r e i n e n Intervallschritte s i n d e r 1 a u b t : 359 . a- Der Sprung in die reine Oktave wird hauptsachlich fUr den Bass Verwendung finden. 360 . Wt -0t 6 4 5 6 4 <5*- C: I IV Dass aber diese Art von Bewegung auch filr den Sopran und selbst filr die Mittelstimmen nicht ausgeschlossen erscheint, mcjgen folgende Beispiele beweisen: 361 . i9- .a. -- — IS¬ IS ± -CL SL & C: I — a: i d:Y i a : Yr VI IV b) Alle groBen Intervallschritte sind erlaubt, der Sprung in die groBe Septime aber nicht, und ist filr diesen Schritt stets die Umkehrung, die kleineSekunde, zu gebrauchen. 362 . — —- -^- _ SL -- —^- 4 2 I- Anmerknng. Die Sequenz macht wie in so vielen Dingen auch hier eine Aus- nahme. Ahnliche Stellen finden sich oft: 363 . Prakt. Anwcndg. d. Ilarmonien. D. Ubungen im Gebr. ders. im reinenSatz. 151 c) Alle kleinen Intervallschritte sind erlaubt, der Sprung in die kleine Septime aber nur, wenn der Grund- to n v orb ere itet ist. In alien andernFallen iststattder kleinen Septime die g r o B e Sekunde zu benutzen: ^ gut nicht dafiir Folgende Verbindungen, in welchen von dem Sprung in die kleine Septime Gebrauch gemacht ist, konnen als besonders brauch- bar gelten: 365 . ' ry 1 1 V 'J' 1 111 V y d) tibermaBige Intervallschritte sind zu vermeiden mit Ausnahme der tlbermdBigen Prime, die ja nichts weiter als eine chromatische Erhohung desselben To¬ nes ist. nicht nicht nicht nicht 366 . Anmerkung. Ausnahmen von dieser Regel sind zu gestatten, wenn es sich um eine Bewegung innerhalb desselben Akkordes handelt, d. h. also wenn der Grundton derselbe bleibt: a. b. 367 . Was den tlbermaBigen Quartenschritt, bekannt unter dem Namen Tritonus, betrifft, so wird tiber ihn, als das einzige in der Durtonleiter vorkommende tibermaBige Intervall, mehr noch in der Folge zu sprechen sein. e)VerminderteIntervallschritte abwarts sind durch- aus statthaftmit Ausnahme desSprunges in die verrnin- derte Oktave, ftir die stets die tibermaBige Prime zu gebrauchen ist, aufwarts jedoch mit groBer Yorsicht zu 152 Ilarmonielehre. III. Abteilung. behandeln und meistens nur dann einzuftlhren,wenn das betreffende verminderte Intervall Bestandteil der zu verbindenden Dreiklange ist, also hauptsachlich wenn der Grundton derselbe bleibt. 368. gut gut me dafiir HE --fez <22j IK - ' >2 ■ 22' >i nicht nicht gut IN VZl ~&r besser nicht sehr gut ■■ gr~ ■ y ^ nicht NB. gut ' -fe— 1 —K-: : 'g- -25" - s?- :g Yon diesen Beispielen scheint das letzte mit einem NB. versehene und als gut bezeichnete gegen die Regel zu verstoBen. Doch ist hier zu bemerken, dass das b des verminderten Septimenakkordes cisegb in der Yerbindung mit dem Dreiklang A cis e als None auftritt, als Grundton demnach A hinzuzudenken ist. Anmerkung. Der verminderte Quartenschritt nach oben ist aber in einem Falle durchaus zulassig, wenn es sich namlich um einen Sprung aus dem Leitton in die Terz des tonischen Dreiklangs handelt. Bekanntlich sind derartige Akkord- verbindungen: 369J 22 : -<5>- -22- 321 6 is: lZ2 C: Vr I I wie auf S. 59 bereits ausgefiihrt worden ist, durchaus melodisch und deshalb gut zu heiflen, doch handelt es sich hier nur um einen reinen Quartensprung. In Moll wird aus der reinen Quarte eine verminderte: 370. ISC 221 9 * 22 - - 22 - d: V 7 i Vi Doch sind auch diese Verbindungen gut und melodios und, soweit wenig- stens Sopran und Bass in Frage kommen, unbedingt zuzulassen. Weniger diirfte eine derartige Stimmfuhrung fur die Mittelstimmen zu empfehlen sein. Z2l 22 - 371 . Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. Ubungcn im Gebr. ders. im reinen Satz. 153 Die melodische Wirkung des Schrittes geht hier verloren, wahrend eine groBe Unbequemlichkeit fiir den Sanger entsteht. Gleichwohl lieBen sich gerade fiir diesen Fall Hunderte von Belegen aus den Werken J. S. Bachs anfiihren. Unter die unmelodischen Fortschreitungen rechnet man ferner noch : Die Folge zweier Quarten und Quinten in derselben Richtung, z. R.: — 72— — & - -^- - - rj zr Gr— ^ & -«»-— Verbessert sind diese Sprtlnge so: 373. L X , -«5>- -- /• G2 Gr Gr ■ -O. —— - a d-j Gy C 377. “V-L - .<2 j<7 J “ /V S3 O' frT\ Lj! ^ & im 1 ° ~ . Zur Darstellung soil folgende fehlerhafte Ausfilhrung dienen a d. 378. s 3 S -&■ .CL. -- JZt. -d. -- G>- ZCL & & <9- m ~er -J2L 6 5 7 a: ISC Die Fehler dieser Ausarbeitung besteben erstens in der Verdop- pelung der Terz des zweiten Akkordes durch den Bass, die unraoti- viert dieser und der folgenden Harmonie eine schiefe Stellung gibt; zweitens in der angedeuteten verdeckten Quinte vom vierten zum ftlnften Takte und endlich in der sprungweise eingefilhrten Septime des vorletzten Taktes. Was das letzte betrifft, so kann dies nur bei der Dominantseptime geschehen, wenn der Grundton bereits vorhanden (vorbereitet) ist (siehe S. 61). Der freie Eintritt der Septime und des Grundtons in der Gegen- bewegungist brauchbar, 380. in der geraden Bewegung aber nicht vorztlglich zu nennen und nur bei sonst besonders gilnstigen Fortschreitungen zu verwen- den, wenn wie im ersten Beispiel von 381 vielleicht der Grundton (g) bereits im vorhergehenden Akkord (wenn auch in einer andern Stimme) vorhanden ist. Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. Ubungen im Gebr. ders. im reinen Satz. J55 Der erste der oben angeftihrten Fehler soil in der Folge verbes- scrt werden. Wichtiger ist der zweite, der uns Yeranlassung geben soli iiber yerdeckte Quinten- und Oktavenfortschreitung im allgemeinen zu sprechen. Seite 17 ist bereits liber die Natur dieser Fortschreitungen ge- sprochen worden. Yerdeckte Quinten und Oktay en entstehen, w e n n zwei Stimmen yon verschiedenen Intervallen a us in gerader Bewegung zu einer Quinte oder Oktaye fortschreiten. Z. B. Yerdeckte Quinten: -y-:-— — - e & * & — 7C 25? & 0 9 & ** m G> 9 * 0 * — Cr ..... . — - ^ Yerdeckte Oktaven: -tr- — 5 ? - -zr ®- wr^r- ^ “ - 29 - & m -r-J - —— IT 0 " Die Quinten und Oktaven werden offenbar, wenn der Sprung, den eine oder beide Stimmen machen, durch die dazwischen liegen- den Tbne ausgefUllt wird, wie oben durch die Punkte angedeutet ist. Da in jedem vierstimmigen Satze gewisse verdeckte Quinten und Oktaven vorkommen konnen, ohne welche die Wahl der Akkorde so- wohl wie die Stimmenftihrung sehr beschrankt sein wtirde, andre jedoch wieder zu vermeiden sind, so wird es notig, zuerst die Art ihrer Erscheinung etwas naher ins Auge zu fassen. Positive Regeln fUr ihren Gebrauch zu geben, die ftir alle Fiille genligen wlirden, ist bisher noch nicht gelungen und diirfte auch sehr schwer gelingen; es sind daher nur allgemeine Bemerkungen zu machen, die jedoch ftir spezielle Falle einen MaBstab der Kritik abgeben werden. Yerdeckte Quinten und Oktaven zwischen zwei Stimmen konnen vorkommen: 1. wenn eine Stimme schrittweise sich bewegt und die andre springt; 2. wenn beide Stimmen springen. Im ersten Falle: a. stufenweise in der obern, sprungweise in der untern Stimme; b. sprungweise in der obern, stufenweise in der untern Stimme. In bezug auf beide Falle, was die Stimmenart betrifft a. zwischen den auBern Stimmen, b. zwischen den Mittelstimmen und c zwischen einer auBern und einer Mittelstimme. 156 Harmonielehrc. III. Abteilung. Verdeckte Quinten und Oktaven in den huBern Stimm en. Sie sind dannunbedenklich, wenn die obereStimme schritt- weise fortsckreitet und auBerdem eine gute Harmonie- verbin dung stattfindet. Dabei wird es gut sein, wenn eine Stimme zugleich in der Ge- genbewegung gefiihrt ist oder liegen bleibt, wie in dem Beispiel 383 a., b., c. Weniger gut ist es zu nennen, wenn alle Stimmen in gerader Bew r egung fortschreiten (cL). Anmerkung. In so vielen Fallen obige Regel ausreichend sein wird, so wird sie doch nicht uberall Geltung haben, wie obiges Beispiel 38B d. beweist, welches nicht unter die zu rechnen ist, die vorziigliche Stimmenfuhrung zeigen, da schon die Fortschreitung vom Sextakkord c eine sehr gezwungene ist; die natiirliche Fortschreitung im Bass wiirde c h (Sextakkord) sein. Yergl. Nr. 356 d. Ebenso muss daian erinnert werden, was friiher S. 23 und 24 iiber die kadenzierende Bassfortschreitung gesagt worden ist, namlich dass verdeckte Ok¬ taven liber den Leit ton oder iiberhaupt liber die halbeStufe stets besser sind, als liber die ganze (Vgl. S. 23 und 24). Uberall in den oben aufgestellten Beispielen zeigt sich die Oktave immer als Grundton des Akkordes; Falle, wo sie die Terz des Ak- kordes bildet, sind viel bedenklicher und daher vorsichtiger zu ge- brauchen, z. B. 384 Anmerkung. Es werden in solchen Fallen die Grundsatze maBgebend sein, die wir fur den Gebrauch des Sextakkords aufgestellt haben (Vgl. S. 147 u. f.). Auch als Quinte des Akkordes ist sie nicht gut zu nennen. Anmerkung. Bei der verdeckten Quinte wird die untere Stimme natiirlich immer der Grundton des Akkordes sein. Verdeckte Quinten in den duBern Stimmen sind zu verwerfen, wenn die obere Stimme springt. Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. tlbungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 157 Uberall da, wo eine Septime die Harmonieverbindung vermittelt, wie bei b., d., e., erscheint die Quintenfortschreitung verdeekter und weniger hart, ebenso da, wo die Quinte abwhrts eintritt, wie im Beispiel c. Verdeckte Oktaven in den auBern Stimmen sind nichtunbedingtzuverwerfen, wenndie obere Stimme s p r i n g t. 387. Audi bier erweisen sich diejenigen Falle, wo der Bass eine halbe Stufe fortschreitet (a.), am ertraglichsten. Von d. und e. gilt das, was bei 384 und 385 gesagt wurde. Verdeckte Quinten und Oktaven in den auBern Stim¬ men sind zu verwerfen, wennbeide Stimmen springen. Bilden sie aber bloB Versetzungen desselbenAkkordes, so sind sie nicht als Fehler zu betrachten, weil sie dann tiberhaupt keine zu andern Akkorden fortschreitenden Quinten und Oktaven sind. 158 Harmonielehre. III. Abteilung. Verdeekte Quinten and Oktaven in den Mittel- stimmen. Wenn auch die Ftthrung der Mittelstimnien ehenso rein sein muss, wie die der auBern, so erlaubt ihnen ihre von diesen sehr ge- deckte Stellung auch zuweilen eine groBere Freiheit, besonders was die verdeckten Quinten anlangt. Verdeekte Oktaven sind schon des guten Stimmenverh<nisses wegen hier nicht gut zu nennen, und bei den verdeckten Quinten wird es auBer oben erwahnten Regeln immer zuniichst auf eine sonst gute Harmonieverbindung ankommen. Es mogen hier einige Falle stehen: nicht: /rfl-^r=H .... .... - r - — x - — S5 - & ! z? cs viz - n \ i. i rv O T & 1 ^ V J - Eine gewisse verdeekte Quinte, die bei der Verbindung der Dreikliinge der 5. und 6. Stufe vorkommt und die dadurch entsteht, dass der Leitton herunter gefiihrt wird, wird aber auch in den Mittel- stimmen zu vermeiden sein: 391. nicht gut r€--- besser 7T-®-z? ■&—Z& - iQz ^>5^ •• • - & -—— Cii-<2 75 »- zb - C: V vi In solchen Fallen wird die Terz des nachfolgenden Dreiklangs verdoppelt werden inilssen. Verdeekte Quinten und Oktaven zwischen den huBern und Mittelstimnien. Auch hier dtirften die Rticksichten, die bei solchen Stimmenfort- schreitungen zu nehmen sind, mehr in einer guten und nattirlichen Harmonieverbindung zu suchen, als durch bloB mechanische Regeln festzustellen sein. Hier einige Reispiele. Prakt. Anwendg. d. Harmonion. D. Ubungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 159 392 . 