THE LIBRARY OF THE UNIVERSITY OF NORTH CAROLINA 5 THE LIBRARY OF THE UNIVERSITY OF NORTH CAROLINA AT CHAPEL HILL ENDOWED BY THE DIALECTIC AND PHILANTHROPIC SOCIETIES BL96 .C75 1836 v. 3 Iliiiii 10000833635 This book is due at the WALTER R. DAVIS LIBRARY on the last date stamped under "Date Due." If not on hold it may be renewed by bringing it to the library. DATE RET DUE RET " DATE RET DUE RET - - E JUL 1 7 & 02 UL 0 8 20t > » 13 mm )I3 Form No. 513, R*v. VP* Digitized by the Internet Archive in 2014 I https://archive.org/details/symbolikundmytho03creu_0 Friedricb Creuzer's Deutsche Schriften, neue nnd verbesserte. Hi Brste Abtheilun?. Drifter Band. gig I*-" * Drue k und Verlag von Carl Wilhelm Leske. * l 1841. Symfrolik una Mytliologie der alten Volker, besonfors der Oriecben Friedricli Creuzer, Doctor der Theologie und Philosophic, ordentlichem Professor der alten Literatur zu Heidelberg, Grossherzoglich Badischem Geheimerath und Comthur des Grossherzoglich Badischen Ordens vom Zahringer Lowen, Ritter des Koniglich Franzosischen Ordens der Ehrenlegion und mehrerer Akademien und anderer gelehrten Gesellschaften Mitglied. 19 Dritter Theil, erstes Heft Dritte verbesserte Ausgabe griyM ttitXi flarmstaftt. D v a c k und Ve rlag von Carl W i I h e 1 m L e s k e. 1841. Funftes Capites, Von dem Ursprunge der Griechischen Religionsinstitute. Herodotus (II. 48-58.) und Strabo (XVI. p. 1105. Aim.), vorzuglich jener, sind uns hier Haupturkunden. Nach Herodotus ist Aegypten das Vaterland der wichtig- sten Religionsgebrauche , der meisten Hellenischen Tempel- gottheiten und ihres Cultus. Auch die biblisehen Urkunden beweisen das hohe Alterthum Aegyptischer Religionsinsti- tute Die von Plutarch (de malign. Herodot. p. 857. d. e.) da- gegen angefuhrten Dichterauctoritaten beweisen nichts. Zuerst gehort hierher die Argwische Colonie aus Aegyp- ten mit den dunkeln Sagen von den Inachiden, der lo ? dem Epaphus und den heilern von dem Chemmiter Danaus, der in die wilden Gauen von Argos Cultur und Religion brachte 2 ). Auch die Megarenser erkennen unter ihren Vorfahren den Aegyptier Lelex (Paus. Att. 39. 5.). 1) S. Spencer de Legg. Hebr. rituall. II. Diss. I. sect. 2. 2) S. iiber den Danaus Perizonii Origioes Aegyptt. c. XVI. p. 260 — 295. vergl. Pausan. Coriuth. 38. 4. Die Thracische und Samothracische Colonie hatte den Or- pheus und and ere Zoglinge Aegyptischer Priester zu Lehrern {Diod. Sic. I. 92—96.), und Herodot (II. 81. coll. 53.) spricht geradezu die ldentitat dessen aus, was die Griechen Orphtsch und Aegypttsch nannten. Wenn die Dichter und auch einige Historiker Thracien das Barbarenland nennen, so muss das von der spatern Zeit genommen werden, und wir konnen Herodots (II. 51.) Nachrichten nicht verwerfen, dass die Athener auch von den nachher auf Samothrace wohnenden Pelasgern religidsen Unterricht erhielten, und noch vieles Andere, so dass auf jeden Fall Thracien und Samothrace einer der altesten Sitze auslandischer Religionen bleibt *). Attische Colonie. Nicht uber das Ob, aber uber das Wie des Zusainraenhanges der Attischen Cultur mit der Aegypti- schen stritten schon die Alten 2 ). Da tritt zuvorderst der 1) S. die Abli. v. Levesque zum dritten Bande seiner Uebersetzung des Tliucydides : sur l'origine septentrionale des Grecs prouvee par quelques unes de leurs opinions et de leurs pratiques religieuses pag. 27S sqq. 2) S. dariiber Proclus in PJat. Tim. p. 30, wo die verschiedenen Meinungen des Theopompus, des Callisthenes und des Phanodemus ange- fiihrt werden. Vergl. Wyttenb. ad Jablonsk. Opuscc. III. pag. 19. ed. te Water. Diod. II. 28. (die Ansicht des Charax). Tzetz. Schol. ad Ly- cophr. vs. ll. T. I. p. 388. ib. Miiller und Siebelis ad Phanodemi Frgmm. p. 3 sqq. und die Meletemm. ex disciplina Antiquitatis I. p. 63 sq. [Wenn Theopompos die Abstammung der Atheuer von den Saltern im Trikaranos {iv rw Tqiy.aqavoS) bezeugt hatte, wie Jul. Africanus beim Eusebius (P. E. cap. X. p. 491 ed. Colon.) sagt, so ware das Zeugniss sehr zweifelliaft, weil diese Schrift bestritten (Aristidis orat. de laudd. Romae Tom. I. p. 211 ed. Jebb.), ja von Mancheu gar als ein dem Theopompos vom Anaximenes untergeschobenes Buch betrachtet wurde (Pausan. VI. 18. 5; vergl. K. 0. Miiller's Prolegg. zur Mythol. S. 98. und Fubr ad Dicaearchi quae supersunt p. 28. 35 sq.). Wenn hirigegen dieser Geschichtschreiber in seinem grossen Werke Philippica, dessen 25stes Buch die Widerle- gung mancher Athenischen Irrthumer enthielt, jene Behauptung nieder- gelegt hatte, so hatte sie eine grosse Auctoritat fiir sich (s. R. H. E. 7 Saiter Cecrops hervor, das Bild der Aegyptisch - Atlischen Cultur, von Dicbtern mannigfach ausgeschmiickt , doch mit unverloschlicher historischer Grundlage 1 ). Endlich gehort hierher die Pelasgische Colom'e in Thespro- tia und die Dodonaische Priesterniederlassung (Herodot. it 54 sqq.). Eine neuere Ansicht 2 ) will nicht eigentliche Aegyptier, sondern verfolgte und vertriebene Hirtenstamme, dergleichen auch die Israeliten gewesen, auswandern lassen. Und Raoul- Rochette (Hist, de l'Etablisseinent des colonies Grecques 1. 4. p. 60 ff.) schreibt die Wanderungen nach Griechenland den Phonicischen Hirtenkonigen , Hyksos genannt, zu, die, aus Niederagypten in die Gegend der kieinen Syrte gedrangt, von da nach Griechenland ubersetzten 5 und den Libyschen Poseidonsdienst einfuhrten. In der neuesten Zeit ist der Aegyptische Ursprung der meisten Griechischen Tempelgotter wiederholt bezweifelt wor- den , besonders weil die Namen so gar verschieden iauten. Aber wir kennen die alt- Aegyptische Sprache wenig , viel- leicht die von den ersten Colonien mitgebrachten Namen gar nicht, und im Orient waren ja imraer die Namen der Gotthei- ten nach den verschiedenen Beziehungen, unter denen sie gedacht wurden , verschieden. Bei der von der Aegyptischen verschiedenen Abkunft und Sprache des Grundstamines der altesten Bewohner Griechenlands mussten die Priester a) dem Aegyptischen Gott seinen Aegyptischen Hauptnamen geben, oder 6) den, der sich am besten in Griechische Form bringen Wichers ad Theopompi Chii Fragments p. 34 sq. p. 95. p. 217. u. p. 223 — 225.)- — - Wie dem aber auch sey ? die Behauptung hatteu Mehrere aufgestellt, wie Jul. Africanus a. a. 0. ausdriicklich bezeugt.] 1) S. die Nachweisungen bei Meursius de regno A thenar. I. c. 8. de Fortuna Athenar. c. I. und Wyttenbnch ad Plutarch, de g, N. V. p. 36. 2) Von Mr. du Bois-Ayme in der Descr. de FEgypte Livr. HI. An- tiqq. Memoir. T. I. p. 304.; vergl. die Commentt. Herodott. P. I. M wits 807622 C b liess, oder c) sie ubersetzten den Hauptbegriff des Gottes ins Griechische. Das erste geschah wohl schwerlich (s. Herodot. II. 57. Mahn Darsteliung der Lexicographie I. §. 204. p. 104. Aristid. Oratt. T. III. p. 608. T. II. p. 360. Jebb.). Das zweite geschah. Z. B. den Namen Phouro (Pharao) bildeten sie in Pheron urn (Herodott. II. c. 111. ib. interprr, Jablonsk. Voce. Aegyptt. p. 375 sqq. und Perizon. Origg. Aegg. c. XV. p. 257. [Ueber die Namensforraen Phrah, Phre 7 Pire, Phuro s. jetzt oben II. 1. S. 256 f. 3ter Ausg.j). Aber gewiss haben die Lehrer der Griecken die Aegyptischen Gotternamen mehrentheils ilbersetzt '). So bekamen die Griechen z. B. den Begriff des Amun unter dem Namen Zeus 2 ) (Herodot. II. 42.). 1st diess richtig, so muss die Nachn'cht Herodots (II. 50.) 5 dass fast alle Gotternamen aus Aegypten gekommen seyen, von iiber- setzten Namen verstanden werden, und die Unahnlichkeit der Aegyptischen und der Griechischen Gotternamen beweist nicht, was man damit beweisen will. 1) Dass diess Regel war, beweist die Stelle des Plato im Critias p. 113. a. p. 157 ed. Bekk. S. Valckenaer ad Herodot. IE. 148. 2) [Oder vielmehr Dis, Aiq> woher die Aegyptische Stadt Thebae Diospolis bei den Griechen benannt worden, nach Emeric- David in sei- nem Jupiter, Paris 1833; der einen doppelten Juppiter aus Aegypten zu den Griechen kommen lasst : einen friihern, den Phthas ein atherisches Feuerprincip, von den Griechen Zevq, Zrjv , Zav genannt, und einen spa- tern Sonnen- Juppiter, Juppiter -Amnion, aus der Amnion -Stadt Thebe, von den Griechen als Dis bezeichnet.j §• 2 - Aber auch andere Wege der religiosen Bildung Griechen- lands weist Herodotus nach. Er unterscheidet den Libyschen Poseidonsdienst genau von den aus Aegypten abgeleiteten Gottheiten (II. 50.). Auch Phdnicien kennt er als Stamraland Griechischer Religion. Der Tyrier Cadmus und seine Colo- nisten in Bootien lehrten den Seher Melampus religiosen Dienst (II. 50.) '). Andere liessen den Cadmus auch aus Aegypten einwandern (Photii Bibl. Cod. CCXLIV.) 2 ). Ueber Samo- thrace und Thracien wurde den Griechen auch von andern Seiten her Cultur und Gottesdienst zugefuhrt. Dort war ein alter Pelasgiseher (nicht Aegyptischer) Dienst (Herodot. II. 51.). Hier wird aber erst eine Untersuchung uber die Pelas- ger nothig 3 ). Dahin gehoren nun die Samothracischen My- then von Dardanus 4 ), die Sagen von Corinthus, von dem Uebergange Arcadischer Pelasger nach Italien . von den Tyr- rhenischen Pelasgern s ). In den Sagen von Dardanus sind alte Erinnerungen aus der Vororphischen Periode aufbehalten, 1) [Vergl. vorlaufig Melampus und sein Geschlecht, von Karl Ecker- maun, Gottingen 1840.] 2) S. die Fragmm. Historr. Grr. antt. p. 35 sqq. 3) Einen Beitrag giebfc Larcher in der Herodoteischen Chronologie chap. 8. 4) Bei Dion. Halicarn. Archaeol. I. 68 sq. ; vergl. den sechsteu Exc. v. Heyne zu Virg. Aen. III. p. 486 sq. 5) Fragmni. Historr. Grr. antt. p. 41. Larcher 1. c. p. 248 sqq. und vom Zusammenhange Vorderasiatischer , Samothracischer und Etrurischer Cultur , welche nie ganz klar werden kon- nen 1 ). Aber bestimmter wissen wir von dera Zusammen- hange Vorderasiatischer Volker mit Europaischen , z. B. von der Wander iing der Brigier oder Phrygier aus Macedonien nach Kleinasien, und von der Niederlassung des Phrygiers Pelops in Griechenland Auch Scythische Elemente weist man in der Griechenreli- gion nach 3 ), unter andern die Mythen vom Prometheus vom Caucasus her, den Dienst der Artemis Taurica, die Geschenke der Hyper boreer nach Dodona und Delos (Herodot. IV. 32 sqq.) *}. Kurz a!le Griechischen Volker hatten Ursache 0so- %evia zu feiern (Pausan. Achaic. VII. 27.) 5 ). Bei alien die- 1) S. das erste Buch der Rom. Archaol. von Dionys. v. Halicarnass und Strabo's Untersuchungen iiber die Cureten L. X. p. 710 — 726. Aim. 2) S. Fragmm. Hist. Grr. antt. p. 170. Pausan. Corinth. 22. 4. 3) S. Ouwaroff iiber das Vorliornerische Zeitalter p. 13 sq. 4) Ueber vieles Andere hierher gehdrigp s. Ritters Vorhalle der Europ. Volkergeschichten vor Herodotus urn den Kaukasus und an den Gestaden des Pontus, Berlin 1820. [Viele zum Theil sehr abweichende Herleitungen der altesten Griechischen Culte sind theils im allgemeinen Theil (T. 1. 3ter Ausg.) von mir besprochen worden, theils werden sie noch im Verfolg an verschiedenen Stellen beriihrt werden. Hier erin- nere ich vorlaufig nur an Freret Recherches Tome XVIII, Paris 1796, an C. A. Bottiger's Ideen zur Kunst-Mythologie. Erster Kursus, Dresden und Leipzig 1826, mit meiner Kritik dieses Buchs in den Heidelbb. Jahrbb. 1827, Nr. 34 — 35., an Lobeck's Aglaophamus, an K. 0. Muller's Dorier, besonders I. S. 13 ff., an Dessen Prolegomena zu einer wissenschaftlichen Mythologie, besonders S. 145 ff. und S. 347 ff., an Welckers Aeschylei- sche Trilogie und an dessen Kadmos , endlich an Ed. Gerhard's Prodro- mus mythologischer Kunsterklarung und an Dessen Grundziige der Ar- chaologie in den Hyperboreisch - Romischen Studien fiir Archaologie I., besonders S. 80 ff.] 5) S. Gronov. Thes. Antt. Grr. VII. p. 671. 791. 878. Hesych. p. 1694. Alb. Casaubon. u. Schweigh. z. Atheuaeus IX. 13, Vol. V. p. 38. [p. 372 A. vergl. iiber die verschiedenen Theoxenien bei den Griechen Preller ad Polemonis Periegetae Fragmm. p. 67 sq.] sen fremden Einflussen aber behauptete der Griechengeist sei- nen eigenthiimlichen Charakter, den Hellenischen Grundtrieb jenen Hang zura anthropomorphistischen Genealogisiren $ und nur heilige Priestersagen (Tfepdl Xoyoi z. B. Herodot. II. 51.) mochten den Charakter bedeutungsvoller Kiirze behalten, wah- rend sich jener Hang in mahrchenhaften Gottergeschichten ausserte, die aber von den Priesterschaften herabgewiirdigt wurden (Herodot. II. 143.) '). Es war aber nothwendig, urn den Gotterdienst der Grie- chen, Etrusker und Bonier in seinen Hauptmomenten zu fas- sen, dass zuvor Blicke auf die Religionen Aegyptens, Indiens, Persiens und Vorderasiens geworfen wurden, um nun zu den alteren Culten und Theogonien Griechenlands und dann zu den helleren Tempelgottheiten iiberzugehen. Nur noch ein Seitenblick uber die in den Kreis der $cy- thischen Religionen gehorige Fabel vom Zamolxis rooge vor- angehen. Herodot namlich (IV. 95 sq.) sagt: die Geten glauben, dass die Hingeschiedenen zu dem Gott Zamolxis gehen, der mit Pythagoras Umgang gehabt, und die rohen Volker gelehrt habe, dass sie nach dem Tode an einen Ort kommen wurden , wo es ihnen wohl seyn werde immer und eioig. Herodotus setzt hinzu, Zamolxis musse wohl Jange vor Py- thagoras gelebt haben, moge er nun ein Mensch gewesen oder eine Volksgottheit der Geten seyn (Vergl. Eustath. ad Odyss. IX. 65. p. 335 Bas. Commentt. Herodott. p. 171. Por- phyr. Vit. Pythag. cap. 14. Jambl. Vit. Pyth. c. 23.). Dieser Lehrer der Unsterblichkeit der Seele (welche Lehre bei den Heilenen an die Bacchischen Mysterien ge- knupft war) kann, wie der spatere Pythagoras, in gewissem 1) Ueber die Stelle des Herodotus ill, 53.)? wo Homerus und Hesi- odus die Erfinder der Hellenischen Theogonie genannt werden, s. die Comment. Herodott. p. 167. und die Briefe uber Homer und Hes. p. 11. 27. u. das. die Note. Ouwaroff4 c. p. 11. Sinn e ein Orphiker heissen, weii beide aus alter Aegyptischer Ueberlieferung schopften, die an ihrer Spitze den Naraen Or- pheus tragt. Zamolxis (sagt Hellanicus im Etyinoi. m. v. Zap?) zeigte den Thracischen Geten die Weihen in G rotten. Das war auch Gebrauch in Indien, in Aegypten, ja im Norden (s. Mosers verm. Schr. II. p. 215 ff. 277. Thorlacius Aufsatze das Griech., Rom. und Nord. Alterth. betr. p. 250. Commentt. Herodott. p. 171 sq.) 9 und in den Mithrasgrotten , von welchen oben die Rede war. Das von ihra angeordnete dreijahrige Unsterblichkeitsfest (s. Herodot. 1. c.) enthielt, wie ein ahn- liches Aegyptisches (Herodot. II. 132 sqq.), eine mimische Darstellung der Unsterblichkeitslehre und des Trostes von der Seelen Fortdauer *). 1) [Ich bemerke hierzu jetzt: 1) Dass die Schreibart ZaXfio^q nach dem Zeugniss der Handschriften der andern Za^ol^iq vorzuziehen ist (s. Bosscha ad Appuleii Apol. Vol. II. p. 451. Imm. Bekker Commentt. crit. in Platon. I. p. 85. und die Anmerk. zu Herodot. IV. 94. p. 455. 2) Was die Sache betrifft, so wiederhole ich nicht, was in den Commentt. Hero- dott. a. a. 0. und zum Herodotus selbst a. a. 0. von mir und yon Baebr p. 455 — 460 bemerkt worden, und worauf zum Theil Sturz zu den Frag- menten des Hellanicus p. 67. der 2ten Ausg. und Guigniaut p. 270 — 274. selbst verwiesen haben. 3) Was ich aber hier kiirzlich nachtragen will, ist Folgendes: Zalmoxis wird uns bald als ein Heros, bald als ein Da- mon, bald als ein Gott vorgestellt, und ausdriicklich so bezeichnet. Nun berichtet Mnaseas beim Photius (Lexic. p. 45 Dobr. 51. p. 45 ed. Lips.), bei den Geten werde Kronos Zamolxis genannt. Wenn wir nun beim Herodotus lesen, dass dieser Culfcus rait Menschenopfern verbunden war, wobei die zu Opfernden mit Botschaften an den Zamolxis beauftragt war- den, so miissen wir einmal an die phonicischen dem Moloch-Kronos dar- gebrachten Menschenopfer deuken ; sodann, wenn wir vernehmen, dass jene Thrakier glaubten, die Verstorbenen kamen zum Zamolxis (Phot. 1. 1. y.ul zovq cmo&avovTccq als zwei kosmische Potenzen vorgestellt (Monas und Natur oderDyas, als die ersten Gninde alles Seyns, in welchem Sinne sie der Romer mit sei- nen Penaten (per quos penitus spiramus) identificirte. Cassius Hemina (bei Macrob. Sat. III. 4.) sagt bestimmt: die Romi- schen Penaten seyen keine andern als die Samothracischen Gotter. Derselbe Begriff Jag auch in jenen Tritopatoren. In Athen hiessen sie Anaces oder Anactes, Besorger , Re- genten A ) , und die Dreizahl , in der sie unter diesem Namen erscheinen, ist eben so, wie im Mythus von den drei Samo- thracischen Brudern, zu erklaren, d. h. einer war ihnen als Camillus zugeordnet (Pausan. Phocic. c. 38. §. 3.) 5 hier heisst der dritte Voter > wie dort der dritte Bruder , Dionysus. Die- ser wurde nun im Orphischen System vor den zwei Brudern (Zagreus und Eubuleus, Cic. de N. D. III. 21. p. 587.) her- vorgehoben , und riss sogar in den Bacchischen Mysterien die Ehren der beiden andern an sich, und auch deren Namen; so dass man dort bios vom Dionysus als Zagreus, aus der mystischen Ehe des Schlangengottes Zeus mit Persephone erzeugt, sprach, ja denselben auch Eubuleus nannte, zum Beweise, dass oft ein Wesen in einem Cultus als hbchste Gottheit erscheint, wahrend es an einem anderen Orte als eine niedere Potenz gilt. Auch jene alten Dioscuren wurden , vor den Tyndariden, als Beherrscher der Winde und als Beschirraer zur See ge- dacht, so wie in Athen die Tritopatoren (Suid. v. T(>/r.) 2 ). 1) S. Cic. de N. D. III. 21. ib. Cr. p. 586. 2) Vergl. Plianodemi Demonis et Clitodemi Fragmm. ed. Siebelis p. 3. 17. uud 43. Jene waren zugleich Feuergotter, die nach gebandigtem Sturme an der Spitze der Masten als Flammchen erschie- nen Auch Ehegdtter wurden sie als Herren fiber Feuer und Wasser 2 ), und in dieser Eigenschaft schrieb ijnien dann das alte Pelasgervolk die Kraft des Fruchtbarinachens zu. So vvie wir aber in der Samotbracischen Religion ein geheim- nissvolles Bewahren der Idole finden, so auch in der Haus- religion der Ebraischen Erzvater die heimlich bewahrten Theraphim 3 ). Ueber die missere Gestalt jener alten Gottheiten s. vor- zuglich Dionysus I. p. 115 sqq. 166 sqq. , wozu noch bemerkt werden kann: Herodotus kannte die Aegyptischen Cabiren und die Phonicischen Pataken als Zwerggotter, und so gin- gen sie auch zu den Pelasgern fiber (Pausan. Lacon. 24. 4.). In Laconien standen vier eherne Zwergfiguren, die man Dios- curen oder Corybanten, die vierte aber Minerva nannte, mit (^konischen) Hiiten. Das waren Laconische Tritopatoren mit einer Mutter. In der historischen Sage Avurde aus dieser Dreiheit das Tyndaridenpaar und die Heroine Helena. Das Symbol der Welthalbkugeln oder Halbeier wurde umgewan- delt in die Eiform, wobei man dem Volke dann das Mahrchen vom Ei der Leda erzahlte 4 ). Stellte man den Zwerggott unter das halbe Ei ? so deckte es ihn als konischer Hut; stellte man ihn darauf, so glich er den Kruggottern. Und wirklich hiess der Aegyptische Kruggott Canobus ein Amyclaer (Dionys. 1) Diod. IV. 43. p. 286 sq. ib. Wess. Hemsteiii. ad Lucian. Dial. Deor. XXVI. T. II. p. 342 sq. Bip. fior. Carm. I. 12. 27. (vergl. I. 3. 2.) ib. Fea p. 19. Die Schiffer nennen diese Erscheinuag heut zu Tage das Sanct Elmsfeuer oder Helenenfeaer. 2) Festus y. aqua. Lucianus im Gastmahl T. IX. p. 66. Bip. 3) S. iiber sie Genes. XXXI. 19. Michaelis Bibeliibersetzung II. p. 142. Schelling iiber die Gotth. v. Samothr. p. 95. Sickler die Hierogl. im My- thus des Aesc. p. 61 ff. Commentt. Herodotfc. p. 277. 4) S. dariiber Athenaeus II. p. 58. p. 221. Schweigli. Eustath. ad Odyss. IV. 122. p. 157. Bas. Perieg. 