COLUMBIA LIBRARIES OFFSITE HEALTH SCIENCES STANDARD HXOOO 15962 m * lattaaam**** IMMt i»_l*UBU»WBM i%H- mm Verlag von J. F. LEHMANN in MUNCHEN Lehmann's medic. Handatlanten uebst kurzgefassten Lehrbiichern. Bisher erschienen : Bd. I. Bd. II. Bd. III. Bd. IV. Bd. Bd. VI. Bd. VII. Hd. VIII. z. Columbia Winibtxsiit^ in tJje Citp of J^eto gorfe College of ^ftpgiciang anb ^urgeonsi B^eference ^itirarp rom 126 Itiit ilf- lu. snt vr- ins Id. on en t. u moscopischen Diagnostik. Mit 102 furbigeu Abbild- ungen. Herausgegeben von Prof. Dr. O. Haab in in Zurich. Preis eleg. geb. M. 10.— Atlas und Grundriss der traumatischen Fracturen und Luxationen. Von Prof. Dr. H. Helferich in Greifs- wald. Mit 166 farbigen Bildern nach Originalzeich- nungen von Dr. Trumpp. Preis eleg. geb. it. 8.— Verlag von J. F. LEHMANN in MUNCHEN. Lehmann's medic. Handatlanten nebst kurzg^efassten Lehrbiichern. Bd. IX. Atlas des gesunden und kranken Nervensystems uebst Abriss derAuatomie, Piitbologie uud Tberapie desselbeu. Mit zablreichen uaturgetrenen Abbildungeu von Serien- schnitten zurDarstelluug des Faserverlaufes, ycbematen uud Pbotographieu aller wiebtigeii Krankbeitsprocesse. Von Dr. Cbr. Jacob, s. Z. I. Assisteut der med. Klinik in Eiiangeu. Mit einer Vorrede von Prof. Dr. A. V. Striimpell. Preis M. 10. — In Vorbereitung befinden sich: Bd. X. Atlas und Grundriss der Bacteriologie und bacteriolog. Diagnostik. Mit 640 iu 10— SOlacbem Favbdruck aus- getuhrten Origiualbilderu. Von Prof. Dr. K. B. Leb- maun iu Wiirzburg;^ und Dr. L. Neumann. Preis eleg. gebd. circa M. 12. — Bd. XL Atlas und Grundriss der Verbandlehre. Von Privat- docent Dr. A. Hoffa in Wiirzburg. In circa 100 Ab- bildungen. Preis elegant gebunden circa M. 5. — Bd. XII. Atlas und Grundriss der allgemeinen Chirurgie von Privatdocent Dr. A. floffa in Wiirzburg. In circa 200 Abbilduugeu. Preis eleg. geb. circa M. iO. — Bd. XIII. Atlas und Grundriss der pathologischen Anatomie. In 120 farbigenTafeln, Von Prof. Dr. Bollinger. 2 Bde. Preis elegant gebunden h, M. 10. — Bd. XIV. Atlas und Grundriss der Ohrenkrankheiten. In circa 120 farbigen Abbildungen. Von H. E. Knopf. Preis elegant gebunden M. 6. — Bd. XV. Atlas und Grundriss der chirurgischen Operationslehre. Mit circa 200 farbigen Abbildungen. Preis eleg. geb. ca. M. 8. — Bd. XVI. Atlas der Kehlkopfkrankheiten. In 40 farbig. Tafelu. Preis eleg. geb. circa M. 6. — Bd. XVII. Atlas und Grundriss der gerichtlichen Medicin. In circa 50 Abbildungen. Preis eleg. geb. circa M. .8 — Bd. XVIII. Atlas und Grundriss der Anatomie. In 100 farbigen Tafeln. Preis eleg. geb. circa M. 10.— Verlag von J. F. LEHMANN in MUNCHEN. Psychiatrie und Nervenkrankheiten. Bericht iiber die Yerhandlungen des Vereins der deutschen Irreaarzte: I. Psychiatrie und Seelsorge. Mit Beriicksichtigung des in der Roa- ferenz des Verbaudes deutscher evangelischer Irreaseelsorger voa den Pastoron v. Bo del so h win gh, Hafnei- undKnodt ver- tretenen Standpunktes. Von Sicmens-Lauenbiirg i. P. und Zinn senior in Eberswalde. II. Zur Reform des Irrenwesens in Preussen und des Yerfahrens in Entiniiadigungssacheu wegen Geisteskrankheit Von Zinn senior in Eberswalde und Pel maun in Bonn. 1893. 8°. 115 S M. 2.— Fleck, Otto, Zur Aetiologie der spontanen Hirnblutung. 8" 43 Seiten 1894. A I.— Grashey, H., Experimentelle Beitrage zur Lehre von der Blut-Circu lation in der Schadel-Riickgratshohle. 75 Seiton m. 35 Abb. Fol 1892. Broschirt. A IG.~ Heiden, H., Ueber Heterotopien im Riickenmark. 8^. 26 S. 1894. A I.— Hoesslin, R. v., Ueber die Behandlung chroniseher Riickenmarks krankheiten und die Yorteile localer Kaltereize bei denselben 23 Seiten. 8^. 1892. M. I.— Jesioneic, Albert, Casuistischer Beitrag zur Lehre vom Fungus durae matiis. S\ 26 Seiten und 1 Tafel. 1894. M. I.— Kuithan , H., Die Entwicklung des Kleiuhirns bei Saugethieren. S^ 40 Seiten mit 24 Abbildungen. 1895. A. 1.60 Loewenfeld, L. , Die objectiven Zeichen der Neiu'astlienie. 53 S 80. 1892. A 1.60 Moebius, P. J., Ueber infantilen Kernschwund. 34 S. 8°. 1892. A I.— Ringier, G., Erfolge des therapeutischen Hypnotismus in der Land- praxis. Mit einem Vorwort von Aug. For el. gr. S^. 216 S 1891. Broschirt A 5.—. gebunden A 6 — von Schrenck-Notzing, Ueber Suggestion und suggestive Zustande 80. 40 Seiton. 1893. A I.— Snell, 0., Hexenprocesse und Geistesstorung. Psychiatrische Unter- suchungen. 1.30 Seiten. S\ 1891. Broschirt A 4.— StriJmpell , Ad , Ueber Wesen und Behandlung der tabes dor-^alis 22 Seiten. 8". 1890. Broschirt A —.60 ATLAS DES GESUNDEN UND KRANKEN NERVENSYSTEMS NEBST GRUNDRISS DER ANATOMIE, PATHOLOGIE UND THERAPIE DESSELBEN VON DR. CHRISTFRIED JAKOB PRACT. ARZT IN BAMBERG S. Z. I. ASSISTENT DER .AIEDICINISCHEN KLINIK IN ERLANGEN. MIT EINEM VORWORT VON PROF. DR. AD. V. STRUMPELL DIREKTOR DER MEDICIN. KLINIK IN ERLANGEN. MIT LITHOGRAPHIEN UND HOLZSCHNITTEN NACH ORIGINALZEICHNUNGEN UND PHOTOGRAPHIEN VOM VERFASSER. MUNOHEN 1895. VERLAG VON J. F. LEHMANN VERTRERUNG FUR DIE SCHWEIZ : E. SPEIDEL IN ZURICH. Das Recht der Uebersetzune bleibt vorbehalten. ^'V^ O^^^ILl-v^^ lK ^fy^jLju^.^i^A^.^'^ Satz und Druck von Dr. C. Wolf & Sohn, Universitats-Buchdruckerei. Miinchen. Lithographien von F. Reichhold. Miinchen. Holzschnitte von Max Toller in Leipzig. Fapier von O. Heck in Miinchen. Einbande von I,. Beer in Munchen. V r w r t. Herr Dr. Jakob hat sich wahrend der Zeit seiner Assistententhatipfkeit an der hiesisren niedi- cinischen Klinik in eingehendster Weise mit der normalen und pathologischen Anatomie des Nerven- systems beschaftigt. Durch eine von ihm nach den besten Untersuchunp-smethoden mit sfrosser SorP"falt liergestellte umfangreiche Sammlung histologischer Praparate und unterstiitzt von einem hiibschen Talent zum Zeichnen, war er in der Lage, den vorliegenden Atlas zum grossten Teil nach eigenen Praparaten und Zeichnungen herstellen zu lassen. Jeder unbefangene Beurteiler wird, wie ich glaube, gleich mir den Eindruck gewinnen, dass die Ab- bildungen Alles leisten, was man von ihnen erwarten darf. Sie geben die thatsachHchen Verhaltnisse in deutHcher und anschaulicher Weise wieder und be- riicksichtigen in grosser Vollstandigkeit fast alle die zahlreichen und wichtigen Ergebnisse, zu denen das Studium des Nervensystems in den letzten Jahr- zehnten geftihrt hat. Dem Studierenden, so wie dem mit diesem Zweige der medicinischen Wissenschaft IV noch nicht naher vertrauten praktischen Arzt ist somit die Gelegenheit geboten, sich mit Hiilfe des vorliegenden Atlasses verhaltnismassig leicht ein klares Bild von dem jetzigen Standpunkte der ge- samten Neurologic zu machen. Die innige \^er* einigung zwischen der klinischen Pathologic einer- seits und der normalen und pathologischen Ana- tomic andererseits tritt kaum auf cinem andcren Ge- bicte so dcutlich und ununterbrochen hervor, wic in der Neuropathologie. Die einheitlichc Verarbeit- ung der normal-anatomischen und der pathologischen Thatsachen im Vcrcin mit den ausgiebigen nicht schematisicrtcn und doch ubcrsichtlichen bildlichen Darstcllungen wird daher sicher von grosstem didak- tischen Nutzen scin. Von Herzen wiinschc ich dem Werkc, dessen Verfasser und \"erlcger mit grosstem Flciss etwas wirklich Gutes und Brauchbarcs zu schaffen be- miiht waren^ den verdicnten Erfolg. Erlangen, Juni 1895. Dr. StriimpelL Vorwort des Verfassers. In dem vorliegenden IX. Bande der I^eli- 111 a n 11 ' schen A 1 1 a n t e n liabe ich den Versuch gemsicht, einem wichtig'en Kapitel der Medizin, das zugestandermassen der Melirzahl der Studie- renden und Aerzte von alien Disziplinen am meisten in seinem Wesen frernd und ungeniessbar bleibt, diesen bedauerlichen Horror zu nehmen und es dem arztlichen Vorstellungskreise dadurch nillier zu bringen , dass ich die eigenartige normale und pathologische Anatomie desselben in verstandliclier Form darzustellen mich bemiihte. Meine Absicht war die, den Studierenden das Verstandnis fiir die in der Klinik gesehenen Kranken- bilder und die ihnen zu Grunde liegenden Prozesse zu erleichtern und dem praktisclien Arzte, welcher der modernen Entwicklung der Neurologie natur- gemass ferner gestanden, die Orientlerung iiber die Bedeutung der wiclitigsten neu gefundenen That- saclien zu ermoglichen. Zu diesem Zwecke habe ich von der bild- lichen Darstellung den ausgiebigsten Gebrauch ge- macht und im Texte alles hiefiir unnotige (Insbes. histiologische) Detail moglichst in den Hintergrund geriickt. YI Der bildliche Teil bietet im wesentlichen die Thatsachen so. wie sie sich in Wirklichkeit zeigen, ohne Schematisirung. Die Darstellung gefarbter Praparate war unerlasslich, doch sind audi frische, ungefarbte beniitzt worden. Die eigene Unter- suchung am frischen Gehirn kann durch k e i n e bildliche (sei es audi photograpliisdie) Darstellung ersetzt werden. Die Reproduktion in Lithographie und Holz- schnitt ist von hervorragenden Kraften unter meiner steten Controlle ausgeftihrt worden. Die Grundlage der Abbildungen bildet die Praparatsammlung , die ich wahrend meiner mehr- jahrigen Assistententhatigkeit an der medicinisdien Klinik in Erlangen aus deren reidihaltigem Mate- rial anleofen konnte. Idi bin meinem friiheren liodiverehrten Chef^ Herrn Professor Dr. von Striimpell, fiir die Liberalitat, mit der er mir stets alles Erforderlidie zur \erfugung stellte, fiir die liebenswiirdige Unter- stiitzung, die er mir in alien Fragen jederzeit an- gedeihen liess^ zu grossem Danke verpfliditet und moclite demselben audi an dieser Stelle Ausdruck verleihen. — Xur noch ein paar Worte iiber das Studium des biidlidien Teiles ! Bei der naturgemassen Besdiriinkung des Text- Abschnittes war es unmoo-lich , den Reichtum der Thatsachen, der aus den gebotenen Abbildungen zu ersehen ist, audi detailliert zu beschreiben. Die Bilder bieten sonacli ganz bedeutend mehr Stoff, als in der Erklarung, die sich auf das Wesentliche MI beschrankt, hervorgehoben werden konnte. Ich er- achte dies indess eher fur einen A^orteil des Bandes. Ich hoffe . dass hiedurch das eip^ene einp-ehende Studium der Bilder angeregt wird und so die Bildung eines selbstandig erreichten Urteils den hochsten Genuss ermoglicht , den uns unsre Wissenschaft bieten kann. Das dargebotene Material scheint mir in gewissem Grade dazu ausreichend zu sein. Bamberg-, im Sommer 1895. Christfr. Jakob. i Verzeichnis der Tafelabbildungen (Angabe der Vergrosserung, Farbung, Herkunft etc. der Praparate). I. Morphologie des Centralnervensystems. Taf. I. Gehirn in situ von oben nach Enternung des kno- chernenSchadeldaches. Die einzelnenoberenSchichten umzuklappen. Schematisierte Originalzeichnung in -/s natiirl. Grosse mit Zu- grundelegung einer Abbildung von Oestreicher. ,, 2. Horizontaler Grosshirndurchschnitt in Balkenholie nach Entfernung des Balkens. Der Fornix um- zuklappen. Originalzeichnung in -/s nat. Grosse nach einem frischen Gehirn ,, 3, Gehirnhorizontal-Durchschnitt nach Freilegung des III. Ventrikels. Rechts die centralen Ganghen ober- flachhch horizontal durchschnitten. Originalzeichnung in -Is nat. Grosse nach einem frischen Gehirn. „ 4. Gehirnhorizontaldurchschnitt durch die Centralgang- lien (links ein hoherer, rechts ein tiefer gelegter Schnitt). Das Cerebellum umklappbar. Originalzeichnung in -/s nat. Grosse nach einem frischen Gehirn. „ 5. Gehirnbasis mit Nerven und Blutgetassen. Originalzeichnung in -/a nat. Grosse nach einem frischen Gehirn. „ 6. Fig. I. Grosshirnbasis nach abgelostem Hirnstamm und Kleinhirn. Schematisierte Originalzeichnung mit Zugrundelegung einer Abbildung von Eberstaller. „ 2. Uebersicht iiber die Projectionsbahnen. Schematische Originalzeichnung. ,, 7. Vier Frontalschnitte durch ein Hundegehirn Fig. 1. Durch Stirnlappen, Fig. 2. durch Thalam. opticus, Fig. 3 durch Hii'nschenkel , Fig. 4 durch Occipitallappen. Originalphotographien nach frischen Durchschnitten. ,, 8- 3 Frontalschnitte durch den Hirnstamm vomMenschen. Fig. 1. Schnitt durch die Mitte des III. Ventrikels, ,, 2, Schnitt durch die corp. candicantia. ,, 3. Schnitt durch das hintere Ende des III. Yen- trikels. 3 Originalphotographien nach Praparaten, natiirl. Grosse. X Taf. 9, 10 Frontalschnitte durch Hirnstamm, Parallelquer- schnitte durch Medulla oblong, und Riickenmark. P'ig. I vord. Vierhiigel. ,, 2 jSIitte der Briicke, ,, 3 Mitte der Rautengrube, ,, 4 Schnitt hinter 3, „ 5 hinteres Ende der Rautengrube, ,, 6 Medull. oblong, hinter der Rautengrube, ,, 7 Pyramidenkreuzung, ,, 8 Halsmarkquerschnitt, ,, 9 Brustmarkquerschnitt, „ 10 Lendenmaiksquerschnitt. Originalphotographien nach eignen Praparaten nat. Grosse. ,, 10. Riickenmarksquerschnitte in situ. Fig. I Halsmark eines Kindes ini Wirbelkanal mit seinen Wurzeln. Originalphotographie nach eignem Praparat bei 2V2 facher Vergrosserung. Markscheidenfarbung. ,, 2 Lendenmark vom Neugebornen in seinen Hauten. Originalphotographie nach Praparat bei 10 facher Vergrosserung. 2. Entwicklung und Bau des Nervensystems. Taf. II. Embryonale Organanlage. Fig. I Duichschn. durch die Medullarrinne (Schema). ,, 2 Durchschnitt durchs Medullarrohr, ,, 3 Riickenmarksdurchschnitt vom 2. Monat ( Carminfarbung). ,, 4 Ruckenmarksdurchschnitt vom 8. Monat (Markscheidenfarbung). ,, 5 Peripher. Nerv vom Neugebornen (Mark- scheidenfarbung). Originalzeichnungen (Fig. i mit Beniitzung einer Abbildung von Mcrkel, Fig. 2 einer von His) nach eigenen Praparaten. ,, 12. Embryonale Gehirnentwicklung. Fig. I Gehirn-Ruckenmark vom 3. Monat. y, 2 Gehirnbasis (4. Monat). „ 3 Mediane Flache des Gehirns. (4. Monat). „ 4 Aussenfljiche der Grosshirnhemisphare (5. Monat.) Originalzeichnungen in natiirlicher Grosse. „ 13. Aufbau der Neuren. Fig. I Pyramidenzelle (Metallimpragnation nach Golgi). „ 2 Vorderhornzelle(ebenso).Beidebei yoofach. N'ergrosserung. „ 3 Schema des Aufbaues wichtiger Bahnen und ihrer Verbindungen. Originalzeichnungen. XI Tat". 14. Ganglienzellen. pjo-. la— d Originalzeichnungen nach Praparaten mit Nissrscher Farbung. (400 fch. Vergr.). 2 Purkinje'sche Zelle (nach Cajal behandelt), Originalphotographie (25ofach. Vergrosserung). 15. Hirnrinde. Fig. I Rinde vom Stirnlappen, 2 Rinde vom Hinterhauptlappen. Originalzeichnung mit Zugrundelegung einer Abbildung von Edinger). Links Methj-lenblaufarbung , rechts Markscheidenfarbung. 16. Hirnrinde iind Hirnhiiute. Fig. I Schema der Hirnhaute, ,, 2 Plex. chorioid. (150fach. Vergrosserung, Carmintiirbung^ 3 Photograph, einer Grosshirnrindenwindung (Markscheidenfarbung, (5ofach. Vergross.', ,, 4 Kleinhirnrinde fcombinierte Markscheiden- farbung und Methylenblaufarbung, 60fach. Vergrosserung . Originalzeichnungen nach eigenen Praparaten. ,, 17. Hirnwindungen. Fig. I u. 2 schemat. Darstellung der Windungen an der ausseren und medianen Gehirn- hemispharenflache. Originalzeichnung. „ 3 Die Rindencentren und ihre Lage in der Schjidelhohle. Originalzeichnung mit Zugrundelegung einer Figur von Yierordt. 18. Fig. I Die Lage der motor, und sensibl. Kerne im Hirnstamm und Medulla. Schematische Originalzeichnung. „ 2 a— d, Xervenfasern auf Langs- und Quer- schnitten. ,, a, b Markscheidenfarbung, c frisch isoliert. d Nigrosinfarbung, ., 19. Seitenansicht der Med. obi. mit Einzeichnung der Gehirnnervenkerne. Schematische Originalzeichnung mit Zugrundelegung einer Darstellung von Edinger. ,, 20. Die Kernlager der motorischen peripherischen Neuren. Fig. I Schnitt durch den Hjpoglossuskern. „ 2 Schnitt durchs Vorderhorn des Halsmarks. Originalzeichnungen nach (combin.) Praparaten mit Markscheiden- und Carminfarbung. (36ofach. Vergr.) „ 21. Fig. I Querschnitt durch die weisse Marksub- stanz des Riickenmarks (Seitenstrang). XII Taf. 21. Fig. 2 Schnitt durch ein Spinalganglion, ,, 3 Schnitt durch einen peripherischenNerven. Originalzeichniingen, Fig. i Carminfarbung, Fig. 2 Markscheiden-Canninfarbung, Fig. 3 Nigrosinfarbung (36ofach. Vergrosserung). ,, 22. ,, I Schematische Zusammensetzung des Hals- und Lendenmarkquerschnittes. ,, 2 Centralkanal vom Lendenmark (Mark- scheidenfarbungi. Originalzeichnungen Fig. 2 isofach. Vergrosserung. 3. Topographische Anatomie des Nervensystems, Serienschnitte, Schemata. Taf. 23. Die Verteilung der Gehirn- und Riickenmarks- nerven, Originalzeichnunq^ mit teilweiser Beniitzung einer Ab- bildung von Gowers. ,, 24. Fig. I Frontalschnitt durch Balkenknie und vor- deren Abschnitt des Stirnlappens. ,, 2 ?"rontalschnitt durch den Kopf des nucleus caudatus. Diese und alle folgenden Originalzeichnungen nach Praparaten mit Markscheidenfarbung. (Natiirliche Grosse). ,, 25. Fig. I Frontalschnitt in der Mitte des septum pellucidum. ,, 2 Schnitt durch die vordere Commissur. ,. 26. ,, I f^rontalschnitt hinter der vorderen Com- missur. ,, 2 Schnitt durch das Knie der inneren Kapsel. Schnitt diHxh die mittlere Commissur. Schnitt durch die Centralwindungen. Schnitt durch den Scheitellappen. Schnitt durch den Scheitellappen. Frontalschnitt durch den hinteren Pol des Occipitallappens. ,. 2 Horizontalschnitt durch die Oberfliiche von Corp. striatum und Thalamus opticus. ,, 3 Horizontalschnitt durch die Hirnschenkel. 30. Horizontalschnitt durch die ganze linke Hemi- sphare in der Mitte der Centralganglien. 31. Horizontalschnitt durch die liasis des Hirnstammes von der linken Hemisphiire. 32. Fig. I. Senkrechter Schnitt durch die vordei"en Vierhiigel. ,, 2. Schnitt zwischen vorderen und hinteren Vierhiigel. i'/'.i^ach. Vergrosserung aucb f. d. ft". 27. 55 55 I 2 28. 55 I 55 2 29. 55 I XIII Taf, 33. Fig. I Schnitt durch die hinteren Vierhugel. ,, 2 Schnitt durch die Briickenmitte. ,^ 34. ,, I Schnitt durchs hintere Ende der Brlicke. ., 2 Schnitt durch die Aciisticuskerne. ., 35. ,, I Schnitt durch den rechten Thalamus opticus in der Hohe der niittleren Comnaissur. Originalphotographieen von Praparaten mit Mark- scheidenfarbung. I'/ifache Vergr., ebenso ff. ,, 2 Schnitt durch vordere Vierhugel der linken Seite. ., 36. ,, I Schnitt durch die Haube hinter den hinteren Vierhiigeln. ,, 2 Schnitt durch die Quintuskernregion. , 37. ,j I Schnitt durch die rechte Haubengegend in der Hohe des Facialiskernes. ,. 2 Schnitt durch den ventralen Acusticuskern der linken Seite. ,, 38. ,, I Schnitt durch Kleinhirn und Medulla oblongata (wenig vergrossert). ,, 2 Schnitt durch die Medulla oblongata in der Hohe des Glossopharyngeus — Yaguskernes, Fig. 2 lofache Vergrosserung. 39. ,, 1 Schnitt durch die iMeduUa in der Hohe des X. und XII. Kernes. ,. 2 Schnitt durch den Calamus scriptori us der Medulla, lofache Vergr. Originalphotographieen, ebenso fF. „ 40. ,, 1 Schnitt durch die Hinterstrangskerne. ,, 2 Schnitt durch die Medulla unterhalb der Oliven. ,, 41. ., I Schnitt dicht iiber der Pyramideukreuzung. ., 2 Schnitt durch die Pyramidenkreuzung. ,. 42. .,1 Schnitt durchs oberste Halsmark dicht unter der Pyramidenkreuzung. ,, 2 Schnitt durchs obere Halsmark in der Hohe des 4. CervikaJnerven. ,, 43. ., I Schnitt durch die Halsmarkanschwellung in der Hohe des VII. Cervikalnerven. ,, 2 Schnitt durch das obere Brustmark in der Hohe des III. Brustnerven, ., 3 Schnitt durchs mittlere Brustmark in der Hohe des VI. Brustnerven. ,, 44. ., I Schnitt durchs unterste Brustmark in der Hohe des XI. Brustnerven. ,, 2 Schnitt durch das obere Lendenmark, in der Hohe des II. Lumbalnerven. ,, 3 Schnitt durch das untere Lendenmark in der Hohe des IV. Lumbalnerven. ,, 45. ,, I Schnitt durchs mittlere Sacralmark in der Hohe des III. Sacralnerven. XIY Taf. 45. Fig. 2 Schnitt durch die cauda equina und den conns medullaris. „ 3 Schnitt durch eine hintere Wurzel und ein Spinalganglion voni Lendenmark. Fig. 3 2ofache Vergrosserung. ,. 46. ,, I Querschnitt durch den ganzen Nerv, ischiadicus an seiner oberen Austrittstelle. ,, 2 Ein Nervenbiindel des ischiadicus auf deni Langsdurchschnitt, ,, 3 Ein Nervenbiindel des N. ischiadicus auf dem Querschnitt. ,. 4 Querschnitt durch einen normalen Nervus opticus. Fig. I lofache Vergr., Fig. 2, 3 isofache Vergr., Fig. 4 lofach. Vergr. ,, 47. Die graue Substanz des Riicken marks. Fig, I Halsmark. — Fig. 2 Lendenmarkhalfte. Originalphotographie, Markscheidenfarbung. 25 fch. V. ,, 48. Markscheidenanlage im foetalen Gehirn. Fig. I, 2 Thalamusdurchschnitt, Fig. 3 vorderer Vier- hiigel, Fig. 4 Pons, Fig. 5 Med. obi. Originalphotographieen nach ungefarbten Praparaten, natiirl. Grosse. ,, 6 Halsmark, Fig. 7 Brustmark vom Neugebornen. Markscheidenfarljung, lofache Vergr. ,, 49. Schema des Verlaufes der wichtigeren Gehirnbahnen. Originalzeichnung, ebenso fF. ,, 50- Fig. I u. 2 Zusammensetzung von Hirnschenkelfuss und Haube. „ 3 Schema vom opticus- oculomotorius-Verlauf. ,, 5'" >> ^5 2 Schema des Verlaufes der Pyramidenbahn und der sensiblen Bahn. „ 3 Schema der sensorischen Nervenbahnen. (Fig. 3 mit Beniitzung einer Zeichnung v. Lenhossek). ,, 52. Schema des Faserverlaufes im Rilckenmark. Originalzeichnung. 4. Ailgemeine pathol Anatomie des Nervensystems. Spezielle Pathologic des Gehirnes. Taf. 53. Sekundare Erkrankungen des Nervensystems. Fig. I Schnitt durch Hirnrinde und Hirnhaute bei Meningitis cerebrospinalis (epidemica). „ 2 Hirnrinde bei Meningitis tuberculosa. Originalzeichnungen nach meinen Praparaten, Falle aus der med. Klinik in Erlangen. Ebenso ff. .,, 54. Fig. I Aneurysma der Vierhiigelgegend. ,, 2 Caries eines Wirbelkorpers. 'Ig- I 11 2 •n I V 2 57 3 XY laf, 54, Fig. 3 Tumor der dura mater spinalis. (Combin. Markscheiden-Carminfarbung). ,, 55. „ I Gumma der Hirnbasis. Primare Erkrankungen des Nervensystems. ,, 2 Schnitt durch das Vorderhorn vom Halsmark bei spinaler Muskelatrophie. „ 3 vSchema der sekundaren Degenerationen im Riickenmark „ 56. Erkrankungen der Ganglienzellen. ,, 57. Erkrankungen der Nervenfasern. ,, 58. Erkrankungen der Muskelfasern, Alles Originalzeichnungen nach meinen Praparaten , Falle grosstenteils aus der medicin. Klinik Erlangen ; (nur Taf. 56, 7 nach einer Zeichnung von Oppenheim). 59. Fig. I Porencephalie, linke Hemisphare. Hamorrhagischer Herd im Hirnstamm. Originalphotographieen, Falle aus der medicin. Klinik Erlangen. 60. „ I Vierhugelherd. Solitartuberkel in der Med. obi. Opthalmoplegia chron, progressiva. Originalphotographieen, nach meinen Praparaten mit Markscheidenfarbung (2 — 5 fach. Vergrosserung). Falle aus der medicin. Klinik Erlangen. Sekundare Degenerationen. Alles Originalphotographieen nach eigenen Praparaten mit Markscheidenfarbung, Falle aus der medicin. Klinik Erlangen. Taf. 61. Fig. I und 2 totale Degeneration des Stabkranzes zum Hirnschenkelfuss. 11 3 Degeneration der frontalen Brtickenbahn im Hirnschenkelfuss. „ 62. „ I und 2 Pyramidenbahn-Degeneration im Hirn- schenkelfuss und innerer Capsel. ,, 63. ,, I Pyramidenbahn-Degeneration in der Briicke. ,, 2 Haubenbahn-Degeneration in der Briickenhaube. ,, 64. ,, I Pyramidenbahn-Degeneration in der Med. obi, ,, 2 Degenerationen in der Med, obi. bei cerebral. Kinderlahmung, „ 3 Schleifen- Degeneration in der Med. obi, ,, 65. Absteigende totale Degeneration der Pyramidenbahn im Riickenmark bei einem Gehirnherd, Hals-, Brust-, Lenden-, Sacralmark. ,, 66. Absteigende Degenerationen im Riickenmark bei Riicken- marksherden. Originalpraparate, Photographic (Fall Fig. 1—3, vonDaxenberger vcroffentlicht). „ 67. Aufsteigende Degeneration im Riickenmarke. XVI Taf. 6S. Aufsteigende Degeneration ini oberen Halsmark und der Med. obi. Spezielle Pathologie des Rijckenmarkes und der peripherischen Nerven. Taf. 69. Myelilisformen. Fig. 1 Strangformige akule (toxische) Myelitis. Hals- mark. „ 2,Chronische Myelitis (syphilitica?) Brustmark. ,, 3 ,,Compressionsmyelitis.'' Originalphotograph. nach meinen Praparaten mit Markschcidenfarbung, ca. 8 — lofache Vergr. Falle aus der ined. Klinik in Erlangen, ebenso alie folgenden, wo nicht anders angegeben. „ 70. Syringomyelie. Fig. I Hydromyelie, oberes Brustmark. 2 u. 3 Schnitte durchs obere und mittlere Hals- mark eines anderen Falles von Syringomyelie. Fig. I nacheinemPraparat vonProf. v. Striimpell, Car- minfarbung. ,, 71. Multiple Sclerosis cerebrospinalis. Fig. I Langsschnitt durch das Brustmark. ,, 2 u. 4 Querschnitte durchs Brustmark. ,, 3 Schnitt durch die Hirnrinde. .. 72. ,, I Schnitt durch die Medulla oblongata beichronischer Bulbarparalyse mit amyotrophischer Lateral- sklerose. ., 2 Schnitt durchs hintere Halsmark bei amyotro- phischer Lateralsklerose. ,, 3 Schnitt durchs Vorderhorn des Halsmarks bei spinaler Muskelatrophie (von Prof. v. Striimpell). „ 73. Tabes dorsualis. Fig. I Schnitt durchs untere Brustmark. ,, 2 Schnitt durchs obere Lendenmark eines andeien Falles. „ 3 Schnitt durchs untere Lendenmark eines dritten Falles. ,. 74. „ I Schnitt durchs Halsmark des Falles T. 73. Fig. I. „ 2 Schnitt durchs Halsmark bei sogenannter ,,hoher Tabes". „ 3 Schnitt durchs oberste Halsmark. (Tabes combing). ,, 75- Spastische Spinalparalyse. Fig. I Schnitt durch die Medulla oblongata. ,, 2 Schnitt durchs Halsmark. „ 3 Schnitt durchs miitlere i^rustmark. ,, 4 Schnitt durchs Lendenmark. Fall von Prof. v. Striimpell. XVII Taf. 76. Combinierte Systemerkrankunj^, Fig. I Schnitt durchs Halsmark. ,, 2 Schnitt durchs untere Brustmark. „ 3 Schnitt durchs Lendenmark. „ 77. Degenerationen peripherischer Nerven. Fig. I Aufsteij^^ende sekundare Degeneration ini N. ischiadicus bei Amputation des Unterschenkels. ,, 2 Absteigende Degeneration des rechten N. opti- cus nach Zerstorung des linken corp. geniculat. laterale und des rechten Vierhiigels. ,, 3 Compressionsneuritis des opticus. ,, 4 Motorischer Nervenast bei spinaler Muskel- atrophie. ,, 5 Hintere Wurzel vom Lendenmark bei Tabes dorsualis. ,, 6 Biindel vom N. peroneus bei neurotischer Muskel- atrophie. Fig-. I, 4, 5, 6 bei 350 facher Vergrosserung, Fig. 2 und 3 bei 10 facher. „ 78. Neuritis multiplex. Fig. 1 u. 2 Praparate von schwerer alkoholischer Poly- neuritis ( I vom N. (^ruralis, 2 vom N. ischiadicus). ,, 5 Querschnitt vom Halsmark dieses Falles. ,, 3 Neuritis postdiphteritica. ,, 4 Langsschnitt durch ein Nervenbiindel vom N. ischiadicus bei irifektioser multipler Neuritis (Landry'sche Paralyse.) (35ofache Vergr.). Fall der Fig. 1 u. 2 aus dem NiJrnberger Krankenhause. Von Prof. Striimpell mir iiberwiesen, Das iibrige eigene Beobachtung. Beniitzte Apparate : Mikroshop von Leitz, Mikrophotographische Camera von Leitz, Edinger'' seller Projectionsapparat und Camera von Leitz. Inhaltsverzeichnis des Abrisses. I. Abschnltt. Morphologic des Nervensystems. Seite Uebersicht iiber die aussere Configuration, Zusammensetzung und Lage desselben (Tafel i — lo) Haute I Grosshirnhemispbarenlappen und Windungen . . 2 Hemispharensubstanz und Ventrikelsystem ... 5 Thalamus und III. Ventrikel ..... 7 \'ierhiigel . . . ..... lo Kleinhirn und IV. Ventrikel . . . Ii Uriicke und Medulla oblong. . . . . . 12 Riickenmark . . . . . 13 Gehirnnerven . . . , . . . 15 Riickenmarksnerven . . . . 16 Sympathicus . . . . , . 17 Blutgefasse, Nerven . . . . 18 II. Abschnitt. Entwicklung und Bau des Nervensystems. Uebersicht tiber die Ontogenese und die Histiologie des Nerven- systems. Darstellung der wichtigeren Faserzuge. (Tafel 11-48) Anlage des Medullarrohrs ...... Gehirnanlage ........ Spongioblasten, Neuroblasten ..... Motorische uud sensible VVurzeln .... Seite 20 21 22 23 XIX Seile Markscheidenanlage . . 23 Mikroskopie der Glia, Ganglienzellen, Axencylinder Nervenfasern 24 Neuron 25 Cbmmissurenbaknen . 26 Associaiionsbahnen . 26 Projectionshahnen 27 III. Abschnitt. Anatomie und Physiologic der wichtigeren Nervenbahnen. (Tafel 49—52.) 1. Die motoriscJie Bahn Allgemeines ..... Motorische Gehirnnerven . Motorische Rllckenmarksnerven . 2. J)ie sensible Bahn Allgemeines ..... Verlauf im Riickenmark Verlauf im Gehirn .... Sensible und sensorische Gehirnnerven 3. Die Reflexbah7ien und der Reflexakt 4. Die Willensbahnen ..... Jiindenfimktioneri^ A ssociationsthatigkeit Sprachvorgani^ und Sprachbahnen . 5. Die Coordinationsbahnen und ihre Funktion Seite 34 36 39 41 43 45 50 55 57 58 61 64 IV. Abschnitt. Allgemeine Pathologic und Thcrapic der Erkrankungen des Nervensystcms. (Tafel 53-68) Ueber die Ursachen der Erkrankuniren des Ncrven- systenis ...,....• Allgemeines uber die pathol .-anatomischen Veranderimgen bei Neri^enkrank/ieiten ...... Allgemeines und Spezielles uber die Symptomatologie tind Localisalionslehre (topische Diag-nostik) der Nervenkrankheiten ....... Alljiemeine.s ........ Seite 67 70 73 74 XX I. Herderkrankungen ..... A. Symptome der Herderkrankungen des Gehirnes Windungen ...... Marksiibstanz . . , . . . Hirnstamm (Vierhiigel, Thalamus) . Briicke, Medulla ..... Cerebellum ...... Hirnbasis ...... B. Symptome der Herderkrankungen des Riicken- marks .... Halbseitenlasion Halsmarks Brustmarks Lendenmarks . Sacralmarks Cauda equina C. Symptome bei Liisionen peripherischer Nerven Plexuslahmungen ..... Lasionen der Gehirnnerven Lasionen der Riickenmarksnerven Sympathicus-Erkrankung II. Die Symptome der Systemerkrankungen ^. Allg-cmeines liber Gang imd MeiJiodik der Untersuchung^ nebst diagnosiischer Uebersicht A. Anamnese ........ B. Status I. Die Untersuchunji der motorischen Sphare 1. Inspeklion, Mensuration 2. Motor. Reizerscheinungen 3. Motor. Kraft ..... 4. Coordinatorische 'Ihatigkeii 5. Elektrodiagnostik .... a) Galvanische ..... b) Faradische Untersuchung n. Die Uiitersuchung der sensible n Spliarc 1. Siibjektive Empfindungen . 2. ilautsensibilitat (Tast-, Temperalursinn etc.) 3. Sensibilitat der lieferen 'J'eilo 4. Hohere Sinne Gesichtssinn ..... Gehor, Gesclimack, Geruch III. Die Untersuchung der Refiexc . Allgemeines ..... Ilnut- und Sehnenreflexe Pupillenreflexe ..... IV. Die Untersuchung der fsvchischeii Funkliunen Sprache und Schrift .... Seite 76 76 77 So 81 J^3 S4 84 85 85 86 87 87 88 88 89 89 90 93 96 97 99 100 100 100 lOI 102 102 102 105 107 107 107 109 1 10 1 1 1 1 12 I 12 ' >3 ' «5 117 XXI Gedachtnis ...... Psyche, Sensorium ..... C. Stellung der Diagnose und Prognose . J". AUg'emeines uber die Behandhmg- von Nervenkrank heiteii ...... 1. Prophylaxe .... 2. Causale Therapie Abstinenzkuren Syphilis, Malaria . Chirurgische Behandlung von a) Gehirn .... b) Riickenmark . c) peripherischer Nerven 3. Symptomatische Theraphie Psychische Physikalische Medicarnenlose Behandlung Seite 121 122 122 124 124 125 125 126 126 127 128 I 28 V. Abschnitt. Spezielle Pathologic und Therapie. (Tafel 53-78.) I. Die Erkrankungen der Haute und Blutgefasse des Geh T. Pachymeningitis interna haemorrhagica 2. Leptomeningitis acuta aj Meningitis cerebrospinalis epidemica b) Meningitis purulenta .... 3. Meningitis tuberculosa ..... 4. Meningitis syphilitica, gummosa (und Gehirnlues) 5. Sinusthrombose ....... 6. Arterienerkrankungen ...... II. Die Erkrankungen der Gehirnsubstanz. A. Organische Erkrankungen 1. Cirkulationsstorungen und ihre Folge/.ustande. a) Anamie und Hyperamie b) Gehirn-Hamorrhagie . c) Gehirn-Embolie . d) Aneurysma e) Arteriosklerose 2. Entziindliche Erkiankungen der Gehirnsubstanz. a) Gehirnnbscess ..... b) Encephalitis acuta .... Cerebrale Kinderlahmunor. irnes. Seite 130 132 132 134 135 135 136 139 140 140 141 142 XXll 3. Tumor cerebri . 4. Hydrocephalus intermi.s 5. Dementia paralytica . 6. Ophthalmoplegic 7. Bulbiirparalyse . 8. Kleinhirnerkrankungen B. Gehirnerkrankungen unbekannten Wesens unci Sitzes (Gehirn-N e u r o s e n) 1. Neurasthenic ..... 2. Hypochondrie ..... 3. Hysteric und p?ychogene Zustande 4. Traumatische Neurosen 5. Heniicranie ..... 6. Cephalalgie ..... 7. Genuine Epilepsie .... 8. Eclampsia infantum g. Chorea minor ..... 10. Chorea chronica hereditaria, Tic convulsif 11. Paralysis agitans .... 12. Myotonia congenita ill. Die Krankheiten des Rlickenmarks A. QLierschnittserkrankunu;en. Erkrankungen der Riickenmarkshaiite 1. Pachymeningitis cervicalis hypertr. 2. Meningitis spinalis syphilitica 3. Die Compression des Riickenmarlcs 4. Myelitis acuta und chronica 5. Syringomyelic .... 0. Apoplexia spinalis, Hamatomyelie 7. Sclerosis multiplex cerebrospinalis B. SystemerkrankuDgen. 8. Spastische Spinalparalyse . 9. Amyotrophische Lateralsklerose . 10. Spinale progressive Muskelatrophie Neurolische Muskelatrophie 11. Dystrophia muscularis progressiva 12. Poliomyelitis anterior acuta ..... chronica .... Tabes dorsualis Ilereditare Ataxic Die Krankheiten der peripherischen Nerven. 13. '4. IV. A. Die Erkiankungen einzclncr Nerven. Aeliologie .... I. lukrankuiigcn motorischer Nerven Isolieite L;iliniun<:en Seite 143 145 146 148 148 152 156 156 159 160 160 160 161 161 162 •63 166 167 168 168 170 170 171 172 172 '74 175 176 178 '79 180 XXIII Seite Isolierte Kriimpfe . . . . . . iSo 2. Erkrankungen sensibler Nerven , . ,182 Neuralgieen . . . . . . .183 B. Neuritis multiplex. alcoholica, diphteritica, saturnina etc. . . 184 Polyneuritis infectiosa . . . . . .186 Polymyositis infectiosa . . . . .186 Andere Nervenkrankheiten 2. T. unbekannten Wesens und Sitzes. Seite I. Morbus Basedowii .... 187 2. Myxoedema ...... 188 3. Akroniegalie ..... . 188 4. Tetania 1S9 Tetanus ...... 189 VI. Abschnitt. Bemerkungen zum Sektionsverfahren und zur Ausfilhrung der mikroskopischen Untersuchung des >s'ervensystems Seite 190 I. Morphologic des Centralnervensystems. (Hiezu Abschnitt I des Abrisses.) Tab. 1. Erklarung zu Tafel 1. Gehirn in situ von oben nach Entfernung des Schadeldaches. Das Gehirn ist liberdeckt (links) von der dura mater, auf ihr verlaufen in Knochenrinnen die Aeste der Arteria meningea media. In der Mitte ist der Sinus venosus longitudinalis superior geoffnet. Rechts liegen nach Entfernung der dura die weichen Haute, (Arachnoidea und darunter die pia mater) bloss. Die (blauen) Venen der pia miinden in den sinus. Zieht man die weichen Haute ab (umklappen rechts), so kommen die VVindungen (gyri) und Furchen (sulci) der Grosshirnhemisphare zum Vorschein. Entfernt man durch einen Horizontalschnitt den obersten Hemispharenteil (umklappen Hnks), so tritt das central gelegene weisse Hemispharenmark (sein Durchschnitt heisst centrum semiovale Vieussenii) zu Tage, umsaumt von der die Windungen bildenden grauen Rindensubstanz (cortex cerebri). Zwischen der linken und rechten Hemisphare tritt in dieser Tiefe der Balken (corpus callosum) als Verbindung der beiderseitigen Marksubstanz auf (chordae transversales, striae longitudinalis an der Balkenoberflache). Schneidet man seitlich vom Balken (umklappen links) noch tiefer ins Mark ein, so stosst man bald auf einen mit Fliissig- keit gefiillten Hohlraum (ventriculus lateralis, speziell hier die cella media desselben). Vom Boden des Seitenventrikels her ragt hiigelig das Stammganglion der Grosshirnhemisphare (der Streif- hugek corpus striatum) in den Hohlraum herein. Hinter dem Streifhiigel zieht der gefasshaltige plexus chori- oideus lateralis vorbei. Von den Hemispharen ist durchschnitten der lobus frontalis, die gyri centrales (Centralwindungen), lobus parietalis, lobus occipitalis, jeder Lappen ist mit mehreren seiner Windungen getroffen. Erklarung zu Tafel 2. Horizontaler Grosshirndurchschnitt in Balken- hohe (Balken entfernt). Der Balken (c. c.) ist an seinem vorderen , nach unten umbiegenden Abschnitt (Knie) und an seinem hinteren verdickten Ende (splenium; durchschnitten und entfernt. Unter ihm kommt das Gewolbe (fornix) aus zwei Schenkeln bestehend in der Mitte zum Yorschein. Vorne wird die Lucke zwischen dem genu corp. call, und dem vordersten , ebenfalls nach der Basis umbiegenden Abschnitte des Fornix durch zwei schmale Leistchen (septum pellucidum, s. p.) ausgefiillt, zwischen denselben der ventriculus septi pellucidi Der Seitenventrikel ist durch tiefere Abtragung der Hemispharensubstanz mehr blossgelegt. Man erkennt sein Vorderhorn (cornu anterior, c. a.) im Stirnlappen, (lobus frontalis), Hinterhorn (c. p.) im Occipitallappen, sein Unterhorn(c. i.)im durchsichtig gedachten Schlafen- lappen in der Tiefe der Hemisphare. Zwischen den divergierenden beiderseitigen Occipitallappen kommt das die Kleinhirnhemispharen und den Wurm deckende Tentorium (ein dura Fortsatz) zum Vorschein Die hinteren Fornixschenkel steigen aus dem Unterhorn vom freien Rande eines dort liegenden Wulstes. des cornu Ammonis (c. Am.) als Fimbria auf ; schneidet man vorne die Schenkel ab und klappt den ganzen Fornix zuruck, so sieht man seine vorderen Schenkel (crus descendens fornicis, f. d.) in die Tiefe steigen. Unter dem Fornix liegt ausgespannt ein Fortsatz der pia, die gefasshaltige tela chorioidea media mit dem strangformigen paarigen plexus chorioid. med. in der Mitte. Dieser zieht dicht hinter den vorderen Gewolbsschenkeln (foramen Monroi) in den Seiten- ventrikel und hier als plexus ch. lateral weiter ins Unterhorn desselben. Tab. 2. Tab. 3. Erklarung zu Tafel 3. Gehirnhorizontalschnitt nach Freilegung des III. Ventrikels. (Rechts tiefer wie links.) Nach Entfernung der plex. chorioid. und der hinteren Gewolbsschenkel zeigt sich in der Mitte der Hohlraum des III. (mittleren) Ventrikels, begrenzt beiderseits vom Sehhiigel (Thalamus opticus). Links liegt das corp. striat. oberflachlich frei (caput im Vorderhorn, cauda gegen das Hinterhorn zu, nach aussen), zwischen ihm und dem Thalamus liegt die schmale stria cornea. Der Sehhiigel zeigt vorn sein tuberculum anticum (t. a.), nach hinten als Vorsprung sein Pulvinar. In der Tiefe vor den absteigenden Gewolbs- schenkeln liegt die querverlaufende commissura ante- rior (c. a.), dahinter in der Mitte des III. Ventrikels die commissura media (c. m.), am hinteren Ende die comraiss. posterior. Ueber dieser vereinigt sich die den medialen Thalamusrand bildende taenia thalami (t) mit der der anderen Seite , daran schliesst sich die Zirbeldriise (conarium. c.) an. Hinter dem Thalamus liegen die Vierhligel (corpora quadrigemina ant. und post.) Dahinter ist das Kleinhirn oberflachlich durch- schnitten , der Wurm (vermis) in der Mitte, die Hemi- spharen seitlich (centrale weisse Markmasse, periph. graue Rindensubstanz). Rechts ist der Kopf und der Schwanzteil des Streithiigels (nucleus caudatus) auf dem Durchschnitt sichtbar, das convex verlaufende Mittelstiick ist abge- tragen , ebenso der Thalamus auf dem Durchschnitt nach Entfernung der obersten Lage desselben. Lateral davon ist der Linsenkern (nucleus lentiformis) , der mit dem nucleus caudatus zusammen das corp. striat. bildet, aufgetreten. Der dadurch abgetrennte innere Abschnitt der weissen Marksubstanz heisst capsula interna (c. i), der laterale capsula externa (c. e). Erklarung zu Tafel 4. Gehirnhorlzontaldurchschnitt durch die Central- gano'lien, (Links hoher, rechts tiefer). Lijiks ist (tiefer wie auf T. Ill rechts) durch- schnitten lob. frontalis , gyri centrales, lob. parietalis, lob. occipitalis, (rechts lob. temporalis) , in der Tiefe der fossa Sylvii (f. S.j liegen die Windungen der insula Reilii (ins.). DieMarksubstanz zwischen Linsenkern und nucleus caudatus heisst vorderer Schenkel (c. i. a.), die zwischen Linsenkern und Sehhiigel hinterer Schenkel der inneren Kapsel (c. i. p.), beide Schenkel beriihren sich am sog. Knie der Kapsel. Lateral von der capsula externa liegt das clau- strum (cl.). dicht neben den Inselwindungen. Der Linsenkern zerfallt in ein ausseres died (Putamen) und in mehrere innere (globus pallidus). Rechts ist der Linsenkern noch breiter geworden, der Thalamus ist verschwunden, an seiner Stelle liegt die regio subthalamica mit nucleus ruber (n. r.) und corpus subthalamicum (c. sth.) Die Kapselschenkel haben sich getrennt, der hintere hat sich in den Hirn- schenkelfuss, pedunculus umgewandelt. Lateral davon sind durchschnitten corpus geniculatum laterale (g. 1.) und mediale (g. m). Im Mark des Kleinhirns sind sichtbar das corpus dentatum cerebelli (c. d.) und der nucleus tegmenti (links), rechts ist der IV. Ventrikel unter dem Wurm eroffnet, die Bindearme (B) ziehen aus der Vierhiigel- gegend ins Cerebellum. Nach vollkommener Entfernung des cerebellum (Um- klappen !) wird die Oberflache der Medulla oblongata, die Rautengrube (fossa rhomboidalis), den Boden des IV. Ventr. bildend, ganz sichtbar. Begrenzt ist sie von folgenden hier durchschnittenen Kleinhirnmarkziigen : processus cerebelli ad corp. quadrigemina (Bindearme, B), process, cereb. ad meduUam oblongatam (corp. resti- form. cr.), zwischen beiden liegen die processus cereb. ad pontem gegen die Basis zu ziehend. Tab. 4. Tab. 5. Erklarung zu Tafel 5. Gehirnbasis mit Nerven und Blutgefassen. Der Stirnlappen ist durch die tiefe Fossa Sylvii vom Schlafenlappen getrennt. Aus jeder Hemisphaere tritt der Hirnschenkelfuss (Pedunculus Ped.) hervor und mit dem der anderen Seite in die breite Bruci^/ Erklarung zu Tafel 25. Fig. I. J^rontalschnitt in der Mitte des sefUim ■pellncidiim. Ausser dem Stirnlappen ist noch die Spitze des Schlafenlappens (1. t.) durchschnitten. Im Mark ist das Stammganglion (corp. striatum) durch Auftreten des Putamen (L.), (ausseres Glied vom Linsen- kern) ganz getroffen, der vordere Kapselschenkel (c. i. a.) durchbricht das Stammganglion und teilt as eben dadurch in den nucleus caudatus (n. c.) (medial) und den nucleus lentiformis (L.), (lateral). Lateral vom Putamen ist die capsula externa, (c. e.) nach aussen davon das Claustrum (CI ) aufgetreten. Septum pellu- cidum (S. p.) bulb, olfact. (I), Seitenventrikel (v. 1.), Balken (c. c.) Fig, 2. Schmtt dtcrch die vordere Commissur. Die absteigenden Fornixschenkel (f) treten auf. Vom Linsenkern zeigen sich audi dielnnenglieder (glp ) (globus pallidus). An der Basis ist das Chiasma ner\^ opt. (Ch.) durchschnitten, lateral davon die Substantia perforata, dann das trigonum olfactorium (I statt II). Die vorderste Inselwindung (Ins.) ist in der Tiefe der fossa Sylvii (f. S.) getroffen, lateral vom Claustrum. Im vorderen Teil des Schlafenlappens beginnt der nucleus amygdalae (N. am.) s. folg. Schnitt. Die Randwindungen sind abgeschnitten. Vordere Com- missur (c. ant.). Zwischen den Fornixschenkeln beginnt der III. Ventrikel. 34 Erklarung zu Tafel 26. Fig. I. J^rontalschnitt hinter der vorderen Conum'ssKK. Die absteigenden Fornixschenkel (f. d.) laufen rlick- warts (ziiin corp. candicansder Basis). DerFornixkorper bleibt unter dem Balken liegen s. Fig. 2. Zvvischen den auftretenden Thalamusdurchschnitten (nucl. anter.) erweitert sich der dritte Ventrikel (v. III). Der globus pallidas (gl. p.) wird mehrgliedrig und iimfasst niit seinen basalen Fasern (Linsenkern- schlinge) die innere Kapsel. Vom Chiasma ziehen die Tractus optici (tr. o.) nach riickwarts (zu den corp. geniculat. lateral.) Auch die vordere Commissur (c. a.) zieht im Bogen nach riickwarts und ist deshalb auf dem schragen Durchschnitt getroffen. Fig. 2. Schnitt diirch das Knie der timer en Kapcl. Unter dem hintersten Teil der oberen Stirnwind- ungen sind die Centralwindungen (g. c. a. u. p.), in der Tiefe der Sylvischen Grube (f. S.) die Inselwindungen (ins. J getroffen. Im Schlafenlappen (3 Windungen) ist der Mandelkern (N.a.) aufgetreten. Medial das Ammons- horn (c. Am.) die innere Vorvvolbung des gyrus Hippo- campi. Zwischen nucl. caudatus (c. st.) und Thalamus die stria cornea. Um und durch die untersten Biindel der inneren Kapsel (C. i. p.) schlingt sich die Linsen- kernschlinge (L. s.) (ansa lentiformis) aus dem globus pallidas ; ein Teil ihrer Fasern sammelt sich mehr ruckwarts unter dem Thalamu.sgebiet zum Schleifen- areal (obere Schleife). In den Thalamus (Th.) tritt aus dem. Schlafenlappen der untere Thalamusstiel unter der Linsenkernschlinge. Der Thalamus ist bedeutend grosser geworden und ragt nach oben (tuberculum ant.) bis zum Balkenfornix. Man erkennt verschiedene F'aserzuge (laminae medullar.) in demselben. Tuber cinereum (Inf.) 35 Tab. 26. M) Erklarung zu Tafel 27. Fig. I. Schintt durch die inittlcre Commissicr. Der Thalamus (Th.) zerfallt in mehrereKerngebiete, die beiderseitigen medialeii sind durch die (hier zer- rissene) commissura media verbunden (s. hiefCirTaf. 35, i). Unter dem Thalamus legt sich das aus der Linsen- kernschlinge (L. s.) und dem ventralen Thalamusteil her- stammende Haubengebiet (Schleife und Faserung des roten Kernes) immer deutlicher an. Die innere Kapsel (Gegend des vordersten Abschnittes des hinteren Schen- kels [c. i. p.]) verstarkt sich durch fortwahrende Zuziige aus den Centralwindungen (motorische centrale Neuren), ihr medialster Teil tritt bereits als Hirnschenkelfuss etwas aus der Hemisphare an deren Basis heraus, Der Linsenkern wird kleiner, capsula externa, claustrum, insula unverandert. Das Unterhorn (c. i.) im Schlafen- lappen wird grosser. Der Tractus opticus (tr. o.) legt sich liber den frei werdenden Hirnschenkelfuss. Corp. candicans (c. c ). Fig. 2. Schnitt durch die Centrahuindungen. Der Thalamus zerfallt deutlich in einen oberen (vorderen), lateralen (l.)und medialen(m.) Kern, zwischen den beiden letzten die Fasern der lamina medullaris in- terna. Nach aussen an die Kapsel grenzt seine Gitter- schicht (z.), von eintretenden F'asern der inneren Kapsel gebildet. Zwischen dem frei werdenden Pedunculus und dem Thalamus tritt die regio subthalamica auf. In derselben liegen das corpus subthalamicum, (c. sth.) (Luys'scher Korper), der nucleus ruber (n. r) mit seinem Marke (L) und die Schleifenfasern. Unter derselben be- ginnt die Substantia nigra (S. n.). Es treten medial die ersten ocuJomotorius Fasern (III) aus. Im Unterhorn (c. i.) ist der nach unten umge- bogene Schwanzteil des nucleus caudatus (c. st.) audi noch durchschnitten. Cornu Ammonis (c. Am.), die Rindenwindungen sind einzeln bezeichnet, Sylvi'sche Grube (f. S.), Rolando'sche Furche (S. R.). 06 Erklarung zu Tafel 28. Fig. 1. Schnitt dtirch den Scheitellaffeii (vord. Teil). Der Hirnstamm lost sich mehr und mehr von der Hemisphare heraus. Der Pedunculus (Ped.) ist vollkommen frei ; der Thalamus (Pulvinar) hangt noch an seinem oberen und hinteren Stiel. Zvvischen Pe- dunculus und capsula interna (hinterster Abschnitt) haben sich eingeschoben das corpus geniculatum laterale (c. g. 1.) (in dem der tractus opticus endet) und mediale (c. g. m.) Das Unterhorn (v. i.) offnet sich, man erkennt gut sein Zustandekommen durch die EinroUung der Rinde vom gyrus Hippocampi , an deren freiem Rande steigt die fimbria (f.) aufwarts. Lateral vom corp. genicul. lat. zieht die Sehstrahlung (S) in dem hinteren Capselschenkel occipitalrindenwarts. Aus dem Gebiet der regio subthalamica ist das wichtige Haubengebiet entstanden, das corp. sub- thalam. verschwunden , die Schleife (S) breit an- gelegt, der rote Kern (n. r.) noch grosser ge- worden. Der III. Ventrikel geht in den Aquaeductus Sylvii (A. S.) unter der hinteren Commissur (c. p.) liber. Die medialsten Pedunculusfasern werden von den vor- dersten queren Briickenfasern (P) umfasst. Hinterste Inselwindung, Linsenkern verschwunden, Zirbeldruse(c.). Fig. 2. Schnitt dnrch den Scheitcllaffcn (hin- terer Teil), Der Hirnstamm hat sich mit dem Pulvinar voUends von der Hemisphare gctrennt. Das Bild gleicht dem ersten Durchschnitt durch den Stirnlappen. Balken (c. c.) , Hintcrhorn des Seitenventrikels (v. p.), Associationsbiindel (fli., fare), die Sehstrahlung (O. G.) zieht von den primaren opticuscentren (c. gen. lat., c. quadr. ant., Pulvinar) weiter in den Hinter- hauptslappcn. Scheitellappenwindungen, gyr. angularis (g. ang.), fissura calcarina (f. c), gyrus supramarginalis (g. smg.), Ligula (L. 1.), Cuneus (cun.). CO H Erklarung zu Tafel 30 Horizontalschnitt durch die oranze linke Hemis- phare in der Mitte der Centralganglien. Die innere Kapsel (c. i.) ist in ihrer grossten Aus- dehnung getrofYen , man erkennt gut den vorderen (c. i. a.) und hinteren (c. i. p.) Schenkel, das Knie. Hinten die Gratiolet'sche Sehstrahlung (G). Medial davon nucl. caudatus (n. c.) und Thalamus opt., lateral der Linsenkern (Put.), capsula externa (c. e.) claustrum (cL). Schwanz des nucl. caudatus im Hinterhorn (c. St.). Stirnlappen (1. fr.) , Centralwindungen (g. c.) , In- sula (fossa Sylvii, f. S ), Schlafen-Occipitallappen (1. p. u. 1. o.). Der Balken (c. c.) ist vorne und hinten durch- schnitten, dazwischen liegen septum pellucidum (s. p.), fornix (f.), dahinter der plexus chorioideus (pi. ch.), den III. Ventrikel deckend, Vorderhorn (c. a.), Unter- horn (c. i.) des Ventrikels. 66 Tab. 30. Tab 31 L.t Erklarung zu Tafel 31. Horizontalschnitt durch die Basis des Hirnstammes von der linken Hemisphare. (Ungefahr in der Hohe von Schnitt-Tafel 4, rechts). Die innere Kapsel ist in ihre beiden Schenkel (c. i. a. vorderer Kapselschenkel) getrennt, der hintere bildet den Hauptbestandteil des Hirnschenkelfusses (Ped.). Nucl. caudatus (c. st.) und Thalamus basis (Th.) sind durchschnitten, in die regio subthalamica tritt zwischen den vorderen Fasern des Pedunculus (Pd.) durch die ansa lentiformis (a. 1.) aus dem globus pallidus (gl. p.) des Linsenkerns, lateral davon dessen Putamen (L.). Corp. subthalam. (c. sth.). Subst. nigra (S. n), corp. geniculat. laterale (II), Schwanzteil des nucleus caudatus (c. st). Kernregion des oculo- motorius (N. Ill), Schleife (L. s.), roter Kern (n. r.). Vorderhorn (c.a.), Unterhorn (c. i.) desSeitenventrikels, Stirnlappen (L. fr.), Insula, Schlafenlappen (L. t.), Balken (c. c), absteigender fornix (f. d.), Septum pellucidum (s. p.). Claustrum (CI), capsula externa (c. e.) 40 Erklarung zu Tafel 32. Fig. I. Senh'ccJiter Schnittdurch die vorderen Vierhugcl. (Dicht anschliessend an Tafel 28, 1). Die Thalami (Th. o.) (Pulvinar) sind durch die zwischen- tretenden vorderen Vierhugel (c. q. a.) auseinander ge- riickt. Uber den corp. quadrigem. ant, lagert das Splenium corp. callosi (c. c.) mit dem Fornix (f.) Im centralen Hohlengrau (C. H ) der x^quaeduct. Sylvii (A.), unter diesem der Oculomotoriuskern (III) (periph. Neuron), lateral davon die nasale V. Wurzel (V. n.) In den Vierhiigeln unterscheidet man ein ober- fiachliches und ein tiefes Mark. Unter denselben das Haubengebiet (tegmentum) mit dem beiderseitig sich nahernden nucleus ruber (n. r.), lateral die obere (sensible) Schleite (L. s.), an die sich aussen die untere (Vierhiigel-) Schleife (L. i.) anschliesst. Lateral von dieser das corp. geniculat. med. (c. g. m ) und laterale (c. g. L). Von der Haube getrennt durch die Substantia nigra (S. n.) der Hirnschenkelfuss (Pedunculus), in seinem mittleren Bezirk die (motorische) Pyramidenbahn. Der Tractus opticus (tr. o.) tritt in das corp. genicul. laterale, in den vorderen Vierhugel und ins Pulvinar, um dort zu enden. Von da ziehen die Fasern der Sehstrahlung centralwarts weiter (in den OccipitallapenV Weiteres Detail s. Photographic Tafel 35, 2. Fig. 2. Sch?tztt zwischen zwrderein mid hinterem Vierhugel. Die Haubengegend hat sich vom Pulvinar thalami vollends losgelost. Die Schleife (1..) zieht mehr basal- warts unter die roten Kerne. Aus dem tiefen Mark (st. i.) zieht die fontanenartige Haubenstrahlung (F. F.) der Mittellinie zu, hier sich kreuzend (Raphe). Dicht unter dem Oculomotoriuskern (n. Ill) im Hohlengrau liegt das hier deutlich erkennbare hintere Langsbiindel (fasciculus longitud. posterior (f.), lateral davon ziehen Tnalamus- fasern weiter (Substantia reticularis). Im Oculomotorius- kern erkennt man getrennte Einzelkerne. Im brachium posticum (Br. a ) ziehen Fasern vom hint. Vierhiigel zum corp. geniculat. med. In der Substantia nigra enden Fasern aus dem Stammganglion. 41 Tab. 32. Figl Fig. 2 Erklarung zu Tafel 34. Fig. I . Schnitt diwchs hintere Ende der Briicke. In der Haube ist der Facialis- (n. VII) und Ab- ducens-Kern (n. VI) aufgetreten. Die Facialisfasern (Vil) Ziehen, wie rechts angegeben, im Bogen um den Ab- ducenskern, sammeln sich zum Knie (g) und ziehen dann horizontal und schliessHch basalwarts aus der Medulla heraus (VII). Der Abducens (VI) verlauft einfacher. Sein Kern ist mit der oberen Olive (ol. s.) deutlich verbunden. Substantia reticularis (Srt.), Schleife (L s.) etc. wie bis- her. Lateral vom Facialisstamm zieht die mit der sensibien V. Wurzel eingetretene caudale (absteigende Trigeminus- wurzel) (V c.) herab. Nach aussen davon treten breit die processus cerebelli ad pontem herab (pr. a. p.) und zwischen diesen und den Bindcarmen legen sich die corpora restiformia (s. C.) (process cerebelli ad medull. oblong.) an, was auf dem folgenden Schnitt deutlich zu sehen ist. Fig. 2. Schnitt durch die Acusticuske?'ne. Im Hemispharenmark des Cerebellum (Cb.) ist das Corp. dentatum (c. d), im Mark des Wurmes (V) u. a. der nucleus tegmenti (n. t.). Medial vom flocculus (Fl.) des Cerebellum tritt der acusticus (VIII) ein. Sein ramus cochlearis (VIII c.) endet im ventralen Acusticuskern (n. \'III. c), lateral vom corp. restiforme (c. r.) (rechts schematisch), sein r. vestibularis (n. VIII. v.) im dorsalen Acusticuskern (n. VIII. d ) und lateral davon im nucleus Deiters (n. D.) (Fortsetzung des loc. caeruleus). Aus dem nucleus ventralis VIII zieht das corpus trapezoides (c. tr.) quer durch die mediale Schleife (L. s.) (auch zur oliva sup.) zu der lateralen Schleife der anderen Seite, ein anderer Teil der (centralen) Acusticusbahnen zieht in den striae acusticae (str. a.) (rechts schematisch) eben- dahin. Die Pyramiden (P}'.) sind aus der Briicke heraus- getreten. 