1 w ■&- 3£ ~J2L -&■ — — & 22: jQr. &- - 22 ' " 22 ' Eine besondere Art verdeckter Oktave ist noch zu erwdhnen, es ist die tlber die Septime, die in alien Stimmen als fehlerhaft zu vermeiden ist. Was von den Oktaven bemerkt wurde, gilt auch von den ver- deckten Einklangen. Zwischen Sopran, Alt und Tenor sind sie ganz zu vermeiden, zwischen Tenor und Bass jedoch nach Lage des Akkordes und der Stimmen selbst wie verdeckte Oktaven zu be- trachten. Die Falle, in welchen verdeckte Quinten und Oktaven erscheinen konnen, sind so mannigfaltig, dass es weitlaufig sein wtlrde, sie alle aufzuftlhren, wenn es tiberhaupt mdglich ware. Es mag hier bei den obigen Betrachtungen bewenden, welchen noch folgende Maxime bei- gefUgt werden soil, die freilich nicht ftlr diejenigen Anfanger ge- schrieben ist, die noch mit dem Technischen oder dem eigentlich mechanisch-harmonischen Geftige, ohne hohere Kunsterfordernisse zu berticksichtigen, zu thun haben: man vermeide zwar mbglichst verdeckte Quinten und Oktaven, halte sie aber dann ftlr unbedenklich, wenn einesteils sonst eine nattlrliche, gute Ilarmonieverbin- dung stattfindet, oder andernteils Rtlcksichten hOherer Art, wie melodischer Stimmengang, Anwendung b e - stimmter Motive und andres, obwalten. Anmerkung. Derartige Fortschreitungen, namentlich was verdeckte Quinten betrifft, sind im ganzen weniger bedenklich, wenn die Stimmen nach unten zu fortschreiten. Wahrend es sich daher empfehlen diirfte, die oben gegebenen Regeln moglicbst streng zu beobachten, wenn es sich um Fortschreitungen nach 160 Harmonielehre. III. Abteilung. oben handelt, diirften im entgegengesetzten Falle manche Verbindungen zu ge- statten sein, die nach der Regel eigentlich vermieden werden miissten. In folgen- den Beispielen : a. b. c. 394 . d. 1st das unter a. wiedergegebene, trotzdem die beiden Stimmen sich sprungweise bewegen, unbedingt von vortrefTlicher Wirkung. Beispiel b. ist nicht gut, c. da- gegen ertrSglich, da in solchen Fallen, worauf auch wiederholt hingewiesen worden ist, die Septime mildern d wirkt. Auch Beispiel d., wo neben der verdeckten Quinte aucli noch eine verdeckte Oktave vorkommt, kann unterUmst&ndenzulassig sein, was, wie im Beispiel a ., wohl hauptsachlich dem Vorhandensein zweiei gemeinschaftlichen Noten zuzuschreiben ist; Nach dieser Abschweifung kehren wir zu No. 378 zurilck, urn den bereits erwahnten Fehler zu verbessern. Eine Yerbesserung der dort befindlichen verdeckten Quinte, die in diejenige Kategorie gehort, wo beide Stimmen springen, wird in diesem Falle kaum moglich sein, weil, wenn auch die Bassfortschrei- tung in Gegenbewegung erfolgt, der Ubelstand an einem andern Orte wieder hervortritt. Z. B • Es bleibt also nur tibrig, in diesem Falle die Harmonie selbst zu andern und eine andre Bezeichnung der Grundtone zu wahlen. Es kann folgende Yeranderung stattfinden. 396 . 397. Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. Ubungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 161 Aufgaben. 398. ——f? - 75 r —2— 12 r~2 - r ~i — 2' --»- -- — 2 - \~2 — (2 — U-^=- -- £ 32 : g 7 It f £ F 321 — C c s- F -+- -+- 97 21 F 36 : 121 7121 F * ^ b g d 121 B g 7 ~n~ -&r f F C d C g d Folgende Aufgabe: G C G D n G 399. fef; 9l G a -€? - 3Z: F -■ i ) 7 G - 2 - 121 121 - 2 - soil diese Ausarbeitung erhalten: 1 2 400. Die Fehler dieser Ausarbeitung sind durch Zahlen angegeben. Die sprungweise Bewegung aller drei Oberstimmen in gerader Richtung bei Nr. 1 ist fehlerhaft, da sie gegen den ersten Grund- satz aller Harmonieverbindung verstoBt und durchaus nicht not- wendig ist. Sprungweise Ftlhrung einer oder zweier Stimmen kann nur dann stattfinden, wenn durch eine dritte Stimme die harmonische Yerbindung (durch Liegenbleiben eines Tones oder durch Gegenbewegung) erhaltenbleibt. Auch Nr. 2 enthalt denselben Fehler, der hier noch harter wird, weil Septime und Grundton frei in gerader Bewegung auftreten und dadurch in eine schiefe Stellung geraten, dass eins durch das andre verdrangt wird. Es ist schon frtlher (S. 61 u. 154) erwahnt worden, dass das freie Auftreten der Dominant-Septime nur dann ohne Harte erfolgen wird, wenn der Grundton bereits vorhanden ist und in derselben Stimmo liegen bleiben kann. Richter, Harmonielehre. 11 162 Harmonielehre. III. Abteilung. So zeigen samtliche folgende Beispiele nicht vorztlgliche Stimmenfilhrung. 401. ,r0- r-^—r — - -s=- — jf — & _ - S3 firs — V 'O . & .. & — ■ - g . _ £L. J2. _ 7*2 _ _ ^— — & - b=l Wenige dieser und ahnlicher Stellen diirften aus wichtigeren me- lodischen GrUnden Entschuldigung fmden. Zur ErgSnzung der S. 1 54 erwahnten unbedenklichen freien Ein- ftthrung des Grundtons und der Septime in der Gegenbewegung mogen noch folgende Beispiele dienen. Die Stelle des Beispiels 400 Nr. 2 enthalt auch auBerdem noch einen Fehler gegen die oben bei dem Quartsextakkord ausgesprochene Regel: der Bass soli nicht aus dem Quartsextakkord springen (S. 145 u.f.). Der dritte Fehler des Beispiels 400 liegt sowohl in der verdeckten Quinte, die bei dem Sprunge des Soprans in gleicher Richtung um so mehr hervortritt, als tiberhaupt in der gespreizten Stimmenftlhrung. Die verdeckte Quinte bei Nr. 4 ist deshalb zu tadeln, weil sie nicht notwendig war, da der Tenor ebenso gut von h nach c fort- schreiten konnte. Besser ist die bei Nr. 5, welche bei der Ftlhrung des Alts wie des Basses in der Gegenbewegung stattfinden kann. Eine bessere Ausfiihrung der Aufgabe Nr. 399 wird folgende sein 403. I -<9- -e?- JGL. 32 : □z: -2Z. JO. 6 4 6 0 8 -G- Aufgaben. 404. w -(S'— .... —gy— >5— 3 -; Gr ■ g? - o — G 2 — G — JSL 1 * { -tS>- D a D <2 —-<- 5 »- G Dr D D D, G Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. (jbungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 163 D — e 7 a D a G D 7 G Die nachste Aufgabe. O H a 2 Z fis ® 7 H 7 e -&■ mit folgender Ausftlhrung: gibt uns Gelegenheit, tlber einen Fehler zu sprechen, der den Namen unharmonischer Querstand. Der unharmonische Querstand [relatio non harmonica) ge- hort zu den unmelodischen Fortschreitungen und besteht im allge- meinen darin, dass einem Ton derselbe Ton chromatisch erhijht oder erniedrigt unmittelbar ill einer andern Stimme folgt, wie hier auf das g des Alts das gis des Basses. Um diesen Fehler zu vermeiden, ist folgende Regel zu merken: Unmittelbare chromatische Veranderungen eines Tones sind immer nur in derselben Stimme anzuwenden, in welcher der Ton unmittelbar vorher vorkommt. So sehr diese Regel alien theoretischen Grundsatzen der harmo- nischen Yerbindung und Fortschreitung entspricht, so gibt es beinahe keine, bei welcher sich mehr Ausnahmen in der Praxis nachweisen lassen, als bei ihr. Man hat daher in Lehrbtlchern neuerer Methoden die Lehre tlber den Querstand sehr verdachtigt und Stellen augeftlhrt, in welchen die unharmonischen Querstande in ganz nattirlicher Weise hervorkommen, ohne den Grund zu untersuchen, warum dieselben nicht als fehlerhaft anzusehen sind. Es sollen einige derselben hier angeftihrt werden. 11 * 164 Harmonielehre. III. Abteilung. •i- ftJ .-iftJ -i In alien diesen Fallen erscheint der Querstand nicht durch die einfach-harmonische Fortfiihrung gebildet, sondern entweder in dem Charakter der Wechselnoten, bei a ., b., g oder durch Verktirzung (Zusammenziehung) nattirlicher, aber fiir die metrische Gliederung zu umstandlicher harmo- nischer Yerbindungen, bei c., d ., e. } f., h. Das erste bedarf keines Beweises, und es ist nur die Bemerkung hinzuzufttgen, dass diese Art der Querstande meistens bei kleineren Taktgliedern vorkommen dtlrfte, und die obige Notierung in halben Noten selten und deshalb unpassend ist, weil durch sie die einfache harmonische Grundlage ausgedrilckt wird und nicht jene tonischen Elemente, die zur Ausschmtickung dienen. Die urspriingliche Fortschreitung der Stimmen bei den oben durch Zusammenziehung entstandenen Querstanden ist folgende: Man yergleiche diese Beispiele mit denen unter Nr. 407 bei c., d ., e., h. Alle diese Bedingungen, wodurch Querstande sich eingebtirgert haben, finden sich in folgenden und ahnlichen Fallen nicht, und ist die Art von Fortschreitungen unter die fehlerhaften zu rechnen: Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. Ubungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 165 409. Eine vollige Freigebung aller Querstande wird daher nicht zu rechtfertigen sein. Bei alien obigen der Praxis entnommenen, aber aus dem Zu- sammenhange gerissenen Stellen kommt noch die Beriicksichtigung des Tempos, der durch rhythmische Einschnitte hervortretenden Kon- sequenz eines Ganzen hinzu, die alle diese Bildungeu notwendig und prdzis, daher fehlerlos machen wird. Unter die Querstande rechnet man auch eine Fortschreitung, die unter dem Namen Tritonus bekannt ist, und deren Erklarune hier folgt. Uber den Tritonus. Der Tritonus ist in der diatonischen Durtonleiter enthalten, und umfasst die Entfernung von der vierten zur siebenten Stufe, in der Cdur-Tonleiter die ilbermaBige Quart e f — h. Dieser Schritt von f zu h umfasst drei ganze Tonstufen, woher auch sein Name stammt: 410. £ 22 : Er wird deswegen filr unmelodisch und unsangbar gehalten, weil jeder seiner Tone eine besondere Fortschreitung erfordert, die eigent- lich zwei verschiedenen Stimmen zugeteilt erscheinen: 411 • ^ von denen die eine in ihrem Fortschritt unberiicksichtigt bleiben muss, wenn der Schritt in eine Stimme verlegt wird: 1 = es mtlsste denn die melodische Folge so gestaltet werden* 413. 