13.) , wie die Dioscuren Amyclaer heissen; so dass die Sage formlich von Pataken weiss, die aus Laconien nach Aegypten gekommen seyn sollen. — So wie nun aus und neben Kruggottern bauchigte Zwerggotter entslanden, speer- tragende Pygraaengestalten 5 so entwickelten sich wohl auch aus diesen allmahlig die schlanken Jiinglingsgestalten der schonen Dioscuren mit konischem Hut oder Sternenhut. Die alten Palladien aber, uberhaupt die alten Idole waren gewiss klein und von Schonheit der Gestalt entfernt Auch die VerscMeierung der Palladien und anderer Gottheiten, gleich den heiligen Krugen zu Canobus, und dem Kopfe des erschla- genen Cadmilus, deutet auf alte Samothracische und Phrygi- sche Symbole und Idole 2 ). Naiv und gerade deutete die 1) Pausan. Arcad. 46. 2. Achaic. 21. 22., vergl. Winckelmanns An- merk. z. Gesch. d. K. I. p. 272. n. Ausg. Ein Palladium s. in den Abb. zur S. u. M. T. XXXIX. nr. 3. 2ter Ausg. 2) S. Pellerin Recueil de Medailles II. 36. 70. C— Hier denn auch einige Worte von einer uralten Lakonischen Sinnbildnerei dieses Cultus. Ich schicke die Anfiihrung der Quellen voraus , ohne mich liier auf Ety- mologien^ wozu sie Stoff darbieten, einzulassen: Plutarch, de fratern. amore p. ?78, b. p. 949 sq. Wyttenb.^ vergl. Wessel. ad Herod. V. 75. Hesych. L p. 1017. Suidas I. p. 613. Eustath. ad Iliad, p. 1125. p. 46 ed. Lips. Etymolog. Magn. p. 282 Heidelb. p. 255 Lips. Zonar. Lex. p. 1125. — Es ist namlich von den segenannten Dokana (t« Sonavu) oder von den Spartanischen Balkenbildern der Dioskuren die Rede. Es scheinen aber auch die Graber der Tyndariden in der alten Lakonischen Stadt Therapne so genannt wordeu zu seyn (K. 0. Miillers Dorier I. S. 92.). Derselbe Archaolog bemerkt sehr treffend CS, f 4C8 ebendaselbst) : „Im Dienst der Dioskuren scheint zweierlei verschmolzen — die heroische Ehre mensch- licher Tyndariden , und der altpeloponnesische Cultus der grossen Gotter, und zwar so, dass durch Sage und Dichtung successiv immer mehr von diesen auf jene iibertragen wurde — der Name der Zeussdhne — ■ die Eigeburt und Eihiite — der Wechsel von Leben und Tod — die Herr- schaft iiber Fluth und Wind. Aus der Spartanischen Religion ervvahne ich jene uralten Bilder, doxava genannt, zwci aufgerichte'te Balken mit zvvei querubergelegten, welche doch das hohe Alter eiuer melir als heroi- schen Verehrung zu beweisen scheinen — die Sitte, bei Kriegsausziigen I 28 Vorwelt kosmische Begriffe und Naturgottheiten an 5 aber unter der Herrschafl des Mythus bildete sich spater eine Kunstlersitte , und Absicht und Reflexion trat dazwischen. — Doch wir gedenken noch einer Ansicht der Saraothracischen Cabiren, nach welcher durch die Denieter die Verbindung derselben mit den Attischen Eleusinien deutlich wird. stets die Bildsaule eines derselben oder beider, wenn beide Konige aus- zogen, mitzunehmen, welche die Tyndariden als eigentliche Kriegshel- deu darstellt — den Glauben , dass sie oft als hilfreiche Horte oder auch ohne besondere Noth bios als freundliche Gaste erscheinen." < — Auf die- sen Glauben hat auch neuerlich Wachsmuth (Hellen. Alterthumsk. II. 1. S. 385.) aufmerksam gemacht. — Was die Hauptsache betrifft, so sagt Plutarchus in der Hauptstelle (a. a. 0.) nichts davon, dass jene sparta- nischen Balkenbilder aufgerichtet waren, wohl aber, dass ihre Zusam- menftigung Unzertrennlichkeit, Gemeinschaft und Bruderliebe bezeichnen sollte. — Wenn nun aber jene Dokana auch als Tyndariden- Graber bezeichnet werden, so lautet dies seltsam. Doch scheint das Etymol. M. a. a. 0. durch die Worte Aufschluss zu geben, jene Dokana hatten das Ansehn von geoffneten Grabern {yuwaatav Tnyow v.vtMyitivwv). Ich stelle mir demnach die Sache so vor: Bei der alteren Griechischen Sitte, die Todten zu beerdigen, wurden diese Balken und Querbalken auf die offe- nen Graber gelegt, um die Sarge vor der Einsenkung zu tragjen. Zwi- schen Oberwelt und 'Grab gelegt waren die Tyndariden die bildlichen Todtentrager, und vermittelten , nach dem Grundbegriff ihres Wesens, Tod und Leben $ am Himmel erschienen sie so im alten pelasgischen Bil- derkalender als die Zwillinge, namlich hier wie dort unter der Fi- gur — Beim Auszug auf Leben und Tod nahmen beide Sparta- nerkonige die verbundenen Balkenbilder als Heilszeichen mit. Zog nur Einer in den Krieg, so wurden sie in zwei Halften getrennt, und ein jeder von beiden bewahrte seinen Theil bei sich, wie nach altester Sitte Gastfreunde zwei Halften einer Holztafel als Symbola tovppofoi) aufbe- wahrten (S. I. S. 29 f. 2ter Ausg.). — Uebrigens bemerke ich schliess- lich , dass Bottiger (Ideen zur Kunst-Mythologie I. Vorrede XLV.) gegen Welcker, der diese doxava in Lakonien selbsfc entsprungen seyn lasst (Aeschyl. Trilog. S. 225.) gewiss Recht bat, wenn er diesen Gebilden, so wie dein Kabir und Anax als religiosen Namen einen Asiatischen (oder, wie er bestimmter behauptet, einen pbdnizischen) Unsprung, beilegt.] Nach dieser Ansicht ist Axieros Demeter, Axiokersa Persephone, Axiokersos Hades; Casmilus ist Hermes, aber auch wieder lacchus d. i. Bacchus als Damon der Demeter. Dieses System verbreitete sich weit j vorziiglich findet es sich zu Athen, wo ein Zweig der Eleusinischen Feier davon sei- nen Ursprung hat. Die Geschichte der Verbreitung war an heilige Namen geknupft; z. B. an das Bruderpaar lasion und Dardanus, Sohne des Zeus und der PJejade Electra, Bruder der Harmon ia *). In diesem My thus erscheint deutlich eine Verbindung Phrygischer und Samothracischer Religion, woran auch Denkmale erinnern, z. B. die Munze von Thessalonich in den Abb. zur S. u. M. III. nr. 8. Erkl. p. 17. 2ter Ausg., wo sich auf der einen Seite die verschleierte Cybele, auf der andern ein Cabirus mit dem Hammer und mit dem Zodiacal - Steinbocke zeigt. Die Verehrung der Cabirischen Ceres war eine der hei- Jigsten unter den Griechen. In einer Erzahlung bei Pausanias (Phocic. 28. 1.) ist der Weg von Suden nach Norden herauf nachgewiesen , den die Religion der Isis oder Demeter von Aegypten oder Creta nach Samothrace und in die Gegend 1) Die Sage stehfc bei Diod. V. 48 sq. eine Anspi^lung - Odyss. V. 125. abweichend bei Hesiod. Theog. 969., vergl. auch Melefcemm. I. p. 52 sq. Nonni Uionys. III. 375 — 377. und Mosers Note zu Nonn. VIII. 160. p. 178. 30 genommen hatte. Auch Varro (a. a. 0.) kennt Isis unter den Gottheiten , die er Cabiren oder Dii potes nennt. Die Isis mit zwei Cabiren (oder Dioscuren) s. in den Abb. zur S. u. M. T. II. nr. 4. Erklar. p. 17. 2ter Ausg.) *}. Auch in Boo- tien war ein Tempel der Cabirischen Ceres und Proserpina, der Ungeweihten verschlossen war, und wo sich nach Pau- sanias (Boeol. 25. 6.) mit dem Begriffe jener dunkeln Machte von Samothrace die Vorstellung ungemeiner Heiligkeit und furchtbarer niagischer Gewalt verband. Von Eleusis und Athen aus war dieser Dienst auch nach Messene gekommen 2 ). Wo er sich aber lindet, sehen wir immer die Priester mit den Gottheiten verwandt und sie reprasentirend, so dass auch die Priesterzahl der Zahl der Gottheiten entsprach. Die Cabiren heissen Hephdste, die Cabirenpriester selbst Cabiren. So fin- det sich Iasion unter den Idaischen Gdttern und unter den Stiftern des C&birendienstes; der Zusatz dann, dass der vom Blitz Erschlagene unter die Gotter aufgenommen worden (Th'od. V. 48 sq.), verknupft das Idaische mit dem Samothracischen. Auch die Doppelnamen der Priester, die man oft findet, kom- men da her, wie denn z. B. nach Heilanicus (Schol. Apollon. I. 916.) Dardanus in Samothrace auch Polyarches hiess, und Iasion, sein Bruder, auch Eetion. In der EnUtekung und Foribildung der Cabirischen Reli- gionen lassen sich zwar verschiedene Systeme, aber keine ganz bestimmte Perioden nachweisen 3 ) , da selbst das histo- 1) Auch gehort in diese Ideenreilie die Vorstellung der Ceres mit dein Ruder neben dem Fiillhorn, dem Calathus und den Aehren, Fortuna- Ceres, in den Abb. zur S. u. M. T. VI. nr. 10. Erkl. p. 31. 2ter Ausg. 2) LUeber diese Kabiriscbe Demeter zu Andania, eine Hauptgottlieit des Messenischen Staats, und ihren mit den Eleusinischen Weihen ver- vvandten Geheimdieust, vergl. man K. 0. Miiller's Dorier I. S. 100. und 8. 398 f.] 3) Saintecroix Rech. etc. T. I. p. 40 sqq. will deren vier annehmen. Vergl. Sclielling iib. die Gotth. v. Samothr. Anmerk. 112. p. 100., der Ihm mit Recht vviderspriclit. 31 risch Bekannte raythisches Geprage hat. Als erster Gesetz- geber zu Samothrace wird Saos oder Saon genannt, wie die Insel selbst friiher geheissen haben soil *), des Zeus oder Hermes Sohn. Dann erscheint Dardanus, der den Schiffbau eriindet, und sein Bruder Iasion, der den Kremden den Zu- tritt zu den Weihen eroffnet. Nun kommt Orpheus, der den Argonauten rieth, sich einweihen zu lassen. Und wie die Argonauten, der Sage nach, dort Rettung iui Siurme gefun- den hatten, so versprach sich in der Folgezeit Jeder von der Aufnahme in diese Mysterien Sicherheit auf dem unsichern Elemente. Auch anderes Heil versprachen die Priester (Anac- toteiesta); und selbst moraiische Besserung wurde beabsich- tigt. Prufung, Beichte, Suhnopfer, Reinigung durch einen Priester (K6q$, Koh] von i^D, sacerdos) gingen der Auf- nahme vorher 2 ). Die Be\Vohner der lnsel und der Nachbar- lander liessen sich oft schon in zarter Kindheit einweihen; /z. B. Philipp von Macedonien und Olympias (Plutarch, in Alex, c. 2. , vergl. Schelling a. a. 0. p. 5. 49.) 3 ). Bei der Einwei- hung war besonders wichtig ein© Binde, die man lebenslang- Jich behielt, wahrscheinlich ein Schleier f Munter Antiquar. Abhh. p. 205 If. Briefe ub. Horn. u. Hes. p. 31.), wobei auch die Farbe bedeutend war. Wahrscheinlich war es die Pur- purfarbe. Auf die Bacchischen Weihen war naturlich diese Binde auch ubergegangen , und die Binden auf Grossgriechi- 1) S. Aristoteles beim Scboliasteu des Apollon. I. 917. , vgl. Diod. V. 48. ib. Wess. , 2) Vergl. Bochart Geogr. S. p. 747. Hesych. I. p. 293 sq. IF. p. 1740. Isaac Vossius ad Catull. p. 85. Plutarch. Apophth. Lacon. p. 217. 229. ed. Francof. Suid. v. diula/tpavti. Schelling 1. c. not. 9. p. 48. Nach Schel- ling ist Coes ONiH oder tyft Siihner. j • Ji'. ..,„ , ,*«,•« • ' „ ^BB? •' NsiXut, vi/o-wW, 'u4xekun<; u. A.) Die Kinder des Hyperion und der Thia (v.. 371 ff.), so wie die Sohne des Krios und der Eurybia, sind alle auf die Gestirne des Himmefs zu beziehen, wie schon ihre Namen andeuten. Die Genealogie von Vers 383 ff. deu- tet folgenden uralten Sinn an: Sobald der Titan Pallas sich mit der Styx vermahlt, d. i. sobald die finstere Quelle der Natur und des naturlichen Menschen anfgeregt wird, steigen starke Triebe herauf, Eifersucht und Gewaltthat, die Ailes sich unterwiirfig machen. Von Vs. 453. an erzahlt die Urkunde des Kronos und der Rhea Zeugungen, sein Verschlingen der Kinder u. s. w. 1) [Vergl. Hug Ueber den Mythus S. 223 f. — Buttmann im Mytho- logus I. 12. 'S. 273 ff. sodann iiber die Kunstvorstellungen der Musen K. 0. Miillers Handb. d. Archaolog. g. 393 fF. S. 594 ff. — Zum Grund- begriffe mache ich jetzt noch auf Plutarch.: Cur Pyth. oracc. metr. n. r. p. 402. p. 648 sq. Wyttenb. aufmerksam, wo das Heiligthum zu Delphi vorkommt, in welchem neben dem Tempel der Erde und dem Wasser- quell der Tempel der Musen war; wobei Verse des Simonides angefiihrfc werden. — Hierbei weise ich auch noch hin auf den Mythus und die Dar- stellungen des Atlas, iiber welchen neulich von Letronne, Welcker, Raoul-Rochette, und von mir selbst gehandelt wordenj s. Memoire sur les representations figurees du personoage d'Atlas par Mr. Raoul-Ro- t chette Paris 1835. mit den Additions et Corrections p. 73 sqq. u. Godofr. Hermanni Dissertatio de Atlante. Jedoch die vollstandigste Uebersicht Alles dessen, was die Schriftsteller u. dieDenkmaler iiber diesen Mythus ent- halten, hat Ed. Gerhard in seiner Vasenerklarung Archemoros und die Hesperiden, Berlin 1838. S. 32 ff. und S. 75 ff. in gedrangter Uebersicht mit durchgreifenden Epikrisen gegeben.] bis auf seine Entthronung durch Zeus. Ward oben Kronos mit Recht als deus in statu abseondito bezeichnet, so ist Zeus def deus in statu manifesto. Die Bedeutung des durch seinen Sohn entthronten und gefesseiten Saturnus ist folgende : Saturnus (Kgovoq, XQovoq) ist der dunhle Abgrund der ungezahiten Aeonen. Nun komrat Juppiter, der Weltherr, ordnet, theilet die Zeit, und bindet sie an den Lauf der Ge- stirne '). Weiterhin beschreibt die . Urkunde die Titanomachie (vs. 616 if.), d. i. den Widerstreit der Eleniente und der ungere- gelten Naturkrafte gegen die Ordnung und das Maass der Natur 2 ). Aehnliche ldeeri liegen dem Kampfe der Kroniden mit Typhoeus zum Grunde, wiewohl hier die Aegyptische Quelle nicht zu verkennen ist (s. Hesiod. Theog. 820 — 868., vergl. Iliad. II. 781. Fragmm. Hist. Grr. Antt. I. p. 166 sqq. und Moser's Note zu Nonnus Dionys. VIII. 272.). Unter den Titanen tritt besonders bedeutsam das Ge- schlecht des Iapetus und seine Schicksale hervor (Theog. 555 sqq., vergl. Opp. et D. 45 sqq.). Iapetus ist der Feuer- gott aus der Tiefe, seine Frau, eine Oceanine, kommt auch aus der Tiefe. Hier sind auch tellurische Andeutungen gege- ben. Prometheus aber und seine Bruder und des Epimetheus Frau bedeuten den edeln, bald lodernden, bald verloschenden Lebensfunken und alles, was das Menschenleben an Gutern und Uebeln Unergrundliches hat. [S. die Mythologie des Ia- petischen Geschlechtes ~- von K. H. W. Voelcker, Giessen 1824.] 1) Das ist die Ansichfc der Stoiker, s. Cic. de N. D. II. 25. Nach einer andern Ansicht kann derselbe Kronos als das Absolute, im Gegen- satz gegen Juppiter als das Intelligible, genommen werden, s. Meletemm. I. p. 44. ib. laudd. 2) Vergl. Iliad. VIII. 459 ff. Odyss. VII. 59. 206. X. 120. Ueber das Verhaltniss der Gigantomachie zur Titanomachie s. Heyne ad Apollod. p. 25. Mit dem Kronidenreiche , dera dritten Gottersysteme , ist die Entstehuno*, Gestaltung und Ordnung der Natur geschlos- sen. Oceanos, Helios, Eos und Selene bleiben in ihren alten Aemtern. Die Kroniden theilen die Welt unter sich (s. Theog. 880 ff., vergl. Iliad. XV. 193.) 1) Hierzu Nachtrag IV. w 9 Verhdltniss des Homerus und Hesiodus zur Religion ihrer Altvdter und zu der ihrer Zeitgenossen *). Es ist ein grosser Unterschied zwischen der Bedeutsam- keit der alten theologischen Dichterfragmente und der Aeus- serlichkehV der sinnlieh - greiflicken Gottergestalten iind ihrer Handlungen bei Homerus und Hesiodus. 80 aufiallend ihr derber Anthroponiorphismus ist, so lasst er sich doch auf eine genugende Weise erkiaren, ohne dass man alles Vorhoraeri- sche zu laugnen braucht. Griechenland war in der alten K6- nigszeit lange auf dem Wege, ziemlich priesterlich und, so zu sagen, orientalisch zu werden, und die Erbauer von Ti- rynth, Mycena' und Nauplia 2 ), die Priester von Sicyon und Argos mochten es wohl darauf angelegt haben. Aber in Griechi- scher Luft und auf Griechischem Boden gedieh das nicht. Die tiel- lenen vertrieben die Pelasger (Herodot. I. 60. VI. 137.). Die- ser Satz mag grossentheils von dem Auflehnen Grieehischer Volkskraft gegen fremdartige Priesterformen zu verstehen seyn. Nach dem Erloschen der alten Geschlechter wurde Sitte und Verfassung, Denken und Dichten immer- mehr ab- 1) S. Hieriiber die Briefe iiber Horn, und Hes. p. 46 ff. und Hermanns Einwendungen das. p. 57 ff. [und jetzt den Allgemeinen Theil dieses Werks dritter Ausgabe, besonders in den Abschnitteu: Hieratische Poe- sie, Physiogonie und Vollendeter Anthropismus.]. 2) (S. Pausan. II. 25. . 3. VII. 25. 7. gewandt vom Tiefsinnig-inorgenlandischen, wurde verstand- Jicher, heller, aber auch inhaltsleerer. Das waren die Hera- clidischen Erschutterungen im zwdlften Jahrhundert vor C. G. Bis zum neunten (zu Homerus und Hesiodus) hatten die Re- volutionen alien Dingen eine andere Gestalt gegeben. Alte Priestergeschlechter hatten sich mehr castenmassig zusam- mengezogen, so dass noch raanche Elemente alterer Cultur blieben; aber die bewegliche und lebendige Phantasie des Griechenvolkes forderte und fand Sanger, die in der Weise und im Sinne der beguterten Laien und des Volkes sangen, und von dem priesterlichen Wissen wenig Notiz nahmen, viel- niehr die Priester gegen die Sanger herabsetzten l ). Es war also zu jener Zeit, was von alter, bedeutungsvoller Poesie noch ubrig war, in die Mysterien zuruckgedrangt, und bei Homerus und Hesiodus sind deutliche Spuren, dass sie altere Begritfe und Ueberlieferungen nicht mehr ganz vers'tanden haben, obgleich auch bei beiden entschiedene Beweise sich finden, dass sie nicht in Allem, was die alte Theologie lehrte, ganz unwissend waren. Als vielseitige und gebildete Manner konnten sie von dem alten Glauben bedeutsamer Religion nicht unberuhrt bleiben; es gab Mysterien, und in diesen wurden fort und fort die Hauptdogmen der alten Naturreligion vor- getragen. Die Ionier waren auch damals mit Phonicien und Aegypten, diesen Wohnsitzen priesterlicher Gesellschaften , wohl bekannt. Da lebte Homerus: und in der Nahe war Ephesus mit seinem ganz Asiatischen Gottesdienste. Bestimmt wusste Homerus von den Bacchischen Gebrau- chen und deren Bedeutung, so obenhin und fluchtig er auch die Sage von den Ammen des rasenden Dionysus (Iliad. VI. 132.) beruhren mag. Eben so leicht geht er (Iliad. II. 546.) 1) Hierher gehort die Art, wie Kalchas oft behandelt wird in der .Iliade, und wie es dem Opferwahrsager Leiodes (Odjss. XXII. 320 ff.) geht. S. dkgegen Odyss. III. 267. ib. Eustath. p. 126. und VIII. 479— 48!, wo die Sanger erhoben werden. Creuzer's deutsche Schrifteu. III. 1. 5 in der Stelle von Erechtheus fiber einen sinnvollen Mythus hinweg, dcr doch in der simpelsten Erzahlung (Apollodor. III. 14. 6.) so viel Stoff aus altester Naturreligion darbietet. Der Dichter scheint sich darin zu gefallen, seinem naiv-kraf- tigen Gesange durch jeweilige leise Andeutung etwas Pikan- tes mitzutheilen. Die Poesie will und darf nichts von der Geheimlehre wissen; es will aber der Dichter, und namentlich auch der Homerische Hymnendichter, vor dem versammelten Volke den Unterrichteten und Eingeweihten zu verstehen gebfcn, dass auch er zu den Religionskundigen gehore obgleieh ubrigens Homerus und Hesiodus schwerlich den Zusammenhang der theologischen Dogmen kannten, vielmehr manehe Lehrsatze selbst schon ganz anthroporaorphistisch nehmen mochten. Hierher mochten gehoren: Iliad. I. 422. Odyss. I. 22. Iliad. VIII. 18 ff. XV. 18. Durch die planmas- sige Anlage der Odyssee aber zieht eine allegorische Folge hin, die vielleicht der Dichter selbst nicht in ihreni Zusam- menhange sich klar dachte. Es geht aber allerdings ein hie- roglyphisches Gebilde im Hintergrunde durch das ganze Epos, vielieichfc eine Allegorie des menschlichen Lebens, obwohl im Laufe der Zeit vielleicht schon manche historische Tradition aus der Nationalsage hinzugethan wurde, ehe Homerus die Dichtung ganz volksmassig vollendete 2 ). Das Resultat dieser Ansicht ist nun folgendes: 1) Es giebt eine alteste Masse Griechischer Poesie, de- ren Inhalt aus dem Orient entlehnt ist 5 der aber auch das Symbolische, ja selbst das Magische und Allegorische schon beizulegen ist. 2) Diese hat sich zwar den wechselnden Formen der Zeiten angeschmiegt, ist aber ihrem Inhalte nach den Griechen nieraais ganz fremd geworden. Sie erhielt sich 1) S. Welcker in Zoega's Leben II. p. 133. Das Durchschimmern alter, inhalt sr etcher , symbolischer Lehre zeigt sich auch in folgenden . Stellen Iliad. I. 396 ff. Odyss. X. 305. 135 ff. XIII. 101 ff. 2) Hierzu Nachtrag V. ♦ * * in den Priesterschaften , wurde spaterhin von Historikern und PhiJosophen untersucht, und kann von uns noch in ihren wesentlichen Lehren erkannt und dargestellt werden. 3) Diese CJeberreste theologischer Poesie sind ihrem Inhalt nach im Ganzen alt, und enthalten wesentliche Lehren morgenlandi- scher Religion. Die dem Inhalt nach jungere Homerische und Hesiodeische Poesie ist in ihrer Form die altere. Die Stelle des Herodotus von Homerus und Hesiodus (II. 53.) oi itoivi- aavrsg Seoyov'njv "EKhjoi bedeutet: sie haben die Personification der Gottheiien ganz volksthumlich vollendet. 