43 Tab. 34. i%/ Fix^2 Tafel 35. Fig. 1. Fig. 2. •S-^^^^^. Von hier ab folgen Photographien. Erklarung zur Tafel 35. Fig. I. ScJmitt durch den rechten Thala?mis opticus in der Hohe der mittlerefi Commissur. (Etwas schrag nach hinten abfallend). Man erkennt gut die drei Kerne des Thalamus (nucl. anterior [a], medialis [m], lateralis [1]). Aus dem vorderen zieht in dieser Schnitthohe ein dickes Biindel (das auf dem Horizontalschnitt Tafel 31 quer getroffen ist (v) herab (Vic d'Acyr'sches Biindel), es endet im corpus candicans derselben Seite (sein Uebergang auf dasselbe ist deutlich auf dem ungefarbten Schinitt 2, Tafel 8 zu sehen). Unter dem Thalamus liegt die regio subthalam. mit Linsenkernschlinge (An. 1.), corpus Luys (c. L), deren Fasern ziehen die innere Capsel durch- querend zum glob, pallid, (gl. p.) des Linsenkernes, da- runter Substant. nigra (S. n.). In den seitlichen Kern (Gitterschicht) tritt aus der inneren Kapsel (c. i.) der Stabkranz zum Thalamus ein. Die mittlere Commissur (c. m). enthalt nur wenig Nerven- fasern. Der mediale Kern bildet nach hinten das Pul- vinar, in diesem verasteln sich Fasern aus dem tractus opticus und der Sehstrahlung. Uebrige Bezeichnungen s. Tatel 27. Fig. 2. Schnitt durch vordere VierhUgel der linken Seite. Man erkennt detaillierter den Faserreichtum als an der Zeichnung Taf. 32, i. Die Bezeichnungen sind die- selben wie dort. Im Corp. geniculat. laterale (c. g. 1.) enden zahl- reiche Opticusfasern sich aufsplitternd, ebenso im corp. quadrigem. ant. (c. q. a.). In dieser Gegend muss die Balm flir den Pupillarreflex (von hier zum oculomotorius- Kern N III) zu suchen sein. Unterhalb der massenhaft aus- tretenden Oculomotoriusfasern (III) beginnt der Hirn- schenkelfuss (Ped.), an seinem medialsteh Abschnitt zieht das Spitzka'sche Biindel (s) (das die centralen Bahnen fiir die motorischen Hirnnerven wahrscheinlich enthalt) vom Hirnschenkelfuss weg zur Haube in die Hohe, in der Medianlinie spater sich kreuzend. 44 Erklarung zur Tafel 36. Fisf. I. Schnitt dwch die Kaube hinter de7i hinteren Vierhiigeln. Der Aquaeduct beginnt eben sich in die Rauten- grube (v. IV) zu erweitern. Bezeichnung s. Fig. 2 Tafel t^Z- Man beachte besonders den Aufbau der Substantia reticularis (Srt.), welche Fasern aus den Sehhugeln ab- wartsziehend und aus den Vorderseitenstrangen des Rticken- marks aufsteigend enthalt. Naheres noch sehr vvenig be- kannt. Die mediale (obere) Schleife (L. s.) (Hauptschleife) zerfallt in viele Biindel, lateral die untere (L. i.;, die z. T. zum hinteren Vierhiigel in die Hohe zieht. Bindearme (B), nasale Wurzel (V n), fascicul. nasale Qui ntuswurzel (V. n.), longitud. post, (f) ; die vielfache Faser-Kreuzung in der Raphe der Haube ist deutlich (centrale sich kreuzende sensible und motorische Bahnen verlaufen hier), locus coeruleus (1. c). mit stark pigmen- tierten Zellen. Fig. 2. Schnitt durch die Quintuskernregio)i. Der Schnitt enthalt im Ganzen dieselben Bestand- teile wie der auf Tafel 33,2. Die Bezeichnungen sind dieselben. Man beachte das feinere Detail der Haube , der Quintuskerne. Die caudale (absteigende) Wurzel mit ihren Bundeln fVc) ist auf diesem Schnitt sehr deutlich zvvischen dem motorischen (m) und sensiblen (s) Kern zu erkennen. Centrale Haubenbahn (ct.), Substantia reticularis tegmenti (Sr, t.), Briickenganglien (g) zwischen den obertiachlichen (s) und tiefen (p), Briickenfasern (P). Die Raphe der Haube (K) und der Bruckenfasern (R) enthalt zahlreiche sich kreuzende Ziige. Unterhalb der oberen Olive (o. s.) bei (L. i.) Fasern des corpus trapezoides und der unteren Schleife (cent- rale Akustikusbahnen). Taf. 3G. Fig. 1. Fig. 2. Taf. 37. Y*'^'h-^^::^f Fig.l. }is2 Fif/. 2. Erklarung zu Tafel 37. Fig. I. Schnitt durch die rechte Haubengegend in der Hoke des Facialisker7ies. Man vergleiche die Bezeichnungen mit Tafel 34, i. Aus dem in der Tiefe gelegenen Facialiskern (n. VII.) steigen die Fasern einzeln in die Hohe. Auch der Zug aus der oberen Olive (ol. ■ s.) zum Abducenskern (N. VL, weiss), (welch letzterer aber erst etwas weiter vorne deutlicher wird) ist zu erkennen. Aus dem Kleinhirn zieht das corpus restiforme (Cr. I und die processus cerebelli ad pontem (Cb.) herab. Vom genu facialis (g. VII.) zieht der gesammelte Stamm weiter unter dem Ependym. der Rautengrube (v. IV). Zur Scbleife zieht aus dem. benachbarten ventralen Acusticuskern das corp. trapezoides (durch Li.). Lateral vom Facialisstamm liegt die absteigende Trigeminuswurzel (V. c), dicht vor ihr die Substantia gelatinosa (S. g.), der hoch herauf zu verfolgende Anfang des Hinterhornes vom Riickenmark. Dorsal davon der dorsale VIII. Kern (n. VIII.) und der nucleus Deiters (n. D.) , obere, untere Schleife (L. s. i.), Substantia reticularis (Sr. t.j, centrale Haubenbahn (c. t ), Raphe (K). Fig. 2. Schnitt durch den vefitralen Acusticuskern der linken Seite. (Anschliessend an Fig. 34, 2). Aus dem Klein hirnmark ist das corp. restiforme (c. r.) ganz heraus als die seitliche Wand der Rautengrube getreten. Lateral von ihm liegt halbkreisformig der ventrale VIII. Kern (n. v. VIIL), in dem der N. cochlearis sich auflost, er erstreckt sich noch weit aufwarts, ist auch auf Schnitt 34,2 noch machtig entwickelt. Von seiner centralen Bahn sind hier deutlich die schwarz gefarbten Fasern der striae acusticae (str. a.) liber den Boden der Rautengrube zur Medianlinie verlaufend erkennbar. In der Raphe (R.) kreuzen sie sich und ziehen in der lateralen Schleife weiter. Dorsaler VIII. Kern (n. VIII. d.), medial davon die Kernregion des glossopharyngeus (n.IX.), Facialiskern (n. VII.), Substant. reticularis (Sr. t.), cen- trale Hauhenhahn (c. t.), med. Schleife (L.), Pyramide, fascicul. longit. post, (f.), flocculus vom Kleinhirn (fl.)^ absteigende Acusticuswurzel (a. d ). 46 Erklarung zu Tafel 38. Fig. I . Schnitt diirch Kleinhirn und Medulla oblongata (hinlerer Teil der Rautengrube). Der IV. Ventrikel (v. IV) ist hier seitlich nur von den weichen Hauten geschlossen, da die corp. restiform (cr.) aus den Kleinhirnhemispharen vollkommen herausge- treten sind Das Dach des Ventrikels bildet der Wurm (V.), Oberwurm (v. s.), Unterwurm (v. i.) Im Cerebellum das corp. dentat. (c. d.) und der nucleus tegrnenti (n. t.). Der Hemispharenrand ist ab- geschnitten. Nodulus (n). An der Medulla erkennt man Pyramiden, Oliven, corp. restiformia etc. Fig. 2. Schnitt durch die Medulla oblongata in der Hoke des Glossophai'yngeus — Vaguskernes. Seitlich von den Pyramiden (Py.) sind die unteren Oliven (ol.) aufgetreten. Aus den corp. restiform. (c. r.) Ziehen die Kleinhirufasern (fol.) zur gekreuzten Olive herab Zwischen den Oliven hat sich in der ,,01iven- zwischenschicht" die (obere) Schleife (L.) neben die Raphe (K.) aufgestellt, dorsal von ihr schUesst der fascicul. longitud. post, (f.) an. Zwischen hinterem Langsbundel und corp. restiforme liegt die Substantia reticularis (S. r. t.) der Haube. Dorsal von ihr der IX. und X. sensible Kern. Lateral davon der dorsale VIII. Kern. Vor dem corp. rest, zieht die absteigende IX., X. Wurzel, das Solitarbundel (s.) abvvarts, unter demselben die absteigende V. Wurzel (V. c), lateral von der Subst. gelatinosa (S. g.). Die IX., X. Fasern treten neben dem Solitarbundel vorbei aus der Medulla heraus. Medial davon in der Haube liegt eine, als moiorischer Vaguskern (nucl. ambiguus) bezeichnete Zell- gruppe (n. a.) , die auch auf den folgenden Schnitten gut zu sehen ist. Mediale (ol. m), hintere Nebenolive (ol p). 47 Tafel 38. >^ rin.>^"^ ' —' Fig. Tafel 39. ^^^ Fig. 1. Fifj. 2. Erklarung zu Tafel 39 Fig. I . Schnitt durch die Medulla in de?- Hoke des X. ufid XII. Ke?'Jies. Neben dem X, Kern tritt medial der des Hypo- glossus (XII) am Boden der Rautengrube auf, dessen Fasern nach aussen vom hinteren Langsbiindel (f) und Schleife (L) durchtreten. Lateral von den Oliven ziehen die fibrae arciiatae externae (fae) vom corp. restiform. zur gleichseitigen Schleife, durch die Substant. reticularis die librae arcuatae internae (fai) von der Schleife zum medialsten Abschnitt des corp. restiforme der andern Seite (kreuzen sich also in der Raphe). Ueber den untern Oliven (ol) liegt die hintere medial von ihr die innere Nebenolive (ol. m.). Aus dem corp. resti- forme zieht die Kleinhirnseitenstrangbahn (Cb) tiefer gegen die Pyramiden zu herab. Alles andere wie auf dem vorigen Schnitt. Fig. 2. Schnitt durch den Calamus scriptonis der Medulla. Die Corp. restiformia (c. r.) treten naher zusammen, die Rautengrube (v. IV.) schliesst sich. In den corp. restif. treten die Hinterstrangskerne auf. medial der nucl. Goll, lateral der nucl. Burdach (n. f. p.). Aus diesen Kernen Ziehen massenhaft die fibrae arcuatae internae (fai) herab zur Schleife (L) der anderen Seite. Der Hypoglossuskern (n. XII) senkt sich in die Tiefe. Der X. Kern endet. Pyramide, Schleife (L), Subst. reticul. (Srt), Subst. gelatin. (S. g.), absteig. V. Wurzel (V. c), Kleinhirnseitenstrang- bahn (Cb), Solitaerbtindel (s), OHven (ol), fascic. long, post, (t) etc. unverandert. Raphe der Haube (K). 48 Erklarung zu Tafel 40. Fig. I. Schnitt diwch die Hintersti'angskerne. Ueber den Kernen von Goll (n. G.) und Burdach (n. B.) sind hier auch deutlich geschieden die Strange dieser Kerne sichtbar (f. G. u. f. B). Der Centralkanal ist mit dem XII. Kern (n. XII) in die Tiefe der Medulla geriickt. Die fibrae arcuatae internae (fai) und externae (fae) sind deutlich. Alles iibrige wie auf den vorherigen Schnitten , nur die Oliven (ol.) betrachtlich verkleinert. Fig. 2. Schnitt durch die Medulla unterhalb der Oliven. Nach dem Verschwinden der Oliven wird die Med. betrachtlich kleiner. Die Hinterstrangskerne (n. G. B.) werden kleiner, die entspr. Strange (funicul. Goll, funic. Burdach) grosser. Neben dem XII. Kern tritt lateral auch der XL Kern auf, dessen Fasern quer durchs Mark austreten. Die Kleinhirnseitenstrangbahn (Cb) nimmt ein deut- lich abgrenzbares Areal ein, dorsal von ihr die Substant. geiatinosa (S. g.) und die absteig. V. Wurzel(V.c.) lateral davon. Fibrae arcuatae int. u. externae, Subst. reti- cularis (S. rt.) Schleife (L) (betrachtlich verkleinert), Schleifenkreuzung (K), Pyramiden, innere Nebenolive. Zvvischen den GoU'schen Strangen der sulcus longi- tudinalis post. (S. p.) zwischen den Pyramiden der sul- cus longitud. ant. (S a.). In den Pyramiden der nucleus arciformis (n. a.). 49 Tafel 40. i Tafel 41. Fig. 1. K.ccrvl Erklarung zu Tafel 41. Fig. I. Schnitt dicht ilber der Pyramidenkreuzimg. Die Pyramiden (Py.) treten mehr in die Tiefe und ver- schieben sich gegeneinander, sie trennen dadurch die schmale Schleifenschicht (fa.) auseinander. An ihrer Spitze liegt noch der fascic. longit. post. (f.). Die Fibrae arcuatae int. (fai.) ziehen noch deutlich aus dem GoU- schen Kern (n. G.) zur gekreuzten Schleifenschicht. Die Hinterstrangskerne (n. G. B.) werden kleiner, die Substantia gelatinosa (S. g.) immer miichtiger (Beginn des Hinterhorns), in der Substant. reticul. tegmenti (Srt.) wird der Bezirk neben den Resten der Schleife und des fascicul. longitud, post, zur Vorderhornanlage (corn. a.). Lateral davon werden die Fasern der Subst. reticularis zum Vorderseitenstrangrest (11.) und zum Gower'schen Strang (G.), dahinter liegt die Kleinhirnseitenstrangbahn (CI.). In der Mitte der hier verschwindende XII. und der noch deutliche XL Kern. Die Nebenoliven ver- schwinden. Der spinale Teil des N. XI entspringt im lateralen Vorderhornabschnitt aus dort gelegenen Zell- gruppen. Fig. 2. Schnitt durch die PyramidenJzreuzung. Die Hinterstrangskerne sind verschwunden, das Gebiet ist ganz von den Hinterstrangsfasern (Goll'scher, Burdach- scher Strang (f. G. B.) eingenommen. Die Pyramiden ziehen sich kreuzend, das Vorder- horn durchsetzend (D. Py.) in die Tiefe des Seitenstranges der anderen Seite. Das Hinterhorn (S. g.) ist deuthch erkennbar. Alles andere wie auf dem obigen Schnitt. Vorderhorn (C. a.), Centralkanal (c. c.) , Sulcus anterior (S. a.), Sulcus posterior (S. p.)) 50 Erklarung zu Tafel 42. Die Schnitte sind von jetzt ab , dem usus gemass, umgekehrt gestellt. Der dorsale Abschnitt sieht nach unten (S. p.), der ven- trale (S, a.) nach oben. Fig. I. Schnitt du?'chs oherste Halsmark dicht unfer der Py7'amidenkreuzung. (i. Cervikalnerv.) Die Pyramiden (Py.) sind grosstenteils aus dem Vorderstrang verschwunden und befinden sich im ge- kreuzten Seitenstrang. Im Vorderstrang liegt noch der kleine angekreuzte Pyramidenslrang (Py. a.) und der Vor- derstrangrest (fa.) (aus dem fasc. longitud. post.) Im Seitenstrang befinden sich die gekreuzte Pyramidenbahn (Py.) •, der Vorderseitenstrangrest (fal), die seitliche Grenz- schicht (fl.) und das Gowers'sche Biindel (G.) als Fort- setzung von Fasern der substant. reticularis tegm.; die Kleinhirnseitenstrangbahn (C. b.) aus dem corp. restif. (ventraler Abschnitt). In den Hinterstrangen liegen der Goirsche (f. g.) und der Burdach'sche Strang (f. B.). In der Tiefe des sulc. longitud. ant. (S. a.) liegt die commissura anterior (d.), die spinale Fortsetzung der Pyramidenkreuzung, dahinter der Centralkanal (c. c.) und die hintere Comisbur. Vorderhorn (C. a.) und Hinterhorn (c. p.) sind voU- kommen ausgebildet, im Hinterhorn die hoch oben schon bemerkbare Substant. gelatinosa (S. g.) noch breit ent wickelt. Die obersten Cervikalnervenwurzeln treten hier aus dem Vorderhorn (vordere Wurzeln) und in den lateralen Abschnitt des Burdach'schen Strangs (hintere Wurzeln in die hintere Wurzelzone). Fig. 2. Schnitt durchs obere Halsmark i?t der Hi) he des 4. Ce7'vikalnerven. Bezeichnung wie bei Fig. i. Die Subst. gelatinosa (c. p.) im Hinterhorn ist wie auf den folgenden Schnitten viel schmaler geworden. Ursprung des phrenicus in den Vorderhornzellen (Ca ). -%^ 51 I Tafel 42. Fig. 2. Tafel 43. rcL Fig. 1. Sj^ Erklarung zu Tafel 43. Fig. I. Schnltt diu'ch die Halsmarkanschwellyng in der Hohe des VII. Cervikal7ierve?i (piex. brachialis). Die graue Substanz ist infolge der machtigen Entwick- lung des Vorderhorns (C. a.) betrachtlich verbreitert. Die Zusaramensetzung ist dieselbe wie auf 42,1 ange- geben. Im Vorderhorn liegen die Zellen fur die mo- torischen peripherischen Neuren der Armmuskeln (hier speziell fiir Vorderarmmuskulatur). Man unterscheidet eine mediale kleinere (m) und eine laterale (1) Gang- lienzellgruppe. Die laterale (und mediale) zerfallt wieder in eine vordere (1. a.) und hintere (1. p.) Abteilung. Ge- naueres iiber die Lokalisation ist sicher nicht bekannt. Die lateralen Gruppen diirften die eigentlichen motori- schen Ganglienzellen enthalten. Hinter den motorischen Zellgruppen liegen die sogenannten ,,Mittelzellen" (c) um diese verasteln sich zahlreiche Collateralen aus den hinteren Wurzeln und auch aus den Seiteastrangen Die hinteren Wurzeln (r. p.) und ihr Verlauf sind besser auf Tafel 47,1 zu erkennen. Fig. 2. Schnitt durch das ober-e Briistmark in der Hohe des III Brustnerven. Fig. 3. Schnitt durchs mittlere Briistmark in der Hohe des VI. Brz(stne?'ven. Das Vorderhorn wieder schmal, aus ihm entspringen die peripherischen Neuren fiir die Intercostalmuskeln. Man erkennt an der Basis des Hinterhornes die Anlage der Clarke'schen Saulen (CL). Canalis centralis (c. c). Die Goirschen Strange verschwinden mehr und mehr nach unten zu. Die iibrigen Verhaltnisse ungeiindert. Vordere Wurzeln (r. a.), hintere Wurzeln (r. p.). 52 Erklarung zu Tafel 44. Fig. I. Schnltt diirchs witerste Bnist??iark in der Hohe dcs XI. Briistncrven. Das Vorderhorn (C.a.) nimmt zu, und andert seine Configuration, die Clarke' schen Saulen (C. 1.) mit ihren Zellen sind gross und heben sich scharf ab. Aus ihnen Ziehen die Fasern zu dem gleichseitigen Kleinhirnseiten- strang (C.l.) und verlaufen mit dieser cerebellar (zum gekreuzten nucleus tegmenti im corp. restiforme). Die Pyramidenseitenstrangbahn (Py.) tritt unterhalb des Ur- sprungs der Kleinhirnseitenstrangbahn ganz an die Peri- pherie heraus. Die Pyramidenvorderstrangbahn wird kleiner und erschopft sich im obersten Lendenmark, auch alle iibrigen Strange verschmalern sich, nachdem sie den grossten Teil ihrer Fasern in hoheren Segmenten abgegeben haben. Fig. 2. Schnitt diirch das ohere Lendenmark , in der Hohe des II. Liimbalnerven. Fig. 3. Schnitt durch das untere Lendenmark in der Hohe des IV. Lumbalnerven. Das Vorderhorn und das Hinterhorn dehnen sich be- deutend aus. Die graue Substanz gewinnt fast das Ueber- gewicht iiber die weisse. Die Zellgruppen im Vorder- horn sind analog denen des Halsmarks. Aus ihnen entspringen die periph. Neuren fiir die Beinmuskeln. Die hinteren Wurzeln (r. p.) riicken in dicken Biindeln in die hinteren Wurzelzonen ein, ihre CoUateralen und kurzen Aste strahlen bogenformig (r) ins Hinterhorn ein. Naheres siehe Tafel 47,2. 53 ""W^-z: Sa Tafel 44. , i'^V/. J. Fig. 2, Fig. 3. Fifj. 1. Fi pvl-:' >* .•••v ';■ ff:^.-P^ v-^. R=--.^;^^t *T9^VB^^^mHB^^B H^H^^Ife . I'iliE^^^^^^^^^^^^I ^^^^^I^H r-^"*'^^^ ^^^^M 'i^'/;.^^ • ••"•*:^*> m ^-■- v*-:v». "^ 'W •=:-•:• !^ Z-;,'-'-;^ . «•• ---. . * -. , V • -• ^ r ••• <;■ ' 1 jri," ^ '" ■"■•.•>• %- •^ •r^ Tafel 77. *it '■ — ',>^ v>»^»^ «--^i- y,;. I /////(>/' Y:f^ Erklarung zu Tafel 77. Degenerationen peripherischer Nerven. Fig. I. Aiifsteig-ende sekunddre Degenerationim N. ischiadicics bet Amputatioti des Unterschenkeh, Bei einem Manne war vor 14 Jahren die hohe Unterschenkel- amputation vollzogen worden. Die Figur zeigt den Rand eines Nervenbiindels, in dem ein grosser Teil der Nervenfasern za Grunde gegangen ist, besonders die groberen Fasern sind sekundar aufsteigend degeneriert (in Folge der dutch den Funktionsausfall bewirkten pri- maren Neuronzellenerkrankung im Lendenmark?), die feineren zum Teil noch besser erhalten. (Vergk den normalen Querschnitt T, 46, 3). Fig. 2. Absteigende Degeneration des rechten N. opticus nach Zerst'oriing des linken corp. geniculat. laterale tind des rechten Vier/iilgels. Im Sehnerven verlaufen Fasern , die ihre Neuronzelle in der Retina haben (grosster Teil) nebeu solchwi, die ihre Zelle in den genannten subkortikalen Opticuscentren haben ; diese letzteren degenerieren also absteigend, jene aufsteigend. Wir erkennen hier eine sectorenformige Lichtung (x) im N. opticus. (Vergl. den nor- malen Opticus Tafel 46). Fig. 3. Compressionsneuritis des opticus. Bei einem Fall von Akromegalie (s. d.) hatte eine maligne Hypophysengeschwulst den N. opticus umfasst uud zur partiellen Degeneration (x, x) gebracht. v ■= vagina n. optici. (Duralscheide). Fig. 4. Motorischer Nervenast bei spinaler Mushelatrophie. Man erkennt den betrachtlichen Faserausfall , diffus verteilt. (Zu Fall Tafel 72, 3 gehorig.) Fig. 5. Hintere Wiirzel vom Lendenmark bei Tabes dorsualis, (Zu Fall Tafel 73, 3 gehorig.) Das vorliegende Biindel (x) der hinteren Wurzeln enthalt kaum noch 10 normale Fasern, rechts da von ist ein besser erbaltenes. V = Blutgefasse. Fig. 6. B'undel vom N. peronetis bei neurotischer Muskel- atrophie. Man erkemt den herdweise auftretenden Faserausfall bes. in den mittleren Biindelbezirken. Riickenroarksbeteiligung ist nicht ausgeschlossen (motor. Vorderhornzellen ?). S3 Erklarung zu Tafel 78. Neuritis multiplex. Fig. 1 und 2. Priiparate voti sc/nverer alkoholischer Poly- neuritis (i voni jy. cm r a lis ^ 2 vom jV. ischiadictis). Ein 40jahriger Mann, starker Potator, erkrankt ziemlich akut an zunehmender Schwache der Beine. die rasch zu vollkommener Lahmung derselben fiihrt. Bei Druck starlie Schmerzempfindlichkeit , Patellar- reflexe erloschen, Sensibilitatssloriingen, rasch sich entwickelnde Muskel- atrophieen. Nach Strychnininjektionen verschlimmert cichi der Zustand ! Auch die Aime warden beteiligt. Psychische Storungen bestehen. Exitiis nach 2V2 Monaten. In alien peripherischen Nerven besteht ein hochgradiger Faser- untergang, in manchen Blindeln (s. Fig. 2) kaum mehr 6 — 10 normale Nervenqueischnitte (vergl. Tafel 46, 2). Diese Degeneration setzt sich bis in oie vorderen Riickenmarkswurzeln fort. ^ig- 5 Qiiersc/inilt vom Halsmark dieses Falles. Man erkennt die ungemein deutliche Atrophic der vorderen dnrch den \'orderseitenstrang ziehenden Wurzeln (r. a.), auch im Vorderhorn besteht eine merkliche Lichiung im medialen Bezirk (m.) desselben, infolge der Degeneration der hier einstrahlenden vorderen Wurzeln. Im GoH'schen Strang leichte aufsteigende Degeneration (lange Fasern der hinteren Wurzeln). Fig. 3. Neuritis postdiphtheritica. Querschnitt durch ein iUindel vom N. cruralis mit hochgradiger Faserdegeneration. Stammt von einem i 5 jahrigen Knaben, der nach Abheilung einer Rachendiphtherie akut an Schlinglahmung, bald auch an progressiver Lahmung der Beine erkrankte. Patellarreflexe erloschen innerhalb 10 Tagcn, Schmerzen, Sensibilitatsstorungen gering. Exitus an Vaguslahmung. Fig. 4. Lcing'ssclinitt durch ein Ner-o enbu ndel vom N. ischia- dictis bei infektioser multipler Neuritis (Landry''scke Paralyse). Von einem Teil der degenerierten Nervenfasern restieren die noch nicht wegtransportierten Zerfallsprodukte (Myelinkugeln). Die Nerven- fasern befinden sich in alien moglichen Stadien des degeneraliven Zerfalles. Das Praparat riihrt von einem in seiner Entstehung unklar ge- bliebenen Fall her. 30jahrige Frau, rasche schwere Erkrankung (FieberV), complete Lahmung erst der Beine, rasch der Arme (auf- steigende Paralyse); Patientin kommt in fast bewusstlosem, sehr ver- nachlassigten Zustand erst zwei Tage ante exitum in arztliche Be- handlung. (Riickenmark nicht untersucht). 89 4 Tafel 78. I. Abschnitt. Morphologic des Nervensystems. (Tafel 1 — 10). Das Nervensystem des Menschen setzt sich zu- sammen i) aus dem Central org an (Gehirn-Riickenmark) nebst den daraus entspringenden periphe- rischen Nerven und 2) aus dem Sympathischen Nervensystem, bestehend aus dem vSympathicus-Grenzstrang und dessen Fasergeflechten. Beide Teile stehen unter einander durch zahlreiche Nervenbahnen in Verbindung. G e h i r n und R ii c k e n m a r k liegen in einer knochernen Kapsel (Schadelraum - Wirbelkanal), aus derselben treten die peripherischen Nerven heraus in die Weichteile. Der Sympathicus - Strang liegt zu beiden Seiten der VVirbelsaule, dicht vor derselben. Gehirn und Ri.ickenmark sind von drei hautigen Hiillen umgeben, den Hirnhauten. Die ausserste ist die, dicht unter dem Knochen iiegende und im Schadelraum Perioststelle vertretende harte Hirnhaut, dura mater, eine derbe, fibrose Haut. Sie umschliesst sackartig Gehirn-Ruckenmark, und audi alle austretenden Nerven innerhalb deren Austrittskanalen ; hier endet sie an den Lochrandern der Schadelbasis festwachsend. In der dura verlaufen die weiten Sammelkanale fiir das venose Blut des Gehirns , die in die vena jugulai'. int. einmiindenden sinus venosi (sin. falciform, sup., inf , cavernosus, petrosus, transversus etc.). Ins Innere des Schadelraumes treten Fortsatze der dura ein. Der senkrecht von oben nach unten in der sagittalen Medianlinie verlaufende, vorn an der crista galli fest haftende processus falciformis major (Sichelfortsatz), der den Schadelraum in seiner oberen Halfte halbiert, und das als Dach der hinteren Schadel- grube quer verlaufende Tentorium. Die dura liegt dem Gehirn-Riickenmark nur lose auf, unter ihr befindet sich ein mit Lymphe gefullter Raum (subduraler Lymphraum). Die zweite HuUe ist die diinne Spinnweben- haut, Arachnoidea. Sie liegt dem Gehirn dicht, dem Riickenmark loser auf. dringt aber in die Ver- tiefungen des Gehirns nicht ein , sondern uberbruckt dieselben. Bindegewebige Bestandteile der Arach- noidea sind die Pacchionischen Granulation en zu beiden Seiten des Sichelfortsatzes. Unter der Arach- noidea liegt der in zahlreiche aber zusammenhangende Facher zerfallende subarachnoideale Lymphraum (die Cerebrospinalfllissigkeit enthaltend). Die innerste Hulle bildet die pi a mater, mit der Arachnoidea zu- sammen , als ,,weiche Haute'" bezeichnet. Die Pia senkt sich, der Nervensubstanz dicht anliegend, in alle P"urchen und Hohlen (als tela chorioidea) der- selben ein. Sie fuhrt die zahlreichen Blutgefasse der Gehirn-Riickenmarkssubstanz zu. Das Gehirn zerfallt in die beiden Grosshirn- hemispharen und den damit verbundenen Hirn- 5 tarn m, des letzteren direkte Fortsetzung ist das Riickenmark. Das letztere verlauft ungefahr senk- recht zur Lage des Grosshirns; dies kommt dadurch zu stande , dass der Hirnstamm cine Kri.immung um fast 90^ nach unten macht. Das Gewicht des Gehirns vom Erwachsenen be- tragt ca. 13 — 1400 g. Die beiden, nur an ihrer medianen Flache unter sich verbundenen Grosshirnhemispharen bestehen aus ciner ihre Oberflache iiberziehenden grauen Schicht, der Rind en subs t a n z, cortex cerebri und aus eincr unter der Rinde, central gelegenen weisseii Masse, der M a r k s u b s t a n z. Die Rinde iiberzieht das ITemispharenmark nicht glatt, sondern ist infolge der Biklung zahlreicher Fur- chungen (sulci) in wurinformigen VVindungen (gyri) an- geordnet (Oberflachenvergrosserung). Von den Win- dungen ist ein Teil constant, ein anderer ist indivi- duellen Variationen untervvorfen. Jede Grosshirnhemisphare zerfallt in verschiedene Lapp en (lobi); jeder Lappen umfasst mehrere Rinden- windungen und einen Teil der Marksubstanz. In der vorderen Schadelgrube liegt der lob us frontalis, den vorderen Hirnpol bildend, mit 2 Hauptfurchen (sulc. front, sup. und inf) und 3 da- durch abgegrenzten Windungen (gyr. front, sup, med. und inf.). Hintcr dem Stirnlappen liegt eine etwas hinter der Mitte jeder Hemisphare von hinten oben nach vorne unten zu verlaufende tiefe Furche, der sulcus centralis von Rolando. Er trennt die beiden jjCentralwi ndungen" (gyrus centr. ant. und post.). Hinter den Centralwindungen liegt der I o b u s pari eta lis, durch den sulc. interparietalis in die Windungsgruppcn des lob. pariet. sup. und inf zerfallend. An diesen Lappen grenzt der lob. occipitalis, der den hi n tern Hirnpol bildet, VVie der Stirn- lappen zerfallt er in 3 Windungen (gyr. occip. sup. med. inf); der Occipitallappen liegt init seiner basalen Flache dcm Tentorium auf. In der mittleren Schadelgrube liegt der Schliifen- lappen (lob. temporal.) mit 3 Furchen (sulc. temp, sup. med. inf) und drei Windungen (gyr. temp. sup. med. inf); derselbe ist nach vorn und oben durch eine sehr tiefe und breite Furche, die fossa Sylvii von Stirnlappen und Centralwindungen getrennt ; mit den unteren Schcitellappenwindungen hangt er hinten direkt zusammen. Es entstehen so im lob. pariet. inf. drei bogenformige Windungen von vorn nach hinten — 4 — als gyr. supramarginalis, annularis und praeoccipitalis bezeichnet. In der Tiefe der Sylvischen Grube liegt ein weiterer Lappen, die von den benachbarten Lappen (besondei's dem lob. temp, und centralis) iiberdeckte insula Reilii mit ihren kleinen gyri. Die bisher angegebenen Windungen erkennt man an der ausseren, convexen Hemispharenflache. An der medialen Flache der Hemispharen findet sich am Stirnlappen die Fortsetzung der obersten Stirnwindung. Die C e n t r a 1 w i n d u n g e n vereinigen sich im lob. paracentralis , der Parietallappen setzt sich als Praecuneus fort. Dieser ist durch die fissura parieto-occipitalis von der niedianen Occipital- lappenflache getrennt. Die letztere zerfallt in den Cuneus und darunter liegt getrennt durch die fissura calcarina der lob. Hngualis. An der Unte r flache des Schlafenlappens grenzt an den gyr. temp. inf. der gyrus occipito-temporalis, medial davon, getrennt durch den sulcus occipito tem- poralis liegt die untere Ran dwi n du ng, der gyrus Hippocampi, vorn als uncus endend. An der Basis des Stirnlappens sind als Furchen noch der sul- cus rectus und lateral davon der sulcus triradiatus zu nennen (dem gyr. frontal, med. zugehorig). An der von den oben genannten Windungen umsaumten mittleren Partie der medialen Hemispharenflache andern sich die \^erhaltnisse. Die Rinde endet oben als gyrus fornicatus und unten als gyrus Hippocampi (obere und untere Randwindung). Unter der oberen Randwindung bricht die weisse Markmasse aus dem Hemisphareninneren heraus , beide Teile vereinigen sich und bilden so den Balken, corpus callosum. Ueber der unteren Randwindung tritt ebenfalls convergierend die weisse Markm.asse aus den Hemi- spharen heraus (Hi rn sche n kelfus s) und bildet vereint einen Teil des von hier ab beginnenden Hirn- stammes. — 5 — Zwischen Balken und Hirnschenkel liegt eine Reihe von Gebilden und Raumen verdeckt , die unten des naheren besprochen werden. Die ganze genannte mittlere Partie, die von den Randwindungen umsaumt wird, ist also nicht mehr von Rindensubstanz iiber- deckt. Der Balken, durch den also beide Hemispharen verbunden sind, bildet ein dickes Lager weisser Mark- masse; sein grosster mittlerer Teil verlauft ziemlich horizontal ; an seinem vorderen Abschnitte (genu corp. call.) biegt er basalwarts und schliesslich etwas nach hinten urn ; sein hinteres Ende verdickt sich zum Balken- Wulst (splenium c. c.) Die im Innern jeder Hemi- sphare liegende weisse Mark masse bildet den Kern der bisher beschriebenen verschiedenen Hemi- spharenlappen. Sie wird in ihrer oberen Halfte bis zur Hohe des Balkens hauptsachlich aus dem ein- strahlenden Marke des Balkens gebildet und heisst hier auf dem Durchschnitt Centrum semiovale Vieussenii. In seinem basalen Telle ist in das Mark eingebettet eine ganseeigrosse grau-rotliche Masse, das Stammganglion des Grosshirns (corpus striatum), zerfallend in Linsenkern (nucleus lentiformis) lateral und Schwanzkern (nucleus caudatus) medial ; diese Teilung bewirkt der zwischen beiden ver- laufende, oben schon angegebene Markzug, der an der Basis jeder Hemisphare als Hirnschenkelfus hervortritt. Im Innern jeder Hemisphare liegt ein Hohlen- system, der mit Lymphe geflillte Seiten vent r ikel fventricul. lateral.) Sein Dach wird durch die mediale Halfte des jederseitigen centrum semiovale gebildet, deshalb auch tegmentum ventriculorum genannt. Die Oberflache des Stammganglions tritt als Streifhiigel (corp. striatum) aus der Markmasse frei heraus und ragt von aussen und unten in den Seitenventrikel herein. Dieser Teil des Seitenventrikels, der zwischen dem seitHchen Balkenabschnitte und der Stammganglion- — 6 — oberflache liegt, heisst eel la media. Der Ventrikel setzt sich nach vorne und hinten weiter fort : in den Stirnlappen mit seinem Vor der horn (cornu anter.), nach hinten in den Hinterhauptslappen mit seinem Hinterhorn (cornu post.), nach unten in den Schlafen- lappen mit seinem Unterhorn (cornu inf. \ Vorder- und Hinterhorn Hegen allseitig geschlossen in der Mark- substanz der Hemispharen ; das Unterhorn dagegen ist gegen die Medianlinie zu offen (Unterschhtz) ; es entsteht namlich durch eine Ein- und Aufrollung der unteren Randwindung, des gyr. Hippocampi , welcher dadurch in das Unterhorn hinein als ein Wulst (cornu Ammonis) ragt. Das eigenthche Ende der Rinde vom gyr. Hippocampi bildet der schmale gyrus den- tatus (sive Fascia Tarini). (Dies X^erhalten ist gut zu erkennen auf den Durchschnitten der Tafel 27). Vom freien Rande des Ammonshornes nimmt die markweisse Fimbria (das Endstiick des Markes von gyr. Hippocampi bildend) ihren Ursprung. Sie steigt mit dem oberflachhch gerippten Ammonshorn (Digitationes c. A.) vom vorderen Ende des Unter- hornes an nach hinten und aufwarts ; am Abgang des Unterhorns von der cella media trennt sich die fimbria vom corn. Ammon. und begibt sich als aufs t eig en- der Schenkel des Gewolbes (crus ascendens fornicis) mit dem der anderen Seite convergierend zur unteren Flache des hinteren Balkenabschnittes (in dem dadurch in der Mitte freibleibenden Dreiecke das Psal- terium). Der vereinte fornix zieht unter dem Balken mit diesem vereint eine Strecke weit nach vorn, trennt sich aber, bevor er das Balkenknie erreicht, wieder von dem Balken und steigt , in die beiden a b s t e i - genden Sch enkel zerfallend, abermals in die Tiefe. An der Basis biegen die crura descend, fornicis nach riickwarts um und enden in den beiderseitigen corpora candicantia der Gehirnbasis (s. d.). Zwischen dem Balkenknie und den absteigenden Gewolbsschenkeln bleibt infolge des beschriebenen — 7 — Verhaltens in der Mitte ein Raum frei, der durch zvvei schmale I. eistchen (septum peUucidum) mit eincm klcinen dazwischenliegenden Ilohlrauin (yentri- culus septi pellucidi) ausgefullt ist. Seitlich voii jedem Septum liegt der Seitenventrikel unter dem Balken. In den Seitenventrikel ragt also vom Boden her aus dem Hemispharenmark aufsteigend, der Streif- hiigel mit seiner Oberflache herein. Sein vorderer breitester Teil, gegen das Vorderhorn zu gelegen, heisst Caput corp. str. (sein Durchschnitt nucleus caudatus). Vom Kopf an zieht nach hintcn und aussen verlaufend der schmale „Schwanz" desselben, der am Abgang des Unterhorns nach unten umbiegt, und schliesslich als ein Teil des Daches vom Unter- horn hier weiter nach vorn zieht. Medial vom Streifhiigel, verlauit ein schmaler weisser Streifen parallel mit demselben, die stria cornea ; sie trennt den Streifhiigel von einem medial und hinten von ihm machtig hervortrctenden Gebilde, dem Tha- lamus opticus, Sehhiigel, einer auf dem Durch- schnitt gleich dem Stammganglion grau - rotlichen Masse. Uie beiderseitigen Thalami treten sich einander niihernd nach hmten mehr und mehr der Mittellinic zu, der zwischen ihnen bestehende Hohlraum ist der d r i 1 1 c o d e r m i 1 1 1 e r e V e n t r i k e 1. Die Seitenventrikel der Hemispharen, speziell die cella media derselben steht mit dem dritten Ventrikei in direkter Verbindung durch einen schmalen Schlitz dicht hinter den absteigenden Gewolbsschenkeln (foramen Monroi). Das Dach des III. Ventrikels wiirde der fornix mit dariiberliegendem Balken bilden, vvenn nicht von der Pia mater unter dem Splenium corp. callosi (Gross- hirnschlitz) ein Fortsatz dieser Ilirnhaut in den hier offenen III. Ventrikei hereindringen wiirde. Diese ge- fassfiihrende Fortsetzung der pia verlauft unter dem fornix dlinn ausgebreitet den III. Ventrikei deckend nach vorn als tela chorioidea superior, sie ent- — 8 — halt in der Mitte zwei strangforinige, kornige Gebilde (plexus chorioidei med.), diese dringen in dem foram. Monroi aus dem III. in die Seitenventrikel ein als plexus chorioid. lateral, und ziehen hier, dem lateralen Rand des Thalamus aufliegend, nach hinten , um schliesslich ins Unterhorn umzubiegen. Dort hangen sie mit der durch den Unterhornschlitz hereindringenden Pia zusammen. Wie schon bemerkt wird die weisse Hemispharen- markmasse durch die irn mittleren Teil jeder Hemi- sphare auftretenden und gegen deren basalen Abschnitt zu mehr und m.ehr an Ausdehnung gewinnenden grauen Massen des Stamnjganglions und des Thalamus opticus eingeengt. Die aus dem centrum semiovale tiefer hinab ziehenden Markziige durchbrechen das Stamm- ganglion als vorderer Schenkel der inneren Kapsel und trennen dadurch den lateral gegen den Insellappen zu gelegenen Linsenkern vom nucleus cau- datus. Ein weiterer Teil des Hemispharenmarkes zieht als hinterer Schenkel der inneren Kapsel zwischen Linsenkern und Thalamus opticus nach unten. Beide Schenkel treften am Knie der inneren Kapsel zusammen. Die Bestandteile des inneren Kapselmarkes treten teils in das Stammganglion und den Thala- mus opticus ein und verschwinden darin. teils ziehen sie in der inneren Kapsel weiter basalwarts und treten als der oben schon angefuhrte H irnschenkelf us s (Pedunculus cerebri) an der Hirnbasis aus den Hemi- spharen heraus. Der keilformig zwischen innerer Kapsel und Insel- lappen sich einschiebende Linsenkern zerfallt in mehrere Abschnitte, in einen lateralen grosseren Pu- tamen, und mehrere medial gelegene entvvicklungs- geschichtlich davon zu trennende Innen-Glieder, globus pallidus genannt. Putamcn und nucleus caudatus zusammen bilden das eigentliche Stammganglion. Lateral vom Putamen setzt sich das Hemispharen- mark als die dlinne Capsula externa nach unten fort; — 9 — zwisclien dieser und dem Marke des Insellappens liegt noch einc schmale, parallel der Inscl v^erlaufende graue Masse, die Vormaucr (claustruni). Unter dem l.insenkern gewinnt das Hemispharen- mark, das diirch die grauen Massen , wie angegeben, aiif schmale Stieifcn (Capsula interna und externa) eingeengt war, wieder mchr Ausdehnung, besonders nach hinten zu als Mark des Schlafenlappens. Unter dem vordercn Teil des Linsenkerns, eingelagert in die Markmasse zwischen Stirn- und Schlafenlappcn, findet sich an der Basis noch eine kleinere rundliche graue Masse, der Mandelkern, nucleus amygdalae. Der Thalamus opt. liegt erst nach Entfcrnung desBalkens mit fornix und tela chorioid. an seiner Ober- und Medianflache frei. Er zeigt vorn einen kleinen Hocker (tuberculum ant.) und dehnt sich nach hinten vorspringcnd als Pulvinar aus. Durch die medialen Flachen der thalami vvird die seitliche Wand des III. Ventrikels gebildet. An der oberen inneren Kante des thalamus entlang zieht die schmale, aus der Tiefe auftauchendc taenia medul- laris, die nach hinten convergierend pedunculus conarii heisst und sich mit dem i)ed. der cinderen Seite kreuzt; seitlich von der Kreuzungsstelle liegt beiderseits das kleine ganglion habenulae. Der Kreuzung liegt die damit in keinem Zusammenhang stehende haselnuss- grosse Zirbeldriise (Epiphyse, conarium, glandula pine- alis etc.) auf. Quer durch den III. Ventrikelhohlraum verlaufen drei kurze Verbindungsstrangclchcn zwischen beiden Seiten. Dicht vor den absteigenden Fornixschenkeln in der Tiefe die starke, weisse Commissura ante- rior, durch die Mitte des III. Ventr. die zerreissliche graue Commissura media, dicht unter und vor den sich kreuzenden pedunc. conarii die C o m m i s s u r a p o s t e r i o r. Unter dem jederseitigen Thalamusgebiet liegt ein Bezirk, in den ein Teil der Markmassen aus Linsen- 10 — kern, Thalam. opt. und Capsula interna eintritt, er heisst regio sub thai a mica. In ihr liegt das ovale corpus s u b t h a 1 a m i c u m und der Anfang des noch weiter nach hinten im Hirnstamme reichenden roten Kernes (nucleus ruber). Der III. Ventrikel endet vorn zwischen den beiden absteigenden und etwas auseinander weichenden Fornixschenkeln ; nach unten setzt er sich , trichter- fonnig sich verengend, als infundibuluni fort; dessen Abschluss bildet die Hypophysis cerebri in der sella turcica des Keilbeins. Nach hinten verliert der Ven- trikel infolge der mit ihrer unteren Halfte sich mehr und mehr aneinander lagernden medialen Thalamus- flachen an Tiefe und setzt sich unter der ihn von oben einengenden Commissura post, fort als ein enger Kanal, Aquaeductus Sylvii. Wiihrend die unteren Thalamushalften ganz ver- wachsen, werden die oberen in ihrem hintersten Ab- schnitte (Pulvinar) durch die hinter der commiss. post, auftretenden Vierhiigel (corpora quadri- gemina) auseinander gedrangt. Die Vierhiigel zer- fallen in die zwei vorderen und in die zwei hinteren Hiigel (cor p. quadrigem. ant. und post.). Von den Vierhiigeln ziehen seitwarts die beiden Arnie (brachia), das brach. ant. und post, zu den zwischen den Vierhiigeln und dem Pulvinar sich einschiebenden Kniehockern (corpus genie ulatum later ale und mediale). Aus dem corp. genicul. lat. tritt der weisse tractus opticus basalwarts aus. Unter den Vierhiigeln zieht das Hohlensystem als Aquaeduct weiter, die nachste Umgebung bildet das centrale Hohlengrau , das audi , die Thalanius- oberflache iiberziehend, den III. Ventrikel auskleidet. Unter den Vierhiigeln liegt das durch den Zu- sammentritt der Thalami aus der regio subthalamica entstandene Gebict der Hanhc (tegmentum). Basal von der Haubenregion sind aus den beiderseitigen Hemispharen als Fortsetzung der Marksubstanz der II — vor inneren Kapsel die HiniscJienhel convergierend hervor- getreten; sie bildeii unter der Hirnschenkelhaube den Hirnschenkelfuss (Pedunculus). Zwischen Haube und Fuss liegt eine braunliche, halbraondformige Masse, die Substantia nigra. Hinter den Vierhiigeln schiebt sich, bedeckt vom tentorium, das Kleinhirii (Cerebellum) unter den Occipitallappen der Grosshirnhemispharen ein (in der hinteren Schadelgrube). In der Mitte liegt der Wurm (vermis), zu beiden Seiten die Hemispharen des Kieinhirns. Unter den Vierhiigeln zieheii aus der Hauben- region die B i n d e a r m e ins Kleinhirn (processus cerebelli ad corpora quadrigem.). Zwischen denselben stellt das diinne velum meduUare ant. mit der lingula den direkten Ubergang zum Kleinhirnwurme Unter dem Marksegel tritt der Aquaeduct durch und erweitert sich, von den divergierenden Binde- armen begrenzt, zum IV. Ven- trikel. Den Zusammenhang des Ventricularsystems lasst neben- stehende Figur 1. erkennen. Den Boden des IV. Ventrikels bildet die Rauteng ru be (fossa rhomboidalis). Unter ihr ver- laufen die aus Hirnschenkel-Haube und -Fuss weiterziehenden Be- standteile des verlangerten Markes (Medulla oblongata). Das Dach des IV. Ventrikels Teil des Wurmes (vermis inf.). • c.cent Fig. 1. bildet der untere In den Ventrikel hinein tritt von hinten ein Pia-Fortsatz als tela chori- oidea inf. Die Hemispharen des Kieinhirns be- stehen, wie die des Grosshirns , aus der oberflach- lichen grauen Rinden- und aus der central gelegenen weissen Marksubstanz. Sie zerfallen in eine Unzahl — 12 — kleinster, ziemlich parallel verlaufender Windungen, die zu einzeinen Lappen angeordnet sind. Jeder Lappen ist durch einen Teil des Wurmes mit dem entsprechenden der anderen Hemisphare in continuier- lichem Zusammenhang. All der oberen Flache sind zwei Hemispharen- lappen, der lob, super, ant. und post, (semilunaris), beide verbunden durch den Oberwurm (lob. central., Monticulus, folia cacuminis). An der unteren Flache befinden sich von vorn nach hinten folgende Hemispharenlappen: Flocculus, Tonsilla , lob. cuneiformis und lob. infer, post, (semi- lunaris). Die Verbindung dieser Lappen stellt der Unterwurm her (nodulus, uvula, pyramis, commissura brevis sind dessen einzelne Bestandteile in derselben Reihenfolge). Im Innern des Marklagers der Klein- hirnhemispharen liegt das graue gefaltelte Blatt (corpus dentatum cerebelli) und im Marklager des Wurms der nucleus tegmenti (Dachkern) nebst anderen kleineren zvvischen beiden gelegenen grauen Massen (embolus (Propf), nucl. globosus). Aus dem Kleinhirnmark ziehen nach vorne con- vergierend die schon genannten Bindearme, nach unten die processus cerebelli ad pontem, weisse Markmassen, welche, die nach hinten ziehenden Hirnschenkelfusszuge umfassend, an der Basis die B r ii c k e (Pons V a r o 1 i) bilden. Nach hinten end- lich Ziehen convergierend die processus cerebelli ad me dull, oblong at. sive corpora resti- formia (Strickkorper). Die Bindearme bilden die seitliche Begrenzung der vorderen Halfte der Rauten- grube, die corpora restiformia die der hinteren Halfte. Die Form der Rautengrube entsteht eben durch die Con vergenz dieser beiden Markstrange aus dem Kleinhirn. Die Rautengr ube ist mit einer Schicht graucr Substanz (centrales Hohlengrau) bedeckt, in der Mitte der Grube verlaufen quer nach beiden Seiten zum stumpfen Winkel convergierend die markhaltigen — 13 — weissen Fasern der Striae acusticae. Unter dem Grau liegt die Fortsetzung der Bestandteile der Haube, darunter, von den queren Briickenfasern des Cere- bellum umfasst und durchsetzt, die des Hirnschenkel- fusses , ausserdem liegt noch eine Anzahl kleiner grauer Massen (Kerne) zwischen alien diesen sich diirchflechtenden Markziigen ; all dies zusammen nebst den hier austretenden Ner\'en baut die Medulla oblongata auf. Am hinteren Rande des Pons treten an der Basis als Fortsetzung des Hirnschenkelfusses die markweissen Pyramid en aus, lateral davon legen sich die Oliven an, ein auf dem Durchschnitt vielfach gefalteltes, graues Blatt. Dorsal vom Pyramidenaustritt verschmalert sich die Rautengrube mehr und mehr, die corp. restiform. treten im spitzen Winkel zusammen, die Rautengrube bildet hier den Calamus scriptorius. Am hintersten Winkel (Obex) senkt sich der Ventrikel tiefer in die Substanz der Medulla oblongata ein und geht, bald ganz von der Oberflache verschwindend , in den im Centrum des Markes gelegenen Centralkanal iiber, der das ganze Ruckenmark als solcher durch- zieht. Die Markstrange der corpora restiformia gliedern sich kurz vor ihrem Zusammentritt in einen medial gelegenen Strang funiculus gracilis sive f. Goll und in einen lateral gelegenen, den funi- culus cuneiform is sive f. Burdach; beide zu- sammen verlaufen anscheinend ununterbrochen als HinterstrangedesRiic ken markes dorsal weiter (funiculus posterior). Ventral spitzen sich die Pyra- miden nach unten zu und treten von der Oberflache hier in die Tiefe der MeduU. oblong, und auf die andere Seite derselben, sich kreuzend' (Decussa tio pyramidum); mit dem ventralsten Teil des corp. restiforme , der nicht zu den Hinterstrangen tritt, bildet dieser gekreuzte Pyramidenstrang zusammen - 14 — den Seitenstrang (funiculus lateralis) des Riicken- markes Die Vorderstrange des Riickenmarkes entstehen aus den unter den Pyramiden gelegenen und nach deren Verschwinden zum Vorschein kommenden Teilen (funiculus anterior). Dm den Centralkanal , also in der Mitte des Riickenmarkes , gruppiert sich die Fortsetzung der grauen Substanz der Rautengrube mit ihren Kernmassen als Vorder- und Hinterhorn angeordnet. Die graue Substanz ist also hier mit dem Ventrikelsystem in die Tiefe geriickt und liegt central, wahrend peripher die weissen Markstrange angeordnet sind. Die Medulla oblongata hat sich auf diese Weise in das Riickenmark (Medulla spinalis) speziell ins oberste Halsmark umgewandelt. Wir haben noch einen kurzen Blick auf die Ge- hirnbasis zu werfen. Vor den breit angelegten Briickenmarkmassen treten die weissen Hirnschenkel convergierend zusammen(Pedunculus cerebri). Zwischen den Hirnschenkeln liegt in der Mitte die Substantia perforata posterior, vor ihr die beiden erbsengrossen, weissen Markhiigelchen (corp. candicantia, mammillaria). Vor diesen die Fortsetzung des III. Ventrikels , das Infundibulum mit der Hypophyse, davor das Chiasma nervorum opticorum , zu dem sich die tractus optici beider Seiten, den Pedunculus umgreifend, verbinden. Das Riickenmark bildet einen rundlichen, weissen Strang von ca. Kleinfingerdicke und zieht im Wirbel- kanal knapp bis zum oberen Rande des 2. Len- denwirbcls herab, umgeben von seinen Hauten. Es nimmt von oben nach unten allmahlich an Umfansf ab, bildet aber in seinem Verlauf zwei Anschvvell- ungen, eine im Halsmark und eine im Lendenmark. Diese Anschwellungen kommen durch starkere Aus- dehnung der central gelegenen grauen Substanz der Vorder- und Hintcrhorner zu stande. Zwischen beiden Anschwellungen liegt das Brustmark, die untere Spitze des Riickenmarkes bezeichnet man als conus medullaris. 15 Die drei Strange (Vorder-, Seiten-, Hinterstrang) verlaufen, wie obeii geschildert, die graue Substanz des \^order- und Hinterhornes umgebend, im conns medullaris enden Strange und florner, der Seitenstrang ist im conus noch am machtigsten, der Vorderstrang am schmalsten. Die graue Substanz iiberwiegt hier unten die weisse (im Halsmark etc. umgekehrt). Zwischen beiden Vorderstrangen verlauft der tiefe Sulcus longitudinalis anterior, zwischen beiden Hinter- strangen angedeutet der sulcus longit. posterior. Aus dem Hirnstamm und Riickenmarke treten als ?Ai Bi-indeln gesammelte Fortsetzungen dort verlaufender Markstrangelchen die ■perifherischen JVerven aus. Die Nerven zerfallen in die i2 Gehirn- und in die 31 Rii c kenma rks nerve np aa re. Die 12 Gehirnnerven entspringen an der Basis cerebri (bis auf d^n vierten) in folgender Reihenfolge : I. Nerv. olfactorius. Er wird gebildet durch die zahlreichen kleinen, die lamina cribrosa des Sieb- beins durchsetzenden Nervuli olfact. Diese treten in den im sulcus rectus an der Basis des lobus frontalis gelegenen bulb us olfact. ein. Der bulbus zieht als tractus olfact. nach riickwarts und endet seitlich vor dem Chiasma im trigonum olfactiv. Der tractus olfactor. etc. stellt einen beim Menschen verkiimmerten, bei den Tieren teilvveise zu einem machtigen vveiteren Hirnlappen ausgebildeten Hirnabschnitt dar. II. N. opticus. Beide Nerven treten aus den Bulbi heraus, convergierend zum Chiasma zusammen, unterliegen einer teilweisen Kreuzung (nasale mach tigste Biindel) und ziehen als tractus optici iiber den Hirnschenkelfuss weiter nach aufvvarts bis zum corpus geniculat. lateral, in dem sie zu verschwinden scheinen. III. N. o cul om o tori u s. Er tritt unter den Vierhiigeln in vielen Biindeln durch die Substanz der Haube und gelangt medial von dem Pedunculus am vorderen Briickenrande an die Oberflache. IV. N. trochlear is. Er trilt dorsal hinter — i6 — den hinteren Vierhligeln, im velum medul. sich total kreuzend, hervor, von hier wendet er sich nach unten der Basis zu und lauft uber den Pedunculus weiter nach vorn, V. N. Trigeminus. Er tritt mit einer vorderen (mot.) und einer hinteren (sens ) Wurzel durch die seitlichen Briickenfasern aus. Die hintere Wurzel bildet das GangHon Gasserij dann zerfallt der Nerv in seine drei Aeste. VI. N. Abducens. Er entspringt vom Boden der Rautengrube, durchsetzt die Medulla oblongata und tritt am hintern Ponsrande hervor, seitlich von den Pyramiden. VII. N. facialis. Er tritt gemeinsam mit dem folgenden nach aussen von der Olive am hintern Pons- rande aus. VIII. N. acusticus. Er wird durch zwei Wur- zeln, den N. vestibularis (vord. med. Wurzel) und den N. cochlearis (aus der Schnecke) (hint, lateral. W.), gebildet und tritt mit dem facialis aus. IX. N. Glossopharyngeus. X. N. Vagus. Beide treten gemeinsam ventral vom corpus restiforme in vielen Wurzeln aus. Der erste bildet u, a. das ganglion petrosum , der zweite das ganglion jugulare. XI. N. Accessorius. Er kommt mit vielen durch den Seitenstrang austretenden Wurzeln aus dem oberen Halsmark und der Medulla oblonj^ata. Sein innerer Ast tritt zum N. vagus. XII. N. Hypoglossus. Er tritt zwischen Pyra- mide und Olive in mehreren Biindeln aus. Die Rilckemnarksncrven zerfalJen in die 8 Hals- nerven , 12 Brust- , 5 Lenden-, 5 Kreuzbein- und i (selten 2) Steissbeinnervenpaare \ sie stammen aus je- weils einem bestimmten Ruckenmarksabschnitt (Seg- ment), also aus den 8 Hals-, 12 Brust-, 5 Lenden marksscgmenten etc. Jeder Nerv tritt aus seinem Riickenmarkssegment in zwei getrennten Portionen, — 17 — ,,Wurzeln", aus. Zwischen Vorder- und Seitenstrang treten die vord er en (mot.) W urzeln (radix ant.), zwischen Seitenstrang und Hinterstrang die hinteren (sensibl.) Wur zeln (radix post.) aus. Beide Wur- zeln vereinigen sich. nachdem noch die hintere Wurzel das ganglion intervertebrale, eine knoten- formige Anschwellung im Zwischenwirbelloch gebildet hat, zum eigentlichen Nerven. Die Nerven fiir den Hals, die Extremitaten etc. bilden unter sich, bevor sie in den Weichteilen weiter verlaufen , durch viel- fache Anastomosen die Plexus nervosi (plex- cervicalis, brachialis, lumbalis, sacralis etc.). Aus den Plexus erst entspringen die pe riph erischen Nerven sensu strictiori. In den periph. Nerven verlaufen da- durch gemischt Fasern aus der vordern und hintern Wurzel nicht nur eines Hohenursprungs, sondern aus verschiedenen Riickenmarkssegmenthohen (^naheres s. Tafel 23). Die Nerven wurzeln fiir die untere Ex- tremitat verlaufen infolge ihres hohen Ursprungs (Hohe des I. Lendenwirbels s. Tafel 23) vor ihrem Austritt durch die foram. intervertebralia noch eine Strecke weit neben dem conus medullaris und noch weiter nach abwarts als c a u d a equina. Der Grenzstrang des Symfathiciis zerfallt in eine Reihe kleiner Knotchen (Gang lien), die vom Hals an beginnend (gangl. suprem., medium, imum) an der Vorderflache der Wirbelsaule hinab gelagert sind; vor jedem Wirbel liegt ein Ganglion; dieselben sind unter sich durch diinne Nervenstrange verbunden. Zu den Ganglien treten auch Nervenfasern aus den Hirnnerven und Riickenmarksgeflechten. Am Steiss- bein endet der Grenzstrang im medialen ganglion impar. Aus dem Grenzstrang und seinen Ganglien treten die sympathischen Nerven, teils den Blutgefassen folgend , teils in Gehirn- Riickenmarksnerven weiter verlaufend, zu den innervierten Organen (zu alien glatten Muskelfasern), zum Teil bilden sie erst in der Nahe dieser weitere Ganglien (Herzmuskelganglien, Gekros-, Darm- etc. Ganglien). 2 — i8 — Die a r t e r i e 1 1 e n Blutgefdsse des G e h i r n s entspringen aus der Carotis interna und der Art. vertebralis und dem durch Anastomosen beider gebildeten basalen cir cuius arteriosus Willesii (s. Tafel V). Aus ihm entspringen die in der Pia weiter verlaufenden Arterien : a. corp. callosi (fiir Balken, Mediane Gehirnflachen), a. fossae Sylvii (fiir die Umgebung der Grube und die Stammganglien), a. chorioidea (fiir die V^entrikel), a. profunda (fiir die Hinterhaupts- und Schlafenlappen) u. s. f. Die Blut- gefasse der Gehirnsubstanz sind sogenannte E n d - arterien, d. h. sie stehen nicht in so ausgiebiger Anastomosenverbindung, dass benachbarte Gefasse fiir sie notigenfalls vikariierend eintreten konnen. Die Arterien des Riickenmarkes entspringen zuni Tail aus der art. vertebralis als a. spinal, ant. und post., zum Teil kommen sie auch aus den a. intercostales etc. Die Gefasse treten von alien Seiten , besonders aber vom sulcus longitudinalis ant. aus hinein. J'/5j (arotii ////. Fis. 2. Fig. Vorstehende Zeichnungen zeigen die Bkitgefass- verteilung, Fig. 3 diejenige der a. fossae Sylvii (A. f. S.) zu den Stammganglien und der inneren Capsel (a. 1. st. = art. lenticulostriata, ein in in der Pathologic wicli- - 19 — tiger Ast), Fig. 2 Riickenmarksquerschnitt mit Ge- fassen; man beachte die Versorgung der grauen Sub- stanz durch die vordere Sulcusarterie. Der Abfluss erfolgt fiir das Gehirnblut durch die P i a 1 V e n e n in die Sinus venosi (aus dem III, Ventr. die vena magna Galeni) , von hier in die vena jugularis int. Im Riickenmark erfolgt der Abfluss in den, zahl- reiche Anastomosen bildenden, Breschet'schen Ven en plexus, der die dura mater umspinnt. Die L y m p h b a h n e n des Gehirns und Ritcken- marks kommunicieren mit den Lymphraumen, welche durch die Haute gebildet werden, die Ventrikelraume stehen mit den subarachnoidealen Lymphraumen in offener Verbindung (Liquor cerebrospinalis.) Die N erven der pia und dura sind sympathischen Ursprungs, teils (fiir die dura) entstammen sie dem sensiblen Trigeminus. 