5 = Dass dies aber nicht der einzige Grand der tlblen Wirkung die¬ ses Intervallschrittes ist, beweist die sehr haufig gebrauchte Umkeh- rung desselben, die ebenfalls eine zweistimmige Fortschreitung er- fordern wiirde : 166 Harmonielehre. III. Abteilung. und die ebenso fasslich und leicht ausftihrbar, als der Tritonus schwierig ist und widerstrebend erscheint. Anmerkung. Es mag hierbei noch bemerkt werden, dass sich der Tritonus auf den verminderten Dreiklang und seine Fortschreitung stiitzt, wie aus obigem Beispiel 414 deutlich wird (siehe S. 27). Dass man diesen Schritt frtiher besonders als fehlerhaft hervor- hob, lag darin, dass er bei der sonst gebrducblichen einfachen harmo- nischen Gestaltung der Tonsttlcke die einzige tlbermaBige Fort¬ schreitung bildete, die sich diatonisch darstellte. Heutzutage, bei er- weitertem Gebrauch alter Kunstmittel, wird er einfach zu den tiber- maBigen Fortschreitungen gerechnet, die bei reiner harmonischer Ftihrung der Stimmen als unmelodisch zu vermeiden oder wenigstens behutsam zu gebrauchen sind. Die Rtlcksichten, die bei dem Gebrauch des Tritonus zu nehmen sind, liegen in seiner Stellung und seiner Erscheinung selbst. Er kann vorkommen entweder auf einem Akkord (a.) oder auf zwei Akkorden (6.). Z. B. Kommt er auf einem Akkord vor, ist sein Eintritt nicht uner- wartet und das Geh6r vorbereitet: bei zwei Akkorden jedoch macht sich die gezwungene Fortschreitung leicht ftihlbar (vergl. S. 151). Frtiher dehnte man das Yerbot des Tritonus auch auf die zwei groBen Terzen aus, die auf ganzer Tonstufe sich folgen. Z. B. 416. nicht aber: und es ist nicht zu leugnen, dass diese Fortschreitung zweistimmig dieselbe widrige Wirkung hervorbringt, wogegen dieselbe drei- und vierstimmig, besonders wenn sie nicht in den auBern Stim¬ men erscheint, bedeutend gemildert ist. 417 . Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. Obungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 167 Dass frtlher der Schritt von der vierten zur siebenten Stufe der Molltonleiter, z. B. von d zu gis , nicht zum Tritonus gerechnet ward, grtlndet sich auf die frilher tlbliche Darstellung der Molltonleiter selbst und ihrer Harmonien. Die Wirkung dieses Schrittes bleibt, da er tlbermaBig ist, dieselbe. Wir kehren zu unsrer Aufgabe 405 zurtick und versuchen eine bessere Ausftlhrung, wodurch der Querstand vermieden ist. Aufgaben. 419. 2 a E a h9, E is: __ ---yly. ■■ — " —^— —— - 0 - — — -- -f — ur it* d — A2 a h° E a jSL JSL. jSL. & J2- ± e dis° $ b — i. e a Hn a e Hn ~sr -&r — 0 - ~7ZT - 0 - i -0- — Dr 9 a\ 9 Dj g 2. Harmonische Begleitung zu einer gegebenen Mittel- stimme. Diese tlbung, die eigentlich zu den kontrapunktischen Arbeiten gehort, kann nicht zeitig genug beginnen. Sie soil zundchst mit Bei- ftigung der Grundtone eingefUhrt werden. Aufgab e. Alt. C G C F G a d 7 G C . ' 1 - 4 - & iL L 1 & - — Bei Ausarbeitung dieser Aufgabe wird die Entwerfung des Bas¬ ses wieder das Erste und Wichtigste sein. Zu gleicher Zeit kann aber 168 Harmonielehre. III. Abteilnng. auch der Sopran als die am meisten hervortretende Stimme hinzuge- ftlgt werden. Z. B. 421. m - 2 - 12 c izr G -2- izr - 2 - 22f&2Z=^I C F G -2— x —51- CL dn i c zzs= i2~ t> 5 nr Vorstehender Satz kann dreistimmig gelten. Durch Hinzufilgung des Tenors wird er sich so gestalten: 422. B -2- & i2~ 121 121 12f T - ^ — 2 it -zr 12 - ■2 £L §3 121 1 P' ~zr 12- o 6 - 2 - r. 5 -2- ~%! Aufgaben mit gegebenem Alt. 2 423. -2- nzr - 2 - 121 j2- 9 C 7 d 97 C F 3 - 2 - 12- B - 2 - Sr jdfe B - 2 - 3E F 9 4 C - 2 - j21 - 2 - - 2 - 121 -2- - 2 - :2i 9 d — 9 Ar d - 2 - - 2 - 12- 113.1 - 2 - B cis% tc - 2 - jO- Se - 2 - 9 D- B 9 D- Auf gleiche Weise wird eine Tenorstimme zu behandeln sein. A u f g a b e. 424 . Tenor. C G a F C G 7 C 2 ■ . -^— - 2 — T -■-1* & - t -ti i J I I Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. tjbungen im Gebr. ders. im reinen Satz. JG9 Entwurf des Basses und Soprans: Vierstimmig: 426. -- Wi TZSl. -< 2 ~ — ± J2. -a- 0 4 427. Aufgaben mit gegebenem Tenor. \ 2 r -/U r-& - ST- yn .. . — '75 Tf. & . a"" O' ~T s?—O'— — ty. - . 1 1 C G >7 C G a d Gy C C G 3 ^ -a —^—1 ~27- —ar~ a _ 6 - (- * & — L, j & Cad C • G 7 C a E a d h 7 4 -■-*— ~& - --/O - I« - -27 — o ~ —Gy mi V —O' G> J o . .. a E 7 a ad gis% a — h° E 7 a Diese Ubungen sind so lange fortzusetzen, bis die Entwerfung des Basses sowohl, wie die Stimmenftlhrung fiberhaupt vollkommen rein und sicher ist. Am Schlusse dieses Kapitels mag noch bemerkt werden, dass zu einer guten Ausfilhrung dieser vierstimmigen Satze eine gute Lage der Stimmen besonders notwendig ist. Die Grenzen der Stimmen selbst (als Gesangstimmen gedacht) dttrfen nicht iiberschritten wer¬ den, die Entfernung einer Stimme von der andern darf nicht zu weit, ebensowenig dtirfen sie zu eng erscheinen, was jedoch nicht yon zwei Stimmen gilt, die z. B. auf einem Tone zusammentreffen. Man merke sich in dieser Beziehung folgende Regel: Yon den drei obern Stimmen darf die Entfernung einer zur nachsten nicht fiber eine Oktave betragen. Das Yerhaltnis des Basses zum Tenor gestattet jedoch Aus- nahmen. Anmerkung. Die gegenwartigen Aufgaben in den Bass zu stellen, wird in- sofern unzweckmaBig sein, als sie sich ganz in friiherer Weise als bezifferte Basse ausweisen wiirden. Sie konnen nur zu freier harmonischer Behandlung gestellt werden. 170 Harmonielehre. III. Abteilung. Achtzehntes Kapitel. Erweiterung der harmonischen Begleitung. Zu einer gegebenen Simme in ganzen Notendiehar- raonische Begleitung in haiben Noten abwecbselnd in den tlbrigen Stimmen. Es kann dies gesehehen dnrch zwei Akkorde, durchWechsel der Stellung eines Akkordes, durch Vorhalte. Die Aufgaben sollen in der Weise wie bisher bezeichnet werden. Aufgabe. 428. F— 7 h°G 7 I2ZI Der Bass kann auf diese Art entworfen werden Im zweiten und vierten Takte zeigen sich Septimen von Neben- septimenakkorden ohne Vorbereitung. Man nennt diese Art durch - gehende Septimen. Sie gehen von dem Grundton des Akkordes aus und erscheinen immer auf der Arsis. In solcher Weise konnen sie in alien Stimmen vorkommen. Die Hinzuftigung der Mittelstimmen zu obigem Bassentwurf gibt folgenden vierstimmigen Satz: Diese Aufgabe kann bei reicherem Harmoniewechsel und mit Modulationen auf diese Weise gestellt werden: 431 . -n. c F fis° 7 G gisQ 7 a C 7 ^ d D G -7 C —~ Die nachste Aufgabe soli die Benutzung der Yorhalte zeigen. A FBCdgFBC 7 F 433 izr jet. Ausfiihrung. 434. 321 -Q- - 0 - - 0 - P Si -J—4- TT - 0 - 9 ~0T Wir tibergehen die Aufgaben in den Mittelstimmen. Die Benutzung der einfach melodischen Fortschreitung in ganzen Noten als Aufgaben (cantus firmus) geschah zu dem Zwecke, um den einfachen harmonischen Inhalt eines Taktes, oder, wie im Allabreve- Takt geschieht, in seinen Hauptteilen (halben Noten) darzustellen. Geschieht die Aufgabe in halben Noten, so konnen hierzu Chorale gewahlt werden. Ftlr die eignen Dbungen konnen sehr leicht die Grundtone vor- handener guter harmonischer Bearbeitung yon Choralen ausgezogen und die Bearbeitung versucht werden. In nachster Aufgabe soli das Verfahren gezeigt werden 435. P — Ar a d 7 E E a — E — ij - 0 - -0 ~er - 0 - - 0 — 0 - G C h° C F & C a C 7 b d — a a fls° - 1 — - -- -' " |- - 1 — - 1 - gs. ■ '& ■ — <2 — d- - 1 — - 1{2 - - rj _ — 0 —1 - I G -I s2 — 0 - 321 G C g 7 c d 7 G E a E -0 - =t=i —I- -1 - 0 — — 0 — — 0 —d 172 Harmonielehre. III. Abteilung. Die Ausfiihrung dieses Chorals konnte nach obiger Aufgabe folgende sein: 436. dfc & -<5>- -<£?- J- r-r* f -- ¥ ^—&~ {ZD -&■ -&■ 75 ?? ■ ~s>—s*~ -<£?- -«5>- T=\ 4- :± r =± -£>- -A- -jzi =1= -«y—f- j2 ^2- 2£ -G>- ■rsr i =tz±=zr- r-^ - ■ -!- dhr —j—h & — f—f - =bgi dj 2 d f r t f~r 4 r i i— r- 1 ' P S Id. - ^ jJ Uj - 5 j. r-% • • rn a _ i 1 • j d i i -——&—<§-i ———— . - ,<2- i_ j i —3 - - s?= fe®~ - i A ": -GU & —&- -GL- IZZST. I ¥ jgs. -< 2 . V -G> - :s?: 'JSE. 6 7 4 Ehe wir zur weitern Ausbildung dieses Satzes schreiten, wird es notig, das, was uber rhythmische Gestaltung einer Melodie zu erwahnen ist, vorauszuschicken. Eine Melodie kann sein entweder ein mehr oder weniger Takte ent- haltender musikalischer Satz ohne bestimmte Abgrenzung, wie er sich oft als Thema, Motiv einer Komposition findet, oder ein durch Gegensatze ge- schiedenes und abgeschlossenes Ganzes. Im letzten Falle nennt man sie eine Periode, und sie enlhalt dann in der Regel acht Takte, die in zwei Abteilungen in je vier Takten Gegen- 174 Harmonielehre. III. Abteilung. satze bilden. Diese Gegens&tze Oder Abteilungen werden »Vordersatz und Nachsatz« genannt. Das Nahere hieriiber gehdrt der Formenlehre an. Dass unser obiger Satz eine Periode bilden soli, liegt schon in dem Abschlusse des Ganzen, und es wird vor allem notwendig sein, die Schei- dung der Abteilungen aufzusucben. Sehr haufig wird diese Scheidung erkannt in den Kadenzen, die ent- weder als unvollkommene ganze oder als halbe, als plagalische in der Mitte des Satzes sich zeigen. Eine solche halbe Kadenz (im allgemeinen: ein Abschluss in die Dominante) findet sich in unsrer Aufgabe im sechsten und siebenten Takte, und es wird da, wo das Zeichen -f* steht, die Scheidung der Abteilungen der Periode sich annehmen lassen. Die erste Abteilung, der Yordersatz, wiirde sonach sieben, der Nachsatz sechs Takte erhalten, die beide rhytlimisch zu vier Takten um- zugestalten waren. Dies soil auf folgende Art geschehen: 439. gtE&^ i r t=t -G>- q: X 1 Fiigen wir die oben gewahlte harmonische Begleitung hinzu, so er¬ halten wir eine vollstandige musikalische Periode. Ebenso bedarf es nur eines Blickes, um zu erkennen dass sich alle weitern Umbildungen in verschiedene Taktarten, z. B. in 2 / 4 -, 3 / 4 -, in 3 / 8 - oder 6 / 8 -Takt, sehr leicht veranstalten lassen. Z. B.: I & m u. s. w. — r —r—r— gz o 4. —: —1 —: u. s. w. Wir gehen nun zu den tonischen Veranderungen der Melodie iiber und fiigen Durchgangs- und Wechselnoten hinzu. Z. B.: Noch reichere Benutzung aller Nebentone konnte folgende Gestaltung geben: 442 . Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. tlbungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 175 $ 32 . 1 - 7233 . Die unten befindliche einfache melodische Fortschreitung wird sicb leicht als die Grundlage erkennen lassen. Dass aber die obere Melodie mit Beriicksichtigung der urspriinglichen Harmonie ausgefiihrt ist, wird sich so- gleich ergeben, wenn wir die iibrigen Stimmen mit den wenigen, durch die Oberstimme bedingten Abweichungen hinzufiigen: Dber die in diesem Beispiele im dritten Takte befindlichen Oktaven- parallelen in den Mittelstimmen ist zu bemerken, dass dieselben dann als fehlerlos zu betrachten sind, wenn sie nicht vereinzelt vorkommen, sondern zur Hebung einer harmonischen und melodischen Fortschreitung nur als Yerstarkung in groBerer Folge erscheinen. Der Satz ist in diesem Falle als dreistimmiger zu betrachten. So wenig selbstandigen Wert dieses Beispiel hat, so gait es hier nur 176 Harmonielehre. III. Abteilung. zu zeigen, welcher Entwickelung der einfachste melodische und harmonisclie Satz fahig ist. Der Nutzen der Anschauung und Erkennung dieser melodischen und harmonischen Verhaltnisse ist zu bedeutend, als dass wir nicht in folgendem interessanten Satze noch eine Probe liefern sollten. Die Grundharmoniefortschreitung ist ebenso einfach wie die friiher gezeigten • 444. "t h7 h . [V & v ^ . & \.S> ■ r - — ^ jaao. § • U 1 Urn-, - ^ . S3 i • i h b W LV “ v V- - Dieser Satz soli eine Periode bilden: der mittlere Abschluss findet sich leicht in dem Halbschluss des siebenten Taktes. Wir umgehen hier die verschiedenen Taktarten und wahlen folgende Einteilung: 4 445. 