5* Glauben und Wissen der Homerischen Menschen. In der Kenntniss des Himmels stehen Homerus und He- siodus weit hinter den Aegyptischen Priestern zuriick. Viel- leicht wussten aber auch die altesten Griechischen Priester nicht Alles, was den Aegyptiern bekannt war, weil es ja auch Grade der Erkenntniss unter diesen gab 5 vielleicht wollten sie auch nicht Alles lehren. Homerus und Hesiodus kennen die Bestimmung der Jahreszeiten nach dera scheinba- ren Auf- und Untergange gewisser Sternbilder *). Sie wis- sen noch nicht, dass der Morgenstern und der Abendstern Ein Stern sind 2 ). INur die grbsseren Jahresperioden und die Hauptarbeiten des Landnianns werden nach den Sternen be- stimmt. Prognostica auf bestimnite Tage und Wetterveran- derungen kennt Homer nicht. Von Stern bildern nennt er nur den Stier , mit den Hyaden und Plejaden, den Orion, dm Sirius y Arcturm und den grossen Bar en, Vielleicht aber kannte er raehrere fs. Iliad. XVIII. 486., vergl. den Excurs. V. von Tollius ad x4pollon. Lex. Horn. p. 743 — 748. und Heyne zu der angefuhrten Stelle des Homerus) 3 ). Er musste sich im 1) S; Pfaff de ortibus et occasibus siderum (Gotting. 1786. 4.) pag. 36 sqq. 2) S. Suid. v. "Eontqoq. Diog. Laert. VIII. §. 14. Cic. de N. D. II. 20. p. 287. ib. Dav. et Cr. 3) [Hesiodus fiihrt auch nur diese Sternbilder an; s. Schaubach's Kreise derjenigen Kenntnisse halt en, die seine Griechen verstan- den; wie in diesem, so in andern Fallen. Wir linden bei ihm auch Anfange einer Anthropologic, d. h. rohe Vorstelluhgen von der Seelen Sitz, Natur und Schicksal Ueber den Sitz der Seele schwankte der Hel- lene zwischen Blut und Odem$ in diesein war ihm Princip des Lebens, des Denkens imd Empfindens. Beim Tode verlasst die Seele den Leib dureh den Mund oder durch die Wunde, und geht an ihren Ort in oder ausserhalb der Erde 2 ). Merk- wurdig ist die Stelle vom Hercules (Odyss. XI. 602.), wo gesagt wird, sein Schatten sey in der Unterwelt, er selbst aber im Olymp 3 ); also das Niedere ist im Hades, das Hohere bei den unsterhlichen Gottern. Ira Anfange der Ilias dagegen sind die Seelen der Helden im Hades, sie selbst aber (die Hel- denleiber) ein Baub der Hunde und Vogel. Gescliichte der Astronomie S. 11 — 23, angefiihrt von Guign. S. 382. — Wie wenig ich iibrigens die grosse Einschrankuug billige, in welche K. O. Miiller in den Prolegomenen zu eiuer wissensehaftlichen Mytholo- gie (S. 191 ff.) die astronomischen Mythen einzwangen will, liabe ich schon in der Vorrede zum Allgemeinen Theil (I. 1. S. XI. 3ter Ausg.) angedeutet. Als ein Beispiel soil hier nur an den uralten, inhaltsreichen My thus von Argos Panoptes (s. IL 1. S. 298 IF. 3ter Ausg.) erinnert werden.] 1) S. Halbkart Psychologia Homerica, Ziillichau 1796. A. W. Schle- gels Recension in den Charakteristiken und Kritiken im ersten Bde; Zoega de Obeliscc. p. 270 sqq. Carus Gesch. d. Psychol, p. 125 sqq. 2) [Ueber die alteren Vorstellungen von der Seele vergleiche man Cicero in den Tuscull. I. 9 sqq. mit den Anmerkk. von Davies, Klotz u. Moser. — Ueber die verschiedenen bildlichen Darstellungen derselben in Vasenbildern und andern antiken Denkmalern, s. Raoul-Rochette Achil- leide, oder Mo num. antiqq. ined. I. 107., vergl. Inghirami Galleria Ome- rica I. p. 30 sq. und K. O. Miiller's Handb. g. 397. S. 605 2ter Ausg.] 3) S. Cic. de N. D. III. 16. p. 551. ib. Cr. [vergl. Cic. de Republ. III. 28. p. 392 ed. Moser und Annott. in Plotin, p. 6., p. 221. und 248 ed. Oxon.] 70 Die Goiter Homers sind Stammgotter in ortlicher Be- schriinkung, Gotter derPhrygier, der Trojaner und Griechen. Sie sind umterhlich, konnen auch Menschen unsterblich raachen (Iliad. XX. 230 sqq. Odyss. V. 135.), after doch oft den Tod ihrer Lieblinge nicht hindern (Odyss. I. 35. Iliad. XVI. 426 ff.); denn auch sie mussen sich unter die poloa und die atay (das zugetheilte Loos und die unausweichliche Nothwendigkeit) beugen. Das Fatuni in seiner weitesten Ausdehnung kennt zwar Homer nicht , er ahnet es aber: und stellt doch daneben wieder Gotter auf, die selbst dem Fatum nicht untergeben sind. Er hat das Gefuhi der schrankenlosen Nothwendigkeit, einer austheilenden und rachenden Gerechtigkeit und eines allwaltenden Schicksals, und doch wieder Gotter, die, so zu sagen, Unmogliches moglich machen. Die Stellen, wo Jup- piter die Schranken seiner Macht zu durchbrechen strebt, sind haufig. Das ist die acht volksmassige , also poetische Inconsequenz des Homer us mit seinem anthropomorphistischen Gotterhimmel. Im Gefuhi der Freiheit vergisst er oft das Schicksal. Selbst noch Herodotus ist in diesem naiven Con- flict befangen Die Gotter bewegen sich schnell wie Vogel, wie Winde, wie Biitze (Iliad. IV. 75. Odyss. V. 51.), ja sie gehen uber- haupt ganz anders als die Menschen (s. Heliodor. Aethiop. III. 12. p. 125 Coray und Hieron. Alexander in Jac. Morelli Epistoll. septem variae eruditionis, Patav. 1819. p. 18 sqq.). In geringerm Grade besitzen jene Schnelligkeit auch die Hel- den. Die Gotter sind starker und schwerer als die Menschen, auch schreien sie starker (II. V. 859 If.), und sind weit gros- 1) S. die historische Kunst der Griechen von Cr. p. 151. Ueber die Homerische Ansicht s. Muretus ad Senec. de Provid. T. III. p. 93 sqq. ed. Ruhnk. Ein reinerer Begriff von Willensfreiheifc schimmert hervor in Odyss. I. 32 sqq. [Man vergl. jetzfc: De Jove Homeri scripsifc Ed. Maetz- ner, Berol. 1834 und namentlich §. 2. p. 5 sqq.: „De diis Homericis in uiiiversum."} "* ,'/* "VJji ser ails die Sterblichen. Mars deckt sieben Hufen Landes (II. XXI. 405 IF.) '). Die Schonheit ihrer Leiber ist unaus- sprechlich 2 ). In der Regel sind sie unsichtbar , aber wenn sie erscheinen, sind sie grosser und schoner als die Men- schen (II. III. 806. Od. XVI. 158 ff.) ? gewohnlich in einem Lichtglanze (II. IV. 75.) 3 ). Oft ist aber ihr Schauen den Menschen verderblich (II. XX. ISO f.). lhre Lieblinge raachen die Gotter nach Gefallen sichtbar und unsichtbar (II. III. 380 f.). Es liegt bei den Homerischen Gottern die Idee der Edeln und Kdnige im Verhaltniss zum gemeinen Volke , zum Grunde. Das Gotterleben ist nur das verherrlichte Leben Griechischer Burgherren. Wie die Burg eines solchen Koniges ist der Olympus eingerichtet, und hier wie dort ist der Tag* zwischen Spiel und Gesang, Uebungen, Mahlzeiten und Berathun- gen getheilt 4 ). Aber Alles, was sie angeht , heisst unsterb- lich QapfipoTov^)* ihr Nahrungsstoff heisst darum auch Ambrosia (Heyne Exc. IX. ad Iliad. I. 529.). Denn Nahrung hediirfen sie, damit sich ihre Unsterblichkeit nicht gleich dem Lichte der Lampe verzehre. Gerade so nahren sich die Indi- schen Gotter auf dem Meru, dem Indischen Olympus, von dem Mischtrank Ampiiam s ). Darum sind die Griechischen wte die Indischen Gotter dddvaroL^ aber nicht ewig. Und so mochte denn die Ansicht der Griechen von ihren Gottern nur eine Verzweigung Indischen Glaubens seyn- 1) Auch die Heroen sind gross. Orestes missfc sieben Ellen, andere noch mehrj s. Commentt. Herodotfc. I. p. 301. 2) Horn. Hymn, in Cer. v. 277. ib. interprr. 3) Vergl. Heyne Excurs. I. ad Iliad. I. de interventu Deorum in Ho- rn ero CObss. T. IV. p. 168 sqq.). 4) S. Heyne Excurs. VIII. ad Iliad. I. 494. Obss. p. 187. 5) S. Ch. Pougens Tresor des Origines de la laugue Franc, p. 71., rergl. Buttmann im Lexilogus nr. 34. p. 132 sq. m Achtes Capitel. Uebersicht der Griechischen Gotter *). ZEUS. ■ % i. .^M Einleitung und Uebersicht. % Die religidsen Bildungsstufen der Griechischen Mensch- heit miissen natiirlich in den Vorstellungen von einer jeden Nationalgottheit sichtbar werden. Jedoch mochten sie an keir- ner derseiben sich so deutlich nachweisen lassen, als am Zeus oder Juppiter und etwa noch an der Athene-Minerva. Wenn ich daher auch hierbei die Granzen nicht uberschreiten kann, die in einem allgemeinen Werke, wie das vorliegende, den einzelnen Erorterungen gesteckt sind , so wird es doch zweck- massig seyn, diese beiden Gottheiten, obschon nicht init der Ausfuhrlichkeit, wie die Bacchischen und Cerealischen Reli- gionen sie fordern, doch etwas umstandlicher und in ihren 1) Die Natur der Sache und die uns hier gesteckten Granzen erlau- ben uns nicht, von jeder Gottheit Alles zu sagen, was davon zu sagen ware , und namentlich in jede ortliche Verehrung der Olympier einzuge- hen. Es kann uns hier nur urn die Hauptbegriffe und wichtigsten At- tribute zu thun seyn. wichtigsten Beziehungen zu betrachten. Darum werde ich zu- vorderst den Zeus der Griechen local zeichnen, wie sein Dienst, aus Phonicien, Aegypten, uberhaupt aus dem Orient nach Hellas verpflanzt, sich dort in einigen Landen ansiedelt, und die Spuren seiner Abstammung noch bis in spatere Zeiten forttragt. An jenen altesten Oertlichkeiten hangen die ur- sprunglichen Naturanschauungen , die man von seinem Wesen hatte, aus denen sich zuerst eine Mysterienlehre entwickelte. Diese, so wie die Hauptsatze altester Philosophen, die sich an die Priesterdogmen unmittelbar anreihen, niiissen sodann unser nachstes Augenmerk seyn. Darauf freilich wird uns Zeus wieder ganz menschlich erscheinen, wir werden sehen, was er dem Heilenen in offentlichen Verhaltnissen 5 auf dem Forum und in dem Prytaneum ? im Krieg und Frieden , so wie im Hause, in der Ehe, kurz in offentlichen wie in Privatver- haltnissen war 5 wie dieser Zeus so ganz in das Leben ein- tritt, wie er amEnde 5 so zu sagen, histqrisch wirklich wird ? so dass man zuletzt nicht mehr bestimmt anzugeben weiss, ob man in ihm einen Konig oder einen Gott verehre. Und hier muss der religiose Scepticismus beleuchtet werden, der, besonders seit Alexanders Jahrhundert herrschend, sich auch dieser Nationalidee bemachtigt hatte, sie aller angestammten Wiirde zu entkleiden und wo moglich ganzlich zu vernichten strebte. Somit ware der Weg bezeichnet, den ich hier zu nehmen habe. Wenn mehrere Beiworter, Attribute und andere Ein- zelnheiten von mir ubergangen werden, so wird sich der Leser desfalls in einer gelebrten und schon in der ersten Ausgabe von uns benutzten Monographic x ) Raths erholen konnen. 1) Bottigers Kunstmythologie des Zeus, Dresden 1809. [S. jetzt Dessert Amalthea I. S. XIX ff. und 1 — 74.; heson&ers Desselben Ideen zur Kunst-Myfchologie II. S. 3 — 200. und Jupiter. Recherches sur ce dieu, s'ur son culte et sur les monuraens qui le represeutenfcj — par T. B. Enteric - David. Paris 1833. 2 Volumm.] 74 g. 2. Arcadischer , Dodondischer und Cretensischer Zeus. Folgen wir den Angaben Cicero's de N. D. III. 21. p. 584 sq. l ), so bekomraen wir einen dreifachen Zeus, oder vielmehr drei verschiedene Zeus in verschiedenen Griechi- schen Landen. Cicero nennt zwei in Arcadien und einen in Creta. Hoinerus nennt zwar den Juppiter uberall , die bedeu- tendste Stelle ist jedoch fur unsere Untersuchung die in der Iliade (XVI. 233.). Wir werden noch mehrraals auf dieselbe zuruckkoinmen. Besonders merkwiirdig ist uns aber jener Arcadische Zeus, in so fern er sich hier kund thut als Zeus Avxaiog. Die, Genealogie giebt Cicero auf eine gedoppelte Weise also an: 1) „Principio Joves tres numerant ii, qui theologi nominantur; ex quibus primum et secundum natos in Arcadia: alterum patre Aethere, ex quo etiam Proserpinam natam ferunt, et Liberum: alterum patre Caelo , qui genuisse Minervam dicitur, quam principem et inventricem belli ferunt: tertium Cretensem , Saturni filium, cujus in ilia insula se- pulcrum ostenditur." S. auch die dort von uns nachgewiesenen Stellen der Alten, z. B. Clemens Alex. Protrept. p. 24 et p. 32 ed. Potter. Jo. Laurent. Lydus de menss. Romm. p. 226 Bother; vergl. meine Mele- temata I. p. 43. sq.; und jetzt besonders den Allgemeinen Theil, I. S. 43 ff. der 3ten Ausg. dieser Symbolik. > ^ 75 Aether Juppiter Proserpina und fur den andern Zeus: Caelus I Juppiter Minerva. Arcadien namlich — und diese Bemerkung ist hier von Wich- tigkeit — nahm fast gar keinen Antheil an der Hellenisirung der ubrigen sie umgebenden Griechischen Volker 5 durch seine natiirliche Lage und Beschaffenheit in der Mitte des Pelopon- nesus als Bergland blieb es, audi bis in spatere Zeiten hin, von dein ubrigen Hellas wie abgeschieden , und die Sturme, welche die andern Theile von Hellas trafen, vermochten nicht in diesen Gebirgskessel einzudringen *). Darum ist dieser Arcadische Juppiter noch der alte Pelasgische Gott, und sein Dienst zeigt uns ganz den Charakter des waldigen, gebirgi- gen und wilden Landes$ es ist der Juppiter dxQiog 9 der Berg- juppiter, der hier verehrt wird. Berge waren die Hauptsache in diesem Lande, das nur Hirten und Jager von den altesten Zeiten .an bis heut zu Tage bewohnten. Ackerbau war nicht so ausgebreitet. hier hatte sich in grauer Vorzeit eine Colo- nic von Aegyptens oder Phoniciens Gestaden her niederge- lassen, und in diese Wildnisse eine hohere Cultur und eine bessere Lehre gebracht. Diese Colonisten hatten ein neues, reineres Licht angezundet, ein Licht, das bei dem rohen 1) Ich denke hierbei besonders an jene grossen Volkerwanderungen aus Nordgriechenland her. „Mit der Zuriickkunft der Herakliden (sagt Pausanias II. 13. §. 1.) ward der ganze Peloponnesus erschuttert, Arca- dien ausgenommen. " Vergl. Diodori Fragmm. Vol. II. p. 635 Wessel. und Marx zu den Fragmenten des Ephorus, des Hauptsehriftstellers iiber diese Begebenheiten , p. 57 sqq. Zustande und der Uncultur der Arcadischen Hirten und Jager freilich nur den wenigeren Gebildeteren zu leuchten vermochte, wahrend der grossere Theil des Volkes, eben jene Hirten und Jager, in ihrer Rohheit, die sich besonders in der Ver- ehrung ihrer Gotter zeigt, befangen blieben. So trat hier das Hohere , Edlere dem Wildesten und Rohesten gegenuber, und stand zugleich neben ihm. Denn, wenn gleich hier die Rohheit und Sinnlichkeit des Volksglaubens in der Verehrung der Gottheiten uberwiegend ist, so sind doch die Spuren, die uns auf Aegyptische Vorstellungen hinweisen, hinwiederum so deutlich und so ofFen bar, dass wir die Vereinigung Aegyp- tischer Ideen oder vielmehr ihre Anpflanzung, dass ich so spreche, auf den uncultivirten Fluren Arcadiens schwerlich laugnen konnten. Wenn wir nun horen, dass dieser Zeus den Beinamen Lycaus fuhrt, so ist dam it ein Epitheton aus der Thierschrift gesetzt, und wir rufen uns zuvorderst ins Gedachtniss zuruck , was die Aegyptische Hieroglyphe in die- ses Bild niedergelegt hatte. Der Wolf war ein Symbol des Lichtes nach Aegyptischer Idee, und erscheint als Fuhrer der abgeschiedenen Seelen auf den Mumiendecken, als das dem Horus w 7 ie dem Osiris, dem Herrn der Todten, gehei- ligte Thier Andrerseits sehen wir diesen Gott mit einem Kohig ahnlichen Namens in Verbindung gesetzt. Lycaon QAvxdwv)) des Pelasgus Sohn und der Areadier Konig, hatte des Zeus Altar mit dem Blute eines Kindes besudelt, und war daruber selbst zum Wolfe geworden (Pausan. VIII. 2.). Seitdem war der Sage Raum gegeben : der Genuss von Men- schenfleiseh ziehe eine ahnliche Verwandlung nach sich. — Wir horen auch von Lycaischen Spielen, deren Stiftung von Einigen jenem Lycaon selbst zugeschrieben wird. Weit ver- breitete Spuren eines uralten Volksglaubens , vermengt mit bedeutsamen Namen und imraer wieder aufgefrischt durch 1) Ueber den Wolf s. oben II. p. 141. (vergl. 200.) 532. f. und 554. religiose Hirtenfeste, begegnen uns hier in einem wunderba- ren Gewirre. Die charakteristischen Lupercalien des alten Boms ruhen auf demselben Grunde. Wer mochte es aber verburgen, immer bis auf den Gmnd der Dinge hindurchzu- schauen! — So viel lasst sich mit Sicherheit vermuthen. Der Grundgedanke liegt , dass ich so spreche 5 zwischen Hund und Wolf (entre chien et loup) mitten inne$ d. h. es vvaren Feste zwischen Licht undDunkel, namlich-Fruhlingsfeste, an denen .der Wust des finsteren Winters, wie das Unholde der alten Sehuld und Unart abgebiisst ward 5 Siihnfeste, an denen sich der alte Pelasger wie der Arcadier und Romer vom Dunkel zum Lichte bekehrte. I'm milderen Fruhlingslichte , wann die Macht des Winters zu weichen begann, wurden die Frevel des alten Jahres gebusst — auch die der alten Zeit uberhaupt. Da mochte der Wolf als Feind der Heerde dem Hunde als deren Beschutzer in Bild und Lied contrastiren , und fur die alte Unsitte der Menschenopfer mochte die Wolfsmenschheit (Lykanthropie) als warnendes Exempel den rohen Gemiithern vorgehalten werden. Zeus konnte an jenen Freveln nur Ab- scheu haben. Er und sein Priester waren in diesem Bezug Abwehrer des bosen Wolfs (Avy.6sQyoi^ Luperci). Dieser Wolfsgott, Wolfosiris und Wolfhorus (\Avxoe^yog^ s. oben) ist nun auch Zevq oxqios, Juppiter Ammon, d. i. Juppiter als Jfidder auf den Hohen der Berge und des Himmels, Heerden- und Lichtgott, der in dieser Riicksicht mit Pan zusammensteht, auch mit ihm gleiches Schicksal theilt. Denn wenn die Heer- den nicht gut ausfielen. wenn die junge Zucht nicht gedieh, wurden die Pansbilder geschlagen; eine Erscheinung, die uns die hochste Volksrohheit in der Verehrung und in dem Dienste der Gotter recht deutlich zeigt. Dort in Arcadien traf noch in spater Zeit Pausanias die Heiligthumer des Pan und des Zeus Lycaus 1 ). In Megalo- 1) S. Arcad. (VIII.) cap. 31. §. 2. Hiermit imissen die Platonischen Hauptstellen de Republ. VIII. 15. p. 565. p. 252 sq. Ast. mit dessen An- 78 polis sah er auf einem Tische raehrere Arcadische Nymphen, zuerst die Nais (TVa/s), welche in ihrem Busen den jungen Zeus als Saugling trug, die Anthracia, 'Av§Qa*ia^ die von der Kohle den Naraen hatte und eineFackel hielt *); ihr folgte Agno Q'MyvqSy in der einen Hand einen Wasserkrug, in der andern eine' Schaale haltend; dann noch zwei andere Nymphen, Ar- chiroe und Myrtoessa QJqxiqotj und MvQTioeGOij), mit Ge- fassen in den Handen , . aus welchen heiles Wasser uber- stromte. In einem andern Tempel des Zevq (Plkiog, welchen Pausanias ebenfalls hier sah, stand Zeus, von des Argivers Polycletus Handen gefertigt, ganz ahnlich dem Dionysus, auf hohem Cothurn, mit dem Weinbecher in der einen und dem Thyrsus, auf welchem ein Adler sass, in der andern Hand, so dass, wie der Erzahler bestimmt versichert, man das Bild fur einen Dionysos oder Bacchus halten wurde, wenn nicht der Adler auf dem Thyrsus sasse 2 ). — Diese alte Bildnerei, merk. p. 593. und im Minos p. 315. C. mit Boeckh dazu p. 55. verbunden werden. Die Gebrauche der Luperci werden wir im Verfolg beriihren. — Zu Praneste lag Juppiter der Knabe an der Brust der Fortuna Pri- migenia (Cic. de Divin. II. 41.)' CJetzt muss man uber diese Arcadische Localitaten und Culte und insbesondere auch uber den des Zeus Lycaus vergleichen: 0. M. von Stackelberg der Apollotempel zu Bassae in Ar- cadien. Rom 1826. S. 8. 102. 121 ff.; woselbst auch vom zweiten Arka- dischen Zeus , der mit der Flussnymphe Neda vier Musen erzeugt haben sollte, gehandelt wird, (S. 9.) wo der Verfasser, wie anderwarts, sich den Lehren dieser Symbolik anschliesst; s. meine Anzeige jenes Werkes in der Darmst. Allgem. Schulzeitung 1832, Nr. 1, S. 2 ff-3 1) Da Anthracia die Eolilschwarze heissen kann, so lasst sich fra- gen, ob sie eine Latona oder Lilith vorstellte, die 7 selbst Nacht, das Lichtkind im Widder- oder Stierzeichen ans Licht bringt. Die Fackel hatte sie. 2) xal tot ye roiq elq Aiovvaov Xeyof,Uvoiq tovvo (namlich der Adler, der auf dem Thyrsus sitzt) oi>x opoXoyov iart. Pausan. VIII. 31. 