2* II. Abschnitt. Entwicklung und Bau des Nervensystems. (Tafel 11—48). Das Centralnervensystem entsteht aus dem aus- seren Keimblatte (Ektoderm) der Embryonal- anlage, indem in der Mitte des Fruchthofes, aus dem Ektoderm (Ectoblast) , paarige Wiilste (Medullar- wiilste) in der Langsrichtung sich bilden, die zu- sammentretend sich zur Medullar r in ne einsenken. Durch den Schluss der lateralen Wulstrander am dor- salen Abschnitt entsteht daraus das.Medullarro hr. Aus den geschichteten Epithelzellen des Medullarrohrs bildet sich die Geriistsubstanz (Glia) des Centralnervensystems und die eigentliche n e r- vose Substanz. Die Haute und Blutgefasse sind mesodermalen Ursprungs. Laterodorsal von der MeduUarrinne legt sich eine aus Zellen bestehende Leiste (Ganglienleiste) an, die schliesslich neben dem Medullarrohr in dessen ganzer Langsausdehnung verlauft. Aus dieser Leiste bilden sich die Intervertebralganglien und die den- selben analogen Ganglien der sensibeln Hirnnerven (Riechganglien , gangl. Gasseri , cochleare, jugulare, petrosum etc.). Das Medullarrohr zerfallt an seinem nasalen, kol- bigen Ende noch im ersten embryonalen Monate in anfanglich drei ,,primare Hirnblaschen", das erste und das dritte nochmals in je zwei weitere ; das pri- mare Vorderhirn- (in Vorderhirn- und Zvvischen- hirn weiter zerfallend), das Mittelhirn- und das Hinterhirnblaschen (letzteres in das Hinter- hirn undNachhirn sekundar zerfallend) biklen also 3 respektive 5 Hirnblaschen; aus diesen entvvickelt — 21 — sich das ganze Gehirn. Der Hohlraum des MeduUar- rohres wird zum Ventrikelsystem , die Wandungen des Rohres und der Blaschen verdicken sich zu den Gebilden des Riickenmarks und Gehirns. Das Vorderhirn zerfallt durch den bald von oben her einwachsenden und das Blaschendach (Pal- lium) eindriickenden Processus falciformis der dura in zwei Halften (die Grosshirnhemispharenanlage). Sie iiberragen durch ihr rascheres Wachstum bald die iibrigen Hirnabschnitte. Die Wand des Vorderhirn- blaschens verdickt sich zur Hemispharen-Rinde und -Mark, vom Boden her ragt in den zum Seitenventrikel gewordenen primaren Hohlraum die Anlage des Stamm- ganglion ein, die schliesslich mit der lateralen Wand (an der Capsula externa) verwachst, medial zu , aber frei bleibt (nucleus caudatus). Aus den Hemispharenblaschen bricht an der medialen Flache der Balken, die Medianlinie iiber- bruckend und mit dem der andern Seite verwachsend, hervor. Die Rinde , anfanglich glatt , bildet durch Ein- senkung (2. — 3. Monat) die ersten Furchen und Win- dungen, zuerst tritt die fossa Sylvii auf (naheres siehe Tafel 12). Aus dem Zwischenhirn entstehen die Thalami opt. und die iibrigen Gebilde , welche den zum III, Ventrikel sich umbildenden Hohlraum umgeben (Hy- pophyse, Conarium, tract, opticus, tractus olfactorius). Der Thalamus verwachst an der ,,Schlussplatte" mit dem hintersten Abschnitte des Stammganglion ; hier also hangt das Vorderhirn mit dem Zwischenhirn zusammen. Aus dem Mittelhirn entstehen die Vierhiigel, Haube und Fuss des Hirnschenkels , der Hohlraum verengt sich zum Aquaeduct. Aus dem Hinterhirn entsteht das Kleinhirn, aus dem Nachhirn die Medulla oblongata. — 22 — Im Mittelhirn findet fruhzeitig schon eine Kriim- mung nach unteu statt (Briickenbeuge). Die mikroskopische Untersuchung des Central- nervensystems lasst dessen Zusammensetzung aus zwei Gewebsarten — der Geriistsubstanz, Glia und der darin eingelagerten Nervensubstanz (Nerven- zellen und -fasern) erkennen. Beide entstehen in der Art aus den (ektodermalen) Epithelzellen des MeduUar- rohrs, dass ein Teil derselben , Spongioblasten, sich vom Centralkanal aus vermehrend, zahlreiche, ein feines Netzwerk liefernde, Faserchen nach alien Richtungen aussendet und so die Glia bildet (Spinnen- zellen, Astrocyten), Ein anderer Teil der Zellen — Neuroblasten — entwickelt sich als Keimzellen, sendet bald einen dicken, langen Fortsatz und spater zahlreiche feinere Verastelungen aus; aus ihnen entstehen die Ga nglien- zellen und Nerven fasern. Ansammlungen solcher Keimzellen finden sich an bestimmten Stellen des Centralnervensystems , so in der ganzen Gross- und Kleinhirnrinde und den als modificierte Rinde aufzufassenden Stammganglien; ferner im Thalamus, in den Vierhiigeln etc. und schliesslich vom Mittel- hirn ab in der Umgebung des Centralkanals bis zum Ruckenmarksende hinab, in einer als ,, centrales Kern- lager" bezeichneten Anordnung. Die iibrigen Abschnitte des Centralnervensystems vverden hauptsachlich von den langen Fortsatzen dieser Zellen gebildet ; diese bilden in ihrer Gesamtheit spater die Marksubstanz , ,,weisse Substanz", die Zellenan- sammlungen dagegen die ,,graue Substanz". Der Complex : „Nervenzelle mit zugehorigem Nervcnfortsatz'' wird in seinem Gesamtverlauf und Zusammenhang als ein Neuron (to vEupov, Nerven- einheit) bezeichnet. Die langen Ganglienzellfortsatze aus Hirnrinden-, Stammganglien- und Thalamus opticus-Zellen verlaufen grosstenteils ganz innerhalb des Centralorgans , be- — 23 — ginnen und endeii also dort, — c e n t r a 1 e N e u r e n — , diejenigen aus den perikanalikularen Kernlagern dagegen wachsen zum einen Teil aus dem Centralorgan heraus, der Korperperipherie zu — peripherische Neureii — ; die letztgenannteii bilden die aus dem Mittel- und Nachhirn auswachsenden motorischen G e h i rn n e r V e n und die aus dem ventralen Kern- lager des Riickenmarks (Vorderhorn) austretenden motorischen Riickenmarksn erven, die als ,, v or- der eWu rzeln" aus dem Vorderhorn heraus wachsen, den dort gelegenen Ganglienzellen als lange Fortsatze dirckt entspringend. Dies die Entwicklung der periph. motor. Neuren. Gerade umgekehrt verhalten sich die sensibeln Nerven. Diese wachsen aus den Zellen der Spinal- gang lien in die dorsalen Kernlager des Rticken- marks (Hinterhorn etc.) herein — sensible Riicken- marks nerven — , ebenso wachsen aus den analogen Zellen des Ganglion Gasseri, cochleare, petrosum, jugulare, der Retina, der Riechschleimhaut die sen- sibeln Gehirnnerven in das Gehirn (bulb, olfact. Mittel- hirn, Nachhirn) hinein. Zugleich tritt aus den ange- gebenen Zellen auch ein weiterer Fortsatz peripher aus und tritt als sensibler peripherischer Nerv zur Haut. Dieses Neuron hat demnach seine Zelle ca. in der Mitte seines Verlaufes. Dies also die Ent- stehung der peripher ischen sensibeln Neuren. Im Laufe der Entwicklung bilden sich die Neuro- blasten nach und nach zu Ganglienzellen um , ihre Nervenfortsiitze konnen zum Teil betrachtliche Lange erreichen. Diese Fortsatze umgeben sich ungefahr vom 5 Monat ab mit einer Hi.ille, die sie in ihrem ganzen Verlauf begleitet, es erfolgt die Markscheiden- anlage. Jeder lange Fortsatz umgibt sich mit einer weichen, weissen Markschicht und wird dadurch zur definitiven, funktionsfahigen Nervenfaser. Die Markscheidenentwicklung erfolgt fur die ver- schiedenen Neuroncomplexe zu verschiedener Zeit, — 24 — sie dauert von der angegebeneii Zeit des Embryonal- lebens bis ins Kindesalter, ja noch viel langer fort; successive umkleidet sich ein Teil der Fortsatze nach dem andern mit Mark, und bedingt dadurch die be- kannte weisse Farbe der Marksubstanz. Die Anlage erfolgt im AUgemeinen nach dem Grundsatz, dass die zuerst in Fun kt ion tretenden Bahnen audi zuerst sich mit Mark umkleiden ; so entwickeln sich zuerst die peripherischen Reflexbahnen , die sensibehi cen- tralen Leitungsbahnen vor den motorischen, die Pro- jectionsbahnen vor den Associationsbahnen u. s. f. (Naheres siehe Tafel 48). Die ausgebildete NeurogUa besteht aus vielen kleinen Zellen (Stiitzzellen, Gliazellen), deren massen- hafte Auslaufer ein Netzwerk unzahHger feinster Faserchen bilden , zwischen den in sie eingelagerten Ganglienzellen und Nervenfasern. An der Wand des Centralkanals und des Ventrikelsystems bestehen die urspriinglichen Epithelzellen als Cylinderepithelaus- kleidung (Ependym) fort. Die fertigen Ganglienzellen sind teils grosse Zellen von der verschiedensten Form , alle mit deut- lichem Kern, aber sehr verschieden gestaltetem Proto- plasma, haufig mit Pigmenteinlagerung, teils kleine „Kornerzellen" fast nur aus Kernsubstanz bestehend. Von den Zellen treten nach alien Seiten Fortsatze aus, solche, die sich vielfach in der Nahe der Zelle baum- formig verasteln (Dendriten- oder Protoplasma- Fortsatze) und einer, der als der oben angegebene Neuroblastenfortsatz zuerst entsteht und spater Axe n- c }1 i n d e r f o r t s a t z genannt wird. Nach seinem Austritt aus der Ganglienzelle um- kleidet sich dieser Axencyhnderfortsatz mit Marksub- stanz und heisst dann „Nervenfaser.'' Die Nervenfaser besteht also aus dem Axen- faden, der wieder aus zahlreichen Einzelfibrillen sich zusammensetzt , und der ihn umgebenden, in Seg- menten angeordnetcn M a r k s c h e i d e. Da wo Nerven- — 25 — fasern aus dem Centralorgan austreten (periph. Nerven) lagert sich eine weitere, sehr diinne Hiille um die Markscheide, die S ch wan' sche Scheide, das Neu- rilemma. Der Axencylinderfortsatz kann sehr verschieden lang sein, immer aber endet er ebenfalls mit einer Verastelung , der Faseraufsplitterung, schon vorher gibt er haufig Seitenastchen, in verschiedenen Hohen ab (Collater alen) , die ebenfalls mit Aufsplitterungen enden. Die Zellen mit langem Fortsatz (Deiters'scher Typus) bilden die iiberwiegende Mehrzahl gegen solche mit ganz kurzem, in der Zellnahe schon sich auf- splitternden Fortsatz (Golgi'sche Binnenzellen). Ganglienzelle mit ihrer Zellverastelung iind Axen- cylinder mit seiner Endaufsplitterung bilden eine ana- tomische und physiologische Einheit, ein Neuron. Alle Nervenbahnen bestehen aus hinter einander geschalteten Complexen solcher Neuren. Ein ana- tomischer direkter Zusammenhang dieser Neuren scheint nicht zu existieren *) sie greifen vielmehr wie Ma- schinenrader in einander, indem zwischen die Axen- cylinderaufsplitterung des einen, die Zellverastelung des andern Neurons eingreift. Gehirn, Riickenmark, periph. Nerven und sympathisches Nervensystem sind ausschliesslich aus solchen Neuren aufgebaut. Die Uebertragung der Erregung von einem Neuron aufs andere geschieht wohl durch einen Bewegungs- vorgang in diesen Aufsplitterungen. Die Leitung er- folgt im Axencylinderfortsatz cellulifugal, in den Zell- verastelungen cellulipetal. Kein Neuron steht nur mit einem , sondern stets mit mehreren Neuren (,,Schalt- zellenneuren") in Beziehung, was eben durch die zahl- losen Zellverastelungen und die Collateralen ermog- licht wird. Diegraue Substanz des Nervensystems (Rinde, '"■") Am wahi-scheinlichsten ware von den verschiedentlich auch von hervorragenden Forschern behaiipteten Neurenana- stomosen noch die der Protoplasmafortsatze. — 26 — Ganglien, Kernlager) besteht ausser dem Gliagrund- gevvebe aus Ganglienzellen, deren Dendriten und mehr oder weniger zahlreichen Nervenfasern (teils mark- haltige, teils auch marklose (blasse Remak'sche) Fasern. Die vveisse Substanz (Marklager der Hemi- spharen, Balken, caps, int., Pedunculus, Ruckenmarks- strange, peripher. Nerven) besteht nur aus markhaltigen Nervenfasern, die Markhiille bedingt Farbe und Con- sistenz der Substanz. Der feinere mikroskop. Bau der einzelnen Be- standteile des Centralnervensystems ist aus dem Text der Tafeln 13 — 21 und aus den Zeichnungen besser als aus jeder Beschreibung ersichtlich. Fassen wir kurz den inneren Zusammenhang in iolgendem zusammen: In den Zellschichten der Grosshirnrinde entspringen und enden die das Centrum semiovale zusammensetzenden Markfasern. Sie zerfallen in drei verschiedene Systeme. I. Die Com mis surenb ahn en. Sie bilden den grossten Teil des centralen Marklagers als Balkenfaseru ng. und ver- binden symmetrische Stellen der Windungen der linken und rechten Grosshirnhemisphare. Die durch die Balkenfasern nicht verbundenen Rinden- stellen (basale Schlafen- und Hinterhauptslappen- windungen) werden durch die dafur eintretende tiefgelegene Commissura anterior versorgt. II. As s ociationsbahnen. Dieselben werden gebildet durch Markziige, die innerhalb einer jeden Hemisphere die einzelnen Rindenwindungen unter sich verbinden , benach- barte Windungen durch die fibrae propriae, ent- ferntere Windungen und Lappen durch die ..kurzen und langen Associationsbiindel." Sie ziehen inner- halb der Hemisphare von Windung zu Windung und durchziehen zu grosseren Bundeln vereint die — 2/ — Marksubstanz, um in entfernteren sich aufzulosen. Einige dieser l^iindel habeii Namen (cingulum, fasciculus uncinatus, fascic. longitud. infer, ver- binden den Schlafenlappen mit Stirn- und Hinter- hauptslappen, fascicul. longitud. sup. und subcallosus verbinden den Stirnlappen mit deni Hinterhaupts- lappen u. A.). Insbesondere ist der Schlafenlappen und Occipitallappen durch zahlreiche Associations- ziige in seinen eigenen und mit den iibrigen gleich- seitigen Rindenteilen innig verknlipft. III. Die Pr oj ections bahnen. Dies sind die wichtigen FaserzUge, die aus alien Teilen der Hirnrinde entspringend oder in den- selben endend durch die quer verlaufenden Com- missuren- und die langsverlaufenden Associations- bahnen zwischen durchtretend, vveiter nach ab- warts Ziehen, um also tiefer gelegene Telle des Hirnstammes und Riickenmarks mit der Hirn- rinde in Verbindung zu bringen. Die Gesamt- heit dieser Bahnen heisst der Stabkranz. Die Stabkranzbahnen zerfallen je nach dem Ort, an dem ihre Ayencylinderaufsplitterung statt- findet in kurze und lange Bahnen. Zunachst ziehen die Stabkranzbahnen. sich aus der ganzen Rinde her sammelnd in der Capsula interna (vord. und hinterer Schenkel) weiter ab- warts, sie durchbrechen also das Stammganglion. 1) Die kurzen Stabkranzbahnen. a) Ein Teil der Stabkranzbahnen tritt aus alien Windungen der Hirnrinde her in den Tha- lamus opt. aus der Caps. int. ein, als vord., hint, und unterer Thalamusstiel sich sam- melnd, und verschwindet im Thalamus (Stab- kranz zum Thalamus), teils iiberziehen diese Fasern vor ihrem Eintritte seine Oberflache (stratum zonale). b) ein weiterer Teil tritt ahnlich in den nucleus — 28 — caudatus eiii und lost sich darin auf (als Associationsbahnen aufzufassen). c) ein aus dem Occipitallappen (cuneus) stam- mender Teil, der im hintersten Abschnitt des hintern Kapselschenkels sich sammelt, tritt zu den primareii Opticus-Centren: Pulvinar thalamic zu corpus geniculatum laterale und Corp. quadrigeminum ant. (als Gratiolet'sche Sehstrahlun^ bezeichnet.) Von hier aus zieht anschliessend der tractus opticus weiter. 2) Die Ian gen S tabk ranzbah n e n. Dieselben ziehen aus alien Teilen der Rinde stammend in der capsul. int. weiter abwarts und gelangen unter dem Thalamus teils in die regie subthalamica und von da in die Hirnschenkel- haube, teils in den Hirnschenkel fus s, a) H a u b e n b a h n e n Dieselben treten teils direkt aus der innern Kapsel (hinterer Schenkel), teils nach Durch- setzung der Innenglieder des Linsenkerns (Linsenkernschlinge aus globus palidus) und Durchbrechung des medial davon gelegenen inneren Kapselteiles in die Haube und ver- laufen dort als Sch leifenbahn weiter ab- warts durch die Medulla oblongata bis an deren unteres Ende. Mediale und laterale Schleifenbahn (sensible centrale Bahn), b) H i r n s c h e n k e 1 f u s s b a h n e n. Alle bisher nicht abgezweigten Stabkranz- fasern treten aus der inneren Kapsel (vord. und hint. Schenkel) in den Hirnschenkelfuss iiber und somit aus ihrer Hemisphare heraus. Man unterscheidet hier P^aserziige von dreierlei Herkunft. a; Das mediale Pedunculusbiindel. Dieses stammt moglicherweise aus der Stirn- lappenrinde, lauft durch den vorderen Kapsel- 29 schenkel und endet in den BriickengangHen (frontale Briickenbahn). p) Das laterale Pedunciilusbiindel. Dieses kommt sicher aus dem Schlafen- iind Hinterhauptslappen, tritt durch den hin- teren Kapselschenkel und endet ebenfalls in den Briickenganglien (temporo - occipitale Briickenbahn). y) Das mittlere Pedu ncu 1 u sbiindel. Die Pyramide7ihahn. Dieses stammt aus den Rindenzellen der Centralwindungen und deren Umgebung, sammelt sich zu den Kapselabschnitten, die im Knie und im vorderen Drittel des hinteren Schenkels verlaufen und gelangt im Hirn- schenkelfuss zwischen die beiden unter a und P erwahnten Biindel zu liegen. Dieser Abschnitt ist auch der einzige Bestand- teil der Hirnschenkelfussfasern, der aus der Briicke an deren hinterem Rande als Pyramide wieder heraus- Fig. 4. — 30 — tritt und als Pyramidenbahn weiter im Riickenmark abwarts verlauft; sie tritt, wie schon gesagt, zum grossten Teil sich kreuzend, in den Seitenstrang, der ungekreuzte kleinere Teil bleibt im Vorderstrang. Diese Balin ist die langste von alien Stabkranz- fasern, sie ist in ihren langsten Fasern bis in den (gekreuzten) Seitenstrang des conus medullaris zu verfolgen. Vom Hirnschenkel an gibt sie fort- wahrend Fasern ab, die zu den motorischen Kernen der entgegengesetzten Seite verlaufen. Sie bildet die centrale motorische Bahn. Die Lage dieser Bahnen illustriert gut das um- stehende, nach Edinger modificiert gegebene Kapsel- schema; die Bahnen sind ihrer Richtung und Lage nach eingeschrieben. Zu diesen aus der H i r n r i n d e stammenden S t ab k r anzf asern treten nun noch solche, die aus dem Stammganglion und Thalamus opticus entspringen und als kurze Bahnen weiter abwarts ver- laufen. Hierher gehoren: 1. die aus dem nucleus caudatus und Putamen zum Thalamus opticus, inneren Glied des Linsenkerns und noch weiter abwarts zur Sub- stantia nigra des Hirnschenkels verlaufenden Fasern, 2. die aus dem Thalamus entspringenden und zur Haube weiterziehenden und dort endenden Bahnen (nucleus ruber, Subst. reticularis). In der Hirnschenkelhaube beginnen neue Fasei- ziige. Einmal das dicht unter dem centralen Hohlen- grau verlaufende hintere Langsbiindel (fasc icul. long, post.), das einzelne Hirnnerven verbindend bis ins Halsmark zu verfolgen ist Sodann ein machtiger aus dem roten Kern austretender und mit dem der andern Seite sich kreuzender Markzug, der als Bindearm (process, cerebelli ad corp. qua- drigem.) zu den Klcinhirnhemispharen verlauft und im corp. dentat. und der Rinde derselben endet. — 31 — Aus dem Kleinhirn treten ferner aus oder ein : die process, cerebelli ad pontem, die zu den Briickenganglien der anderen Seite (also gekreuzt) Ziehen und dort enden, und die processus cere- belli ad medullam oblongatam (corp. resti- form.); sie enthalten Faserzuge aus dem Kleinhirn zu den Oliven, zu den Hinter- und Seitenstrangen (Kleinhirnseitenstrangbahn) des Riickenmarks (teils kurze, teils lange Bahnen). Ausserdem enthalt das Kleinhirnmark auch ahn- lich wie das Grosshirn Commissuren- und As- sociation sziige. Der Aufbau des Riickenmarks aus den Pro- jektionsfasern der Gross- und Kleinhirnrinde, den Pyra- miden, corp. restiform. etc., ist nach dem oben (Seite 14) gesagten verstandlich. Wir erkennen auf dem Riicken- marksdurchschnitt dessen beide Halften , getrennt vorne durch den sulcus longitud. ant. In der Median- linie verlauft quer die weisse Commissura anterior von einem Vorderstrang resp. Vorderhorn zum andern. Dahinter liegt der enge canalis centralis, dahinter die schmale Commissura posterior. Die graue Substanz , in Form der Vorder- und Hinterhorner angeordnet, ist umgeben von den Vorder-, Seiten- und tlinterstrangen. 1. Der Vorderstrang enthalt die ungekreuzte Pyramidenbahn und den Vorderstrangrest (Fort- setzung von Bestandteilen der Substantia reti- cularis der Haube). 2. Der S eitenstrang: die gekreuzte Pyramiden- bahn, die Kleinhirnseitenstrangbahn (aus corp. restiform.), das Gowers'sche Biindel, den Vorderseitenstrangrest und die seithche Grenz- schicht (z. T. aus der Haube stammend) ; 3. der Hinterstrang enthalt das Goll'sche und Burdach'sche Biindel und die Wurzel- zonen. - 32 — Die weiteren genaueren Angaben iiber den Ver- lauf und die Bedeutung der bisher besprochenen und anderer Bahnen folgt in Abschnitt III. Das Bisherige mag zum Verstandnis der in Tafel 24 — 47 enthaltenen Serienschnitte , deren Studium erst in die topogra- phische Gehirnanatomie einftihrt , ausreichen. Auch die feineren Verhaltnisse der grauen Substanz der Rinde , Stammganglien , des Thalamus , der Nerven- kerne lassen sich nur an der Hand von Abbildungen verstandlich vortragen , auch hierfiir muss Tafel und Tafeltext eintreten. In den Serienschnitten ist der raschen Orientie- rung halber die Hirnrinde iiberall rot , die Stamm- ganglien, der Thalamus, die Kernlager durchweg blau wiedergegeben. III. Abschnitt. Anatomie und Physiologic der w^ichtigeren Nervenbahnen. (Tafel 49-52.J Eine Bahn nennen wir das anatomische Substrat fiir die Uebertragung einer bestimmten physiologischeii Erregung, von der Ganglienzelle bis zum erregten Endorgan, in seinem ganzen Zusammenhang. Jede physiologisch einlieitlich funktionierende Bahn besteht aus mehreren an einander anschliessenden Neuroncomplexen. Jeder einzelne INeuroncomplex aber bewahrt seine voUkoinmene anatomische und teilweise auch physiologische Selbstandigkeit. Es gibt Bahnen, die aus zwei und solche , die aus mehr, drei, vielleicht noch mehr, hinter einander ..geschalteten^' Neuroncomplexen zusammengesetzt sind. Die wichtigeren dieser , dem Projektions- s}'stem der Gross- und Kleinhirnrinde angehorenden Bahnen sind folgende : A. Bahnen nut hekannter Fttnktion. r. Die motorische, kortiko-muskulare, centrifugal leitende Bahn. aus zwei Neuron- complexen bestehend ; 2. die sensible, centripetal leitende Bahn, aus mindestens zwei, wahrscheinlich z. T. mehr Neuroncomplexen bestehend. Beide Bahnen stehen unter einander in zwei Ab- schnitten ihres Verlaufes in Verbindung. a) Es besteht eine untere Verbindung derselben : die dem Willenseinfluss entzogene Reflex- bahn (in den subkortikalen Kernlagern); — 34 -- b) eine obere Verbindung- (in der Rinde) ; die Balin der bewusstenWillensreaktionen. Der Verlauf der motorischen Bahn ist ein viel besser bekannter und einfacherer als derjenige der sensiblen Bahn. Wir betrachten diese Bahnen und ihre Verbindungen nun in der angefuhrten Reihenfolge. /. Die motorische Bahn. Die Bahn im Ganzen wird zusammengesetzt durch zwei aneinander anschhessende Neuronkomplexe, durch das cent rale und durch das p e ripherische mo- torische Neuron. Die Zellen des centra len Neurons, in der Hirnrinde der Centralwindungen gelegen, (Pyramiden- zellen der Rinde) , senden ihre Nervenfasern in ihrer Gesamtheit als „Py ra m ide nba hn" bezeichnet, auf dem bekannten Weg im Stabkranz durch Knie und vorderes Drittel des hintern innern Kapselschenkels in den Hirnschenkelfuss . von hier durch die Briicke tretend, ziehen sie als Pyramiden weiter. In der Pyramidenkreuzung tritt der grosste Teil der P'asern in den Seitenstrang, hier als gekreuzte Pyrami denseitenstrangbahn weiter verlaufend. Im Halsmark, in der Tiefe des Seitenstrangs liegend, tritt diese Bahn nach unten zu immer mehr an die Peripherie des Seitenstranges heraus , sie endet erst im conus medullaris. Ein kleinerer Teil verlauft, ohne sich zu kreuzen , im Vorderstrang als Pyramiden- vorderst rang bahn ; sie ist nur bis ins oberste Lendenmark zu verfolgen. Auf diesem langen Wege treten von dem Hirn- schenkelfuss an, nach unten zu, in alien Hohen be- stimmte Faserziige von der Bahn ab und ziehen sich kreuzend auf die andere Seite (s. Figur 6, welche die Pyramidenbahn von unten her betrachtet zeigt) Ihre Fasern enden , sich aufsplitternd , in den motorischen Kernregionen des Ilirnstammes und RLickcnmarks. Die Gesamtmasse der Pyramidenbahn nimmt infolge 35 dessen nach unten zu bestandig ab. Ausserdem treten von den durchziehenden Fasern noch Collateralen zu hoher gelegenen Kernen. Innerhalb der genannten in verschiedenen Hohen- abschnitten (Segmenten) von Hirnstamm und Riicken- mark gelegenen Unterstationen splittert sich also schliesslich die gesamte centrale Neuron masse auf. Ihre Faser auf s plitt erung umgibt die Zellver- iistelung der hier gelegenen Ganglienzellen des p e r i p h e r i s c h e n m o t o r i s c h e n Neurons, das \'on da ab beginnt. Der Nervenfortsatz dieser Zellen tritt als vordere Nervenwurzel aus Hirnstamm und Vorderhorn der- selben Seite aus und verlauft als F'aser der motor- ischen Nerven zum Muskel, in dessen einzelnen Muskel- fibrillen die Faseraufsplitterung (motorische Endplatte) stattfindet. Das centrale motorische Neuron verlauft also ge- kreuzt, das peripherische ungekreuzt, s. Textfigur 7. ;6 In der aus diesen zwei Neuren gebildeten Bahn ver- laufen die in den Hirnrindenzellen entstehenden motor- ischen Impulse zum Muskel und zwar infolge der Kreuzung des centralen Neurons von jeder Hemis- pharenrinde aus zur Muskulatur der entgegengesetzten Korperhalfte. Jede Neuronzelle i.ibt einen erhaltenden Einfluss auf ihre Fortsatze, also auch auf den langen Axencylinder- fortsatz aus. Authebung dieses Einflusses hat den Schwund der betreffenden Xervenfaser zur Folge, aber auch die Ganglienzelle selbst erleidet Veranderungen nach eingreifenden Storungen innerhalb der Neuron- continuitat. Die Zelle des peripherischen Neurons iibt ausserdem einen solchen Einfluss auch auf die ver- sorgten Muskelfasern aus. Im einzelnen sjnd die nach dem Abgang der peripherischen Nervenbahnen von oben nach unten eeordneten wichtio-sten Bestandteile der motorischen. Bahn die folgenden : i) N. oculomotorius. Sein cent ral er Neuron- komplex entspringt an unbekannter Stelle der Him- rinde (gyrus angularis .') , lauft durch das Knie der innern Kapsel , zweigt aber von der Pyramidenbahn schon im Hirnschenkel vielleicht als Bestandteil des. Spitzka'schen BUndels ab (s. Tafel 3$, 2, s). Das- selbe entstammt dem am meisten medial gelegenen Abschnitt der Pyramidenregion im Pedunculus, wendet sich medial und aufwarts und endet nach erfolgter Ueberschreitung der Mittellinie im Oculomotoriuskern der gekreuzten (und gleichseitigen .^) Seite, der im centralen Hohlengrau unter dem Aquaeductus Sylvii liegt. Um die dort gelegenen Ganglienzellen findet die Endaufsplitterung des centralen Neurons fiir den oculomotorius statt. Mit diesen Zellen und ihrer Ver- astelung beginnt das peripherische Neuron. Die Nervenfasern treten aus dem Kern als Oculomotorius- Wurzeln auf derselben (zum kleinern Teil auch sich. — 37 — kreuzend auf der andern) Seite aus und laufen im Oculomotoriusstamm weiter zu den Augenniuskeln. (Naheres liber Verteilung und Funktion siehe Tafel- erklarung 23. Die Lage des Oculomotoriuskernes etc. ergibt sjch aus Tafel 18 und 19, sowie aus Text- figur 5, S. 42 (hieraus ist auch die mutmassliche Reihenfolge der den einzelnen Augenmuskeln ent- sprechenden Kernabschnitte zu ersehen). 2. N. trochlearis. Centrales Neuron wie bei I verlaufend, nach der Kreuzung findet die Faser- endaufsplitterung im gekreuzten trochlearis Kern, unter den hintern Vierhiigeln hinter dem Oculomotorius- Kern statt. Das peripherische Neuron beginnt dort und tritt als N. trochlearis hinter den Vierhiigeln sich total mit dem der anderen Seite kreuzend hervor. 3. Motorischer Quintus-Ast. Das cen- trale Neuron desselben entspringt an unbekannter Stelle der Hirnrinde (gyrus parietalis infer, r) , tritt durchs Kapselknie hinter den Augenmuskelfasern, trennt sich vom Hirnschenkelfuss im Spitzka'schen Biindel (?), kreuzt sich in der Raphe der Haube und splittert sich um die Zellen des motorischen Quintus- kernes, der seitwarts in der Haube der Briickengegend gelegen ist. Von hier zieht ais periph. Neu ron die motorische Quintus-Wurzel weiter, sie tritt als vordere Wurzel aus der Brilcke heraus und erhalt auch Fasern aus dem mot. Kern der anderen Seite. Auch die nasale Quintuswurzel (radix descendens) soil motor- ische (trophische?) Fasern fiihren. Sie entspringt von dem lateralen Abschnitte des centralen Hohlengraus des Aquaeductus an nach unten zu aus dortselbst gelegenen grossen Zellen, bis sie sich der austretenden vorderen Quintuswurzel anschliesst. 4. N. abducens. Sein centrales Neuron ver- lauft wie bei i, nach der Kreuzung findet die Faser- endaufsplitterung im Abducenskern unter der Rauten- gfube, nahe der MitteUinie, statt. Von seinen Zellen — 3^ - aus tritt das peri ph. Neuron als N. abducens, den hinteren Bruckenteil durchziehend, heraus. 5) N. facialis. Sein centraler Neuronkomplex entspringt aus den Zellen des unteren Drittels der Centrahvindungen, die Bahn verlauft weiter ini hinteren Schenkel der inneren Kapsel (hinter dem Knie), zvveigt von der Pyramidenbahn im Spitzka'schen Biindei ab (.'), kreuzt sich in der Haubenraphe und tritt dann zu dem Facialiskern der anderen Seite , welcher in der Tiefe der Medulla oblongata seitvvarts in der Haube langgestreckt liegt. Von hier treten als peri- p h e r i s c h e s Neuron die einzelnen Facialisfasern nach oben und innen zum genu facialis sich sammelnd zu- sammen und biegen schliesslich in grossem Bogen nach aussen und dann abwarts um, erst jetzt treten sie aus der Medulla oblong, als N. facialis heraus. Dies de-i ,,untere" (Mund-Wangen facialis). Das cent rale Neuron fur den ,,oberen" Fa- cialis (Stirnfacialis) scheint anders , in unbekannter Weise zu verlaufen ; sein perip h er. Neuron soil aus dem hintersten Abschnitt des Oculomotoriuskernes austreten und zum Facialisstamm gelangen. Fiir den orbicularis oris Ast wird die Beteiligung von Fasern aus dem Hypoglossuskern angenommen (.-) 6. Motor. Glossopharyngeus-Vagusteil. Das cent rale Neuron stammt aus unbekannten Rindenabschnitten (mittlere Stirnvvindung.?), zieht mit der Pyramidenbahn abwarts und gelangt m unbe- kannter Weise, sich kreuzend, zum nucleus ambiguus, dem hiefijr angenommenen motorischen Kern in der Tiefe des hinteien Abschnittes der Medulla oblongata. Von hier gesellen sich die Fasern des peri p he r- ischen Neurons hauptsachlich dem Vagus bei. 7. H y p o g 1 o s s u s. Das c e n t r a 1 c Neuron ent- springt aus dem unteren Dritt^il der Centralwindungen (vor dem Facialiscentrum) liiuft in der inneren Kapsel hinter der P'acialisbahn abwarts, zweigt sich im — 39 — Spi tzk a' schen Biindel (?) von der Pyramidenbahn ab, gelangt, in der Haubenraphe sich kreuzend, zum Hypoglossuskeni der anderen Seite, um dessen Zellen es sich verastelt. Von hier tritt das peri ph. Neuron als N. hypoglossus durch die Medulla aus. Die unter 5, 6 und 7 geschilderten Bahnen, und zwar die aus der 1 i n k e n He m i s p h a r e stammenden, sind speziell fiir den Sprachakt eingelibt. Ihre cen- tralenNeuren zusammen bilden also die centrale S p r a c h b a h n , ihre p e r i p h e r i c h e n die p e r i - pherische Sprachbahn. Eine e i g e n e S p r a c h b a h n ist auch angenommen worden , je- doch nicht ervviesen. 8. A c c e s s o r i u s. Sein centrales Neuron soil, aus der basalen mittlerenStirnwindung(?)kommend, niit der Pyramidenbahn verlaufen; auf unbekanntem Wege gelangt es zum gekreuzten Accessoriuskern in dem unteren Abschnitte der Medulla und ini obersten Halsmark. Von hier zieht das pe rip her. Neuron vveiter als N. accessorius. P^in bedeutender Teil des Nerven (innerer Ast) zieht mit dem N. vagus weiter. 9. Die motor. N e r v e n b a h n e n der o b e r e n E x t r e m i t a t. 1 hr c e n t r a 1 e r Neu- roncomplex entspringt d^w Zellen des mittleren Drittels der Centralwindungen (bes. der vorderen Windung) , zieht durch den hinteren Schenkel der inneren Kapsel (vord. Drittel) abvvarts, mit der Pyra- midenbahn weiter durch Hirnschenkelfuss und Briickc in die Pyraraide. In der Pyramidenkreuzung gelangt der grosste Teil in den Seitenstrang der anderen Seite , zum kleineren Teil (hier bestehen individuelle Schwankungen) ziehen sie ungekreuzt ini Vorder- strang abwarts. In der Hohe des Halsmarkes biegen die Fasern successive senkrecht um und verlaufen aus der Pyramidenseitenstrangbahn ins gleichseitige, aus der Pyramidenvorderstrangbahn (durch die vordere — 40 — Commissur) ins gekreuzto V o r d e r h o r n ■■^). Hier verasteln sie sich um die Vorderhornzelleii (besonders laterale Gruppen) und deren Dendriten. Mit diesen Zellen beginnt das p e r i p h e r i s c h e Neuron dieser Balin. Die Nervenfasern dieser Zellen treten als vordere Wurzeln (4. Cervical- bis i. Dorsal - wurzel) aus und gelangen zu dem Plexus brachialis, von dem aus sie in den verschiedenen Armnerven weiter verlaufen. (Naheres siehe Tafel 23 und deren Erklarung) ; iiber die Lage der Vorderhornzellen und deren Beziehungen zu den einzelnen Muskeln gibt die Textfigur S. 42 am anschaulichsten Aufschluss. Oberhalb von diesen Bahnen verlaufen diejenigen fiir die Hals- und Nackenmuskeln, unter derselben die fur dieBrust- und Rumpfmuskeln. Deren Topographie ist ebenfalls aus den angegebenen Tafeln zu ersehen. Ueber ihren c e n t r a 1 e n Verlauf ist wenig bekannt. Das Centrum fiir die Rumpfbevvegungen soil in den oberen Stirnwindungen liegen. Fiir diese Bahnen ist die Abkunft nicht nur aus der g e k r e u z t e n , sondern auch der gleichseitigen Hemisphare wahrscheinlich. Es ist auch fiir andere, besonders bilateral funktionierende Muskeln (Auge, Stirn- muskel etc.) die gleichzeitige Innervation von der Hemisphare derselben und, wie beschrieben, der g e k r e u z t e n Hemisphare aus, wahrscheinlich. Doch sind diese ungekreuzten (oder doppeltgekreuzten?) centralen Bahnen fiir den Menschen nicht naher be- kannt (ungekreuzter Pyramidenvorderstrangr s. unten- stehende Anmerkung). 10. Die mo to rise hen Bahnen fiir die untere Extremitat. Ihr centrales Neuron ent springt im oberen Drittel der Centrahvindungen und des lob. paracentralis, zieht in der Pyramidenbahn *) Diese schliessliche Kreuzung auch der Pyramidenvorder- strangbalin wird neuerdings mit (jrund bestritten, und datiir die Endigung der Hahn im gleichseitigen Vorderhorn angenommen. — 41 — durch den hinteren Schenkel der inneren Kapsel (Mitte des Schenkels), dann weiter abwarts , wie bei 9 beschrieben, erleidet also eine teilweise Kreuzung, und gelangt der Hauptmasse nach im Pyramiden- seitenstraiig in das Lendenmark herab. Hier biegen seine Fasern urn , ziehen ins Vorderhorn und haben hier ihre Endaufsplitterung. Aus den Vorderhorn - zellen (besonders der lateralen Zellgruppen) treten als peripher. Neuron die vorderen Wurzehi (i. — 5. Lumbal- und i. — 5. Sacral wurzel) aus, gelangen in den Plexus lumbalis und sacralis und von hier in die €igentlichen Extremitatennerven (s. Tafel 23 und um- stehende Textfigur 5, in welcher die Beziehungen der Muskeln zu den Segmenten des Hirnstarames und Riickenmarks auf der rechten Seite angegeben sind. 11) Die motorischen Bahnen fiir Blase, Mastdarm und S exualorgane entspringen an un- bekannter vStelle im Gehirn ; ihr centrales Neuron zieht nicht im Pyramidenseitenstrang, sondern viel- leicht im Vorderseitenstrangr es t abwarts, es endet in der grauen Substanz des Sacralmarkes. Von hier zieht das peripher. Neuron in der 2. — 4. Sacral- wurzel zum Plexus pudendus etc. und schliesslich zu den Muskeln der genannten Organe (s. Tafel 23). 12) Zu dem Sympathicus ziehen centrale motor. Fasern (unbekannten Rindenursprungs) in den Seitenstrangen , sie scheinen im Vorderhorn (bes. Seitenhorn) zu enden. Hier begin nt das peripher. Neuron, das in den vorderen Wurzeln austretend, schliesslich in den Ganglien des Grenzstranges und deren analoga sich aufsplittert. Von den hier befind- lichen Zellen beginnt das motor, sympathise he Neuron, dessen Fasern zu den verschiedenen glatten Muskelfasern zieht (Gefasse , Eingeweide , Herz ■ ?], Driisen etc.). 2. Die sensible Bahii. Da sie die Sinneswahrnehmungen von der Peri- pherie zum Centrum leitet, sei sie auch in dieser — 42 — La qe der Se g mente Sensibilitaet _ ' _ Moiilitaet Musoulus sphincUr LTidis ct/tar~tS rectus tnf ?up obi infer oU. super M^LStettr terTtporaJis^ />Ury^ou/£t reef us extern nUfriische GeSuJlLsmaskelrLiiunterrr Toryals) Gaumfn . Rachenmu-fikelri Kthlkopfmuskeln Zunaenmus/cel/i SternocUtdo/JUistotdeuf tvefe ^ack€nmusk£in Cu^uClarts . Serr-o-ius an,' Duiph nzarrm Deltoideus.BK^p^J'fctorati:, (part cla.v\ DracJxtal uU . \uptRUt ^/?y I Triceps MUf^im dorsi fect^ ndis V&^^-y^ Exiensorvs carpi, et *^^9ii \ riexorej carpi ce digit | Jnterofsfi luJTtbruates \ Thenar, HupotAenar | ■-'f QberScftenJiei ^ , at*/serx Untrr^iJtrnMui aufa Fusi> Scruiurn prrm^i^' 3lair MaitdUirrii itercostales HLurkenjriuskpl.i Ba u ch rrtuskeO i dti t^nUrschenhrls Ad^ucii^r^n ( *^'-' Obers^/wrJirU A bductoren Quadriceps FltJtortn Peronn Tlexoren . Exun^or^r, ^n «4/i «/i^ GluUUl "' i,^^ Pfruttai \ BUuen ■ VWui/fi^ia/*z/" Mastdarrn J Fif Erkldriing der Ahkitrzimgen : tr. olf — iractiis olfactorius, c. g. 1. = corpus geiiiculatum lateral., p., r., cr., pat., A., hezeichnen die ungefahre Lage des Refle.xcentriims fiir Pupillarreflex (p) fiir die respiratorischen Keflexc (r.) , fiir den Creniaster (cr.), Patellarsehneii (pat.) und .\chillessehnenrcfle,x (A.) Blasen- und Mastdarmcentren in Sacralinarlc sind duich Kreise angegeben, anch die Centren fiir die Erection, Ejakulation, die Wehenihati^keit liegen hicr wahrscheinlich vor. — 43 — Richtung besprochen ; zuerst also sei das peripher- ische Neuron geschildert. Der peripherische sensible Neuroncomplex der Extremitaten und des Rumpfes lauft in den sensibeln Fasern der peri- pherischen Nerven (ihre genauere Verbreitung in der Haut ergibt sicb ausTextfigur lo — 12, sieheauch Figur 5 linke Seite) durch die Plexusfasern spinalwarts und endet". vor dem Eintritt ins Riickenmark in den Zellen der Spi nalgangli en. Aus jeder Zelle tritt in der entgegengesetzten Richtung wieder eine F^'aser aus; diese Fasern sanjmeln sich zu den hinteren Wurzeln und jetzt erst tritt das sensible peripherische Neuron ins Ri-ickenmark, indem die hinteren Wurzelfasern in zwei Fortionen in den die Hinterhorner umgebenden Teil der Hinterstrange eintreten. Jede Wurzelfaser teilt sich nach ihrem Eintritte T-formig in einen auf- und in einen a b steigenden Ast. Die beiden For- tionen sind : 1) Der kleinere laterale Teil der hinteren Wurzeln. Er tritt an der Hinterhornspitze in die dort gelegenen Li'ssauer'schen Felder und jede ihrer Fasern gabelt sich hier in den auf- und absteigenden Ast. Beide sind kurze Bahnen, sie treten bald rechtwinklig nmbiegend ins Hinterhorn ein und splittern sich um dortselbst liegende Zellen auf. 2) Der media le, starkste Teil der hinteren Wurzelfasern tritt in die laterale Partie der Hinter- strange (^funicul. Burdach) , die deshalb die hintere Wurzelzone heisst; hier erfahren diese Fasern ihre gabelige TeiluDg in den auf- und absteigenden Ast. Die absteigenden Aeste sind kurze Bahnen, sie biegen bald rechtwinklig ins Hinterhorn um und verasteln sich dort, die aufsteigenden sind teils ebenfalls kurze, teils aber iange Bahnen. Die kurzen biegen bald um und ziehen teils ins Hinterhorn, teils noch welter bis ins Vorderhorn und in die Clarke' schen Saulen, hier sich um Zellen verastelnd. Die langen Bahnen ziehen zunachst — 44 — im Burdach'schen Strang weiter aufwarts, werden aber bald durch die auf hoher g-elegenen Querschnitten neu hinzutretendeii aufsteigenden langen Wurzelfasern inehr der Medianlinie zu genahert; die im Lendenmark ein- tretenden langen Fasern verlaufen daher im Halsmark in den Goll'schen Strangen weiter, nach aussen davon verlaufen die hoher (im Brust- und Halsmark) einge- tretenen hinteren Wurzelfasern. Diese langen aufsteis^enden Bahnen enden schliess- lich mit ihrer Faseraufsplitterung in der Medulla oblongata, um die Zellen der Hinterstrangs- kerne (nucleus fun. Goll und nucleus fun. Burdach). AUe diese verschieden verlaufenden Fasern bilden zusammen den sensibein peripherischen Neuron- complex. Die Zelle dieses Neurons liegt also ausserhalb des Riickenmarks im Intervertebralganglion, als Zellverastelung (Dendriten) ist der stark in die Lange gedehnte peripherische Nerv mit seinen Haut- endverzweigungen, als Nervenfortsatz ist die hintere Wurzelfaser mit ihren in verschiedenen Teilen und Hohen des Ri.icken marks endenden Faseraufsplitter- ungen zu betrachten. Die Faseraufsplitterungen erfolgen: 1) in den Hinterstrangskernen der Me- dulla oblongata (Goll'scher und Bur- da c h ' s c h e r K e r n), 2) in den H i n t e r h o r n e r n, in seinen verschie denen Teilen, 3 ) in der sogenannten Mittclzone (zwischen Vorder- und Hinterhorn), 4) in den C 1 a r k e ' s c h c n S a u 1 e n, 5) im Vo rderhorn, um daselbst liegende Nervenzellen. Von den unter I — 4 genannten Stellen aus nimmt der anschliessende cent rale sensible Neu ro n c omp le x seinen An- fang. J^eziiglich der unter 5 genannten Endigu ngen siehe Reflexbahnen. Bis hieher ist alles verhaltnis- massig sicher gestellt, der weitere Verlauf, der jetzt — 45 — sich anschliessenden centraleii sensiblen Bahnen aber, ist immer noch viel umstritten, wenn auch klarer wie fruher. Die strittigen Punkte soUen unten kurz be- sprochen werden, jetzt folge die Darstellung des Weiter- verlaufes der Auffassung, die am meisten den Postu- laten der Pathologie entspricht. Anatomisch ist der Verlauf fiir den Menschen noch niclit volikommen sicher gestellt. Das centrale sensible Neuron beginnt ge- mass der P^ndaufsplitterung des peripherischen teils in den angegebenen Teilen der Medulla oblongata, teils in der grauen Substanz der Hinter- und Vorder- horner des Riickenmarkes. Die einzelnen Partieen seien in der oben (i — 4) angegebenen Reihenfolge besprochen. i) Aus den Zellen der Hinterstrangskerne (nucleus GoU und Burdach) in der Med. obi. nimmt das centrale Neuron seinen Ursprung. Die Fasern Ziehen als f i b r a e a r c u a t a e i n t e r n a e im Bogen nach unten und wenden sich der Raphe zu ; hier iiberschreiten sie die Medianhnie (Schleifen- kreuzung, ihr Beginn an Schnitt Tafel 41, I zu sehen, sie endet in der Hohe von Schnitt Tafel 39, 2). Nach dieser Kreuzung gelangen die Fasern, sich sammelnd, dorsal iiber die bereits tiefer schon gekreuzten Pyra- miden, neben den Vorderstrangrest und werden hier als Schl eif ens chic ht (Hau ptschleife, Laqueus superior) bezeichnet. Die Schleife nimmt bei ihrem weiteren centralen Verlauf an Umfang zu und for- miert sich zwischen den jetzt auftretenden Oliven als Olivenzwischenschicht, stets der Medianlinie dicht an- liegend. Weiter aufwarts zieht die Schleife in der Haubenregion weiter und legt sich breit entwickelt quer unter dieselbe (hier auch mediane Schleife ge- nannt); so lauft sie durch die Briickenhaube. In der Hirnschenkelhaube verlasst sie die Medianlinie ganz und formiert sich lateral vom roten Kern. Von hier gelangt die obere Schleife in die regio subthalamica. - 46 - Ungefahr in der Hohe, in der der rote Kern endigt, tritt sie nun teils durch die Capsula interna (Pedun- culusfasern) quer durch als ein Teil der Lin sen - k e r n s c h 1 i n g e (ansa lentiformis), durchbricht die Innenglieder des Linsenkerns und gelangt, in dem hinteren Kapselschenkel aufsteigend, in die Rinde der hinteren Centrahvindungen und des Parietallappens. Hier findet die Faserendaufsplitterung der Neuron- fasern um Zellen statt, die in diesen Rindenteilen ge- legen sind. Im glob, pallidus ist dieser Teil wahr- scheinlich irgendwie unterbrochen. Ein anderer Teil der oberen Schleife tritt an- scheinend aus der regio subthalamica direkt der inneren Capsel bei , steigt im hinteren Schenkel derselben (hinter der Pyramidenbahn) aufwarts und endet wohl alich an der oben genannten Rindenstelle. Ein Teil dieser Schleifenfasern (oder alle?) scheint in den Ganglien der regio subthalamica, des glob, pallidus und im Thalamus opticus (lateraler basaler Kernabschnitt) irgendwie unterbrochen zu sein. Zur Rindenleitung ware dafiir ein drittes (centrocorticales") Neuron erforderlich (im Stabkranz des Thalamus?.^), doch haben wir dariiber keine sichere Kenntnis. Dies also die obere, auch Rinden-Thala- m u s s c h 1 e i f e genannt. 2) Die in den Hinterhornzellen beginnenden cen- tralen Neuren bilden kurze, rneist innerhalb des Riicken- markes wieder endende ]3ahnen. Ihre Fasern treten in die gleichseitige Seitenstranggrenzzone (f. 1. der Serienschnitte Tafel 39 ff.) auch in den Hinterstrang (ventrales Feld desselben). Nach kurzem Verlauf auf- warts, z. T. auch abwarts, enden sie, in die graue Substanz wieder einbiegend , und sich aufsplitternd. An sie schliessen sich dann ahnliche Bahnen an; die Leitung erfolgt also relaisartig, indem eine kurze Bahn an die andere anschliesst. Diese Fasern treten in der Medulla in die Sub- — 47 — stantia reticularis tegmenti ein und enden in deren Kernen {?). Von den Zellen der Subst. reticularis (nucleus magnocellularis in ihrer Gesamtheit) sollen , der Schleife sich anlegend, Fasern rindenwarts ziehen. 3) Aus den Zellen der Mittelzone ent- springen dreierlei Fasern, teils lange, teils kurze Bahnen. a) Fasern, die in den gleichseitigen Vor- derseiten Strang treten und in ihm auf- steigen. Ein Teil ist kurz , endet wieder in die graue Substanz einbiegend. Ein an- derer Teil steigt weiter auf und gelangt zur Subst. reticularis tegmenti (der Schleife beitretend ?) (fal der Schnitte). b) Fasern , die in den gleichseitigen Gowers'schen Strang treten und als lange Bahnen zur Medulla aufsteigen. Alle langen Bahnen geben bei ihrem Vev- lauf in verschiedenen Hohen Collateralen zur grauen Substanz ab. Der Gowers'sche Strano; tritt ebenfalls in die Substant. reticul. tegmenti der Me- dulla ein. Seine Endigung ist im Hirnstamme (Thalamus?) noch strittig. c) Fasern, die aus den medial gelegenen Zell- gruppen (bes. des Vorderhorns) stammend, (Commissurenzellen) vvenden sich der Mittel- linie zu, kreuzen sich in der vorderen Commissur und treten durch das Vorder- horn der anderen Seite in den Vorderseiten- strang dieser Seite, hier als lange (?) Bahnen aufwarts verlaufend mit den unter a ge- nannten. In der Medulla treten sie vielleicht der Schleife bei (wahrscheinlich unter- brochen in den Zellen der Substant. retic. der Haube) und laufen mit derselben central- warts weiter der Rinde zu. 48 4) Aus den Zellen der Clarke' schen Saulen treten die Fasern der centralen Bahn in die gleichseitige Kleinhirnseitenstrangbahn (C b der Schnitte), laufenaufwarts,schliessen sich in der Medulla dem corpus restiforme an, als dessen ventralsten Teil, gelangen mit diesem ins Kleinhirnhemispharen- mark und enden im Wurm (im gekreuzten nucleus tegmenti ? desselben. Die ist also in kurzem der Verlauf der sensibeln centralen Neuren fiir Rumpf und Extremitaten. Wir sehen, dass ein Teil derselben (durch die Schleife) direkt zur Hirn- rinde (gekreuzt in der Schlejfenkreuzung) ver- lauft, ein anderer (durch dieKleinhirnseitenstrang- bahn) direkt zum Klein- hirn gelangt. Ein dritter Teil (bes. Vorderseiten- strang) gelangt dagegen nur bis zur Substant. reticularis tegmenti der Medulla oblongata (zum teil gekreuzt in der vord. jurip,h.!s^erir. . hiitl. Commissur); miissen wir 'Ep.ide von hier (beginnend Fig ya. Schema der sensibeln liahn. Erklarung zu Figur ya; periph. Neuron (getiipfelt), i, 2, 3 kurze Bahnen, 4 lange Bahn, Die Umschaltstellen sind durch kleine Kreise bezeichnet. Central. Neuron (geslrichelt), £ Clarke'sche Saule (Kleinhirnseitenstrangbahn), II unterbrochene, III lange Vorder- seitenstrangleitung, H Hinterstrangskerne , SIV Schleifenkreuzung. — 49 - in den Kernen der Substant reticularis?) ein weiteres (centrocorticales) Neuron bis zur Rinde annehmen ; diese Fasern soUen sich auch teilweise (Vorderstrang- rest) der oberen Schleife beilegen ; in dieser ver- lauft demnach schliesslich die Hauptmasse der centralen sensiblen Neuren wieder gesaminelt zur Hirnrinde. Der andere Teil zieht ebenfalls in der Haube (Sub- stantia reticularis) wenigstens bis zum Thalamus opti- cus. Von hier weitere Bahnen? Strittig in dieser Darsteliung ist der Antheil, welcher der Commissurenkreuzung zukommt. sie wird von Manchen geleugnet und nur eine unge- kreuzte Leitung ixn Vorderseitenstrang angenommen. Die hintere Commissur enthalt auch einige sich kreuzende Fasern, doch ist deren Bedeutung ebenfalls nicht sicher. Strittig ist auch der Weiterverlauf der Schleife aus der regio subthalamica, bezw. der im Thalamus unter- brochene Teil, der Anteil der Linsenkernschlinge und noch andere Punkte. Vergleiche zu dem oben Ge- sagten nebenstehende Darsteliung der sensiblen Bahnen. (Fig. 7a). Was nun die Leitung der einzelnen sensibeln Qua lit a ten anlangt, so ist nach den pathologischen Erfahrungen fiir den Menschen folgendes als wahr- scheinlich hinzustellen. Die Gesamtleitung der Sensibilitat von Haut und tieferen Weichteilen aus Extremitaten und Rumpf er- folgt im peripherischen Neuron durch die sensibeln Nerven iiber die Spinalganglienzelle durch die hintere Wurzel ins Riickenmarck. Ob fiir die verschiedenen Oualitaten schon in diesem Verlauf verschiedene Bahnen vorhanden sind, ist noch nicht entschieden. aber wahr- scheinlich. Nun wissen wir, dass die Taste mp fin dung einen anderen Weg geht, oder doch gehen kann, als die Temperatur- und Schmerzempfindung. Die letzteren werden auf den ins Hinter- etc. Horn ein- tretenden Bahnen geleitet und miissen im \^ or der- - 50 - seitenstrang (central. Neuron) weiter gelangen, ein Teil derselben verlauft sicher in gekreuzten Bahnea (vordere Conimissur ?) und gelangt mit der Schleife in die Hirnrinde und so zum Bevvusstsein. Die Tas tempfindung und die Muskelem- pfindungen soUen in den langen Bahnen der Hinter- strange zu den Hinterstrangskernen und von da auf dem geschilderten Weg (fibrae arc. int.) in die ge- kreuzte Schleife gelangen, von hier zum Rindenbo- wusstsein. Die Hinterstrangleitung, (vvenigstens fur Tastsinn) scheint aber ersetzbar zu sein durch andere (kurze, relais-artig weiterleitende ?) Bahnen. Sicher aber ist die Weiterleitung in der Schleife (grossten- teils, aber nicht vollkommen in der gekreuzten). Die sensibeln Blasen-Mastdarm etc. N e r v e n Ziehen in der 3. — 5. hinteren Sacralwurzel ins Riicken- mark, ihre peripherischen Neuren enden in der grauen Substanz des Sacralmarkes. Von hier (oder erst holier ? lange aufsteigende Hinterwurzelfasern.?) beginnt die centrale Leitung vielleicht in den langen Hinterstrangs- bahnen (GoU'sche Strange.^) aufsteigend. Ober den centralen Weiterverlauf ist nichts Sicheres bekannt, Auch aus den Eingeweiden (Peritoneum, Darm, Driisen) treten in den sympathischen Geflechten (bes. Splanchnicus) , sensible Fasern in die Spinalgangl. und hinteren Wurzeln ein, und scheinen im Seiten- strang weiter zu verlaufen (Kleinhirnseitenstrangbahn ?). Mitder Schleifenbahn der Haube ziehen auch die centralen Neuren fiir die verschiedenen sensibeln Gehirnnerven (bis auf olfactor. und opticus) zur Hirnrinde weiter. Dieselben seien hier in der Reihen- folge ihres Eintritts von unten nach oben zu besprechen. 1. Der sensible Glossopharyngeus- Vagus Anteil. Seine peripherischen Neuronfasern laufen in den beiden periph. Nerven zu den Zellen des ganglion petrosum und jugulare (diese also bilden das Analogon der Intervertebralganglienzellen) und treten aus diesen aus und in den bctreftenden Nervenwurzeln - 51 — durch die Medulla obi. zu deni sensibeln Glossopharyng. Vagus-Kern am hiiiteren Ende der Rautengrube, um dessen Zellen die Fasernendaufsplitterung stattfindet. Ein Teil endet nicht an dieser Stelle, sondern lauft als Solitarbundel (fascicul. solitar. (s) , absteigende Vagus etc, Wurzel) eine Strecke abwarts, um sich ebenfalls um Zellen in seiner Nahe (Hinterhorn) auf- zusplittern. Aus diesen und den Zellen des sensibeln Kernes entspringt das centrale Neuron, dieses verlauft der Raphe zu, hier sich kreuzend und gesellt sich der medialen, oberen (nach Anderen der lateralen s. u.) Schleifenbahn bei, mit dieser zieht der centrale Neuroncomplex rindenwarts, an den Endstellen der Schleifenbahn (hintere Centralwindung?, fiir die Ge- schmacksfasern in der basalen unteren Stirnvvindung ?) sich um Rindenzellen aufspHtternd. 2) sensibler Trigeminus. Seine peripher. Neuronfasern treten aus den drei sensibeln Quintus- asten sich sammelnd in die Zellen des Ganglion Gasseri ein und als hintere Wurzelportion aus; diese durch- setzt die Briickenfasern und splittert sich um die Zellen des sensibeln Qui n tusker nes auf. Ein Teil der- selben verlauft aber als ,, absteigende (caudale, V c) Quintuswurzel (friiher falschlich radix ascendens ge- nannt) eine weite Strecke bis ins oberste Halsmark, allmahlig sich erschopfend, weiter. Diese absteigende Quintuswurzel ist auf alien Durchschnitten der Me- dulla oblongata lateral von dem Rest des Hinterhorns, der Substantia gelatinosa der Haube, deren oberstes Ende eben den sensiblen V. Kern bildet, sichtbar. (Die vorne als motor. Wurzel beschriebene ,,nasale V. Wurzel'' gait bisher fur sensibel, ihre Bedeutung ist noch unklar. Wenn sie, wie wahrscheinlich, mo- torisch ist, miisste sie auch ,,absteigend'' genannt werden). Ein weiterer Teil schliesslich soil aus der sensibehi V. Wurzel direkt zum Kleinhirn gelangen (direkte sensorische Cerebellarbahn), sie wurde also — 52 — als ein Analogon der Kleinhirnseitcnstrangbahn des Riickenmarks zu betrachten sein. Aus den Zellen des sensibeln Kerns und denen der Umgebung der radix descendens entspringt das cent rale Neuron. Seine Fasern iiberschreiten in der Haubenraphe sich kreuzend die Medianlinie und gelangen zur (medialen ?) Schleifenba hn, mit der- selben Hirnrindenwarts (hintere Centralwindungen) ziehend; hier ist ihre Fasernendaufsplitterung. 