3* 3 ». 8 f Wf E fW| j 044 Btr2zfezzBzr£: t Die Ausbildung der oberen Stimme soil mil Beriicksichtigung der har¬ monischen Fortschreitung in dieser Weise stattfinden: 446. r-rr L : Vf TO F--K-j— H—1— [— ~LD" -4—^ —j— F—| — — j—-H— — 3CJ±: Welchen Anted die iibrigen Stimmen an melodischer Ausbildung nehmen konnen, wird folgender Satz aus dem Es-dur-Quartett von Beethoven zeigen; 447. Violino I. Violinc II. Viola. Violoncello. Adagio. it * ES p 3 * £±£=l Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. Obungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 177 ffefo tff-: r—* - ,-.^1 rm=n ■f»sr 2 * - -C 1 J P= 7~ j -1 —- n «r •* I Eine Vergleichung mit Nr. 445 wird die melodischen und harmo- nischen Veranderungen zeigen. Es soli nun noch folgende Veranderung der urspriinglichen Melodie aus demselben Tonstiicke folgen: Die iibrigen Stimmen zeigen sich in folgender Yeranderung: Diese Andeutungen in bezug auf melodische Ausbildung mogen bier geniigen und der eignen tJbung oder der speziellen Anleitung iiberlassen bleiben. Anmerknng. Das Mechanische des ganzen Verfahrens darf hierbei nicht irre maclien; denn ebenso gewiss es ist, dass man bei der Komposition nicht durchaus auf die oben gezeigte Art verfahrt (wenn auch Beethoven bei den spateren Um- anderungen jener urspriinglichen Melodie zum Teil nicht anders verfahren konnte), ebenso sehr war es hierbei nur darum zu thun, theils die Beziehung unsrer bis- Richter, Harmonielehre. 12 178 Harmonielehre. III. Abteilung. herigen Ubungen zur praktischen Seite ins rechte Licht zu setzen, teils einen klaren Blick in komplicierte Kompositionen selbst zu gewinnen. Was die begleitenden Stimmen betrifft, so fanden sie sich aus der ein- fachen Harmonisierung von selbst und bedurften weniger Umwandlung, und zeigten sich, wenn auch untergeordnet, doch dadurch nicht unbedeutend. Jetzt bleibt noch iibrig, liber andre Begleitungsarten zu sprechen, was im nachsten Kapitel geschehen soil. Anmerkung. Uber den Rhythmus und sein Verhaltnis zur Melodie veigl. »Alfred Richter, Elementarkenntnisse der Musik«, S. 59 f. Zwanzigstes Kapitel. Uber Ausbildung der begleitenden Stimmen. In welcher Weise die begleitenden Stimmen an harmonischer, me- trischer und melodischer Ausbildung teilnehmen, zeigen sclion die lelzten Beispiele des vorhergehenden Kapitels. Es gibt aber noch andre Begleitungsarten, die man unter dem Namen kennt: Die figurierte Begleitung. Sie ist dem Charakter der Singstimmen nicht angemessen und diirfte nur in sehr beschrankter Weise fiir dieselben gebraucht werden. Es wird sich bei folgender Untersuchung blofi um die Instrumentalmusik handeln. Unter figurierter Begleitung versteht man die durch metrisch- gleiclimaBige Umbildung der einfachen Akkordtone entstandene Begleitungs- art, z. B. Einfache Harmonie: Figurirte Begleitung: o. 1 * 450. 5 = 1 : .<2L r&r jGL- f-j -f-yf- c. LU > 3 3 =^r a. m. Die Begleitung unter a. ist harmonisch figuriert. Die daraus entstandenen Figuren nennt man auch gebrochene Akkorde. Die unter b. ist metrisch figuriert, und die unter c. ist melodisch figuriert. Die aus dem letzten entstandenen Figuren sind aus Wechsel- und Durcbgangsnoten gebildet. Jede begleitende Stimme kann zu solcher Figuration benutzt werden, entweder allein oder in Verbindung mit andern Stimmen. Wir wahlen den Anfang des 437. Beispiels, um einige Begleitungsarten zu versuchen. Hierbei mogen noch folgende Bemerkungen vorausgehen: Wenn die Figuren sich gleichmaBig wiederholen (z. B. in gebrochenen Akkorden), so sind alle Regeln der harmonischen Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. fjbungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 179 Stimmenfuh rung beim Wechsel der Akkord© sowohl, wie der Yerdoppelung zu beobachten. Man darf daher nicht schreiben: 451. oder: n 1 1 r * 1 „ U p-T——, (9 + r ft 1 m f r ^ - w0 -— - ^ jx Bi—^-:--1 ... -J- - -j— 4 —-^--- & ■—*2- & - sondern etwa auf diese Art: Es darf bei dem Wechsel der Harmonie die letzte Note einer Figur und die Anfangsnote der n'achsten mit keiner andern Stimme eine falsche Fortschreitung bilden. Z. B.: nicht besser: * - . . 1 1 & "" fm P - P viz- r « r r % 1 rv* y. : ja . -... . --- - —.. —-- v Die harmonische Figuration gewahrt die Mittel, auch einstimmige Siitze in groBerer Yollkommenheit herzustellen. Hier einige Beispiele mit dem Anfang der Melodie Nr. 437: 454. Einstimmig: •$-k~3— - s - p.-=l - i _ f _ -v- 0 0 - _: — LU « 9 LU 9 9 =tt=: 4-~*» Jb • u. s. w. dLu-o—^ 0 - • =3 . -6 ., - a - F p- £ 9 * J * « pi Eitti =#*=•= Ed tf- ✓ u. s. w. 12 * 180 Harmonielehre. III. Abteilung. Dass diese Satze fur ein Instrument, wie etwa Yioline oder Klarinette, berechnet sind, ist leicht zu sehen. 455. Zweistimmig: in zwei Stimmen: Die Figurierung im vierstimmigen Satze wird nach diesen Proben an dem obigen Beispiele ebenso leicht zu bewerkstelligen sein. Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. (jbungen im Gebr. dors, im reinen Satz. 181 Statt dessen wahlen wir lieber als ein Beispiel mannigfaltiger Fi- gurierung folgende Stelle aus dem oben angefiihrten Quartettsatze von Beethoven. •i ^ fti*-r*- i'-SLkZ ^ h<3 3 N — 3 - \— 3 -K H V 9 9 19 1 9 ~1~ZM _ 3 _g±~7_ £_ _ d 182 Harmonielehre. III. Abteilung. Diese ganze reiche Ausfiihrung ruht auf der in Nr. 445, 446 und 447 angegebenen Grundlage, und iiberall da, wo der harmonische Wechsel ein- tritt, ist die Stimmenfiihrung sorgfaltig beobachtet. — Will man in solche ausgefiihrte Kompositionen einen klaren Blick er- langen und zum Verstandnis der innern harmonischen Struktur kommen, wird es sehr gut sein, Tonstiicke dieser Art auf ihre einfache Grundlage zuruckzufiihren; der FleiB hierin wird sich belohnen durch Bereicherung von Kenntnissen mancher Art und durch Gewandtheit im Gebrauch mannig- ialtigster Kunstmittel bei eignen Kompositionen. Einundzwanzigstes Kapitel. Die Ubungen im dreistimmigen Satze. Zu unsern Ubungen wurde bisher mit wenigen Ausnahmen der vierstimmige Satz benutzt, und obwohl derselbe groBere Yollstandigkeit gewahrt und ftlr die harmonischen Yerbindungen am geeignetsten erscheint, so bringt docli auch die Bearbeitung dreistimmiger Satze vielen Nutzen, indem sie besonders geeignet ist, die Stimmenfiihrung gewandter und vielseitiger zu machen. Wir beginnen die Ubungen wie friiher mit den Aufgaben der bezifferten Basse. 457. ggg 7 qST 8 7 6 6 6 5 4 & 6 2 -& —I- P 6 4 3 6 5 z • ■ 72 C-r — Der dreistimmige Satz reicht zwar ftlr den Dreiklang aus, die Stimmenfiihrung wird aber doch nicht selten ergeben, dass ein Inter- Vrakt. Anwendg. d. Harmonien. D. Obungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 183 vail desselben weggelassen ist, wie bei den Septimenakkorden nattlrlich ein Intervall immer wegbleiben muss, welches jedoch nie die Septime selbst sein kann. In der Regel kann die Quinte wegfallen, wie dies bereits im vierstimmigen Satze vorkam, in manchen Fallen auch der Grundton; die Terz als das die Art bestimmende Intervall wird nur in wenigen Fallen wegbleiben diirfen, ohne eine besondere Leere zu erzeugen. Die Ausftlhrung der Aufgabe ist folgende, an die einige Bemer- kungen angekntlpft werden sollen: Im vierten Takte findet sich bei NB. der Quartsextakkord des verminderten Dreiklangs e-g-b. Er steht statt des Sekundakkordes b-c-e-g. dessen Grundton c hier w r eggelassen ist, denn vierstimmig wtlrde diese Stelle so heiBen: 459. Man vergleiche tiber diesen Akkord das S. 147 Erwahnte. Im ftlnften Takte vertritt eine Quarte den Akkord. Kann nun zw T ar eine Quarte weder im dreistimmigen noch im zweistimmigen Satze als vollstandiger Akkord gelten, wie es bei der Terz und Sexte der Fall ist, so wird doch in Fallen, wo der Quartsextakkord als 184 Harmonielehre. III. Abtellung. Durchgangsakkord auf der Arsis im vierstimmigen Satze ge- brauckt werden kann, im dreistimmigen der bessern Stimmftihrung wegen wohl die Sexte oder die Terz des Grundakkordes wegbleiben konnen, so dass also die Quarte allein tibrig bleibt, welche hier Grund- ton und Quinte des urspriinglichen Akkordes bezeichnet. Die Quarte wird im zweistimmigen Satze zuweilen den Sekund- akkord vertreten, besonders bei der durchgehenden Septime. Z. B.: -fr-- m - -— n’ -tn ■■■— it J L- (S - — - -^ mS _ 2? " P* ^5 ' ' .vU ( -&- 4 14 Vierstimmig wtlrde obige Stelle des 458. Beispiels vollstandig so heiBen: Im achten Takte des Beispiels 458 wird durch den Sprung des Alts der Terzquartsextakkord vollstandig gebildet. Der zehnte Taktzeigteinen Quintsextakkordscheinbar. ImGrunde ist die Quinte hier nickts andres, als derVorhalt zur Quarte, die aber hier durch die Fortschreitung des Basses zur Terz w 7 ird. Vierstimmig wird auch dies deutlicher: Der Schlusstakt des Beispiels 458 zeigt durch die Gktave F, dass der Dreiklang selbst ohne Terz und Quinte in solchen Fallen er- scheinen kann. Dass die Auslassung der Terz durch die Stimmftihrung oft bedingt wird, zeigt der erste und zweite Takt des nSchsten Beispiels. Prakl. Anwendg. d. Harmonien. D. Ubungen inti Gebr. ders. im reinen Satz. 185 Die Auslassung der Terz erfolgt am besten auf der Arsis, wie hier im letzten Taktteil; auf der Thesis, also am Anfang des Taktes, soli die Terz nicht fehlen. Weitere Aufgaben sind der besonderen Anleitung zu tiber- lassen. Ubungen im dreistimmigen Satze zu einer gege- benen Oberstimme. ¥ Folgende Aufgabe mit Bezeichnung der Grundtone soli dreistimmig ausgearbeitet werden. C G C — Fa d G 7 C 464. 3 U- c - 2 - cl d G j2— - 2 - 2~-T"& Ausfuhrung: 465. 36 S to—^ s: - 2 - 6 j2~ ./g. 2. 2 A ,<22- 6 - 2 - - 2 - ohne Grundton. :a: jsl Diese Ausftlhrung bedarf keiner Erklarung. Die Wahl der Mittel- und Unterstimme wird von der Lage der Akkorde im allgemeinen abhangen. So wird als Mifctelstimme der Tenor bei tiefer Lage geeigneter sein, als der Alt; ebenso kann der Tenor statt des Basses als Unterstimme gewShlt werden. Ftir das folgende Beispiel ist der Tenor als Mittelstimme gewahlt worden, da die Bewegung derselben sich mehr an den Bass anschlieBt, wogegen der einfache Gesang des Soprans von selbst isoliert er- scheint. 