2., vgl. Schorn uber die Studien der Griechischen Kiinstler p. 332. Der Verfolg wird zeigen, dass Juppiter zuDodona auch vom Bacchus wenig verschie- den war. Auch hiess er dort Naiog. Hier tragt ihn eine NaTs am Bu- wo Zeus am Busen einer Flussnymphe , der Natg, liegt, und Anthracia, die Dunkele, die ihm das Licht vortragt, Agno aber, das Symbol der Lycaischen Weihen, ihm das Wasser, und zwar das reinigende Wasser nachtragt, dies Alles sind lauter Hieroglyphen , die uns zu erkennen geben 5 dass hier, neben rohem Volkscultus , auch reinere Lehre sich vorfand, dass hier Mysterien gegriindet waren, in welchen Reinigung durch Feuer und Wasser, dann Salbung und neue Weihung, und zwar ira Namen des PIdhengottes , geschah, der die Blitze herabsendet, der die Erde befruchtet, der allerwarts waltet, des Dionysos- Zeus, des Freundlichen Q&LXiog), wie des Suhnenden QMeih'xtog) l ). Wir haben also hier eine Phonicisch - Aegyptische Me- tastase , und der Zeus mit dem Widderhorne, Juppiter- Ammon, Horus und Osiris, sie fallen alle in dasselbe Bild. Es ist der Sohn des Himmelslichtes (Caeli oder Aetheris Alius, Cicero a. a. 0.). Es ist die Idee von der Natur und Erde, von Wasser und Licht, die Summe aller Elemente, die Idee des grossen allgemeinen Lebens und der Abhangigkeit der Thiere und Pflanzen von diesenr Naturleben 5 eine Idee , die wir hier, wie uberall, wiederfinden. Denn es ist kein Locaidienst in alien Griechischen Landen so bornirt, so roh und unge- schlacht, dass nicht dennoch eine allgemeine Vorstellung eben jenes grossen Naturlebens durchschimmern sollte. Es sen. \_Ztvq (pihoq, mit dieser Aufschrift, erscheint auf Miinzen von Per- gamos in Mysien, s. Eckhel Sylloge p. 36., vergl. Mionnet Descr. II. 598. und Suppl. V. 433 sq. — mit einer Schale in der einen HaudV, mit dem Scepter in der andern$ auf Miinzen von Tarsos : mit Scepter oder Blitz in der Rechten, mit Aehren, Trauben oder Becher in der Linken; s. Toelken im Berlin. Kunstblatt I. S. 175. Vom Zeus Mullxioq wird im Verfolg die Rede seyn.J 1) [Letzterer wurde bei den Athenern Mui^axr^q genannt, woriiber Plutarch, de cohib. ira p. 458. B. p. 869 Wyttenb. Bemerkungen macht; womit man aber Schneiders Worterbuch in (tcupdHTrjq und ^fd^to? ver- gleichen muss.] 80 zeigt uns uberdies dieser Juppiter Dionysos einen Zustand der Griechischen Religion, alter als Homer, und diese Tempel, so wie diese Bilder, die uns Pausanias beschreibt, gehbren einer der altesten Religionsentwickelungen an. Hier ersclieinen noch zwei Gottheiten, Zeus und Dionysos, mit einander gemischt. Als aber Homer und Hesiod den Olym- pus auf menschliche Art zu einem Konigshause und zu einem Staate gebiidet, und jedem Gott seinen Platz und sein Ge- schaft angewiesen , da erst schieden sich diese Gestalten. Da wurden auch die beiden Gotter als besondere Personen ge- trennt, und rein menschlich, poetisch einander gegenuber gestellt. Da ich im vierten Theile, zur Erlauterung der Begriffe von der Proserpina -Dione, von der Dodonaischen Religion handeln muss, so begniige ich mich hier einige Hauptvorstel- lungen des Dodonaischen Zeus kurzlich zu beruhren. Hero- dotus erzahlt und erklart die Stiftungslegendeli von dem Hei- ligthume des Gottes zu Dodona ausfuhrlich l ). Aber schon aus zwei Hauptstellen des Homerus 2 ) gewinnen wir ein ziem- lich deutliches Bild jenes uralten Pelasgischen Orakels. In der ersteren vvird der Gott selbst Pelasgisch genannt, und Seller Q2eXkoi\ 'ElXoC) — ein Name, welcher sich als Stamm- name der Hellenen ankundigt — sind in rauhen , winterlichen Waldungen seine Priester. Die zweite Stelle lasst uns heilige Baume erblicken , aus deren Wipfel der Gott der Rathsbedurf- tigen Antwort ertheilt: „Jener ging gen Dodona, erzahlet er, dort aus des Gottes Hochge wipfel ter Eiche den Rathschluss Zeus zu vernehmen. ct 1) Herodot. II. 54 sq. vergl. die Th. I. p. 143 f. 2ter Ausg. gege- benen mehreren Nachweisungen. 2) Iliad. XVI. 233 sqq. Odyss. XIV. 327 sq. Die Dodonaisclie heilige Eiche der Pelasger kennt auch Hesiodus. S. das bemerkensvverthe Frag- ment beim Strabo VII. p. 327. p. 470 sqq. Tzsch. und vergl. Schol. So- phoclis Trachin. vs. 1174. (U64 Erfurdt.) Zu dieser Stelle hatte schon ein alter Ausleger die Anmer- kung gemacht, es miisse ein doppeltes Dodona unterschieden werden, ein Thessalisches und eins in Thesprotia. Mehrere alte Autoren liessen. daher den Zeus ? zu welchem Achilles in der ersten Stelle ruft 5 in Thessalien wohnen, und die Orakel- gebung aus dem Eichbaum in Thesprotia statt finden Auf diesen Unterschied haben neuere Schriftsteller weitere Schlusse gebaut, vvonach das Thessalische Heiligthura alter sey 5 und » bios von Priestern verwaltet worden, dahingegen erst in Thesprotia Priesterinnen Hauptpersonen' der Anstalt gewor- den 2 ). Hiernach mussten wir die Thebaitische Priestcrcolo- • nie als eine verhaltnissmassig spatere Besetzung einer Filial— kirche , dass ich so sage , betrachten. Herodotus scheint aber davon nichts zu wissen. Er nennt auch diesen heiligen Ort imraer Dodona (Auibwvif). Andere alte Geschichtschreiber liessen den Namen Bodona (Z?w<5cJy?/) hervortreten , und selbst dem Homer in der ersten Stelle wollten gelehrte Grammati- ker diese Schreibart angemessener finden 5 da ja Bodona ein bekannter Ort in Perrhabia oder in Thessalien gewesen 3 ). 1) Stephanus Byz. in JoiScorrj p. 319 Berkel. mit den Auslegern. 2) Clavier zum Apollodor. I. 35. p. 78 sq. und in den Memoires sur les oracles p. 9 sqq. Hitter in der Vorhalle Cap. II. p. 386 ff. hat die Annalime von einem alteren Thessalisclien Dodona gelehrt, zu befestigen gesucht und weiter ausgefiihrt. Muller in Aegineticorum libr. p. 159. ist entgegengesetzter Meinung. Da ich hier bios auf die GrundbegrifFe vom Dodonaischen Zeus ausgehe , so kann ich jetzt das Fur und Gegen nicht verfolgen. [Guigniaut II. 2. p. 536. macht noch auf Iliad. II. 478 sqq. aufmerksam. Man vergl. dazu Heynii Observatt. Vol. IV. p. 389 sq Gegen die neueren Satze des Pouqueville, der die Oertlichkeit von Do- dona in*der Nahe des heutigen Jariina nachweiset, macht Letronne Ein- wendungen im Journal des Savants 1828, p. 423 sqq. Auch Guigniaut stellt die Namen e E)lo(, HtXXol-, "EXXrjveq mit dem Spartanischcn Namen des Dodonaischen Orakels "Ekka zusammen (p. 54o.). _ Ueber Dodona, das dortige Orakel und sonstige Culte s. Nachtrag I. Zur Mythologie des Zeus. (J)odonaJ\. 3) Stephanus Byz. in Budwrr] mit den Auslegern p. 251 Berkel. Creu%er's deutsche Schriften. III. 1. (\ Ich wiirde es fur Unrecht halten, die scharfsinnigen Vermu- thungen ganz mit Stillschweigen zu ubergehen, wodurch ein neuerer Forscher, auf diese Wortform gestutzt, jenes Thes- salische Heiligthum des Zeus mit dem weit.verbreiteten Dienste des Buddha in Verbindung zu setzen sucht *). Fruherhin, als unser Blick itoch nicht so wie jetzt bis nach Indien er- weitert war, sollte dieselbe Namensform der Vermuthung dienen, dass dieses Heiligthum ein Haus des Adon 2 ^ sey. Andere, der gewohnlichen Benennung Dodona folgend, such- ten bald eine Niederlassung der heiligen Tauben (nach#der Htfftungslegende beim Herodotus), bald ein K essel- oder Beckenoyakel herauszudeuten. Wir mussen uns auf diese blossen Angaben hier vorerst beschranken. Die Arten der Orakelertheilung gehoren zu unserem naheren Zwecke. Sie enthalten auch deutliche Spuren der Vorstellungen, die die Pelasgischen St amine hier von ihrem grossen Naturgotte Zeus hatten. Sie schliessen sich in manchen Ziigen an die in Ar- cadien herrschenden an. Dort war eine Nymphe QJValg) 8;i ugamme des Gotterknaben. Hier hiess er Zevg JSdiuq. Aber mochte auch dieses Epitheton mehr einen Wohnsiedler bedeuten, wie Blanche wollen, so treten doch hier die Was- sermdchte gewaltig hervor. Davon giebt die aite GeneaSogie Kunde (Hesiod. Theogon. 340 sqq.) : Oceanus w Tethys _ Achelous, Dione. Der Landesstrom Achelous war hier durchaus genommen wie der Ganges der Indier und der Nil in Aegypten. Auch er m . • Scholia Veneta ad Iliad. XVI. 233 aq. u. Heyne Excurs. II. ad Iliad. 1. I. p. 283 sqq. 1) Ritter in der Vorhalle Cap. II. p. 390 If. besonders 391. 2) yVlSOi s. Trigland Conjectanea de Dodone in Gronovii Thesaur. Antiqq. Graecc. VoJ. VII. p. 321 sqq.; wo auch die folgenden Etymolo- giea abgehandelt werden. 83 war der Fluss der Fliisse, und das Bild alles trinkbaren Wassers (Arteinidor. Oneirocr. III. 43. Hesych. L p. 657.). Er. als das siisse und nahrende Wasser. scheint deswegen genealogiseh rait Oceanus und Tethys verbunden, urn den Gegensatz des bitteren See wassers und des den Saaten und Pflanzen zutraglichen siissen Wassers zu bezeichnen. Die Aeheloischen Becher sind noch beira Virgilius das Bild jener Bedingungen des ersten rohen physischen Daseyns. Becher oder Kessel und Becken mochlen die Sinnbilder des Fluss- beckens in diesen Waldungen gewesen seyn, und in der schon oft von uns beruhrten Vorstellungsweise wurden nun Quellgotter und Quellgottinnen als Rath gebende Wesen ge- noramen. Es wurde nun auch aus Becken und Kesseln pro- phezeit. - Priesterliche Anstalten waren gemacht, ura auch aus dem Tone eherner Kessel sich Raths erholen zu konnen, und das redende Becken von Dodona ward auch in diesera Betracht sprichwortlich (Spanheim ad Callim. Del. vs. 284.). Dieselben Vorstellungen kniipften sich nun auch an die heiiige Eiche an. Der Eichenkranz war noch spater der Schmuck des Zeus, des Stadtkonigs (^Iloktevg). Indem Plu- tarchus ') den Grund dieses Attributs angiebt, stellt er uns 1) Vit. Coriolani cap. 3. p. 45 Coray. Das hier genannte Getrank (,uUthov bestand nach deuiselben Autor (Quaestt. convivall. p. 672. T. III. 2. p. 748 Wyttenb.) aus Honig und scharfen weinsauerlichen Kxautern. Besonders muss die Beschreibung jener Pelasgischen Zeit, als noch die Chaonischen Eicheln (Chaoniae glandes) das Hauptnahrungsmittel waren in der Gleichstelle (De esu earn. I. p. 993 sq. p. 39 Wyttenb.) verglichen werden : — fiuhuvov dk yivodftevot y.al (puyovreq , i/ogtuoav vcp r\8ovr[q neql 6qvv Ttva nut (pr\yov , t,£ido)gov dk xai /.irjTsga xul rgocpov anoxaXovvreq ly.iivr\v. Hier heisst also die Eiche ausdriicklich Mutter und Nahrerin. Nach demselben Gesetz der Personification wird nun auch der von den Eichen herabtraufelnde Honig zur Nymphe Melissa; und so bildet sich aus den natiirlichsten BediDguugen des Lebens und der Nahrung urn den Saugling Juppiter ein Nymphenchor , den die Cretensische Theogonie deutlicher vor Augeu stellte. 6* 84 fur dieseri Zweig der alt-Griechischen Religion auf den rech- ten Standpunkt. Die Eiche, sagt er, ist unter den wilden Baumen der, welcher die sehonsten Friichte hat, und unter den zahmen vor alien andern stark. Man nahm auch von der Eiche Speise, die Eichel, und Trank, den Honigmeth. Fleisch gab sie auch von weidenden Thieren und von dem Gefliigel dadurch, dass sie Vogelleim brachte zu ihrer Jagd. Wenn wir nun die Flora Griechenlandischer Walder beach- ten, und an die essbaren Friichte gevvisser Baumarten ') denken, so wird es uns deutlich, wie diese letztere als wahre Lebensbaume, als die Geber der ersten Nahrung, betrachtet werden konnten 2 ). Daher auch vom essen (jyayelv^ solche Baumarten cpayol cprjyoi genannt seyn sollten 3 ) , und daher auch dieser Gott als erster Nahrvater mil dem Namen Phe- gonaus bezeichnet wurde. So hielt sich hier die Andacht alter Naturmenschen an Naturkorpern fest. im Baurae hau- sete die Gottheit, nach ihrer VorsteJIung, und das Rauschen seiner Blatter, Vogelstiramen aus seinen Wipfeln gaben ihr Daseyn kund, und waren Winke und Befehle fur die, die sie befragen. Daher werden Rauchopfer unter der Dodonaischen Eiche angeziindet 4 ) , wie unter den Druideneichen in den Waldungen der Celten und Germanen. Mit Rundtanzen wird sie begrusst, wie von den Volkern America's den heiligen Baumen noch jetzt geschieht. Karaen nun zu diesen allge- meinen Ursachen noch besondere Erscheinungen hinzu, die den rohen Peiasger in Erstaunen setzten , wie hier nainent- 1) Quercus esculus Linn. S. Tzetz. in Lycophron. vs. 16. p. 231 ed. Miiller., vergl. Sprengel Antiqq. botann. I. 2. p. 24 sq. 2) Von diesem heiligen Bauni der Baume stehen viele Nachricliten beim Eustathius ad Odyss. XII. 357.- p. 494 Basil. 3) Suidas HI. p. 596 Kuster. und Tzetz. ad Lycophr. 1 I. 4) Sil. Italic. III. 69. • Arbor numen habet Coliturque tepentibus aris. lich bei einer sogenannten Wunderquelle der Fall war so * wird es begreiflieh , wie hier die Religion sich anfanglich ganz an physischen Dingen und Oertlichkeiten aufrichlete. Ich mochte lieber sagen: sich in sie hinabsenkte. Denn ganz auffallend zeigt sich in diesem Dodonaischen Dienste ein ge- wisser tellurischer .Charakter. Dieser Juppiter war audi mil Aidoneus oder mit dem Konig der Unterwelt ein und derselbe. In dieser Eigenschaft heisst dieser auch Eubuleus, der gute Berather 2 ). Aus der Erde und von den in der Erde wur- zelnden Baumen herab gab Zeus Nahrung und Rath den bedurftigen und unwissenden Menschen. Das war der Grund- gedanke: und wie Silenus ursprunglich mit Dionysos einerlei war, so war er es auch, und wird von mir im vierten Theile als Juppiter -Silenus bezeichnet werden. Aber, nach dem herrschenden Triebe der Emanationslehre, werden im Verfolg die verschiedenen Aeusserungen eines und desselben Wesens genealogisch in verschiedene Personen gesondert. Das war auch dem alten Horte (ava^) von Dodona (wie ihn Achilles im Gebete 'nennt) widerfahren. In Athen war er nun Vater von drei Horten (avay.e<^) ge word en. Er hatte sie mit Pro- serpina gezeugt. Einer davon hiess nun wieder Eubuleus, der gute Berather, der andere Dionysos, der dritte vielleicht Zagreus 3 ). Mit andern Worten: Zeus der Dodonaer, der Lebensquell in der Erde, gesellt sich zu die fliessende Trieb- kraft, die Proserpina -Dione, und zeuget den Eubuleus und die andern, worunter Dionysos 5 d. h. er zeuget die begeistern- den Diinste aus der Erde , und der Baume und der Pflanzen buntes, frisches Leben. Oder Dionysos, der Fliessende und 1) *Avanav6[i£.voq. SieJ stieg und fiel nach den Tageszeiten. S. I. p. 157. 2ter Ausg. 2) Evpovfovq, Epitheton des Hades; Nicandri Alexipharm. vs. 14. ib. Scholiast, p. 31 ed. Schneider. 3) Cicero de N. D. III. 21. p. 586. mit den Aumerkungen. Vergl. oben p. 25. oder II. p. 333 ff« 2ter Ausg. Weiche, ist audi aus den Wolken auf die Baume herabge- flossen l ). Das will sagen: Zeus, das Erdleben und das* atmospharische Leben , giebt sich in der Erde orakelnS als Eubuleus kund, uber der Erde in des Eichbaums 'Starke, und in der Nahrung Fulle als Dionysos. Des Himmels Thau und Reg en, aus Flussen und Quellen aufgestiegen , muss den Baumen Nahrung und Gedeihen geben, und den Vogeln des Himmels, jenen Zungen der Gotter, Obdach und Aufenthalt. Hier liegen die Incunabeln Griechischer und Italischer Religionen. Die Pelasger bevoikerten beide Lander. Schon die geographische Lage der Dodonaischen Pflanzung lasst vermuthen, dass viel Dodonaisches nach Itahen hinubergetra- gen worden. Innere Spuren machen dieses noch wahrschein- licher. Juppiter Picus (der orakelride Specht) und der alte Liber Pater gehoren dahin oder Lobesius, der Wallende, Fliessende, wia er auch heisst. Alle sind nicht verstandlich zu machen, wenn man nicht den Acheloischen Juppiter, von dem Sdhne ausfliessen, an den Thesprotischen Waidwassern erkannt hat — eben so wenig ist Venus-Libitina , die Italische Gottin der dahinwogenden Lebenswelle und der iippigen Lust, ohne die Dodonaische Dione zu begreifen 2 ). Die Gestalt oder die Attribute betreffend, unter denen Zeus zu Dodona dargestellt ward, so will ich hierbei im All- 1) Jiovvaoq von Jwq vvoaai, Zeus Baumen; Scholiast. Aristid. Pa- nath. (ad I. p. 185 Jebb.) p. 100 ed. Frommel. 2) Tb. I. p. 193. not. 359 'iter Ausg. ist noch eine andere Pa- ranoic mit den Dodonaischen Tomuren, als den Pelasgischen haruspices, angedeutet, die ich hier nicht weiter ausfiihren will. — Aber den Itali- schen Hauptaamen des Zeus will ich hier beriihren: Juppiter oder Jupi- ter. Jenes hat sattsam Bestatigung aus Miinzeu und Inschriften (s. For- cellini Lex. lat. s. v. und Fr. A. Wolf Museum d. Alterthnmswissenschaft T. 3. p. 583.). Dieses will nun wieder Fea zu Horat. Carm. I. 2. 30. p. 5 ed. Heidelberg, aus der Contraction und der natiirlichen metrischen Folge davon vertheidigen. Ueber diese Etymologie, s. unsere Anmerk. zu Cicero de N. D. II. 25. p. 305. geineinen Folgendes bemerken: Die Stifiuugssage beim He- rodotus (II. 54.) meldet, dass von der Thebais aus die eirie Priesterin zu Ammonium in Libyen ein Orakel des Zeus griin- dete, die andere zu Dodona. Dies hinderte nicht, dass der- selbe Gott am ersten Orte als Widdergott vorgestellt wurde* als Juppiter Amnion; wahrend zu Dodona die Stier attribute vorwalteten. Dass dies der Fall gewesen, ergiebt sich aus der Aehnlichkeit , die Zeus dort mit dem Dionysos hatte , und Achelous, der Wasserstier , tritt in dieser Religion machtig hervor. Fur diejenigen Mythologen nun, welche, unfahig die inneren Fad en zu sehen , woran dergleichen mystische Ge- webe hangen, den Beweis fordern mochten, dass der Dodo- naische Juppiter selbst als Stier gedacht worden sey, will ich an den Cretensischen Zeus erinnern. Der Cretensische My- thus spielt audi mit Stierbildern. Man denke an den Mino- taurus und den Stier der Pasiphae. Hier muss sich aber Juppiter selbst, urn die Europa m gewinnen, in einen Stier verwandeln. Ich habe oben vermuthungsweise den Arcadischen Hohen- gott (JtxQioq) Juppiter als Widdergott genommen, sowoht wegen jenes Beinamens, als weil er dort mit Pan verbumieu erscheint. Aber der ai teste @lhog ebendaselbst, den nocli Polyclet dem Bacchus so ahnlich gebildet, hatte eben des we- gen in altester Form Stierattribute haben miissen. Es war dies Alles ganz im Geiste der urspriinglichen Religion: In Aegypten hatte Amun (der Widdergott) den Osiris (den Stiergott) zum Sohn angenommen. Von Phonicien kommt Juppiter als Moloch nach Creta. Die Phonicier, welche die Dodouaische Priesterin nach Epirus verkauft hatten (Hero- dot. II. 54.), konnten dorthin eben so wohi einen Stiergott, einen Moloch, bringen. Die urspriinglichen Vorstellungen vora Zeus von Creta nehmen im Wesentlichen denselben Gang. In dies em Lande der Cureten — denn Creta selbst hiess ja Curetis QKovpijug) — war das grosse Naturleben und Naturprincip, mannhch, — 88 . ebenfalls als Zeus aufgefasst. Hier war ein uralter Sitz Aegyp- tischer und Phonicischer Pflanzer, wie ausser Anderm zur Genuge jenes Labyrinth *), die Grottentempel , die Idole mit den Stierattributen u. s. w. zeugen. Diese Mischung alt-Ae- gyptischer und Phonicischer Religionsideen musste eben jenes Gottergeschlecht erzeugen , das uns die Legende kennen lehrt. Obenan tritt Uranus, der Himmel, auf welchen Kronos, der Gott der Zeit, folgt. Dieser zeugt mit der Rhea QPia)^ die wir als Tethys in Dodona wiederfinden werden , d. i. mit dem Fliessenden, mit dem feuchten Elemente, den Zeus 2 "), und dieser die Dictynna. Dieses System wurde das herrschende in Griechenland und blieb es, woher dann auch die gewohn- liche Angabe, dass Creta der Ursitz Hellenischer Religion gewesen und geblieben sey, wahrend das Dodonaische System in den nordwestlichen Gegenden und in dem nachbarlichen Italien Wurzel gefasst, und dort zum Mittelpunkte geworden, ohne jedoch unter den Griechen den bedeutenden Einfluss auszuuben, und sich so zu verbreiten, wie das Cretensische. *Der* ganze Dienst aber war ursprunglich hauptsachlich Son- nen-und Mondsdienst, mit lauter Gebrauchen und Legenden, 1) Ueber Creta's geographische Lage und andere Oertlichkeiten spreche ich, mit Bezug auf seine Religion, Th. IV. §. 3. p. 13 ff. 2ter Ausg. Man muss, wie bei jedem Lande, so hier vorzuglich auf alle diese Dinge merken. Ausser den alteren Nachrichten von Tourne- fort u. A. lese man jetzt die lebendigen Schilderungen des Labyrinths von Gortyna in Savary Lettres sur la Grece nr. XXIII. p. 209 sqq. ; des Gebirges Ida nr. XXV. p. 231 sqq. ; der Myrtenwalder nr. XXXIV. p. 292 sqq. und so raancher andern Merkwiirdigkeiten dieser von der Natur so begiiustigten Insel. — Ueber die in Absicht der Verehrung des Zeus bemerkenswerthen Oertlichkeiten auf der Insel Creta vergl. man auch des Dicaarchus Btoq 'MXad. vs. ltO— 129. (in unsern Meletemm. III. p. 208. 