3) N. acusticiis. Er zerfallt in zwei, verschiedene Funktionen ausiibende Aste, den N. cochlearis und den N. vestibularis. a) N. cochlearis, Schneckennerv, der eigent- liche.Hornerv. Sein peripherisches Neuron beginnt im Cortischen Organ der Schnecke und tritt in die Zellen des in der Schnecke liegenden ganglion cochleare (Analogon der Intervertebralgangl.) ein und wieder aus ; als N. cochlearis tritt er zur Medulla , oblongata und splittert sich um die Zellen des nucleus ventralis acusticus, lateral das corp. restiforme umgreifend auf. Von hier zieht als centrales Neuron das corp. trapezoides unter der Haube und die striae acusticae (strittig !) iiber der Haube der Medulla der Raphe zu, kreuzt sich und lauft als late rale untereVierhiigelschleife weiter. nach aussen von der medialen, oberen Schleifenbahn gelagert, Ein Teil verlauft audi ungekreuzt in der gleichseitigen lateralenSchleife (und tritt auch zur Oliva superior durch Fasern des corp. trapezoides in Beziehung). Die laterale Schleife zieht bis unter die Vierhiigel an der angegebenen Stelle weiter und endet zum Teil im hinteren Vierhiigel und corp. geniculat me- diale (daran anschliessend dann eine dritte centrocortikale Bahn [:]). Von hier gelangt die centrale Acusticusbahn in die regio subthala- mica und von da in den hinteren Schenkel der — 53 — inneren Kapsel (hinter den oben beschriebenen direkten sensibeln [oberen] Schleifenfasern der inneren Kapsel), aus ihr treten die Fasern in die Rinde des Schlaf enlappens (gyrus temporal, sup er.). b) Der N. vestibularis. Sein periph. Neuron entspringt den Bogengangen des Labyrinths, hat dort seine Neuronzellen und endet sich aufsplitternd um Zellen des ,,dorsalen Acusticus- kernes" und benachbarter Zellgruppen (nucl. Deiters), ein Teil bildet die absteigende VIII. Wurzel, wahrend ein anderer als direkte sen- sorische,Cerebellarbahn zum Kleinhirn aufsteigt. Von dem sensibeln Kern aus zieht das cen- trale Neuron (corp. trapezoides .■^) in der Raphe sich kreuzend zur (medialen }) Schleife unci so rindenwarts. Rindenstelle unbekannt. Anders als die bisher beschriebenen sensibeln Nerven verlaufen N. opticus und olfactorius, die iiber- haupt nicht als peripher. Nerven, sondern als modifi- cierte Gehirnteile aufzufassen sind , wie ihr Bau und ihre Entwicklung beweist. 4) N. opticus. Sein periph erisches Neuron iiegt ganz innerhalb der ausseren Retinaschichten. Sein centrales Neuron entspringt dort anschliessend, in den inneren Schichten, die Neuronfaser lauft im N. opticus centralwarts. Im Chiasma iindet eine partielle Kreuzung statt in der Weise , dass die Fasern aus beiden linken Retinahalften in dem linken tractus opticus, die aus den rechten Halften in dem rechten tractus opticus zu verlaufen kommen. Es kreuzen sich also die beiden Faserbi-indel aus den nasalen Retinahalften. Jeder tractus opticus enthalt also Fasern von beiden N. optici und zwar sind dies anscheinend lange und kurze Bahnen. Die langen ziehen im tractus opticus zum corpus geniculatum laterale und dasselbe umgreifend direkt — 54 — in den benachbarten hintern Schenkel der inneren Kapsel . in dessen hinterstem Abschnitte weiter zum Occipitallappen verlaufend (Sehstrahlung). Die Existenz dieser ,,direkten" Fasern wird mit Grund bestritten. Die kurzen Bahnen, sicher weitaus die zahlreichsten, erfahren in den ,,primaren Opticuscentren" (corpus geniculat. laterale, corp. quadrigem. ant. und Pulvinar thalami ihre Faserendaufsplitterung um die dort- selbst gelegenen Zellen. Von diesen Zellen aus ziehen als drittes (centro-corticales) Neuron die Nervenfasern dieser Zellen, der ,, Sehstrahlung" beitretend (hinterer Kapselschenkel), weiter der Occipitalrinde zu (Cuneus). Um deren Zellen splittern sich die Fasern beider Teile auf. Im tractus opticus befinden sich aber auch Fasern, die aus dem vorderen Vierhiigel stammend, centrifugal und grosstenteils gekreuzt der Retina zu verlaufen (absteigende Opticusfasern). Ihre Bedeutung ist unklar. 5) N. olfactorius. Als peripherisc hes Neu- ron sind zu betrachten die in den Sinnesepithelzellen (Analogon der Spinalganglienzellen?) der Membrana olfactoria beginnenden Nerv^uH olfactorii, diese ver- laufen (marklose Fasern) zum bulbus olfactorius und splittern sich um dort gelegene Zellen (die glomeruli oUact. bildend) auf. Von hier zieht das centra le Neuron im tractus olfact. weiter. Ein Teil verlauft gekreuzt (commissura anter.) ein Teil ungekreuzt zur Rinde des gyrus fornicatus und gyrus Hippocampi. (Auch fornix , corp. candicantia und verschiedene Faserzi-ige des Zwischenhirns gehoren der ,,Riech- faserung-' und ihren Associationsbiindeln an). Dies der Verlauf der scusihcln Baku; auch ihr centrales Neuron verlauft also zum grossten Teil gekreuzt, das peripherisc he ungekreuzt (s. Fig. 7). Der grosste Teil der Empfindungen gelangt also stets in die gekreuzte, ein kleinerer aber in die Rinde der gleichseitigen Hemispharen , ganz analog dem Ver- halten der motorischen Bahn. 55 Wir wenden uns nun zur Besprechung der V^er- bindungen zvvischen der motorischen und sensibeln Bahn. Es sind in physiologischer Verbindung das peri- ph erische motorische und sensible Neuron (R e f 1 ex- bahnj und das centrale motor, und sensible Neuron (Bahn der bewussten Willensreaktion). a) Die Rejiexhahnen. Wir verstehen unter einem Reflex einen unwill- vV. sens i^ miilor Fig. 7. In Fig. 7 bedeutet: p = peripher., c = centrales Neuron, d ■=. Kreuzung, / = lange, b = kurze periph. sensibl. Ruckenmarksbahn. kiirlich erfolgenden Bewegungsvorgang, der durch einen sensibeln Reiz ausgelost wird. Der ganze Vorgang verlauft innerhalb der peri- ph eri sc h e n Neuren *), diese bilden also die Reflex- bahn (Reflexbogen). Dieselbe zerfallt in den sensibeln *) Ob innerhalb des Sympathicus Reflexbabnen vorhanden sind (Reflexcentrum in den Ganglien desselben), ist unenischieden. - 56 - Teil (sensibles peripher. Neuron teihveise) und den motorischen Teil (motor, periph. Neuron) und als Verbindungsstiick einen vom sensibeln Neuron nach seinem Eintritt in das Riickenmark resp. Hirnstamm abzvveigenden Ast, die Reflexcollaterale, die als kurzer Fortsatz der hintern Riickenmarkswurzeln oben (S. 44) als zu den motorischen Vorderhornzellen (unter 5) ziehend bereits beschrieben ist. Die Reflexbahnen werden bei der fotalen Faser- anlage zuerst markhaltig, entsprechend der Thatsache, dass die ersten embryonalen Bewegungsvorgange reflek- torischer Natur sind. i) Die Haut- und S ehnenreflexbahnen. Sie sind in ihrem Verlauf noch am besten be- kannt. Ihren sensiblen Schenkel bildet das peripherische sensible Neuron , ihren Verbindungsast die Reflex- coUateralen , die sich um Vorderhornzellen verasteln. Wahrscheinlich dienen zu diesem Zweck nicht alle motorischen Vorderhornzellen, sondern nur ein Teil derselben. Man unterscheidet einen kurzen und einen langen Reflexbogen. a) der kurze besteht in einer CoUaterale, die direkt aus dem Hinterstrang durchs Hinter- horn zur Vorderhornzelle zieht. (Fussohlenreflex. Patellarsehnenreflex, spinale Reflexe), b) der lange Reflexbogen entsteht dadurch, dass die Reflexcollaterale um eine Hinter- hornzelle sich aufsplittert. Von dieser Zelle aus tritt ein ab- und aufsteigender Ast mit mehreren Collateralen erst zu einer oder mehreren (auch in verschiedenen Hohen des Vorderhorns, ev. auch Hirnstamms gelegenen) motorischen Ganglienzellen. Es werden also so reflektorische Uebertragungen auf weitere Muskelgebiete er- moglicht ; dadurch wird auch die fiir verschie- dene Reflexe aus klinischen Griinden postulierte — 57 — Gehiinbeteiligung verstandlich. Die Fasern des hint. Langsbi-indels scheinen in diescr Weise zu funktionieren. Die Lokalisation einiger hiehergehoriger Reflexe ergibt sich aus der Texttafel 5, S. 42. (Naheres s. IV, 3.) 2) Die komplizierter en R efl exba hnen. Sic sind in ihreni naheren Verlaufe noch sehr wenig gekannt. Die Schluck-, Niess-, Husten reflexbahn setzt sich zusammen aus den sensiblen Trigeminus- glossopharyngeus-vagusfasern und den entsprechenden motorischen Nerven vago-accessorius. Der Conjunktivalr efl ex aus Trigeminusfaciahs- fasern. Der Pupillarreflex aus opticus-oculornotorius- fasern. (Vierhiigel-oculomot. Kern ?) Die ReflexcoUateralen miissen von dem betrefifen- den sensibehi Nerven zum entsprechenden motorischen Kernlager ziehen. Fiir einige Reflexe wird auch eine Rindenbeteiligung vermutet. Fur die Lokalisation anderer wichtiger von Acusticus, opticus etc. ausge- loster Reflexe fehlen vorlaufig die Anhaltspunkte. Siehe Ausfiihrlicheres iiber diese Reflexe im Ab- schnitt IV, 4). Die reflectorisch ausgelosten Biasen-, Mastdarm- u. s. w. Funktionen haben ihren Reflexbogen (siehe sensible und motor. Bahnen derselben) im Sacralmark. b) Die Willensbahn. Ueber den Reflexbogen, der aus den beiden peri- pherischen Neuren sich zusammensetzt, ist gewisser- massen wie ein zweiter Bogen der gestellt, welcher von den centralen motorischen und sensibeln Neuren und deren Verbindungsbahnen in der Grosshirnrinde ge- bildet wird. Er dient der Uebertragung von einem bevvussten Empfindungs- zu einem willkurlich veran- lassten Bewegungsvorgang, also dem Willensakte. Zu gleicher Zeit iibt das centrale motorische Neuron einen hemmenden, das centrale sensible - 58 — Neuron einen controllierenden Einfluss auf den Reflexvorgang aus. Die Bewusstseinsvorgange spielen sich alle in der Hirnrinde ab. in der die sensibeln Bahnen enden iind die motorischen beginnen. In ihr liegen auch die postulierten Verbindungsbahnen zwischen diesen beiden Rindenpartieen von verschiedener Bedeutung. Eine direkte Aufsplitterung der sensibeln Neuronfasern urn die motorischen Ganglienzellen ware wenigstens teil- weise denkbar, ist aber doch unwahrscheinlich; es diirften vvohl zwischen beide ein oder mehrere andere Neuren (transcorticale) eingeschaltet sein (siehe das Schema Tafel 13). Eine ungefahre Anschauung von dem Wesen der Bewusstseinsvorgange in der Grosshirnrinde erhalt man durch die Betrachtung des Entwicklungsganges. den die fotale und kindhche seelische Thatigkeit einschlagt. Dieselbe beginnt im wesentHchen allerdings erst nach der Geburt, doch spielen sich auch schon im fotalen Leben eine Reihe von Empfindungs- und Reflex- vorgangen ab. Die ersten Bewegungen werden reflektorisch aus- gelost, die Reflexbahnen umkleiden sich ja, wie schon angegeben, friihzeitig mit Markscheiden. Auf dem Wege der, lange vor den centralen motorischen Bahnen markhaltig werdenden Haubenbahn (Schleife) erfolgt offenbar primar, als Grundlage fur die spatere Willens- tliatigkeit, das Eintreten von den Sinneseindriicken aus der gesamten Korperoberflache in die Hirnrinde (speziell der hinteren Centralwindung und des Parietal- lappens). Die dort gelegenen Zellen oder Neuren haben die spezifische Eigenschaft diese Sinneseindrucke in irgend einer Art (durch chemische? physikalischer Vorgange) dauernd aufzubewahren und als Er- in nerungsbi 1 der unter Umstanden wieder zu re- producieren. Im postfotalen Leben kommen ausserdem noch dazu die Erinnerungsbilder der Schallwellen. — 59 -~ die durch acusticus-laterale Schleife in die obere Schlafenwindung g-elangen iind dort ,,aufgespeichert" wcrden, ebenso die der Lichtempfindungen, die durch opticus- Sehstrahlung ziehend im Occipitallappen (speziell Cuneusrinde, Umgebung der fissura calcarina) deponiert werden. Aehnlich verhalt sichs niit Ge- ruchs- und Geschmacksempfiiadungen. Alle diese verschiedenen Qualitaten von Er- innerungsbildern , die also in raumlich getrennten Rindenabschnitten lokalisiert sind, werden unter einander wieder verkniipft durch die Associations- vorgdnge mit Erinnerungsbildern sowohl der gleich- seitigen Hemisphare (durch die Associationsbahnen sensu strictiori) als der andern Hemisphare (durch die Comniissurenbahnen). Durch die Associationsvorgange entsteht erst die Begriffsbildung. Jeder Begriff besteht also aus einer Summe associierter Erinnerungsbilder. Hoher gestellte Associationen bilden die Ideen, deren Ver- knijpfung die logischen Denkvorgiinge. Die Re- produktion dieser Associationen nennt man eine Vorstellung. Nur ein Teil aller Associationen ist zu einer bestimmten Zeit jedesmal in Eluss, ein andrer Teil latent. Die Summe der jedesmal fliissigen Associationen plus die neu eintretenden Sinneseindrlicke machen einen Hauptbestandteil des ]3ewusstseinsinhaltes aus. Dieser Inhalt ist demnach einem bestandigen Wechsel unterworfen. Ein vermutlich nicht geringer Teil der Associationen verlauft aber auch unter der Schwelle des Bevvusstseins (unbewusste Associationen). Ausser den genannten gelangt nun noch eine andere Art von Empfindungen in die Hirnrinde, und zwar gerade solclie, die zu ,,unbewussten Associa- tionen" verarbeitet werden: Dies sind die bei den friihzeitig stattfindenden reflektorischen Bewegungsvorgangen centralwarts weiter geleiteten Muskel- und Gelenkempfmdungen; diese lagern 60 sich in den Centralwindungen ab (wahrscheinlicb in nachster Nahe der motorischen Centren) als die ,,In- nervationsgefiihle" der durch die verschiedenartige Muskelthatigkeit hervorgerufenen Bewegungsvorgange (kinasthetische Erinnerungsbilder). Durch die Reproduktion dieser auch im post- fotalen Leben fortvvahrend sich ablagernden und durch (unbewusste) Association weiter verkniipften Erinner- ungsbilder der Innervationsempfindungen wird auf un- bekannte Art die bewusste, gewollte Muskelthatigkeit ermoglicht und deren zweckmassiger Ablauf reguliert. Die Bahn, in der diese Uebertragung von den End- stellen der centralen sensibeln Neuren auf diejenigen der centralen motorischen Neuren statthat (sie muss in der Rinde liegen), ware das eigentliche Analogon der Reflexcollateralen der peripherischen Neuren. Ein Beispiel moge das Besprochene versinnlichen. Auf Tafel ii, 3 erkennt man die Reflexbahn, ihr sensibles Stuck (braun) — die Reflexcollaterale — ihr motorisches Stiick (blau). Dariiber gestellt die centrale Bahn fiir die bewussten Aktionen, ihr sensibles Stiick (griin) — • Verbindungsneuron (schwarz) — ihr motorischer Abschnitt (rot). Die Erinnerungs- bilder der Sinneseindrllcke und Muskelempfindungen lagern sich um die sensibeln (grlinen) Rindenaufsplitter- ungen herum ab, also in den (schwarzen) Commissuren- und Associationsneuren der Rinde, welch letztere Bahnen zu anderen Rindenstellen ziehen und aus andern kommen. Bei einem Stich in die Zehe zuckt zunachst re- flektorisch das betreffende Bein (Reflexverlauf im braunen Neuron zuni blauen, Reflexiibertragung im Lendenmark), zu gleicher Zeit ist im grunen Neuron die sensible Reizung zur Hirnrinde gelangt, hat, asso- ciiert mit verschiedenen Erinnerungsbildern, die be- wusste Schmerzempfindung verursacht. Diese erregt (da ein neuer Stich droht — Association mit optischen frischen Sinneseindriicken)- vermittelst der Auslosung — 6\ — der betreffenden Innervationsgefuhle (lob. paracentralis) die ZLir Fortbewegung des Beines notigeii motorischen Bahnen (rot-blau), und damit die von ihm versorgten Muskeln. Von den verschiedenen in dieser Weise ablaufenden Rindenthatigkeiten interessiert uns hier besonders der Sfraclrcorgang' . Im oberen Schlafenlappen der 1 in ken Hemisphare lagern sich beim Sprechen lernenden Kinde die Klang- bilder der gehorten Worte ab (Wortklangcentrum, sensorisches Sprachcentrum). Die Bedeutung der Klangbilder zu erkennen (ihre Begriffsbildung) wird erst durch umfassende associative Thatigkeit ermoglicht. Von hier fiihrt eine Bahn (Verbindungsstiick) zum Wortsprech centrum (motorisches Sprachcent- rum) im Fuss der unteren linken Stirnwindung (Broka'sche Windung). Hier oder docli in der Nahe sind die Innervationsgefuhle (kinasthetischen Erinner- ungsbilder) aller zum Sprechakte notwendigen Muskel- synergien (Zunge, Mund, Gaumen, Kehlkopf etc. Mus- keln) durch Uebung, Nachahmung abgelagert und deren vom sensorischen Sprachcentrum aus angeregte Reproduktion lost schliesslich die komplizierten Be- wegungsvorgange aus, die zur Erzeugung von Buch- staben, Worten, Satzen notwendig sind. 1st durch einen ungliicklichen Zufall das Gehor beim Kinde er- loschen, so ist natiirlich die Spracherlernung unmog- lich (Taubstummheit). Alle diese Vorgange bei Er- lernung der Sprache geschehen nun unter fortwahrenden Associationsvorgangen mit den Erinnerungsbildern aus anderen Centren, besonders mit den optischen und taktilen. Je mehr Erinnerungsbilder in der Rinde sich aufspeichern und je zweckmassiger sie durch Associationen sich befestigen, um so grosser ist der geistige Fond des betreffenden Gehirns. Die Sprachcentren liegen, wie die unten noch zu besprechenden andern Centren fiir Lesen und Schreiben in der Rinde nur einer Hemisphare, bei alien Rechts- — 62 ~ handern in der linken (bei den Linkshandern in der rechtenl Das motorische Sprachcentrnm ist wohl identisch mit den Centren des Facialis, Hypoglossus etc. Beim Lcsen leriien lagern sich die Schrifl- erinnerungsbilder im Sehcentrum ab (lob. occipital.), gelangen aber erst durch Association mit dem akusti- schen (Klangbild-)Centrum und auch init dem nriotori- schen Sprachcentrnm zum Bewusstsein ; weil wir beim Lesen lernen stets die Schriftbilder in ein Klangbild und ein Sprechbewegungsbild (lautes Lesen) um- wandeln. Im spateren Leben konnen sich manche A'lenschen mehr und mehr von diesen Associationsvor- gangen emancipieren. Beim Schreibeii lernen lagern sich die Schreib- erinnerungsbilder als Innervationsgefiihle der Schreib- bewegungen im rechten Armcentrum (mittl. Drittel der Centralwindungen der linken Hemisphare) ab, sie stehen in innigster associativer Verkniipfung mit optischen und akustischen Erinnerungsbildern dieser Seite. Bei verschiedenen Individuen treten mehr die optischen, bei anderen mehr die kinasthetischen Schrift- Associationen in den Vordergrund. Die Hauptregionen derHemispharenrinde, in denen diese Vorgange sich abspielen, sind also die Zentral- windungen, obere Schlafenwindung, die Parietal- und Occipitalwindungen. Fiir die hoheren geistigen Funk- tionen der Intelligenz wird besonders der Stirnlappen als anatomisches Substrat bezeichnet. Doch hat man sich immer zu vergegenwartigen, dass die komplizierten Vorgange des De nk verm ogens nur in weiter aus- und aufgebauten Ass ociati on sop erati o nen be- stehen, die Summe dieser Associationen kann unmog- lich nur an die Thatigkeit eines Lappens gebunden sein. Den Unterschied in der Verteilung der Centren auf beiden Hemispharen zu Gunsten der linken zeigt - 63 - Fig-. 8. Die ,,latenten" Rindeiifelder sincl weiss. Die (getiipfelten) ,,Sinnescentren" enthalten also die psy- chosensorischen und psychomotorischen Felder, Projektionsbahnen neben Associationsbahnen, die anderen (weissen) Rindenvvindungen sollen ausschliess- lich Associationsfasern enthalten. H.a Fig. 8. Vorgange diene Zum Verstandnis der Sprach- etc Fig. 9. Die Bahnenverkniipfung beim Sprechen, Schreiben, Lesen lasst sich, vvie wenn wir bezeichnen: folgt, wiedergeben, PCUluS J iutfica- mit I die sensorische Sprachbahn , I deren Centrum, mit 2 die motorische Sprachbahn , II deren Centrum, mit 3 die optischeBahn, HI das optische Centrum, mit4 die kinasthetische Bahn fiir Sprach- und Schreibbeweguiigcn, IV deren Centrum, mit 5 die motorische Schreibbahn, V deren Centrum, (Armcentrum). Mit X sei die Begriffsbildung, die wir also nicht an ein Centrum den Effekt der gesammten associativen Ein Teil der wichtigen jedesmaligen Associationen ist mit der Bezeichnuncr a in Klammer beic^efug^t. bracfHum. als gebunden auffassen, sondern als Thatigkeit. 64 - X Sprechen lernen : 1 (a 3) — I— Ilia I V') — 2 X Lesen lernen : 3 — III — I (a IV) — II X Schreiben lernen: 3 — III — I (a IV, all) — \' — 5 Spontanes Sprechen: x — II (a IV, a I) — 2 X Spontanes Lesen: 3 — III — I (alVj — II — 2 Spont. Schreiben : x — I (II) — III — V (alV) — 5 Nachsprechen^) : 1 — I — II (a IV) — 2 Nachschreiben: 3 — III — V (alV) — 5 Diktatschreiben: 1 — I (alll) — \^ (a IV) — 5 Weitere wichtigere Einzelheiten werden bei der allgemeinen Symptomatologie (Abschnitt IV. 3) be- sprochen, um Wiederholungen zu vermeiden. Es sei noch der Coordination der motorischen Thatigkeit gedacht. Jeder auch der geringste Bewegungsvorgang spielt sich durch das Zusammenwirken mehrerer Muskel- gruppen ab. Die Regulierung des zweckmassigen Ablaufes der verschiedenen beteiligten Muskelaktionen bei jeder einzelnen Bewegung nennt man Coordination. Schon bei einer einfachen Muskelaktion miissen Agonisten und Antagonisten coordiniert arbeiten, viel mehr noch bei den komplicierteren in verschiedene auf einanderfolgende Einzelaktionen zerfallenden Be- wegungsvorgangen (z. B. Gehen, Sprechen u. s. \v.) ; hier muss nicht nur der einzelne Bewegungsvorgang. sondern auch der zeitliche Ablauf in der Reihenfolge derselben zweckmassig geregelt werden. Zusammenwirkende P*luskelgruppen beziehen ihre peripherischen und wohl auch centralen Neuren oder doch einen Teil derselben aus ZcUagern, deren ein- zelne Zellen unter sich in besonders inniger Verbind- *) Wenn mechanisch geschehend, ohne Begriffs- (x) Associationen. — 65 - ung stehen, (Coordinationscentreii und -Bahnen des Gehirns und Riickcnmarks). So sind z. B. die Augen- muskelkerne , die Hypoglossuskerne besonders innig verkniipft. Auch von e i n e r Zelle aus konnen die Bewegungsimpulse (durch die Collateralen) auf ver- schiedene Muskcln iibertragen und dadurch die coor- dinierte Muskelaktion unterstiitzt vverden. Wichtig ist fur das Zustandekommen der Coor- dination die Regulierung durch die sensiblen Em- pfindungen (besonders Muskelempfindungen). Dar- iiber und iiber den Einfluss des Klein hi rns auf die statische Coordination eriibrigt noch zu sprechen. Das Kleinhirn iibt wohl zweifellos einen Einfluss auf die statische Coordination und die GLeich- gewichtserhaltung des aufrecht stehenden und gehenden Korpers aus. Es erhalt zu diesem Zvveck in centripetal leitenden Bahnen die Muskelempfind- ungen (auch optische, taktile u. s. w.) aus der Korper- peripherie. Die corpora restiformia fiihren den Teil der Hinterstrangsfasern, der nicht zur Schleife gelangt, aus den Hinterstrangskernen ins Kleinhirn \ ebenso gelangt, wie wir wissen, die Kleinhirnseitenstrangbahn (unbekannter Funktion) und Fasern aus n. vestibularis (Bogengange-Gleichgewichtsorgan?) und n. trigeminus (direkte sensorische Cerebellarbahn) dahin. Wie nun aber der Kleinhirneinfluss auf die Coor- dination zu deuten ist, dariiber bestehen nur unsichere Vermutungen. Das Kleinhirn steht mit dem Gross him ver- schiedentlich in Verbindung, es ware also denkbar, dass es auf die motorischen Rindenfelder desselben einen regulierenden Einfluss ausiibt, also indirekt auf die Muskelthatigkeit einwirkt. Gerade mit diesen Cen- tren scheint es aber nicht direkt verbunden zu sein. Aus dem Kleinhirn ziehen die Briickenfasern zu den gekreuzten Briickenganglien. In diesen endet auch, wie wir gesehen haben, sowohl die frontale, als die tempor o-occipitale Briickenbahn. — 66 — Es erscheint also jede Kleinhirnhemisphare mit dem Stirii-, Schlafen- und Occipital-Lappen der ge- kreuzten Grosshirnhemispharen in direkter Verbindung, Des weiteren kommt aus dem roten Kern der Haube (der hinwiederum mit dem Thalamus (Schleife r) etc. verbunden ist) der Bindearm zur gekreuzten Hemisphare des Kleinhirns. Diese Grosshirn- Klein- hirn-Bahnen kennen wir, ihre Funktion ist unklar, sie scheint aber mit der Coordination in Zusam.menhang zu stehen. Auch eine dire kt e Beeinflussung der Muskulatur durch das Kleinhirn ist anatomisch denkbar. Vom Kleinhirn Ziehen die Olivenfasern im corp. resti- forme zur gekreuzten OHve, von hier flihrt die centrale Haubenbahn nach oben, die „OHvenbahnen" im Seiten- Strang tiefer abwarts zu Zellen des Vorderhorn's (?). Alles inAllem: wir wissen noch nichts Sicheres darliber. IV. Abschnitt. Allgemeine Pathologie und Therapie der Er- krankungen des Nervensystems. (Tafel 53—68). 1. Uber die Ursachen der Erkrankuneen des Nervensystems. Die Erkrankuncren des Nerv^ensvstems entstehen entweder als primare Affektionen der Nervensub- stanz selbst, oder sie kommen im Gefolge von Er- krankungen der anderen besonders der benachbarten Gewebe des Korpers (Blutgefasse, Haute, Knochen u. s. w.) s e k u n d a r zAistande. Die haufigsten Ursachen dieser „sekundaren" Nervenkrankheiten sind: a)Entartung des Blutgefassapparats und deren Folgezustande, (Arteriosklerose, Throm- bose, EmboHe, Ruptur, Aneurysma), dadurch kommen Ernahrungsstorungen aller Art oder mechanische Compression und Zerstorung der Nervensubstanz zustande ; b)akute oder chronische entzlindliche Prozesse in den Him-, Riickenmarkshauten (Me- ningitis acuta, tuberculosa, syphihtica etc.) und im Knochen (Osteomyelitis, Caries, Gumma) von Schadel und Wirbelsaule. Diese konnen zu Compression und Ernahrungsstorungen fiihren, teils auch direkt auf die Nervensubstanz liber- greifen per continuitatem ; c) T u m o r e n b i 1 d u n g aller Art in den genannten Geweben(Sarcome, Carcinome, Osteome, Solitar- tuberkel^ Gummigeschwulste, Cysticerken etc.) ; — 68 — deren Folge ist meist Compression der benach- barten Nervensubstanz, auch Narbenbildung kann ahnlich schadigend wirken. d) Metastasenbildung, von Eiterherden in andern Organen aus (Pyamie, Lungenabscesse), tuberkulosen Herden , malignen Tumoren etc. e) durch In t oxikati on, infolge der Aufnahme und Bildung von giftigen Stoffen im Blut bei bestehenden, anderweitig im Korper lokali- sierten Krankheitsherden (Diphtheric, Septi- kamie, Erysipel, Typhus, Syphilis, Nephritis, Diabetes etc.). f) bei bestehenden Allgemeinerkrankungen der Korperconstitution (Anamie , Kachexie, Chlorose u. s. w.). Zu den ,,primaren" Erkrankungen des Nerven- systems werden die unter e und f oben angeRihrten haufig noch gerechnet. Ausserdem gehoren hieher eine Reihe von anderen toxischen und infektiosen Erkrankungen , die im Nervensystem selbst sich ab- spielen (Blei, Arsen, Secale, Alkoholvergiftung, Polio- myehtis acuta, Myehtis acuta, Tabes dorsuahs, Neu- ritis acuta u. s. f.). Sodann sind hieher alle die durch fehlerhafte Embryonalanlage bedingten Erkrankungen (Muskel- atrophie, hereditare Systemerkrankungen u. a.), sowie die Reihe der ,,funk ti onellen" Nervenerkrankungen zu rechnen. Man bezeichnet als fun kti on el le Erkrankungen solche, bei denen es mit den bisherigen Untersuchungs- methoden nicht moglich war, anatomische Ver- anderungen im Nervensystem nachzuweisen. Es fehit also bei diesen die Kenntnis iiber genaueren Sitz und Charakter der Erkrankung. Man fasst sie bisher, ob mit Recht oder Unrecht, nur als Storungen im Ab- lauf der Funktion auf (durch molekulare, chemische.? krankhafte Prozesse bedingt). Ihr Gebiet wird mit derVerfeinerung derUntersuchungsmethoden ein immer - 69 - kleineres. Hieher gehoren : Hysterie , Neurasthenic, eine Reihe von psychischen Erkrankungen (Melancholie, xManie etc.) u. a. Im Gegensatz zu den funktionellen bezeichnet man die oben genannten Nervenkrankheiten mit nach- weisbaren anatomischen Veranderungen als ,,organ- ische" und lokalisierbare Erkrankungen. Eine weitere Einteilung der Nervenkrankheiten ist die nach den Ursachen. Man teilt dieselben darnach ein in die endogenen, in der Anlage des Organismus bedingten, und indie exogenen, spater erworbenen (toxischen, infektiosen etc.) Erkrankungen. In Anerkennung der Mangelhaftigkeit unseres VVissens von den Ursachen und vor allem aus didak- tischen und auch diagnostischen Uberlegungen ist es aber ratsam , auch die anderen Einteilungsprinzipien mitbestimmend sein zu lassen. Zum Verstandnis der endogenen, durch fehler- hafte Embryonalanlage bedingten Nervenerkrankungen sei noch folgendes hervorgehoben. Es gibt eine Reihe von Erkrankungen , von denen die eine oder andere bei verschiedenen GHedern einer Familie wiederholt in derselben oder einer ahnlichen Form auftreten kann. Auf welche VVeise der Fehler in die Generations- reihe gelangt ist, lasst sich vorlaufig nicht eruieren. Gleichwie nun fiir die meisten Organe (Herz, Niere, Leber) im Senium ein vollkommener Ersatz des bei der Organfunktion verbrauchten Parenchym- materials nicht mehr mogUch ist und so eine ,, senile" Atrophic des betreffenden Organs (insbesondere des Parenchymas desselben) eintreten muss, so kann man sich auch vorstellen, dass bei manchen Individuen fi.ir einzelne Organe oder Organteile diese ,,Abnutzung" schon friihzeitiger eintreten kann, wenn dieselben nicht mit der notigen Lebenskraft von Haus aus aus- gestattet sind. Es wird also in diesen Fallen zu einem Schwunde dieser Telle kommen, nachdem die ,,Ersatzfahigkeit" fiir das verbrauchte Material derge- •o stalt fehlt (Lebercirrhose, Schrumpfniere etc.). Fiir verschiedene Nervenbahnen gilt nun auch das bisher gesagte. Infolge einer fehlerhaften Anlage der Balm geht sie vor dem Tode des Individuums, haufig schon lange Jahre vorher, langsam und unaufhaltsam zu grunde (Involutionskrankheiten). In neuester Zeit ist die Hypothese aufgestellt worden, dass die Auswahl der jeweils in dieser Weise einer Degeneration unterworfenen Bahnen, in der Art durch deren Funktion bestimmt wird, dass die am meisten beschaftigten Bahnen (Reflexbahnen, sensible Bahnen. Pyramidenbahnen) am leichtesten dieser Degeneration verfallen, besonders bei ander- weitig schon bestehenden Ernahrungsstorungen (Ka- chexie, Intoxikation). Ausser bei diesen spielt auch bei der Entstehung der ex og en en Nervenerkrankungen zweifellos ange- borne oder irgendwie erworbene, in ihrem Wesen aber noch unklare ,. Disposition'' eine nicht wegzu- disputierende Rolle. Bei manchen Erkrankungen kann man auch eine oder mehr konkurrierende ,,auslosende" Ursachen konstatieren. Geistige Uberanstrengungen, Excesse aller Art und vor allem das Heer der verschieden- artigsten korperlichen Leiden iiben einen grossen Ein- fluss als solche aus. 2. Allgemeines iiber die patholog.-anatomischen Veranderungen bei Nervenkrankheiten. Die Erkrankung kann entweder wahllos einen be- stimmten Abschnitt des Nervens}'stems mit den ge- rade dort gelegenen Nervenzellen und Fasern be- treften (Diffuse-, Herderkrankung, im Riicken- mark: O ue rschn i tt serkrankung), oder sie kann auf einen Complex von anatomisch und funktionell zusammengehorigen Zellen, oder Fasern, oder — 71 — ganzerNeuren, oder schliesslich ga nz er Bahnen sich ausdehnen (Sy s te m-Er krankungen). Erkranken gleichzeitig zwei oder mehr ver- schiedene Neuroncomplexe oder Bahnen, so spricht man von ,,combinierter Systemerkrankung. Bei Herder krankungen wird durch einen Bluterguss die betreffende Stelle der Nervensubstanz zertriimmert iind es entsteht dadurch auf der Ober- ilache des Organs ein Defekt, innerhalb der Organ- SLibstanz eine Hohlung, in der die Reste des Blut- farbstofYs lange noch nachweisbar sind, der grosste Teil des Inhalts wird resorbiert. Bei Ernahrungsstorungen ( Arterienverschluss, Com- pression, entziindliche Processe) tritt Erweichung oder Eiterung (bei Anwesenheit von Eitererregern) ein. Die betreffenden Zellen und Nervenfasern werden nekro- tisch und zerfallen vollkommen. Durch Leukocyten werden die Zerfallsprodukte (Fett-, Eiweiss-Kornchen) weiter transportiert (Kornchenzellen). SchliessHch resultiert ebenfalls ein Defekt, eine Cyste. Um alle Defekte herum verdickt sich das Gliagewebe zu einer derben Hiille, die Cyste auch teilweise ausfullend. Durch diesen Narbenprocess erfolgt spater auch eine Schrumpfung des Herdes. Eine jede Herderkrankung hat aber ausser diesen lokalen, primaren Folgen noch eine Reihe anderer Erkrankungsprocesse sekundar zur Folge. Es treten namlich ausgehend von der betreffenden Herderkrank- ung die sogenannten ,sekundaren Degenera- tion en" sowohl in aufsteigender, wie in absteigender Richtung (fiir verschiedene Bahnen verschieden) zum Teil durch das ganze Nervensystem hindurch zu ver- folgend ein. Diese Degenerationen entwickehi sich nach folgen- den Grundsatzen : Jede Neuronzelle iibt, wie wir a. a. O. schon sahen, einen nutritiven Einfluss auf ihre Teile, die Fortsatze, aus. Eine Zerstorung- der Zelle oder eine — 72 — Aufhebung des Zusammenhangs der Zelle mit der betreffenden Zellfaser hat den sekundaren Zerfall der distalen, von der Zelle getrennten Telle zur Folge. Die Degeneration beginnt sofort nach der Schadigung des Zusammenhanges in dem am meisten peripher gelegenen Telle des betreffenden Neuronabscbnitts, also in der Faserendaufsplitterung und umfasst schliess- lich den betreffenden Teil in seinem ganzen Verlauf. Der Degenerationsprocess erfolgt also cellulipetal fiir den jeweils von der Zelle abgetrennten Faserteil. 1st die Continuitatstrennung eine totale und plotzlich erfolgende (Trauma) so tritt die Degeneration gleich- zeitig im ganzen Verlauf der Faser ein. 1st der De- generationsprocess abgelaufen , was nach einigen Wochen bis Monaten meist der Fall ist, so resultiert also fiir das Riickenmark : eine absteigende Degeneration der motorischen (centrifugalen) Neuren (Neu- ronzellen oberhalb des Herdes), eine auf- steigende Degeneration der sen sib el n (centripetalen) Neuren (Neuronzellen unter- halb des Herdes), also eine Degeneration der Bahn im Sinne der Leitung. Es gibt auch Bahnen, die nach beiden Richtungen hin degenerieren zu konnen scheinen (z. B. die Schleifen- bahn). Man hat dies z. T. als Folge des Funktions- ausfalles , als eine ,,Funktionsatrophie" aufgefasst. Vielleicht aberfuhren diese Bahnen Fasern verschiedenen Ursprungs. Auch die Neuronzelle selbst erleidet bei Faserunterbrechung sekundare Veranderungen, wenn sie in ihrer Funktionsausiibung gehindert ist. Ausfiihr- iicheres iiber diese Degenerationen ergeben Taf. 55,3, Taf. 61—68. Die mikroskopisch erkennbaren anatomischen Ver- anderungen scheinen beim primaren oder sekundaren Zerfall des Nervengewebs im wesentlichen die gleichen zu sein. Wir wissen eben, abgesehen von groben morphologischen Alterationen, ungemein wenig von — 73 — den feineren krankhaften Vorgangen in der Nerven- zelle und Nervenfaser. Die G anglienzelle n er- leiden eine Triibung ihres Protoplasmas , zerfallen, schrumpfen, verlierenihreFortsatze und konnenschliess- lich vollkommen verschwinden. Die N erven fasern quellen auf, ihre Markscheide zerfallt in einzelne Tropfen und wird schliesslich re- sorbiert , der Axencylinder geht schon vorlier zu Grunde (Degenerationsprocess). An die Stelle der verschwundenen Nervenzellen und Fasern tritt immer dicht verfilztes, neugebildetes Gliagewebe mit zahl- reichen Blutgefassen, deren Wandungen verdickt sind; auch Rundzelleninfiltration, im Anfang Kornchenzellen, sind haufig nachweisbar. Schliesslich tritt in dieser Weise die sogenannte „Sklerose", narbiger Binde- gewebsersatz der zu Grunde gegangenen Fasern, auf. x\nstatt der Sklerosierung kann auch nur eine einfache Atrophic des betreftenden Abschnittes eintreten. Dies hangt zum Teil von der Art der Erkrankung und von der Schnelligkeit ab, mit der die Processe sich ab- spielen, zum Teil auch von anderen Umstanden (siehe Text zu Tafel 64, 2). 3. Allgemeines und Spezielles liber die Sympto- matoloeie und Lokalisationslehre der Nerven- erkrankungen (Topische Diagnostik). Bei den verschiedenen Erkrankungsprocessen konnen die nervosen Organe in zweierlei Weise reagieren. Entvveder sie konnen zu krankhafter Thatigkeit gereizt werden, oder ihre Funktion kann gehemmt und schhessHch ganz aufgehoben werden. Haufig gehen die beiden Erscheinungen so ineinander liber, dass bei Beginn des Erkrankungsprocesses mehr die Reizungs- , beim Fortschreiten desselben daran anschliessend die Lah m un gse r schein u ngen , das Erloschen der betreftenden Funktion, in den Vorder- grund tretcn. — 74 — Die Erkrankung der motorischen, cortico- muskularenBahn kann als Reizungssymptome grosse Krampf-Anfalle, Muskelkrampfe (tonische an- haltende, klonische aussetzende), biindelformige und fibrillare Muskelzuckungen, als Lahmungssymptome, Schwache (Parese) oder Lahmung (Paralyse) ein- zelner oder mehrerer Muskelgebiete zur Folge haben, je nach der Ausbreitung des sJErkrankungsgebietes. Die Erkrankung der sensibeln Bahn kann als Reizsymptome neuralgieahnliche heftige Schmerzen. krankhaft gesteigerte Empfindlichkeit (Hyperaest- hesie, Hy peralgesi e), als Lahmungserschein- ungen Abschwachung oder vollkommene Aufhebung der ganzen Sensibilitat oder auch nur einzelner Qua- litaten verursachen (Anaesthes ie, Analgesie, Thermanaesthesie). Die F>krankung der coordinator ischen Rahnen hat die Beeintrachtigung oder Sistierung der Coordination der Muskelaktionen zur Folge (Ataxia, Bewegungsataxie, statische Ataxic). Entscheidend fur den Eintritt der Symptom e ist weniger die Art des Erkrankungsprocesses als die Lokalisation undAusdehnung desselben. Hiebei ist wichtig, die Unterscheidung der Herderkrankungen von den systematischen; die Symptome der letzteren sind viel mehr constant und gesetzmassig, wie die- jenigen der ersteren, die eben nach der Topographic des Herdes variieren. Die grundlegenden Thatsachen fur die Sympto- matologie der Nervenkrankheiten sind die folgenden : Eine Lasion des centralen motorischen JVettro?is hat die Lahmung des von ihm versorgten Muskels zur Folge, die Muskelthatigkeit ist dem Willensein- flusse entzogen. Die Lahmung muss infolge der Kreuzung des centralen Neurons auf der ent- gegenge set zten Korperhalfte eintreten. Die Lahmung ist spastisch, d. h. die betreffenden Muskeln bieten bei passiven Bewegungen einen Wider- — 75 — stand, der Tonus der Muskulatur ist erhoht (Hyper- tonic), die Muskeln liaben die Neigung zur spontanea Verkiirzung (Contracturenbild ung). Ausser einer massigen ,,Inactivi tatsatrophie" tritt fur ge- wohnlich keine eigentliche ,, degenerative" Muskel- atrophie ein , der Muskel bleibt in seinem Proto- plasmabestand erhalten. Die Reflexbahn ist nicht unterbrochen, die Reflexauslosung vielmehr erleichtert (erhoht e Reflexe). Sitzt die Erkrankung in der Nahe der Zellen dieses Neurons (Hirnrinde, Centralwindungen), so konnen als anfangliche Reiz- erscheinungen unwillkiirliche Zuckungen des oder der betrefifenden Muskeln eintreten (motorische Reiz- erscheinungen, tonische und klonische Krampfe, epileptiforme Krampfanfalle (halbseitig oder beider- seitig, chorea tische unwillkiirliche langsam er- folgende ungeordnete Bewegungen, athetotische unwillkiirliche, iibermassige, ungewohnliche Finger- etc. Bewegungen. Eine Lasion des -pert-pherischen 7notorischen JVeti- rons fiihrt ebenfalls zu einer Lahmung des betroffenen Muskels. Die Lahmung liegt aber, infolge des un- gekreuzten Verlaufes des Neurons, auf der gleichen Sei te der Korperhiilfte. Diese Lahmung ist eine s c h 1 a f f e , d. h. es besteht kein Widerstand bei passiven Be- wegungen, der Tonus der Muskulatur ist herabgesetzt (Hypotonic, Atonic), es besteht keine Neigung zur Contracturenbildung. Der Muskel verfallt je nach der Art der Erkrankung rascher oder langsamer einer degenerativen Atrophic (das Protoplasma der Muskel- fibrillen triibt sich, zerfallt kornig und wird resorbiert), der Muskel wandelt sich schliesslich in eine fibrose Masse um, das Protoplasma seiner Muskelfasern ist vollkommen verschwunden. Sielie auch noch Elektro- diagnostik, dies. Abschn., 4). Der Reflexbogen ist unterbrochen, die Re- flexe sind also erloschen. Als Reizerscheinungen sind oft aufzufassen die ,,fibrillaren" Muskel- - 76 - zuckungen, die in den kleinsten Biindelchen der be- fallenen Muskeln ohne Bewegungseffekt sich abspielen, der Muskel kann infolge dessen in einer bestandigen wogenden Unruhe sein, schliesslich erloschen dieselben natiirlich auch. Die Lasion der sensibeln Bahn bedingt Sen- sibilitatsstorungen aul der entgegengesetzten Korperhalfte bei Erkrankung des centralen, auf der gleichen Seite bei solcher des peripherischen Neurons. Ausserdem aber bestehen keine so durch- greifenden Difterenzen in den Symptomen, wie bei der motorischen Bahn. Als ein auf die hinteren Wurzeln (periph. Neuron) zu beziehendes Symptom fasst man die Reizerscheinungen auf, die aus heftigen, neuralgie- ahnlichen, reissenden Schmerzanfallen bestehen.*) Da die motorische Bahn das ganze Nervensystem in der Art durchzieht, dass vom Hirnstamm an neben dem weiterziehenden centralen die Reihe der peri- pherischen successive abgeht, so beniitzt man bei Herderkrankungen zu einer genauen Lokalisations- diagnose die oben angefiihrten motorischen Symptome bei Storung der centralen Bahn gewissermassen als Abscissenaxe, auf der die anderen Herdsymptome als Or din a ten die Hohe angeben. Wir betrachten nun die Symptome der Herd- und System-Erkrankungen. I. Die Symptome von Herderkrankungen A. des Gehirns. Dieselben zerfallen in die direkten (Herdsymp- tome im eigentlichen Sinn) und in die in direkten (Fernwirkung auf benachbarte Gehirnteile), sowie endlich in die A llgemeinsympto me (durch die Art der Lasion und ihre Entwicklung bedingt) ; zu letzteren ge- horen: Fieber, Kachexie, Erbrechen, Kopfschmerz, "*) Auch ,, central*' sollen Sclimerzempfindungen ausgelost werden konnen. - 71 — Storungen der psychischen Thatigkeit. Bei ausge- dehnten Lasionen besteht Bewusstseinsstorung (Coma, Somnolenz). In folgendem sind natiirlich nur die direkten Herds\'mptome besprochen. I. Symftoiue bei Lasionen der Hirnrinde. a) des Stirnlappens. Erkrankungen desselben verlaufen haufig ohne nachweisliche Symptome. Bei ausgedehnten Herden bestehen manchmal psychische Storungen (Apathie, Demenz). 1st speziell die untere Stirnwindung in ihrem hintersten Abschnitte in der linken Hemisphare zer- stort, so besteht Verlust der w illkiir lichen Sprach- innervation (motorische Aphasie). Bei grosserer Ausdehnung kann, wenn das Arm- centrum in den Centralwindungen mitbetroffen ist, zu- gleichauch Unfahigkeitwillkiirlichzuschreiben (A g rap hie) bestehen. Bei Lasionen beider Stirnlappen sind auch Stor- ungen der Rumpfbewegungen, der Stimmbildung be- obachtet worden. b) der Centralwindungen. Erkrankung des oberen Drittels und des lob. p arac entralis hat spastische Lahmung der ganzen u n t e r e n Extremitat der gegeniiberliegen- d e n Seite zur Folge, Monoplegia cruralis, even- tuelle Reizsymptome bestehen in klonischen Zuck- ungen, choreatischen, athetotischen Bewegungen des Beines. Lasion des mittleren Drittels bedingt ge- kreuzte spastische Monoplegia brachialis even- tuell motor. Reizerscheinungen in diesem Arm. Lasion des unteren Drittels verursacht ge- kreuzte Monoplegia facialis, event. Zuckungen in diesem Facialis-Gebiet (nur die ,, untere" Faclalis- muskulatur ist beteiligt). _ 78 - Lasion des Gebietes unter und vor dem Facialis- centrum bedingt Monoplegia lingualis, Lahm- ung des gekreuzten Hypoglossus, die Zunge weicht nach der gelahmten Seite ab. 1st die Herdausdehnung in den Centralwindungen eine betrachtlichere, liber ein Centrum hinausreichende, so beteiligen sich natiirlich audi mehr Muskelgruppen der gekreuzten Seite, Hemiplegia partialis, H. totalis (bei vollkommener Extremitaten-, Facialis-, Hypoglossus- Lahmung). Die eventuellen Reizerscheinungen konnen bei Rindenlasionen in diesem Bezirk auch in Form der cortikalen partiellen Epilepsie (Jackson- Epilepsie) auftreten, indem es von dem primaren Herd aus zu einer successiven Erregung samtlicher motorischer Centren (in der Reihenfolge ihrer Lage) kommt; die Krampfanfalle spielen sich dementsprechend in derselben Reihenfolge in der gegeniiberliegenden Korperhalfte ab und konnen (durch die Commissuren- bahiien!) auch auf die andere Hemisphare iibertragen werden. Eestehen Rindenherde in den Centralwind- ungen bei der Hemispharen so besteht doppelseitige spastische Lahmung, Diplegia facialis, brachi- alis etc. (S. Pseudobulbaerparalyse). Die Muskellahmung in diesen Fallen ist eine spastische (s. o.), die Sehnenreflexe der gelahmten und auch haufig der anderen Seite sind erhoht, die Hautrefiexe der gelahmten Seite dagegen haufig herab- gesetzt. c) Parietallappen. Seine Lasion hat manchmal Storungen' in der Sensibilitat der gegeniiberliegenden Korperhalfte zur Folge (Muskel- und Hautempfindungen). Doch ist die Art dieser Storung (Hemianaesthesie) noch nicht geniigend klar. Km Herd im gyr. angularis kann Augenmuskelstorungen Ptosis am gegeniiberliegenden Auge, gleichsinniges Abweichen beider P)ulbi nach der Seite des Herdes (deviation conjuguee) zur P'olge haben. — 79 — Durch Lasionder links seiti gen unterenScheitel- lappenwindungen (gyrus supramarginalis?) soil Unfahigkeit zu lesen (Alexie) (wahrend die Sprach- fahigkeit nicht gestort ist) verursacht werden. d) Occipitallappen. Seine einseitige Zerstorung hat die als ,,Hemi a- nopsie" bezeichnete Sehstorung zur Folge, d. h. Blindheit der gleichseit igen beiden Netzhauthalften. Bei Zerstorung z. B. des linken Lappens: Blindheit der beiden linken Retinahalften oder was dasselbe ist: Ausfall der von der rechten Halfte des Gesichts- feldes eintretenden Lichtempfindungen, also rechts- seitige Flemianopsie. Bei umfangreicheren Lasionen besonders in der linken Hemisphaere kommt Ausfall der optischenErinnerungsbilder und deren Asso- ciationen zu Stande (Seelenblindheit, Unfahig- keit einen gesehenen Gegenstand seinem Be griff nach zu erkennen, event, audi bezeichnen zu konnen (optische Aphasie). Bei doppelseitigen Herden kann voUkommene (Rind en-) Blindheit bestehen. e) S chlafenlappen. Zerstorung der oberen Windung in der linken Hemisphare hat den Ausfall der akustischen Wort- klangerinnerungsbilder und deren Association en zur Folge (sensorische Aphasi e=:= Mangel des W or t- verstandnisses bei erhaltener Sprachfahigkeit). Bei beiderseitigen Lasionen besteht ,,Rinden- taubhe it.'* f) Mediane Hem ispharenf lache. Der lob. paracentralis ist bei den Centralwind- ungen, der Cuneus beim Occipitallappen zuzurechnen. Zerstorung des gyrus uncinat us (gyr. Hipp o- campi) soil Geruchs storungen (centrale Anos- mie), Lasion des basalen hinteren Abschnitts des Stirn lappens, Geschmacksstorungen So (centra le Ageusie) (?) zur Folge haben, nur bei doppelseitjgen Herden deutlich. g) I n se 11 app en. Lasion der linksseitigen Inselgegend hat den Effekt einer Storung im Ablauf der associative n Tha- tigkeit zwischen den Sprachcentren, es kommt zu einer fehlerhaften, aber nicht aufgeliobenen Wort- und Satz- bildung, Versprechen u. s. w. (Paraphasie). Es mangelt die KontroUe des sensorischen Sprachcentrums. 2) Lasionen des Ce?itrum semiovale. Dieselben sind haufig symptomlos. Werden in- des durch die Lokalisation der Lasion Bahnen zer- stort, die aus den angegebenen Rindenfeldern weiter fijhren (subcortikale Lasionen), so konnen dieselben Symptome wie bei Rindenzerstorung (meist aber ohne Reizerscheinungen) auftreten: Monoplegieen, Aphasieen Hemianopsie (Sehstrahlung), Hemianaesthesie. Da die motorischen centralen Bahnen im Marklager, je tiefer sie absteigen, um so mehr convergieren, werden haufig auch durch einen kleineren Herd hier mehrere zu gleicher Zeit beschadigt : wahrend bei Rindenlasionen aus dem umgekehrten Grunde die Monoplegieen iiberwiegen, kommen hier haufiger ganze oder teilweise Hemiplegieen zu stande. Balkenlasionen sind meist symptomlos. j) Ldsioue?i der Capsula mterna. a) Zerstorung des vorderen Schenkels be- steht meist ohne nachweisliche Symptome. b) des hinteren Schenkels, wenn nur das K n i e betroften ist : Facialis- (unterer Ast) Hypoglossuslahmung (wenn linksseitig Sprach- storungen), der gekreuzten Seite. (Wenn doppel- seitig: Diplegie); wenn der mittl. Teil be- troffen ist, gekreuzte Hemiplegia brachio-cru- ralis: wenn der hintere Teil Sitz der Lasion Si ist : Hemianaesthesie (partielle) der gegeiiiiber- liegenden Korperhalfte, Hemianopsie, manch- mal (noch unsicher!) Gehorsabschwachung. Meist ist die Ausdehnuiig des Herdes so gross, dass der grossere Teil des Kapselabschnittes zerstort ist, dann bestehen die genannten Er- scheinuiigen vereint (total e Hemiplegia facio-hypoglosso-brachio-cruralis der gegeniiberliegenden Korperhalfte mit Hemi- anaesthesie etc. Augenmuskeln , Kaumuskeln, oberer Fa- cialis, Hals-, Rumpfmuskeln sind als bilateral wirkend und innerviert nur bei doppelsei- tigen Herden voii Lahmungen betroffen. 4) Lasionen des Stammganglion (nucl. caudat., nucl. lentif.) scheinen symptomlos bestehen zu konnen, die dabei vorhandenen Erscheinungen sind auf die Mit- beteiligung der benachbarten inneren Kapsel zu be- ziehen (indirekte Symptome !). 5) Als Folgen einer Th alamuslasion (besond. wenn doppelseitig) treten Storungen der psychisch- affektiven Thatigkeit auf (der ,,Psychoreflexe*' des Lachens, Weinens etc.). Auch Coordinationsstorungen, choreatische Reiz- erscheinungen, auffallend rasch sich entwickelnde Mus- kelatrophieen aut der gekreuzten Seite sind darauf be- zogen worden. Bei Zerstorung des hinteren Thalamusabschnitts (Pulvinar) tritt partielle Hemianopsie ein. 6) Herde in der regio subthalamica bedingen gekreuzte Hemianaesthesie (Schleifenlasion). 7) Ldsioneii der Vierhilgelgegeiid. Als Reizsymptom scheint eine eigentumliche Gang- storung (taumelnder, unsicherer Gang, cerebellare A ta xie (durch Bindearmbeteiligung oder Fernwirkung auf das benachbarte Kleinhirn zu erklaren?) aufzu- treten; dieser Gang spricht aber erst inVerbindung — 82 — mit anderen Symptomen fur eine Vierhugelerkrankung. Hieher gehort: A ugenmuskellahmung (Ophthalmo- plegie). Dieselbe kann eine nucleare (Lasion der Kernlager) oder eine fasciculaere Nervenfaserlahm- ung (durchziehende oculomotor. Fasern) sein, kann je nach dem Sitz eine einseitige oder doppelseitige (bes. bei Kernlahmung , benachbarte Lage l) sein. Lasion der zuvorderst (noch in der Seitenwand des III. V^entrikels) gelegenen Kerne scheint Lahmung der interioren Augenmuskeln (M. ciliaris , sphincter pu- pillae) und (unter dem vord. Vierhiigel) des rect. int., sup. und lev. palp. sup. zu bedingen, die iibrigen Augenmuskelkerne liegen mehr riickwarts. 1st die Haube unter den Vierhiigeln mit be- troffen, so besteht gekreuzte (unvoUstandige) Hemian- aesthcsie (Schleife). 