186 Harmonielehre. III. Abteilung. Die vorige Aufgabe in erweiterter harmonischer Ausftihrung: C a d ; G E a G C d gis°>j a e d D G 7 C 1 ^ ,£2 - 22T -O'- ' -Gr- ^ ; Im ftlnften Takte bei NB. erscheint der eigentliche Nonenvorhalt durch dieLage der Stimmen als Sekunde, was sehr selten nur zwischen Tenor und Bass vorkommen dtirfte. Hierbei ist zu bemerken, dass es einen Sekundenvorhalt gar nicht geben kann, weil die Sekunde allein sich auf die Umkehrung der Septime sttltzt und sich nach der Fort- sclireitung dieser richtet. Z. B.: 468 . I w f oder; —&— Umkehrung: w -ehrr—**- r f Aufgabe in einer Mittelstimme. Tenor, d 469 . 1 T& 5^- B C g e° d — cis^ 7 d A d tens: <5 Als Oberstimme wird hier am zweckmaBigsten der Alt gewahlt. —p—< 5 ^ 470 . 22: -G>- u iZtK Sr § JBL Ttkr Pp 3 6 ~zsl -&-*=$■^G>- Dieselbe Aufgabe mit folgender Akkordbestimmung: 47t. P>~rF~ -# .<5?- jGL i2z:: H 3T ! Prakt Anwendg. d. Harmonien. D. tlbungen im Gebr. ders. im remen Salz. 1§7 Ausfiihrung: Der vorletzte Takt liefert den Beweis, dass selbst die Sexte Vor- halt sein kann. Zur weitern tlbung konnen frtlhere, fiir den vierstimmigen Satz gegebene Aufgaben auch hier benutzt werden. Zweiundzwanzigstes Kapitel. Ober den zweistimmigen Satz. Die groBe Dtirftigkeit des zweistimmigen Satzes in rein harmo- nischer Beziehung lasst ihn selten zu andern Arbeiten als zu kontra- punktischen geeignet erscheinen, wo er erst eigentliche Bedeutung erhalt und selbst in mehrstimmigen Satzen, z. B. in den Fugen, zur Anwendung kommt. Wird zwar ittr einfach harmonischen Gebrauch die metrisch und rhythmisch verschiedene Bildung der Stimmen den zweistimmigen Satz ertraglich machen, so kann allein die kontrapunk- tische Ausbildung zweier Stimmen dieselben von der Monotonie vieler Terzen- und Sextengange befreien und ihm dem Wesen nach eine Yollstandigkeit geben, wie sie jeder andre mehrstimmige Satz haben muss. Auslassung eines oder mehrerer Intervalle wird bei demselben jedesmal stattfinden mtissen. Bei den Dreiklangen wird es die Quinte oder den Grundton am meisten treffen. Sollen Septimenakkorde an- gewendet werden, darf nattlrlich die Septime nicht fehlen. Oktaven und Quinten sind selten anzubringen, da sie zu leer erscheinen: die Quarte konnte nur in wenigen Fallen, wo der Quartsextakkord regel- maBig stehen kann, oder wenn sie an der Stelle des Sekundakkordes vorkommt, zugelassen werden (siehe S. 190). 188 Harmonielehre. III. Abteilung. Beispiel: C F h° C — F G 473. =3 w - 75 — Q- OP' — . ' rj Or - J & Ausfuhrung 474. •! I -G>- -Q- 351 5 T"T 32: m 6 JZL. 6 3?- 3 JSL- 3 1 £L Die Auslassung der Intervalle ist durch die Vergleichung der Grundtone der Aufgabe 473 deutlich. Unklarheit der Harmonie wird dabei selten sein, da sich jeder Akkord durch seine Stellung d. h. durch die vor- und nachgehende Harmonie erkl&rt. Dieselbe Aufgabe mit folgender Bezeichnung: C F _ 7 G C G d C C a G C >5 :z Tsr _ n pg-i - L t y?- 32 41 i ^ 1 4 - 476. Ausfuhrung: - “ / j & 5 6 2 « _ 6 2 6 4 .LI_ 1 -- . A > tr ■ p |. & -j ■ & t* tp & 1 ?s ' j—:— - 1 — Gr 72 €2 . —<5?- * . ..A 4 2 - « 6 ✓ s. or 72 Jo cy-" ...t* ^ Die meisten der in der dritten Abteilung vorgezeichnetentlbungen schweifen in das Gebiet des Kontrapunktes fiber. Der Unterschied be- steht darin, dass hier die Folge der Akkorde vorgeschrieben ist und die Stimmenftihrung zu bilden tibrig bleibt, wahrend bei den kontra- punktischen tJbungen die Kenntnis der Harmonie sowohl, wie der sichere Gebrauch derselben vorausgesetzt wird, sodass die Folge der Harmonien der eignen Wahl ttberlassen bleiben kann. Man kann diese Arbeiten daher als eine ntltzliche Vortlbung ftir jene betrachten, wie sie auch zugleich einen Blick in das Verhaltnis der Harmonie zum Kontrapunkt gewahren. In diesem Sinne sind auch die tJbungen im nachstfolgenden Kapitel aufzufassen, welche auch jene Beschrankung der vorgezeichneten Akkordlolge fallen lassen. Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. Dbungen im Gebr. ders. im reinen Satz, \ 89 Dreiundzwanzigstes Kapitel. Harmonische Bearbeitung einer gegebenen Stimme in melodischer Ausbildung. Unter melodischer Ausbildung eiuer Stimme soli hier nicht jene reichere Ausstattung verstanden werden, wie sie das neunzehnte Kapitel zeigte, es soli nur durch metrische Verschiedenheit ihrer Taktglieder die gleichmaCige choralartige Fortscbreitung unsrer friihern Aufgaben ver- mieden und dadurch Gelegenheit gegeben werden, auch die Stimmen der harmonischen Begleitung besser ausbilden zu lernen. Folgende Aufgabe wird dies deutlicher machen: 477. 42 : W Die Wahl der Akkordfolge bleibt der Ausfiihrung selbst iiberlassen. Wird auch die gewahlte Taktart von selbst eine gleiche melodische Fiihrung der zu bearbeitenden Stimmen hervorbringen, so ist doch auf ihre gute Fiihrung nach den in den friihern Kapiteln entwickelten Grundsatzen besonders zu achten, wenn eine freie, gewandte Behandlung derselben er- reicht werden soil. Es soli diese Aufgabe zuerst in dreistimmiger Bearbeitung erfolgen. 478. w Sr 5S -- £e£ i BE 5 m 0 9 8 3 £ H9- 6 3 7 6 7 0 - 42 - Z2ZI 6 6 7^6 4 5 P W - 1 Diese Ausarbeitung bedarf nach dem friiher bei dem dreistimmigen Satze Bemerkten keiner weitern Erklarung. Die harmonische Bearbeitung dieser Melodie als Mittelstimme wird die Yielseitigkeit derselben zeigen und darf als eine niitzliche Obung empfohlen werden. Um die Altstimme beibehalten zu konnen, versetzen wir die Melodie der bessern Lage wegen nach F’dur 479. JSL el cantus firmus. g£|g at. 0 0 7 , 583 984 5 6 987 i -42- 5L 9-2 -42— 190 Harmonielehre. Abteilung. III. Die Erklarung des frei eintretenden Quartsextakkordes im vierten Takte findet sich durch das iiber die durchgehenden Akkorde im funfzehnten Ka- pitel Bemerkte. Er ist zufallig durch die stufenweise Fortschreitung des Basses entstanden und steht liier an der Stelle des Sekundakkordes. Die Bearbeitung desselben cantus firmus in den Bass verlegt: 480. Diese Bearbeitung zeigt eine Schwache im dritten und vierten Takte in der Harmonisierung des liegenbleibenden a im Bass. Ebenso ist die bloBe Quarte im sechsten Takte ein sehr unvollkommener Reprasentant eines Akkordes, wenn man sie nicht als durchgehende Note erklaren will. Will man die Stimmenfiihrung noch weiter ausbilden, so kann man durchgehende und Wechselnoten abwechselnd in den beiden hinzuzufii- genden Stimmen anbringen. Z. B. * Yon den iibrigen Bearbeitungen soli hier noch die zu dem cantus firmus in der Mittelstimme stehen: Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. Ubungen im Gebr. ders. im remen Satz. 191 Als Beispiele vierstimmiger Bearbeitung mogen folgende bier stehen: 483. Gegebene Stimme: <52 -- * 484 Vierstimmige Bearbeitung: ■£2. - ^ r -7^ -j- P' ^ 1 ** <2 i ' O ^ i — ±1 S HE _£2_ 3S -G>— -tS 1 — NB. EEI IPE £?— -- m -72~ =P -<5*- 5 4 3 6 9 8 6 6 6-5 b , 767 4 3 5S 5 4 3 867 ~ZL <2 --. T"^ NB. Im fiinften Takte bei NB. ist der Sprung des Tenors in die Septime deswegen nicht gut zu nennen, weil zu gleicher Zeit der Sopran einen weiten Sprung in derselben Richtung in den Grundton g macht; nur die Lage des Alt kann diesen Fall entsclmldigen. In demselben Takte findet sich der Quartsextakkord des ubermaRigen Dreiklangs, dessen urspriingliche Quinte vorbereitet ist (S. 81). Er steht hier im Charakter eines Yorhalts von unten nach oben (s. Yorhalte, Kap. XII, S. 109). 192 Harmonielehre. III. Abteilung. Derselbe cantus firmus im Alt nach Ddur transponiert: Im vierten Takte finden sich Yorhalte in drei Stimmen (s. S. 410). Im fiinften und sechsten Takte ist die Lage des Alt und Tenor nicht gut, weil die Entfernung weit liber eine Oktave betragt. Yon den iibrigen Bearbeitungen soli die des cantus firmus im Bass bier noch folgen: 486. -32 &- ■■■—£ & jQI 'jOL U 121 32 e 221 I J 2r - 6 , 5 “ 4 6 R C. f. 4 3 6 6, 2^ 6 2 6 5 fL 2 -G>- 1SL £ 35 6 6 ti 6 4 ■f 2, & - sr & ~7272r £L £L ^5 — acfnscg: - & - Fortschreitung in die dritte Stufe: 4stimmig : Sstimmig: 6stimmig: 7stimmig: 8stimmig: 72 V, “ ^ ‘ ' ^ 272 <22? —j -O'-Qr-O'-O-O-O-OGSr C/- ■ ’C/C/ 1 " " o 77“ fv c? 72 .72 72^7272 '7272^7272 72 S3 ^■7272 72 72 <5> <£ Fortschreitung in die vierte Stufe: Fortschreitung in die fiinfte Stufe: 4stimmig: Sstimmig . 6stimmig: 7stimmig: 8stimmig: - 72 rm ° ^ O' S ' cs ^ o' -Xn - - & -U 200 Harmonielehre. III. Abteilung. Wir tlbergehen weitere Zusammenstellungen, die mit alien Ver- setzungen zu versuchen von vielem Nutzen sein wird. Als Beispiel der Behandlung der Stimmenftihrung mag der unter Nr. 497 befindliche Choral sechsstimmig hier folgen: 501. Sopran I. u. II. Alt. U Tenor I. u. II. Bass. J-r-d— d- - -fi?- i & & -<£> —i 5 ii % gS 6 5 Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. llbungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 201 & If* i ¥ -<5>- -&G>- * I 1©- -fi?-- :22I m j-j- §=F --(52. 4 g= r 6 4 7 - 4 3 3=i2= -(52- 22: -- -G>- Da in mehrstimmigen Ghorsatzen nicht alle Stimmen stets zu gleicher Zeit wirken, wie in einer Choralbegleitung, so erscheint der Satz nicht selten nur drei- und vierstimmig und erhalt durch den Zutritt mehrerer Stimmen Steigerung. Folgende Beispiele werden diese Art von Ghorsatzen erklaren und besonders auch zum Beweise dienen, dass auch in mehrstimmi¬ gen Arbeiten Yorhalte und Durchgangsnoten sehr gut anzubringen sind, ohne die Klarheit und Fasslichkeit zu beeintrachtigen. 502. Sopran I. u. II. Alt. Tenor I. u. II. Bass. 202 Harmonielehre. III. Abteilung. Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. Obungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 203 Bei achtstimmigen Chorsatzen, zu welchen in der Regel die ge- brauchlichen vier Stimmen zweifach benutzt werden, finden sieh dieselben nicht immer als acht selbstandige Stimmen benutzt, was leicht eine Uberftillung verursachen wiirde, sondern nicht selten zwei Stimmen gleicher Art im Einklang (z. B. zwei Soprane, zwei Alte oder zwei Tenore und zwei Basse im Einklang), so dass der Satz oft vier-, fiinf- und sechsstimmig erscheint. Man findet auch die acht Stimmen in zwei verschiedene Chore geteilt, die jeder far sich und nur an einzelnen Stellen zusammenwirken. Als Probe, welchen besondern Gang manche dieser Stimmen nehmen mtissen, mag der Anfang des oben mitgeteilten Chorals far acht Stimmen hier folgen. 