209.). S. jetzt DicaearcM Fragg. ed. Fuhr Darmst. 1840. p. 462. 514 sqq. und Hoeck's Creta I. an vielen Stellen. 2) Den dritten Juppiter der Systematiker, Cic. de N. D. III. 21. p. 585.: — tertium (Jovem) Cretensem, Saturni filium. Ich wiederhole nicht, was ich dort von Parallels tellen gesammelt habe. — 89 die sich darauf beziehen. Juppiter war hier in altesler Zeit gedacht als Stiergott, als Sonnenstier, als Juppiter -Moloch, und seine Tochter Dictynna als der Mond , als die Strahlen- tverferin (von dUeiv), die bald als Britomartis oder siisse Jungfrau, bald als Pasiphae oder AlUeuchterin, bald als Ar- temis vorkommt l ). 1) S. oben Th. II. p. 551 ff. 3ter Ausgabe. Auch dieser Gottes- dienst entlehnte von naturlichen und ortlichen Dingeu seine Farbe. Z. B. diese Cretische Dictynna hatten einen Kranz von Dictamnus (dUtufivov). Dies Kraut, sagten die Alten, war in Creta allein zu finden. Sie nann- ten es das erste aller Krauter, vorziiglich wirksara in Frauenkrankhei- ten und im Zustande der Schwangerschaft , und der Instinct der Thiere selbst erkannte seine Wunderkrafte (s. Cic. de N: D. II. 50. p. 419. mit den Anmerkungen). Diese noch jetzt haufig vorkommende Pflanze ist fortdauernd officinell bei den Candioten (Savary a. a. 0. p. 280 ff.). — So war sie ein natiirliches Attribut der Dictynna, als der Diana Lucina oder Ao%da. Sie als Mondgottin und Vorsteherin der Geburt hatte dieses Kraut mit vorzuglichen Kraften begabt, und audi sein Name war dem ihrigen verwandt. Es lagen auch hier magische Vorstellungen zum Grunde. Ueber jenen Kranz der Artemis s. den Scholiasten des Euripi- des im Hippolytus vs. 58. 73. mit Valckenaers Note; vergl. auch Phi- lochori Frag mm. p. 88. [Das S£y.rctfivov ano Kg^rrfq, wie es Dioscorides nennt, fand Sibthorp allein auf Kreta. Es ist Origanum Dictamnus Lin- naei. S. K. Sprengel Gesch. der Botan. I. S. 153. Dierbach giebt in der * Flora mythologica S. 205 ff. eine Beschreibung und weitere Nachrichten von dieser* Pflanze.] — Mehreres iiber diesen Zeus KgriTccyavyq (s. Span- heim ad Callim. Hymn, in Jov. 3. und Bottiger's Mytholog. Vorlesungen, Dresden 1808.), iiber seine Geburt, iiber seine Erziehung durch die Nymphen Melissa und Amalthea, in den folgenden Theilen, wo sich die Darstellung nicht trennen lasst. [Vorlaufig verweise ich jetzt iiber Ar- temis oder Diktynna als Geburtshelferin auf Bottiger's Kl. Schriften I. S. 67 ff. und iiber den Kretensischen Zeus , seine Geburt und seinen Dienst auf Desselben Kunst - My thologie I. 208. 377 ff. und II. 3. ff. und Desselben Amalthea I. S. 20 ff. — , Ueber den Zeus Talaeos iTalaioq) wie iiber den Sonnen - Moloch auf Kreta habe ich im Allgem. Theil (I. S. 37 ff.) selbst ausfiihrlich gesprochen.] 90 Zeus der Priesterlehre. Aus diesen verschiedenen Mythen entsprang nun das aus- gebildete Wesen des heidnischen Gottvaters. . Dieses hochste Wesen , Zeus genannt , das mit der Ausbreitung Griechischer und Romischer Herrschaft periodisch Universalgottheit gewor- den, miissen wir nun betrachten. wie es zuvorderst Priester und Philosophen ansahen, sodann wie es das Volk sich dachte: wir erkennen in ihin den Abstand des Pericleischen Zeitalters in seinem hochsten Culminationspunkte von dem rohen , cul- turlosen Volke, und zwar auf dreifache Art, indem wir die Sprache, die Bildnerei und die Reste alter Priestergesange betrachten. Hatte doch schon der alte Ennius gesungen: ,,Bliek auf zu diesem strahlenden Gipfel des Himmels • sie rufoti ihn als Juppiter an" l ). Hier ist deutlich Juppiter das Firmament. Und diesen Lateinischen Sprachgebrauch, in welchem der Gott auf diese Weise elementarisch genommen wir3 , foeweisen noch andere ahnliche Dichterstellen. Wenn daher Horatius Od. I. 1. 25. sagt: manet sub Jove frigido Venator, so hat er ihn meteorologisch genommen, nach Jahreszeiten , so dass 1) Cic. de N. D- If. 25. p. 30 i. uuserer Ausg. : „Adspice hoc sub- lime can dens j quern inrocant Jovem" ; womit man die ebendaselhst gleicli darauf angefiihrte Stellc des Euripides verbinde und das in den Anmerkungen p. 307- Bemerkte. er im Aligemeinen iiberhaupt die Natur mit ihreh Erschei- nungen bezeichnete, im Guten und Bosen; im kalten Norden ist er daher der feindselige Juppiter. Ibid. Od. 22. 19: Quod Jatus mundi nebulae malusque Juppiter urget. Ja er wird selbst mm Hagelschlag; Virgil, Georg. II. 410: et jam ma- turis metuendus Juppiter uvis. Denn Alles das, was dem Landmanne, dem Weingartner, dem Hirten wie dem Jager, droht und verderblich wird , ist Juppiter in diesem feindseligen, bbsen Sinne. So giebt es einen Juppiter der Jahreszeiten , einen Juppiter des Fruhlings , Sommers und Winters indem jedesmal die Jahreszeit als Juppiter sich personificirt, er also die Summe Alles dessen ist, was wir am Firmamente sehen, das Wesen der meteorologischen Erseheinungen , das Jahr, das sich in die drei Jahreszeiten aufrollt, und alles Schone und Grosse in der Natur herbeifuhrt. Diesen Juppiter hatte auch die alteste Bildnerei verherr- licht^ wie wir aus mehreren Spuren ersehen konnen. Zu Larissa, erzahlt uns Pausanias 2 ), war ein altes Schnitzbild des Juppiter, so &wei Augen an dem gewohnlichen Orte, ein drittes aber auf der Stirne hatte. Man sagte, es sey der Juppiter 7ratQ(pog des Priamus 3 ), der vaterliche, der Gott £1.) So z. B. Juvenal. Satyr. V. 78. Juppiter vermis ; Statius Thebaid. HI. 26. Juppiter hibernus ; Ovid. Fast. II. 299. Sub Jove (i. e. sub dio) durabant et corpora nuda gerebant. 2) Corinthiac. cap. 24. §. 5. 3) „tovtov xbv Ala JlQiaftat q>aoiv dvat tw Auofxidovxoq nctTQwov." In den Arcadicis (VIII.) cap. 46. §. 2. sagt zwar Pausanias von dem Schnitzbilde des Juppiter: — Z&evslo) tw Kanavfoq to Soavov rou Aioq iSo&rj rov ^JEgxslov; allein dies lasst sich doch mit der obigen Stelle auf die Art vereinigen, dass wir sagen: das Schnitzbild des Zeus IgyMoq war schon von dem Vater und Vorfahren des Priamus (also fiir den Priamus nuxqojotO verehrt worden.. {Vorbemerkung. Ich babe, urn den Zusani- menhang zu erhalten, in dem folgenden Abschnitt Manches nicbt unter- driicken wollen , was im Allgem. Theile in der Eutwickelung des Bil- dungsgangs der Griechischen Religionen iiberhaupt jetzt scharfer und 92 der Vorfahren, der alien seinen vaterlichen Schutz angedei- hen lasst. Bei der Vertheilung der Trojanischen Beute bekam es Sthenelos , des Kapaneus Sohn , weleher es an diesen Ort brachte. Von den drei Augen hat der redliche Forscher die Muthmassung, sie bezogen sich auf Juppiter. der im Himmel. unter der Erde (als Pluto) und im Meere (als Neptun) regiere. Aus dieser Ursache, weil es ja nur Ein Gott sey, der in den drei durch das Loos getrennten Theilen der Welt die Herr- schaft fuhre, habe wohl der, so das Bildniss verfertigt, dem- selben drei Augen zum Sehen gegeben. In ahnlichem Sinne spricht auch der Platonische Philosoph Proclus von einer de- miurgischen Trias (tQidq dijfitovQyixift) deren Theile die drei Zeus seyen, dererste, vorzugsweise so benannt, der zweite, Zeus Poseidon, der dritte, Zeus Pluto. Denn in dieser gan- zen Trias sey Zeus der Vater, Poseidon die Kraft (dvvauig), Pluto der Geist (vovg) Wir haben also in diesen altesten Tempelbildern eine Ahnung von der einen , allwirksamen Kraft, die Alies, was ist und Iebet, wirkt, halt, bindet und einiget; wir haben eine uralte Anschauung von einer kosmi- schen Trias, einer Dreieinheit, die hernach aus einander fahrt, und der Erde, dem Meer und dem Himmel einen Juppiter liefert. Diese Hellenische Trimurti, dass ich so spreche, ging freilich unter , als die Kunst der Hellenen sich bis zu Ikr Hohe erhoben hatte, dass Phidias seinen Zeus als Hellenen- konig zu Olympia darstellen konnte. Noch ein anderes Schnitzbild mag* uns diese Ansicht des Griechischen Volkes von seinem Zeus oder Gottvater erlau- biindiger vorgetragen worden. Ich muss dalier meine Leser bitten, mit dem Nachfolgenden zu vergleichen , was oben in den Abschnitten, betitelt Hieratische Poesie. und Hierafcische Bildnerei liber die Vorstellungen vom hellenischen Zeus gesagt worden ist (I. S. 21 ff. und S. 29 ff. dieser dritten Ausg.).J 1) Ich habe diesefStelle aus dem Commentar zu Plato's Cratylus in den Anmerkk. zu Cic. de N. D. III. 21. p. 584. zum Theil mitgetheilt. tern. In Olympia war ein Standbild des Zeus, ein Weihge- schenk der Metapontiner, von dem Aegineten Aristonus ge- fertigt. Das Gesicht gegen Morgen gewandt , hatte er auf der einen Hand einen Adler, mit der andern fuhrte er den Blitz; sein Haupt schmiickte ein Kranz von Fruhlingsblumen *). Hier haben wir also einen Juppiter vermis , wie Juvenal a. a. 0. sich ausdriickt, einen Juppiler des Fruhlings; und wir fmden hier eine leise Andeutung, dass die drei Augen des Zeus 7raTQajoq zu Larissa eben so wohl auch auf die drei Jahres- zeiten bezogen werden konnten und auch wohl bezogen wor- den sind. So versuchte eine unbeholfene Symbolik dem religioseri GefuhlHulfe zu leisten, und jene Ahnung von einem einzigen Unendlichen in rohen Tempelbildern zu versinnlichen. Sie stammten aus einer Zeit, als die Vielgotterei durch den Zau- ber der Poesie noch nicht herrschend geworden war. Hatten wir nun auch die Gebetsformeln und die Hymnen noch, die um jene ungeschlachten Pelasgischen Bilder des Gottvaters ertonten, so ware es uns leichter, jenen priesterlichen Zeus in seiner alten Gestalt zu erkennen. Jetzt sind uns nur Schlusse vergonnt, die wir aus einigen Fragmenten Ziehen konnen. [S. die Dichterstellen selbst. oben I, S.,22 ff. dieser Sten Ausg.] * , «» Spater freilich erst geiangte die griechische Nation in ihren Philosophemen dahin, sich den Grund dieses gottlichen Wesens dialektisch anzugeben, oder seinen Urgrund aufzu- finden , nachdem namlich der Scepticismus sich geregt , und der Anthroporaorphismus , schwankend gemacht, sich nicht mehr halten konnte. Thales und Anaxagoras waren die Er- sten, welche Hechenschaft forderten uber ihren Gott, und so entstand denn die alteste philosophische Schule in lonien, obschon noch ganz priesterlich , in Versen und Bildern sich aussprechend. In Prosa sprachen zuerst Pherecydes und Py- l) Pausan. Eliac. I. (V.) cap. 22. g. 4. 94 thagoras. Ersterer hatte unter Zeus (_Zr/v) den Aether ver- standen, d. h. den aussersten, hbchsten, Ailes uinschliessen- den Feuerhiminel , oder das Licht, als das potenzirte Urele- ment; eine idee, welche Persischen Religionsideen ganz ahnlich ist, und uns an den Ursprung dieser Philosopheme aus deto Magiersystem erinnert. Eben daher stamrat audi die Pytha- goreische Ansicht von zwei Principien, das eine, Gott, Zeus, oder die Monas (j) uovdq) und das Gute (to dyad-ov) — der vovg. Ihm stent die (W$, die Zweiheit, als Grund der Ma- terie und auch des Bosen, gegenuber (vergl. Stobaei Eclogg. 1. p. 59.}. Uebrigens ist es bekannt, dass die Pythagoreer auch von einer Burg des Zeus ^ZavoqitvQyoq) und von einer Aibs cpvl.ax.i] oder Warte des Zeus, namlieh von der Vesta oder dem Centraifeuer, sprachen. Gehen wir weiter zu den Stoikern, so war hier, wenig- stens bei .Chrysippus, Zeus der allgemeine Lebensquell, die Lebenshraft in alien Wesen. Denn Zeus heisse er, weil er Allen das Leben (jo Qijv) verliehen, Dis weil durch ihn Alles ist 1m Plato erscheint Zeus theils als Weltbau- meister, als Demiurg, theils als Providenz 2 ). Was end lien 1) S. Stobaei Eclogg. I. p. 48 ed. Heeren. Ueber den Juppiter der Stoiker vergleiche man insbesondere Senecae episfc. ad Lucil. IX. und dazu die Soholien burets im dritten Bande p. 33 Opp. ed. Rulinken. Den iraerkwiirdigen Hymnus des Cleanthes an Zeus hat uns ebenfalls Stobaus aufbehalten in den Eclogg. I. p. 30 sqq. Heeren. und sonst noch oft edirt s. Fabricii Bibl. gr. Ill: p. 553.) , auch ins Deutsche iibersetzt von Herder in den Zerstreuten Slattern II. p. 209. LGrieohisch und Deutsch von Moh- nike, Greifsvv. 1814.] Man achte hier vorziiglich auf den ethischen Geist, vvorin Zeus aufgefasst ist. Ich verweise hierbei auf die neulich erschie- nene Schrift von Schwabe : Specimen theol. exhib. KXtv.v&ovq v/tvov eiq Ala, cum discipl. Christ, comparat. induct, etc. Jenae 1819. [Ver- bessert in Boissonadii Poetarum graecorum Sylloge Tom. VIII.; vergl. auch Petersen Cleanthis Stoici hymnus in Jovem auctori suo vindicatus. Hamburg. 1829.] 2) S. Plato's Timaus und auch den Phadrus cap. 26. p. 246. p. 4 1 Bekker. vergl. Stobaei Eclogg. I. p. 51. In der angefiihrten beruhmten • die Neuplatoniker betrifft , so fuhrt PJotinus sehr oft die Fla- tonischen Ideen vorn Jnppiter aus (z. B. p. 298. p. 403. p. 551.), die ich eben deswegen als bekanntere Vorstellungsarten uber- gehe. Als Be I eg- der alttheologischen (Orphischen) Aus- drucksart, zu der diese Philosophen hanfig- wieder zuruck- kehrten, theile ich einen Satz des Porphyrins mit, den uns Stobaus aufbehalten: „Zeus also ist die ganze Welt, das Thier aus den TMeren Q^cfiov ex fcJwi/), der Gott aus den Gottern; Zeus aber audi, in so fern er die Intelligenz (yovq) ist 9 durch welche er Alles hervorbringt. Venn durch die Ideen bildet er die Dinge )6'n dij^tovgyei rolg voi]^aaL) %i *). — Dieser Zeus ist also die hochste Ordnung in der wirklichen Welt , wie Kronos die hochste Ordnung in der intelligiblen Welt [voixfy ist. Zeus und seine Burg sind nur ein leiblicher Ausdruck fur die Einheit der wirklichen Dinge der Welt, in ihm erst erhalten alle Dinge ihre Einheit und bestehen nur in ihm, dem grossen Naturleibe, dem Adam Kadmon, dem Welt-Gottmen- schen 2 ). In dieser Eigenschaft geht aus seinem Haupte her- Stelle desPhadrus, wo Zeus der grosse Anfiihrer im Himmel heisst, hat- ten viele alte Schriftsteller Zeus als Sonne genommen (s. die Stelien bei Ast im Comment, p. 297. und in den Additamm. ad calc. Reipubl. p. 654- sq.). Da wir aus den orientalischen Religionen her uns gewohnt haben, die Sonne audi als Intelligenz oder Geist zu denken, so will ich nichts weiter als die kritische Anmerkung hinzufiigen, dass eiuige Er- kliirer in die Stelle des Plato sogar o loxtv tfhoq einschiebeu wollten, wie man aus dem Verfolg der Stelle des Eustathius adOdyss. M. p. 476. sieht; welche Ast nicht ganz mitgetheilt hat. [Jetzt bemerke ich, dass diese Combinationen von Natur und Geist sich besonders deutlich in dem ural- ten Zeus Talaeos dem Gesetzesddmon der Kreter herausstellen ; s. oben I. S. 40 ff. 3ter Ausg., wo sie dargelegt worden sind.] 1) Aus der verloreueu Schrift des Porphyrius negl uyaXftuTtav, bei Stobaus Eclogg. I. p. 4o Heer. 2) S. Achilles Tatius Isagog. in A rati Phaenom. p. 123. (in Petavii Uranolog.) „Aratus scheint die Stellung {&taiv~) des Ganzen dem Jup- piter beizulegen, die Erzeugung und Ersinnung desselben aber dem Astraus — wenn er nicht etwa den Aslnius 'als den Schopfer ixotr^v ■ j. ' _ akg aft '.'■< ■ ' \ .• • - * vor die Athene (JAfyvcT), die ewig keusche Jungfrau Minerva, die Einheit, die sich ihrer selbst als Weisheit bewusst ist, und dem gemass handelt. Sie kennt sich selbst, sie handelt nach ihrem Bewusstseyn, sie ist das weise Beginnen und kluge Volienden, die personificirte Kriegs weisheit und der Sieg, welcher der Strategic folgt, und steht so auf der einen Seite als ideelles Wesen , auf der andern Here - Juno , wah- rend Zeus in der Mitte steht *). Zeus zeugt nun mit der Juno den Mars"jQi]q oder 'Ewdfooq, d. i. die Starke des Ei- sens, aber auch die blinde Kriegswuth und die rohe Gewalt, welche besiegt wird und weichen muss, wenn Minerva mit ihrer Weisheit die Feinde angreift. Einen dritten Sohn ge- biert dem Zeus Semelej sie die personificirte Erde, er der Vater: Aether, als Blitz und als himmlisches Feuer. Weil aber die Erde zu ohnmachtig ist, die ganze Herrlichkeit des Strahls zu tragen, so geht sie unter, und wendet sich auf langere Zeit der unterirdischen Nacht zu. Semele stirbt, aber den unreifen Sohn Dionysos verbirgt Juppiter in seine Hufte, und er wird so der Sohn seiner Lenden in ganz besonderem Sinne. Endlich geht er hervor aus den Huften ais die per- sonificirte Vielheit, als Natur. Es genuge hier, diese Eine Ansicht von Bacchus Geburt und Wesen anzudeuten. Bei den Dionysischen Religionen im dritten Theile muss doch davon ausfuhrlicber die Rede seyn. Ist aber Zeus die Einheit , so ist er auch zugleich die Vielheit, indem diese in der Einheit begriffen ist. Mit andern Worten: Zeus, der schon zu Dodona und in Arcadien vom Dionysos kaum unterscheidbar war, ist zugleich die formen- reiche bunte Natur oder Dionysos, namlich er ist es potentid, der Sterne, den Juppiter aber als den Anordner (xoor^rifiO derselben darstellt." t) S. roeine Meletemm. I. p. 45. [In einer Capelle auf dem Capifco- lium standen die Bildsiiulen so: Minerva rechts, Juno links, Juppiter in der Mitte, Lactant. I. 2. Guign.] Mehr davon im Verfolg. nicht ac(u. Die Natur, als werdend gedacht , entwickelt sich fwie auch viele alte Philosophen eine Dr.eiheit von Wellpo- tenzen annahmenj in einer Dreiheit von Zeiten. Dies ist das alte natiirliche Jahr. Darum hat Zeus als Jahr auch drei Gesichter, weil er das in die drei Jareszeiten geordnete Jahr bezeichnet, weil er die Ordnung ist. Er hat die grosse Ein- theilung (juolga), und ist es selber das Eintheilungsprincip kalendariseh gedacht. Dies stellt sich nun in der Cretensi- schen Tfreogonie folgendermassen : Zeus hat drei Tochter, die Horen £Qqcli), welehe er mit dein Urgesetz, rait der Themis, erzeugt: Alxy, das Recht (als menschliches) , Evvoula^ die Gesetzmassigkett , das Wohlgeordnete in der Gesetzespflege, und Eipyjvi], der Frieden, der nach dem Sominer, wo die Kriege gefuhrt werden, eintritt. In dieser Hinsicht heisst Zeus Mo ioayizi]<; (hochster Schfcksalslenker ) , der Gesetz- geber der grossen Eintheilungen, welehe sein Werk sind. Diese Horen sind, wie beraerkt, calendarisch gefasst, die drei Jahreszeite?i) und ethisch genommen den Titanen, jenen blin- den, regellosen Naturkraften, den Feinden aller Ordnung, entgegengesetzt ; sie sind die geordneten, gleichmassigen , in einander iibergejienden Strebungen in der Natur, die Ord- nungsstifterinnen, die Beforderinnen der Cultur und des Acker- baues l ). Ehe ich weiter schreite in der Betrachtung des Zeus und seine Idee zu entwickeln suche, kann ich nicht uuihin, wie- derholt den allgemeinen Satz ins Gedachtniss zuruck zu rufen, dass es der Orient und namentlich Kleinasien war , *von wo aus Griechenland viele Vorstellungen und Bilder von seinen Gottern und deren Verehrung erhielt. Dort in Kleinasien, bei dem kriegerischen Volke der Carer, die sich auch mit den Griechen vermischten, haUe man einen Zeus Labrandeus [Aafiaavdevq). Der Name kommt wahrscheinlich von kajSgvg^ 1) Man vergleiche Th. I. pag. 165 f. 2ter Ausgabe die Forineln der Atheniensischen Gebete zum Juppiter Piuvius und zu den Horen. Creuzer's deutsclie Schrifteti. III. I. 7 jlie Kricgsaxt denn ein kriegerisches Volk de-nkt sich seine Goiter als Krieger. Es war dieser Zeas der Carer ein kriegerischer Zeus, ein Kriegsgott, in seiner Idee dein Mars zu vergleichen (Zevg ctqcltios). Dargestelit wurde er als ein sehoner, bartiger Mann, mit der doppelten Streitaxt in der Hand 2 ). Es ist aber ira Grunde dersdbeZeus. der auch unter dem Namen Chrysaoreus vorkomint, worauf ich bei der Cerealischen Religion zuruckkommen werde. Er ist ferner auch derselbe mit Zevg dxQiog und xspavviog, der auf den Hdhen thront, und von hier aus Donner und Blitze sendet. tier (lurch seine Donnerkeile die Wolken zerspaltet, und in starken liegengiissen herabfahrt QZevg y.ajai^dti]q 3 ), Juppi- 1) S. Jabionski de ling. Ly.caon. mit Te Waters Zusatzen p. 87. 2) Die Angaben hieriiber, so wie die weitere Ausfiihrung der in diesem kriegerischen Z«us der Carer (ganz ahnlich dem Ztvq "J^ao? der Epiroten, bei Plutarch. Pyrrh. cap. 5) enthaltenen Ideen und Vor- stellungen, folgen im vierten Theile. Ich will bier nur einige Citate zum Nachlesen beifiigen : Herodot. V. 119. mit den Auslegern; vergl. jetzt auch Siebelis ad Demonis Fragmm. p. 21. 