1st der Hirnschenkelfuss ladiert, so besteht gekreuzte Hemiplegia b r a c h i o - c r u r a 1 i s , auch facio -lingual is. 1st eine Lasion nur einseitig. so besteht also ge- kreuzte Hemiplegia totalis mit gleichseitiger Oculomotoriuslahmung (peripherisches, gleichseitiges Neuron); diese Form von Hemiplegien, bei denen neben der Lasion der gekreuzt verlaufenden centralen Neuren zugleich un gekreuzte peripherische Neuren durch den Herd ladiert sind , bezeichnet man als Hemiplegia alternans. Bei doppelseitigem Herde andern sich diese Erscheinungen , entsprechend der Ausdehnung. Die hiebei gelahmten Augenmuskeln verfallen natiirlich einer degenerativen Atrophie, wahrend die iibrigen Extrcmitatenlahmung eine spastische, ohne schvverere Muskelschadigung einhergehende ist. 1st der tractus opt. , oder das corp. geniculat. laterale mit befallen, so besteht Hemianopsie. Bei Zerstorung des hinteren Vierhiigels und corp. geniculat. mediale bestanden manchmal Gehorstor- uneren. - 83 - c^) Briickenlasionen. Einseitige Herde konnen bedingen Hemianas- thesie (Schleife), Hemiplegia brachio-cr oralis (Pyramidenbahn) der andern Korperhalfte. Ferner Lahmung der g 1 e i c h s e i t i g e n K a u - muskeln (mot. Trigeminus, periph. Neuron) oder welter hinten der gleichseitigen Facialis- muskulatur (periph. Neuron). (Hemiplegia alter- nans.) Sodann Anasthesie im gleichseitigen Trigeminus- Gebiet, Geschmacksstorungen, artikulatorische Sprach- storungen (mangelhafte Buchstabenbildung) durch Be- teiligung von FacialishypoglossusFasern. Als Reizerscheinungen konnen vorkommen Schwindel, Ataxie, Trismus. Bei doppelseitigen Herden die entsprechenden Symptome. (^) JLdsioueu der Aledidla oblongata. Wenn einseitig, so kann bestehen Hemiplegia brae hio-cru rails, Hemianasthesie der andern Korperseite. Werden die fibrae arcuatae intern, des hinteren r\Iedulla- Abschnitts betroffen . so kann auch glelchseitige Hemianasthesie bestehen (berelts gekreuzte Schleifenfasern). xAusserdem kann glelchseitige Hypoglossus- lahmung (periph. Neuron, Hemiplegia alternans) be- stehen, die Zunge weicht nach der Seite des Herdes ab, die betreftende Halfte ihrer Muskulatur degeneriert. xAls Folge besteht artikulatorische Sprach- behinderung, bulbare Sprache (ohne dass centrale Sprachstorungen vorhanden sind). (Dysarthria labio- lingualis.) Ferner konnen S c h 1 i n g 1 a h m u n g , A t m u n g s- storungen. Aphonic (Stimmbandlahmung) und cirku la torische Storungen bestehen, besonders bei doppelseitigen Herden. Zerstorung der u n t e r e n Oliven soil Gleichgewichtstorungen zur Folge haben. - 84 - lo) Lasioncn des Kleiuhirns. Ihre Symptome siiid oft vieldeutig und unklar. Bei Erkrankung des W u r m e s treten G 1 e i c h - gewi ch tss torungen Schvvindelanfalle , cerebel- lare Gangstorung (Taumelgang) Erbrechen auf. Lasion der process, cereb. ad pontem hat ebenfalls Gleichgewichtsstorungen , Schwindel und Zwan gsbe wegungen (Drehung urn die Langsaxe) zur Folge. Hemispharenlasionen konnen symptomlos bleiben. //) Herderkrankungen der Hirnbasis. Diese sind insbesondere charakterisiert durch die gleichzeitige Lahmung mehrerer basal er Gehirn- nerven derselben oder beider Seiten (oculomotorius^ abducens, facialis, trigeminus, hypoglossus- etc. Lahm- ung). Zugleich kann der Hirnschenkelfuss, der tractus opticus, das Chiasma beteiligt sein. Die Symptome miissen darnach sehr verschieden sein und sind leicht zu reconstruieren. Naheres siehe unter ,,peripherische Nerven" dieses Abschnittes. Am haufigsten kommen zusammen betroffen vor N. II und IK. X. VI und VII, N. X, XII, XI (vord., mittl., hint. Schadelgrube). Kurz zusammengefasst ist also die typische Ge- hirnlahmung die spastische Hemiplegie und die Hernia naesthesie der gekreuzten Seite. R i n d e n h e r d e machen uberwiegend M o n o - plegieen, Capselherde reine H em ipl egieen , Vierliiigel-Hirnschenkelherde: Hemiplegie m i t g e k r e u z t e r O c u 1 o m o t o r i u s 1 a h m u n g (H. a 1 tern a n s super.) Briickenherde: Hemiplegie mit gekreuzter Trige minus- facial i si a hm u n g (Hemiplegia a 1- tern an s med.j Medulla o b 1 o n g a t a - 1 1 e r d c : Hemiplegie — 85 - m i t g- e k r e u z t e r Hy p o g 1 o s s u s- etc. L a h m u n g (He mi pi. alter nans inf.) Alles dies vorausgesetzt einen einseitigen Herd. Da die Projectionsfasern im Hirnstamm sich mehr iind mehr naher treten, so nimmt nach unten audi die Mogliclikeit, dass ein Herd doppelseitige Liisionen macht, zu. Noch mehr ist dies der Fall bei den Herderkranku ngen des Rii cken mar kes. B) Herdsymptome des Riickenmarks. Entgegen der typischen Hirnlahmung, der H e m i- plegie, ist die typische Riickenmarkslahmung die Paraplegie (Lahmung der Extremitaten nicht nur einer, sondern gleichzeitig beider Seiten). Dies kommt eben dadurch zustande, dass die motorischen Bahnen fiir beide Korperhalften im Riicken- mark sehr nahe nebeu einander verlaufen, und von einem Herde leicht beide Seiten betroften werden konnen, Doch kommen auch halbseitige Ri.ickenmarks\Tr- letzungen (durch Stich, auch Tumorbildung) vor ; diese haben denn auch einen anderen , recht typischen Symptomenkomplex (Brown-Sequard'sche Lahmung), verschieden von dera der gewohnlichen iibrigen Riicken- markskrankheiten. Es resultiert als Folge einseitiger Riickenmarks- lasion eine Lahmung der gleichseitigen Ex- tremitaten (je nach dem Sitz verschieden), wahrend die S en sibil i tat ss to rung e n hauptsachlich auf der gegeniib erli egen den Korperhalfte nach- zuweisen sind (die motor, centralen Bahnen sind ja im Riickenmark grosstenteils schon gekreuzt [Pyramiden- kreuzung]), die sensibeln centralen Bahnen aber grossen- teils noch nicht (Vorderseitenstrang — vordere Com- missur s. o.), Ausserdem findet sich eine schmale anasthetische Zone aber auch auf der gelahmten Seite in der Hohe der Lasion (Lasion der eintretenden — 86 — ungekreuzten peripherischen sensiblen Neuren dieser Seite), dariiber audi manchmal eine schmale hyper- asthetische giirtelformige Zone (Reizungssymptum). Hauiig sind diese Symptome der ,,Halbseitenlasion" des Riickenmarks nicht so deutlich ausgepragt, wie oben angegeben. Verfolgen wir jetzt die gewohnlichen wichtigeren Herdsymptome. a) Lasion des Halsmarks. Dieselbe bedingt, wenn sie den ganzen Ouer- schnitt ergreift, eine vollkommene Lahmung der beiden Arme und Beine, Paraplegia universalis nebst voU- kommener Anasthesie von Rumpf und Extremitaten. Die Lahmung der Beine ist eine spastische (cent- rales Neuron), dagegen kann die Armlahmung, wenn der Sitz der Lasion in der Hohe des 5. Hals- bis I. Brustmarksegments ist, eine schlaffe sein (peripher. Neuron, Vorderhorn)- Diejenigen Muskeln der oberen Extremitaten, deren Kernlager ini Vorderhorn zerstort sind, verfallen einer degener a t i v en Atrophie. Die Reflexe der oberen Extremitaten sind aufgehoben (unterbrochener Reflexbogen), die der unteren dagegen gesteigert (Ausfall der centralen hemmenden Fasern). Die Sensibilitat ist bis zu der Hohe der in die obersten noch erkrankten Segmente eintretenden Hinterwurzelfasern auf beiden Seiten gestort. Ausserdem besteht B 1 a s e n - M a s t d a r m 1 a h m- ung (Incontinentia urinae et alvi) infolge Unterbrech- ung der betreff. centralen Bahnen. Je nach der Ausdehnung der Lasion bestehen Unterschiede in der Intensitat der Symptome. Die schlaffe Lahmung der oberen Extremitaten umfasst verschiedene oder alle Muskelgruppen, je nach dem Sitze des Herdes. Naheres dari.iber ergibt die Betrachtung der Textfigur (5) Abschnitt III. S. 42. Die wichtigsten befallenen Segmente des Plalsmarks sind folgende : - 87 - a) 4. Segment: Z wergf el 1 s 1 a h ni ung. jj) 5. unci 6. Segment: Lahmung von Oberarm- typus (Delta-Biceps- Brach. int.-Supinat. long, ev. auch Schultermuskel-Lahmung. Y) 7. und 8. Segment : Lahmung von Un te r a rm- typus (Unterarmmuskulatur, Triceps). 5) 8. Hals- und i. Brustmarksegment. Lahmung der kleinen Handmuskeln, ev. oculo-pu- pillare Symptome (siehe u. C, i). In all diesen Muskeln kommt es also zu degene- rativer Atrophic. b) La si on en des Br ust marks. Die oberen Extremitaten sind dabei unbeteiligt, falls das i. Brustsegment (kleine Llandmuskeln) nicht betroffen ist. Dagegen besteht eine spastische Lahmung der unteren Extremitaten, Paraplegia inferior mit erhohten Reflexen (Patellarklonus, Fussphae- nomen); von dem Bezirk des Rumpfes an, dessen sen- sible Fasern in den hinteren Wurzeln noch in die Herdstelle des Rlickenmarkes eintreten nach abvvarts besteht vollkommene Anaesthesie (Analgesic, Thermo-taktile Anaesthesie, aufgehobene Muskelem- pfindungen etc.). Ferner besteht Blasen- Mas tda r m lah mu ng. Diejenigen Rumpfmuskeln, deren Riickenmarkssegmente vom Herd betroffen werden, verfallen einer degenera- tiven Atrophic, doch ist dicse gewohnlich schvver nachzuweisen. (M. intercostales, lumbales, dorsales, ab- dominalcs etc., s. Elektrodia^nost. S. I02\ Bei lano;em Bestehen einer so bedingten Paraplegic konnen die Sehnenreflexe auch undeutlich werden^ Folge der Con- trakturenbildung } c) La si on des Lend en marks. Diese betrifft nach Motilitat und Sensibilitiit nur die unteren Extremitaten. Es besteht eine schlaffe (periph. Neuron) Paraplegia in ferior mit voUkommener Anaesthesie. — 8S — Die Muskeln der Beine unterliegen einer de- gen erativen Atrophic, die Reflexe sind er- 1 osche n. Totale Blase n -Ma stdarmlahmung f Sphincter- reflex erhalten s. S. ii6). 1st der Sitz das obere Lendenmark , so de- generieren die Muskeln des Crural isgebietes (Quadriceps, Psoas), wenn das untere, so die des Ischiadicus- gebietes (Glutaei, Peronei, Wadenmuskeln). (Genaueres iiber die Verteilung dieser Muskellahmungen s. Text- figur 5, S. 42). d) Lasion des Kreuzbeinmarkes. Hier bleibt der Oberschenkel verschont, wahrend ein Teil der kleinen Fussmuskeln gelahmt wird und atrophiert. Anaesthesie besteht am Fuss (Aussen- seite, Zehen) und in der Analgegend. Blasen-Mast- darmlahmung complet, ihre Reflexe (Sphincterreflex) erloschen. Der Patellarreflex ist erhalten (Herd u nt e r dem Reflexbogen). e) Lasion der Cauda equina. Die Symptome sind ira grossen und ganzen die einer Lasion des Lenden-Kreuzbeinmarkes, da die Cauda samtlichc daraus entspringende und tiefer- ziehende Nervenbahnen umfasst. Sind die zuoberst austretenden Curalisfasern verschont , so besteht im wesentlichen einelschiadicussacrallahmung, also schlafife Lahmung der Unterschenkel- und Peronealmuskulatur (auch der Beuger am Oberschenkel und event, glutaeen), der kleinen Fussmuskeln. Sensibilitatsstorungen im Ischiadicussacral-Gebiet. Totale Blasen-Mastdarmlahmung, falls deren Cauda- wurzeln mit betrofTen. Patellar-Reflex (cruralis) er- halten, Achillessehnen- und Sphincterreflex erloschen. Sind bei diesen Riickenmarkserkrankungen die hinteren Wurzeln der betreffenden Hohenabschnite mit befallen, so bestehen heftige, neuralgiforme - 89 - Schmerzen in deren Ausbreitungsgebiete; dieselben entsprechen manchmal nur den obersten vom Herde noch befallenen Wurzeln. Haufig treten hiedurch reflectorisch ausgeloste Muskelzuckungen in den ge- lahmten Gliedmassen auf. C) Symptome bei Lasion der peripherischen Nerven. Die Lasionen peripherischer Nerven haben mo- torische und sensible Ausfallserscheinungen zui Folge, die genau dem bekannten Verbreitungsgebiete derselben entsprechen, die Kenntnis desselben ist daher flir die exakte Diagnose unerlasslich (s. Tafel 23). Die dadurch bewirkte Lahmung ist eine s c h 1 a f f e , der Muskel verfallt (bei schwerer Schadigung) einer degenerativen Atrophie (periph. Neuron). Die Sensi- bilitatsstorungen halten sich genau an den Ausbreitungs- bezirk des Hautnerven, haufig bestehen schmerzhafte Empfindungen, auch sensible abnorme Empfindungen, Paraesthesieen (Kriebeln, Stechen, pelzige Empfindung, Brennen etc.) Die Reflexe, deren Bahnen in den ge- schadigten Nerven verlaufen, sind erloschen oder herabgesetzt. / Plexusldhmungen. Die Symptome von Plexuslahmungen sind ein Gemisch von den Lahmungserscheinungen ihrer sie zusammensetzenden Nerven. Infolge dessen variiren sie sehr, einige typische, ofter betroffene Stellen sind die fojgenden: a) Die Erb'sche Lahmungsform des Plexus brachialis. Sie betrifft die 5. und 6. Cervikal- wurzel , deren Zerstorung eine Lahmung und Atrophie von Deltamuskel , Biceps, Brachial, int., Supin. long., Supra- und Infraspinatus be- wirkt. Es kommt dadurch eine Lahmung der Erhebung und Abduktion des Ober- und der Beugung des Vorarmes zu Stande. b) Die untere Plexus lahmung des PI. brach. — 90 — Sie umfasst die 8. Hals- und i. Brustmark- wLirzel, und bedingt eine Lahmung und Atrophie der kleinen Handmuskeln und Anaesthesie im Ulnarisgebiet. Ausserdem konnen bestehen ( I. Dorsal Segment) oculo-pupillare Symptome: Myosis , Lidspaltenverengerung , Zuriicksinken des bulbus in der Augenhohle (Relaps). Die unteren Extremitaten sind hiebei nicht beteiiigt, im Gegensatz zu den Symptomen, wenn die betreffenden Riickenmarkssegmente selbst be- fallen sind (s. o ). jr.phrentc V — 'if flex . hrach, L. -y^'-^Ki [PuMJit.Ei-b] Fig. 10. //. LasLoiieii der Gehiriuierveii. Die Ausdehnung der sensibeln Ausfallserschein- ungen ergibt sich fur die verschiedenen Nervenstamme durch die Textfiguren lO — 12. Im einzelnen rufen ihre Lasionen folgende Symptome hervor: 1. N. olfactorius: Anosmie der betreffenden Nasenhalfte, auch Parosmieen (unangenehme Ge- riiche). 2. N. opti cus : Amaurose des betreffenden Auges, — 91 — des ganzen Gesichtsfeldes (TractusalTection dagegen Hemianopsie, balbseitiger Gesichtsfeld-Ausfall), event, iiur HerabsctzLing der Sehscharfe, Gesichtsfeldeinengung^ Sehnervenatrophie (weisse Papille), M}'driasis, reflector. Pupillenstarre (consensuelle erhalten s. h.). Bei Chiasmalasionen besteht Hemianopsia bitemporalis (Zerstorung der sich bier kreuzenden inneren Retinabiindel). 3. N. ocu lorn o tori 113: Ptosis (Lahmung des levator palpebr. sup.), Unbeweglichkeit des Bulbus nach innen und oben (rect. int., sup., inf., obi. inf.), ge- kreuzte Doppelbilder. fixation des Bulbus unter Ab- lenkung nach aussen (durch Contraktur des erhaltenen rectus extern.) Pupillenstarre und Erweiterung (My- driasis) durch Sphincter-, Akkommodationsbehinderung fiir die Nahe durch Ciliarmuskellahniung. 4. N. trochlearis; Doppelbilder beim Blick nach unten (M. obliq. sup.). 5. N. trigeminus: a) ram. supraorbitalis, Anasthesie in der Haut von Stirn, Conjunctiva, Nasenrucken (s. Fig. 10 Vi) b) ram. i nfr aorbi talis, Anasthesie der \Vangen% Nasenfliigelhaut. vom Gaumen, Geschmacks- storung ; (Pig. 10, Va), c) r am. i n f r a m a x i 1 1 a r i s , Anasthesie der Ge- sichtshaut liber Unterkiefer, der Zunge, Mund- schleimhaut (Fig. 10, Vs). Geschmacksstorung (vorderer Zungenabschnitt), Lahmung der Kau- muskulatur, Storung der Speichelabsonderung, Trismus (Kaumuskelkrampf als Reizsvmptom). A Is Reizungssymptom der sensibeln Aste be- steht die Trigem i n u s - Neuralgi e, je nach dem Sitz in verschiedener Ausdehnung (auch Parasthesieen). 6. N. abducens: Lahmung der Bulbusbewegung nach aussen (rect. ext), Abweichung des Bulbus nach innen , gleichseitige Doppelbilder beim Blick nach aussen. 7. iSl. facialis: Lahmung der mimischen Gesichts- — 92 — muskeln (unterer und oberer facialis), des Mundes, der Nase, orbicularis oculi, der Stirn. Die Gesichts- falten verstrichen, der Lidverschluss unmoglich (Lag- ophthalmus), Spitzen des Mundes (Pfeifen), Verziehea des Mundwinkels (Lachen) unmoglich. Ohne Symptome ist die Lahmung von Biventer (hint. Bauch), stylohyoid, etc. Sitzt die Lasion innerhalb seines V^erlaufes im Felsenbein (canal. Fallopiae). so kann infolge Mitbe- teiligung der ihm hier beigegebenen Chorda tympani vom 2. (3..') trigem. Ast Geschmacksstorung (vord. Zungenabschnitt) bestehen. Als Reizungssymptome bestehen Kranipfe dieser Muskeln, Facialiskra mpf (tic convulsil), Ble- pharo spasmus (Lidkrampf), doch konnen diese auch reflektorisch oder central bedingt sein. 8. N. a c u s t i c u s : a) n. cochlearis, Taubheit, Parasthesieen. b) n. vestibularis, Gleichge\vichtsst6rung,Sch\vindel- anfalle mit heftigem Ohrensausen , pfeifendem Gerausch, Erbrechen (Meniere'sche Krankheit). 9. N. glossopha ryngeus: partielle Geschmacks- storung (hinterer Zungenabschnitt) , Anasthesie des Rachens, Schlundes. 10. N. vagus: a) sensibler Ast (eigentl. \"agus), Anasthesie von Rachen , Kehlkopf , Oesophagus , Trachea, Bronchien. b) Motor. Ast (z. T. vom Accessorius), Schling- lahmung (Oesophaguslahmung), Storungen der Magen-, Herz- und Atmungsfunktionen. Re- currenslahmung (Stimmbandlahmung) , wenn doppelseitig Aphonie. 11. N. accessorius: a) Sein Vagusast (laryng. inf.) Recurrens s. o., Gaumen-, Schlundlahmung. b) ausserer Ast, Lahmung von Sternocleido- 93 mastoid., und (partiell) von Cucullaris). (Drehen des Kopfes und Heben der Schulter erschwert). Als Reizsymptom : Accessor. Krampf, tor- ticollis spastica. 12. N. hypoglossus: halbseitige Zungenlahmung (Abweichen beim Vorstrecken nach der gelahmten Seite) , artikulatorische Sprachstorung (Behinderung der Buchstabenbildung). '^\\--j:ra^ Extensor. ^1 -ExtenspoU^ Fig 11. ///. Ldsione?! der wichtigeren Rilckemnarksnerven. Einzelheiten , die im folgenden nicht angefuhrt werden konnen, ergeben sich aus Taf. 23 und Text. Die nicht erwahnte Ausbreitung der Sensibilitats- storungen ist aus Fig. 11 und 12 zu entnehrnen. I. N. occipitalis major: Occipitalneuralgie, Anasthesie (s. F. lO oma). — 94 — 2, N. phrenicus: Zvvergfellslahmung, Reizsymp- toni: Zwergfellskrampf (Singultus). 3. N. axillaris: Deltoideuslahmung (Storung von Erhebung uiid Abduktion des Oberarms), Anasthesie s. F. II. '••McrurcU la,mJ>o- ■ i-CUuuiru f : V ^VY rasf int W'. \^v sural . 7- • -calc .rtibiAl pla/it.L ■ ■'■^a^^^i^li^plarU rn peron. . prpfiuzd Fig. 12. 4. N. thoracic, post.: Serratuslahmung (Schul- terblatt vom Thorax abstehend, Erhebung von Ober- arm iiber die Horizontale unmoglich). 5. N. thorac. ant.: Pectoral, major. Lahmung (Abduktion vom Oberarm). 6. N. musculo cutaneus: Lahmung von Biceps — 95 — und Brachial, int. (Beuger des Vorderarms), Anasthesie s. F. II N. cut. lateral. 7. N. ra dial is: Lahmuiig von Triceps (Streck- ung des Vorderarms), brachioradialis (Feblen seines vorspringenden Wulstes bei der \^orderarmbeugung), Lahmung der Strecker der Hand und der Grundpha- langen der Finger, der Strecker und x^bdukturen des Daumens. Anasthesie s. F. 11 N. cut. post. sup. und inf.. ram. dorsalis. Hand und Finger hangen ge- lahmt herunter, auch der Handedruck (Lahmung der Antagonisten) ist bedeutend abgeschwacht. 8. N. medianus: Lahmung der Pronatoren (bei Beugestellung des V^orderarmes) und radial gelegenen Flexoren der Hand und der Endphalangen der Finger und des Daumens (bis auf flexor carpi uln. und ulnare Partie von flexor dig. profund.), Lahmung der Oppo- sition des Daumens und der Streckung der End- phalangen des 2., 3., selten 4. Fingers (lumbricales). Anaesthesie s. F. 11, m. und ramus volaris med. 9. N. ulnar is: Lahmung des flexor carp. uln. und des ulnaren Teils des flexor dig. prof. (End- phalangen des 4. und 5. Fingers), Beugung der Grund- phalangen (interossei) aufgehoben , ebenso Streckung der Endphalangen des 4. und 5. Fingers (lumbricales) und Adduktion des Daumens und Beugung seiner Grundphalanx unmoglich. Durch anhaltendes Ueberwiegen der Antagonisten entsteht die sogenannte ,,Klauenhand". (Anasthesie s. F. II uln. superfic. und dorsalis. Bei Ulnaris-, Medianus- und Radialislahmung be- stehen schwere Storungen beim Schreiben, Ergreifen und Halten von Gegenstanden u. s. w. , bei voll- kommenener Lahmung auch nur eines Nerven ist die Hand in ihrer Thatigkeit schon sehr beschrankt. 10. N. inter cos tali s: sensibl. Reizs}'mpLom : Neuralgia intercostalis, Herpes zostes intercostalis. Anasthesie. - 96 - 11. N. cruralis: Lahmung des Psoas (Heber des Ober-), Quadriceps (Strecker des Unterschenkels), Gehen, Aufstehen vom Sitzeii unmoglich, Pastellar- reflex erloschen, Anasthesie s Fig. 12 cruralis (cut. fern. med. und int.) u. N. saphenus. 12. N. ob turatorius: Lahmung der Schenkel- adduktion. (Anasthesie s. F. 12), 13. N. ischiadicus: complete Lahmung von Fuss und Zehen , sowie der Unterschenkelbeugung, Anasthesie s. F. 1 2 N. peron. N. cut. surae, N. plant. Reizsymptom seiner sensib. Fasern: Neuralg. ischiadica (Ischias). Seine Aeste: 14. N. Peroneus: Lahmung der Peronei, tib. ant., extens. dig. et hallucis (Dorsalflexion unmoglich, der Fuss hangt herab, der aussere Fussrand tiefer, wie der innere. Durch Contractur im Antagonisten (Wadenmus- keln). Pes equinus, ev. pes varus (wenn nur extens. dig. betroften). Anasthesie s. F. 12, Peron, 15. N. tibialis: Lahmung der Wadenmusku- latur (Plantarflexion unmoglich) und der Zehenbeugung. Ausbildung von Pes calcaneus durch Agonisten- contraktur (Peronei, extens.) Anasthesie s. Fig. 12 Plantar, D. Symptome der Sympathicus-Erkrankung. Als Lahmungssymptome des Ha 1st ei Is sind bekannt: Myosis, Lidspaltenverengerung, Bulbus relaps (oculo-pupill. Symptome-Fasern aus i. Dorsalsegment, s. o.). Schweissanomalien der betreff. Kopfhalfte. Als Reizungserscheinungen werden Pupillenerweiterung, Cirkulationsstorungen genannt. Durch Affektion der ram. cardiaci, splanchnici etc. kommen Storungen in der Herz-Darm-Dri.isen- thatigkeit zu Stande, die uns des naheren noch wenig bekannt sind. Es scheinen besonders Storungen mo- torischer , vielleicht audi secretorischer Art zu sein. — 97 — ir. Die Symptome der Systemerkraukungen. Wir verstehen , wie schon oben gesagt, unter Systemerkrankungen solche Prozesse , die symme- trisch auftretend, ganze funktionell und anatomisch zusammengehorige Bahnen oder Neuren oder (anfang- lich) Ncuronteile successive befallen ; schliesslich bleibt aber die Erkrankung nur selten auf einen Neuronteil (Zelle oder Faser) beschriinkt, sondern es geht meist das ganzc Neuron zu grunde. Die Lokalisation des primareii Sitzes der Erkrankung ist haufig von grosser Bedeutung fur den klinischen Verlauf. Uebcr die Richtung, in welcher diese Prozesse fortschreiten, und iiber ihren Ausgangspunkt, sind wir verschiedent- lich noch im unklaren. I. Die systematise hen Erkrankungen der cortikom u s kular en , motorischen Bahn. a) Des centraien Neurons: reine s p a s t- ischc Spinalparalyse. Ealie derart sind selten. Anatomisch findet sich eine langsam progressive symmetrische Degeneration der Pyra- midenbahn in ihrem ganzen Verlaufe (Aus- gangspunkt die Pyramidenzellen der Rinde?). Klinisch bestcht langsam zunehmende spastische Extremitatcnlahmung, mit lebhaften Reflexen, ohne Muskelatrophie und ohne Sensibilitats- und Blasenstorungen. b) Des peripherischen Neurons. Dadurch entsteht eine schlaffe Muskellahmung mit de- generativer Muskelatrophie. Die Reflexe er- loschen. Der primare Sitz kann in der Neuronzelle oder in der Neuronfaser sein. a) Primare Zellerkrankungen. Dieselben zerfallen je nach dem Sitze in Krankheits- prozesse mit sehr verschiedcnen Symptomen. Ophthalmoplegia chron. und acuta (Sitz in den Augenmuskelkernen). - 98 - Bulbarparalyse (chron. und akute) (Sitz in den bulbaren Kernen des Facialis, Hypoglossus, Trigeminus). Spinale Muskelatrophie (Sitz im grauen Vorderhorn besond. des Halsmarks). Poliomyelitis anter. acuta und chronica. Entziindliche Prozesse im grauen Vorderhorn, denen in erster Linie die Ganglienzellen zum Opfer fallen. p) Prim are (?) Fas e r e r k r a nk u n g e n, neurotische Muskelatrophie, Pero- nealtypus der Muskelatrophie (N. pero- neus, ulnaris, medianus); Ganglienzellbe- teiligung ist nicht sicher auszuschliessen. Motorische Form der multipeln Neuritis; (kann alle verschiedenen mo- torischen Nerven befallen). Y) Dystrophia muscularis progres- siva, die Erkrankung beschrankt sich nur auf das Endstiick des Neurons, auf den Muskel. c) Der g a n z e n B a h n, hiebei besteht also eine Degeneration der Pyramidenbahn und eine solche des peripherischen Neurons (Ganglien- zelle und Faser, peripher. Nerv) = am yotro- phische Lateralklerose (event. Bulbar- paralyse), die klinischen Symptome sind die einer spastischen Extremitatenlahmung mit degenerativen Muskelatrophieen. Wahrscheinlich existieren zvvischen alien diesen abtrennbaren Formen tjbergange verschiedener Art. 2 . Die s y s t e m a t i s c h e n E r k r a n k u n g e n der c e n t r i p e t a 1 e n, s e n s i b e 1 n B a h n. Hieher gehorige isolierte Erkrankungen der cen- tra 1 e n Bahn sind unbekannt. Dagegen gibt es eine haufig vorkommende Degeneration des peripher- ischen Neurons, die Tabes dorsualis, bei der - 99 — das Neuron in seiner ganzen Ausdehnung befallen sein kann. Seltener erkranken hiebei auch c en t r a 1 e Bahnen (Kleinhirnseiten-Vorderseitenstrangbahn). Der Ausgangspunkt ist auch hier noch unklar. Die Symp- tome bestehen in schmerzhaften Empfindungen, Sen- sibilitats- und Coordinationsstorungen, die Reflexe erloschen. Hieher gehort auch die sensible Form der Neuritis multiplex. 3. Die combinierten Systemerkrankungen. Sie umfassen gleichzeitige Degenerationsprozesse von motorischen und sensibeln Bahnen. Hieher gehort a) die hereditare Ataxie, Friedreich'sche Tabes. Hiebei erkrankt das centrale motor. Neuron (Pyramidenbahn) neben dem peripher- ischen und centralen sensibeln Neuron (Hinter- strange, Kleinhirnseitenstrangbahn). Symptome s. im speziellen Teil. b) Die Tabes combine, echte Tabes mit Seiten- strangbeteiligung (Pyramidenbahnerkrankung), auch andere z. B. peripher. motor. Neuren erkrankten haufig gleichzeitig (oculomotor., ab- ducens etc.). c) Eine Reihe anderer, anatomisch noch besser wie klinisch bekannter Krankheitsprozesse (Hinterstrange, Kleinliirnseitenstrangbahn, Pyra- midenbahn). Ob noch andere (Gehirn-) Bahnen ebenfalls syste- matisch primar erkranken konnen, ist nicht bekannt. 4. Allgemeines liber Gang und Methodik der Untersuchunof nebst diaofnostischer Ubersicht. A. Der Untersuchung geht die Erhebung der Anamnese voraus. Dieselbe ist fur die Diagnose von ausschlaggebender Bedeutung. Wichtig ist u. A. die Klarstellung folgender Punkte : a) Die Hereditat (familiare Nervenkrankheiten, — lOO - elterliche Blutsverwandtschaft, Psychosen, Al- koholismus, Selbstmord, Tuberkulose, Syphilis), b) das Vorleben des Patienten nach Lebensweise und Gewohnheiten (Erziehung, Temperament, Alkohol, Tabak, Morphium, Ex- cesse aller Art), Beschaftigung , (Ueberanstrengung , Hand- arbeiten, Blei, Arsen), und iiberstandenen Krankheiten (psychische und korperliche Traumen, akute Infektionskrank- heiten, Tuberkulose, Lues), c)Jetzige Erkrankung nach Ursache, Ent- stehung und Verlauf. B. der eigentlichen Untersuchung des Ner- vensystems geht unter alien Umstanden eine genaue Untersuchung des Allgemeinzustandes sowohl als des Verhaltens der wichtigeren inneren Organe voraus (Ernahrungs- und Kraftezustand, Lunge, Herz, Abdominalfunktionen, Puis, Urin; Sym- ptome von Lues, Tuberkulose, Eiterherden, malignen Tumoren, Knochenerkrankungen, Diabetes, Ohr- und Augenerkrankungen sind besonders zu beachten), /. Die Untersuchung der motorischen Spkdre umfasst die Untersuchung 1. des ausseren Verhaltens der Mus- kulatur (Atropine, Hypertrophic, Muskelfalten), zu deren rascher Erkennung durch die Inspektion man seinen Blick durch die Betrachtung der normalen Korperformen zu scharfen hat. (Handmuskelatrophie, Peronealatrophie, Facialislahmung, Atrophieen des Schultergiirtels, abnorme Extremitatenstellungen u. s. f. sind auf den ersten Blick ersichtlich.) Messung atrophischer Extremitaten mit dem Band- mass und Vergleichung mit der gesunden Seite gehort hieher. 2. Der motorischen Rei zerscheinungen. Hieher gehoren: Das Zittern, der Tremor der Ex- — lOI — tremitaten (Alkoholismus, Morphinismus, Neurasthenic, M. Basedowii), man unterscheidet eine schnellschlagige (bis 12) und eine langsamschlagige Form (bis 6 Os- cillationen in der Sekunde). Bcsondere Formen sind der Tremor bei Paralysis agitans und der mehr zu den Coordinationsstorungen zu rechnende Intentionstremor bei der multipeln Sklerose, auch der Nystagmus der Augenmuskeln gehort dazu. Krampfe (Spasmen) einzelner Muskeln oder Muskelgruppen, klonisch (unterbrochen) oder tonisch (anhaltend) auftretend, Tetanus (tonischer Krampf der gesamten Korpermuskulatur). Contrakturen sind permanente tonische Krampfzustande, Convulsionen ausgedehnte klonische (auch tonische) Krampfformen, epi leptif orme Krampfe sind anfallsweise auf- tretende Convulsionen (ebenso hysterische Krampfe). Choreatische Bewegungen sind unwillkiirliche aber nicht brlisk (wie die eigentlichen Krampfe) auftretende, ungeordnete Bewegungen, die auch in der Ruhe ein- treten, athetotische ahnliche aber ungewohnHch iibertriebene, bes. Finger- u. Zehenbewegungen (die Zu- stande konnen vorkommen bei Rindenherden, nach Apoplexieen etc, aber auch spontan). Fibrillare Muskelzuckungen sind oben schon er- wahnt (S. 75). 3. Die Priifung der motorischen Leist- ungsfahigkeit (motor. Kraft). Dieselbe ist fiir alle wichtigeren Muskeln einzeln festzustellen. Als Mass haben wir fur einige Leist- ungen (Handedruck) die Dynamometer, fiir die meisten ist man aber auf die Abschatzung durch Vergleich (mit der anderen Seite und an selbst gemachten Wider- standsbewegungen) angewiesen, diese Kenntnis lasst sich nur durch vielfache Uebung ervverben. Man priift bei den Augenmuskeln beginnend die Muskelfunktionen der Reihenfolge der motorischen Nerven nach (Tafel 23 und Text) durch. Aktive und (fur Extremitaten) auch passive Beweglichkeit I02 ist nach Umfang und Kraft festzustellen. (Man be- achte die Gelenkel) Wichtig ist besonders noch der Gang, ob er paretisch (miihsam infolge Muskelschwache) , spa- stisch (steif, infolge krankhafter Muskelsteifigkeit), ataktisch (schleudernd, infolge gestorter Coordination), hemiplegisch (das eine Bein nachschleifend, addu- cierend, statt erhebend, bei centralen Lahmungen), peroneal (mit herabhangender Fusspitze, durch Peroneuslahmung) erfolgt. 4. Die Priifung der coordinatorischen Thatigkeit. Diese erfolgt durch Ausfiihrung complicierter Be- wegungen der Arme (Fingerspitzenberiihrung etc.), durch den Kniehackenversuch und andere Bewegungen fiir die Beine. Storungen in der Sicherheit der Aus- fiihrung nennt man Ataxie (Vorkommen bei multipler Sklerose, Tabes dors., heredit. Ataxie, multipl. Neu- ritis etc.). Die statische Coordination (Rumpf- haltung) priift man durch Augenschluss beim ruhigen Stehen ; tritt hiebei Schwanken ein, so bezeichnet man diese Ataxie als Romberg'sches Phanomen. Ce re- bel la re Ataxie (Taumelgang gleich dem eines Be- trunkenen) erkennt man beim Gehen sofort. 5, Die Priifung des elektrischen Ver- haltens der Muskulatur. [JElektrodiagnostik). Sie ist ein diagnostisches Hilfsmittel ersten Ranges. Man verwendet zur elektrische Untersuchung den galvanischen primaren, constanten Strom und den faradischen, inducierten, sekundaren, unterbrochenen Strom. Der galvanische ist der wichtigere. a) Die galvanische Untersuchung. Die gebrauchlichen Apparate enthalten I) Elemente mit | Bunsen's Element { |'^j^',J'?^ j^' j^q^ zwe. Hussig- 2ink in H2 SO* ke.ten (Grove s Element pj^jj^ ;„ ^ j-q^ 2) Elemente tnit nur einer Fliissigkeit — 103 — Leclanche's j Zink . tj p. Element ] Kohle(Braunstein) Bunsen's j Zink ■ j^ r.. ^ ilj cr^ Element | Kohle mit Zusatz von Hydrarg. sulfur, neutr. (zum Ersatz des verbrauchten Zink-Amalgams. Durch die in diesen Elementen vor sich gehen- den chemischen Prozesse (Salzbildung) entsteht an beiden Polen (Zinkpol, negativer Pol, Sauerstoffpol und Kohlepol, positiver Pol, Wasserstoffpol) eine elek- trische Spannungsdifferenz, deren Ausgleichung durch Drahtverbindung den elektrischen (galvanischen) Strom erzeugt.l Der Strom fliesst vom positiven Pol (Anode) zum negativen Pol (Kathode), also von der Kohle zum Zink. (K vor Z , memnotechnisch !). Die elektro- motorische Kraft hangt ab ausser von den Elementen (innerer Widerstand) von dem VViderstande, den der aussere Strom zu iiberwinden hat. Die trockene Haut des Menschen bildet, wenn sie in den ,,Strom- kreis" eingeschaltet wird, anfanglich einen sehr hohen Widerstand, der bei langerem Durchfliessen des Stromes eine zeitlang abnimmt, um schliesslich erst constant zu bleiben. Die Stromstarke misst man am Galvanometer, sie wird am absoluten Galvanometer in Milliamperes, M. A. (einer willkiirlich gewahlten jetzt allgemein gebrauchlichen Masseinheit) ausgedriickt. Die Stromstarke kann durch Rheostaten (Ein- schaltung von Widerstandsrollen) abgestuft werden. Auf jede Reizung mit dem galvanischen Strom reagiert nun der g e s u n d e Muskel sowohl beim Schliessen als beim Oeffnen desselben in der Weise mit einer rasch eintretenden und blitzartig ablaufen- den Contraktion, dass dieselbe mit steigender Strom- starke in folgender Reihenfolge auftritt (Zuckungs- formel): zuerst bei Kathodenschluss, KSZ , dann — 1 04 — bei Verstarkung audi bei Anode nschluss, AnSZ, dann erfolgt audi bei Anodenoffnung AnOZ und sdiliesslich bei nodi starkerem Strom auch bei Ka- thodenoffnung KOZ eine Zuckung. Wird der Strom noch starker, so entsteht eine tetanische Contraktion (KSTe vor AnSTe). Anders ist das Verhalten des degenerativ er- krankten Muskels. In diesem erfolgt die Zudvung nicht rasch, blitzformig, sondern langsam, trage, wellenformig mit dem Auge verfolgbar. Zugleich tritt die AnSZ vor der KSZ auf. Dieses krankhafte Verhalten bezeichnet man als Entartungsreaktion (EaR). Da degenerative Muskelatrophie nur bei Lasion des peripherischen motorischen Neurons (s. o.) erfolgt, haben wir also in der ausgebildeten EaR ein sicheres Mittel, um centrale von peripher. mot. Neuron- erkrankung zu unterscheiden. EaR tritt ein, sei es dass die Zelle oder die Faser des periph. Neurons zu- erst erkrankt. Man unterscheidet nun eine voUkommene und eine teilweise EaR. Bei vollk. EaR ist der Muskel vom Nerv aus (indirekte Reizung) unerregbar, vom Muskel aus (di- rekte Reizung) erhalt man zunachst EaR. Ist die degenerative Atrophic abgelaufen, der Muskel voU- kommen in Bindegewebe umgewandelt (Sklerose), so erlischt auch die EaR vom Muskel aus , erholt sich dagegen der Muskel wieder, so verschwindet die EaR, die Zuckung wird normal und der Muskel (sclion vor- her) auch vom Nerv aus wieder erregbar. Bei parti el ler EaR ist die Muskelerregung vom Nerven aus nicht erloschen, vom Muskel aus besteht EaR, dieselbe kommt bei weniger schweren Scha- digungen zu stande. Wir haben demnach in der galvan. Untersuchung ein Mittel nicht nur zur Untersuchung der Lokali- sation der Storung (peripher. Neuron), sondern auch - 105' - zur Bestimmung der Schwere der Lasion, d. i. der Prognose. Tritt bei einer, infolge irgend einer Lasion des periph. Neurons zustandegekommenen Muskellahmung einige Tage nach der Entstehung keine EaR auf, so erfolgt die voUkommene Wiederherstellung im Laufe einiger Tage bis Wochen (leichte Form). Kommt es zu partieUer EaR so betragt die Dauer der Lahmung nicht unter einigen Monaten (Mittel- form). Tritt complete EaR ein, so kann nach mehreren Monaten (4—9) noch Heilung eintreten, die Lahmung kann aber auch (was nicht vorauszusagen) eine dauernde bleiben (Erloschen der EaR). (Schwere Form.) EaR kommt vereint mit fibrillaren Muskelzuck- ungen und Atrophic vor bei aUen Kernlasionen des peripher. Neurons (spin. Muskelatrophie, Pohomyehtis ant., amyotroph. Lateralsklerose , MyeUtis etc.) sowie bei alien schwereren Schadigungen der vord. Wurzeln und der periph. Nerven (Neuritis, Compression, Traumen). Wie diese qualitative Aenderung kann auch eine quantitative krankhafte Herabsetzung oder Er- hohung der Muskelerregbarkeit eintreten, dieselbe hat aber nicht die ausschlaggebende Bedeutung wie die qualitative. Vor der Besprechung dieser Veranderung wollen wir kurz besprechen b) die faradische Unters uchung. Die gebrauchhchen faradischen (Induktions-) Ap- parate enthalten neben dem , den notigen primaren Strom erzeugenden galvanischen Element (meist Le- clanche und Bunsen modificiert), das du Bois-Rey- mond'sche SchlittenTnduktorium, eine verschiebbare Drahtrolle. Der primare Strom kreist in der primaren Rolle und erzeugt durch Fernwirkung, ,,Induktion", in der, iiber der primaren Rolle befindlichen sekundaren des Induktoriums einen entgegengesetzt verlaufenden Strom. — io6 — Dadurch, dass nun durch eine angebrachte Unter- brechungsvorrlchtung (Wagner'scher Hammer) der primare Strom fortwahrend unterbrochen und seine Richtung gewechselt wird (Elektromagnetwirkung), werden im Induktorium stets in umgekehrter Richtung (also a uch abwechselnd) verlaufende sekundare Strome induciert , deren Wirkung je nach Annaherung oder Entfernung der sekundaren RoUe von der primaren verstarkt oder abgeschwacht wird. Die Stromstarke kann in cm des RoUenabstandes abgelesen werden, je mehr cm, um so schwacher der Strom. Bei der qualitativen Aenderung der galvanisclien Muskelreaktion, der EaR, ist die faradische Erreg- barkeit iiberhaupt erloschen, sowohl bei Reizung vom Nerven ais vom Muskel aus, bei der eventuellen Wiederherstellung tritt die indirekte etwas vor der direkten Reizbarkeit wieder auf. Was nun die quantitative n Erregbarkeitsverhaltnisse anlangt, so ist zu bemerken, dass die verschiedenen Nerven und Muskein zu ihrer Erregung einer verschieden dosierten Stromstarke benotigen (je nach Lage und Zusammen- setzung derselben), um also krankhafte quantitative Aenderungen konstatieren zu konnen, muss man die normalen Durchschnittszahlen kennen. Dieselben sind fiir die verschiedenen Nerven und Muskein von be- stimmten Punkten (den moto rise hen Punkten) aus ermittelt, sie gelten nur fiir Elektroden von be- stimmter Grosse (Normalelektroden 3 qcm). Die wichtigsten motorischen Punkte (fur Nervenstiimme und Muskein) sind aus den Textfiguren 10 — 12S. Qoff. zu ersehen. Die wichtigsten Mittelzahlen fiir die normale galvanische (in M. A.) und die faradische (in cm Pvollen- abstand) Erregbarkeit sind fiir die Nerven (Muskel - zahlen sind weniger wichtig) die folgenden (nach Stintzing) : Galvan. Farad. N. facialis 1.75 M. A. 121 cm ram. frontalis 1.45 ,, 128 ,, — 107 G alvan. F arad. r •am. men talis 0.95 M . A. 132 cm N. accessor ius 0.27 n 137 V N. m e d i a n u s (am Oberarm) 0.9 51 122 „ N. u Inaris 0.55 '5 J30 „ N. radialis 1.8 n 105 n N. c r u r a 1 i s 1.05 n III „ N. peroneus I.I n 115 „ Eine krankhafte Steigerung der galvanischen Erregbarkeit findet sich besonders bei der EaR, ferner ohne EaR bei der Tetanie, Myelitis etc., audi der farad. Erregbarkeit), Herabsetzung der elektrischen Erregbarkeit bei einfachen Atrophieen aller Art (centrale Lahmungen). Krankhafte Herabsetzung des Hautwiderstandes kommt vor beim Morb. Basedovii, (vermehrter Feucb- tigkeitsgehalt der Haut). //. Die UntersucJmng der sensiblen Sj>hdre. 1. Beachtung der vom Patienten gemachten sub- j e k t i V e n Angaben iiber Schmerzempfindungen, deren Lokalisation und Art, ferner iiber abnorme Empfindungen (Parasthesieen) wie Brennen, Pelzigsein, Ameisenkriechen (Vorkommen bei Neura- sthenic, Neuritis, Tabes, Myelitis). 2. Objektive Untersuchung der verschiedenen Qualitdten der Hautsensibilitat . a) Tastsinn (Beriihrungsempfindung). Die Beriihrungsempfindung wird zugleich mit der Druckempfindung der Haut gepriift. Man beniitzt zur Priifung die Unterscheidung von Nadelspitze und Kopf, Beriihrung mit einem Watte- bauschchen oder dem eigenen Finger und lasst den Patienten mit ,,jetzt" antworten. Man mache zur Kontrolle der Aufmerksamkeit auch ,,blinde" Versuche und ermiide den Patienten nicht zu sehr. Oeftere Wiederholung zu verschiedener Zeit ist fiir genauere io8 — Untersuchung unerlasslich. Man vergleiche, womoglich, niit der Sensibilitat der gesunden Seite und priife alle Hautregionen durch. Auch die faradocutane Em- pfindung kann zur Priifung beniitzt werden (sie ist am RoUcnabstand messbar). Es kann bestehen : A n- asthesie, vollkommene Authebung des Tastsinns (bei totaler Leitungsunterbrechung besonders durch Herd- erkrankungen , s. diesen Abschn., 3, ferner bei der Hysterie, (central bedingt), Hypasthesie, Abschvvach- ung (bei unvoUkommener Unterbrechung, bei Neuritis, Tabes etc.), Hyperasthesie, krankhafte Steigerung des Empfindungsvermogens, s. u. Schmerzempfindung. Die Ausdehnung eines anasthetischen Bezirks ist genau durch Grenzenbestimmung (aufzeichnen!) festzustellen, sie entspricht bei Lasion eines periph. Nerven, dessen Ausbreitungsgebiet (s. Fig. 10, 11, 12). b) Lokalisation der Empfindungen (Orts- sinn). Dieselbe wird gepriift zusammen mit dem Tast- sinn. Der Kranke hat den Ort der wahrgenommenen Empfindung (bei verdeckten Augen) anzugeben. Das Vermogen, raumhch getrennte Hautpunkte als solche zu empfinden, wird mittelst des Tasterzirkels gepriift. Die Reihenfolge der fur verschiedene Korper- regionen je nach Abnahme ihrer EmpfindHchkeit hiefiir notwendigen Zirkelspitzenabstande ist in mm ausge- driickt (nach Weber): Zungenspitze I mn Lippenrot 4 „ Nasenspitze 6,5,, Wangenhaut II „ Stirn 30 „ Brusthaut 44 „ Riickenmitte 65 „ Gesiiss 39 „ Oberarm Unterarm TT 1 volar Hand , , dorsal Fingerspitze Oberschenkel Unterschenkel Zehenspitze 65 39 1 1 28 2 65 39 I I ist mm die Je kleiner also diese Zahl, um so grosser EmpfindHchkeit der betreffenden Gegend. Bei Polyasthesie wird eine einfache Berlihrung mehrfach empfunden (Tabes). — I09 — c) Schmerzempfindung. Sie wird durch verschieden tiefe Nadelstiche an den einzelnen Korperregionen gepriift. Eine messbare Schmerzpriifung ist die faradocutane , mit bis zur schmerzhaften Empfindung gesteigerten Stromen. Sie ist indess nur fiir feinere klinische Untersuchungen notwendig. Die Schmerzempfindung kann herabgesetzt (Hy- palgesie) oder ganz erloschen sein (Analgesic). Analgesie kommt vor zusammen mit Anasthesie fiir Berlihrung bei Herderkrankungen, Hysterie, bei der Tabes dors., Neuritis, sowie ohne diese beiSyringomyelie. Verlangsamte Schmerzempfindung (erst durch Summation von [langer andauernden] Reizen erfolgende Empfindung) kommt vor bei der Tabes, MyeHtis, Neuritis. Hiebei wird zuerst die Beriihrungs- und erst nach einiger Zeit die Schmerzempfindung ange- gegeben (jetzt! au!) Abnormes Andauern (Nachkhngen) der Schmerz- empfindung kommt ebenfalls bei der Tabes, Neuritis vor. Hyperalgesia (abnorme Schmerzhaftigkeit von Beriihrungs- und Warme-Kaltereizen) kommt vor als Reizungszustand bei Herderkrankungen, bei Hysterie, Neurasthenie, bei der Halbseitenlasion, Neuritis, d) Temperaturempfindung. Kalte- und Warmepriifungen sind gesondert zu priifen (Reagenzglas mit Eiswasser, mit warmem [nicht heissem] Wasser). Die Kalte AVarmeempfindung kann abgestumpft oder aufgehoben sein. (Thermanasthesie) fiir beide oder nur fiir eine Empfindung (Herderkrankungen, Tabes, Syringomyelic, Myelitis, Neuritis). Beide Empfindungen konnen mit einander verwechselt werden (kalt fiir warm und umgekehrt) : perverse Temperaturempfindung {Tabes, Myelitis, Neuritis). j) Sejisibilitdt der tieferen Teile. a) Die Empfindung der Schwere priift man durch Auflegen von eingehiillten Gewichten — no — verschiedener Schwere und Vergleichung mit Resultaten an Gesunden. b) Die Empfindung passiver Bewegungen priift man durch Ausfiihrung solcher von mini- malen Excursionen. Der Patient hat mit ver- hiillten Augen die Beugung, Streckung, Er- hebung, Seitvvartsbewegung etc. fiir die ver- schiedenen Gelenke anzugeben. c) Die Lagewahrnehmung, Priifung durch die Aufforderung, eine vorgenommene Stellung der Arme, Peine mit der andern Extremitat bei Augenschhiss nachzuahmen. Storungen dieser und noch anderer schwer zu priifender Empfindungen (Gelenkempfindungen, Muskel- empfindungen etc.) fasst man als Storungen des „Muskelsinnes" zusammen. (Vorkommen bei der Tabes, hereditaren Ataxie, Neuritis, Hysteric, Herd- erkrankungen). ^) Hohere Sin?ie. a) Der Gesichtssinn. Jedes Auge und die homologen Retinahalften sind gesondert zu untersuchen. Die genaue Bestimmung der Sehscharfe und die Gesichtsfeldaufnahme am Perimeter ist manchmal not- wendig (s. Lehrbiicher der Augenheilkunde). Ungefahre Orientierung iiber Gesichtsfeldein- schrankung erhalt man durch Einfuhren der Hand Oder eines weissen Blattchens ins Gesichtfeld , bei fixierter Bulbusstellung. Wird die z. B. von der linken Seite (des Untersuchten) der Mitte zu genaherte Hand auf beiden Augen erst hier angelangt wahrgenommen, wahrend von rechts her die Hand schon von aussen her angegeben wird, so besteht linksseitige Hemianopsia bilateraHs homonyma (Affektion entweder des rechts- seitigen Tract, opt. oder der primaren Opticuscentren, der Sehstrahlung oder des rechtsseit. Occipitallappens). Ebenso erkennt man grossere (concentrische) Gesichtsfeldeinengung oder centrale Defekte (Skotome). 1 1 1 Ausfall der von beiden temporalen Gesichtsfeldhalften kommenden Gesichtsempfindungen (Hemianopsia bitem- poralis) deutet auf Chiasmaaffektion. 1st der N. opticus geschadigt, so besteht mehr oder weniger hochgradige Amblyopic event. Amau- rose des betreffenden Auges. Betreffs Doppelbilder- entstehung s. v. bei Augenmuskellahmungen. Unerlasslich ist bei vielen Nervenkrankheiten die Untersuchung des Augenhintergrundes mit dem Augen- spiegel. Sie ergibt event, den wichtigen Befund der Stauungspapille (hiagelig hervortretende triibe Pa- piile mit verwaschenen Randern), sie entsteht infolge verhinderten Abflusses der Lymphfliissigkeit in der Opticus -Scheide bei Erhohung des intrakraniellen Druckes (Tumoren). Audi die ahnliche Neuritis optica (geringere Exsudation) kommt hiebei vor, so- wie bei Neuritis multipl., Hirnsyphilis, Meningitis etc. Ihr Ausgang kann sein die Sehnervenatrophie, die sich mit weisser , oder abgeblasster Papille bei scharfen Grenzen prasentiert. Atrophia nervi opt. kann auch primar sich ent- wickein bei Tabes, multipl. Sklerose, Dement, para- lytica. b)DerGehorsinn. Jedes Ohr ist fiir sich mit Taschenuhr zu priifen (normal auf 3 m Entfernung und mehr), auch Fliister- stimme auf noch weitere Entfernungen. Zur Unterscheidung, ob die Schwerhorigkeit durch Labyrinth- (Nerven-) Erkrankung oder durch Affektion der schallleitenden (Mittelohr-)Organe zu stande kommt, bedient man sich des Stimmgabelversuchs. Wird bei einem Schwerhorigen eine klingende Stimm- gabel auf den Scheitel gesetzt und wenn sie durch die Kopfknochenleitung gerade nicht mehr gehort wird, vors Ohr gehalten, so kann sie a) wieder tonend gehort werden, positiver Rinne- scher Versuch , dieser Ausfall spricht fiir 112 — Labyrintherkrankung (Meningitis, Acusticus- erkrankungen), b) auch von hier aus nicht mehr gehort werden, negativer Rinne, Mittelohrbeteiligung. Die Kopfknochenleitung bei nervoser Schwer- horigkeit hoheren Grades erlischt voUends. Als Parasthesieen des Gehors tritt Sausen, Klingen etc. auf (bei Otitis, Meniere'scher Krankheit, Anamie etc.), Hyperaesthesia acustica (schmerzhafte Schallenempfin- dung) bei Hysteric, Hemicranie etc. c) Der Geruchssinn. Jede Nasenhalfte wird fiir sich gepriift durch Vorhalten riechender Substanzen (Ausschluss von den Trigeminus reizenden Stoffen z. B. Ammoniak) man beniitzt Pfefferminzol, Perubalsam , Citronenol, Asa foetida. Aufiiebung des Geruchssinnes (Anosmie) kommt vor, abgesehen von Nasenschleimhauterkrankungen, bei periph. Lasionen (Tumoren, Verletzungen der vorderen Schadelgruben, Atrophic des olfact.), centrale Storungen, ausser bei Hysteric, sind wenig gekannt. d) Der Geschmackssinn. Jede Zungenhalfte soil in ihren vorderen zwei Dritteln (trigeminus) und hinterem (glossopharyngeus) Abschnitt durch Auflegen von schmeckenden Salz- etc. losungen (Kochsalz, Zucker, Essig, Chinin) gepriift werden (salziger, siisser, sauerer, bitterer Geschmack). Aufhebung des Geschmacks (Ageusie) bei peripher. Nervenlasionen (Facialis im Felsenbein, trigeminus), Hysteric, selten bei centralen Herden. /// Untersuchujig der Rejlexe. Die Reflexfunktion kann erhoht oder herabgesetzt, bez. erloschen sein. Die Erhohung beruht auf dem Wegbleiben der normalen Weise durch centrale Gchirnbahnen er- folgenden Hemmung (bei P2rmudung, Neurasthenic, Erkrankung der Hemmungsbahnen) oder auf abnormer — 113 — Reizbarkeit innerhalb des Reflexbogens (Neuritis, Meningitis, Tetanus). Die Herabsetzung, das Erloschen des Re- flexes beruht auf der Unterbrechung des Reflexbogens (des sensiblen oder motorischen Teils oder des Ver- bindungsstiicks der ReflexcoUateralen), die Reflexe fehlen ferner im tiefen Coma , bei Intoxikationen. Bei starker Steigerung der Sehnen-Reflexe kommt es bei continuierlicher Reizung zu rasch nach einander erfolgenden Reflexzuckungen , Patellarklonus , Fuss- klonus (Fusspbianomen). Die wichtigeren zu untersuchenden Reflexe sind: I. Haut- und Schleimhautreflexe. Die Hautreflexe von der Fussohle, den Finger- spitzen aus werden durch Nadelstiche, Kalte-, Warme-, Kitzel- (summierte) Reize ausgelost. Ihre Balinen sind noch recht wenig bekannt, ihr sensibler Ast muss durcli Collateralen und Reflex- neuren (langer Reflexbogen) in ausgedehntester Ver- bindung mit der ganzen motorischen Sphare stehen. Bei einseitigen, die Pyramidenbahn unterbrechenden Herden sind im Gegensatz zu den erhohten Sehnen- reflexen die Hautreflexe haufig herabgesetzt. Der Crem aster reflex (Contraction des M. ore- master ausgelost durch sensible Reize von der Innen- flache des Oberschenkels) und der Bauchdeckenreflex (Contraktion der Bauch- muskeln in verschiedenen Hohen [oberer, unterer Re- flex], ausgelost durch Striche iiber die Bauchhaut) haben bisher geringe klinische Bedeutung. Beide Re- flexe scheinen bei Herderkrankungen im Gehirn auf der dem Herd entgegengesetzten Seite stets zu fehlen, bei mult. Sklerose etc. oft beiderseitig. Der Conjunctiva Ire flex bewirkt Lidschluss nach ConjunctivaBeriihrung (fehlt bei Trigeminus- oder Facialislahmung). Der Lids chlussre flex bewirkt Lidschluss bei plotzlicher Annaherung eines Gegenstandes vors Auge — 114 — (fehlt bei Opticuslasion, Facialislahmung). Der Racheii- reflex lost durch Schleimhautreize (Pinselung) eine Wiirgbewegung aus (fehlt bei Vago-Accessorius-Lahm- ung), der Gaumenreflex eine Gaumencontraktion nach Beriihrung. 2. Die Periost- und Sehnenreflexe. a) Der Patellarsehnenreflex ist der wich- tigste. Durch Beklopfen der Patellarsehne wird bei entspanntem Muskel (Ablenkung der Aufmerksamkeit durch Handedruck, x^useinanderziehen der gefalteten Hande [Jendrassikj) eine Contraktion des M. Quadri- ceps ausgelost; der Unterschenkel schnellt dadurch bei kraftiger Contraktion in die Hche. (Am besten priift man . wenn Pat. auf einer Stuhlkante sitzend, die Fussohle ganz auf den Boden aufstelit, den Unter- schenkel wenig nach vorne gestreckt). Der Reflex ist physiologischer Weise bei ein- zelnen Menschen von sehr verschiedener Intensitat. Steigerung des Reflexes (erhohter Refl.) kommt vor bei Neurasthenie, bei Lasion des centralen motor- ischen Neurons (reflexhemmende Fasern in der Pyra- midenseitenstrangbahn), bei Reizung im Reflexbogen (Meningitis, Tetanus, Neuritis), bei erschopfenden Krank- heiten. E r 1 6 s c h e n des Reflexes bei Unterbrechung im Reflexbogen (Tabes, Neuritis [cruralis], PoHomyelit. ant., Myelitis lumbalis), sowie im Coma, epileptischen Anfall , bei frischen Riickenmarksverletzungen (als Reizungssymptom der Hemmungsfasern aufzufassenr). b) Ahnlich verhalt sich der Achillessehnenreflex (Zuckung in den Wadenmuskeln bei Beklopfen der A.-Sehne). Seine Steigerung bewirkt den haufig vor- kommenden P'ussklonus, Fussphanomen (ausgelost durch kraftige Dorsalflexion des Fusses). Von den Periost- und Sehnenreflexen am Arm sind die wichtigeren : Der Radial- und Ulnarperiostreflex (Zuckung durch Beklopfen des Proc. styloid, rad. oder ulnae) und der — 115 — Tricepssehnenreflex (Schlag- auf seine Sehne oberhalb des olecranon). Ausserdem verdient der Masseterreflex (Unter- kieferbewegung durch Schlag auf ein, dem Kiefer auf- gelegtes Brettchen) untersiicht zu warden. Die klinische Bedeutung der letzgenannten Re- flexe ist eine geringere, die pathol. Veranderungen er- folgen im allgemeinen nach den oben genannten Ge- setzen. 3. Der Pu pi 1 1 arreflex. Man unterscheidet folgende Unterarten: i) Die Lichtreakti on 'Verengerung der Pupille durch vSphinctercontraktion nach Belichtung (Opticusreizung) desselben Auges). 2)consensuelle Lichtreaktion (erfolgt durch Belichtung des an dem Auges). 3) Akkommodationsreaktioii ( Verengung bei der Akkomodation fiir die Nahe, eigentlich eine Mitbewegung). 4) Conver gen zrea ktion von geringer khnischer Bedeutung. Die Lichtreaktion priife man fur jedes Auge ge- sondert (zur Ausschaltung der consensuellen R.), bei bestehender Hemianopsie auch flir jede Retinahalfte fiir sich, am besten mit SpiegelbeHchtung, fiir ge- wohnHch geniigt Beschattung mit den Handen und rasches Wegziehen der ein en Hand. Vor der Priifung achte man auf abnorme Weite oder Enge der Pupille. Erweiterung (Mydriasis) bei Atropin-Cocainver- giftung, Blindheit, im Coma, epilept. Anfall, bei Oculo- motoriuslahmung u. A. Verengerung (Myosis) bei Morphiumvergiftung, Tabes, Dementia paralyt. , Meningitis, Affektion des 1. Dorsalsegments, Iritis etc. Auch auf Ungleich- heit der Pupillen (Paralyse, TabeS; Meningitis u. A.) ist zu achten. Die Lichtreaktion kann abnorm trage oder - ii6 — erloschen sein bei Unterbrechung des Reflexbogens (BlindheitdurchOpticus-Erkrankung, oculomotor. Lahm- ung oderLasion derReflexcollateralen (Tabes, Dementia paralyt.) in den Vierhiigeln, ausserdem im Coma, Nar- kose, im epileptischen Anfall (nicht im hysterischen)» Bei Tractuslasion besteht „hemianopische Pupillen- starre'' (bei Belichtung der erblindeten Retinahalfte). IV. Untersiichuuor der Blasen-Mastdarm-FiiuMwii. a) La si on der centralen Bah n en (Myelitis dorsalis, Herderkrankungen). Lasion der motorischen bewirkt Re tent io u r i n a e (resp. alvi), die willkiirliche Entleeruug ist gehindert, bei gefiillter Blase erfolgt die Harnentleerung triiufelnd. Lasion der sen si be In verursacht den Aus- fall der Blasenempfindungen, des Harndranges und dadurch Retentio. b) Lasion der p e r i p h e r i s c h e n B a h n e n und des Blasencentrums (Reflexcollateralen im Sacral- mark) bewirkt Incontinentia urinae (resp. alvi), Sphincterlahmung (Lasion des Lenden-Sacralmarks, der Cauda equina), continuierliches Harntraufeln. Hiebei fehlt auch die mit dem Finger zu fuhlende reflektorische Sphincter ani Contraction, die bei centralen Storungen erhalten ist. Ausser diesen Lahmungserscheinungen konnen auch reflectorisch und central bedingte Reizsymptome bestehen (Urindrang, tenesmus, Harnzwang (Strangurie). Leicht kommt es bei Blasenstorungen zu der fur viele Riickenmarkskranke ominosen Cystitis (sekundare Infection), Pyelonephritis, Pyaemie. V. Uritersuchtuig ' trofJuscher imd vasomotorischer Stonuigen. Trophische Storungen kommen vor bei Vorder- hornlasionen , neuritischen Processen, Gefasserkrank- ungen u. s. f. Die wichtigeren sind : - ii; - Rotung, Schwellung, Cyanose , abnorme Blasse, Urticariaerkrankung der Haut (Ery- thromelalgie (schmerzhafte Rotuno- und Schvvell- ung der Hande und Fusse . anfallsvveise auf- tretend), multiples Hautoedem) Hautatrophie (glossyskin, Glanzhaut), Sklero- derma, einseitige Gesichtsatrophie (Hemiatroph. facial.) Schweissanomalieen (Hyperhidrosis, halb- seitige Schweissekrction bei Hysterie , Neu- rasthenie). Spontane Gangranbildung an den Extremitaten (Raynaudsche Krankheit, Syringomyelie, Mor- vans Krankheit) ; Decubitus (bei Paraplegieen) nur indirekt „nervosen" Ursprungs. Mai per- forant (bei Tabes, chronisches ulcus an den Zehen) ; Gelenksveranderungen, Arthropathieen (Anschwellung, Verdickung, Auswiichse bei Tabes) u. a. VI. Die Uiitcrsuchimg der psychz'schen Funktioiien. T. Sprache und Schrift. a) A r t i k u 1 a t o r i s c h e 8 t o r u n g e n , D y s arthrie. Dies sind Sprachstorungen in den peripher- i sell en Bahnen. Es konnen dabei die einzelnen Buchstaben nur mangelhaft, undeutlich bezw. gar nicht gebildet werden, sie kommen wLirgend, naselnd, ver- schwommen, schwer verstandlich unter grosser Muskel- anstrengung von Mund , Zunge etc. zum Vorschein (bei bulbaren Kernerkrankungen, Lasionen desN. h}'po- glossus facialis etc. , mangelhafter Bildung der mus- kuiosen Sprachwerkzeuge [Gaumenmangel etc.]). Besondere Formen sind ausser der typisch „ bul- baren Sprache" die naselnde Sprache (Rhinolaliej, die verlangsamte Sprache (Bradylalie), Die skandierende Sprache (absatzweise erfolgende Wortbildung) bei multipler Sklerose. Als stammelnde Sprache (Dysarthria lit- — ii8 — teralis) werden verschiedenartige Mangel der Sprach- bildung, besonders der Buchstabenerzeugung bezeichnet. Das Stottern kommt durch abnorme starke spastische Sprachmuskelcontraktionen (central bedingt!) zu stande, durch psychische Erregung nimmt das Stottern zu, das Stammeln ab. Bei dysarthrischen Storungen priift man die Lippen-^ Zungen-, Gaumen- und Nasenlaute einzeln durch. b) Aphatische Sprac hstorungen. . Diese sind durch centrale Erkrankungen bedingt und konnen sein: cortikaler Natur (Rindenherd), transcortikalen Ursprungs (Zerstorung der Asso- ciationsbahnen) und subcortikaler Art (Unterbrech- ung der Leitungsbahn vom Centrum zur Peripherie). 