504. Sopran I. u. II. Alt I. u. II. Tenor I. u. II. Bass I. u. II. 204 Harmonielehre. III. Abteilung. Der Schwierigkeifc dieser Schreibart wird bei mehrstimmigen Satzen, die in verschiedene Chore abgeteilt sind, dadurch begegnet, dass nicht durchaus die tonische Verschiedenheit, sondern haufig die metrische da die Stimmen trennt, wo zwei oder mehr Chore zusammenwirken; nur ist immer vorauszusetzen, dass die Harmonie- folge in einfachster Weise und niemals im schnellen Wechsel erfolge. So ist es auch meistens zu verstehen, wenn man von zwhlf-, sech- zehnstimmigen Choren und Tonsatzen spricht, und nur einzelne Ton- stlicke von Bach finden sich, wo acht und mehr Stimmen, wozu je- doch Instrumentalstimmen zu rechnen, obligat behandelt sind. Diese Andeutungen liber den mehrstimmigen Satz mOgen hier gentigen, um so mehr, als das weitere bei grtlndlichen Kenntnissen der Harmonie dem eignen Studium und der Neigung filr mehrstim- mige Satze tiberlassen werden kann. Es mag nur noch liber die An- wendung desselben die Bemerkung folgen, dass der Gebrauch des oben gezeigten mehrstimmigen Satzes und seiner Behandlungsart groBtentheils bei Kompositionen fllr Chore, bei lnstrumentalmusik jedoch, z. B. bei Orchesterwerken, nicht in dem angefllhrten Umfange stattfinden wird, als eine Beteiligung so vieler verschiedenartiger In- strumente vermuten lasst, und das fllr diese letztern in den meisten Fallen der vierstimmige Satz ausreichen wird, liber dessen weitere Behandlung nur eine wirkliche Instrumentationslehre Auskunft geben kann, da die Verdoppelungsverhaltnisse hier, wenn auch oft annahernd der oben gezeigten Weise, doch andern Grundsatzen unterliegen mtissen. Sechsundzwanzigstes Kapitel. Uber die musikalischen Scblussarten. Ein Schluss, d. h. ein Abschluss eines Tonstllckes oder einer musikalischen Periode oder einer Harmoniefolge von langerer oder kilrzerer Dauer kann bewirkt werden durch die Verbindung des Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. tlbungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 205 tonischen Dreiklangs mit einem andern, nicht in zu hohem Grade der Verwandtschaft zu jenem stehenden Dreiklange derselben Tonart. Die Dreiklange der 3. und 6. Stufe eignen sich deshalb zur Schluss- bildung nicht. Der erste dieser beiden Dreiklange hat mit dem toni¬ schen Dreiklange die kleine Terz e — g, der andre die groBe Terz c—e gemein. Der Schluss setzt aber, wie Hauptmann ganz richtig bemerkt, Getrenntes, d. h. in der Hauptsache Getrenntes voraus, und konnen somit hauptsachlich verbundene Akkorde in ihrer Auf- einanderfolge keinen Schluss bilden (siehe M. Hauptmann, Die Natur der Harmonik und Metrik, S. 207 u. f.). Der Dominant- und der Unterdominantdreiklang eignen sich am besten zur Schlussbildung. Die Quinte des tonischen Dreiklangs ist Grundton des Dominantdreiklangs, die Quinte des Unterdominantdreiklangs Grundton des tonischen. Eine innere Beziehung ist also vorhanden, ohne dass die nattlrlichen Fort- schritte der andern Stimmen dadurch gehemmt werden. Denn die Terz des Dominantdreiklangs (der Leitton in der Tonart) drangt her- auf, der Grundton des Unterdominantdreiklangs herab: hier wird iiv der Terz, dort in dem Grundton des tonischen Dreiklangs die natur- gemaBe Auflosung gefunden: a. b. ^ ^ ^ 1C V tz ^S c. T & & Nachst dem Dominant-und Unterdominantdreiklang ist es der verminderte, der Verwertung zu Schluss- bildungen findet. Der Grundton dieses Dreiklangs ist der Leit¬ ton, dessen nattirliche Beziehung zum Grundtone des tonischen Drei¬ klangs bereits Erwahnung gefunden hat; die verminderte Quinte aber bedarf wie alle Dissonanzen der Auflosung: 506. In gewissem Sinne ist dieser Schluss ein vollkommener zu nen- nen, da durch die Verbindung dieser beiden Dreiklange die Tonart als solche zweifellos erscheint, was bei den zwei oben beriihrten Schlussbildungen vermittelst des Dominant- und Unterdominantdrei¬ klangs nicht der Fall ist, da hier erst der Hinzutritt des Dreiklangs der 2. und 4. Stufe unbedingte Klarheit schafft. Wenn er gleichwohl zu den unvollkommenen gerechnet werden muss und in obiger Ge¬ stalt auBerst wenig in Gebrauch ist, so liegt das an der unentschiede- nen Bassfilhrung sowie auch an der Auflosung der Oberstimme in die Terz, einer Auflosung, welche das Gefiihl voller Befriedigung nicht zu erzeugen im stande ist. Dagegen ist die 1. Umkehrung des vermin- 206 Harmonielehre. III. Abteilung. derlen Dreiklangs mit Yorteil zu Schlussbildungen zu benutzen, wie wir weiter unten sehen werden. Auch der Dreiklang der % Stufe ist zu Schlussbil¬ dungen nicht ganz ungeeignet. Eine innere Beziehung zu dem tonischen Dreiklange ist scheinbar nicht vorhanden, ganz entschieden aber zu dem Dominantdreiklang. Denn die Quinte des Dominantdrei- klangs ist hier Grundton. So werden wir daher weiter unten finden, dass dieser Dreiklang ganz besonders geschickt ist, den Schluss ver- mittelst des Dominantdreiklangs zu vervollstandigen. Doch kann auch eine direkte Verbindung mit dem tonischen Dreiklang stattfinden. Von folgenden Beispielen: a. kann wenigstens das bei a. den Abschluss einer musikalischen Pe- riode recht wohl bewirken, trotz des Ausfalls des Dominantdrei¬ klangs, denn wir haben uns das Entstehen dieser Verbindung so zu denken: Anmerknng. Die nahe Beziehung des Dreiklangs der 2. Stufe zu dem toni¬ schen Dreiklang findet auch noch auf andre Weise ihre Erklarung. Bekanntlich werden die Intervallein ihren natiirlichen, d. h. nicht temperierten Verhaltnissen durch folgende Zahlen dargestellt: das Verhaltnis der Oktave durch 1 : 2, der Quinte 2 : 3, der Quarte B : 4, der groBen Terz 4 : 5, der kleinen Terz 5 : 6, des groBen Ganztons 8 : 9 und des kleinen Ganztons 9:10. Da nun die Quinte c — g aus einem groBen Ganzton c — d und der reinen Quarte d — g, die Quinte d— a aber aus einem kleinen Ganzton g — a und der reinen Quarte d — g besteht, so erhalten wir fiir die beiden Quinten verschiedene Verhaltnisse. Denn 8 : 9 x 3 : 4 gibt 24:36 = 2:3, also die vollkommen reine Quinte; 9:10x3:4 hingegen gibt 27 : 40. Das zweite Verhaltnis ist also kleiner, und es geht daraus allerdings mit ziemlicher Bestimmtheit hervor, dass d — a keine vollstandig reine Quinte ist. Dieser Umstand hat Moritz Hauptmann, der sich in ausfiihrlicher und geistvoller Weise mit dem Gegenstand beschaftigt, veranlasst, sie unter die verminderten Quinten zu rechnen. Fur die praktische Harmonielehre fallt freilich diese inner- liche Verschiedenheit der beiden Quinten sehr wenig ins Gewicht. Wir haben das temperierte System acceptiert und in diesem System ist d — a gleich c — g. Es ist durchaus nicht ratsam, Anfanger, vorziiglich solche mit ungentigender wis- senschaftlicher Vorbildung, denen es ohnehin schwer genug wird, sich mit den verschiedenen, ihnen bis dahin vollig fremd gebliebenen Begriffen abzufinden, mit diesem Unterschied bekannt zu machen. Spater, wenn das reifere Ver- Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. Ubungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 207 stiindnis geweckt ist, wird es Sache des Lehrers sein, darauf hinzuweisen, denn sowenig dieser Unterschied auch ftir die praktische Harmonie- lehre ins Gewicht fallt, sowenig kann er als in den natiirlichen Verhaltnissen begriindet in Abrede gestellt werden. Eine der- artige Yerbindung: 509. wirkt trotz der in ihr vorkommenden offenen Quinten nicht ganz unbefriedigend und zwar lediglich wegen der Auflosung des gewissermaBen als Dissonanz auf- tretenden a. Und so sehen wir, dass uberall, wo die Quinte diese in den natiir- lichen Verhaltnissen begriindcte Auflosung erhalt, die Verbindung des Dreiklangs der 2. Stufe mit dem tonischen meistens eine naturgemaBe, zu einer Schlussbildung nicht ganzlich ungeeignete ist, wahrend da, wo diese Auflosung nicht erfolgt, weit mehr der Mollcharakter des Dreiklangs hervortritt. In folgenden Akkordverbindungen: 510. Q/m 6. C. wird Beispiel 6. sich ganz und gar nicht zu einem Schlusse eignen, a. und c. nur dadurch, dass wir uns ein vermittelndes h zwischen a und c eingeschoben denken: 511. ’ ^ - 75~ ^-#- Cl - M - & isl "Or Dagegen werden folgende Verbindungen : 512. a* 6. c. ~yr ^ /5~ _ — WT7 ^ Cl 1-^6 6 r\* _ y o <5 wenn geschickt eingefiihrt und vorbereitet, recht gut zum Abschlusse einer musikalischen Periode dienen konnen. Ubrigens lassen sich die Verbindungen unter a. und c. im Beispiel Nr. 512 auch als Plagalschliisse (s. d.) auffassen, und ist ihnen in der That von ver- schiedenen Theoretikern diese Bedeutung beigelegt worden. Denn bei dem Um- stande, dass die Oberstimme hier nach der Terz des tonischen Dreiklangs drangt, erhalt das d die Bedeutung einer Durchgangsnote, und konnen wir uns daher die Verbindungen auf folgende Weise entstanden denken : 208 Harmonielehre. III. Abteilung. Wir lassen jedoch jetzt den Dreiklang der 2. Stufe als doch nur in Ausnahmefallen zur Schlussbildung geeignet beiseite und zie- hen lediglich die vorher erwdhnten Dreiklange, also den Dominant-, den Unterdominant- and den verminderten Dreiklang in Betracht. I. Schlussbildungen mit dem Dominantdreiklang. Der Schluss vermittelst des Dominantdreiklangs zerfallt in: a) den Ganzschluss, b) den Halbschluss, c) den Trugschluss. Der Ganzschluss ist entweder vollkommen oder unvoll- kommen. Vollkommen ist er, wenn der Sopran den Grundton des tonischen, der Bass den Grundton des Dominant-und 514. Dreiklangs n + > bringt, + z. B. + 3 —- —& — & — g — p 5 =^ £ . "OL -Q- 2l jGL- jGL. -- Anmerkung. Der vollkommene Ganzschluss eignet sich seines entschiedenen Charakters wegen ambesten zum Abschluss eines langern oder kiirzern Tonstiicks oder einer musikalischen Periode. Unvollkommen ist der Ganzschluss in jedem andern Falle, wenn also entweder der Sopran Terz oder Quinte des toni¬ schen Dreiklangs, oder der Bass Umkehrungen des Domi¬ nantdreiklangs resp. des Dominantseptakkordes oder des tonischen Dreiklangs bringt, z. B. a. b. c. e. u ——&- —&- 515. Sn 7?- 6 1EL Tj&I 4 3 JOt. 221 ~rzr Anmerkung. Auch der unvollkommene Ganzschluss eignet sich trefflich zum Abschluss einer musikalischen Periode, die ihre Fortsetzung in einer andern findet, zum Abschluss eines Tonstiicks ist er aber nur unter gewissen Be- dingungen zu verwenden. Schlussbildungen wie im Beispiele 515 unter a. und b. konnen bei breiter, ruhiger Entfaltung eines Tonstiicks von guter Wir- kung sein. Namentlich die zweite ist, besonders bei weiter Lage der Harmonien, von eigentiimlicher mystischer Klangfarbung und deshalb haufig von Opernkom- ponisten romantischer Richtung angewandt worden. — Eine Akkordverbindung, wie die unter c. kann beim endgiiltigen Abschlusse eines Ton- stiicks nicht inFrage kommen, da derBass ja mit dem Grundton des tonischen Dreiklangs zu schliefien hat. Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. (jbungen 1 m Gebr. ders. im reinen Satz. 209 Der Halbschluss ist die Yerbindung des tonischen Drei- klangs mit dem Dominantdreiklang. Es findet bier also das umgekehrte Verhaltnis statt: An Stelle des tonischen Dreiklangs tritt haufig ein anderer, am haufigsten der Dreiklang der 2. und 4. Stufe oder auch der der 6. Stufe. < 5 ?- -&r :r zzt 32 3= 6 5 -&r -Or- r - 517. C: ii -- -s?- ii & -- j £2 4 U 3 Ilr c: ii 0 -? V -G- -GL- C: IV rS— t) -1— —^- A & frTv - jr- % 1 XT ^ 6 L z&— — - & —^- - ys± — G>- - c: iv V C: vi V c: VI V Ein besonders wirkungsvoller und haufig vorkommender Halbschluss ist der sogenannte phrygische Schluss, bestehend aus der Yerbindung des UnU rdominantdreiklangs mit dem Oberdominantdreiklang in Moll und bedingt durch die Eigenttimlichkeiten der phrygischen Tonart (vergl. S. 172): 518 ' ■ - 44 wf \ V if/o. vt/ & BO" *7 22; 22 - ¥ Ti i * PS* a; iv V iv V Frtlher rechnete man unter die Halbschltisse auch jene Modu- lationen nach der Tonart der Dominante, die vorztlglich durch den Quintsextakkord oder den Septimenakkord der 7. Stufe bewirkt werden: Richter, Harmonielehre. 14 210 Harmonielehre. III. Abteilung. C: V I VI c: V i Die Modulation nach G dur ist jedoch in alien drei Fallen eine regulare, mithin doch mehr als unvollkommener Ganzschluss auf- zufassen, die Beziehung zum tonischen Dreiklang der Haupttonart zwar vorhanden, aber doch erst aus der Folge sich ergebend. Anmerkung. Da der Halbschluss nicht eigentlich abschlieflt, sondern nur einen Ruhepunkt bildet, der etwas Neues einleitet, ja dasselbe zu seiner Recht- fertigung gewissermaflen notwendig macht, so geht daraus hervor, dass er zum Abschlusse von Tonstiicken sich nicht eignet. Doch auch hier gelten Ausnahmen. Der sogenannte phrygische Schluss, also ein Halbschluss, wird haufig zum Schluss von kirchlichen Tonstiicken benutzt und verfehlt, wenn gut vorbereitet, selten seine eigentiimliche und reizvolle Wirkung. Sonst dient, wie schon bemerkt, der Halbschluss hauptsachlich zur Verkniipfung von zwei haufig gleichartig gebildeten Satzen (Periodenteilen). Betrachten wir z. B. die Melodie »Freude, schoner Gotterfunken« aus der 9. Symphonie von Beethoven: in—1 . . - T l 1 -1 k-- rrr\ SIZ - -is) * J L -*-" J - Der Halbschluss vermittelt hier den Ubergang vom Vordersatz zum Nach- satz und bewirkt so, dass der erste nicht in sich abgeschlossen erscheint. — Konsequent wiederkehrende Ganzschliisse wiirden, abgesehen von der Unmog- lichkeit, sie immer anzubringen, nur das Gefiihl der Monotonie, des Abgerissenen, nicht Zusammengehorigen erzeugen, wahrend der Halbschluss, an richtiger Stelle angebracht, die Verbindung der einzelnen Teile mitein- andererleichtertund den natiirlichen musikalischenFlussauf- recht erhalt. Der Trugschluss ist die Auflosung des Dominantdrei- klangs resp. des Dominantseptimenakkordes in einen an- dern als den tonischen Dreiklang (den man eigentlich erwar- tet), z. B. jri /D -H r—& -|i & S . i fru ^ - % _ sr?. . a. 1— -- . a — —OL 2L l—b-o- —Jg 521 . 6 gl -< 2 r 7 ZC 4* ‘dS?- g: 6 g- C: V vi Y IV Y ii c; V 7 VI V iv Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. tjbungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 211 Die Auflbsung kann auch in eine nicht zur Tonart gehbrige Harmonie erfolgen: 522 . *v —&- a—S 6 -I- - 7 V 7 i C: ii 7 V 7 1 Sodann derUnterdomi n antdreiklang nebst seiner I.Um- kehrung: 525. a -&S- Z&L & r 5 i iifctz: 6 & :zz: -<£✓- C: IV V. a: iv Dagegen taugt der Septimenakkord der 4. Stufe dazu wenig. Eine derartige Verbindung: 526. 7 C\ • ^2 *• ~ r & C: IV 7 V 7 I wirkt, wenn die Septirae auch noch so sorgfaltig vorbereitet sein sollte, unter alien Umstanden hart und unangenehm. Auch der Dreiklang der 6. Stufe ist nicht ungeeig- net, einen Schluss einzuleiten, wie folgendes Beispiel be- weist: -G- -Mr .— & A <3 1m - & - xr—JL & - • C : VI V I AuBer diesen Dreiklangen sind es aber auch and re, nicht leitereigne, aber verwandten Tonarten angehorige, die wir in dieser Weise verwenden kbnnen. Nehmen wir Cdur, so ist G h d Dominantdreiklang. G h d ist aber nicht nur Dominantdreiklang in Cdur, sondern auch in cmoll und tiberdies tonischer Dreiklang in Cdur. Daraus folgt, dass gewisse, den Tonarten cmoll und Gdur angehorige, in Beziehungen zu dem Dreiklange Prakt. Anweudg. d. Harmonien. D. (Jbungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 213 Ghd stehende und zum Teil ihre notwendige Auflosung in ihm finden de Harmonien sehr geeignet sein werden, die Einftthrung des der Tonart Cdur angehorigen Domi- nantdreiklangs zu vermitteln. Es sind dies in cmoll die Dreiklange der 2., 4. und 6. Stufe, sowie der Septimenakkord der 2. Stufe, und der you dem Septimenakkord der 2. Stufe abgeleitete UbermaBige Sext- und Terzquartsextakkord, z. B. 528. -Q - & - 9 — 1 - 75 - r —* -i i —-- T - j? a. _ - ij. , V U j . &2 % 7 6 6 4 7 2, 5 3 <2 T 3 • i _ 75 l 1—— & — i n° 7 Y 7 ii« 7 V 7 nt> 7 V V 7 I V 7 l YI Alle diese Beispiele sind gut und verwendbar. Weit seltner ge- schieht das Umgekebrte, namlich einen Schluss in Moll durch Drei¬ klange, die der Durtonart derselben Tonstufe angehoren, einzuleiten. Derartige Schlussfoimeln: 529. C: ii Y n 7 V 7 IV V 7 c : V i V 7 i V 7 i sind wenig im Gebrauch. Es hangt dies mit unserm Geftihl zusam- men, den Schluss in Dur ftlr den vollkommeneren, befriedigenderen zu halten und in der Folge von Moll auf Dur eine Abschwachung der Wirkung zu erblicken, wahrend in den Beispielen Nr. 528 gerade das Gegenteil der Fall ist. In der Oberdominanttonart sind es besonders die Dreiklange der 5. und 7. Stufe und deren Septimenakkorde, die den Dominantakkord der Haupttonart vorteilhaft vorbereiten, z. B. 214 Harmonielehre. III. Abteilung. 530. -<5>r 3 y—<5* ffit $1 -at -&r -&r '& 2 jjfi£ -ZT G: V -- -j2i 3E y 7 I V vii° i V VII 0 -7 I C: Y 7 I VI VI V Auch kann der Schluss hier ebenso gut in Moll erfolgen. = 1 - 531. £ G: V J2L- c: V i denn die Tonart Cdur, nach der hier moduliert wird, steht in intimen Beziehungen sowohl zu Cdur als zu cmoll, und die Losung muss daher in beiden Tonarten gleich befriedigend wirken. Der Unterdominantdreiklang der Oberdominanttonart ist zur Einftlhrung des Dominantdreiklangs der Haupt- tonart nicht zu gebrauchen. Denn der Unterdominantdreiklang in Gdur, C e g, ist zugleich tonischer Dreiklang in Cdur, und wird durch den zu frtihen Eintritt dieses Dreiklangs eine bedeutende Ab- schwachung der Schlusswirkung erzielt: d d Eine der wich tigs ten und am haufigstenvorkoramen- en Schlussformeln ist die mit dem Quartsextakkord es tonischen Dreiklangs: Zur Einftlhrung des Quartsextakkords kiinnen aber alle die leitereignen Akkorde dienen, die sich ftir die Einftlhrung des Dominantdreiklangs bereits als geeignet erwiesen, Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. Ubungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 215 d. h. also die DreiklSnge der 2., 4. und 6. Stufe (letzterer unter ge- wissen Yoraussetzungen), sowie der Septimenakkord der 2. Stufe, z.B. 534. C: ii i y i iv i y 7 i AuBerdem aber der Septimenakkord der 4. Stufe, sowie der to- nische Dreiklang selbst, z. B. 535. 6 4 C: IV, (9 321 6 4 C : I -- — V 32 : Sonst alle nicht leitereignen Akkorde, die auch den Ein- tritt des Dominantdreiklangs vermitteln. Es sind dies also, wie wir gesehen haben, die DreiklSnge der 2. und 4., sowie der Septimen¬ akkord der 2. Stufe der Molltonart derselben Tonstufe, z. B. n , L_ 1 V - ' n fas - * ll - O' Tj ^ ^- 6 4 & 4 6 3 4 3 r\ • ^ T. & 7 ~t2~ & —-—-J 75 ? " - & - _ — — c: iv CM V I c: n» 7 C\ I V I 216 Harmonielehre. III. Abteilung. sowie die Dreiklange und Septimenakkorde der 5. und 7. Stufe der Dominanttonart, z. B. 537. G: V C: I G: V 7 c: l -P-1— n —J “1 ' — \ 77 ‘ “75- -3C W 72 cA*2. o prr u. L_X7j - JfTL 1__ fy - vMZ V/2, _ O' ■" cs •r ^ r i r 6 6 & 43 „7 4 1 Ml. - <5 11 7? - & - - & — G: vii° c: i V i G: vn<> 7 C: I Y I Auch der Nonenakkord der 5. Stufe ist hierzu verwendbar und von schoner, reizvoller Wirkung, dock verlangt die None gute Vor- bereitung, z. B. II. Schlussbildurgen mit dem Unterdominantdreiklang. Die Yerbindung des Unterdominantdreiklangs mit demtonischenDreiklang heiBt Plagalschluss (zum Unter- schied von dem authentischen Schluss, womit die Yerbindung des Oberdominantdreiklangs mit dem tonischen Dreiklang bezeich- net wird): C: IV I a: iv i Prakt. Anwendg. d. Harmonien. D. bbungen im Gebr. ders. im reinen Satz. 217 Tonstttcke in Moll schlieBen sehr haufig in Dur, z. B. 540. eS 1321 -£r I3E -j±-22- c: iv C: I a: iv A: I Zu den Piagalschltlssen rechnet man ferner noch die Verbin- dung des Septimenakkords der 2. Stufe mit dem toni- schen Dreiki ang, z. B. schlecht. 541J EE 6 5 -Q- -<§- F ■S. ~S~ - 22 - ~7Z)~ is: -s- -nr - 22 — u - 6 5 jS- -5" 4 3 -- 22 4 44 -s- -22 C: ii- ii- ii- c : n° 7 C: I ii- In alien diesen Fallen ist nicht c Dissonanz, sondern d (vgl. S. 76); d ist als Durchgangsnote zwischen c und e aufzufassen, liir welche Auffassung die Auflosung, die hier nach e erfolgen muss, hin- reichend spricht. Haufig folgt, um die Wirkung zu verstarken, dem Plagalschluss noch der authentische Schluss oder ein an- drer Plagalschluss, z. B. 542. W is: -s- -S- 131 s- i^i is* :S. -e- 221 IS! -- 4 3 :si C.- IY I Y IV I ii- oder auch ein Orgelpunkt von langerer oder kiirzerer Dauer, z. B. 543. 22: ISI f LSI s——s- - 22 . 1ST -- -fc-~I- 3g: -Gr 3Sfeztg - &- m c: i vii° C: vii° I III' VII 0 VII 0 IV VII VII 0 0 I -- <2 r\ • 6 6 5* 6 6 5b eS r). 7/0 ? ^ - .a . 11° VII° VII 0 I Doch darf das Umgekehrte, Moll auf Dur, aus bereits frilher ent- wickelten Grtinden nicht stattfinden. Der verwandten Molltonart an- gehorigeHarmonien erweisensich hier kaum brauchbar. Folgende Yerbindungen: 553. wirken hochstunangenehm, denn eine notwendige Beziehung ist hier nicht nachzuweisen, und die Notwencligkeit der Yermeidung des tibermaBigen Sekundenscnritts zwingt zu einer schlechtenStimm- fiihrung. Eher kcjnnte man sich diese Yerbindung gefallen lassen. denn der Dreiklang dfa gehort hier ebenso gut zu Cdur als zu a moll. Sachregister. AuBere Stimmen 11. Akkord 9. Akkordbildungen, zufallige 81. Akkorde, alterierte 32. 80 u. f. 91; durchgehende 129 u. f.; Ubersicht der- selben 89 f.; gebrochene 178. - s. auch Dreiklange, Septimenakkorde. Alt 11; Altnoten, Altschlussel 106. Antizipation 113. Arsis 100. 130. Aufgaben zur Ausarbeitung und Ubung (bez. der Hauptdreiklange in Dur) 18. (bez. shmtlicher Dreiklange in Dur) 26. (bez. der Dreiklange in Moll) 33. (bez. der Umkehrungen der Dreiklange) 38. (bez. des Dominantseptimen- akkordes) 46. (bez. der Umkehrungen desselben) 51. (bez. der Nebensepti- menakkorde) 61. (bez. der Yerbindung der Septimenakkorde untereinan- der) 62. (bez. der Nebenseptimenakkorde in Moll) 65. (bez. der Umkehrungen derselben) 68. (bez. der Trugkadenzen) 74. (bez. der Nebenseplimenak- korde in Verbindung mit Akkorden andrer Tonstufen Oder Tonarten) 77. (bez. des ubermaBigen Dreiklangs) 83. (bez. andrer alterierter Akkorde) 88. (bez. des Aufsuchens der Modulationen) 97. (bez. der Yorhalte) 105. 