82 sq. 3) S. Petri Burmanni Jupiter Fulgurator, Lcidae 1734. und meine Meletemm. T. I. p. 19. — Erinnern wir uns hierbei, dass der Winter als ein kampfender Unbold und Damon Briareus genommen (Symb. II. p. 429. 2ter Ausg.), dass Juppiter als der Eroffner des neuen Jahres im Friih- iing vorgestellt ward (s. vorlier), und dass im altesten Jahresanfang, im Fruhling, die Volker zu Felde zogen , dann wird uns tier Zusammen- !?ang dieser Vorstellungen von ein em Juppiter, der Anfiihrer im Kriege ist, weil er Eroffner der Pforten des Jahres ist, begreiflich . werdenj Vorstellungen, ohne die auch der rettende Juppiter pluvius an der|An- foninischeu Saule so vvenig als das Schliessen des Jauustempels beim iillgemeinen Frieden vcrstandlich sind. — Kierher gehort Zeus der Stif- ter von Friedc und Eintracht, von dem Aeolischen opoXov (d. i. ro opo- rorpixov v.u\ iiqrp>iy.Lv) genannt 'Opokmoq. Unter diesem Namen ward er in Bootien, besonders in Theben, aber auch in Thessalien verehrt. Es gab auch ein Fest Homoloi'a. Auch Ceres und Pan werden mit diesen Epitheten bezeichnet (s. Photii Lex. p. 243. Suid. in voc. und dazu Rei- nesius und Miiller in Observv. p. 185. Scholiast. Theocrit. VII. 103. und dazu Kiessling p. 918. und Siebelis ku Istri Fragmm. p. 56. 57.). 99 ter pluvius), in Begengussen oder in milden Fruhlingsregen, welche den Schnee von den Bergen herabschwemmen und die Erde befruchten. So wird er endlich zur linden, lauen Luft, welche Fruchtbarkeit bringt, und so hiess er z. B. bei den Oetern der linde, milde, sie begluckende, ihnen Heil nnd 8egen, zu Hause Fruchtbarkeit, im Felde Sfeg verlei- hende Gott, fiitiogty aber den andern, den Feinden seines geliebten Volkes, ist er schrecklich und furchtbar, er schmet- tert sie rait unwiderstehlicher Macht darnieder, rachend sein getreues V©Ik, dera er der milde ist. In dieser Beziehung, als eine den Feinden furchtbare Macht, hcisst er dann Zsvg 'AkdaioiQ (vindex), ein bitterer Genius, tvixpog dat^iujv^ wie Hesychius dieses Wort erklart 2 ). Als Juppiter ultor {^'Akd- otwq), als rachender Gott, ist er Zsvg MtjarajQ, er sendet den Feinden panischen Schrecken und Furcht, so dass sie gescheucht vor seinem Drauen fliehen 3 ). Seinen Gunstlingen aber ist er Zevg (Pv $;io § 4 ), d. i. der die Feinde zura Wei- chen, zur Fluent zwingt, aber auch der seinen Getreuen, wenn sie in Noth sind, vvenn sie eingeschlossen nicht raehr zu entfliehen vermdgen, durch seinen klugen Rath dennoch 1) S. Etjrnolog. magn. p. 434. Zonaras Lex. gr. p. 10)1. Nicetas in meinen Meletemm. I. p. 18. 2) S. Hesychius I. p. 219. und daselbst Alberti. mugoq d. i. herb, bitter, scharf, wie die zweisclmeidige Axt, d ie er fiihrt. [Ueber uXuotcjq, uhxriqioq , nciXapvcuoq vgl. Wytteubach ad Plutarchi Quaest. Graecc. XXV. Animadverss. p. 66 sq.] 3) Ztvq Mr\axwq yopoio, Iliad. VIII. 22. vergl. mit andern Stel- len, z. B. ibid. 103. VI. 97. S. Apolloni Lex. Homer, p. 459 Toll. Er heisst aber audi als Beralher Mi\ot<>)q. Apollon. Lex. Homer, p. 669. und Heyue Obss. ad Iliad. IV. 328. VII. 365. und VIII. 22. 4) 6 dwdf-ievoq noii\aai v$io<; , weil die init einer_,Blutschu1d Behafteten 7,u ihm fliichteten (Kuhn zum Pausanias lit. 17. p. 252.). 7* 100 einen Ausweg bereitet und sie so rettet. -Indent er aber von Knechtschaft befreiet und die Fesseln der Nationen loset ist er Zsvg ekevd £ q lo g, Juppiter Liberator; aber auch iin hoheren Sinne der, welcher die Seele aus dem Kerker des Leibes befreit, welcher sie aus alien Muhseligkeiten des Le- bens hinubeV in ihr wahres Vaterland zuruckfuhret 2 ). Aber jener Zeus Mowayhijg 3 ), den wir eben als Ein- Iheiler und Ordner der Zeiten und Vater der Horen gesehen, ist auch Schicksalslenker , aber mehrentheils nicht sowohl Ent- scheider und willknhrlieher Spender der Schicksale, als nur / Austheiler derselben, Verleiher dessert, was die Moloa unab- anderlich verfugt hat (vgl. ob. p. 70. oder II. p. 457 2. Ausg. die Homerischen Vorsiellungen); er ist das Werkzeug einer ajl- waltenden hoheren Macht , eines unergriindlichen blinden Katums, und in dieser Beziehung heisst er J^s^i eai cjq , wel- cher jedem zutheilet, was ihm gebuhret, oder auch Tap lag, der Schaffner , welcher ein ihm anvertrautes Gut verwaltet. Die Macht aber , welche (in anderer Beziehung mit ihm iden- iisch, in der gewohniichen Vorstellung ihm ubergeordnet) ihm dasselbe anvertraut, ist die Moipa, die uber Alles herrscht und Alles bestimmt, die den Zeus nur zum Vollstrecker ihres Willens gemacht hat. Zeus hat nur die Waagschaale fur das Leben und den Tod der Sterblichen , er kann ira Kampfe bios ;) Pausan. IX. 2. 4 und 5. Pindar. OJyuip. XII. 1. und Jacobs Ani- madvv. ad Antholog. gr. T. VI. p. 227. IZevq ifcv&fQio<; erscheint auf einer unedirteu Miinze der Aetnaeer {Ahrv.tvv , d. i. der Burger des Sici- iischen Catana, friiher Aetna genannt) s. Jos. Alessi im Bulletino dell' Instit. archeol. 1831. nr. XII. a. p. 199 — 2 )2.] 2) Lipsius ad Tacit. Annal. XV. 64. und XVI. 35. Hiermit war nuu der Begriff Zeus des Betters iaontjQioq oder ooityiq) mauclunal nahe ver- bundeu. Ueber das letztere Epitheton s. iiberhaupt Pausan. IV. 31. 5. Aristoph. PJut. 878. 1176. und Wesseling ad Diodor. Sic. IV. 3. Auf die politische Idee des Zevq ihv&^gioq werden wir am Schlusse hinweisen. 3) Pausan. Phocic. (X.) 24. §. 4. und Bottiger Kunstno thologie des Zeus p. 27 IF. 101 die Seelcnwaage prufen, um zu bestiimncn , wer sterben und wer Jeben soil. ,,Jetzo streckte der Vater hervor die goldene Waage, Legt in die Schaalen hinein zwei finstere Todesloose, Dieses dem Peleionen und das dem reisigen Hektor, Fasste die Mitt' und wog: da Jastete Hektor's Schicksal Schwer zuin Aides hin, es verliess ihn Phobos Apollon" l ). O Homer. Iliad. XXU: 209 ff.,~s. ebendaselbst VIII. 69. und meiue Note zu Cicero de N. D. I. 15. p. 68 sqq. Namlich das Fatum hatte in seiner doppelten Beziehiing zwei Symbole, welche die Philosophen von den theologischen Attributen des Juppiter entlehnten. Als Caussalnexus der wirklichen Dinge betrachtet ward es durch die goldene Kette des Zeus (_aXvaiv (.dv tyvxvv, fiaoihxdv de vovv). Auf diese und ahnliche Satze wurde das immer weiter fort- gebildete neu- Platonische Dogma vom Verstand als Konig (j)ovq fiaoilevg) gegrundet. Beide Begriffsreihen beruheten auf orientalischen Anschauungen , die wir oben bei den Ae* 105 gyptischen und Asiatischen Religionen angedeutet haben. Hier wollen wir die populdre Vorstellung vom Griechischen Zeus als Hausvater und a!s Kbnfg in kurzen Umrissen andeuten. Zeus, durch Rheas List vor der verzehrenden Gewalt des Kronos geborgen wird zwei Ammen anvertraut, der Inj (Andere 'id'/) und 'AdqdoTeia. „Es geben aber die Alten, sagt Plutarchus, dem Zeus zwei Ammen, die Ida und Adra- steia, gleichfalls dem Apollo zwei, die Aletheia und Korytha- leia, Dionysus aber hat mehrere, weil dieser Gott auf mehr- fache Weise erzogen , gebildet und seine Natur gemildert werden muss" 2 ). Auch Callimachus singt: „Dich schlaferte ein Adrastea in der goldenen Wanne" 3 ). Nicht minder be- > 1) Die Umstande von Juppiters Errettung durch den untergeschobe- nen Stein wurden im zvveit. Th. p. 438 2ter Ausg. nach der Theogonie bemerkt. Hierher gehort jetzt folgeude Stelle im Lexic. rhetor, (in Bek- keri Anecdott. graecc. Tom. I. p. 224.): Buhvloq \t&oq' ovrcoq ixahno 6 do&elq to) Kqovoj uvtI tov Atoq , nuqa to Tvkov ovtu xexgvqi&ai,. Juppiter wurde auch selbst als ein Stein verehrt. Das war der Zevq Kaotoq, als unfoi mlicher, wo hi auch kegelformiger Stein vorgestellt. < — Ueber den Juppiter Idaus vergl. man die Ausleger zum Propertius HI. t. 27. 2) Plutarch. Sympos. HI. 9. p. 657 E. p. 68t Wyttenb. : "Oxi doxovoiv avxoj xal ol TiuXaiol tov [ilv /libq dvo tiouIv Tt&t]vaq, tt\v "I8r\v (Andere Ixr[v) aul tt\v 'Ad gel are ear ' o.^Ih dk xul tov AuokXmvoq dvo, ttji> 3 Akr\Q-tluv xul Ty\v Kogv&ukeiav' tov 6k Aiovvoov nletovaq , ozt del tov &e6v tovtov Iv n).t(ooi [.liTQoiq vvpcpoiv Ti&uooevo/Ltsvov xul naidtvoiuvov , ^fiigoiTtgov notslv xul tpgovifaategov. Pausanias Arcad. cap. 47 2. kennt aber doch mehrere Am- men des Zeus, darunter die Neda (IVY&O s. meine Anmerkung zu Cicero de N. D. III. 21. p. 592. [und vergl. oben iiber den Arkadischen Zeus §. 2. dieser dritten Ausg. Die angefiihrte Stelle des Plutarchus und die Begriffe von der Ite (Ide, "I6rj, £« A$Qt\OT£iu Atxvw ivi xQvoeoj' Hier bemerkt der Scholiast, dass die Adrastea Schwester der Cureten 106 merkenswerth ist die Stelle des Proclus: „Der Demiurg, wie Orpheus sagt, vvird von der Adrastea aufgezogen , rait der Ananke aber zeugt er die Heimarmene" Ueber diese Ver- bindung erklart sich Zoega in den Abhandll. p. 54. so: „Die Ordnung der von den Menschen unabhangigen Dinge ist der Grundbegriff von Allem. Sie, ahs ewiges Gesetz gedacht, heisst eigentlich Themis, a!s das Wesen der vollkouimensten Gerech- tigkeit, Dike, als abgebildet in der Schonheit des Firmaments, Adrastea, als nothwendig und unveranderlich , Ananke, und als scheinbar zufallig und wandelbar, Tyche". Ferner (p. 56.): ? ,Gehen wir zuriick auf die Geschichte des Bildnisses der Gottin von Rhamnus 2 ). wie ich sie gefunden auf den Saulen des dritten Thot, Bruder des Thot-, den die Griechen AsRIe- pios nennen. Unter den altesien Gottheiten der Kekropiden war Athor oder Adra, die sie nachher Adrasteia genamit haben, die Mutter des Mondes und der Dioscuren 5 Tochter des Okeanos, und sie selbst die Nacht, nicht die Gottin des Schicksals, sondern die Mutter der Schicksalsgotter, aus de- ren Schooss Phosphoros hcrvorgeht, und Hesperos versenkt sich in ihre Arme 7 und um den Kranz ihres Hauptes kreisen diVjHirsche der lo" 3 ). Wie wo hi die Hauptideen Zoega's sey. Vergl. audi Spanheim zu dieser Stelle und Zoega in den Abhandll. herausgeg. vou Welcker p. 4 1 ff. p. 60 ff. 1) S. Proclus in Tim. V. p. 323: o drjftiovoyoq, wq 6 'Ogyevq (fr,ai, xqt- qiexcu fi^v vno %rjq 'AdQuOTitaq , avraazi dh %rj \4vuyy.t], yevrif d$ tt\v Jii^uQ- fiivrfr. 2) Vergl. auch Suidas in 'Pa/nvovaia Ne\utaiq' 'ISqvouto 6h a.v%tjv 'Mq^ &ivq f-ir\T^Qa iavrou ouoav. [S. jetzt meine Recension in den Miiuchn. Gel. Anzeig. 1838. Nr. 23. 24. S. 191 ff. — Ich werde auf diesen Gegenstand im Abschuitte von der Pallas - Athene und von der Aphrodite zuriick- kommen.] 3) Vergl. auch p. 4l. ebendaselbst , wo er von der Aegyptischen Athor und von der Astaroth in Phonicien „mit dem Aegyptischen Haupt- begriffe der Nacht, als der Mutter aller Dinge" spricht. S. Symbol. It Th. p. 439 ff. 3ter Ausg. 107 gewiss richtig sind , so sind mir doch einige Bemerkungen eingefallen , die ich dem unparteiischen Leser zur Beurtheilung hier vorlegen will. So muss ich vorerst fragen, ob derm jene 'ASqaOTBia von den Griechen naeh ihrer Sprache und ihjen Begriffen nicht so gewendet war, dass sie die Rathschlcige der Menschen riickgangig oder vergeblich macht, zumal da dies im Begriffe von adQaaxoq liegt? Ferner nennt auch Apollo- dorus (I. 1. 7. p. 7 Heyn.) die "Idq neben der Adrastea als Tochter des Melisseus und Juppiters Amme. Sollte nun die Lesart der Handschriften in der oben angefuhrten Stelle des PJutarchus richtig seyn, so miisste man annehmen, es habe eine alte Form hog gegeben fiir die nachherige d. i. unternehmend , dreist, unerschrocken 1 )• Aisdann kame der l) S. Plato Sympos. cap. 29. und dazu die Scholien p. -48 Ruhnk. , wo es durch &guavq erklart wird $ vergl. Aristotel. Problem. XXIX. 1., wo es in gutem Sinne genonimen wird, und Schleussner Curae noviss. in Photii Lexic. p. 86. Schowii Specim. no v. edit. Photii Lex. p. 127. Es wiirde micli zu weit fiihren, wenn ich die Mythen von der Erziehung des Zeus bemerken wollte. Der Leser wird beim Spanheinv zum Calli- machus in Jov. das Meiste beisammen fiuden. Anderes muss ich im Ca- pitel von der Ceres und Proserpina ohuehin beriihren. Der genannte Ausleger driickt sich zum vs. 47. einmal etwas sonderbar aus: ■ — et Idam, ut ibi legitur, seu Nedam , als ob er nur eine Variante dariu er- kennen wollte. Doch man vergl. denselben zu Vers 33. — Die andere durch die Handschriften gerechtfertigte Lesart hat Wyttenbach beibehal- ten. Dies ist sehr zu billigen. Wahrscheinlich war auch dieser myste- riose Name, wie die meisten dieser Art nach der Mysterien Weise, vieldeutig. Der erste natiirliche Gedanke bei dejn Namen war an das Waldgebirge Ida; wie ja auch Hesiodus den andern Berg in Phrygien malt (Theog. 1009. — vkrjeooq&y und Herodotus (TIL m.) braucht , das Wort Xdrj im Plural und appellativisch so. Das waren natiirliche Allegorien: Zeus, das Leben der Natur 7 hat einen Fluss Neda und ein Waldgebirg Ida zu Ammen, er zieht seine Lebenskrafte aus hoher Luft und Ban men und aus Quellen. — Sprach und schrieb man aber den Na- men anders, so konnte man in der Amme Ite an die Kraft und Begeiste- rung denken, die zu kiihnen Thaten antreibt. — Man sollte immer, wo 108 Doppelbegriff sehr passend heraus: "Ityj die Unternehmende, That befordernde; 'Jdpdareia die Hindernde , Rathschlage riick- gangig machende , sie zernichtende. Diese beiden widerstreben- den Krafte werden also dem Knaben Zeus zugesellt. Denn die Thatlust Qhrf) beschliesst Manches zu rasch, was nick- gangig gemacht werden muss, was, obgleich es geschehen, ungeschehen gemacht, dessen Folgen vbllig aufgehoben wer- den sollen QAdQaGTBia"). So erwachst der Knabe Zeus, von lie und Adrastea auferzogen, er besteigt den Thron seines Vaters Kronos, er wird Vater der Cotter und Menschen, wo ihm dann zur Seite treten: Kq 7iukufit]q qjogeovat dixuqnoXoi , ol'x« &ef.iioraq 7igoq Aioq eigvaz ui' — Vergl. Homerische Briefe p. 21. 22. und Calliniachus H. in Jov. 7,9(fc(„& 6$ Aioq /?ceo iXijeq" etc.) uehst Spanheims Bemerkungen. Daher Richter txQtTut) beim Hesiodus Konige ((laotlfiq) heissen, *Eqy. vs. 202. und in der Hauptstelle, die hierher recht eigentlich gehort, wo vom Zeus gesagt wirdj von ihm gehen die geraden Rechtsspriiche am besten aus Ctyy. 38. vergl. die Scholien). Hiermit haligt nun die Vorstellung vom Juppi- ter dem Aufseher zusammen. Denn wenn auch alle Gotter inoxpiot (in- spectors) genannt werden (Sophocl. Philoet. vs. 1054.), so hat doch Juppiter vorzugsweise diesen Beinamen, und ein alter Dicliter (beim Stobaus Eclogg. physicc. I. cap. 4. §. Q. p. 106 Heer.) sagt kurz und stark: oi>x tvSu Aioq ncp&-cd t u6q ,,Juppiters Auge schlaf't nicht." 2) S. meine Meletemm. I. p. 17. und Hemsterhuis zu Aristoph. Plut. p. 2(il. Ueber diesen Ztvq nohiv; vergl. noch Plutarch. Coriolan. can. 3. Vol. II. p. 45 sqq. ed. Coray. seibst die Obhut ubernehmen. denn er ist kraft seines Koniffs- rechtes der grosse AixagTtokog, nicht bios Gesetzesquelle, sondern auch Gesetzesausfiihrer , in dessen Namen die Richter sitzen und Recht sprechen. In dieser Eigenschaft hat er zur Seite die Atxy (jus) *), die Verwalterin und Vollstreckerin des inenschiichen Rechts, und die 'Odhj, die Verwalterin des gottlichen Rechts. Mit beiden umgeben ist er die Rechtsquelie fur das Priesterrecht , wie fur das Laienrecht der Geineinde, Rechtsquelie und Rechtsgeber far alle Hellenen. Da nun die grosseste Versammlung der Griechen die dyogd ist, so grei- fen hier die Begriffe ein, die der Homer mit den Wortern forum und forensis verbindet. Auch diese waren in einem Griechischen Juppiter verkorpert. Er hiess Zevq dyoQatog , und hatte auf dem Markte seinen Altar, z. B. zu Athen (Hesych. J. p. 62 Alb. und daselbst die Ausleger). Diesen Namen fuhrte der Gott einmal als Beschiitzer der Treue und Rcdlichkeit im Handel und Wandel. Daruber belehrt uns eine Stelle des Theophrastus (aptid Stob. Serm. Tit. XLII. p. 120. p. 281.). Beim Verkauf eines Hauses oder Grundstucks muss- ten Kaufer und Verkaufer beim Apollo Epicomaus [£7rtxaj[Acdov, des Quartiers- oder Cantonschiitzers) schworen, dass es bei Kauf und Verkauf aufrichtig zugegangen. Statt dessen war in gewissen Fallen ein Opfer von Raucherwerk Qfrvfajpaof) mit diesem Eide vor dem Zeus verbunden (dveiv -*dv o^xov kitl tov Atoo, dyoQaiov). Nur unter Beobachtung dieses feier- lichen Opfereides durfte die Obrigkeit den Kauf einregistriren. Hier erblicken wir in den beiden Gottern , die ins Verborgene sehen, im Juppiter und Apollo*, die Garantie der Ehrlichkeit bei biirgerlichen Privatgeschaften gegeben. Als Vorsteher der offentlichen Beredtsamkeit , die auf dem Markte in der Volksgemeine gilt, gesellt sich Juppiter Agoraus seine Toch- 1) [Sophocles Oedip. Colon. 375. \hvt§Qn% Zyvoq tig/atou; roftotq Vergl. meine Anmerkung zum Plotin. p. 546, B. — Annott. p. 305 sq. cd. Oxon.] ter, die Musen, bei. Dies erhellet aus dem Orakcl an den Vater des Socrates. Jenem -wurde angedeutet, er solle sei- nen Sohn thun lassen, was diesem nur zu thun beliebe, er solle ihm weder Gewalt anthun , noch ihm sonst eine willkuhr- liche Riehtung geben„ sondern den natiirlichen Trieben des- seiben freien Lauf lassen, wohl aber fur ihn zum Juppiter Agoraus und zu den Musen Gebete und Geliibde verriehten (jv%6[xevov vnho avxov Ait dyoQaiu) xal Movoatq) , sintemal dieser Sohn einen Lebensfuhrer in sich babe, besser als tau- send Lehrer und Padagogen ^Plutarch, de genio Socr. p. 589. p. 377 Wyttenb. vergl. auch Stanley ad Aeschyli Euraenid. vs. 976. vs. 971 Schiitz.). Hier war also unter den Schutz des Juppiter Agoraus und der Musen die Beredtsamkeit ge- stellt, wodurch Socrates seinen 31itbiirgern die Weisheit des sittlichen Lebens liebenswerlfi zu machen wusste. — Ralhs- herren, werden vvir gleich ini Verfolg horen, mussten zum Juppiter fiov\aloq> dem Berather, und -zur Minerva beten. Auch anderwarts, z. B. zu Selinus. in Elis, in Sparta, hatte Zeus Agoraus Altare (s. Taylor, ad Lys. p. 191. p. 70 sqq. Reisk.). Den Philosophen ist Zeus der Anfang, die Entste- hung und die Wurzel alier Gerechtigkeit , alles Rechts$ nur aus ihm vermdgen wir zu bestimmen, was Gut und was Bose, was Recht und was Unreeht ist. So der Stoiker Chrysippus in einer bemerkenswerthen Stelle, die uns Plutarch aufbehal- ten hat, und die ganz im Sinne des hoheren Alterthums ab- gefasst ist In demselben Sinne eroffnet Plato sein Buch 1) Chrysippus ap. Plutarch, de Stoicorum repugn, p. 1035, C. Tom. V. p. 218 Wyttenb. : Ou yaq iariv evgnji' Jijq §i/.uioavrr\q aklfjv ag/tji'lovdh u).).r t v ytvtoiv, tj xr\v in tov At,hq y.al itjv h. %r^q xocvy,q &uoiojq' tvrsv&iv yuQ del nv.v to totovcov ttjv kq/Jiv l'%ftv, ri fxtk).o{.i(V n laiiv usqi ayuOojv y.al xay.wi'. Ueber diesen Juppiter, als gnttlxhen Rechtskorper, aus dem Volksbewusstseyn herausgebildet von den Philosophen, s. Cicero de N. D. I. 15. p. 70. unserer Ausgabe: Idemque (Chrysippus) etiam legis per- petuae et aeternae vim, quae quasi dux vita© et uiagistra ofliciorum sit, Jovem dicifc esse. Ebenderselbe de Legg. II, 4. 10. : Quumobrem lex vera 112 von den Gesetzen. Von Gott, behauptet der Cretenser CJinias, kommen die Gesetze. Dieser Gott sey Zeus nach der Lan- dessage — und darauf werden , nach des Athenischen Gast- freundes Vorschlag, die Gesprache uber die Gesetze auf dem Wege von Cnossus bis zur Grotte und. dem Tempel des Jup- piter fortgefuhrt (Plato de Legg. I. p. 625. p. 8 Ast. p. 180 Bekker. »). Wir .blicken auf den Zeus Ilokievq zuruck , dessen Be-- griff sich alimahlig eben so erweiterte, wie die Bedeutung der Tcokig (der alten Burg der Griechischen Konige) bis zur Stadt und Burgerschaft. Die Religion sorgte aber dafur, dass das alte Gesammtbewusstseyn , wonach sich alle Burger wie in einem Farailienverein fuhltcn, niemals ganz unterging. Ich will hier von einer Stelle des sogenannten Aristoteles ausge- hen. Dieser fahrt, nachdera er mehrere Beinamen des Zeus atque princeps, apta ad jubendum et ad vetandum, \ratio est recta summi Jovis. > — Zum Theil Bruchstiicke aus der Schrift des Chrysippus: vom Geset% {ntql vopov). [Man vergl. noch Cic. de Legg. II. 7. p. 195 ed. Moser, wo von der ratio in coelo mundoque gehandelt wird: und iiberhaupt iiber diese grosseutheils dem Stoiker Chrysippus abgeborgten Ideen B'r. N. G. Bagueti Chrysippea p. 113. 