7.) Kann der Patient willkiirlich nichts sprechen, aber alles verstehen, so besteht motorische (ataktische) Aphasie (Lasion bei II, Fig. 9, Erklarung s. vorne Seite 63), Kann kein Wort mehr willkiirlich gesprochen werden, so besteht totale mot. Aphasie, konnen einzelne Worte nur noch gesprochen werden Monophasie (Ja, nein etc.) g) Felilt das Wortverstandnis, ohne dass die Sprach- bildung gestort ist, so besteht ,,sensorische Aphasie", Worttaubheit, (Lasion bei I). Hie- bei leidet stets auch (durch Aufhebung der notigen Associationen zwischen I und II) die Sprache Es werden falsche, unpassende, ent- stellte Worte gebraucht, auch die Satzbildung kann behindert sein = Paraphasie. Eine Form dieser ist die litteralc Paraphasie, das Silbenstolpe rn, die Versetzung von Buchstaben und Silben in falsche Folge (De- ment, paralyt.). Hat das Wortgedachtnis Einbusse erlitten in der Art, dass der Kranke sich plotzlich aufNamen, Bezeichnungen u. s. f. nicht mehr erinnern kann , dass sie ihm ent- fallen, wahrend das Wortverstandnis selbst nicht — 119 — gelitten hat, so bezeichnet man diese Form als amnestische A phasic. 7) Mit motorischer Aphasie ist manchmal, mit sensorischer haufig verbunden die Unfahigkeit willkiirlich zu schreiben, Agraphia (bei Mit- zerstorung von Y oder der Associationen von I, II zu V s. Paragraphic). 0) Mit und ohne sensorische Aphasie kommt vor die Unfahigkeit zu lesen, ohne dass eigentliche Sehstorungen vorhanden sind, Alexie (bei Zer- storungen im unteren Parietallappen, gyrus supra marginalis.^) Alle diese Erscheinungen konnen bei aus- gedehnten Herden zusammen vorkommen, voll kommene motor ische und sensorische Aphasie. = ) Kann der Patient gesehene Gegenstande in ihrer Bedeutung nicht erkennen, so besteht S ee 1 en- blind h e i t (Herd in IIlj, findet er fur gesehene Gegenstande nicht das richtige Wort, ohne dass niotorische Aphasie besteht, so bezeichnet m.an dies als „optische Aphasie" (Storung der Associationen zwischen III und I, II). Storungen in den Associationen zwischen I, III, V bewirken (ahnlich der Par aphasie) Paragraphic, solche der Associationen zwischen I, II, und gyr. supra- marginalis Par alexie. (Beide besonders im Verein mit Silbenslolpern bei Dementia paral. vorkommend). Als Dysgraphie werden Schreibstorungen meist peripherischer Lokahsation bezeichnet (analog der Dysar- thrie), solche sind Zitterschrift (tremor senilis, alcoholicus etc.), ataktische Schr ift (heredit Ataxic, multiple Sklerose). Als Dyslexic wird cine funktionelle Lesestorung (rasches Ermiiden) bezeichnet. Die Priifung auf diese centralen Sprach- etc. -Storungen kann in folgender Weise vorge- nommen werden : — 120 — Man beginnt mit Pat. ein Gespriich: ,,Sind sie schon lange krank?" Erfolgt keine Antwort, so kann bestehen fTaubheit und Psychosen ausgeschlossen) a) T aubstummbeit, an den sofort beginnenden lebhaften Gestikulationen zu erkennen, b) tot ale (mot. und sensor.) Aphasie, durch Eruierung der Anamnese von dritten Personen sicher zu stellen. Nickt der Kranke mit dem Kopf und antwortet er auch auf andere P'ragen (die mit ja oder nein zu beant- worten sind) richtig mit mimischen Ausdrucksbeweg- ungen ohne sonst ein Wort hervorbringen zu konnen, so besteht gewohniich motorische Aphasie. Reagiert er auf die Frage nicht und kommt er den jetzt an ihn gestellten Aufforderungen (die Augen zu schliessen etc.) nicht nach, so besteht sen so rise he Aphasie, fiihrt er dagegen alle Auftrage und Anfragen rasch und prazis mimisch aus, so ist diese sicher auszuschhessen. Antwortet P. auf alie Fragen bloss mit einem und demselben Wort, z. B. nein, nein ... so be- steht Monophasie. Antwortet er nicht korrekt, sondern mit ver- stellten Worten, Silben und Buchstaben, so besteht Paraphasie (Silbenstolpern). Zur genaueren Fest- stellung lasst man nachsprechen: Elektrizitat, Dritte reitende Artillerie-Brigade und ahnhche lange Worte. Nun zeigt man dem P. verschiedene Gegenstande (Ziindholzchen, Bleistift) und fragt, was man damit mache. Kann dies der Kranke (sensorische Aphasie und peripherische Sehstorung ausgeschlossen) sowohl mit Worten als auch durch mimische Bewegungen nicht angeben, so besteht Seelenblindheit, kann der Patient dies, findet er aber, nach dem Namen des Gegenstandes befragt, den richtigen nicht, so be- steht optische Aphasie. Jetzt lasst man (die obigen Storungen ausgeschlossen) Worte, Satze und Zahlen nachsprechen. Gcschieht dies durch rasches Ver gessen des vorgesprochenen nur mangelhaft, so be- 121 steht amncstische A phasic. Nun wendet man sich zur Sc/i rrif) priifuni^ (Schiefertafcl). Man dikticrt Wortc und Zahlen und lasst die- selben nachschreiben. Wird gar nicht geschricben (Ausschluss von sen- sorischer Aphasie) so besteht A graphic, eventuell Monographic (es wird immer dasselbe Wort ,,nein, nein ..." geschricben), oder Paragraphic (Vcr- schreibcn und Aushisscn von Silbcn und Huchstaben). Durch rasches Vcrgessen dcs Diktiertcn cntsteht die amncstische Schreibstorung. AehnHch priift man spontan Schreiben und Copicren fob event, ohne Schriftverstandnis erfolgend). Bei der JLcseprufttrii:; fordert man P. auf, vor- geschriebenc (auch gcdrucktc) Worte und Zahlen zu lesen. Gcschicht dies nicht (motor. Aphasie und Seh- storung ausgcschlossen) so besteht Alexie, event. Monolcxie, Paralexic (,,Verlesen"). Es ist zu be- achten, ob mit oder ohne Verstandnis gelesen wird. iJurch Gcdachtnisstorung (rasches Vcrgessen von den gclesencn Huchstaben, Zahlen) wird die amnc- stische Alexie verursacht. Man pri.ift genauer durch Aufforderung, Worte und Zahlen aus einzelnen Buch- staben und Zifferfiguren zusammenzusetzen. 2. Geddchim'spruftmg' . Die mit dem Sprach- etc. Vorgang in Zusammen- hang stehenden Gedachtnisstorungen sind unter amne- sti scher Aphasie, Alexie, Agraphiebereitsbeschrieben. Man priift ausserdem die friiherworbenen Ge- dachtniscindriicke (Jugenderinncrungen) und die aus der Ictztcn Zcit (Krankengeschichte). Die Priifung fijr frische Eindriicke umfasst die- jenigen von cinfachen und complicierteren Associa- tionen (cinige Worte, Zahlen, Zahlenreihcn). Storungen des Erinncrungsvermogcns bezeichnct man als Amnesic (bei Schadelverletzungen Contussio 123 cerebri, Herderkrankungen des Gehirns, Dementia). Die eingehendere Priifung bat sich auf alle verschie- denen Associationen (akustische, optische, taktile etc.) zu erstrecken. Ihr Gang kann hier nicht weiter aus- gefiihrt werden. J. Sonsti^e -psychhche Storungen. Es ist festzustellen, ob das Bewusstsein gestort ist (Coma, Somnolenz, Dammerzustand), ob die In- telligenz normal oder gestort ist (Demenz, Idiotic), ob krankhafte motorische oder sensorische Erreg- ungszustande vorhanden sind (Delirien, Erregungs- zustande mit Bewusstseinstrubung, Hallucinationen, krankhafte central entstehende Sinnestauschungen, Vision en, krankhafte Falschung von Sinnesein- drlicken) ; ferner ob Wah n vo rs tell ungen (syste- matisierle, fixierte oder fliichtige, sich jagende [Idee nfluch t]) vorhanden sind. Melancholische (krankhaft deprimierte), ina- n i s c h e (krankhaft exaltierte), hypochondrische Verstimnnmg ist zu beachten. Man hi.ite sich, aus solchen gefundenen Svmftonien etwa gleich die betreffende Psychose, fur die sie als charakteristisch gelten, zu diagnosticieren. C) Die Stellung der Diagnose. Sie erfolge principiell nur nach vollstandig vor- genommener Untersuchung und Anamnesenerhebung. Wichtigist dabei haufig die Beantwortung folgender Fragen : 1. Liegt Liberhaupt eine P2rkrankung des N e r v e n s y s t e m s v o r , oder w i r d sie nur v o r - getauscht.^ ^durch Anamie, Tuberculose, Tanie etc.). 2. Ist fur das gefundene Nervenleiden vielleicht als Ursache ein andervveitiges korperliches Leiden verantwortlich zu machen? (Arteriosklerose, Geschwiilste, Herz-, — 123 — Lungen- , Magen-, Nieren, Blut- etc. Erkrankung, Diabetes). 3. Besteht eine funktionelle oder cine organische Nervenerkrankung? (ist meist so- fort, nicht selten aber auch erst nach vielfachen Ueber- legLingen und nach langerer Beobachtung zu beant- worten), Stauungspapille, degenerative Muskelatrophie (EaR), erloschene Patellar-Pupillarreflexe sind z. B. stets organisch bedingt. Man beachte die Genese der Erkrankung. 4. Wo sitzt die angenommene organische Erkrankung? (siehe ,,allgemeine Symptomatologies, Abschnitt IV, 3), besteht eine Herderkrankung oder eine syste m-a tische Degeneration? 5. VVelcher Art ist die Erkrankung? Man iiberlege die Entstehung, den etwaigen Zusammen- hang mit andern Erkrankungen (Infektionskrankheiten, Geschwiilste), den Ort der Lasion, die anderen etwa vorhandenen Symptome (Fieber, Kachexie). Haufig kommt man mit einer einmahgen Unter- suchung nicht zu Stande, nicht selten muss man den Krankheitsprocess und seinen Verlauf eine zeitlang beobachten. In manchen Fallen bleibt die vo li- st and ige Diagnose uberhaupt in suspense, man stelle wenigstens die Wahrscheinlichkeitsdiagnosen. Man hi-ite sich, Diagnosen wie Dementia paralytica, Tumor cerebri, Tabes dorsuahs allzu rasch zu stellen, nie ohne die triftigsten Grunde sofort nach der erst- mali gen Untersuchung. 5. Allgemeines liber die Behandlung von Nervenkrankheiten . Die Behandlung der Nervenkrankheiten setzt mehr wie die aller iibrigen Erkrankungen einen psychologisch denkenden und handelnden Arzt voraus. Leider liegt diese Seite der Ausbildung unserer Mediziner noch sehr im Argen. Mit der Kenntnis der anatomischen — 124 — und klinischen Thatsachen ist's noch lange nicht gethan ! Die Behandlung umfasst /. Die Prophylaxe, Kaum auf einem anderen Gebiet kaiin durch richtiges Verhalten so viel Unheil verhtitet und durch Nachlassigkeitverursachtwerden, als auf dem fraglichen. Einzelne Punkte sind : die arztliche VViderratung von Eheschliessung mit schwer geistig oder nervos erkrankten ev. auch hereditar belasteten Personen (hereditare Systemerkrankungen etc.), die arztliche Uebervvachung der Kinderernahrung und Erziehung (Schulhygiene), Belehrung iiber die schadigenden Ein- fliisse einer verkelirten Lebensweise (Alkohol, Thee, Tabak, Excesse aller Art, Morphium (Arzt !) und des Berufslebens (Ueberanstrengung , Unregelmassigkeit der Arbeit , Fabrikhygiene) , Uber die Einzelhygiene (ReinHchkeit, Bader, Kleidung, Bewegung etc.). 2. Causale Therafie. Eine solche ist leider bisher nur bei einzehien Erkrankungen moglich. a) Intoxikationszustande (Blei, Arsen, Alko- hol, Morphium, Cocain) konnen beseitigt oder doch er- heblich gebessert werden, fiir die ersteren Gifte durch entsprechendes Verbot (oder Regelung) der Fabrik- arbeit u. s. w.); fiir die letztcren durch Abstinenz- kuren (Anstaltsbehandlung) ; brilske Entziehung von Alkohol, Morphium, Cocain lasst sich fast uberall durch- fiihren; beim Alkoholismus gibt es keine Abstinenz- erscheinungen (trotz gegenteiliger Behauptung) und an den oft sehr schweren noch ofter aber auch iiber- triebenen Abstinenzerscheiniingen des Morphium, Cocain wird ein Mensch, aus dem liberhaupt noch etwas verniinftiges werden kann, fiir gewohnlich nicht zu grundc gehen ; also prinzipjell keine sogenannten Kurcn ohne Zwang und Qualen, sie sind selten von — 1^5 — dauerndem Erfolge. Der Ersatz des Morphium durch grossere Dosen Alkohol bei der Abstinenzkur ist fur den dauernden Erfolg ein gefahrliches Mittel. Es soil aber nicht gesagt sein, dass bei beson- ders schweren Fallen in den ersten 3 — 4 Tagen der Abstinenzkur vom Morphium ganz abgesehen vverden kann, nur fiir diese ersten Tage und nur bei objektiv nachvveisbarem Collaps gebe man etwas Morphium. b) Alle syphilitischen sicher diagnosticierbaren (aber auch alle vermuteten!) Erkrankungen sind so friihzeitig als moglich energischer Schmierkur (3 — 5 gr graue Salbe pro die) zu unterziehen. Jodkali kann auch zugleich oder nachher gegeben werden (3 gr pro die). Niemals versuche man nur Jodkali allein. Bei Malarianeuralgieen Chinin (0.5 — 1.5). c) Die dritte Reihe von Erkrankungen, die wir direktheilend beeinflussenkonnen, sind die einer chirur- gischen Behandlung zuganglichen. Das Gebiet dieser Krankheiten ist in neuerer Zeit in fortwahrender Erweiterung begritTten. Abgesehen von direkten Traumen des Nerven- systems gehoren hieher von a) Gehirnerkrankungen, die genau lokalisier- baren Herderkrankungen (Tumoren, Knochen- splitter, Eiterherde), wenn sie der Rinde nahe liegen ; bei Eiterherden ist auch Explorativ- trepanation und Punktion durchaus zulassig. Bei Hirndruckerhohung, H}'drocephalus kann durch Trepanation und event. Punktion des Ventrikelsystems voriibergehend Besserung er- zielt werden (auch Lumbalpunktion ist mit Erfolg angewendet worden). Cariose Knochen- und Gelenkeiterungen , die auf das Nervensystem schadigend einwirken, unterliegen natiirlich der chirurgischen Behandlung. Ob die Jackson'sche Epilepsie chirurgisch stets mit Erfolg zu be- handeln ist, unterliegt noch dem Streite, bei genuiner Epilepsie verzichtet man besser. 126 Von Tumoren ha ben bisher nur die wenigsten sich als operabel erwiesen, wahrend die Erofif- nung der Gehirnabscesse schon ausgezeichnete Resultate ergeben hat. p) Riickenmarkserkrankungen. Ausser den durch Verletzungen verursachten Erkrankungen ist besonders die Compressions- myelitis (Tumoren, Caries) operativ behandelt worden. Doch sind die Resultate bis jetzt nicht ermutigend. Die Unsicherheit der Dia- gnose sowohl nach Art als nach genauer Loka- lisation, die schwere Orientierungsmoglichkeit auf dem Operationsfeld und andre Momente kommen in Betracht. Doch sind in der Folge bessere Resultate sicher zu erwarten fur die fri-ihzeitig zur Operation kommenden Falle, in denen schwerere, nicht mehr reparierbare Stor- ungen in der Nervensubstanz (sekundare De- generationen !) noch nicht eingetreten sind. Wo aber solche Degenerationen als sicher eingetreten anzunehmen sind, muss der Erfolg ein sehr geringer bleiben (vielleicht Linderung der Schmerzen zu erreichen). 7) Per i pher ische Nerve n. Hier sind die besten Resultate bisher erzielt worden , weil die Regenerationsfahigkeit der Nerven eine bedeutend bessere ist, als die der Ruckenmarks- und Gehirnsubstanz. Langere Zeit nach eingetretener Continuitatstrennung ist eine vollkommene Heilung des Nerven noch moglich. Narbige Prozesse, Tumoren, die durch Compression schadlich wirkten, werden schon von jeher mit bestem Erfolge operativ behandelt. Durch pjastische Operationen kann man die Heilung einer Continuitatstrennung des Nerven beschleunigen. Wichtig fijr die erfolgreiche chirurgische Be- — 127 - handlung ist wie gesagt: eine friihzeitige unci pracise Lokalisations-Diagnose. J. Sxm^tomattsche Therafic. Dieselbe kann mit voUkommenem Effekt an- gewendet werden in alien Fallen, in denen schwerere, degenerative Processe nicht eingetreten sind. Degenerative Zell-Faser-Muskelerkrankung bieten bisher eine ganz ungiinstige Prognose, insbesondere wenn sie centralen Ursprungs sind. Einzelsymptonie sind einer Behandlung und audi (meist voriiber- gehenden) Besserung fahig. a) P s y c h i s c h e Behandlung. Ruhiger Zuspruch, verniinftige Aufklarung, Zuriick- fiihrung iibertriebener Besorgnisse auf ihr richtiges Mass, oft auch eine gewisse diktatorische Strenge sind von grossem Einfiuss. Ungeheuer wichtig ist, dass der Arzt das voU- kommene Vertrauen des Patienten besitzt. Man er- wirbt dasselbe durch exakte Untersuchung und vor- sichtige Stellung der Diagnose. Exakte Untersuchung als solche ist haufig schon ein psychisches Beruhigungs- und man kann sagen Heilmittel ersten Ranges. Die hypnotische Behandlung wende man nur in solchen, physisch zu behandelnden Fallen an, wo man mit dem obigen Verhalten nicht zu Stande kommt; Erfolge sind zvveifellos, haufig aber nicht nachhaltig, nicht seiten wirkt die Behandlung auch ungiinstig. Nur der speziell hiefiir geeignete und mit alien Zustanden der Hypnose wohl vertraute Arzt hat aber das Recht, eine hypnotische Behandlung ausiiben zu diirfen. Siehe VVeiteres unter Hysteric. b) Physikalische Behandlung. Die Regelung der Erna h run g, des SchlafeSy- derRuhe geschieht nach den iiblichen Grundbegriffen. Man suche, wo immer moglich, ohne kiinstliche Mittel — 128 — auszukommen. Massigung, noch besser Abstinenz von alcoholicis, Beseitigung des noch immer von Laien, Apothekern iind Aerzten gepredigten unsinnigen Dogmas von der ,,nervenstarkenden Kraft" des Weines! Empfehlung von Obst, Cacao, Thee, Malzkaffee event. Obstweinen als Genussmittel. Hy dr o therapi e. Ktihle (nicht ^u kalte) Ab- reibungen, Douchen, klihle (20 — 24°), warme (25 bis 30^ R.) Bader, Einwickelungen, auch heisse Wasser- Brei-Umschlage kommen zur Anwendung. Nach warmen Badern folge stets kiihle Abreibung. Der Aufenthalt in (bes. kleineren) Badern (See- bader, Gebirg) wirkt oft unberechenbar gunstig. Mas- sag e, Gymnastik nach jevveihger Angabe des Arztes ausgefiihrt, ist oft empfehlenswert. Die Elektricitat, in ihrer Wirkung, ob in- direkt (psychisch) oder direkt heilend, vielfach be- stritten, ist haufig das ultimum refugium. Sie kommt als galvanische und faradische haupt- sachlich in Anwendung Der galvanische Strom wirkt tiefer eingreifend, der herrschenden Ansicht gemass, als der faradische. Der galvanischen Behandlung iinter- liegen mehr die schmerzhaften und central gelegenen Erkrankungen (die Anode wirkt beruhigend, die Kathode erregend, also die Anode an die schmerz- haften Stellen), der faradischen die peripherischen Erkrankungen, besonders die Muskellahmungen. Man operiere nie mit zu starken Stromen, nicht ohne ein die Starke angebendes Galvanometer. c) medikamentose Behandlung. Sie bilde, wo nicht unbedingt anders erforderlich, nicht das erste, sondern das letzte Mittel. das ver- sucht wird. Der oberste Grundsatz ist hiebei nil nocere, denn viel helfcn konnen wir damit nicht oft, das Risiko ist ein ungleichcs. Vermeidung unnotiger Geldausgaben ! Kinige Mittel wirken sichcr a>if die Ernahrung — 129 — ein: Arsen (acid, arsen. 0,005 — O-O^S, solutio Fow- leri 5 — I 5 Tropfen pro die), Eiseii (Blaud'sche Pillen, Eisen-Chinin, Eisen- Arsenpillen) . Als beruhigende Mittel sind die Bromsalze zu empfehlen (Bromkalium, Bromnatrium, Brom- Am- monium, auch Gemische (5,0 — 15,0 pro die); auch Antipyrin (1—2 gr) etc. Als schmerzstillende Mittel haufig unent- behrlich : O p i u m , M o r p h i u m (gruiidsatzlich nicht bei Neurosen), Codein. Als antineuralgis che : Antipy rin (1,0 — 2,0), Chinin (0,5 — 1,5), Salicyl (iiatr. salicyl. 6 — lO gr acid, salicyl. 2.0 — 5,0). Phen aceti n (o,5 — 1,5), Anti- nervin (0,5 — 1,5), Salophen (0,5 — 1,5), Analgen (1,0 — 2,0). Als schiaferzeugende Mittel sind im Ge- brauch: Sulfonal (1,0—2,0), Hypnal (0,5 — 2,0), Trional (0,5 — 1,5), Chloral (1,0 — 2,0). Ausserdem warden aus theoretischen Griinden viel angewandt: Ergotin (0,05 — 0,3), Argentum ni- tricum (0,01—0,05), Strychnin (0,001 — 0.005), Atropin (0,0005 — 0,001 gr pro die) u. a., sind zum Teil sehr gefahrliche Gifte und haben doch nur zweifel- hafte Erfolge. Einreibungen, Hautreize, sind oft von lindernder Wirkung. V. Abschnitt. Spezielle Pathologic und Therapie. (Tafel 69 — 78 und vorhergehende). 1. Die Erkrankungen der Haute und Blut- o-efasse des Gehirns. o Solche Erkrankungen schadigen an der Convexitat des Gehirns zunachst die dicht daran grenzende Rin- densubstanz, an der Basis die austretenden Ge- hirnnerven, am Riickenmarke die Wurzeln. Dar- nach gestalten sich ihre nervosen Cardinalsymptome. I. Pach\7neningitis interna haemorrhagica. (Haematom der dura mater). Wesen. Es bildet sich eine entziindliche , membranose Auflagerung auf der Innenflache der dura mit (sekun- daren ?) interstitiellen Bhitungen. Die Ursache ist un- bekannt. Die Erkrankung kommt vor bei Erwachsenen im Gefolge des Alkohohsmus, Seniums, der Dementia paralytica, aber auch selbstandig. Verlauf. Die schubweise (entsprechend den Haemorrhagieen) auftretenden Symptome bestehen in Kopfschmerzen, Hirnrindenreizungs- und Lahmungserscheinungen (halb- seitige Krampfanfalle, Hemiplegieen, Fieber) Diagnose. Auszuschliessen sind : tumor cerebri (gleichmassig progressiv), Haemorrhagia cerebri (selten Reizerschein- ungen) , Meningitis (Verlauf, Basissymptome), Coma uraemicum (Urin, Verlauf). Therapie. Behandlung: Ruhe, Eisblase, Blutentziehung, Ca- lomel 3X0,3)1 Drastika, symptomatisch (Hypnotika, Morph.) — 131 — 2. Lej)t omening itis aaiia. Convexitatsmeningitis. a) Meningitis cerebrospinalis epidemic a. (Tafel 53, i.) Eine epidemisch aber auch sporadisch auftretende Wesen. Infektionskrankheit, deren Erreger der Diplokokkus Fraenkel ist. Seine Anwesenheit und Entwicklung (Eindringen durch Nase, Verletzungen , Lymph-Blut- bahn ?) wirkt entziindungserregend auf die weichen Haute von Gehirn und Riickenmark. Es entsteht ein seroses, dann eitriges Exsudat in den Maschen der Pia, besonders der Convexitat der Gehirnhemispharen. Die Erkrankung setzt ziemlich rasch ein, haufig Verlauf. bei jugendlichen Personen, mit allgemeinem Unwohl- sein, dann Auftreten heftigerKopfschmerzen, Erbrechen (cerebrales Erbrechen), Frost. Rapide Verschlimmerung. Herpes labialis, hohes anhaltendes Fieber, starke Leu- kocytose, Auftreten von Nackensteifigkeit und Nacken- sclimerzen bei Kopfbewegungen (Reizungssymptom der obersten Halswurzeln), Bewusstseinstriibung sichern die Diagnose. Es folgen Delirien, Rindenreizungs- symptome (Convulsionen) auch Lahmungen (Mono- hemiplegieen) , Hyperasthesie. Sodann tiefes Coma, Trismus, Opisthotonus, Retentio urinae et alvi, Cheyne- Stokcs'sches Atmen. Bei schwersten Fallen exitus nach wenigen ( — 8) Tagen (M. siderans), bei schweren protahierter Verlauf bis 8 und mehr Wochen, doch ist Heilung auch schwererer Formen moglich. Residuen: Taubheit (Acusticuslasion), Blindheit, Cephalalgie, Lahmungen. Hirnabscess. Auszuschliessen: Typhus (langs. Beginn, kein Diagnose. Herpes, keine Leucocytose), Pneumonic (Sputum, Lungensymptome), Pyamie (Eiterherd, keine Nacken- starre), Meningitis tuberculosa (Basissymptome, Nach- weis der Tuberkulose), Meningitis purulenta (Eiterherd, nicht epidemisch). Behandlung : Ruhe, kiihle Wickel (Bader schmerz- Therapie. — 132 haft)^ Eisbeutel, Blutentziehung (proc. mastoid.), Calomel 3Xo>3 Blasenpflaster auf Hiiiterkopf, Einreibung mit grauer Salbe, Antipyretica, Narcotica. b) Meningitis purulent a. Wesen. Sie entsteht im Anschluss an bestehende eitrige Processe im Ohr (Otitis media, Caries des Felsenbeins)^ Erysipel, Pyamie u. a. akute Infektionskrankheiten. Die Erreger sind darnach verschieden (Streptokokkus pyogenes, Streptok. erysipelat., Staphylokokk. aureus, albus). Anatomische P^ntwicklung wie bei a, die starksten Eiterherde an der Convexitat, aber auch an andern Stellen. Verlauf. Beginn und Verlauf wie bei a. Etwas haufiger vielleicht kommt es zur Lahmung der basalen Gc- hirnnerven ; Neuritis optica , Pupillenveranderungen. Diagnose. Diagnose wie bei a. Es ist besonders auf den Aus- gangspunkt zu achten. Therapie. Wesen. Behandlung wie a. Chirureische Eineriffe. Verlauf. J. Meningitis tuberkiilosa, Basilarniemngitis. (Tatel 53. 2). Sie entsteht im Anschluss an primare Lungen- Lymphdriisen-Knochentuberkulose , besonders haulig bei Kindern. Die V'erschleppung der Tuberkelbazillen in die Cirkulationswege der weichen Hirnhaute hat die Entstehung von Miliartuberkeln dortselbst, sowie die Bildung eines fibrinosen, sulzigen Exsudats an der Basis mit eingelagerten miliaren Knotchen zur Folge. Uebergreifen der Knotchen auf die Hirnsubstanz hat die Bildung tumorenartiger Solitartuberkel zur Folge. Die Erkrankung beginnt allmalig mit Un- behagen, Kopfschmerzen, Erbrechen. Nach einiger Zeit Steigerung zu Rindenreizerscheinungen, Delirien, Convulsionen (cri hydrencephalique bei Kindern), trismus, irregularitas cordis. Somnolenz, Temperaturen bis 39°, unregelmassiges Fieber, Nackenstarre. Coma. ^35 Sodann I.ahmung einzelner Gehirnnerven (oculo- motorius, facialis, abducens), Monoplegieen, Aphasie. Kxitus. Auszuschliessen : Meningitis purulenta (s. d.). Bestatigung der Diagnose durch den Nachweis von T. B. im Sputum, in der Punktionsfliissigkeit aus dem Lumbalraum des Ruckenmarks. Chorioideal- tuberkel. Behandlung wie bei 2. J. Meningitis syphilitica^ gummosa iind Gehirnlues. (Tafel 55, I). Sie entsteht in der sekundaren und tertiaren Periode der Syphilis, frijhestens einige Monate nach der Infektion im wesentlichen durch die charakter- istische syphilitische Neubildung (Gummabildung, In- filtration, Verkasung) in den weichen Hirnhauten be- sonders der Basis cerebri mit besonderer Beziehung zu den dort verlaufenden Blutgefassen. Man unter- scheidet drei Formen der Gehirnlues. a) Die eigentliche diffuse basale Meningitis syphilitica (Schwartenbildung, auch herd- formige Lokalisation), die Symptome sind der Hauptsache nach die der basalen Meningitis tuberkulosa. b) Die isolierte Gummabildung in den Hauten, selten in der Gehirnsubstanz , die Symptome sind die eines Gehirntumors. c) Die mit eigenartigen Gefassveranderungen (End- arteriitis luetica) einhergehende Form mit und ohne diffuse oder herdformige gummose Menin- gitis. Hiebei sind die basalen Gefasse durch die krankhafte latimawucherung in ihrem Lumen verengt , es kommt leicht zur autochtonen Thrombenbildung mit seinen Folgen , der Nekrose (s. Embolie). Diese Einzelformen kommen auch gemischt vor und so ist das Symptomenbild der Lues cerebri ein sehr variierendes. Wesen. — 134 — Auch die Intensitat der Symptome ist eine wechselnde. Exacerbationen, Remissionen losen sich ab. Verlaut. Der Bcginn erfolgt mit meningitischen Symptomen (Kopfschmerzen, Erbrechen), sodann Antalle von Be- wusstseinsstorungen , Extremitaten-Lahmungen, Con- vulsionen, Demenz, Apathie verbunden mit Lasion basaler Nerven (Atrophia optici, Neuritis optica, oculo- motorius-facialislahmung etc.). Polyurie , Polydipsie kommt vor. Die Hemiplegieen (durch Erweichungsprocesse bedingt) treten in mehrfachen Attaken au.f, Aphasie, Epileptische Zustande komplizieren das Biid. Heilung ist moglich , doch/ bestehen haufig Lahmungen als Residuen, Zur Diagnose ist der Nachweis stattgehabter In- fektion das wichtigste (Aborte , Narben , Driisen). Auch ex juvantibus ist bei suspecten Zustanden nach- traglich die Diagnose festzustellen. Wo eine auffallend verlaufende Meningitis diag- nosticiert wird, denke man an Lues. Behandlung : Schmierkur, Jodkali (s. allg. Teil). Symptomatisch. 5. Sin usthr om bose. Wesen. Die Gerinnung des Blutes in den venosen Sinus tritt meist sekundar im Anschluss an andere benachbart lokalisierte,besonders entziindlicheErkrankungen, durch Uebergreifen des Processes (Phlebitis) auf die Sinus- wand statt. (Caries, Osteomyelitis des Felsenbeins^ proc. mastoideus; bei Meningitis purulenta, Gehirn- abscess, Phlegmonen), aber auch spontan (bei Senilismus: marantische Thrombose, Chlorose, Kachexie). Der Sitz der marantischen Thrombose ist haufig im Sinus longitudinal, sup. und sin. transversus. Bei Ohrafifektionen im sin. transversus. Bei eitrigem Zerfall der Thromben durch sekun- dare Infektion kommt es zu metastatischer Fyamie (durch Vena jugularis — rechtes Herz in die Lunge). — ^05 — Die Symptome wechseln nach dem Sitz. Verlauf. Meningitische Symptome (Kopfschmerzen, Erbrechen, Convulsionen , Coma) sind meist vorhanden , auch Lahmung-en, Nackensteifigkeit. Bei Thrombose des sin. transversus ist Oedem iiber dem proc. mastoideus (Stauungsymptom) , mangelhafte Fiillung der Vena jugularis int. dieser Seite, rascherer Abfluss des Blutes aus der Ven. jug. externa, vorhanden ; bei Thrombose im sin. cavernosus besteht Stauung in den V^enae ophthalmicae, Lidodem, Chemosis, protrusio bulbi, Augenmuskellahmung (oculomot. und abducens -Ziehen durch, respekt. in der Wand des sinus); bei Thrombose im sin. longitud. sup. Stauung in den Nasenvenen (Nasenbluten). Die Diagnose ist nicht immer mit Sicherheit mog- Diagnose, hch, da die Symptome des Grundleidens (Abscess, Meningitis) oft iiberwiegen. Sicher wird sie nur durch das Aufreten der oben crenannten Stauuno;serschein- ungen. Behandlung : eventueil chirurgisch (Eroffnung und Therapie. Tamponade) sonst symptomatisch. 6. Arterienerkranktingen und ihre Folgen siehe Hamorrhagie, EmboHe, Aneurysmabildung im nachsten Abschnitt. II. Die Erkrankungen der Gehirnsubstanz. A. Organische Erkrankungen. /. Cirkulati07isstdrungen tmd ihre Folgezttstdnde . a) Anamie und Hyperamie des Gehirns. Beide treten entweder als voriibergehende oder andauernde Einzelsymptome bei verschiedenen Erkrank- ungen auf (Erschopfungszustande, im Fieber, bei Ana- mieen alier Art). Voriibergehende Gehirn- (besonders Rin- den-) anamie fiihrt zu Ohnmachtsanfallen ; an- dauernde Anamie (nach Bhitverlusten, sekundaren und primaren sonstigen Anamieen) zu Storung des 136 Wesen. Allgemeinbefindens, Somnolenz , Mudigkeit, Ohren- sausen, Schwindel, Brechreiz, Gahnen. Rehandlung durch Salzwasserinfusion, horizontale Lage, Klystiere, Hautreize bei akuter, Roborantien, Eier-, Milch-Ernahrung, Eisen , Arsen und sympto- matisch bei chr o nischer Anamie (der Alkohol [Rot- wein !] ist vollkommen iiberflussig, eher schadlich bei der Behandlung der Anamie). Auf hyperamische Zustande fiihrt man bei bestehendem Habitus apoplecticus, bei Plethora, An- falle von Hitzegefiihl, Herzklopfen, Schwindel, Einge- nommenheit des Kopfes u. a. zuriick (hiebei spielt wohl die Arteriosklerose eine grossere Rolle als nach- weislich ist). Behandlung : Regelung der Lebensweise , des Alkoholgenusses, Tabakgenusses, Bader, Marienbader- kuren, Bewegung, Controlle der Herz-, Nierenthatigkeit. b) Die Gehirn-Hamorrhagie. (Tafel 59,1 und 2 ; 60,i). Die Neigung der Hirnarterien zur Bildung kleinster (miliar-) und grosserer Aneurysmen und die Ruptur dieser Aneurysmenwande fiihrt zu den mannigfachsten Schadigungen der Gehirnsubstanz. Auch die Berstung kleiner Aneurysmen kann die schwersten Folgen haben, wenn gerade wichtige Bahnen oder Centren durch die Blutung betroffen und zerstort werden. Solche Miliaraneurysmen bilden sich an alien Ge- hirnarterien, am haufigsten aber an den Asten der Art. fossa Sylvii, deren wichtigster Ast (die Arteria Fig. 3 S. 18) mit am haufigsten lenticulostriata, siehe betroffen wird. Durch den substanz wird diese zertriimmert in mehr oder weniger Blutercfuss in die benachbarte Hirn- grossem sistiert Erg-usses Umfange. die Blutung erfolgter Thron'ibenbildung Nach und es erfolgt die Resorption des und teilweise bindegewebige Umwandlung (s. allg. Teil), auf der Oberflache bleibt ein Defekt, im *Innern des Gehirns eine Cyste zuriick. — 137 — Die verschiedenen Ursachen, die zu dieser Aneii- rysmabildung fiihren, sind die Arteriosklerose im Ge- folge von chron. i\lkoliolismLis, Syphilis, Gicht, Ne- phritis chronica und anderen unbekannten Ursachen. Die wichtigste Lokahsation einer Blutung ist die in der Gegend der Grosshirnstammganghen und der benachbarten Markteile (innere Kapsel). Diese Gegend wird insbesondere von dem oben genannten Ast der Art. fossae Sylvii versorgt, sie ist wegen der Haufig- keit der Blutung aus ihr von Charcot artere d'he- morrhagie genannt worden. Die Hamorrhagie bedingt die Erscheinungen der Verlauf. Apoplexia cerebri, des Gehirnschlages. Nach Ablauf der anfanglichen „Insult"- Erscheinungen bleibt als Residuum die Lahmung, die Hemiplegie. dauernd zuriick. Dem Eintreten des apoplektischen Insuites gehen gewisse ,,Vorboten" (Prodomalien) vor- aus. Dies sind Cirkulationsstorungen (Kopfschmerz, Schwindel , Ohrensausen , leichte Schwachezustande). Haufig aber tritt der Schlaganfall auch ohne diese Vorboten ohne ausseren Anlass oder bei korper- lichen Anstrengungen , Aufregungen blitzartig ein. Dem Patienten wird schlecht, er wird schwindlig, verwirrt und stiirzt rasch bewusstlos zusammen. Dies der Insult. Er kann nun nur einige Minuten bis zu mehreren Tagen andauern, je nach der Schwere des Falles. Im Insult liegt der Kranke voUkommen be- wusstlos und reaktionslos da, die Atmung ist lang- sam, schnarchend, oft aussetzend, Pupillarreflex oft undeutlich , Extremitaten unbeweglich , fallen beim Erheben durch Andere losgelassen schlaff herab (auch leichte spastische Erscheinungen kommen vor). Es besteht Retentio urinae et alvi, manchmal deviation conjugue derBulbi. Die Temperatur kann verschieden sein, subnormal, normal, oder auch (besonders sub linem) extrem gesteigert sein. Tritt der exitus nicht im Insult ein (von der Grosse und Lokalisation des Herdes abhangig), so er- - 138 - wacht der Kranke allmahlig aus der Betaubung, kommt zum Bewusstsein und haufig lasst sich erst jetzt die Form der restierenden Lahmung genauer bestimmen. Die Lahmungserscheinungen direkt nach dem Insult sind haufig viel umfangreicher als sie sich schliess- lich (nach einigen Wochen) herausstellen. Diese im Lauf der ersten Wochen sich zuriickbildenden Symp- tome nennt man ,,indirekte Herdsymptome", sie hangen von der Fernwirkung des Herdes durch Druck auf benachbarte Telle ab und schwinden gleich- zeitig mit der eintretenden- Erholung dieser Gehirn- abschnitte. Die direkten Herds ymptome, durch die Zertri-immerung bestimmter Bahnen und Centren be- dingt, sind dagegen irreparabel, andauernd. Entsprechend der verschiedenen Lokahsation und Ausdehnung der Hamorrhagie konnen die direkten bleibenden Symptome recht verschiedene sein. von der leichten voriibergehenden (passagertyi) Hemiparese bis zur schweren totalen Hemiplegie mit Hemian- asthesie, Hemianopsie. Blutungen in der hnken Hemi- sphare konnen natiirhch haufig zugleich auch Aphasie in ihren verschiedenen Formen bedingen. Blutungen im Marklager konnen symptomlos bleiben, solche im Hirnstamm konnen die Hemiplegia alternans zur Folge haben, (Naheres siehe /\bschnitt IV, 3). Die betroftenen Muskeln zeigen eine spastische Lahmung mit Neigung zur Contrakturenbildung ohne degenerative Atrophie. *) Die Sehnenreflexe sind ge- steigert, die Hautreflexe der gelahmten Seite haufig herabgesetzt (s. v.) Auf der hemiplegischen Seite konnen choreatische, athetotische Reizerscheinungen auftreten (posthemi- plegische Hemichorea, Hemiathetose). Bei ausgedehnten oder (was haufiger ist) vvieder- *) In seltenen Fallen ist auffallend rasch eintretende Atro- phic auch beobachtet worden, (Thalnmuslasion?) cerebrale Atrophie; des hemiplegischen Ganges (Nachschleifen) ist oben S. 102 gedacht. — 139 — holten Blutungen verfallt die Intelligenz des Indivi- duums, es tritt krankhaft gesteig-erte Rcizbarkeit, auch voUkommenc sekundtire Demenz ein. Auszuschliessen bei der Insultdiagnose: uramisches Diagnose. Coma(Urin), diabetisches Coma(Acetongeruch, Zucker), extrameningeale Blutung aus der a. mening. media bei Schadelfraktur (Anamnese, typischer Verlauf des wachsenden Hirndrucks), Gehirnembolie (jugendliches Alter, Herzerkrankungen, leichterer Insult) Pachymenin- gitis (s. d.). Topische Diagnose nach Absatz IV, 3,1. Behandlung: propbylaktisch s. Hyperamie. Therapie. Im Insult: Eisblase, Ruhe , Sorge fiir Harn-, Faces-Entleerung, Aderlass, Excitantien. Nach dem Insult: Beruhigung, gymnastische Ueb- ungen, Elektricitat, Massage, Badekuren (Salz-, Moor- bader) Symptomatisch. c) die Gehirnembolie (und Thrombose). (Tafel 56,2). Die Embolic entsteht durch Verschleppung von Wesen. Fibringerinseln in den Gehirnarterien und durch Ver- stopfung eines kleinen Astes mit denselben. Das em- bolische Material stammt meist aus dem linken Herzen (P2ndocarditis mitralis, Aortae). Es passiert die Carotis . interna und bleibt je nach seiner Grosse in den Gehirn- gefassen erster, zweiter, dritter Ordnung stecken, haufig in der Art. fossae Sylvii, haufig der linken (!) Seite. 1st nun durch die Verstopfung des Lumens der von dem Gefasse versorgte Gehirnbezirk ausser Zirkulation gesetzt, so muss er, da die Hirnarterien Endarterien sind und also die Anastomosenbildung nicht ausgiebig als Ersatz eintreten kann, der Nekrose ver- fallen, er erweicht (s. allg. Teil), der Inhalt des Er- weichungsherdes wird resorbiert und es bleibt schliess- lich auf der Oberflache ein Defekt (gelbe Platte), in der Gehirnsubstanz cine Cyste dauernd zuriick. Auch ohne embolische Prozesse kann es durch autochtone Thrombenbildung in den Gehirnarterien 140 — (Endarteriitis luetica obliterans, Arteriosklerose) zum Gefassverschluss und seinen Folgen kommen. Er- weichungsherde finden sich haufig multipel. Verlauf. Die kliiiischeii Erscheinungen sind, je nach der verstopften Arterie, verschieden, im grossen und ganzen dieselben wie bei der Hamorrhagie. Die Embolie verursacht einen apoplektischen In- die Blutune, der comatose Zustand dauert haufig weniger lang und ist nicht so tief wie bei suit wie aber der Blutung. \^orboten konnen bei der Embolie besonders aber bei der autochtonen Thrombosierung zahlreicher und schwerer sein. Auch hier bestehen direkte und indirekte Herd- symptome. Die indirekten bilden sich aber rascher zuriick und beruhen auf der an der Grenze des Herdes immerhin stattfindenden Anastomosenbildung. Was nicht nach einigen Tagen sich zuriickgebildet hat, bleibt als direktes Herdsymptom irreparabel. Je nach dem Sitze restieren rasch verschwindende Hemiparesen , dauernde mehr oder weniger ausge- breitete Hemiplegieen, Aphasieen haufiger als bei Blut- ung, alternierende Lahmungen , Hemianopsie u. s. w. Diagnose s. Hamorrhaeie. Behandlung ebendaselbst. d) Aneury smabi Idung. (Tafel 54,1). Am haufigsten bilden die Basisarterien erossere Aneurysmen. Durch die Compression der Gehirn- substanz, der austretenden Gehirnnerven, der Pyramiden- bahn (in Pons , Medulla oblongata) kommen alter- nierende Hemiplegieen zu stande. Bei Aneurysma der Carotis interna besteht pul- sierender Exophthalmus. e) Arteriosklerose der Gehi rnarter i en. Diese fiihrt abgesehen von der Neigung zu Ha- morrhagieen , Thrombenbildung (Erweichungsherden) und Aneurysmen zu einer Reihe von Erscheinungen, wie sie bei der Flyperamia cerebri angegeben sind. — 141 — Leichte Hemiparesen , voriibergehende Schwindel- anfalle, Sehstorungen etc. beruhen auf zirkulatorischen Storungen verschiedener Art. Behandlung s. Hyperamie. 2) Entzilndltche Jirkrankungen der Gehirnsubstanz . a) der Gehir nabs cess. Die herdweise Eiteransammlung im Gehirn kommt Wesen. vor im Anschluss an Schadeltraumen, an andersartige entziindliche Prozesse (Meningitis purulenta, Caries, Otitis media, Osteomyelitis, Pyamie , Lungenabscess). ,,Idiopathisch" nennt man Abscesse ohne auffmdbare primare Affektipn. Am haufigsten sitzen die Abscesse im Schlafen- lappen und im Kleinhirn (bes. im Anschluss an Ohr- erkrankungen). Als P2rreger sind gefunden worden: Staphylok. aureus, Diplokokkus Frankel, Streptokokkus pyogenes, der Soorpilz, Tuberkelbacillen u. A. Verlauf. Charakteristisch fur den Gehirnabscess ist die mogliche langjahrige fbis 10 Jahre beobachtete) Latenz eines abgekapselten Eiterherdes, die dann plotzlich, manchmal ohne nachweisbare Ursachen zu stiirmischen, schweren Herdsymptomen ijbergehen kann (Durch- bruch in den Ventrikel, nach aussen). Die Erscheinungen des Gehirnabscesses sind teils Lahmungs- (Herd-) teils Reizungssymptome. P>s sind an- haltcnde dumpfe Kopfschmerzen, Erbrechen, Scbwindel, unregelmassiges (auch zeitweise fehlendes) Fieber, komatose Zustande, Konvulsionen und die verschie- densten Herdsymptome (Hemiplegie, Hemianopsie, epileptiforme Anfalle), bei Kleinhirnabscessen cerebellare Ataxic. Bei drohendem Durchbruch (extrameningeal) steigern sich die Symptome. Nicht selten besteht auffallige Kachexie, Apathie. Ausschliessen : Tumor cerebri (fast stets Stauungs- Diagnose, papille, kein Plcber). Nachweis eines primaren Eiter- — 142 ausschlagg-ebender Bedeutung , voran- herdes von gegangenes Trauma. Therapie. Behaiidlung: nur chirurgisch (Trepanation, Probe- punktion, Erofifnung). b) akute (nicht eitrige) Encephalitis. Wesen. Es gibt vei'schiedene hiehergehorige und ihrem Wesen nach noch unbekannte Prozesse. 7.) PLine h a morrh agische Form, bei der es unter entziindlichcn , akut auftretenden Er- scheinungen zur Bildung entziindlich-hamor- rhagischer kleiner Herde kommt, die massen- haft in der Hirnrinde und in den Central- ganglien auftreten (infektios? tpxisch?) Verlauf. I^ie Symptome setzen sich zusammen aus meningitischen und Herderscheinungen, welch letztere nach dem Sitz verschieden sind. Die Verlauf. Prognose ist nicht immer ungiinstig. [j) Eine ahnliche Form fiihrt (bei chron. Alkoholis- mus) zu zahlreichen kleinen Blutungen im Hirn- stamm, besonders in der Umgebung des Aequa- ducts unter den Vierhiigeln. Sie bedingt Augen- muskellahmungen (Ophthalmoplegia acuta). Y) Sodanngehort hieher z. T. der der ^,cer ebral en Kinder la hmung" zu grunde liegende, seinem Wesen nach noch wenig gekannte Prozess (Tafel 54, 2). Diese P'orm der Kinderlahmung kommt angeboren oder meist in friihester Kind- heit ervvorben vor (verschiedene Prozesse }). In den ersten Lebensmonaten erkranken die Kinder plotzlich mit schweren meningitischen Erscheinungen, die sich aber bald zuriickbilden. Ihnen liegen entzijndliche Prozesse in den Central- windungen zu grunde, die als Residuen nach der Abteilung Narbcn, Defekte (PorencephaHe) in den bcfallenen Hirnvvindungen zuriicklassen. Infolgedessen bleiben auch als klinische Symptome nach RuckbildunGf der Anfaneserscheinunfren cerebrale Gli ederlahm ungen zuruck, die Lahmungen sind — 143 — natiirliche spastische. (Bci doppelseitigen Herden : spastische Paraplegieen). -Das Wachstum der gt'lahmten Glieder (eines Armes, Beines, der ganzen Seite) bleibt hinter dem der anderen Seite betrachtlich zuriick, es kann die ganze Korperhalfte atrophisch bleiben (Hemi- atrophia spastica). Auch Reizerscheinungen (epileptiforme Anfalle, durch die Reizung der Rindennarbe bedingt, Athetose) sind haufig. Behandlung: symptomatisch. s. Meningitis. Therapie. j) Der Tumor cerebri. (Tafel 60, 2). Tumoren konnen im Schadelinnern sich entvvickeln Wesen. nach Traumen, metastatisch von anderen Geschwiilsten im Korper aus und spontan. Sie konnen entstehen: vom Knochen aus (Sarcom, Carcinom, Osteom, Gumma). von den Hauten aus (Sarcom, Carcinom, Fibrom, Solitartuberkel, Gumma.) von den Blutgefassen aus (Gummata, Aneu- rysmen). in der Gehirnsubstanz (Gliom, Sarkom, Car- cinom (metastatisch und primar), Cysticerken). Die haufigsten sind das Gliom, Gumma und Sar- com bei Erwachsenen, der Solitartuberkel beim Kinde. Je nach den Grossenverhaltnissen, der Wachs- tumsschnelligkeit , der Multiphcitat und dem Sitze wechseln die Symptome. AUe Tumoren haben eine Reihe von Symptomen gemeinsam, die auf der Anwesenheit eines wachsenden Fremdkorpers im geschlossenen Schadelraum beruhen (allgemeine Tumorsymptome) , die anderen hangen hauptsachlich vom Sitze ev. der Art des Tumors ab. Die All g em ei nsymptome des Hirntumors verlauf. sind verursacht durch die Raumbeschrankung in der Schadelhohle und den dadurch wachsenden intrac- kraniellen Druck, der sowohl auf das Gehirn in toto — 144 — als auf seine Blut- und Lymphcirkulation schadigend einwirkt. Diese Symptome sind : a) Der Ko pfsc hmerz (anhaltend, diffus, dumpf, intensiv), b) cerebrales (von der Nahrungsaufnahme nicht abhangendes) Erbrechen, anfallsweise auf- tretend), ^ c) Schvvindel, Benommenheit, Schlafsucht. d) Pulsverlangsamung, e) apoplektiforme und epileptiforme Anfalle, f) Strnmngsfafille (event. Neuritis optica) (siehe Abschnitt iV, S.iii), das Cardinalsymptom des Hirntumors. Die Herdsymptome in direkte (Herd-) und indirekte (Fernwirkungssymptome) zerfallend sind nach dem Sitze sehr verschieden und bestehen aus Mono-, Hemiplegieen, event, mit gekreuzter Hirn- nervenlahmung , Hemianasthesie, Hemianopsie, cere- bellare Ataxie (Vierhugel, Kleinhirn), Aphasie-, basalen Symptomen (siehe Genaueres bei Herderkrankungen Abschnitt IV, 3). Doch konnen Herderscheinungen auch fehlen, event, nur angedeutet sein. Vierhiigeltumoren konnen Hydrocephalus internus acutus infolge verhinderten Abschlusses durch Druck auf die Vena magna Galeni des III. Ventrikels (Gross- hirnschlitz) verursachen (s. Hydroceph. f.). Diagnose. Diagnose: zuerst wird aus den Allgemein- symptomen ein tumor cerebri diagnosticiert. Ausschliessen: Abscess (s.d), Hydrocephalus (s.d.). Sodann der Sitz mit Beachtung der in Abschnitt IV, 3 angegebenen Herdsymptome fur Schadelbasis (vord., mittl., hintere Grube), Grosshirnhemispharen nach den einzelnen Lappen , Hirnstamm, (Vierhugel, Pons), Cerebellum. Fiir die topische Diagnose kommen nur die direkten Herdsymptome (anhaltend, progressiv), nicht die indirekten (voriibergehend, in der Intensitat — 145 — schwankend) in Betracht. Doch ist eine Scheidung nicht immer moglich. Sodann ist die Abgreiizung der Ari( des Tumors zu versuchen (Metastasen be- achten, Tuberkulose, Lues), auch der Sitz ist fiir manche Tumorarten charakteristisch : Basistumoren (Gummata, Sarcome). Gehirnsub- Diagnose, stanztumoren (Gliome). Kleinhirn-Ponstumoren (Soli- tartuberkel, Gliome). Sarcome haben rasches, Gliome iangsames Wachstum. Behandlung : beim geringsten Verdacht Schmier- Therapie. kur und Jodkali. Wenn Rindentumoren: \^ersuch des operativen Eingriffs (s. allg. Therapie). Sonst symptomatisch, Narkotika, Brom. ^. Hydroce-phalus mternus. Man versteht darunter pathologisch vermehrte An- Wesen sammlung von Liquor cerebrospinalis im Ventrikel- raum (Seiten- und IIL Ventrikel). Hydrocephalus externus = Fliissigkeitsansamm- lung im Subarachnoidealraum, welcher mit den Ven- trikeln kommuniciert. Hydrocephalus internus kommt angeboren und erworben vor. Als Ursache wird teils eine entziindliche Erkrankung des Ventrikelependyms und der Plexus chorioidei, teils eine Verlegung des Abflusses aus dem IIL Ventrikel durch entziindliche Veranderungen angenommen. Erreicht der Hydrocephalus hohere Grade, so kann es zu Abplattung der Hirnwindungen, bedeutender Verschmalerung der Hirnsubstanz durch Druckatrophie komm.en. Der Schadelumfang wachst iiber 50 — 60 cm (^normal unter 50 bei Kindern). Fliissigkeitsansamm- lung im IIL Ventrikel Rihrt zu bauchiger x\usbucht- ung des Ventrikelbodens und zu Druck auf die darunter liegenden Gebilde (N. opticus, Chiasma [Hemianopsia bitemporalis], oculomotorius, abducens). Bei angeborenem Hydrocephalus, sowie bei dem Verlauf. in friiher Kindheit sich entwickelnden besteht Idiotic, 10 — 146 — auch spastische doppelseitige Lahmungszustande, epi- leptische Anfalle. Die Kinder gehen bald zu Grund. Bei Erwachsenen kommt es unter meningitischen Erscheinungen (Kopfschmerzen , Erbrechen , Coma, Neuritis optica, kein Fieber) unter Exacerbationen und Remissionen zur Hydrocephalus - Entwicklung. Stauungspapille kann vorhanden sein. Diagnose. Tumor Cerebri ist nicht immer sicher auszu- schliessen (keine Schadelumfangzunahme , raschere Entwicklung der Tumorsymptome, hiebei keine Remis- sionen). Therapie. Behandlung : chirurgische Eingriffe (Punktion der Ventrikel, des Lumbalraumes im Riickenmarkskanal) sind von zweifelhaltem Nutzen, graue Salbe ausser- lich, Calomel, Pustelsalbe (unguenl. tartari stibiat. aui den rasierten Hinterkopf. Symptomatisch. j". Dementia -paralytica ^ -progressive Paralyse. Wesen. Die progressive Paralyse ist bedingt durch einen Degenerationsprozess im Gehirn. Besonders in der Hirnrinde gehen successive zahlreiche marklose feinere und markhaltige Nervenfasern, wohl auch Zellen primar zu Grunde. Im Stirnlappen sollen die Ver- anderungen am starksten sein. Durch den P'aser- untergang kommt es zu Rindenverschmalerung und schliesslich zu Atrophic des gesamten Gehirns. Ausserdem findet man noch chronisch entzund- liche Gefass-^ Glia- und Hirnhautveranderungen, Hydro- cephalus int. u. s. w. Die Erkrankung findet sich haufig bei Mannern, auffallend oft bei vorangegangener Lues, so dass man sie mit der Tabes als Metasyphilis bezeichnet hat. Auch im Anschluss an Traumen kommt sic vor. Verlauf. Die Degeneration der nervosen Rindenelemente fuhrt zu eincm fortschreitenden Verfall der geistigen P'unktionen, derlntelligenz, des Charakters, des Erinner- ungsvermogens, der Sprache (besonders der associa- tiven Thatigkeit). — 147 - Die Charakterveranderung ist haufig das erste hervortretende Symptom (Stumpfheit, Reizbarkeit, Neigung 7.11 Kxcessen, Unfahigkeit zu geistiger Arbeit, Immoralitat). Kommt der Kranke jetzt zum Arzt, so ist auf folgende charakteristische Symptome zu achten : 1) Pupi liens tarre (einseitig, beiderseitig, Un- gleichheit der Pupillen). 2) Par aly ti sche S prachs toru ng (litterale Paraphasie: Nachlassige . unkorrekte Sprache. Auslassen und Versetzen von Bachstaben und Silben (Silbenstolpern) s. unter Sprachstorungen IV, 4. Aehnlich kommt die paralyt. Schrift- und Lesestorung vor (Auslassen von Buchstaben, Silben, Wortern, Interpunktionen). 3)erloschener Patellar reflex. Dementia paral. kann kombiniert mit tabischen Sym- ptomen vorkommen , auch mit Seitenstrang- beteiligung fReflexsteigerung). 4) Tremor der Hande^ Zunge, Zittern der Lippen beim Sprechen. Im weiteren Verlauf kommt es zu den para- lytischen Anfallen, apoplektiform auftretenden Be- wusstseinsstorungen mitoder ohneepileptiformeKrampf- anfalle. Die bestehenden Lahmungserscheinungen ver- schwinden nach dem Anfall wieder. Der psychische Verfall schreitet vveiter, es kommt zu Grossenwahnideen, Wutanfallen, Dazwisclien treten Remissionen auf, wahrend derer der Kranke lange Zeit wieder ganz ordentlich zu werden scheint, bis das alte Leiden mit gesteigerter Heftigkeit wieder ausbricht. Schliesslich tritt voUige geistige Umnachtung, \^ertierung ein. Exitus an Erschoplung, Schluckpneumonie nach €inigen Monaten bis 2, 3 Jahren. Auszuschliessen: schwere Neurasthenie (andauern- Diagnose. 10* - 148 — des Fehlen der objektiven Symptome), multiple Sklerose (s. d.), Lues cerebri (ausgesprochene Herdsymptome). Behandlung: wo moglich Anstaltsbehandlung^ symptomatisch. Antiluetische Kuren sind eher schadlich. 6) Die Of/it/iahnoplegie. Die beiderseitige Lahmung der Augenmuskelu durch Erkrankung der Kerngebiete des Oculomotorius unter den Vierhiigeln tritt bei verschiedenen Erkrank^ ungsformen ein. a) a k u t e O p h t h a 1 m o p 1 e g i e. Sie kann verursacht vverden ausser der oben schon erwahnten hamorrhagischen Encephalitis durch andere hamorrhagische, embolische Pro- zesse, durch Tuinoren. b)chronische progressive Ophthalmo- plegie. (Tafel 62,3). Sie gehort mit der folgenden progressiv. Bulbarparalyse zu den systematischen Neuron- zellenerkrankungen (s. Abschnitt IV, 3). Es tritt eine langsam vorschreitende Zellatrophie im Oculomotorius- etc. Kern auf, die ini Laufe der Jahre zu einer totalen Lahmung samtlicher iiussereii (selten inneren) Muskeln der Augapfel fiihrt (natiir- lich schwinden auch die oculomot. Fasern). Die Erkrankung kommt isoliert oder als Teil- erscheinung bei Tabes, Dementia paralytica, Bulbar- paralyse, multipl. Sklerose vor. Behandlung: ev. antiluetisch. 