112. (bez. der harmonischen Begleitung zu einer gegebenen Stimme) 141. 142. 153. 161. 162. 163. 1 67. 168. 169. 170. (bez. der Ausbildung der Melodie) 173. (bez. des dreistimmigen Satzes) 182. 185. 186. (bez. des zweistimmigen Satzes) 188. (bez. der harmonischen Bearbeitung einer gegebenen Stimme in melodischer Ausbildung) 189. 191. (bez. des funfstimmigen Satzes) 195. 198. Auflosung des Dominantseptimenakkordes 43 f. 48 f.; der Nebenseptimen¬ akkorde (in Dur) 55; (in Moll) 63 f.; des Vorhalts 1 00. 1 02. 109 f. 113. Aufwartsfortschreiten der Septime 72 f. 75. Auslassung der Intervalle 43. 46. 62. 183. 187. Ausweichung, s. Modulation. Bass 11; Bewegung, Fortschreitung desselben 22. 24. 1 41 f. 198; Vorbereitung desselben 143 f. 146. Begleitung, figurierte 178 f.; harmonische Begleitung zu einer Stimme 141 f. 170 f. 189 f. Bewegung, gerade, Gegen-, Seitenbewegung 14; gemischte 15. Bezifferung 21. 37. 41. 43. 47. 52. 104. 1 41. Cantus firmus 190. Chorale als Aufgaben 171. 198. Chromatische Veranderung 80. C-Schliissel 106. Dezime 2. Dissonanz 5; Auflosung derselben 76 f. Sachregister. 223 Dominantharmonie, s. Dreiklang, Septimenakkord. - bei der Modulation 134. Dominantseptnonenakkord 78. 79. Dreiklang 9; Dur-, Molldreiklang 10; Dominantdreiklang (in Dur) 14; (in Moll) 29; tonischer Dreiklang 1 1 ; (bei der Modulation) 1 33; Unterdominant- dreiklang 11. -doppeltverminderter 84 ; hartverminderter 85. 86; ubermaCiger 31. 53. 81 f., verminderter 21. 27. 31. 39 f. 54; derselbe bei der Modulation 94. DreiklSnge der Durtonleiter 9. 21 f. 35. 89 f.; der Molltonleiter 29. 31. 35. 89 f.; natiirlicher Zusammenhang derselben 10; Ubersicht derselben 35. 89 f. Duodezime 2. Durchgang, durchgehende Noten 121. 125 f. Durchgangsakkorde 129 f. Durdreiklang 10. 53; bei der Modulation 94. 133 f. Einklang 1. Einklangsfortschreitungen 16; verdeckte 159. 196. Fortschreitung, melodische, unmelodische 149 f.; der Nebenseptimen- akkorde 54. 62. 69; fehlerhafte, bei Durchgangs- und Wechselnoten 125; sprungweise 161. -s. auch Auflosung; Bass; Einklangs-, Oktaven-, Quintenfortschreilungen etc.; Yerbindung der Akkorde. Ganzschluss (ganze Kadenz) 208. Gegenbewegung 1 4. 127. 154. 194. Generalbassschrift, s. Bezifferung. Grundharmonien 9; chromatische Veranderungen derselben 80. Grundton 9; im Septimenakkorde 44. 45. Halbschluss (halbe Kadenz) 174. 209 f. Harmonie, Harmonielehre 9. Harmoniefremde Tone 98 f. 113. Hauptdreiklange in Dur 11. 21; in Moll 29. Hauptseptimenakkord 43. 53. lntervall 1; groBes, reines 2; kleines, iibermaBiges, yermindertes 3. Intervalle, Einteilung derselben 5; tibersicht derselben 4. 6 f.; Versetzung (Umkehrung) derselben 6 f. - s. auch Auslassung, Yerdoppelung. Intervallenlehre 1. Intervallschritte und -spriinge 150 f.; iibermaBige und verminderte 151 f. Kadenz 44. 69; ganze, halbe 174. 208 f.; vollkommene, unvollkommene 46. 50 208; bei der Modulation 138; Yorbereitung derselben 211 f. Kadenzformeln 139. 1 40. Konsonanz 5, vollkommene, unvollkommene 5. Lage des Akkordes, enge, weite, zerstreute 19. 20. 107. Leitton 25. 27. 44 f. 64. 109. 156. 1 96. Liegende Stimmen 116. 119. Melodie, Ausbildung derselben 173; rhythmische Gestaltung derselben 174 f. Mittelstimmen 11. Modulation 92; Mittel dazu 132; Erweiterung und Vollendung derselben 138. Molldreiklang 10. 21. 53; bei der Modulation 94. 133. Nachsatz 174. Nachschlagen harmonischer Tone 114. Nebendreiklange in Dur 21 ; in Moll 31. Nebenseptimenakkorde 52 f. 66. 74; in Moll 63 f. Nebentone, harmonische 121. None 2; groBe. kleine 3. 4. 224 Sachregister. Nonenakkord 78. 111. 120. 216. Nonenvorhalt 111. 186. 0berintervalle 6 Oktave 1; reine, tibermaBige und verminderte 3. 4. Oktavenfortschreitnngen (Oktavenparallelen) 14. 16; offene 18 103. 125 175; verdeckte 18. 23 f. 41. 72. 155 f. 196; in der Gegenbewegung 194. 0rgelpunkt 116 f. 21 7. Plagalschluss 20. 29. 77. 1 18. 207. 216 f. Periode 173. Prime 1; reine, tibermaBige 3. 4. Quartdezime 2. Quarte 1; reine tibermaBige, verminderte 3. 4; Vorbereitung der reinen Quarte 147; dieseibe als Akkord 181. 190. Quartenfortschreitungen (Quartenparallelen) im Durchgange 126. 128. Quartsextakkord 36; derselbe zur Schlussbildung 42. 214; bei der Modu¬ lation 95. 134; als durchgehender Akkord 131; Gebrauch desselben 145 f. - des tibermaBigen Dreiklangs 81. 191 ; des verminderten Dreiklangs 147. 183. Querstand, unharmonischer 163. Quintdezime 2. Quinte 1. 10; reine 3. 4; tibermaBige 3. 4. 64 ; verminderte 3. 4. 27. 49; Quinte im Septimenakkord 45. 54. 58. 62. 65. Quintenfortschreitungen (Quintenparallelen) 14. 16. 40. 67. 86; offene 18. 67. 103 ; verdeckte 18. 25. 155 f. 196; bei Durchgangs- und Wechselnoien 125; in der Gegenbewegung 194. Quintsextakkord 48. 19. 50; derselbe als Vorhalt 184. - tibermaBiger 86, derselbe bei der Modulation 137. Satz, einstimmiger 179; zweistimmiger 187; dreistimmiger 182; vierstimmiger 11; ftinfstimmiger 195; sechs-, sieben-, achtstimmiger 198. - reiner, strenger, freier 12; reiner 128. Sc hi us s 20; authentischer, plagalischer 20. 216; phrygischer 172. 209. - s. aucli Kadenz, Ganzschluss, Halbschluss, Trugkadenz. Schlussbildung 28. 42. 44. 204 f.; mit dem Dominantdreiklang 205. 208 f.; mit dem Unterdominantdreiklang 205. 21 6 f.; mit dem verm. Dreiklang der 7. Stufe 219 f.; mit dem Dreiklang der 2. Stufe 206 f. Schlusskadenz 44. 69. Schlussformeln 28. 29. 139 f. Sei tenbewegun g 14. Sekundakkord 48. 50. 51. Sekunde 1; groBe, kleine, tibermaBige 3. 4. Sekundenfortschreitungen (Sekundenparallelen) im Durchgang 126; mit Wechselnoten 128. Sekundenschritt, tibermaBiger 30. 32. Sekundquartsextakkord, s. Sekundakkord. Septime 1; groBe, kleine, verminderte 3. 4; durchgehende 61. 170; Vorberei¬ tung derselben 59; ohne Vorbereitung 61. 65. 154. 161; Liegenbleiben der- selben 72 f. 75. Septimenakkord 9. 42 f.; Dominantseptimenakkord 43. 46. 50. 69 f. 134; \ve- sentlicher 53; derselbe im Durchgang 131; derselbe bei der Modulation 93. 134 f. - der siebenten Stufe in Dur 57. 67. 79. 192. - verminderter 64. 67. 75. 79; derselbe bei der Modulation 93. 136 f.; der¬ selbe im mehrstimmigen Satze 197. Septimenakkorde, Verbindung derselben untereinander 62, dieselben in Verbindung mit Akkorden andrer Tonstufen 69. 74; Dbersicht derselben 89 f. Sachregister. 225 Septimenfortschreitungen (Septimenparallelen) im Durchgang 126; mit Wechselnoten 128. Sequenz 26. 56. 150. Sextakkord 36 f.; ubermSBiger 84; der Gebrauch desselben 147 f. Sexte 1; groBe, kleine, ubermaBige 3. 4. Signaturen 41; s. Bezifferung. Sopran 11; Soprannoten, Sopranschllissel 106 f. Stil, freier, strenger 12. Stimmen, auBere 11; Mittelstimmen 11; Ausbildung der begleitenden Stim- men 178. Stimmenbewegung 14. 44 f.; s- Fortschreitung etc. Stimmenfiihrung 12. 32; s. Fortschreitung etc. Stimmenumfang 106 f. Stimmenverhaltnis 107. Stufen, diatonische 1. Tenor 11; Tenornoten, Tenorschliissel 106. Terz 1. 10; groBe, kleine, verminderte 3. 4; dieselbe im Septimenakkorde 44. 45. 54. 58 f. 65 (s. Leitton). Terzdezime 2. Terzdezimenakkord 78. 80. Terzquartakkord, Terzquartsextakkord 48. 49. 51. - tibermSBiger 85 f. Thesis 100. 130. Tonischer Dreiklang 11. 133. Tonleiter s. Dreiklange. Tritonus 59. 165 f. Trugkadenz 70. 210 f. Umkehrung 36; der Dreiklange 36; der Septimenakkorde 47. 50 f. 66; s. auch lntervalle. Undezime 2. Undezimenakkord 78. 80. Unisonus 1. Unterdominantdreiklang 11. Unterintervalle 6. Verbindung der Akkorde 13. 62. 69; drtliche, innere 23. Verdoppelung der lntervalle 13. 27. 37. 46. 58. 84. 102. 104. 124. 195. 198. Versetzung 36; s. Umkehrung. Verwechselung 36; s. Umkehrung. Yierklang 42; s. Septimenakkord. Vorausnahme 113. Yorbereitung der Septime 59; des Yorhalts 100; des Grand tons 61. 143. 144 ; des Quartsextakkords 145 f. Vordersatz 174. Vorhalt 98. 101; im Bass 104; von unten nach oben 109. 191; in mehreren Stimmen 110. 192. Wechselnoten 121. 122. 126. Eic liter, Harmonielehre. 15 226 Nachtrag. Zar Anmerkung Seite 77. Die auf S. 77 ausgesprochene Ansicht, dass in alien Fallen, wo der untere Ton sich sprungweise bewegt, wir ihm Grundtonbedeutung zuerkennen miissen, bedarf der Berichtigung. Auch in solchen Fallen, wie in den im Beispiel 171 wiedergegebenen — wo also die Oberseptime liegen bleibt — ist als Dissonanz nicht der obere Ton (c), sondern der untere (d) aufzufassen. Es tritt eben hier wie bei den im Beispiel 155 beriihrten Fallen eine Verschiebung der Stimmen ein : die Auflosung erfolgt, nur nicht in derselben Stimme: Zur Anmerkung Seite 87 f. Auf S. 87 sind beziiglich der drei eine iibermaBige Sexte enthaltenden Akkorde noch andere Auflosungsarten, die vorkommen konnen, angedeutet worden. Yon diesen sind die wichtigsten die folgenden: *^72 - ' V. T(T "VO n O ^ *4 1 22 . g... ... ^ ^ - --g>- — also in den mit reiner Quinte gebildeten Dreiklang der 3. Stufe. Doch lasst die Wirkung deutlich erkennen, dass die Yerbindung nicht amoll, sondern der Paralleltonart Cdur angehort. Daraus ist zu folgern, dass die drei Akkorde auch in Dur vorkommen konnen; dass aber ihre Begriindung eine andere sein muss, ersehen wir aus der Fortschreitung der iibermaBigen Sexte. Wah- rend diese in Moll sich in den Grundton des Dominantdreiklangs auflost — welche Fortschreitung, wie auf S. 87 ausgefiihrt worden, hauptsachlich der Terz eigenthiimlich ist, lost sie sich hier in die groBe Terz auf, einer, von Modulationsfallen natiirlich abgesehen, fast ausschlieBlich der iibermaBigen Quinte zukommenden Auflosungsart. Fassen wir aber dis in obigem Falle als iibermaBige Quinte auf, so ist Stammakkord nicht h d f a, sondern der No- nenakkord G h d f a, was sich mit der auf S.-.79 in der Anmerkung ent- wickelten Ansicht vereinbaren lieBe. — Nicht geleugnet soli werden, dass die Begriindung namentlich des iibermaBigen Quintsextakkords dadurch eine noch komplicirtere wird, als die desselben Akkordes in Moll. Zu weiteren Speku- lationen dariiber ist hier nicht der Ort: es sollte nur auf den innerlichen Unterschied dieser gleichklingenden Akkorde und auf ihre verschiedene Bedeu- tung aufmerksam gemacht werden. — Auf S. 87, auf der 16. Zeile von unten, findet sich ein unklarer Ausdruck. Statt: »der Grundton einer Tonart lasst sich« etc. muss es heissen: »Die sieben Stufen einer Tonart, soweit sie als Grundtone dienen, lassen sich aber« etc.