207. und p. 333 sq.] 1) Daher Cicero de Legg. I. 5. 15. an jene Scene erinnert: „ut ille Crete cum Clinia et cum Lacedaemonio Megillo, aestivo quemadmodum describit, die, in cupressetis Cnosiorum et spatiis silvestribus , crebro insistens, interdum acquiescens, de institutis rerum publicarum ac de optimis legibus disputat." [vergl. die Note dazu p. 39 ed. Moser.] Ich habe die alte Lesart wieder hergestellt, wie auch Ast und Becker dem Plato Kvojoov wiedergegeben haben. Meine Handschrift hat deutlich Gtto- siorum , und die Miinzen dieser Stadt geben eben so wohl Kvojotmv als JVwo/W (s. Sestini Classes generales Geograpb. nuniism. p. 28. Die Form Kvoxjoov ist bei Dichtern und SchriftsteJlern haufiger.). Diese Stadt war der reiche Konigssitz des Minos (s. Polyb. IV. 54. §. 2. und die Grieclii- schen Ausleger nebst Heyne zu Iliad. XVIII. 590.). Ihr Name ist noch in dem heutigen Cnossu iibrig, aber von der alten Herrlichkeit nichts, als die natiirlichen Reize und Seguungen der paradiesischen Uingegend (s. Savary Lettres sur la Grece XXII. p. 192 sqq. [und Cockerell in Walpole's Mem. II. 404.]). ut ^ angefuhrt hat, so fort: „Auch heisst er Ilohsvg von den Stadten. reve&Xiog aueh und 'Egxeioq und 'Op6yvio$ und - ndvQiog von der Gemeinschaft , worin er mit diesen Verhalt- nissen stent ^ Also Stadt und Ham ist unter Juppiters Schutz gegeben, und alle Verbindungen sind ihm anvertraut, die vvir unter diesen beiden Worten zu begreifen pflegen. Oehen wir dem Umfang der Begriffe, wie von dem aussersten Kreise nach dem Mittelpunkte hin, nach, so finden wir dort schon vora Anfang des biirgerlichen Vereins die Mitglieder desselben in stadtischen und iandlichen Gauen zerstreut, und die Burgerabtheilungen tragen oft die Namen solcher gottli- cher Schutzherrn. Im alten Attica 2 ) haben die vier Tribus {yvkai) unter der Regierung des Erichthonius von vier Golt- heiten ihre Namen. Sie heissen Zlid<;, 'J^jjvatg^ Ilocrsidajvidg und 'Hcpaioxidq. Das waren die vier grossen Besitzer des . Attischen Grundes und Bodens, und Zeus war unter ijinen der erste 3 }. Aber er hatte auch als Gegenstand grosser jahrlicher Suhnopfer von der ganzen Stadt seine Huldigungen. Am Ausgang des Monats Anthesterion feierten ihm alle Bur- ger sein Fest, Diasia Qztidoia) genannt; viele nach alter Weise opferten ihm landliche Fruchte, andere Opferthiere; und wegen dieser Versohnungsgebrauche hiess Zeus in die- ser Eigenschfift der Versdhnte [Msiki%ios, Placatus), oder auch Placator, der Versohner 4 }. Das war ein Fest der 1) Aristotel. de m undo VII. 5. p. 313 ed. Kapp. 2) Pollux VIII. 9. §. 109. [wo wir bekanntlich Ausziige aus des Aristoteles Werk iiber den Staat der Athener lesen.] 3) Bekanntlich hatte nachher jede der zehn Athenischen Ziinfte CyvXrtt) zwei Classen (ay/t^ogica). Die Mitglieder einer solchen Classe liatten auch ihren Juppiter. Er hiess Ztiiq frtuQHoq (Scholiast. Euripid. Hecub. vs. 345. vs. 342 ed. Matth.). 4) Thucyd. I. 126. mit den Scholien. Vergl. Scholiast. Aristoph. Nubb. vs. 407. und besonders T. Hemsterhuis zu Lucians Tiraon. Vol. I. p. 351 Bip. Mehrere Stellen findet man in den Melett. I. p. 17. Ueber die lateinische Uebersetzung. vergl. man Henr. Steph. Thes. L. gr* II. Creuzer's deutsche Schriften. III. 1. Q 114 ^ stadtischen Familie. Derm der alte Begriff von- Hans und Hof war dabei nicht vergessen. Das seken wir daraus, weil von der Erkenntniss und Verehrung des Zeus Hercens QEgxttog), d. i. des Zeus, der von dein epxos (jtSQi'^okog)^ von Hofraum und Hofbezirk, den Namen hatte, der Besitz des Biirger- rechts abhing *)« Denn zu Athen ward bei der Pruning der Magistratspersonen gefragt: ob der Mann ein Athener sey von Vater und Mutter her im dritten Geschlecht, ob er Phra- toren habe (Mitglied einer Curie sey), und ob er Altare des Zeus Patrous und des Zeus Herceus besitze 2 ). Namlich wer diese Religion kannte, der konnte aiich auf gewisse Fragen antwovten , die nur den Eingeweiheten dieses mystischen Dienstes bekannt seyn konnten 3 ). Die Frage nach der Phratrie oder Curie schloss diese religiose Gemeinschaft in sich; und in Athen namentlich wusste man sowohl von einem Zevq (fQCLTQiog als von einem Zevg kyxslog. „Wir nennen einen Zeus Phratrios und Herceus und eine Athenaea Phra- tria", lesen wir beim Plato 4 }. Diese Gottheiten waren Pe- nates publici oder die Stadt-Penaten von Athen s ). In Rom gehdrten unter andern Juppiter und Minerva auch in diese p. 1612. Der erste Stier an dem Altar des Zeus Polieus sollte unter dem Konig Erechtheus geopfert worden seyn (Pausan. I. 28. 11.). Daran knupften sich mysteriose Gebrauche, die ich im vierten Theile bei den Cerealien besclireibe. 1) Hyperides ap. Harpocrat. in 'Egxeloq Zevq p. 171 Gronov. 2) Dinarchus ap. Harpocrat. t t. Pollux VIII. 9. §. 85. 3) Hemsterhuis zum Pollux 1. 1. p. 906. 4) Zevq 6* rifnv — xaktlrat igxeloq — xal (pgdrgioq xal 'jt&qvaty (pgargia Platon. Euthydem. p. 302. p. 404 Hdf. *A&r\vatr) lese ich hier statt 'AQyva aus Eustath. ad Odyss. III. 51. p. 112 Basil, nach der Vorschrift der Alten. 5) Nepos in Themistocl. VII. 4. : „ Athenienses suo consilio , quod communi jure gentium facere possent, Deos publicos suosque patrios ac Penates, quo facilius ab hoste possent defendere, muris sepsisse." Ueber diese hier genannten Arten von Gottheiten s. man J. Fr. Gronov. ad Sfcatii Silv. IV. 8. p. 449. und dazu die Anmerkung von Hand. 115 -w* Gotterclasse (Livius ILL 17.). Wo Menschen nicht schiitzen und helfen konnen, da sollten sie schiitzen und helfen, und sollten fort und fort das Wachsthum der stadtischen Wohl- fahrt befdrdern , so wie jeder einzelne Burger von seinen Haus-Penaten unbegreiflicher (und auch wohl raagischer) Weise seinen Haussegen erwartete. Beide Gottheiten sollten auch den Rathsherrn der Stadt mit ihrem Bathe beistehen. Darum hatten sie auch in den Rathsversammlungen ihr Hei- ligthum (VepoV), un & die Mitglieder beteten zu ihnen beira Eintritt in dieselbe Haben wir nun im Burgerverein den Begriff eines religiosen Familienvereins durchschimmern sehen, so konnen wir jetzt mit Wenigem noch bemerken , wie sich auch das religiose Band der Geschlechter, Familien und Haus- genossenschaften aus der Idee eines gottlichen Hausvaters und Burgherrn, Zeus genannt, herausbildet. Der Zeus Phra- trios (Juppiter curialis) ist uns schon oben begegnet. Wir gehen weiter: Zuvorderst die Geneten (gentiles) hatten zu Athen den Zsvq 'Egxeloq zura Schutzherrn ihres Geschlechts, und verehrten ihn als den gemeinsamen Vorsteher, wie auch den Apollo Patrous 2 ). Die Sonne der Geneten (ysvrjtat) nannten sich Stammgenossen (opoyvtoi). Diese hatten ihren Zsvq, o^oynoq (Aristotel. de mundo VII. 5. Ruhnken. ad Tim. p. 192 sq. Daher auch ein alter Ausleger sagt, die ddsXcpoL haben den Zeus opoyviog [Scholiast. Eurip. Hecub. 345. vs. 342 Matth.], welches so wohl Bruder als nahe Blutsver- 1) Antiphon negl tou xog- P- 146. p. 789 Reisk. xal iv avrai (t$ fiov- XiVxr\glo) dioq fiovXatov xal 'Afryvccq (lovXataq tegov ion, xal dqiovzeq ot povXtvral ngoqiv%ovxav, Vgl. Schoemann de Cpmitiis Atheniensiuna cap. X. p. 306. Aus Pausanias I. 3. §• 4. lernen wir, dass hier drei Sehnitzbil- der standen: das des ZeusBulaus, des Apollo und des Demos (Volks). 2) Dejposth. advers. Eubulid. p. 1319 ed. Reisk. und dessen Anmer- kung Tom. VI. p. 173. Die ganze Analogie spricht dafiir, dass es in Athen auch eine Minerva der Geschlechter gab. Ich nentte sie, nach handschriftlichen Spuren, 'A&qva rtvt\xiaq (s. Meleteinm. I. p. 24 sq.). 8* wandte bedeuten kann) '). Eben so gab es in den Griechi- sclien Staminreligionen einen M$vg ovyyev£io<; (Juppiter affi- nis). In seinen Schutz waren die Affinitatsrechte gestellt (jo za Trjg cvyyevslag 8/xaia ecpoQojv , heisst er in der gleich anzufuhrenden Stelle). Namlich vvenn die $sol o^oyviot als Beschutzer der Blutsfreunde gedacht wurden , so ward hinge- gen mit dera Zsvq avyyeveioq auf die Affinen gesehen, auf Schwiegersohne und Schwiegertochter \ wie denn avyyeveca ganz bestiinmt als dasjenige Verhaltniss bezeichnet wird , das nicht sowohl auf der Natur als auf burgerlichen Gesetzen (Heiralh und dergl. beruhete 2 ). Zuweilen mag die ovyye'veia in einem andern Sinne genommen werden; wie von Plato, welcher damit die Gemeinschaft der dsot opdyvioi zugleich nennt. In derselben Stelle gedenkt er auch einer andern Gattung von Gottern dieser Art, der yeve&ldujv, die man sich geneigt machen konne zur Erzeugung seiner eigenen Kin- der 3 ). Hiermit muss man jetzt eine Aeusserung des Porphy- rins verbinden. Dieser Philosoph fuhrt (in der epistola ad Marcellam Jcap. 2. p. 4 ed. Mediolan. p. 282 ed. Lips.) unter 1) Eine hohere Deutung dieses Zeus opoyvioq lesen wir bei Cicero de Legg. I. 8.: „ — animum esse ingeneratum a Deo, ex quo vere vel agnatio nobis cum coelestibus, vel genus vel stirps adpellari (Davisius liest adrogari. Unnothig. [Man s. jetzt meine Anineikung dazu p. 63 ed. Moser.]) potest." Davisius gedenkt bei dieser Stelle des Griechischen Glaubeus an den Zeus ofioyvtoq, und fuhrt die Stelle des Dio Chrysosto- mus, Orat. I. p. 8. an. 2) Pollux III. 5. 6. 3) Plato de Legg. V. 2. p. 729. p. 163 Ast. mit .dessen Anmerkung: ^uyyiveiuv dh xkI hfxoyvtwv #f 1) [Ueber die Stelle, vvelche der so ausgebildete Begriff vom Zeus in dem ganzen Entwickelungsgange der Griechischen Religionen einnimmt, muss man jefczt im Allgem. Theil den Abschnitt: Vollendeter Anthropis- mus, I. S. 73 ff. 3ter Ausg. nachleseu.] 2) Iliad. I. 528 ff. nach Voss. In diesen Worten, worin allerdings die zwei Hauptideen von Zeus, als Herrn der Natur, andrerseits a!s Konig und Ge- bieter der Gbtter und Menschen, liegen, hatten wir, nach einer bedeutsamen Sage, die Entstehung dieses Juppiters durch Phidias zu suchen. Dieser Gewahnmg wirikende Zeus — Zsvq e7t iv s v (jdv , der gnadig audi ganzen Nationen zuvvinkt und sie huidvoll anblickt — dieser Zeus ward nun das vor- zuglichste Abbild des Gottvaters am Haupforte der Panhelle- nischen Spiele zu Olympia. Diese Spiele hatte in aiter Heroen- zeit ein Sohn des Juppiter und ein Konig, vcn Juppiter ein- gesetzt , Hercules und Pelops 1 ) , gestiftet. Has sollte Hercu- les der Idaer, einer der Dactylen, gevvesen seyn, also einer der Sterngenien aus dera Lichtsystem der Samothracier und Kleinasiaten, einer der Trabanten des gross en Zeus auf dem Scheitelpunkte des Himmels — mit Eineni Worte, Hercules, der Sonnensohn, der Kampfer im Lichtstreite, der Nachfolger des Perseus von Chemmis, wo man dies em zu Ehren auch Jahresspiele — Segensspiele feierte (Herodoi. II. !)!.), wann Hercules, des Juppiter Sohn, den Scheitelpunkt des Himmels als ein rustiger Kampfer im Thierkreise erkampft und erklimmt hatte, wann die gereifte Sonne gereifte Erndte brachte. Zu Olympia sollte der Sage nach Juppiter einst selbst mit Her- cules gerungen haben 2 J, wie dort Jacob mit Gott. Hier 1) S. Herodot. VI. 127. Pausan. V. cap. 1.2. 3. VI. 22. 2. Scholiast. Pindar. Olymp. I. 144. Apollodor. II. 15. und daselbst Heyne. Es kann meine Absicht nicht seyn, in die Sagenfulle von diesen Spielen hier ein- zugehen. Ueber die Perioden dieser Anordnungen und iiber das politische Gewicht derselben auf die Verhaltnisse verschiedener Konigreiche von Griechenland vergl. man Miiller Aeginett. p. 35. und p. 55. Ueber die Art der Feier s. die Nachweisungen und Stellen in meinen Meletemra. P. I. p. 4 — 6.5 wo der Scholiast, ad Aristid. sagfc: Vpdofioq (uywv) o e OXv/.i- nixoq 'ilQctxkeovq vo/no&eT^aavroq ini JldXoni — also von Hercules gestiftet wegen des Pelops. 2) Tzetz. in Lycophr. vs. 662 sq. p. 724 Miiller. ITaXa^mv 6 avroq (namlich c HQciy.X?jO vtakuxab div, to Y.aianaXvXaut, /lii h 'OXvpnia* Pi© Tha- 9* 132 hatto einst Peiops, weicheui Zeus verliehen das Scepter und datnit Konigsrechte und Konigsraacht (oxjjiCTQOv ijdh &s^i- oraf)) im Wagenrennen die Tochter des Oenomaus, die Hip- podainia ['InTtoddpsia, die von den gebandigten Rossen den Namen tragi), errungen '), nnd war dadurch Erbe des rei- chen Peloponnesus geworden 2 ). Diese alien Jahresspiele sanctionirten nun Gesetzgeber und Alle, welche sich zum Hellenenbunde Itielten, sie wahl- ten aus ihrer Mftte 'ElXavodiy.aq, Richter, welche, auf dem Markte zu Eiis versamraelt, uber Sinn, Zweck und Absicht, liber Ordnnng und Zucht bei dieser Feier wachen mussten. Von ihnen empfingcn die Hellenischen Jiingiinge und Manner den Oiivenkranz 3 ), wenn sie in tuchtigen Kampfen und Ue- bungen sich als wurdige Nachfolger erwiesen von den alten Gottersohnen , welche Jahressegen und Heil ? burgerlichen Verein und flecht gegrundct, und den vaterlandischen Boden ten des Hercules, als geglaubten Stifters dieser Spiele, waren auch an dem beriihmten Tempel des Juppiter zu Olympia angebracht (Siebenkees iiber den- Tempel und die Biidsaule des Jupiter zu Olympia p. 39. Volkel p. 64 ff.). Bekanntlich streitet man iiber den Sinn der Locaibeuennuugen von Pisa {Illou; iiber diesen Namen, in welch em Einige niaect, wasser- reiche Ebenen, finden wollten, s. meine Meletemm. I. p. 19.) und Olym- pia (s. Larcher Tabl. geogr. zum Herodot. Tom. VIII. p. 390 und 454.). [Jetzt miissen die Karten und Untersuchungen der Commission scientifique de Moree und die seitdem fortgesetzten audern Forschungen iiber diese Oertlichkeiten , wie auch die in jenem Werk abgebildeten Sculpturfrag- mente aus Olympia verglichen werden.] 1) Schol. Pindar. Olymp. I. 114—127. Hygin. fab. 253. 2) Wer obige Ansicht der Olympischen Spiele zu astrouomisch fin- den sollte, der moge bedenken, dass ich die andern Betrachtungsarten damit nicht ausschliessen, dass ich aber den Zeus hier als panhelleni- sclien Natur- und Bundesgott deutlich machen will. Ich musste ajso die oben (Th. II. p. 80 f. 193. 606 ff. auch I. 241. 3ter Ausg. angekniipften Faden hier weiter fortfuhren. 3) Von einem wilden Oelbaum in der Altis zu Olympia, otiyavoq h. xoxlvov (s. die Stellen in meinen Meletemm. T. p. 4 sq.). 133 vertheidigt hatten, sie selber nur Nacheiferer des grossien Vaters. Dieser war der erste Kdmpfer uber die finsteren Erdmachte, uber die Titanen und Giganten, der erste Ringer zu Olympia gewesen, daher musste er auch- der erste (der himmlische} Hellanodike seyn, und dazu passte nun ganz die Homerische Idee des gnddig gewahrenden Herrn der Natur. Da sass er nun, von Phidias geschaffen, am Ende der Altis in seinem Terapel in colossaler Gestalt die oberen Theile, Haupt, Hals, Brust und Oberarme, in grossartigen Formen hervortretend, die unteren Theile durch einen walienden Man- tel verhullt, in Bekleidung und reichen Attributes niit hoch- ster festlicher Pracht, auf der rechten Hand die Siegesgbitin — iWx/;, welche ihn, den ersten Sieger, selbst bekranzt, in der Linken den Scepter mit dem Kbnigsvogel, dem Adler, auf der Spitze 2 ), umgeben von den Horen, den Jahreszeiten und Ordnungsgenien 3 ), so wie von den Grazien; zu seinen 1) Ueber Tempel, Tliron und Bildsiiule lese man nach: Bbttiger Andeutungen p. 94. Vblkel a. a. 0. p. 20 ff. p. 125 ff. Siebenkees p. 100* Toelken de Phidiae Jove Olympio, Goetting. 1810. March. Haus Saggio sul tempio e la statua di Jove Olympic, Palermo 1814. und besonders Quatremere de Quinci Le Jupiter OJympiert p. 256 sqq. p. 268 sqq. und dazu die fcupfertafeln nr. XI — XVII. [Vergl. jetzt K. O. Midler Handb. der Archaol. der K. §. 349. S. 492 ff. 2ter Ausg.] — Ueber die unzahli- gen Denkmale in dem heiligen Haine (Altis) vgl. man Jacobs Ueber den Reichthum der Griechen an plast. Kunstwerken p. 33 ff. Dass iibrigens Zeus sitzend vorgestellfc war, bezogen Einige allegoriscii auf die Festig- keit seiner Macht (Suidas in Zivq II. p. 5 Kuster.). 2) Pindar. Pyth. I. 10. 3) Ein angebliches Fragment des Archytas beim Stobaus Serm. XLl. p. 269 sq. belehrt uns, dass Juppiter als Auordner der Jahreszeiten und Naturordnung auch vrftqioq hiess. Er redet von dem Laufe der Sonne durch den Thierkreis, und wie dadurch Leben uud Nahruug der Erdbe- wohner moglich werde, und setzt daun hinzu: Co aXioq) tav evxQctotuv rwv ojqwv 7iag(xOittvao(/.[Atvoq. Aio *a\ v6f,noq xal vs. f.nl\'ioq Zivq Y.ulhxui, v.ai vofitvq 6 §iuvefjiu)v %uq iqoyuq xoiq oieai. Hier habeu wir also den alten Naturgott auch als Hirten und Nahrer der Schaafe wieder. — Davon 134 ^ Fiissen die geheiranissvollen Sphinxe, in seinem gottlichen Angesicht leiblich aussprechend die drei hoehsten Eigenschaf- ten, Macht, Weisheit and Gute$ Macht iin Ganzen des Kopfes, in dem maehtig empors-trebenden und wellenartig herabflies- senden Haupthaar; Weisheit in der edlen , grossen Stirne, deren Augenbfaunen Gewahrung winken, der Thetis dort und hier dem Preisbewerber und Sieger 5 Giite in den sanftenZu- gen um den Mund. Also in Wahrheit eine hochste Gottheit in Menschengestalt ftir den Hellenen, ja auch fur den Helle- nen, ja auch fiir den froinmen Homer noch, wie der grosse Paulus AemHius fuhlte 1 ). unterscheide man den Zevq Neutioq oder auch *vvohl Nffier^zriq von Locris und Argolis (Thucyd. III. 96. Pausau. II. 20. 3. und Steph. Byzant. p. 586 Berkel. und dazu die Note iiber die verschiedenen Formen dieser Local- namen). 1) Livius XLV. 28.: — „Jovem velut praesentem intuens, motus animo est. Itaque haud secus quam si in Capitolio immolaturus essefc, sacrificium araplius solito apparari jussit. " 135 / Zeus der Olympische und Panhellenische. Urn nun die Vorstellung des Olympischen Juppiter , so viel in der Kurze moglich, deutlich zu machen, will ich vor- erst von diesem Namen ausgehen. Er verrath uralte Vereh- rung der Berge. Wir blicken zum Lycaischen Hohengott zuriick, von dem wir oben ausgingen. Hier begegnet uns Pausanias (Arcad. XXXVIII. 1.) als Fuhrer. ..Zur linken Seite des Tempels der Despoena, sagt er, ist der Lycaische Berg, den sie auch Olympus nennen , und andere der Arcadier die heilige Hdhe. Sie sagen y Juppiter sey darauf erzogen wor- den." Will man nun auch sagen: das waren Arcadische Le- gend en , wodurch die Landesbewohner ilire Berge zum hoch- sten Gottersitz steigern wollten, wie sie auch ebendaselbst von einem Arcadischen Creta sprechcn — so will ich dies zwar nicht in Abrede steilen; aber, um jetzt von Creta zu schweigen, so beweisen doch schon die Komerischen Be- schreibungen des Olympus hinlanglich, dass die alteste Volks- meinung das Olympische in einem solchen Sinne nahm, dass man nicht wusste, ob von himmlischen Dingen oder von Din- gen auf Erden die Rede war; und Homers Olympus scheint manchmal in hohere Raume fiber den Wolken versetzt (s. die Nachww. II. p. 462 f. 2. Ausg. vgl. III. p. il 3. Ausg.). Das uralte Wort "Okv^noq hatte eben die glucklichg? Unbestimmtheit einer Bedeutung, die dem Nationalgefuhle gemass Irdisches und Himmlisches vermischte. Daher allenthalben Olympi, 136 Gotterberge; und wenn auch Einige nur sechs nannten (Scho- liast. Apollonii Arg. I. 599.), so wollten Andere noch von lnehreren wissen. Es waren gewdhnliche Hochgebirge, deren Gipfel sich in den Wolken verloren. Dies gilt nainentlich von dem Phrygisch - Mysischen (Keciscedaghi , wie er jetzt heisst 5 man lese die malerische Beschreibung des Sestini l ) 5 nicht minder von dem zwischen Thessalien und Pieria, wo die Natur in grossartigen Zugen sich den Naturmenschen noch heut zu Tage kund thut. und wo die Fulle der Berg- wasser und die reichste Mannigfaltigkeit der Vegetation an die verborgenen Krafte der Natur machtig erinnern 2 ). Die- ser ira Stammlande der wichtigsten Hellenischen Volker ge- legene Berg ward nun durch das grosse Nationalepos vor alien andern verherrlicht , und mit ihm Juppiter, dessen Ver- ehrung von Alters her in Thessalien allegemein war 3 ). Aber Elis in Sudgriechenland , wo machtige Fiirsten von alten Zei- ten Jahresspiele angeordnet hatten, musste auch seinen Berg Olympus haben (Scholiast. Apollon. Rhod. 1. L). Auch auf dem Thessalischen sollten Olympische Spiele ['OXv^Tua) ge- feiert worden seyn (ibid.). — Alle diese Berge und Alles, O Voyage dans la Grece Asiatique XVIII. p. 143 sq. — Stellen der Alten iiber diesen Olympus siehe in meinen Historr. antiqq. fragmm. , p. 177 sqq. 2) Man s. Stuart bei Barthelemy Voyag. d. j. Anachars. III. p. 384 sqq. ed. stereotyp. Paris 1817. Vergl. iiber diesen Thessalischen Olym- pus Larcher zum Herodot. Tom. VIII. p. 389. und Heyne zu Iliad. I. vs. 494 sqq. (Excurs. VIII. p. 187.). [Anschaulich werden diese Oertlich- keiten jetzt durch die trefflichen Ansichteu \on Griechenland QVues de la Grece} des jungst verstorbeuen Baron O. M, v. Stackelherg.] 