7) Die Bulbarparalyse. a) eine akute Form kann bedingt sein durch thrombotische, emboHsche, entzundliche oder hamorrhagische Prozesse. Die meist apoplektiform eintretenden Sym- ptome sind: Zungen-, Schlundlahmung, Stor- ung der Phonation und Atmung, Facialis-Ab- — 149 — ducens-Trigeminuslahmung. Bulbare Sprache, Extremitatenlahmung, rascher exitus (Atinungs- Herzstorungen). Behandlung : ev. antiliietisch. b)die chronische progressive Bulbar- paralyse. (Tafel 72,1; 56,1). (Paralysis glosso-pharyngo-labiea-progressiva.) Wesen. Ihr liegt ein langsam fortschreitender Zellschwund in den Kerniagern der Medulla oblongata zu Grunde ; besonders in den motorischen Kernen (periph. Neuron- zellen) von Hypoglossus, Facialis, Vagus-Accessorius, Trigeminus. Ausserdeni besteht haufig auch eine Er- krankung der Pyramidenbahn und der Vordcrhorn- zellen im Riickenmarck und es bestehen somit alle Uebergange von der einfachen Bulbarparalyse zur amyotrophischen Seitenstrangsklerose mit Bulbar- s\'mptomen (s. Naheres unter „Systemerkrankungen", ^'^' 3)- . Ueber die Ursache sind wir sehr wenig unter- richtet. Die klinischen Erscheinungen treten ungemein Verlauf. langsam hervor. Zuerst werden Sprachstorungen bul- barer Art (r, s, 1 werden zuerst schlechter ausgesprochen) deutlich, sodann entwickelt sich doppelseitige Atrophie (mit EaR) und Schwache der Lippen, Zunge, (fibrillare Zuckungen), Schwache derSchling- und Stimmbildungs-, seltener der Kaumuskulatur, die schliesslich zu fast volikommener mimischer Gesichtsstarre (nur der untere Facialis befallen), Salivation, Schling- und Sprach- lahmung (Anarthrie) fiihrt. Sensibilitatsstorungen fehlen. Auch psychische Veranderungen (Neigung zum Weinen etc.) und bei Erkrankung noch anderer Systeme (Pyramiden etc.) spastische Extremitatenlahmung, Muskelatfophie an der Hand (s. amyotr. Lateralsklerose) konnen vorkommen. Exitus an Erschopfung, Schluckpneumonie. Therapie. Behandlung : symptom. Elektricitat, Bader, ev. — ISO — Sondenernahrung. (Arsen, Strychnin, Jodkali, Atropin haben keinen Einfiuss). Wir konnen weder die geschwundenen Ganglien- zellen ersetzen. noch das F'ortschreiten des Prozesses authalten. Die Bulbarparalyse kann durch andere Erkrankungen vorge- tauscht Averden. a} Pseudobulbar paralyse ist bedingt durch doppelseitige bes. Rindenherde (Enibolie. Blutung) in den Hemispharen des Grosshirns. Hier konnen unter Umstanden (wenn das Facialis-, Hypoglossus- etc. Centrum doppelseitig geschadigt ist, die Symptorae der Bulbarj^aralyse ohne Muskelatrophie erzeugt werden. (Es konnen aber zu gleicher Zeit auch Heide in der Medulla vorkommen). b) Bulbarparalyse ohne anatomischen Befund. Die Erkrankung ist eine Vereinigung von buU^aren Symptomen mit Schwache- zustanden auch anderer Extremiiaten- etc. Muskeln. Paresen ohne Atrophia. Der anatomische Befund war bisher ein negativer. Diese Formen sind bei der Diagnose besonders der akuten Erkrankung nicht immer sicher auszu- schliessen. Auch die Hysteric und multiple Sklerose kann ahnhche Bilder vortauschen. Man hat alle ein- zelnen, oben genannten Punkte sorgfaltig zu erwagen^ 8) Die Kleiiihirnerkranktmgen sind unter Tumor und Abscess besprochen. Andere Erkrankungen des Kleinhirns (Atrophic, Sklerose) sind selten. g) Die Sclerosis mtdti-plex cerebrosj)inalis s. Ruckenmarkskrankheiten. B. Gehirnerkrankungen unbekannten Wesens und Sitzes (Gehirn-Neurosen). i) Die Netirasthenie, \Vesen. Sie bildet mit Hysteric, Hypochondrie den Uebcr- gang zu den schvvereren psychischen Erktankungen (Psychosenj. Die Neurasthenic ist ein durch unzweckmassige Erziehung und Lebensweise, Ucberanstrengung und -- 151 ' — Excesse aller Art, teils bedingter, teils (bei hereditarer Belastung) ausgeloster anhaltender Zustand krankhafter Schwache und Reizbarkeit von psychischen und korper- lichen Funktionen. Der Kranke ist verstimmt (Angstzustande), reiz- bar, die Willensstarke und Leistuiigsfahigkeit ist herab- gesetzt, besonders besteht auffallender Mangel geistiger Concentrationsfahigkeit. Von andern Zustanden ist besonders zu erwahnen : die leichte Ermiidbarkeit, krankhafte Reizung zur Selbstbeobachtung (Nosophobie, Syphilidophobie etc.), die Schlaflosigkeit, der Kopfdruck, das Zittern, Herz- klopfen. Eine Reihe korperlicher anderer Symptome kann das Bild komplicieren, abnorme Sensationen aller Art, Schmerzen, Storungen der Magen- (Hyperaciditat, nervoseDyspepsie), Darm-, Sexualthatigkeit. Siehe auch Beschaftigungsneurosen w. u. In schweren Fallen bestehen Zwangsvorstellungen, Griibelsucht, ohne dass sich aber daraus andere psy- chische Erkrankungen entwickeln. Der Verlauf der Neurasthenie ist ein typisch intermittirender, lange Zeit flihlt der P. sich ganz wohl, bis plotzlich wieder der alte qualvolle Zustand ausbricht. Auszuschliessen: Durch wiederholte genaue Unter- suchung (Urin, Lunge, Herz, Magen) andere korperliche Erkrankungen, Dementia paralytica (s. d.), multiple Sklerose (s. d.), Hysterie (s. d.). Behandlung: Beruhigung, exakte Untersuchung Therapie. (ein grosser therapeutischer, oft auch diagnostischer Fehler ist das Wegschicken solcher Kranker [denn der Neurastheniker ist wirklich krankl] ohne eingehende objektive Untersuchung) , roborierende Ernahrung, kiihle Waschungen, Badekuren (See , Gebirgsaufenthalt), Mastkuren , Elektricitat , Gymnastik. Arsen, Eisen, Chinin. Keiniiberfli-issiges Medizinieren, kein Morphium ! 2) Die Hyfochondrie, Sie hat mit der Neurasthenie die krankhafte Wesen. — 152 — Selbstbeobachtung gemein ; wahrend aber dort die Klagen wechseln nach Lokalisation und Intensitat, sind die hypochondrischen Sensationen mehr constant und lokalisiert. Insbesondere bilden Beschwerden von Seiten der abdominalen Funktionen den Hauptgegenstand der Klagen. Der Einfluss dieser Empfindungen auf die Psyche ist ein nachbaltiger, sie werden innerlich mehr verarbeitet (systematisiert), die hypochondrische Verstimmung sitzt viel fester, wie die mehr oberflach- Hchere der Neurasthenic. Der Neurastheniker spricht sich lebhaft offen aus, der Hypochonder briitet ver- schlossen iiber seine Beschwerden. Diagnose. AuszuschHesscn : Magen-Darmerkrankungen (la- tentes Carcinom , taenia). Uebergange zur Paranoia mit ihren systematisierten Wahnideen sind nur durch sorgfaltige Beobachtung des Verlaufes auszuschliessen. Behandlune s. Neurasthenic. 't> j) Die Hysterie. Wesen. Die Hystcrie ist eine Psychose, bei der es durch krankhafte Storung im Vorstellungs- und VVillensleben zu einer unerschopflich grossen Anzahl von Funktions- anomahen der motorischen und sensiblen Sphare des Korpers kommt, ohne dass dafiir eine organische Lasion ausfindig gemacht werden kann. Sie ist in alien ihren Erscheinungen psycho gen bedingt. Verlauf Sic kommt am haufigsten vor im jugendlichen Alter; Hereditat, Erziehungfehler, Gemutsalterationen sind von grossem I^influsse. Das geistige Verhalten bei der Hysterie ist derart krankhaft verandert, dass die Kranken leichter sowohl durch fremde Beeinflussung (Suggestion) als durch spontan auftretende Vorstellungen (Autosuggestion) zu psychischen und korperlichen Reaktionen veranlasst werden. Sie sind reizbar, launisch, zerstreut, in ihrem WoUen unberechenbar (explosive Handlungen). Die Intelligenz ist nicht beeinflusst. Die korperlichen S)'mptome sind: — ^53 — i) dauernd vorhandene Stigmata, die aber auch fehlen konnen, und 2) anfallsweise auftretende, hysteris che Anfalle. i) Die Stigmata. a) Hemianasth esie totale Empfindungslosigkeit einer ganzen Korperhalfte oder einzelner Gebiete fur alle Qualitaten (Analgesie etc.) Zugleicli kann der Geschmack, Geruch, das Gehor auf dieser Seite aufgehoben sein, die Farbenempfindung kann gestort (Achroma- topsie), das Gesichtsfeld eingeengt sein, rasch ermiiden. Die Hemianasthesie ist durch den Ausfall von solchen zur bewussten Empfindung notigen Associationen bedingt. b)Hyperasthesie, eine Korperhalfte oder ein Teil derselben zeigt Ueberempfindlichkeit (Ovariendruckschmerz , Wirbelsaulenschmerz). Von diesen Punkten lassen sich die hysterischen Anfalle auslosen (hysterogene Zonen). (Auf- hebung der centralen associativen Hemmung). Schmerzen aller Art, abnorme Sensationen (globus hystericus, Knaulempfindung etc.) wer- den vielfach variierend angegeben. c)hysterische Lahmungen, konnen fast alle Erkrankungen vortiiuschen. Sie sind central bedingte Willenslahmungen, die eben so rasch wie sie gekommen, auch wieder verschwinden konnen. Die hiiufigsten Formen sind : die hysterische Stimmmbandlahmung (Aphonic) , Schreib-, Sprach-, Schlinglahmung, die hysterische Hemi- plegie(ohneFacialis-undHypoglossusbeteiligung), die hysterischen Gangstorungen (Unfahigkeit zu stehen [Astasie], gehen [Abasie]), Zwangs- bewegungen aller Art. Retentio urinae. d) hysterische Kontrakturen, sind central — 154- — bedingte Reizerscheinungen rein funktioneller Art. Es konnen die verschiedenartigsten Streck-, Beuge- etc. Kontrakturen an Kopf und Ex- treniitatea bestehen. 2) hysterische An fa lie. Central bedingte Reizerscheinungen , die in den verschiedensten Formen und Combinationen, teils spontan entstehend, meist aber durch eine Art von reflektorischer Erregung (Schreck, Affekt, Sensationen u. s. w.) ausgelost werden. Klonische . tonische Krampfiformen der Extremi- taten, des Korpers wech.seln rasch unter sich ab. Die Atmung ist erregt, dyspnoisch, das Bewusstsein selten tief alteriert, doch besteht Erinnerungslosigkeit (Amnesie) iiber die Anfalle. Die Krampfe bedingen in wildem Wechsel die bizarrsten Korperstellungen (Clownismus, arc de cercle), die absonderlicbsten Gliederbewegungen (grand Hy- sterie), Trismen, Schluck-, Wein-, Lachkrampfe treten mehr oder weniger stark hervor. Wiihrend der Anfalle bestehen oft Hallucinationen angenehmen und unangenehmen Inhalts, dadurch konnon Schrei-, Schimpf-, Gestikulations-, Grimassen- anfalle bedingt werden. Nie besteht so tiefes Coma wie bei den epi- leptischen Anfallen, die Reflexe bleiben erhalten. Zur Aufvveckung des Patienten geniigt bei leichten Anfallen Anspritzen mit Wasser, bei schwereren fast immer ein schmerzhafter Nadelstich (Fusssohle). Charakteristisch fiir die hysterischen Anfalle ist insbcsondere das iibertriebene, manirierte, wechsel v^olle Aiiftreten der Krampfe, die Auslosbarkeit der Anfalle, das Unterbleiben bei geeigneter psychischer Einwirk- ung (Suggestion). Zu den psychogenen Zustanden gehoren verschiedene Krankheitsformen, die z. T. unter eigenen Namen gehen : Akinesia algera (Schmerzen bei Be- — 155 — wegungen ohne andere Ursache hiefiir), chorea electrica (gewaltsame ruckweise Korperbewegungen) , Paramy- oclonus multiplex, abwechselnd erfolgende verschieden lokalisierte klonische Muskelzuckungen (im Biceps. Quadriceps, Supinator long. CucuUaris etc.j, Astasia, Abasie (s. o.) u. s. w. Bei der Diagnose hat man das ganze oben ge- Diagnose, zeichnete Bild der Hysteric sich zu vergegenwartigen, aus einem Einzelsymptom liisst sie sich nicht sicher diagnosticieren, der Nachweis von Stigmata, Anfiillen ist durch genaue Untersuchung meist zu bringen. Die Abgrenzung von der Neurasthenia ist nicht fiir alle Falle moglich, doch wird meist das eine oder andere Symptom mehr fiir Hysteric oder fiir Neu- rasthenic sprechen. Bei schweren Formen konnen auch die psychischen Storungen mehr ausgebildet sein (moralische Defckte). Behandlung: exquisit psychisch, Anhalten zu Therapie. gleichmassigerBeschaftigung, Erweckung des Zutrauens zum eignen Willen, Fernhalten von nervosen, angstlichcn Familicngliedern (Anstaltsbehandlung), Besprechung der Anfalle als einer Bagatellsache, Regelung der Ernahr- ung, Abreibungen, Douchen. Ev. Eisen, Brom (ihr Nutzen in keinem Vergleich zur anderen Behandlung). Nie Morphium! Die Hypnose bescitigt meist nur Einzelsymptomc selten die Krankheit selbst, ja sie schafft manchmal auch wieder neue Symptome. Der Einfluss einer vernunftigen nicht direkt hy- pnotischen, psychischen (Suggestiv-)Behandlung (kleine Tauschungen gestattet und oft sehr niitzlich , Wach- suggestion) ist entschieden ein besserer. ^) Die traiimatischen JVetirosen. Die einzelnen Falle gehoren tells der Neurasthenic, Wesen. teils der Hypochondric und Hysteric an. Sie haben gemeinsam, dass sic durch Traumen (psychische und - 156 - korperliche) entstanden sind, bei meist schoii vor- handener Disposition (Hereditat, Alkoholismus). Der Moglichkeit gegeniiber, die Krankheit zum Gelderwerb ausbeuten zu konnen (Unfallversicherung-), sind solche Patienten widerstandsschwacher. Die Grenze zwischen absichtlicher Uebertreibung und kranlchafter psychischer Hemmung ist oft sehr schwer zu ziehen. Begin- Aus th e rapeuti schen Griinden entscheide man achtung. gj^]-^ prinzipiell nicht fiir zu hohe Schatzung der Ar- beitsbeschrankung. Nur in Ausnahmsfallen gebe man dieselbe definitiv an, behalte sich vielmehr spatere Untersuchung bevor. Hieber gehoren die Neurosen nach Eisenbahn- unglucksfallen (Railwayspine) und andere Zustande. Behandlung: s. Neurasthenie, Hysterie. ^) Die Hemicranie^ Migraine. Wesen, Sie besteht in periodisch auftretenden halbseitigen heftigen Kopfschmerzen, vcrbunden mit Uebligkeit und Erbrechen. Sie kommt isoliert oder haufiger in Ver- bindung mit anderen nervosen Symptomen vor, tritt oft familiar auf. Auch reflektoriscli (von Nasen-, Magen-, Genitalerkrankungen) wird sie ausgelost. Die Dauer und Haufigkeit der Anfalle ist verschieden. Es konnen im Anfall (oder vorher) Sehstorungen (Flimmerskotom, teilweiser Gesichtsfeklaustall) be- stehen. Oft besteht Hyperaciditat (toxische Wirkung ?). Theiapie. Behandlung: Karlsbader Kur, Badekuren, Eisen, Arsen, Beseitigung der auslosenden Ursache, sympto- matisch (Antinervina, SaHcyl, Antipyrin, Coffein [auch Mischungen] Senffussbader, Umschlage, Ruhe). Nie Morphium ! 6) Cefhalalgie^ hahitueller Koffschmerz. Der Kopfschmerz ist haufig nur ein Einzelsymptom bei anderen Erkrankungen (Fieber, Cirkulationsstor- ungen, Intoxikationcn, Tumor), bei nervosen Personen kann er als Hauptsymtom hervortreten. — 157 — Ausschliessen: aiisser oben genannten: Naseii- Stirnhohlenerkrankungen, Augenleiden (Myopie, Asthe- nopie etc.) Behandlung: s. Neurasthenic, Antinervina. y) Die genuine £pile^sie. Unter Epilepsie versteht man das anfallsweise Wesen. Auftreten der sogenannten ,,epileptischen Krampf- zustande." Von der genuinen E. ist zu scheiden die sympto'matische Form der Epilepsie (Jakson's Epil.), deren schon oben (bei Herderkrankungen im Gehirn) mehrfach gedacht ist. Die Entstehung der epilept. Anfalle denkt man sich in der Hirnrinde besonders der Centralwind- ungen, doch ist der cortikale Ursprung auch bestritten worden. Der urspriingliche den Anfall auslosende Reiz kommt, was bei der symptomatischen Form sehr wahrscheinlich ist, bei der genuinen vermutet wird, von einer ladierten Rindenstelle her (Narbe, Knochen- splitter, entziindlicher Prozess). Von hier breitet sich (Associationsbahnen?) die Erregung auf die benach- barten Centren fort und erzeugt so den epileptischen Krampfanfall. Fur die Entstehung der genuinen E. kommen in Betracht Her ed i tat , Traumen, Infektionskrankheiten. Haufig tritt sie schon im jugendlichen Alter auf, sie kann nach Dauer und Schwere sehr wechseln. Die epileptischen Anfalle treten als schwere und leichte Anfalle (E. major — petit mal), sowie als Aequiva- lente von Anfallen (Dammerzustande) auf. Der typische Anfall beginnt mit der Aura (Kopf- AnfalL schmerz, Uebelkeit, Schwindel, optische, akustische Sensationen), daran schliesst sich an der Anfall. Der Patient stiirzt bewusstlos zusammen und liegt zunachst im tonischen Krampfzustand , der teils aus tonischen Beuge- grosserenteils aus Streck- kontrakturen der gesamten Korpermuskulatur sich zu- sammensetzt. AUe Reflexe sind erioschen, die Pu- - 158 - pillen erweitert. Nach einiger Zeit ( — 7-^ MirAite) schliesst sich daran das klonische Stadium, be- stehend in heftigen, gewaltsamen Zuckungen der Ex- tremitaten- und iibrigen Muskulatur (Zungenbiss, Schaum vorm Mund). Nach einigeiiMinuten lasst die Gewalt der Krampfe nach, es tritt ein comatoser Zustand ein, aus dem der Patient nach verschieden langer Zeit erwacht. Kopfschmerz, Uebligkeit, Miidigkeit konnen noch langer andauern. Ueber den Anfall besteht Amnesie. Bei den leichteren Anfallen tritt das tonische und klonische Stadium mehr zuriick, bei den Aequiva- lenten kommt es an Stelle des Anfalls zu einer rasch voriibergehenden traumhaften Verwirrtheit (Dammer- zustand), auch maniakalische Erregungszustande, De- lirien, Hallucinationen, konnen dabei auftreten. Die Anfalle konnen besondersNachts kommen (E. nocturna), haufen sie sich, so nennt man diesen nicht ungefahr- lichen Zustand etat de mal (Fieber). Bei manchen Fallen (durchaus nicht alien) kommt es bei langem Bestehen der Anfalle zu einer physi- schen Degeneration. Auszuschliessen : hysterische Anfalle (s. d.) Jack- son's-Epilepsie (Herdsymptome in der anfallfreien Zeit). Uramische Anfalle (Urin), Simulation (Reflex nicht erloschen, Fusssohlenstich), Anfalle bei Dementia paralytica (Anamnese, langere Dauer derselben). Behandlung: Bromkali (3 — 1 5 gr p. die) (event, vorher langere Zeit Opium (0.1 — i.o p. die) wirkt bei haufigen Anfallen giinstig. Kalte Waschungen. Kein Alkohol, Pflanzenkost. Bei ausgesprochenen Herderscheinungen kann ein operativer Eingrifif in Frage kommen (s. v.). 8. jEclainpsia infajiUim. Wesen. Bei Kindern in den ersten Lebensjahren fiihren alle moglichen l^j-krankungen (Magcn-, Darm-, Zahn- Krankheiten, Rhachitis) zu allgemeinen Convulsioneii 159 — (mangelhafte Reflexhemmung im kiiidlichen Nerven- system, Pyramidenbahn noch nicht markhaltig). Die Krampfanfalle bestehen in abwech.selnden tonischen undklonischenZuckungendes ganzen Korpers. haufig schreien die Kinder dabei kramplhaft. Epi- lepsie schliesst sich selten spater an. Auszuschliessen : Meningitis tuberculosa (Basis- symptome, Fieber). Behandking: Grundleiden beseitigen (Wiirmer, Theiapie. Ernahrung), Brom , heisse Bader , Hautreize , kalte Waschungen. g. Chorea minor, V^eitstanz. (Ch. Sydenham). Sie ist eine Erkrankung des jugendiichen Alters. Weder ihre Ursache noch ihr Sitz sind bekannt. Man halt sie fur infektiosen Ursorunes. Auffallend Wesen, Sie ist jedenfalis ihr haufiges arthritis rheumatica acuts Auch bei Graviditat schwere Form en). Die Chorea besteht horlichen, regellos Finger, Hande, Arme sichtsmuskeln , der Willen unterworfenen Vorkommen bei der Poly- und der Endocarditis rh. tritt sie ofters auf (besonders in unwillkiirlichen, sich folgenden Beine Bewegungen der Zunge unauf- der des Kopfes, der Ge- etc. In alien sonst dem Muskeln herrscht eine fort- wahrende Unruhe, so dass keine ruhige Stellung von Koi'per und Extremitaten moglich ist. Die einzelnen Falle sind verschieden von eben merklichen chorea- tischen Fingerbewegungen (in der Schule etc. haufig fiir Unart gehalten) bis zur ausgesprochenen Muskel- raserei (folic musculaire). Bei diesen schweren Fallen kann das Sprechen, Gehen, Essen unmoglich werden. Auch halbseitig tritt die Chorea auf (Hemichorea). Nachts sistiert die Unruhe. Die Dauer kann einige Monate bis Jahre wahren, Recidive sind haufig. Schliesslich erfolgt aber fast ausnahmslos die Heilung. Behandlung: Arsen , Antipyrin (sX^-S — ^-o)' Salol,Abreibungen, Ernahrung. Schulbesuch verbieten. Veiiauf. — 1 6o — Von der Chorea minor ganz verschieden ist die 10. Chorea chronica hereditaria. (Huntington's Chorea). Sie ist eine im hoheren Alter familiar auftretende, ihrem Wesen nach unbekannte Erkrankung, bei der motorische Reizerscheinungen, einzelne Zuckungen im Lauf der Jahre an Ausdehnung und Intensitat zu- nehmen. Audi progressiver geistiger Verfall gesellt sich dazu. 'Heilung unbekannt. Davon verschieden ist die Alaladie des Tics convtilsifs (Tic general)^ bei der es zur Entwicklung unwillkiirlicher, coordinierter zuckender Bewegungen von Gesichts-, Hals-, Handmuskeln, verbunden niit zwangsweise producierten Sprachbevvegungen , Schimpfen etc. (Ectiolalie, Koprolalie) kommt. Der Verlauf ist ein sehr chronischer. Chorea electrica s. Hysterie. //. Paralysis agitans. (Parkinson's Krankheit). Wesen. Die Krankheit tritt nur im hoheren Alter auf. Ihr Wesen ist unbekannt. Gemiitsbevvegungen, Sorge werden als ursachliche Momente genannt. Verlauf. 5ie beginnt mit einer eigentijmlichen, langsamen, rhytmischen Zitterbewegung der Arme und Hande (ahnlich der Bewegung beim Pillendrehen), dieser Tre- mor dauert auch in der Ruhe an, bei Aufregungen verschlimmert er sich. Das Zittern greift nun im Lauf von Jahren um sich, alle Extremitaten^ der Kopf, die Lippen sind beteiligt , die Korperhaltung ist eine charakteristisch nach vorn zusammengekauerte. Im Schlaf bestehtmeistRuhe. Schliesslich tretenLahmungs- zustande auf. Die Krankheit ist unheilbar. Therapie. Behandlung: Ruhe, Ernahrung, Brom. 12. Myotonia congenita (Thomsen'sche Krankheit). Sie ist ein seltenes, familiar auftretendes Leiden. Der Kranke ist in alien willkiirlichen Bewegungen (besond. beim Gehen) durch spontan auftretende spastische Widerstande gehindert. Psychische Erreg- ung vermehrt die Muskelsteifigkeit. (Aehnlichkeit mit dem Stottern.) Behandlung : Bader, G}'mnastik. ~ i6i - III. Die Krankheiten des Ruckenmarkes. A) Erkrankungen . die vorwiegend herdformig auf- treten, Querschnittserkrankungen. Die Krankheiten der Riickemnarkshdute. Die Riickenmarkshaute erkranken meist im An- schkiss an Entziindungen des Gehirnteiles derselben, selten allein. Am haufigsten ist die Mitbeteiligung bei der Meningitis cerebrospinalis und bei der eitrigen Form, seltener kommen auch Tuberkuleruptionen vor. Die anatomischen Verhaltnisse sind dieselben wie im Gehirn. Die klinischen Symptome treten haufig ganz hinter den durch die Gehirnerkrankung bedingten zuriick. Als Reizsymptome der Rilckenmarkswurzeln (reflektorisch durch die hinteren oder direkt durch die vorderen?) fasst man auf die Nackenstarre (Wurzehi des obersten Halsmarks), den Opisthotonus (Brustmark- wurzehi), ausstrahlende Schmerzen, B]asenlahmung. Doch ist das z. T. so sicher noch nicht ausge- macht, cerebrale Einflusse sind haufig nicht ganz aus- zuschhessen. Selbstandigere Formen sind : '& I. Die Pachymeningitis cervicalis hy^ertro-phica. Sie besteht in der Bildung einer entziindlichen Wesen. dicken Schwarte an der Dura besonders des Hals- marks , die zu Verwachsung mit den anderen Hauten und zu Compression der Halsmarkwurzehi und des Halsmarks fiihrt. Ursache unbekannt. Die Symptome sind die einer Herderkrankung im Verlauf. Halsmark (s. Absch. IV", 3) mit besonders stark her- vortretenden Wurzelreizsymptomen : heftige neuralgi- forme Schmerzen im Nacken, Schultergegend, Lahmung und Muskelatrophie besonders imUhiaris- und Medianus- Gebiet (s. d.) also kleine Handmuskeln und Beuger am Vorderarm besonders befahen , durch Wirkung der 11 — l62 Antagonisten (Radialismusculatur) entsteht die .,Predigei'- handstellung''. Besserungen sind moglich. Therapie. Behandlung: ev. antiluetisch. Elektricitat, synipto- matisch. Ferrum candens in den Nacken. Wesen. 2. Meningitis spinalis syphilitica. Aehnlich wie bei der Form der Hirnhautsyphilis mit diffuser Schvvartenbildung entstehen auch in den Riickenmarkshauten (weiche Haute) entweder im Zu- sammenhang mit Hirnsyphilis oder auch ohne diese gummose, flachenformige Neubildungen , die makro- skopisch als dicke, sulzige-gallertige Auflagerungen er- scheinen uiid, wie auf dem Durchschnitt ersichtlicb, (s. Figur 13) das Riickenmark umschliessend compri- mieren, teils aber auch in seine Substanz hineinwach- sen konnen. Am haufigsten erkrankt hiebei das Brust- Verlauf. mark. Die Arterien zeigen Fig. V6. dieselbenVeranderungen wie bei der Endarteristis luetica im Gehirn, die Nervenwur- ztln werden von der Neu- bildung durchwachsen, auch tumorenformigeGummabiki ung kann vorkommen. Je nachdem bezeichnet man die Erkrankung mehr als Meningo-myehtis-, Meningo-neuritis-, Meningo-arteriitis syphihtica. Die durch Compression erzeugten Symptome wechsehi nach Ausbreitunci: und Intensitat der zu grunde hegenden Prozesse : heftige anfallsweise auftretende Schmerzen, spastische Paraparese der Beine, die nicht selten auf einer Scite starker ausgesprochen ist wie auf der anderen (Andeutung v^on Halbseitenlaesion) mit erhohten Sehnenreflexen , Blasen- Mastdarmstor- - i63 - imgen (Retentio' , leichte Sensibilitatsstorungen (Par- asthesieen). Charakteristisch ist insbesondere das wechselnde Diagnose. Kommen und Gehen der Symptome, Besserungen, Nachschube treten auf; eventuell auch Hirnsymptome (Basale Lahmungen). Der Nachweis stattgehabter Infektion ist aber das • wichtigste Beweismittel. Behandlung : Auch bei nur suspecten Fallen anti- Therapie." luetisch (Schmierkur, Injektionskur, Jodkali). Haufig wird aber (bei bereits eingetretenen Degenerations- prozessen) nur eine teilweise Besserung erreicht. Sympto- matisch, Bader. J. Die Coiufression des Rilckenmarks. (^Compressionsmyelitis.) (Tafel 54, 2 u. 3; 69, 3). Obwohl dieselbe durch die verschiedensten Pro- Wesen. zesse bedingt werden kann . empfiehlt sich deren Be- sprechung im Zusammenhang ; haufig kommen wir mit der Diagnose der einzelnen Falle nicht weiter als bis zur Annahme der Compression, das ,,Wie" bleibt dunkel. Ruckenmarkscompression kommt zustande : i) Durch Knochenerkra nkungen, bei Caries der Wirbelkorper (Compression durch Eiterherd, Ueberwuchern der Granulationen auf die Riicken- markshaute (Meningitis tuberculosa) , Sequester, Knochenbriiche infolge Abknickung der Wirbel- saule), bei Carcinom vom Wirbel aus , durch traumatische Frakturen und Luxation en der Wirbelsaule. 2. Durch Erkrankungen der H au te (Pachymengitis, Meningitis syphilitica (s. d.), tuberculosa, durch Sarcome, Lipome, Fibrome, Echinokokkenbildung in den Hauten. 3. Durch R i.i c k e n m a r k s e r k r a n ku n g en (Gliom, Sarcom, Gumma). 11* — 164 — VVeitaus die haufigste Ursache der Compression ist die Caries und das Carcinom. Durch die Compression kommt es zu einer schvveren Schadigung, der den betreffenden Rucken- marksabschnitt zusammensetzenden Nervenfasern und Nervenzellen , dieselben gehen degenerativ zu Grunde (eine eigentliche Myelitis besteht demnach fur gewohn- lich nicht). Verlauf. Das wichtigste Compressionssymptom sind die als Wurzelreizs\'mptome aufzufassenden heftigen, aus- strahlenden Schmerzen, die haufig der Verteilung der periph. Nerven folgen (neuralgiform), teils giirtelartig den Rumpf umgeben , bald in die Extremitaten aus- strahlen. Sie losen oft reflektorisch Zuckungen in den (fiir den Willen gelahmten) Extremitatenmuskeln aus. Audi Hyperasthesieen , Parasthesieen konnen dadurch bedingt sein. Ebenfalls als Wurzelreizsymptom ist Muskelsteifigkeit im Nacken, Riicken etc. aufzufassen. Die iibrigen Symptome wechseln je nach dem Sitz der Lasion im Hals-, Brust-, Lenden-Sacralmark oder der Cauda equina (s. IV, 3), bestehen also in Lahm- ungen (teils spastisch, teils schlaff), Muskelatrophieen, Blasen Sensibilitatsstorungen. Am haufigsten ist die Compression im Brustmark (spastische Paraplegie der Heine, Blasen-Sensibiliiatsstorung, Arme frei). Der exitus erfolgt durch das Grundleiden, durch Cystitis, Erschopfung, Decubitus. Man diagnosticiert zuerst das Bestehen einer Compression, dann deren Hohensitz (nach Abschn. IV, 3j. dazu verfahrt man am bestenin folgender VVeise: Man untersucht, welche Extremitaten gelahmt sind. Wenn nur die Beine, so priift man den Patellar- reflex. Ist er erloschen, so ist der Sitz mcist im Lumbal mark (event. Cauda equinawurzeln .^ DerPatel- larreflex ist hiebei vorhanden, wenn nur Ischiadicus Fasern comprimicrt sind), ist er gesteigert, so muss der Sitz iiber dem Reflexbogen, also im Brust- oder llalsmark sein. - i65 - Sind keine Armstorungen (bes. Handmuskelatrophie) vorhanden, so ist der Sitz im B rust mark. Genauere Lokalisation ist durch die Beachtung der ev. atrophierten Muskeln (EaR) nach Fig. 5. S. 42 sowie durch die Sensibilitatsstorung (Hohe ihres Be- ginnes) moglich. Meist wird der Sitz zu hoch ange- geben, wir sind eben iiber die genaue Lokalisation in den einzelnen Segmenten noch nicht geniigend unter- richtet. Hat man den Hohensitz moglichst pracisiert (Aus- schliessung von unten her und von oben her) so hat man nach Tafel 23 anzugeben, welcher (oder welche) Process, spinosus der liohe am meisten entspricht. In dieser Gegend untersuche man die VVirbelsaule und ihre Bevveglichkeit genau. Fiir die Diagnose der Art des comprimierenden Prozesses kommen in Betracht folgende Erwagungen : fiir Caries (jugendl. Alter, Wirbelsaulenveran- derungen (spitzwinkhge Kyphose) , Druck- schmerzhaftigkeit, auftretende Senkungs- abscesse, Fieber (Cystitis etc. ausgeschlossen !) anderweitige Tuberkulose, protrahierter Ver- ■ lauf), fiir Carcinom (vorgeriickteres Alter, Kachexie, Metastasen, rascherer Verlauf, intensivste Schmerzhaftigkeit). fiir Glioma medulla re (Halbseitigkeit der Symptome). Haufig kommt man trotz aller Erwagungen nicht zu einer bestimmten Diagnose, selbst die Compression kann trotz ausgesprochenster Symptome nicht vor- handen sein. Behandlung: bei Caries Streckverband, Arsen, Therapie. (operativ ?), bei Tumor chirurgisch (s. Allgem. Teil) — in den meisten Fallen symptomatisch, Reinlichkeit. Hautpflege, Regelung der Blasenfunktion (Katheterlj, Morphium. — i66 — ^. Die Myelitis acuta tiud chronica. (Tafel 69, I und 2; 57, 2 und 3). Wesen. Unter dem Namen Myelitis sind eine Reihe von atioloeisch und wohl audi anatomisch verschieden- artigen Erkrankungen zusammengefasst. Bei alien findet sich innerhalb eines gewissen Be- zirks des Riickenmarks eine diffuse, herdformige, audi strangformige Degeneration von Nervenfasern und auch Zellen, an deren vStelle nach ihrem Untergang neugebil- detes Gliagewebe mit mehr oder weniger starker Rund- zelleninfiltration, Gefasshautveranderungen etc. tritt. Derartige Prozesse sind wohl meist toxisdien Ur- sprungs (im Gefolge von Infektionskrankheiten [Typhus, Influenza, Pyaemie, Gonorrhoe,Erysipel, Syphilis u. s.w.]) teils direkt infektioser Natur. Nach ihrem klinischen Verlauf teilt man sie ein in die akut (mehrere Wochen), subakut (einige Mo- nate) und chronisch sich entwickelnden Formen. Der Hauptsitz der Myelitis ist das Brustmark, zu den hiiufigeren Formen gehort die luetischen Ursprungs. Verlauf. Die Symptome sind je nach dem Sitz selir ver- schieden (s. Abschn. IV, 3). Der hilufigsten Form (Myelitis dorsalis) ent- spricht eine spastische Paraplegic der Beine (ohne be- sonders starke Schmerzanfalle, doch konnen soiche auch vorkommen) Sensibilitats- und Blasenstorungen^ Parasthesieen, auch Coordinationsstorungen an den Beincn konnen bestehen. Bei Myelitis 1 u m b a 1 i s : schlaffe Paraplegic der Beine, erloschene Reflexe, Blasenlahmung etc. Bei M. cervicalis: spastische Paraplegic der Beine, Armmuskelatrophieen etc. Decubitus, Cystitis bilden haufig den Anfang vom Ende. Auszuschliessen : Compressionsmyelitis (s. d.) Hohendiagnose s. daselbst. Behandlung: s. Compressionsmyelitis. — \6f — Wenn luetiscb, so Schmierkur ; cler Erfolg ist wegeii stets schon eingetretener degenerative!" Prozesse nur ein teilweiser. J. Syring077iyelie. (Tafel 70, 1-3.) Man begreift unter diesein Namen solche Herd- Wesen. erkrankungen bei denen es zu einer abnormeii Hohlen- bildung im Inneren des Markes kommt. Solche Hohlen- bildungen konneii verschiedene Ursache haben. Sie konneii angeboren sein oder spater sich aus congenitaler Veranlagung entwickeln (Hydromyelie) , durch Zerfall centraler Gliawucherungen (centrale Gliose) oder aus unbekannter Ursache nach Traumen, Blutungen etc. Die Hohlenbildung kann das Riickenmark in ganzer Lange durchziehen, sie kann auch auf die Medulla oblongata i.ibergreifen. Der Hauptsitz ist im Hals- mark und darnach gestalten sich auch die Haupt- symptome. Durch die Hohlenbildung (die meist in der Xahe des Centralkanals beginnt) kommt es zu einer lang- sam progressiven Zerstorung der (centralen) grauen Substanz der Vorder- und Hinterhorner, der dort ge- legenen Nervenfasern und Ganglienzellen. Die einzelnen Symptome als solche sind nicht Verlauf. charakteristisch, ihre Vereinigung dagegen ist patho- gnomonisch fiir Syringom}'elie. Sie sind : 1 ) p r g r e s s i \' e M u s k e 1 a t r o p h i e u n d L a h m- ung besonders an der oberen Extremitat, bald mehr ein-, bald mehr doppelseitig. Besonders die kleinen Handmaskeln, der Triceps etc. sind haufig befallen, in den atrophischen Muskeln bestehen fibrillare Zuckungen und EaR (de- generative Atrophic, Erkrankung der periph. Neuronzellen !). 2) S e n s i b i 1 i t a t s s 1 6 r u n g e n an den Armen, besonders Analgesic und Thermanasthesie bei — i68 — erhaltener Berlihrung'sempfindung (Disso- ciation del" Anasthesie). 3)Trophische Stoning en an Fingern, Ge- lenken (Nekrose, Eiterungen , Subluxationen, Verdickungen). Dazu konnen sich gesellen spastische Paraparese der Beine, oder Bulbarsymptome (Accessorius, Hypo- glossuslahmung s. d.). Auch atypisch verlaufende Falle sind nicht selten. Der Prozess ist ein langsam progressiver- Ausschliessen : spinale Muskelatrophie (Sensibilitat normal), atypische Falle sind schwer zu erkennen. Behandlung : symptomatisch, Rlektricitat, Bader etc. aussichtslos. 6. Die Bhittingen im Riickemnarhskanal. (Tafel 56, 8). Sie konnen entweder extramedullar in und zwischen den Hauten lokalisiert sein (intrameningeale Apo- plexieen) oder in der Riickenmarkssubstanz selbst liegen (Hamatomyelie). Diese Hamorrhagieen sind meist traumatisch be- dingt, die intrameningealen ahneln in ihren Symptomen der Meningitis spinalis, nur dass die Erscheinungen im Zusammenhang mit einem Trauma apoplektiform entstehen ( Wurzel-Reizungssymptome , Paraplegieen, Blasen-, Sensibilitatsstorungen). Die Symptome der Hamatomyelie bilden im ganzen dieselben Combinationen wie bei der S>'ringomyelie (gleiche Lokalisation), nur dass sie apoplektiform nach Trauma auftreten und je nach dem Sitz und der Aus- dehnung verschieden sein konnen. Die genauere Dia- gnose des Sitzes erfolgt nach den oben (S. 165) an- gegebenen Grundsatzen. 7. Sclerosis muliiflex cerehrosfinalis. (Sclerose en plaques). (Tafel 71, 1—4; 57, 5). Wesen. Die lierdformige Sklerose ist eine ihrem Wesen — 169 — nach ganz ratselhafte Krankheit. Sie besteht in dem x\uftreten zahlreicher, iiber Gehirn und Ruckenmark regellos zerstreuter kleiner (primar encephalitischer?) Krankheitsherde , innerhalb deren Bezirk die Mark- scheidensubstanz der betreffenden Nervenfasern zu grunde geht, walirend der Axencylinder noch lange Zeit welter persistiert und funktioniert, es kommt also nicht zu einem volligen Faseruntergang. Die Erkrankung tritt haufig bei jugendlichen Personen auf, nach akuten Infektionskrankheiten (r). DieSymptome entwickeln sich langsam progressiv. Verlauf. Zuerst treten Storungen in der Ausfiihrung von Bevvegungen ein, Schwache und Ungeschick der Arme und Beine, Zittern beim Ergreifen von Gegenstanden (Intentionszittern), der Gang wird steif und schwankend (spastisch-ataktisch). Ausserdem besteht: Nystagmus, skandierende Sprache (aussetzendes, stockendes Sprechen) , leichte Blasenstorungen, Opticus Atrophic (nicht immer). Die Patellarreflexe sind gesteigert. Yon Zeit zu Zeit treten apoplektiforme Anfalle auf. Die Sensibilitat ist wenig gestort, Parasthesien. \^on diesem typischen Ver- halten kommen nun alle moghchen Abarten vor, be- dingt durch die jeweihge Lokalisation der Herde,' so dass diese ,, formes frustes'' der multiplen Sklerose zu mannigfachen Verwechslungen mit anderen Erkrank- ungen Anlass geben. Manche der oben genannten Symptome konnen auch fehlen. Bald tritt die ^Ataxic mehr in den Vordergrund, bald die spastische Parese der Beine, bald gesellen sich Bulbarsymptome dazu. Die Erkrankung verlauft sehr chronisch, voriiber- gehende Besserungen sind haufig. Schliesslich kann die Intelligenz leiden. Auszuschliessen : Neurasthenic, Hysteric (andere Diagnose, sonstige Krankheitsbilder), Dementia paralytica (Pu- pillen, Anamnese), andere Riickenmarkserkrankungen (Myelitis, spast. Spinalparalyse etc.) sind nicht immer sicher auszuschliessen. I/O Therapie. Rehandlung : Gymnastik, Abreibungen , Bader, symptomatisch. B. Systematische Erkrankungen. Uber ihr Wesen s. IV, 3, S. 97. Sie verlaufen grosstenteils sehr langsam, progressiv, sind unheilbar, weil Zellen und Fasern , degenerativ zerfallen, im Riickenmark und Gehirn sich nie wieder restituieren. 8. Die spastische S final far alyse . (Tafel 75, 1—4; Tafel 57,6). Wesen. Sie ist eine seltene Erkrankung. Es liegt ihr eine symmetrische, primare Degeneration der Pyra- midenbahn zu Grund (centraler motorischer Neuron - complex). Verlanf. Die Erkrankung beginnt bei Erwachsenen (Kin- dern ?) mit langsam zunehmender spastischer Lahmung der Beine, Arme, Gesichtsmuskeln, ohne Muskelatro- phien, ohne Blasen- und Sensibilitatsstorungen. Die Sehnenreflexe sind gesteigert (Patellar-Fussphanomen). Diagnose. Es gibt noch andere Formen spastischer doppel- seitiger Lahmungen, die c er ebral e (?) sp asti sc he Lahmung bei Kindern. bei multipler Skle- ros'e, Hydrocephalus, Myelitis etc. Hiebei bestehen meist (allerdings nicht immer) auch noch andere Symptomc (unreine Falie). p. Die amyotrofhische Later alsklerose. (Tafel 72,2). Wesen. Ausser der Pyramidenbahn erkranken hier auch noch die motorischen Zellen im grauen Vorderhorn (periph. Neuron) besonders des Halsmarks, event, auch von bulbaeren Nervenkernen (Naheres s. IV, 3). Verlauf. Die Krankheit beginnt bei Erwachsenen mit dem Auftreten von Muskelschwache und Atrophic an den Handen (Interossei, Thenar) wahrend zugleich, oder meist etvvas spater eine spastisch-paretische Gang- storung eintritt. Die Atrophien an den Armen ent- - I/I — wickelii sich langsam weiter (Naheres s. bei spin. Muskel- atrophie). In den Muskeln bestehen fibrillare Zuckungen und Ea R, schliesslich ist die Arm- audi die Schulter- giirtelmuskulatur total geschwunden (Reflexe bleiben lang sogar lebhaft erhalten), die Beine sind voUkom- men spastisch gelahmt. Die Patellarreflexe sind ge- steigert. Fussphanomen. Blase und Sensibilitat ist normal. Schmerzen bestehen besonders in den Armmuskeln. Zu diesen Symptomen gesellen sich nun haufig schon friihzeitig diejenigen der chronischen progressiven Bulbaerparalyse (s. d-). Behandlung : symptomatisch, Electricitat, Bader, Therapie. Arsen, Strychnin^ Schlundsondenernahrung. 10. Die spin ale progressive Muskelatrofhie. (Tafel 72, 3; 56, 6; 55, 2; 77, 4; 58, 2 u. 3). Bei ihr unterliegen die motorischen Ganglienzellen Wesen. im grauen Vorderhorn des Riicken- besonders Hals- marks einer langsam vorschreitenden Degeneration. Die Pyramidenbahn ist nicht beteiligt. Die Muskel- veranderungen bestehen in langsamer degenerativer Atrophie der einzelnen Fibrillen. Die Kerne der Fibrillenscheide vermehren sich stark, das Protoplasma verschmalert sich, doch konnen auch ganz schmale Fasern noch deutliche Querstreifung zeigen. Schliess- lich verschwindet dieselbe mit dem Reste des Proto- plasma voUkommen, es bleibt nur der bindegewebige Teil der Faser zuriick. Die klinischen Symptome sind die der amyotroph- Verlauf. ischen Lateralsklerose ohne spastische Erscheinungen : eine ganz allmahhg sich entwickelnde und an Um- fang zunehmende Atrophie und Lahmung der kleinen Handmuskeln, schliesslich samtlicher Armmuskeln incl. Schultermuskulatur mit hbrill. Zuckungen und EaR. Die Beine bleiben haufig verschont. Die Sensibilitat und Blasenfunktion ist ungestort. Dauer: ein bis einige Jahre. Die Atrophie der Thenarmuskeln bedingt Un- moglichkeit der Opposition des Daumens, Afienhand. Der Deltamuskel atrophiert haufig vor den iibrigen Oberarm-Vorderarmmuskeln. Auch die Nacken- iind Zwischenrippenmuskeln, selten das Zwergfell konnen beteiligt sein. Die Bulbaerparalyse kann sich anschliessen, oder gleichzeitig mit entwickeln. Diagnose: s. unten bei Dystr. muse, progr. Behandlung s. amyotr. Lateralsklerose. Anhangsweise sei hier die neurotischeMuskel- atrophie genannt, der sogenannte ,,Peronealtypus'' der progressiven Muskelatrophie. (Tafel 58, 4; ']'], 6). Bei dieser familiar auftretenden Form erkranken gleichzeitig oder haufiger vor der Atrophic der kleinen Handmuskeln die musculi peronei, tibial, ant. etc. der Beine (paralytischer Klumpfuss, infolgedessen : Pero- nealgang mit abnorm hoch erhobenen Oberschenkeln, herabhangender Fusspitze). Die Patellarreflexe er- loschen. Leichte Sensibilitatstorungen an den Zehen, Fingern. Die Muskelatrophie an den Armen und Beinen breitet sich langsam weiter aus. Anatomisch finden sich degenerative Veranderungen im Nervus peroneus, medianus, ulnaris und wohl auch im unteren Lumbalmark und Halsmark (Vorderhornzellen ?) //. Dystrophia mjisailaris progressiva. (Prima re Myofathie,} (Tafel 58, 3). Wesen. Ob diese Erkrankiing spinalen Ursprungs ist, lasst sich bis jetzt nicht bestimmt sagen, da man bisher immer nur Veranderungen in den Muskeln selbst ge- funden hat. Als Endglied der grossen Gruppe der motorischen Systemerkrankungen gehort ihre Besprech- ung hieher. Die Muskelfibrillen unterliegen einer ungemein langsamen nicht degenerativen Atrophic. Die ein- zelnen P'asern verschmalern sich und verschwinden schliesslich. Die Qucrstreifung bleibt lange ganz normal erhalten. Die Muskelkerne vermehren sich, — ^n — interstitiell tritt Fetteinlagerung- auf, auch hyper- trophische Fasern sind haufig (Faserdicke von 150 — 200 [J.). Die Erkrankung tritt haufig familiar, im jugendlicheii Alter auf. Die von der Atrophic be- fallenen Muskeln weisen nur die Erscheinungen einer einfachen , nicht einer degenerativen Atrophie auf (keine fibrillaren Zuckungen, keine Ea R). Die Atrophie schreitet langsam vorwarts, Heilung kommt nicht vor. Man unterscheidet je nach dem Beginne der Verlauf. Atrophie verschiedene Formen, die in ihrem weiteren \^erlauf schiiesslich in einander iibergehen. Diese Formen sind: a) Die Ps eudo hyper t r op hie. Beginn in friihster Kindheit mit Schwache der Riickenmuskeln , die weiter auf die Lenden-Ober- schenkelmuskulatur sich fortsetzt. Die Muskeln selbst sind ihrer Form nach haufig nicht verandert, infolge Fetteinlagerung (Lipomatosis) anscheinend eher hyper- trophisch. Die Kinder konnen nicht vom Boden auf- stehen , ohne sich mit den Handen zu sti.itzen, das Gehen wird watschelnd , schiiesslich unmoghch , die Wirbelsaule erleidet Verkriimmungen (Lordose). b) Die infantile Form. Sie beginnt bei Kindern , haufig mit Atrophie und Lahmung der Gesichtsmuskeln (Ausdruckslosig- keit des Gesichts, facies myopathique) , dazu gesellen sich spater die Extremitatenmuskelatrophieen der nachsten Form. c) Die juvenile Form. Dieselbe tritt in und noch nach der Pubertats- periode auf. Nach der /\usdehnung unterscheidet man einen Schu It ergiirtelty pus ; Pectoralis, CucuUaris, Latissimus dorsi, Serratus antic, Triceps, Biceps sind am haufigsten meist in dieser Reihenfolge atrophiert. Erhalten bleiben die kleinen Handmuskeln , der Deltamuskel, Sternocleidomastoideus (umgekehrt bei ~ 174 — der spinalen Muskelatrophie!), sodann eineii Becken- giirteltypus; Quadriceps, Glutaei, Peronei (Waden- muskeln nicht befallen). Beide Formen gehen in einander iiber , resp. be- stehen gleichzeitig". Zur Diagnose der Muskelatrophieen gevvohne man seinen Blick an die normale Configuration der P2xtre- mitaten etc. , man erkennt dann auf den ersten Blick die Atrophieen der Lumbricales (eingesunkene Stellen zwischen den Grundphalangen) , des Thenar, Hypo- thenar (abnorme Gruben), von Pectoralis (tiefe Grube unter dem stark vortretenden Schliisselbein) , Delta- muskel (Abflachung der Schulter), CucuUaris (Nacken- verschmalerung) , Rhomboidei (abnorme Vertiefungen an Stelle der normalen Wiilste), Quadriceps (Abflach- ung an Oberschenkelvorderflache) , Peronei (Abflach- ung des normalen Wulstes nach aussen von der Crista tibiae) u. s. w. Die Diagnose der einzelnen ausge- sprochenen Formen ist eine einfache, man achte vor allem auf den Beginn der Erkrankung. Behandlung symptomatisch, orthopadisch. 12. Die Polioinyelitis anterior. (Tafel 5G. 7). Die entziindlichen Erkrankungen der grauen Vorder- horner des Ruckenmarks treten akut und chronisch auf und schadigen vor allem die dort gelegenen motorischen Ganglienzellen , fiihren also zu degenera- tiven Muskelatrophieen und Lahmungen. a) acute Poliomyelitis ant. Wesen. Sie kommt vor bei Kinderii in den ersten Lebens- jahren (sehr selten auch bei PLrvvachsenen) und tritt auf als eine akute Infektionskrankheit , deren Erreger wir nicht kennen, in P'orm einer von den Blutgefiissen ausgehenden luitziindung der Substanz der grauen Vorderhorner. Verlauf. Zu Beginn besteht Fieber, Erbrechen, DeHrien. — 175 Ein schwerer, comatoser Zustand halt einige Tage an, dann tritt Besseruncr ein, es wird aber nun eine schlaffe etc.), ohne Lahmung- von Armen , Beinen (selten Facialis Blase bemerkbar mit erloschenen Sehnenreflexen, Sensibilitatsstorungen und Schmerzen. Ein Teil der Lahmungserscheinungen verschwindet nach einiger Zeit, ein anderer Teil aber bleibt dauernd bestehen (meist nur einseitig) ; diese Muskeln verfallen dann einer raschen degenerativen Atrophie. Als „spinale Ki nderlahmun g" bezeichnet man diese im spateren Leben dauernd vorhandenen Residuen der Krankheit, die anatomisch ihren Ausdruck in einer narbigen Schrumpfung des betreffenden Vorder- hornes findet. (s. Fig. 14, linkes Vorderhorn.) Durch Antagonistenwirkung bilden sich Gliederkontrakturen aus, die befallenen Glieder bleiben im Wachstum zurilck. Die haufigsten Formen dieser Residuen sind: Peroneus - Extensoren- (Pes equino - varus- Lahmung von Ober- armtypus(Deltoideus, Biceps, Brachiaiis, Supinat. long.), vomVorderarmtypus (Triceps, Streckmuskeln der Hand). Behandlung: im Beginne: Ruhe, Bader, Blutegel Therapie. am Riicken, Ableitung auf den Darm, Schwitzkuren; spater: Gymnastik, Orthopad. lahmung Stellung) Fig. 14. Behandlung. b) chronische Poliomyelitis ant. Die „chronisch atrophische Spinallahmung" ist eine seltene Erkrankungj- bei Erwachsenen, bei der sich mehr oder weniger rasch eine schlaffe Lahmung der unteren, dann auch der oberen Extremitaten entwickelt mit folgender degenerativer Atrophie. Reflexe er- loschen. Sensibilitat und Blase normal. Manche Muskeln konnen verschont bleiben. Besserungen sind moglich. — 176 — Ausschliesseii: Myelitis lumbalis (Sensibilitats- storungen), Neuritis multipl. (s. d.) Behandlung: Bader, Elektricitat, symptomatisch. I J. Die Tabes dorsualis. (Tafel 72; 73; 77, 5; 57, 4.) Wesen. Der Tabes liegt ein chronisch progressive!' De- generationsprozess im peripherischen sensibeln Neuroncomplex insbesondere der unteren Ex- tremitaten zu grunde. Besonders sein aus den Spi- nalganglien durch die hinteren Wurzeln zum Riicken- mark und innerhalb desselben verlaufender Teil de- generiert am ausgedehntesten (die langen Balineii in den Hinterstrangen, die kurzen in die Hinterhorner, Clarke'schen Saulen, Yorderhorner einstrahlenden s. S. 44). Doch auch in dem periph. Abschnitte des Neurons, in den sensibeln Hautnerven bestehen de- generative Prozesse. Ausser diesen Bahnen erkranken aber bei der Tabes haufig auch noch andere teils sensible (centrale), teils auch motorische (periph. und centrale Neuroncomplexe (combinierte Formen). Am regelmassigsten gehen zuerst bestimmte Re- flexbahnen zu grunde (Reflexcollateralenr), so die des Patellarreflexes, des Pupillarreflexes. Ueber den Aus- gangspunkt der Erkrankung sind wir noch im unklaren. Genaueres iiber die Anatomic der Tabes siehe Tafel 73, 74. Am haufigsten sind, vvie gesagt, die periph. Neu- roncomplexe der unteren Extremitaten befallen, seltener nur die der oberen (hohe Tabes), isoliert oder combi- niert damit befallt der Prozess auch das periph. Neuron des Quintus (bes. abst. Wurzel), glossopharyngeus etc. Das alles sind nur verschiedene Arten ein und der- selben Krankheit. A Is Ursache des Degenerationsprozesses ist voraus- gegangene Syphilis fiir einen betrachtlichen Teil der Ealle statistisch sichergestellt. — ^17 — Die langsam sich entwickelnden Symptome be- Veriauf, dingen drei Stadien: 1) das neuralgische Stadium. Es treten heftige, anfallsweise sich verschlimmernde Schmerzen auf , die meist blitzartig , reissend in die Beine ausstrahlen (lancinierendc Schmerzen, Reizungs- symptom der hinteren Wurzcln?) auch Parasthesieen bestehen haufig, schmerzhafte, druckende Sensationen in der Bauch-Magengegend (Giirtelgefiihl, Reifgefiihl). Kommt der Kranke jetzt zum Arzt, so bestehen meistens schon die zwei in ihrer Vereinigung patho- gnomischen Tabessymptome : i) reflectorische Pupillenstarre (Fehlen der Lichtreaktion, Akkommodationsreaktion vor- handen, enge Pupille) iind 2) erloschener Pat ell a rs eh n en re flex (West- phal'sches Zeichen), trotz Jendrassik. 2) Das ataktische Stadium. Dies kann nach verschieden- (jahre-)langem An- dauern des erstern sich anschliessen. Es tritt die charakteristische tabischeGangstorung auf, die A taxie. Der Gang wird schleudernd, stampfend, ungeschickt, aber nicht paretisch. Die Unsicherheit nimmt bei Augenschluss betrachtlich zu (Romberg's Phanomen). Ausserdem bestehen leichte Blasenstorungen, abge- stumpfte Schmerz-, auch Temperaturempfindung, Atro- phia optici kann auftreten. 3) Das paralytische Stadium. Auch dies tritt nach verschieden langer Zeit auf. Die Ataxic nimmt zu, wird auch bei Bewegungen im Belt sehr deutllch, der Gang wird mehr und mehr paretisch-ataktisch, schJiesslich unmoglich. Eine eigent- liche Lahmung tritt fiir gewohnlich niemals ein. Die Blasen-, Sensibilitatsstorungen nehmen zu. Die andauernd vorhandenen lancinierenden Schmer- zen steigern sich zu den tabischen „Krisen", als 12 - 178 - welche heftige qualvolle Anfalle von Brechen, Husten, Atemnot etc. (gastrische, lar\'ngeale etc. Krisen) be- zeichnet werden. Gelenksexsudationen, Arthropathieen (trophisch ?), Geschwiirsbildungen (Mai perforant) sind haufig. Nicht selten kommen schon frtiher Augenmuskel' lahmungen, Trigeminuslahmungen, migraineartige Zu- stande u. s. w. vor. Diagnose. Die Diagnose der Tabes ist eine leichte in den gewohnlichen Fallen, sie kann aber durch ungewohn- lichen Beginn, Fehlen wichtiger S\'mptome (keine Pupillenstarre, erhaltener Patellarreflex) recht schwierig werden. Auszuschliessen: multiple Neuritis (s- d.) heredi- tare Ataxic (s. d.) Therapie. Behandlung: antiluetische Kuren sind von zweifel- haftem Nutzen, Baderbehandlung, Ruhe, Massage, Ernahrung, Elektricitat, Suspensionsbehandlung (ver- lassen), Argent nitr., Jodkali, Secale cornut. s. v. Antinervina, Narcotica. 14.. Die hereditdre Ataxie. (Friedreich'sche Krankheit). (Siehe Tafel 76). Wesen. Sie ist eine combinierte Systemerkrankung ; ausser der Degeneration in den Hinterstrangen des Riicken- marks besteht noch eine solche in der Kleinhirnseiten- strang- und Pyramidenbahn. Kleinhirnbeteiligung ist wahrscheinlich. Die Erkrankung tritt haufig familiar auf. Verlauf. Sie beginnt im jugendlichen Alter mit einer an Intensitat zunehmenden Coordinationsstorung in der Bewegung und Haltung der Extremitaten, des Rumpfes, Kopfes. Ataxie der Beine , Arme , Romberg'sches Phii- nomen ; Rumpfataxie besteht sowohl bei Bewegungen, als auch in der Ruhe, beim Sitzen. Der Gang ist taumelnd, dem cerebellaren ahnlich, die Parese tritt mehr in den Vordergrund. — 179 — Ausscrdem besteht noch Nystagmus, auch leichte Sprachstorungen, leichte Sensibilitats- unci Blasenstor- ungen. Der Patellarrefiex ist erloschen , der Pupillar- Diagnose. reflex normal (contra Tabes!). Die neuralgischen Schmerzen der Tabes fehlen ebenfalls. Die Krankheit schreitet langsam welter bis zu volligcr Lahmung. Dauer viele Jahre. Heilung un- bekannt. Behandlung, symptomatisch. Aehnlich wie die hereditare Ataxic gibt es noch andere Formen combinierter Systemerkr ank- u n g , die im ganzcn mehr die Symptome der spastischen Spinalparalyse mit leichten Sensibilitats- und Blasen- lahmungen auch Ataxic aufweisen. Hieher gehort eine hereditar auftretende Form der spastischen Spinal- paralyse fPyramidenbahn, Hinterstrange , Kleinhirn- seitenstrangbahnj und noch andere weniger bekannte Arten. IV. Die Krankheiten der peripherlschen Nerven. A. Die Erkrankungen einzelner Nerven. Die verschiedensten Ursachen konnen zu Lasionen peripher. Nerven fiihren; ausser Traumen konnen Ge- schwlilste aller Art (Weichteilgeschwiilste, kleine Exo- stosen in Knochenkanalen, Neurombildung), narbige Prozesse, entziindliche P>krankungen mechanisch schadigend wirken (Compressions- Neuri tis); ebenso haufig kommt es zu chemisch bewirkten krankhaften Vorgangen durch die Bildung toxischer Substanzen bei oder nach akuten Infektionskrankheiten, durch die einzelne Nerven geschadigt werden (Neuritis toxica), auch spontane (entziindliche?) Erkrankung von pLinzel- nerven (Neuritis rheumatica) kommt nicht selten vor (bes. Neuritis facialis). Bei schweren neuritischen Prozessen kommt es zum vollkommenen degenerativen Nervenfaserzerfall mit 12* i8o Ausgang in bindegewebige Sklerose, leichtere, wenn auch degenerative Prozesse konnen im Nerven (Ge- gensatz zum Riickenmarkl) durch vollkommene Re- stitution wieder ausheilen (parenchymatose Neuritis). Man unterscheidet demnach Erkrankungsformen von verschiedener Schvi^ere. i) Die Erkrankungen motorischer JVerven. Alle Lasionen oben genannter Art rufen, wenn rein motorische oder gemischte Nerven davon betroffen sind, teils Lahmungen teils Reizerscheinungen (lokali- sierte Muskelkrampfe) in dem betreffenden Gebiet hervor. Bei den Lahmungen unterscheidet man nach der Dauer (abhangig von der Schwere des neuritischen Prozesses) verschiedene Formen, eine schwere, mittel- schwere, leichte Form (Naheres iiber deren Diagnose siehe Elektrodiagnostik IV, S. 103). Die haufigste Lahmung ist die Facialislahmung (meist rheumatisch, Ohrerkrankungen !), die Radialis- lahmung (meist Compressionslahmung, Schlaflahmung, toxisch als Bleilahmung), O c u lo m ot o r iuslahmung (postdiphtheritisch), Recur r enslahmung (Compression durch Aneurysmen, Tumoren), Access oriuslahmung, Lahmung vom Plexus brachialis (Entbindungs- lahmungj, Medianus- und Ulna ri slahmung (durch Verletzungen). Naheres iiber die Symptome dieser und anderer moglicher Lahmungen s. IV, 3 S. 90 ff. Von den durch Erkrankung peripherischer Einzel- nerven hervorgerufenenlokalisierten Muskelkrampfen sind die haufigeren: Der Facialiskrampf (klonische Zuckungen der gesamten Facialismuskulatur einer Seite, Tic convulsif), eine partielle Krampfform bildet der B lepharospasmus (tonisch und klonischer Lidkrampf), Der Kaum us kelkrampf (Trismus, eine tonische Krampfform, haufiger central bedingt), i8i Der Accessoriuskrampf, Torticollis spastica, eine schwere tonisch-klonische Krampftorm bei der ausser CucuUarius, Sternocleidomast. auch oft die anderen, aus dem Plexus cer- vicalis innervierten Nackenmuskeln (Splenius etc.) betciligt sind. Die letzteren konnen auch allein befallen sein. Der k Ionise he Zwer c hf e llskra mp f, Sin- gultus, der Wadenkrampf (crampus sensu stric- tiori) u. A. Die Ursache dieser Krampfe ist aber durchaus nicht immer eine Lasion der peripher. motor- ischen Nerven, haufig sind sie reflektor isch ausgelost (z. B. bei heftigen neuralgischen Schmerzen u. s. w.). Sehr schwer ist es sodann oft, die central (psychogen) bedingten Krampfiformen von denen rein peripherischcr Entstehung zu scheiden. Auch beide Ursachen konnen zu gleicher Zeit die Entstehung von Krampfen verursachen (central bedingte Disposition, peripherisch wirkende auslosende Ursache). Zu den in diesem Sinne aufzufassenden Krampf- formen gehoren die G a h n - , L a c h - , W e i n - , S c h r e i - krampfe (s. Hysteric), der salta tori sche Reflex- kr am pf (Zuckungen beim Versuch zu gehen), der Pa- ramyoclonus multiplex (s. Hysteric), sowie die sogenannten B eschdftigimg snettrosen^ welche bei neu- rasthenisch veranlagten Personen als Storungen haufig coordinatorischer Natur in den Muskelfunktionen fiir gewisse berufsmassig ausgefiihrte bes. Handarbeiten (Schreiben, Nahen, Violin-, Klavierspielen u. a.) ein- treten). Der Schreibkrampf (Mogigraphie) besteht in unwillkiirlich eintretenden Krampfen der Hand- und Eingermuskeln , Zittern und Schwache derselben, schmcrzhaften Empfindungen daselbst; dadurch kann anhaltendes Schreiben vollkommen unmoglich gemacht werden (spastische, paralytische, tr^morartige. neu- — l82 — ralgische Form). Psychische Erregung, Angst steigert das Unvermogen (Analogic mit dem Stottern). Therapie. Behaudlung : zeitweises Aussetzen mit Schreiben, dicke Federhalter (Nussbaum'scher Halter), kalte Wasch- ungen, Massage, g)-mnastische Uebungen, elektrische Behandlung — Schreibmaschine. Anmerkung: Aehnlich den Beschaftigungskrampfen kommen auch Beschafligungslahmungen (auch mit Muskelatrophie verbunden) vor bei anstrengeuden Berufsarbeiten, bei Schmieden, (kleine Handmuskeln) , Trommlern (Daumenlahmung). die Melker- lahmung (ulnanslahmung) u. A, Die Behandlung der anderen Lahmungs- und Krampfformen ist bei den leichteren Fallen kaum notig, sie heilen von selbst (doch elektrisiert, massiert man), bei den schweren Formen ist die Behandlungr von recht wenig Nutzen (Beseitigung der event, zu eruierenden Ursache, Elektricitat, Gymnastik, Massage, Bader, Haut- reize, ferrum candens bei Krampfen^ uber psychische Behandlung s. Hysteric, Neurasthenic). 2) Dieselben verschiedenen Ursachen rufen bei sens/del/i Nerven teils Anasthesie im Ausbreitungs- bczirk als Lahmungs symptom, teils heftige aus- strahlende Schmerzen in dem betreff. Gebiet als Re izungs symptom her vor. Letztcre sind viel bedeutungsvoUer wie erstere. Diese anfallsweise eintretenden Schmerzen, Neural- gic en, sind nicht selten von Parasthesieen, auch leichten Sensibilitatsstorungen im betreffenden Hautgebict be- gleitct. Sie entstehen am haufigsten im Anschluss an schwere Infektionskrankhciten (Malaria, Influenza) auch bei anderen toxischen Erkrankungen (Diabetes, Syphilis, Gicht, Nephritis), durch mechanische Schadigungen (Tumoren, Narbcn, Neurome). Spontan akut auftretende Formen (Neuritis .r") konnen von Hauterkrankungen (Herpes zoster, Urticaria, Erytheme) begleitet scin. Eine Neuralgic darf man nur diagnosticieren, wenn die Schmcrzanfallc genau dem Ausbreitungsgebiet dcs betreff. Nerven ev. Nervenastes entsprechen, vvcnn ferner - i83 - der Nerv (bes. am Austrittspunkte aus seinem Kanal) diuckempfindlich ist. Haufig" lasst sich der neuralgische Anfall von solchen Druckpunkteii (points douloureux) auslosen. Die haufigsten Neuralgieen sind: Die Tri gemi n u s n e u ralg" i e (tic doulou- reux, reflekt. Facialiskrampf), die meist nur einen Ast (Supraorbital- , Infraorbital- , Inframaxillar- , auch Zungen-Neuralgie) betrifft, Druckpunkte an den Aus- trittsstellen (inciss. supraorbitalis, for. infraorbitale, for. men tale). Sodann die Occipi t a Ineura Igie (occ. major), die Intercostal neuralgie (n. intercostales), die Neuralgic ischiadica (n. ischiadicus), Ischias. Diese hartnackigste , haufige Form bedingt Scbmerzen. von der Hufte bis zum Knie, event, zum aussern Fussrand (Ischiadicus - Gebiet) , Druckpunkte sind am foram. ischiadicum , in der Mittellinie der hinteren Oberschenkelflache in der glutaeal-Falte, in der Kniekehle, Schmerzen treten ferner auf bei Beugung des Oberschenkels , wahrend gleichzeitig der Unter- schenkel gestreckt wird (Dehnung des Nerven). Die Schenkelmuskulatur kann atrophieren , Riickgratsver- kriimmungen (Skoliose) konnen eintreten. (Aus- schliessen : Rectumcarcinom , Coxitis, Tabes dorsalis ; Urinuntersuchung !) Andere Neuralgien sind: Neuralgia spermatica (irretable testis), die Coccygodynie, Gelenksneuralgieen. Rehandlung: eventuell das Grundleiden (Lues!) Therapie. Galvanisieren (Anodenbehandlung, schwache Strome), Hautreize (Senfpapier , Blasenpflaster, Schropfkopfe), Schwitzkuren, heisse Bader, Breiiiberschlage (oft besser als Eis), Einreibungen, Massage. Antineuralgica (Salicyl, Antipyrin, Analgen etc.), Arsen, Jodkali. Nur in schwersten Fallen Morphium, Cocain. Operative Resectio nervi, Dehnung (bei ischias). — i84 — B. Die multiple Neuritis. (Tafel 78.) Wesen. - Sie beruht auf einer gleichz eitigen Erkrank- ung mehrerer Nerveii und ist fast ausschliesslich toxischen oder infektiosen Ursprungs. Sie kommt vor im Gefolge der Diphtheric, Tuberkulose, Typhus, Influenza, Eiysipel, ferner bei SyphiHs, Gonor- rhoe, Diabetes, Alkohohsmus, bei Blei-, Arsen-Ver- giftung u. s. w. Anatomisch findet sich meist eine parenchyma- tose Degeneration (primarer Zerfall der markhaltigeii Nervenfasern) mit wohl nieist sekundaren interstitiellen Veranderungen (Rundzelleninfiltration, Sklerose), seltener als diese parenchyma tose Neuritis ist der Be- ginn als Perineuritis und in ters ti tiell e Neu- ritis. Eine (wenn auch nicht immer nachweisliche) Beteiligung von Ganglienzellen im grauen Vorderhorn ist fur viele Falle wahrscheinlich, strittig aber ist ihre Bedeutung (sekundar, primar }). Verlauf. Die muhiple Neuritis setzt meist ziemhch akut, mit fieberhaften Allgemeinsymptomen, schmerzhaften Empfindungen , Parasthesieen ein und fiihrt rasch zu einer Muskellahmung, bei schweren Fallen ist dieselbe von degenerativer Atrophic gefolgt , die meist eine bestimmte symmetrische Verteilung einhalt, in andern F'allen kann mehr eine ataktische Bewegungsstorung verbunden mit Muskelparesen vorherrschen. Am haufigsten sind betroffen die Streckmuskehi an Armen und Beinen (Extens. dig. et carpi, Quadriceps), Psoas, Peronei, doch ist kein Muskel ganz auszunehmen. Die Reflexe erloschen (innerhalb des befallenen Gebiets) , SensibiHtatsstorungen treten auf (Hyper- asthesie, Parasthesie, Anasthesie), die Muskeln konnen alle verschiedenen Formen der EaR (s. IV, S. 105) auf- weisen. Nervenstamme und Muskulatur sind bei Druck recht empfindlich schmerzhaft. Nach verschieden langer Zeit (Wochen — Monaten, akute, subakute, chronische Form, s. Electrodiagnostik) i8s tritt eine langsame Besserung ein, vollkommene Heil- ung ist der gewohnliche Ausgang, schwere Falle konnen rasch zum exitus fiihren (vagus-, phrenicus- etc. Be- teiligung) oder Cornplikationen. Je nachdem mehr die motorischen oder sensibeln ev.coordinatorischen Storungen vorwiegen, unterscheidet man eine motorische, sensible, ataktische Form, doch ist eine vollkommene Trennung nicht durchfuhr- bar, die Symptome setzten sich meist nach alien drei Formen zusammen. Die ataktische Form wird wegen ihrer Aehnlichkeit mit der Tabes die Pseudotabes ge- nannt. Die Hauptformen sind : a) JVeuritis alcohoUca. Motor. Form : schlaffe, doppelseitige Lahmung der Peronei, Quadriceps, glutaei , extensores carpi et digitorum com., extensor pollicis etc. Patellarreflex erloschen, Sensibilitatsstorungen, Parasthesieen. In andern P'allen treten mehr die ausstrahlen- den Schmerzen, Parasthesieen, die Druck- empfindlichkeit der befallenen Nerven und Muskeln, wieder in anderen mehr eine ataktische Gangstorung mit Muskelparesen ev. Atrophien (erhaltenen Pupillenreflexen contra Tabes) in den Vordergrund. (Aehnlich die diabetische Polyneuritis.) Nicht selten bestehen zu gleicher Zeit andere Erscheinungen des Alkoholismus (psychische Storungen, Delirien, maniakaHsche Zustande, Verwirrtheitj. b) JVeurztis diphtheritica^ tritt besonders als mo- torische Form auf mit Schlinglahmung (acces- sorius-vagus), Augenmuskellahmungen (Doppel- sehen), Akkommodationslahmung; in schvveren Fallen erloschen die Patellarreflexe, es kommt zu schlafifer Extremitatenlahmung, Yaguslahmung. c) JVetiritis saturnina (bei Schriftsetzern, Tun- chern etc.) Sie befallt besonders die von N. — i86 — radialis versorgten Streckmuskeln am Vorder- arm fur Hand und Finger (ausser supinator long.), ausserdem bestehen sensible Reizer- scheinungen, Bleikolik, Parasthesieen,' leichte Sensibilitatsstorungen. d) Die Arsenneiirltis ruft besonders heftige sen- sible Erscheinungen (Parasthesieen in den Fingern, Schmerzen, Sensibilitatsstorungen) neben den Lahmungsymptomen hervor. Anme rkung: Als Akroparasthesie (schmerzhafte Paraslhesieen in den Fingerspitzen) ohne motorische Slorungen , wird eine der Arsenneuritis ahnliche Eikrankung uubekannten Wesens bezeichnet. e) Polynetiritis infectiosa. Sie ist unbekannten, aber wohl sicher infektiosen Urspr.ungs. Beginn mit fieberhaften Allgemein- symptomen, heftigen, neuralgiformen Schmerzen (bei Druck und spontan auftretend); dann rasch sich zur schlaffenLahmung entvvickelndeMuskel- schwache, meist zuerst der Beine, dann der Arme (aufsteigende Form) ; die Sehnenreflexe erloschen, Sensibilitatsstorungen, Oedeme, Puls- beschleunigung, Atembeschwerden (Vagusbe- teiligung) treten auf, DieDauer kann verschieden lang sein, Heilung ist die Kegel, exitus durch Vaguslahmung. Man hat diese Form frtiher als „Landry'sche Paralyse" bezeichnet; Riickenmarksverander- ungen konnen (wohl sekundar?) vorhanden sein in P^orm bestimmter Degenerationen. Doch kommen auch Falle mit begleitender herd- formiger Myelitis (fvlyelo-Neuritis) vor, Ihre exakte Diagnose ist schwierig, die Prognose ungiinstig. Anme rkung. Eiii ahnliches Krankheitsbild ruft die wohl auch aciologisch mit der Polyneuritis infectiosa verwandte Poly myo- sitis acuta hervor. Nur tritt hier mehr die Druckschmerz- haftigkeit der Muskeln vor den neuritischeu Schmerzen zutage, auch fehlen Sensibiiitcitstorungen, EaR, dagegen bestehen fieber- — 18/ — hafte Allgemeinsymptome, schwere Lahmungszustande, Oedeme, (Auszuschliessen Trichinosis.) Anatomisch finden sich entziindliche Veranderungen in den Muskeln (Rundzelleninfiltration etc.) Myositische Veranderungen finden sich haufig auch bei pri- marer Neuritis. Bei der Diagnose der Neuritis in ihren verschie- Diagnose, denen Formen hat man auszuschliessen: Tabes dor- sahs (Pupillenstarre , Blasenstorungen , Augenmuskel- lahmungen , Ueberwiegen der Ataxic, Zuriicktreten der Muskelparesen im Anfangsstadium , Anamnese), Myehtis lumbaiis (Blasenstorungen, keine Nerven- druckschmerzhaftigkeit) , PoliomyeHtis anterior (keine Sensibihtatsstorungen , keine Druckschmerzhaftigkeit, keine spontanen Schmerzen). Urinuntersuchung (Ei- weiss, Zucker, Blei) sehr wichtig. Behandlung: Beseitigung der Ursache (Alkohol, Therapie. Blei), ev. antiluetisch, Ruhe, Salicyl, Antipyrin, spater; Elektricitat, Gymnastik, Massage, Bader. V. x^ndere Erkrankungen des Nervensystems z. T. unbekannten Wesens und Sitzes. 1) Aiorbus Basedowu wird der Symptomen- complex: Exophthalmus, Struma (vasculosa), Tachy- kardie (100 — 160 Puis, wechselnd) in Verbindung mit anderen nervosen Erscheinungen genannt. Zu diesen gehoren : Zittern, abnormes Schwitzen, Hitzegefiihl, Reizbarkeit. An den vorstehenden Augapfeln ist der Lidschlag selten (Stellwag), das obere Lid folgt nicht der Bulbusbewegung nach unten (bleibt zuriick, Grafe), die recti int. sind oft insufticient (Moebius- Symptom). Man hat die Krankheit als verursacht durch krank- hafte Thatigkeit der Schilddriise (toxisch) aufgefasst, andere suchen den Sitz in der Medulla oblongata. Die Symptome konnen verschieden stark ausge- bildet, beziehungsweise nur angedeutet sein (atypische — i88 — Formen). Die Dauer der Erkrankung betragt viele J ah re. Behandlung: Brom, Arsen. phosphors. Natron (2 — 10 gr pro die\ Digitalis ohne Erfolg, Ernahrung, Elektricitat, Abreibungen, Bader. *2) Myxoedem. Das Myxoedem entwickelt sich gleichzeitig mit einem Schwund der Schilddriise, steht also sicher im Zusammenhang mit Erkrankung dieser Driise, das Fehlen ihres Sekretes scheint die Ursache des Prozesses zu sein (Gegensatz zu Morbus Basedowii ?), bei operativer vollkommener Schilddriisenexstirpation tritt ein ahn- hcher Zustand ein (Kachexia strumipriva). Die Symptome des Myxoedems sind : Das x-\uf- treten eines deformierenden Oedem in der Haut des Gesichts, der Hande. Die Haut verdickt sich , wird abschilfernd. trocken. Die Bewegungen werden un- geschickt, plump. Es tritt geistige Apathie , De- menz ein. Behandlung: mit gutem Erfolg durch Genuss von Schilddriisensubstanz. subkutane Saftinjektion, Glycerin- extrakt , Schilddriisentabletten , Thyreoidin. siccum innerlich. 3) Akromegalie. (Tafel 77, 3). Bei dieser ratselhaften Krankheit tritt ein lang- sames abnormes Wachstum der Finger, Hande, Fiisse, Nase, Lippen, Kiefer (der „Spitzen", „akra", desKorpers) ein. das zu dauernder Entstellung fiihrt. Sehnerven- atrophie , Augenmuskellahmung entsteht durch den Druck der haufig auch vergrosserten Hypophysis cerebri in der sella turcica. Glycosurie ist ofters vorhanden. Andere hiehergehorige Frozesse sind vorne, Ab- schnitt I\", 4, schon kurz erwahnt (Hemiatrophia facialis, Oedema cutis circumscriptum, Erythromelalgie, symmetrische Gangrain u. a.) — iSg^ — 4) Tetanic. Sie besteht in anfallsweise auftretenden tonischen schmerzhaften Krampfen besonders der Beugemuskeln der Finger (Pfotchenstellung), Arme, Zehen. Die Krampfe treten symmetrisch auf und konnen durch Druck auf die Nervenstamme ausgelost werden (Trous- seau'sches Phanomen). Die Anfalle konnen sich mehrere Wochen und langer fort wiederholen. Anmerkung. Tetani forme Krampfe (besonders der Finger- beuger, Wadenmuskeln) sind ein sehr haufiges Symptom bei Neuritis, bei Alkoholikern, Magenleidenden, aber auch bei sonst gesunden Personen (Handarbeiterinnen etc). Der Tetanus ist eine Wundinfektionskrankheit, bedingt durch die Gifte (Tetanotoxin) des Tetanus- bazillus. Durch diese Sekundarinfektion auch bei ge- ringfugigen Verletzungen, werden tonische Krampfe der gesamten Korpermuskulatur hervorufen. VI. Abschnitt. Bemerkungen zum Sectionsverfahren und zur Ausflihrung der mikroskopischen Untersuch- ung des Nervensystems. Bei der Section der Gehirn-Riickenmarkshohle hat man in erster Linie auf eine eventuelle spatere mikroskopische Untersuchung der Centralorgane Riicksicht zu nehmen ; eine solche muss zur genaueren Feststellung der anatomischen Verhaltnisse in vielen Fallen ausgeRihrt werden, da haufig das makroskopisch erkennbare Verhalten nur bei grobsinnlichen Herd- erkrankungen, nie aber bei den verschiedenen Formen der degenerativen Erkrankungen brauchbare Resultate liefert. Gegen diesen leitenden Gesichtspunkt wird leider vielfachst gefehlt. Die Section soil in solchen Fallen moglichst rasch nach dem Tode, nie spater als 24 Stunden post exitum ausgefiihrt werden , bei Riickenmarks- erkrankungen lasst man zur Vermeidung storender post- mortaler Blutsenkungen die Leiche bis zur Section auf dem Bauch liegen. Der grosste Fehler bei sonst lege artis ausge- fuhrter Section wird durch riicksichtsloses Schneiden, Driicken und Zerren gemacht, dadurch wird haufig eine geordnete eingehende Untersuchung unmoglich gemacht. Schon bei der Herausnahme des Gehirns wird haufig gefehlt; wenn die Haute (tentorium etc.) nicht vollkommen gelost, das Halsmark, die Gehirnnerven nicht ganz getrennt sind, so muss abnorm stark ge- zerrt werden und dies kann z. B. auf erweichte Ge- hirnteile einfach vernichtend wirken. — 191 - Sodann wcrden meist iinnotig viel Sclinittc in die Ccntralgaiif^lien, Vierluigel etc. gemacht und da- durch cine spatere Orientierung auf Schnittserien ausserst erschwert. Es ist iiblicli, diese Schnitte durch die Cejntralganglicn schrag zu setzen, hiedurch kommeii solche Verschiebungen der weichcn Hirnmasse zu stande, dass man sich auf einem mikroskopischen Schnitt spater iiberhaupt nicht mehr auskcnnt, in solchcn Fallen sollen exaktc horizon tale oder fro n tale Schnitte gemacht werden, am besten gar kcine am frischen Gehirn, Mit Wasser darf das Gehirn niemals in Be- riihrung kommen, sonst wird die spatere Hartung z. T. illusorisch. Am besten ist es, nach ErolTnung eines Herdes durch cinen horizontalen oberflachlichen Schnitt auf die sofortige Klarlegung aller Einzelheiten prinzi- piell zu verzichten (man erreicht durch noch so zahlreiche Schnitte doch nicht viel mehr), und eine genaue Untersuchung erst nach Hartung in Miillerscher Losung '''■) vorzunehmen. Dies kann, wenn das Ge- hirn in der Warme (30^, nicht mehr!) steht, und die Seitenventrikel gcoffnet, der Balken abgelost ist, schon nach einigen Wochen ohne Schaden geschehen, Man orientiert sich dann viel leichter und erkennt Irisch unsichtbare Degenerationen auf den ersten Blick. Das Riickenmark wird bei der Herausnahme durch Stemmeiscn , Zange oft maltratiert, besonders er- krankte (erweichte) Stellen reissen bei jedem starkeren Zuge oder Druck. Auch hier lege man anfanglich nicht zu viel Schnitte an, man sieht doch nicht viel sicheres. Gut ist es, beim Losl osen der h i nteren Wurzeln das Messer moglichst weit aussen einzu- setzen, man erhalt so meist, im Lendenmark stets einen Teil der S p i n a 1 gan g 1 i e n im Zusammenhang- mit den hintercn Wurzeln. *) Kali bichioni. 2.0, Natr. sulfur, i.o, Aq. destill. 100. o. — 192 — Ueber die Herausnahme etwa erkrankter Nerven und Muskcln mache man sich vor der Section schon schliissig, mit Ueberlegung des Krankheitsver- laufes, man bereut sonst haufig zu spat eine Unter- lassungssiinde. Die Nerven warden an kleine Holz- stabchen festgebunden und wie die Muskeln genau etikettiert (Name, Seite, Hohe der Entnahme). Das Sectionsprotokoll sei so ausfiihrlich als miOg- lich, das Verhalten der Schadel-Wirbelknochen, der Haute, Blutgefasse ist genau anzugeben, ebenso der Inhalt der Ventrikel (vor der Herausnahme des Ge- hirns) nachzusehen. Die mikrosko^ische Untersuchung kann in ein- zelnen Fallen (bes. frischen Herderkrankungen) sofort bei der Section am nicht geharteten Centralorgan aus- gefuhrt werden. Man schneidet mit der Schere ein kleines Stiickchen los und zerzupft es auf dem Ob- jekttrager (Kornchenzellen , zerfallene Nervenzellen und Fasern, zerfallene Mukelfasern sind als solche zu erkennen). Deutlicher werden sie durch rasche Farbung (Zu- satz eines Tropfens einer i^/^ Methylenblaulosung, einer Hamatoxylinlosung). Degenerierte Partien legt man nach der Ent- nahme in kleinsten Stlickchen in i^/o Osmiumsaure- losung (im Dunkeln aufzubevvahren), nach 24 Stunden haben sich die Zerfallsprodukte (Fettkornchen) schwarz gefarbt. Dies Verfahren ist noch besser an Stucken, die in Miiller'scher Losung (nicht in Alkohol 1) lagen, anwendbar (Marchi'sche Methode). Zu alien systematischenUntersuchungen ist die vor- hergehende Hiirtung unerlasslich. Dieselbe ge- schieht in Miiller'scher Losung und in Alkohol, je nach dem Endzweck, der beabsichtigt wird. Kommt es hauptsachlich auf die Untersuchung der Nervenfasern an (Dcgenerationen), so muss in Miiller'scher Losung, wenn auf die der Ganglien- — 193 — zellen i^EntzLlndliche, degenerative Prozesse), so muss in Alkohol gehartet werden. Haufig kommen beide Zwecke in Betracht ; da man nun an Stiicken, die in Miiller'scher Losung ge- hartet sind, auch leidliche Zellfarbung zu stande bringt, so ist es am geratensten, den Hauptteil von Gehirn-, Riickenmark, Nerven und Muskeln in MuUer'scher Losung zu harten , dabei aber nicht zu versaumen, wichtigere kleinere Stiickchen frisch in absolutem Al- kohol zu harten. An den letzteren konnen auch Bakterienfarbungen ausgefiihrt werden. Die Hartung in Miiller'scher Losung beansprucht fiir ein Gehirn mehrere Monate, kann aber bedeutend abgeki-irzt werden, wenn das Gefass bei ca. 30^ (nicht hoher) autbewahrt wird. Die Losung soil reichlich zugesetzt werden. In den ersten 6 Tagen (in der Warme) ist dieselbe taglich, spater in grosseren Abschnitten zu erneuern. Mit der Zunahme der Hartung legt man von Zeit zu Zeit auch neue Schnitte (horizontal oder frontal) an, um das Eindringen der Chromsalze zu ermoglichen. Man untersuche nur nach vollkommener Hartung, man erhalt sonst unliebsame Kunstprodukte bei der Farbung. Die Hartung in Alkohol geht in einigen Tagen vor sich (mehrmaliges Wechseln von Alcohol absolutus). Nach der Hartung in Miiller'scher Losung muss nach vorheriger Zerlegung in diinne Stiicke in Alko- hol nachgehartet werden (ohne entwassern, falls Mark- scheidenfarbung beabsichtigt !). Dann erfolgt zum Zwecke des Zerlegens in Schnittserien die Einbettung in Celloidin (zuerst in sehr dimner_, dann in dickerer Losung). Nach 5 — 20 Tagen auch mehr (je nach der Stiickgrosse) werden die Stiicke aufgeklebt und in 70 °/o Alkohol gelegt. Nach einigen Stunden sind sie schnittfahig. Die Zerlegung erfolgt durch das Mikrotom, die Schnitte branch en nicht sehr diinn zu sein. Kommt — 194 — es darauf an, die Schnittserie ununterbrochen zu haben , so legt man festes , vorher etikettiertes Closetpapier, mit Zuckerlosung bestrichen, in einen Teller, darauf kommt eine Schicht dunnfliissigen Celloidins und man legt nun der Reihenfolge nach jeden Schnitt neben den andern auf das Papier, auf dem er fest anklebt; (Aufbewahren in 70^0 Alkohol). Die spater zu untersuchenden Schnitte werden durch Einlegen des Papieres mit der Serie in Wasser von der Unterlage sofort gelost. Die Farbung erfolgt fiir die Nervenfasern durch die W e i g e r t-P a r s c h e Hamatoxylin-Mark- schei den farbung, fur die Zellen durch Karmin- farbung (event, auch Karmindoppelfarbung) an Stiicken aus Miiller'scher Losung. an Alkohol geharteten Stiicken durch die Nissl'sche Methylenblau farbung (Naheres in den technischen Lehrbiichern von Kahlden, Friedlander-Eberth u. A.). Durch die Markscheidenfarbung erhalt man eine sichere Schwarzfarbung aller markhaltigen Nerven- fasern; wo solche normalerweise nicht vorhanden, oder wo sie degeneriert und geschwunden sind, bleibt daher die Schwarzfarbung aus, diese Stellen erscheinen also ungefarbt, hell, die Fettkorper der Markscheide gehen mit dem Hamatoxylinfarbstoff eine constante , feste chemische Vereniigung ein, deren Ausdruck eben die Schwarzfarbung ist. Die modernste Methode, die Silb erim pr ag- nation nach Golgi, (Cajal) kann fur patholog. Falle nur unter gewissen Voraussetzungen angewendet werden, da sie ungleichmassig arbeitet. Das Verstandnis des Aufbaues vom Nervensystem ist durch folgende Untersuchungsmethoden gefordert worden : I. Die Anleguncr von Serienschnittreihen durch das normale, entwickelte Organ des Menschen und deren Rekonstruktion (Stilling, Meynert etc.), nach verschiedenartigcr Farbung. — 195 — 2. durch die Untersuchung pathologischer Falle, besonders der sekundaren Degenerationen (Tiirck, Waller etc.) ; 3. durch die vergleichende Anatomie und vergleich- ende Embryologie (Meynert, Edinger u. A.); 4. durch die Entwicklungsgeschichte (Studium der Markscheidenanlage etc.) (Kolliker, His, Flech- sig etc.); 5. durch die Untersuchung experimentell gesetzter Degenerationen (Gudden etc.) Fiir die Tafeln des vorliegenden Atlas ist von diesen Methoden nach Moglichkeit Gebrauch gemacht. Verzeichnis der bei den Abbildiuiiren gebrauchten Abkurzungen. a. anterior A. b. Arteria basilaris A. c. c. Arteria corp. callos, a. 1. ansalentiformis(Linsenkern- schlinge) a. d. absteigende Acusticus-Wurzel A. S. Aquaeduct. Sylvii A. f. S. Arter. fossae Sylvii A. V. arteria vertebr. a. V. arcus vertebrae B. Brachium (spez. Bindearm des Kleinhirns, proc. cerebelli ad Corp. quadrigem.) Bulb. olf. Bulbus olfactorius c. conarinm (Zirbeldriise) C. a. Cornu anterior (Riickenmark) c. a. Commissura ant. (Riicken- mark u. Gehirn) c. a. cornu ant. (Seitenventrikel) c. Am. cornu Ammonis Cb. Cerebellum und Kleinhirn- seitenstrangbahn im Riicken- mark u. Medulla obi. c. c. corpus callosum, Balken c. c. corpus candicans c. e. capsula externa cerv. cervicalis c. g. 1. corp geniculat. laterale c. g, m. ,, ., mediale Ch. Chiasma C. i. Carotis interna c. i. a. vorderer 1 Schenkel der c. i. p. hinterer j inner. Kapsel c. L. Luys'scherKorper (c. sbth ) CI. Clarke'sche Saule CI. Claustruni (Gehirn) c. m. commissara media C. p. cornu post. (Riickenmark) cornu post. (Ventrikel) commissura post. a vorJerer 1 „■ i .. i , . ^ Vierhugel a. hinterer J *=* corpus restiforme sbth. corp. subthalamicum St. corpus striatum c. t. centrale Haubenbahn c. tr. corp. trapezoides cun. cuneus C. V. Centrum semiovale Vieussenii d. dura mater D. Br. Bindearmkreuzung Dec. Pyr. Pyramidenkreuzung Ea R. Entartungsreaktion f. fornix f. a. Vorderstrangrest f. a. e. fibrae arcuatae e.xternae f. a. i. fibrae arcuatae internae f. al. Vorderseitenstrangrest f. B. Burdach'scher Strang f. c. fissura calcarina f. d. fornix descendens f. G. Goll'scher Strang Fl. flocculus fl. seitl. Grenzschicht ■ ' > hinteres Langsbtindel f. p. Ilinterstrang F. rhomb. Rautengrube f. S. fossa Sylvii 197 — gi. g G. Gowers'scher Strang g. ang. g>TU3 angnlaris g. cent, gyri centrales g. fr. gyrus frontalis H. gyr. Hippocampi p. globus pallidus (innere Linsenkernglieder) 1. 1 . , laterale Corp. <7enicul. ,. , m. J ^ ^ mediale o. gyrus occipitalis G. o. Gretiolet'sche Sehstrahlung g. s. m. gyr. supramarginalis g. t. gyr. temporalis K. Raphe der Haube L. Lissauer'sches Feld L. Linsenkern 1. lateral L. pc. lobus paracentralis m. medial M. ob, Medull. oblongata n, nodulus N. am, nucleus amygdalae N. B. nucleus Burdach n. c. nucleus caudatus n. f. a. nucleus arciformis N. G. nucleus Goll n. VIII d dorsaler 1 Acusticus n. VIII V ventraler J Kern n. r. nucleus ruber 0. Olive (untere, grosse) 01. m. mediale Nebenolive ol. p, hintere Nebenolive ol. s. obere Olive p. pia p. posterior Ped. Pedunculus, Hirnschenkelfuss PI. ch, plexus chorioideus Pulv. pulvinar Put. putamen Py. Pvramidenbahn q. a. vorderer ,,. , .. , ^ V ■ , Viernugel q. p. hinterer j '^ R. Raphe der Haube und Briicke r. a. vordere Wurzel R. c. ramus arteriosus communicans r. p. hintere Wurzel R. subth. regio subthalamica S. a. Sulcus longitud. ant, s. solitar Biindel (abst. IX., X. AVurzel) S. g. Substantia gelatinosa Hinterhorn S. n. Substantia nigra S. p. Sulcus longit. post, s. p. Septum pellucidum S. r. t. Substant. reticul, tegm. str. s. (m. i), obere (mittl, etc.) Schicht St. a. striae acusticae t. taenia thalami T. teg. Tegmentum, Haube Th. Thalamus opticus tr. o. Tractus opticus trig. olf. trigonum olfactiv. U uvula (VVurm) unc. uncus (gyr. Hyppocampi) V. ventriculus (lat., med., Ill) V. IV. vierter Ventrikel ,^ I (s)vermis, Kleinhirn-Hoberer) i (i) wurm J (unterer) V. Wirbelkorper V. m. a. velum medull. ant. (mit Lingula) z. r. Wurzelzone V c. caudale, absteig. Trigemin. Wurzel V m, motorischer Trigem. Kern V n. nasaleaufsteig. Trig. Wurzel V s. sensibler Trigem.-Kern VIII c. N. cochlearis . . . VIII v. N. vestibularis ' ^^ustici Literaturverzeichnis. Zu einem eingehenden Studium der Neuroloo;ie sind folgende Werke u. a. zu empfehlen. Die angeftihrten sind auch vom Ver- fasser filr den Abriss mit benutzt worden. I. Anatomic, Lehrbiicher von K o e 1 1 i k e r (Gewebelehre) , H e n 1 e , H o f m a n n- Schwalbe, Rauber, (xcgenbaur ii. A. Monographieen von Flechsig (Leitungsbahnen , Plan des menschl. Gehirns) Lenhossek (feinerer Aiifbau), Edinger 1^12 Vorlesungen), V. Ge huchten (Gehirnanatomie), Bechterew (Leitungsbahnen), Obersteiner (Anleitung z. Stud, der nervoseu Organe), die Werke von Meynert,Gudden,Hisu. A. 2. Phy sioloffie und Pathologic. Charcot (Vorlesungen), Erb (Eleklrotherapie , Ruckenmarkskrank- heiten in Ziemssens Handbuch, XI, Band), v. Striimpell (Lehr- buch). Ley den (Klinik), Wernicke (Gehirnkrankheiten), Go wers (Nervenkrankheiten), Seel igm iil 1 e r (Lehrbuch\ P. Marie (Vor- lesungen), Liebermeister (Vorlesungen), Eulenburg (xVrtikel ,, Nervenkrankheiten'' in der Encyclopadie) , Mendel (Artikel ,,Gehirn" , ebenda), Oppenheim (Lehrbuch) , Hirt (Lehrbuch), Leube (Diagnostik) , die Werke von Westphal, Kussmaul, Nothnagel, Munk, Hitzig, Ferrier und vielen anderen. Axiflage 34=00. Redacteur: Landwehrstrasse 70. "'■■ t;ut:fe t" M U N C H E N E R y, ^^„^„^ MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT (ARZTLICHES INTELLIGENZBLATT) ORGAN FUR AMTLICHE UXD PRAKTISCHE ARZTE. Herausgegeben von Dr. Bollinger, Dr. Gerhardt, Dr. v. Heineke, Dr. G. Merkel, Dr. Michel, Dr. H. v. Ranke, Dr. v. Schleiss, Dr. v. Winckel, Dr. V Ziemssen. Die Miinchener medicinische Wocheuschrift bietet, unterstiitzt durch bervorrageDcle Mitarbeiter, eine voUstandige Uebersicht iiber die Leistiingeu und Foitscbritte der gesamten Medicin, sowie iiber alle die Interessen des arztlicben Standes beriibrenden Fragen. Sie erreicbt dies in erster Linie durch zahlreiche wert voile Originalarbeiten. Die .Miint-b. medicin. Wochenschrift bringt ferner Referate und Besprechungen aller wichtigen Erscbeinungen der niedicinischen Literatur, sowie Bsrichte iibei die Verhandluugen der bedeutenderen jirztlicben Congresse und Vereine. Durch die Vollstandigkeit und Proraptbeit ihrer Berichterstattuug zeicbnet sicb die Miinchener raed. Wocbenscbrift vor alien auderen medtcinischen Blattern aus. Mitteilic7igen aus der Praxis^ Feuilletons, therapeutische und tagesgeschichtUcke Notizen, Universitdts- und Personal-Nachrickteii^ drztl. Vacanzen etc. geben ferner dem Inbalte der Miinchner med. Wocbenscbrift eine uniibertroffene Vielseitigkeit. Eine Gratis-Beilage zur Mtinch. med. Wochenscbr. bildet die „Galerie hervorragender Aerzte und Naturforscher"; bisber er- schienen die Portrats von Koch, v. JSTussbaum, Lister, t. Petten- kofer. Pasteur, v. Naegeli, v. Gudden, v. Scanzoni, v. Helmholtz, Virchow, v. Volkmann, v. Seitz, v, Briicke, v. Baer, v. Kolliker, Thiersch, Crede, Heineke, v. Langenbeck, Graf, Biermer, Billrotb, J. R. V. Mayer, v. Esmarsch, Hirsch, Du Boi-Reymond, Bollinger, Moleschott, Ludwig Winckel, G. Merkel, Cbarcot, Cramer, Semmel- weis, Andrew Clark, Kaltenbach, Ernst Haeckel, Lticke, Guido Bac- celli, Brown-Sequard, Joseph Hyrtl, Alexander Schmidt, M. J. Ross- bach, Tb. Tbierfelder , Kiilz, v. Zenker, H. v. Ziemssen, Loffler, Behring, Carl Ludwig. Die Miinch. med. Wocbenscbrift hat ibren Abonnentenkreis in Zeit von 4 Jahren mehr als verdoppelt (Aufll. z. Z. 3400) und tag- lich dehnt sicb der Leserkreis noch aus, was wohl der beste P.e- "weis fiir die Gediegenheit des Blattes ist. Ihr Preis betragt franco unter Band 6 M., Bestellungen nimmt der Verleger wie alle Buch- handlengen und Postamter entgegen. Probenummern stehen gratis und franco zur Verfiignng. %f, F* Lehmamt's Verlag,^ Milnchen, LcDidicehrstr. 70 Verlag von J. F LEHMANN in MUNCHEN. Lehmann's medic. Hand-Atianten Band I: Atlas uud Griindriss der urn 111 (jeiiiiFisa und der operativen Cr oT> iir'ti5»liiilf e dargesteilt in 126 Tafeln in Leporelloart mit Luizem erlautern den Text von Dr. O. Schaffer, Privatdozent an der [niversilat Heidelberg. 126 in zweifarbigem Dnick ausgefiihrte Bilder. 3. ganzl. umgearb. Aufl. Preis elegant geb. M. 5.—. Verkleineite, im Atlas farbig gedruckte Abbildung. Urteile der Presse: Zeitschrilt fiir arztliclie Landpraxis. Die Verlagshandluog beabsichtigt, eine Reihe medicinischer Tascheuatlanten erscheinen zu lasseu, die das Gesamtgebiet der JMedicin in klarer und ubersichtliclier Weiso zur Anschauung bringen soil. Das ist in der That in deni vor- liegcndcn Werke fiir den Geburtsakt vollstiindig geliingen, dasselbe diirfte namentlich dem Anfanger in der Praxis oin willkommener Fiihrer sein, der es iiim ermoglicht, sich mit eiuem Blick im gegebenen Fallo rasch und griindlich zu oiientieren, nicht nur beziiglich der Dia- gnose, sondern auch der einzuschlagenden Therapie. Bei naherer Durcli- sicht der sehr sorgfaltig und verstandlich ausgefiihiten Zeicbniingen wird man es begreiflich finden, dass die erste Auflage bereits nach secbs Wochen vergi-iffen war. S^ Medico. Es liegt uns der erste Toil des ersten, die Gebui-ts- hilfe umfassenden Bandcs vor. Derselbe zeigt in 126 wohlgelungenen Tafeln, von Dr. 0. Schaffer's kundiger Hand entworfen, die Eut- wickolung der verschiedenen Geburtslagen in iliren einzelnen Etappen. Die Bilder fiihrcn die allmiililichen tjbergange der sich. entwiokelnden Bewegung so instructiv vor Augen, dass os kavim des kurzgefassten beigegeljenen Textes fiir das Verstiindnis bodurft Jiiitte. Deni prak- tischon Arzte wird das Werkchen ebenso willkommen seiu, wie dem iStudierenden. Mogen die folgenden Biinde alien Anforderuugen so eutsprechen, wie der uns vorliegendc Band! VerlagvonJ. F. LEHMANN itiMUNCHEN. Baud II: Atlas u. Grundriss der Geburtshilfe. TI, Teil: Anatomischer Atlas der geburtshilflichen Dia- gnostik und Therapie. Mit 145 farbigen Abbildungen unci 220 Seiten Text. Von Dr. 0, Schiiffer, Privatdozent an der Universitat Heidelberg. Preis M. 8. — . Der Band eBthalt : Eine Darstellung eines j e d e n normalen und - path ol ogischen V organ ges der Scliwangerschaft und der Geburt , und zwar fast ausschliesslich Originalieu und Zeichnungen nach anatomischen Praparaten. Der beschreibende Text ist so gehalten, dass er dem studirenden An- fanger zunachst eine knappe, aber umfassende Uebersicht tiber das gesamte Gebiet der Geburtshilfe gibt, und zwar ist diese Uebersicht dadurch selir erleichtert, dass die Anatomie zuerst eingehend dargestellt ist, aber unmittelbar an jedes Organ, jeden Organ teil, alle Veran- derungeu in Schwangerschaft, Geburt, Woehenbett angeschlossen , und so auf die kl inischen Beobachtungen, auf Diagnose, Prognose, The- rapie eingegangen wurde- Stets Avird einVorgang aus deman- dern entwickelt! Hierdurch und durch zahlreich eingestreute ver- gleicheude und Zahlen-Tabellen wird die mnemotechnische Uebersicht sehr erleichtert. Fiir Ex am inan d en ist das Buch desshalb brauchbar, weil auf Vollstandigkeit ohne jeden Ballast eine ganz besondere Riicksicht verwandt worde. Fiir Aerzte, well die gesamte praktische Diagnostik und Therapie mit besonderer Beriicksichtigung der U e ber sichtli chkeit gegeben wurde, unter Hervorhebung der anatomischen Indicationsstellung ; Abbildungen mehrerer anatomischer Prap:irate sind mit Riicksicht auf fore use Beniitzung gegeben. Ausserdem entlialt das Buch Kapitel tiber geburtshilfliche Receptur, Instrumentarium und Antiseptik. Die einschlagige normal e und pathologische Anatomie ist in einer Gruppe zusammengestellt einschliesslich der Pathologie der Becken, die Mikroskopie ist erschopfend. nach dem heutigeu wissen- schaftlichen Standpunkte ausgearbeitet. Jede anatomische Besehreibung ist unmittelbar gefolgt durch die daran anschliessenden und daraus resnltirenden physiologischen und klini- schen Vorgange. Der Band enthalt somit niclit nur eineu ausserordentlich reichhaltigen Atlas, sondern auchein vollstandiges Lehrbuch der Geburtshilfe. Munchener viedicin. Wocheuschrift 1894 Nr. 10. Ein Atlas von ganz hervorragender Schonheit der Bilder zu einem iiberraschend niedrigen Preise. Auswahl und Ausfiihrung der meisten Abbildungen ist gleich an- erkennenswert, einzelne derselben sind geradezu mustergiltig schdn. Man vergleiche z. B. mit diesem Atlas den bekannten von Auvard; ja selbst gegen fruhere Publicationen dcs Lehmaun' schen Verlags medieinischer Atlanten bedeutet das vorliegende Buch eineu weiteren Fortschritt in der Wiedergabe farbiger Tafeln. — Veifasser, Zeichner und Verleger haben sich um diesen Atlas in gleicher Weise verdient gemacht — und ein guter Atlas zu sein, ist ja die Hauptaufgabe des Buches. Der Text bietet mehr als der Titel verspricht : er enthalt — abgesehen von den geburtshilflichen Operationen — ein vollstandiges Compendium der Geburtshilfe. Damit ist dem Praktiker und dem Studirenden Rechnung getragen, welche in dem Buche ueben einem Bilderatlas auch das finden, was einer Wiedergabe durch Zeichnungen nicht bedarf. Das Werkchen wird wohl mehrere Auflagen erleben. Als Atlas be- trachtet, diirfte das Buch an Schonheit und Brauchbarkeit alles iibertreflfen, was an Taschen-Atlanten tiberhaupt und zu so niedrigem Preise im beson- deren geschaffen wurde. VerlagvonJ. F. LEHMANN in MUNCHEN. Band III: Atlas unci Grundriss der Gynakologie. In 6-i farbigen Tafeln mit erklarendem Text. Von Dr. 0. SchafFer, Privatdozent an der Universitat Heidelberg. Preis M. 10.—. Der Text zu diesem Atlas schliesst sich ganz an Band II an und bietet ein vollstandiges Compendium der Gynakologie. Band IV: Atlas der Krankheiten der Mundhbhle, des Rachens und der Nase. In 69 meist farbigen Bildern mit erklarendem Text. Vou Dr. L. blriiiiAvald. Preis elegant gebunden .)l. 6. — . Der Atlas beabsiehtigt, eineSchule der s e miost ischen Dia- gnostik zu seben. Daher sind die Bilder derart bearbeitet, dass die ein- fache Schilderung der ans denselben ersichtlichen Befunde dem Beschauer die Moglichkeit einer Diagnose bieten soil. Dem entsprecheud ist auch der Text nicbts weiter, als -ilie Verzeichnung dieser Befunde , erganzt , wo BOtwendig, durch anamnestiiohe u. s. w. Daten. Wenn demnach die Bilder dem Praktiker bei der Diagnosenstellnng behilflich sein kdnnen, lehrt anderseits der Text den Anfanger, wie er einen Befund zu erheben und zu deuten hat. Von den Krankheiten derMund- uud Rachenhdhle sind die praktisch wichtigen samtlich dargestellt , wobei noch eine Anzahl selte- nerer Krankheiten nicht vergessen sind. Die Bilder stellen moglichst Typen der betreffenden Krankheiten im Anschluss an einzelne beobachtete P'alle dar. Bei den rhinoskopischen Bildern wird ausserdem besonders die Schulung des hier so schwierigen Sehens in der Perspective beriicksichtigt. MUnrhencr medicin. Wochemchrift 1S94, iVr. 7. G. hat von der Leh- mann ' schen Veilagsbuchhandlung den Aufirag iibernoraraen. einen Hand- atlas der Mund-, Rachen- und Nasen- Krankheiten herzustellen, welcher in knappester Form das fiir den Studire:iden Wissenswerteste zur Dar- stellung bringen soil. Wie das vorliegende Biichelchen beweist, ist ihm dies in anerkennenswerter Weise gelungen. Die meist farbigen Bilder sind naturgetreu ausgefiihrt und geben dem Beschauer einen guten BegrifF von den beziiglichen Erkrankungeu. Fiir das richtige Verstandnis sorgt eine jedem Falle beigefiigte kurze Beschreibung. Mit der .Vuswahl der Bilder muss man sich durchaus einveistanden erklareu, wenn man bedenkt, welch" enge Grenzen dem Verfasser gesteckt waren. Die Farbe der Abbild- ungen lasst l)ei raanchen die Beleuchtung mit Sonnenlicht oder wenigstens einem wei.ssen kiinstlichen Lichte vermuteu, was besser besonders erwahnt worden ware. Der kleine Atlas verdient den Studirenden angelegentlichst empfohlen zu werden , ziimal der Preis ein sehr miissiger ist. Er wird es ihnen er- leichtern, die in Cursen und Polikliniken beim Lebenden gcsehenen Bilder dauerud festzuhalten. Kilian- Freiburg. VerlagvonJ. F. LEHMANN in MUNCHEN. Lehmann's medicin. Handatlanten. Band T: Atlas der Hautkrankheiten. Mit 90 farbigen Tafeln und 17 schwarzen Abbildungea. Herausgegeben von Dr. Karl Kopp, Privatdoccnt an der Universitat Miinchen. Preis elegant gebunden M. 10. — . Urteile der Presse : Allgemeine med. Centralzeitung Nr. 86. 1893. Fiir keinen Zweig der Medicin ist die Notwendigkeit bildlicher Dar- stellung im hoheren Grade vorhanden, als fijr die Dermatologie. Bei der grossen Zahl von Dermatosen ist es ja nnmoglich , dass der Studirende wahiend seiner nur zu kurzen Lohrzeit jede eiazelne Plautaftection auch nur einmal zu sehen bekoinuit:, gesehweige denn Gelegenheit hat, sich ein- gehend mit ihr vertraut zu machen. Nun ist es ja klar , dass Wortbe- schreibungen von einer Hautaffection nur eine hochst anvollkommene Vorstellung vermitteln konnen , es muss vielmehr bildliche Anschauung und verbale Erliiuterung zusammenwirken , um dem Studirenden die cha- rakteristischen Eigenscliaften der Afleotion vorzuliihren. Aus diesem Grunde fiillt ein billiger Atlas der Hautkrankheiten eine wesentliche Liieke der mediclnischen Literatur aus. Von noch grosserer Wichtigkeit ist ein solches Buch vielleicht fiir den praktischeii Arzt, der nur eiuen Teil der Affectionen der Haut wahrend seiner Studienzeit durch eigene Anscliauung kennen gelernt hat, und doch in der Lage sein muss, die seiner Behand- lung zugefiihrten Hautleiden einigermassen richtig zu beurteilen. Aus diesem Grunde gebiihrt dem Verfasser des vorlicgenden Buches Anerken- nung dafiir, dass er sich der gewiss nicht geringen Miihe der Zusammen- stellung des vorliegenden Atlas unterzogen hat; nicht minderen Dank hat sich die geehrte Verlagsbuchhandlung verdient, von der einerseits die Idee zur Herausgabe des Buches ausging, und die anderseits es verstand, durch den billigen Preis das Buch jedeua Arzte zuganglich zu machen. Was die Ausfiihrung der Tafeln anbetrilft, so geniigt sie alien Anforderungen ; dass mancho Abbildungen etwas sch(!matiscli gehalten sind, ist unserer Ansicht nach kein Fehler, sondern erhoht vielmehr die Brauchbarkeit des Atlas als Lehrmittel, der hiemit alien Interessenten aufs warmste empfohlen sei. Literarisches Centralblatt. .... Besonderes Gevvicht wurde neben bester Ausstattung auf einen staunenswert billigen Preis gelegt, der nur bei sehr grosser Verbreitung die Herstellungskosten zahlen kann. Jedenfalls hat die Verlagsbuchhand- lung keine Kosten gescheut, um dasBeste zu bieten; der Erfolg wird auch nicht ausbleiben. . Prof. Dr. G rase r. VerlagvonJ. F. LEHMANNin M U N C H E N. Lehmann's medic. Handatlanten. Band VI: Atlas der Gesclilechtskranklieiten. Mit 52 farbigen Tafeln, 4 scliwarzen Abbildungen und 88Seiten Text. Herausgegeben von Dr. Karl Kopp, Privatdozent an der Universitat JMiinchen. Preis elegant gebunden M. 7. — . Der j'irztlichc Praktiker. Im Anschluss an den Atlas der Hautkraukheiteu ist rasch der der Geschlechtskrankheiten von demselben A^erfasser mit gleichen Vorziigen vollendet worden. 52 farbige und 4 schwarze Abbildungen bringen die charakter- istischen Typen der sypbilitischen Hauteffloreszenzen zur Dar- stellung, begleitet von einem kurzen beschreibenden Text. Nicht ohne triftigen Gruud schickt der Autor den Abbildungen und deren Beschreibungen einen gedrangten Uebersichtsartikel liber den gegenwiirtigen Stand der Venereologie voraus. Denn gar manche Anschauungen haben sich durcli die Forschung inzwischen ge- andert, manche sind bis auf den heutigeu Tag noch streitig go- blieben. Die beiden Atlanten bilden einen fiir die Differenzierung der oft frappant ahnlichen Kilder spezifischer Natur unentbehr- lichen Patgeber. J. S. Zeitselirift fur arztliche Landpraxls 1893, Nr. 1. Im Anschluss an den Atlas der Uautkraukheiton (besprochen in der Dezembernummer 1893, S. 384) ist der vorliegende Atlas der Geschlechtskrankheiten erschienen. Auch dieser Band wird dem Praktiker ausserst willkonimcn sein , und in vollem Masse die Absicht des Verfassers erfiilleu, eine zu jcdem der zahlreichen Lehrbiicher passende, jedermann zugiingliche illustrative Erganzung darzustellen und ein zweckmJissiges Unteistiitzungsmittel fiir den Unterricht und das Privatstudium abzugebeu. JMedico. Dor vorliegende 6. Band der Lehmann'schen medi- zinischen Handatlanten, die wir bereits bei friiherer Gelegenheit der Beachlung arztlichcr Kreisc cmpfohlen haben , briugt eine Zusammenstellung von Cbromotafeln aus dem Gebiete der vene- rischen Erkrankungen. Die Abbildungen sind im allgemeiuen rccht gut gelungen und sehr instructiv; die wenigen Zeilen, die als Text den Bildcrn beigegeben sind, reichen vollkommen aus, da die Abbildungen selbst spreclion und weitliiufigere Erklarungen iiberfliissig machen. Der Atlas bildet ein zweckmiissiges Unter- stiitzungsmittel fiir den Unterricht sowohl, wie fiir das Privat- studium und diirfte dem Arzto als Ergiiuzungswerk zum Lehr- buch der gcschlechtlichen Krankheiton willkommcn sein, Der Preis desselben betragt M. 7.—. Veriag von J. F. LEHMANN in MUNCHEN. Lehmann's medic. Handatlanten. Band VII: ^tlas und Grrundriss der Ophthalmoscopie und ophthalmoscopischen Diagnostik. Mit 5 Text- und 102 farbigen Abbildungen auf 64 Tafeln. Von Professor Dr. O. Haab, Direktor der Augenkliiiik in Ziiricl::. Preis eleg. geb. M. 10. — Urteile der Presses Schmidt's Jahrbucher 1895, S. 211: E^idlich zuieder einmal eiti Bitch, das fiir den praktixchen Arzt V07i wirklichern , datierndem Nittzen, fiir den im Ophthalmoscopieren auch nur einigermassen Geiibten geradezu ein Bediirfnis ist. Das Buch enthalt im I. Teil eine kurze vortreffliche Anleitung zur Untersuchung mit dem Augenspiegel. Was der Mediciner wissen muss und was er sich auch merken kann, das ist alles in diesen praktischen Regeln zusammen- gestellt. Der 11. Teil enthalt auf 64 Tafeln die Abbildungen des Augenhinter- grundes in normalem Zustande und bei den verschiedenen Krankheiten. Es sind nicht seltene Falle beriicksichtigt , sondern die Formen von Augenerkrankungen, die am haufigsten und unter wechselndem Bilde vorkommen. Der grossen Erfahrung Haab's und seiner bekannten grossen GeschickUchkeit im Zeichnen ist es zu danken , dass ein mit besonderen Schwierigkeiten verbundener Atlas in dem vor- liegenden Werke in geradezu vorziiglicher Weise zustande kam. (Latnho/er, Leipzig.) Correspondenzblatt f. schweiz. Aerzte: Ein prachtiges Werk. Die mit grosser Naturtreue wiedergegebenen Bilder des kranken und gesunden Augenhintergrundes bilden eine vorziigliche Studie fiir den ophthalmologischen Unterricht sowohl, als fiir die ophthalmologische Diagnose in der Praxis. Eine vorzuffliche Erjjanzung' zu diesem Atlas bildet das: Skizzenbuch zur Einzeichnung ophthalmoskopischer Beobachtungen des Augen-Hintergrundes Von Professor Dr. 0. Haab, Professor an der Universitat und Direktor der Augeiiklinik in Ziidch. Preis gebunden M. 4. — . Jeder Kaufer des Haab^schen Atlas wird auch gern das Skizzen- buch erwerben. da er in diesem mit geringer Miihe alle Falle, die er in seiner Pra.xis zu untersuchen hat, naturiretreu darstellen kann. Verlag von J. F. LEHMANN in MUNCHEN. Lehmann's med. Handatlanten. Bd. VIII. Atlas und Grundriss der traumatischen Fracturen u. Luxationen mit 64 farbigen Tafeln nach Originalzeichnungen von Dr. J. Trumpp von Professor Dr. H. Helferich in Greifswald. Preis eleg. geb. Mk. 8.— Auf 64 farbigen Tafeln werden samtliche Fracturen und Luxationen , die fiir den Studierenden und Arzt von praktischer Bedeutung sind, in mustergiltiger Weise zur Darstellung gebracht. Jeder Tafel steht ein erklarender Text gegeniiber, aus dem alles Nahere iiber die anat. Verhalt- nisse, Diagnose und Therapie ersichtlich ist. Ausserdem enthalt der Band ein vollstandiges Com- pendium der Lehren von den traumat. Frakturen und Luxa- tionen. Wie bei den Bildern , so ist auch im Texte das Hauptgewicht auf die Schilderung des praktisch Wichtigen gelegt, wahrend Seltenheiten nur ganz kurz behandelt werden. Das in der Praxis entstandene Buch will dem Studie- renden und Praktiker ein zuverlassiger Fuhrer sein , der es ihm durch Bild und Wort ermoglicht, sich in kurzester Zeit eine richtige Vorstellung der betreffenden Verletzung zu machen. Zur Vorbereitung fiir das Examen ist das Buch vorziiglich geeignet. Der Preis ist in Anbetracht der prachtigen, in Farbendruck ausgefiihrten Bilder ein ganz aussergewohnlich niedriger. Vo7i dicscm Bande crschtcncn Ubcrsetzujig'en in engUschcr^ franzosischcr^ ztah'em'sc/icr, russiscJicr und spam'scher Sfrache. Yerlag von J. F. LEHMANN in MUNCHEN. Die typischen Operationen und ihre Uebungen an der Leiche. Kompendium der chirurgischen Operationslehre. Vierte erweiterte Auflage. Yon Oberstabsarzt Dr. E. Rotter. 394 Seiten. Mit 115 lUustratiouen. Elegant gebd. Mk. 8—. Die Miinchenep medic. Wochenschrift schreibt: Nachdem erst vor relativ kurzer Zeit die 2. Anfiage des Rotter 'scheu Buches hier besproclien wurde, liegt — der beste Beweis fiir die allge- meine Anerkennung der Vorziige des Werkchens — schon die 4. Anflage vor. Die klare Anorduung des Stoffes, die kiirze pracise DarstelluDg der versehiedeneu Operationen, die sich sowohl von einer zu cursorischen Behandluug , als einem zu detaillirten , in Kleinigkeiten sich verlierenden Ausfiihren feme hiilt, neben der topoiiraphisclien Anatoraie, den speciell bei dem Eingriff zu beriicksiehtigenden I\Iomenten, doch geniigend anf Modificatiouen, Indication, statistische Verhaltnisse eingeht, und dadurch die Lectiire zu einer wesentlich interessanteren macht, lasst (wie die Aufnabme zeigt, das Werk nieht nur fiir den studirenden, an der Leiche iibenden Arzt, sondern auch fiir den praktisch thatigen Collegen, speciell den Feldarzt ein treffliches Hiilfsbuch sein. Die klaren hiibscheu Holzschnitte in anschau- licher Grosse und reicher Zahl eiugefiigt , erhohen die Brauch- barkeit des Biichleins weseutlich ; ebenso wird die Anfiihrung einer Reihe anscheinend kleiuerer Momente, Verbesserungen etc., wie z. B. fiir den Feldgebrauch angegeben wurdeu , sowie eine Reihe von Ratschlagen hierin competenter Autoritaten, speciell von Nussbaum's von vielen sehr geschatzt werden. Referent zweifelt nicht, dass das Werkchen, das die neuesten Operationen und operativen Modificatiouen vollig beriicksichtigt und somit durchaus auf moderuem Standpunkt steht. zu seineu bisherigen Freunden sich noch zahlreiehe neue erwerben wird. Die hlibsche Ausstattung macht das Buch auch ausserlich zu einem sehr handlichen. Ein ausfiihrliches Autoren- und Sach- register ist nicht minder als Yorzug anzuerkennen. Schreiber. Verlag von J. F. LEHMANN in MUNCHEN. Grundzuge der Hygiene von Dr. W. Praiisnitz. Prof, an der Universitat Graz. Fiir Studicreiidc an LjiiverjsHateii mid teehnisclien Hocliscliulen, Aerzte, Arcliitoktcji iind Iiiseiiieure. Z w e i t e v e r m e h r t e u n d e r w e i t e r t e A u f 1 a g e. Mit 192 Original-Abbildungen. Preis broch M. 7. — , geb. A 8. — . Vereinsblatt der pfalz. Aerzte, 1892, Nr. 2. Das neue Lehr- buch der Hygiene ist in seiner kurz gefassten, aber pracisen Dar- stellung v^orwiegend geeignet zu einer raschen Orientirung iiber das Gesamtgebiet dieser jungen Wissenschaft. Die flotte, iiber- sichtliche Darstellungsweise, Kiirze und Klarheit, verbunden mit selbststandiger Verarbeitung und kri- tischer Wiirdigung der neueren Mono- graphien und Arbeiten, Vermeidung alles unnotigen Ballastes sind Vor- ziige, die gerade in den Kreisen der praktischen Aerzte und Studenten, denen es ja zur Vertiefung des Stu- diums der Hygiene nieist an Zeit ge- bricht, hoch geschatzt werden. Fortschritte d. Med. 1892, No. 9. Der Autor hat es versucht , in d=in vor- liegenden Buche auf 473 Seiten in moglichster JCiirze das gesamte Gebiet der wissenschaft - lichen Hygiene so zur Darstellung zu bringen, dass diese fiir die Studireuden die Moglichkeit bietet, das in den hygienischen Vorlesungen und Cursen Vorgetragene daraus zu erganzen und abzurunden. Das Buch soil also einein viel gefiihlten nud oft geausserten Bediirfnisse nach einem kurzen Leitfaden der Hygiene gerecht werden. In der That hat Prausnitz das vor- gesteckte Zicl in zufriedenstellender Weise erreicht. Die einzelnen Ab- sch/iitte des Buches sind alle mit g-leicher Liebe behandelt^ Feststehen- des ist kurz und Mar tviederi^e^eben^ Controversen sind xwrsichtii^ darge- siellt und als solche ffekennzcichnet ; ^^'^ ~"-~ — — • " " selbst die Untersuchungsmethode?i sind J. '^ knrz und mit Ausivahl skizziert und das Ganze mit schematischcn^ scknell orientierendcn Zeich?iungen zvjcckmdssiif illustriert. Referent ivdre vollkommen zufrieden^ kihiftig konstatieren zu konnen^ dass die von ihm examinierten Siudierenden der Medicin den Inhalt des Bitches aufgejiommen — und auch verdaut haben. Halle a. S. Renk. Verlag vonJ. F. LEHMANN in MUNCHEN BekrlsMllliclie Tascien-Pliantoiiie. Von Dr. K. Shibata. Mit einer Vorrede von Prof. Dr. Frz. von Winckel. 18 Seiten Text. Mit 18 Text-Illustrationen, zwei in alien Gelenken beweglichen Friicliten unci einem Becken. Diitte, vielfach vermehrte A ullage. la Leinwand gebuuden M. 3- — . Vermittelst dieses genial construierten Phantomes konnen alle bei der Geburt vorkommenden Lagen gebiidet werden. Es bildet soniit eine vorziigliche Erganzung zu jedem Lehrbuch der Ge- burtsbilfe. Bibliothek mediciiiischer Klassiker. Bd. 1. Herausgogeben von Medicinalrat Dr. J. Chr. iluber. Soranus von Ephesus. (Geburtshilfe, Frauen- iind Kinderkrankheiteu , Diatetik der Neu- geborenen) iibersctzt von Dr. H. Liineburg. Kornmentirt und mit Beilagen versehen voq Dr. J. Ch. Hnber. 160 Seiten Text. Freis it. 4.—. Annalen der Stadtischen Allgemeinen Krankenhauser XTL lyrii lie lion. Im Verein mit den Aerzten dieser Anstalten herausgegeben von Prof. Dr. von Ziemssen, Director des Stadt. Allgem. Krankenhauses 1/1. Band VI. 1890-92. 477 Seiten mit 19 Abbildungen. Preis M. 10.— Band VII. 1893. 366 Seiten mit 4 Abbildungen. Preis M. 10.— Diese Bande erschienen in wesentlich veranderter Form. Wahrend friiher die statistischen Tabellen den Hauptinhalt bildeten, enthalten diese Bande vorzugsweise allgemein interessirende casu- istische Beitrage und lehnen sich in ihrer Einrichtung ganz an die Cha rite- Annalen an. Ver'"- von D COLUMBIA UNIVERSITY LIBRARIES . j:_„4.^rJ l^ploW. or 2 with the Librarian m charge. _^^^^ All des vorliegenat- 28 (( den Stndirendei ' Werk darbietet, „ .v«um aiies wesentliche klar und anschaulich zusammentasst. Einen besonderen Schmuck des Buches bilden die zahlreichen , in moderner Manier und zum Teil farbig ausgefiihrten Abbildungen, Wir konnen das Werk alien Interessenten nicht dringend genug empfehlen. Verlag von J vergleiclj Profi Lieferung Lieferung Das ganj gelangeu 1 — 2 Jedes I .i-l Abo] DieKo im VOI 20 Se r- I r 1 1 ■« A at Ai : „ M 1 1 II P U C M f^' r^Jf' ^.^^■7 .J " die norr Yei des Schadel^rundes urid seiner G-iuben von Dr. 0. Schatfer, Privatdocent a. d. Uuiversitat Heidelberg. 4''. 1893. 54 S. mit 50 Abbildungeu uud Tabollen A 7. Mn\/ \\{) U^'^