3) Daher wollte Havercamp. Dissert, de liter, graecc. forma in numis p. 275. eine Miinzengattung mit dem bekranzten Juppiterskopf und mit der Beischriffc FA. nach Alea in Thessalien Ziehen. Andere verweisen sie zu den Faliscern.*Jetzt wird sie den Eleern mehrentheils zugeeignet (Volkel iiber die Bildsaule des Jupiter p. 137. und Mionnet Recueil d. Medaill. T. I. p. 49. p. 98. vergl. tah. LXXIII. nr. 2.)- was um sie her war und geschahj umstrahlte nun in der Volksanschauung eine hiwmlische Herrlichkeit — die Berge waren selbst zu Gottern geworden, wie Amanus der Vorder- asiaten, wie Meru bei den Indiern. Auf ihrera in Wolken gehullten Gipfel verbergen sie die Geheimnisse der Gotter- zeugung und Gottergeburt. Doch im Volksdienst der Griechen musste der mystische Naturinstinct einem helleren Bewusstseyn Platz machen 1 ). Sie nahern sich den Persern raehr, die auf t) Dass der Satz: die Berge sind Gotter (s. Th. I. pag. 158 f. 2. Ausg.) audi bei den Griechen Eingang gefunden, und dass namentlich der Olympus mit Bezug auf Juppiter eine mystische Tdpographie geliabt hat, mochte wohl nach dem, was wir oben von der Dodonaischen Eiche gehort haben, nicht unwahrscheinlich seyn. Dass aber dieser Gotterberg selbst zum Zeus geworden, davoi will ich einige Spuren nachweisen. ' Bekanutlich wird im Homer von Beugungen Qmvxeq heissen sie) des Olym- pus geredet. Im zwanzigsten Gesang der Iliade vs. 5. wird besonders von einem Haupt des vielgebogenen Olympus (y.qaToq *— Oukvfntoio no- \v7trvxov~) gesprochen. Die ganze Stelle hat etwas Besonderes. Alle Fliisse (jioxuuoi) und alle Nymphen miissen zur Versammlung kommen, die auch diesmal ausserordentlicher Weise von der Themis zusammen- berufen wird, weil dieser Gotterverein , wie ein Ausleger bemerkt, die hochste und letzte geset%Uche Entscheidung geben soli (Schol. Venet. ad vs. 4.)- Hier gab es nun fiir die Erklarer zwei Wege. Einige obelisir- ten die Stelle als fremdartig dem Homerischen Epos (s. Heyn. Obss. ad h. L); Andere legten sie in bedeutsamen Beziehungen aus. Diesen war hier der Olympus der Weltgeist Juppiter selbst. Das Haupt des Berges war also Juppiters Haupt, und die vielen Buchten inxvx^q) des Olympus waren die acht Himmelsspharen, eiuschliesslich der einen fixen, unbe- weglichen (Eustath. ad 1. ].). Dass die Theologen nun auch diese Seite des Olympischen Juppiter als Weltrichters ausgebildet hatten , lasst sich kaum bezweifeln. In einem Orphischen Fragment (nr. II, p. 450 sq. Herm. [vergl. Lobeck Aglaopham. p. 443.]), wo von dem Schauen und Erken- nen Gottes die Rede ist, werden die nxvxal neben einer Wolke Qvitpoq) als die Hindernisse genannt, warum die Menschen das Walten der Gott- heit nicht durchschauen konnen Cvs. 20. 21.). — Homerisch wiirde dies, nach allegorischer Auslegung (s. vorher), heissen: In die Schluchten des in Wolken gehullten Olympischen Gipfels dringt kein Sterblicher ein, 138 ■ der Berge Gipfel opfern und beten^ und den gcmzen Umkreis Dort versaminelt Themis die Versammlung der Gotter, die im Verborge- nen das Gesetz geben. Nun werden auch Falten und verschlossene Rol- len Juppiters mit Bezug auf dessen Richterspriiche genannt (s. das Frag- ment aus Euripides Melanippe und daselbst Valckenaer Diatrib. p. 185. [Tom. V. p. 323 ed. Boisson.]), und das Schauen des Zeus in diese Ge- setzesrollen war fast sprichwdrtlich geworden (s. ebendaselbst). Eiue kosmisch- mysteriose Legende, wie Zeus einst die Here mit goldenen Ketfcen gebunden und mit eisernen Ambossen beschwert habe, wird aus einem Buche des Hellanicus angefiihrt, welches der einzige Schriftsteller, der es nennt, Dios polytychia betitelt (s. Fulgent. I. 2. p. 631 Staver.). Man hat gerathen noXutiicvfa oder TtoXvroy.ta, so dass das Buch von den vielen Kindern Juppiters gehandelt hatte. Sturz, der die noch kiihnere Aenderuug iv Jioq yuoXoyfa des Gyraldus Histor. Deorr. p. 118. gar nicht anfiihrt, vertheidigt die gewohnliche Lesart. Dann ware es ein Buch von dem mannigfaltigen Geschick des Zeus gewesen (ad Hellan. p. 75.). Ich dachte , das Buch ware betitelt gewesen Jioq noXvmvxia- Letzteres Wort hat noch mehr Auctoritat als jenes^ das gar keine hat. Alsdann enthielt es eine Erklarung des vielgebogenen Olympus {noXv- nxv%ov 'OXvpnov^ — aber des Olympus - Zeus. Denn mit Einem Worte:. Es gab eine Ansicht, wonach der Olympus dem Griechen eben so wohl ein Gofct war, wie der Berg Argaus den Cappadociern (s. das oben An- gefiihrte). Nach solchen Vorstellungen werden heilige Berge zum leben- digen und lebendigmachenden Gott selber. In der Sternenschrift des Himmels ist das erste Gesetz gegeben. Themis und die Horen bewahren es ? und versammeln die Gotter, und weisen sie bin auf die siderische Satzung. Das zweite Gesetz wird gegeben auf des Olympus Gipfel; Seine lichte Hohe ist fur die Menscheu in Wolken gehiilltj in seine Un- tiefen dringt kein sterblicher Fuss. Juppiters Winken ist des Gesetzes Ausdruck. ■ — Aber dieses Bewegen seines Hauptes erschiittert die Olym- pische Burg; und uuter Donner und Blitz werden seine Gesetze verkiin- digt. Wenn aber Moses den Israeliten vom Gesetzesberge Sinai stei- nerne Tafeln bringt, so werden dem Griechischen Volke Olympische Rolleu aufgeschJagen , bereitet von der Haut der Ziege Amalthea, die mit himmlischer Milch den Gott der Gesetze erzogen. Was diese Rollen in ihren vielen Falten enthalten — Das Gesetz der Natur und des Gei- 5tes — das ist Jtoq noXvmvxtct, und wunderbaren , oft rathselhaften Inhalts. [Jetzt sehe ich, dass Sturz in der neuen Ausgabe p. 77 sq. 139 des Himmels Zeus nennen Des Himmels Umfang ist dort der Thatenkreis des Ormuzd 2 ). Er durchschreitet alle zwolf Zeichen des thierischen Kreises, streitend, richtend, schrek- kend, begnadigend; und er begnadigt die Heroen und die Stammkinder derselben, die ihm auf dieser Bahn nachfolgen. So geht die astronomische Ansieht des Nationalgottes in die mensehliche und practische uber. In diesem menschlich-prac- tischen Gesammtgefuhl der Griechen wird nun derselbe Gott zuui Beschutzer und Vorbild aller Helienen, und heisst daher auch an einigen Orten der Hellenische QEkkyvioq) und der Panhellenische (Uavekhjvio^). Naturlich waren diese Nainen fruherhin, bei der Absonderung der Griechischen Stamme, oft auf kleine Bezirke beschrankt, bis nach und nach, und be- sondeis mit den Perserkriegen, das Nationalgefiihl sich ervvei- terte, und alle Griechen, im Gegensatz der Nichtgriechen (JSdofiaoor) jenem religidsen Gesammtnamen beschloss. Da wurden auch bei Plataa, nicht weit von dem gemeinsa- nien Helienengrabe, und bei eineni Altar Zeus des Befreiers (^EkevSeoiov') Freiheitsspiele (^Ekev&eQia) alle funf Jahre gefeiert, und der Hellenische Zeus wurde nun auch von jedem selbst auf die Vermuthung nolvmvyju gekomnien ist, so dass Hellanikos das ^multiplex ac tortuosum Jovis ingenium " in diesem Gedicht geschil- dert habe. — Ich selbst habe iin Allgem. Theil (I. 1. S. 36 fF. 3ter Ausg.) in der Naturgeschichte der Griechischen Religionen diese Auffassung des Begriffs vom Zeus nochmals beriihren mussen; wo ich aus der Griechi- schen Dichtersprache neue Belege fiir die Lesart dioq TtoXvurvyJa und diese Bedeutuug derselben beigebracht habe.] t) Herodot. I. 131. 2) v. Hammer Morgenlandisches Kleeblatt p. 4. und dazu Note 1. — Daher Zeus auch nuvofupuZoq ist (Eustath. ad Odyss. XX. 98. p. 724 Ba- sil.), der alle oucpuq, alle Erscheinungen des Vogelflugs, alle Auspicia siehet und zuwinkt. Daher ihm der Adler beigesellt ist, der Vogel auf des Himmels Hohe, aber auch der Konigsaar (vergleiche Th. 1. ^p. 33 f. p. 743 2ter Ausg.). — Man sagte dann auch: Juppiter hat deii Adler, zum Zeichen dass er liber die luftdurchwandernden Gotter (rwv aegono- ^ 140 |^ Griechen eben deswegen als Befreier .( *Ekev9 trios') ge- dacht l > Wendete sich nun so der Hellem'sche und Panhellenische Zeus raehr dem Leben der Volker zu ; so ward im Olympischen beides das N attar- und das Volksleben angeschaut. In der Grundanschauung war beides ursprunglich nur eins und das- selbe. Es waren ja Calendergotter diese Olympier 5 und den Zeus hatten die altesten Priester aus den Thierkreisen Baby- Ions und Aegyptens den Griechen zugebracht. Er kam auch zuerst in Thiergesfait aus tier Thebais. Er hatte an sich das Widderzeichen , das Zeichen des Stiers; und wenn die Pasiphae in Creta's labyrinthischen Grotten nach dem Stiere gelustet. so war das eine siderische Lust. Es war das Ge- liisten des Mondes nach der Sonne im Stier. Der finstere regellose Trabant will den ordentlichen Bahnen der Sonne folgen. Der labyrinthische Tanz zu Cnossus an Zeus Geburts- ort legte diese Wahrheit fort und fort den Konigstochtern practisch ans Herz. In des Marines geregelten WiJIen soilen sich die Frauen fugen. So ward in alten Religionen vora Himmel das Gesetz des Lebens entnoinmen, und Natur und Geist, ursprunglich Eins, vermahlten sich immer aufs neue. Denn alle natiiriichen Krafte und alle ethischen Aeusserungen iiegen in Juppiter beschlossen; und wie Osiris der Sonnen- stier und Pharao zugleich wegen verschiedener Krafte und Wirkungen verschiedene Benennungen annimmt, so der Zeus der Hellenen 2 ). Abstammend aus der ungemessenen Zeit, qwv) oder Geister nvevfiat^v) herrschfc , wie der Adler iiber die Vogel in hoher Luft (Suidas Vol. II. p. 5. ibiq. Kuster.). 1) Pausan. IX. 2. 4. vergl. Miilleri Aegioetica p. 155 sqq. — In die- sem Sinne reden auch die Athenischen Gesandten zu Sparta von Zeus Hellenius, beim Herodot. IX. 7. l.j und Maandrius , der Samos befreien will, gelobt dem Zeus eleutherius Altar und Priesterthum (Herodot. III. 142.). Wfo -,m> 2) Jamblich. de myster. Aegyptt. VIII. 3. p. 159. mit Gale's Note. — 3 ''■ ■ s 4£* : \ . ■ Mm 141 aus dem verborgenen Schoosse dcs Kronos, macht Zeus den Uebergang zu einer andcrn . zu der begranzten Zeit Mit ihra werden calendarisch und naturgeraass die Zeiten geord- net. Er geht im Fruhlingslichte des Widders auf, und thut seine Macht kund bald durch Blitze und Donner und liege n- gusse, bald in atherischcr Heiterkeit. Durch beides giebt er Fruchte und Nahrung. Darura heisst er doTQanaioq und figovTaioq und ai&Qiog oder aldtQioq und xspai'vioq und vSriog und eitmaQiiios auch 2 ). So war es also ganz ira Geiste der alten Relsgionsbe- griffe 5 wenn spaterhin der logisch sondernde Verstand einen 1) Aristotel. de mundo VII. 4. p. 312 Kapp. 2) Ibid. Daher audi Zeus mit einem Fruclithorn und mit einer Scliaale vorkommt (Winckelmann Description d. p. gr. du cabinet de Stosch p. 460. Auch wurde Juppiter als Gebieter der Winde und Beschiitzer der See- fahrer gedacht, und in dieser Hinsicht Zevq ovgioc; genaunt, welclien Gott Cicero. (Verrin. iv. 57.) auch Imperator neunt. Andere haben eine an- dere Bedeutung in ovgioq suchen wollen (s. Jablonski Opuscc. p. 72 sq. mit Te Water's Note). — Juppiter vhioq (pluvius) sollte auf dem Ge- birge Tmolus seine Geburtsstatte haben (Job. Lydus de menss. p. 96.) [p. 228 Bother. — Vom Juppiter Urios oder J. Imperator haben seitdem Fr. Osann , Levezow, Gerhard, der im Prodromus p. 20. ihn als Berg- gotty von to ougoq, Berg, deutet, und Andere gehandelt; s. Zumpt zur grosseren Ausgabe der Verriuen 1. 1. p. 787., der mit Reclit die Vulgata: ^simulacrum Jovis Imperatoris, quern Graeci Urion nominant" verthei- digt. Das thut auch Bottiger (Eh Schriften II. p. 351 f.), nimmt aber die sehr willkiirliche und prosaische Erklarung des Graevius an. Zumpt suclit diesen Juppiter Imperator als gliicklichen Wegweiser und Fuhrer der Heere zu erklaren, wie er denn in einem Epigramm odfjyrjvrjg ge- nannt werde. — Erwiigt man,, dass dieser Juppiter das Attribut des Blitzes, dass der Karische Zeus Stratios als blitzender, donnernder und regnender Friihlingsgott vorgestellt wurde (s. oben §. 3. und IV. S. 62 f.) — so muss man sich wundern, dass Niemand an die ganz natiir- liche Begriffsverbindung eines Wind- und Wettergottes und eines gott- lichen Heerfiihrers, oder Feldherm gedacht hat. Man vergleiche iibri- gens iiber diesen Juppiter Urius-Imperator Willi. Abeken in den Annali dell' Instit. archeol. 1839, Tom. XI. p. 62 — 72., mit der Abbilduug auf Tav. d'agg. A J elemcntarischen , einen psychischen und einen pragmatischen Juppiter unterschied. Danach war Zeus elementarisch (oroi- %£iaxujg) die reine heitere Himmelsluft und die obere Hemi- sphare; psychisch (jpv%txu)<;~) war er der Geist (yovg)^ prag- matisch (jr gay [tarty, tig) endlich war Zeus der Konig *). Das Alies war er wirklich und urspriinglich dem Griechenvolke gewesen, und der GJaube religioser Grieehen empfand fort- dauernd dies AJIes wirklich, wenn ihr Mund den Namen Zeus der Olympier aussprach. 1) 'AkhjyoQCui oi>o{Mxrm> &taah> tlrai viov itbv Ala), olovtl rfq ngovoiaq. Vergl. Fulgentii Mythol. II. 9. p. 680 Staveren. ibiq. Interprr. 2) Miilleri Aeginetica p. 31. 3) Valckenaer ad Herodot. VI. 56. Vergl. liber diese und einige folgende Benennungen Casaubon. ad Athen. III. 21. Tom. II. pag. 195 Schweigh. und Bekker ad Apollonium de Construct, p. 399. — Vom Jup- piter Astrcius ein Mehreres im Verfolg. Er hiess auch htftmo& Geber der Feuehtigkeit, auf der Insei Ceos CClem. Alex. p. 753., wo hfia((a gelesen werden muss statt 3 Ia&ft(oO. [Vergl. jetzt den Allgem. Theil S. 33 drif- ter Ausg.] 4) Callimach Lavacr. Pallad. 130. 5) Valckenaer a. a. 0. ^ 147 ^ riickten und in ortliche Schranken beschlossen. Aber dass die von Priestern geleitete Religion hierbei doch das Allge- meine dieser Idee von dem Besonderen und Bedingten wohl zu unterscheiden pflegte, dafur spricht eine bemerkenswerthe Nachricht des Herodotus. „Folgende Erbrechte, sagter, ha- ben die Spartaner ihren Konigen verliehen: Zvvei Priester- schaften , des Lacedamom'schen Zeus und des Himmlischen Zeus" ! ). Hier war also, dera Namen zufolge, Zeus zuni Lacedamon , wie zu einera ideellen Stadtgenius , geworden $ wovon der aligemeine Konig des Himmels naeh hieratischen Satzungen bestimnot unterschieden ward. Nach einera andern Schriftstelier ware dieser stadtische Zeus von Sparta noch mehr individualisirt worden, da er auch Agamemnon genannt wor- den. Man weiss aber, dass die Alten fruher schon in diesem Konigsnamen etwas von ailgemeinerer Bedeutung gesucht haben (s. oben Th. II. p, 177 3ter Ausg.). Vielleicht hatte es mit dera Namen Hector dieselbe Bewandtniss. Derselbe Au- tor meldet, dass dieser denen von Ilion fur einen Gott gait 2 ). Auf solche Weise konnte dann manchmal das erhohete Selbst- gefuhl eigenliebiger Menschen sich in der Art hinaufsteigern, dass sie sich selbst gdttliche Namen gaben, wie der Syra- cusische Arzt Menecrates, der alle himmlische Herrlichkeit mit dem Namen Zeus auf seine Person uberzutragen wahnte 3 ). 1) iegooiivaq duo, Aioq it A a x e da t f.t o v o q , xai Atoq Ovqaviov. Herodot. VI. 56. Man vergl. daselbst Valckenaer und Larcher. 2) Athenagoras : o 'IXitiiq &ibv "Extoqu Xeyu , 6 dh Aaxtdatponoq *Aya- titftvovu Ala oe'foi. Vergl. die oben angefiihrten Ausleger. 3) Mtvtv. Quxriq — 6 2?VQaxovotoq 6 Ztvq irnxuXovftsvoq — (oq fxovoq aiTioq too t>yv rolq av&go'jnoiq yevopsvoq Athen. VII. p. 289. p. 54 sqq. Schweigh., wo mehrere ahnliche Beispiele angefuhrfc werden; vergl. Ae- liani V. H. XII. 51. Die Etymologie, worauf Menecrates als Arzt bauete, habe ich oben aus dem Plato angefiihrt. Sie war aber von Vielen ange- n oin men : s. z. B. Aristotel. de mundo VII. 2. p. 311., welcher Autor offenbar aus dem Plato geschopft hat; vergl. auch Fulgentii Mytholog. lib. I. p. 629 Staver. 10* %. 10. Juppiter der Italischen Volker. Diese Betrachtungen hangen mit der Vervielfaltigung des Juppiter zusammen, wovon auch die Romer wussten. Varro hatte z. B. von dreihundert Gottern dieses Namens (Joves oder Juppiteres) geredet *). Besonders mussten die Italischen Volker viele Juppiteres haben, weil sie Juppiter apellativisch von vielen andern Gottheiten brauchten 2 ). Wirklich wird uns in Romischen Sagen Juppiter rait mehreren Beinamen genannt, theils in Beziehung auf einzelne Begebenheiten , theils in ortlicher Bedeutung. Dahin gehoren z. B. die Naraen fere- trius, stator (Livius I. 10. 12.), ferner Latialis f Cicero pro Milone cap. 31. Macrob. Saturn. I. 2.). An den Dienst des letzteren war bekarmtlich der Latinische Bund zura Theil ge- knupft, und in so fern konnte dieser Gott mit den Amphictyo- nischen Bundesgottheiten 3 ) gewissermassen in Verbindung gebracht werden. Aber auch im physischen Verstande hatten die alten Italier eine Mehrheit von Juppiteres, urn die alte Na- mensform beizubehalten. In diese Ciasse gehort Vejovis, den 1) Gellii N. A. V. 12. Lactant. divin. Institute I. 9. 40., vergl. Davies zum Cicero de N. D. II. 25. p. 305. meiner Ausgabe. 2) Spangeuberg de veteris Latii religionibus domesticis p. 13. Mit dem Naraen Juno war es fast eben so. 3) Saintecroix sur les anciens gouvememens federatifs p. 98 sqq. Tittmann iiber den Bund der Amphiktyonen p. 99 ff. 149 Einige als einen unholden , schadlichen Gott bezeichneten (Geil. N. A. V. 12.): Andere als einen zur Hiilfe unfahigen, schwachen, knabenartigen Gott. Er war bartlos vorgestellt, und eine Ziege war ihm beigegeben (Ovid. Fastor. III. 443.). Es liegt deswegen sehr nahe, dass man an den Zeus Avxaiog der Arcadier dabei erinnert , den wir oben mit Pan verbunden gesehen haben. Hiernach fallt er mit dem Juppiter Axur oder Anxur zusammen , von dem die heutige Stadt Terracina ihren alten Namen hatte f ). Nach der ursprunglichen Vorsteliung im calendarischen System der Aegyptier muss er Zeus-Har- pocrates heissen. — Die hdchste Herrlichkeit und die Ober- herrschaft uber Natur und Welt dachte sich der Homer in seinem Juppiter optimus maximus vereinigt, der auf dem Capi- tol seinert Sitz hatte, und als Capitolinus Mittelpunkt der offentlichen Stadt- und sofort auch der Reichsreligion gewor- den war 2 ) 3 ). 1) S. die griindliche Ausfiihrung dieser Meinung in Thorlacii Proluss. et opuscull. Academm. XVIII. besonders p. 237. 253 sqq. vgl. die Annott. zu Ci'c. de N. D. III. 24. p. 630 sq. und p. 788. [Fea zu Horafc. I. 2. 30. p. 5 ed. Heidelb. vertheidigt die Schreibart Jupiter, aber auf Miinzen und Inschriften herrscht Juppiter vor; s. Fr. A. Wolfs Museum der Al- lerthumswiss. h S. 583.] 2) Tacit. Histor. IV. 72. Auf die Ordnung dieser Worte legteu Philosophen ein besonderes Gewicht; s. Cicero de N. D. II. 25. p. 305 sq., wo ich iiber diese Formel Nach weisun gen gegeben. Gleichwohl iibersetzt Rudolph von Montfort im Barlaam und Josaphafc p. 244. 15. 16. nach Kopke's Ausgabe : der hochste und beste. 3) Hierzu Nachtrag II. Zum Abschnitt vom Zeus -Juppiter. 150 ^ I a c h t r a g e, V o r w o r t. In den Abschnitten von den Griechischen Religionen habe ich vornherein, bei den Capiteln 5 — 7 einschliesslich , den Text des Moserschen Ausztigs der zweiten Ausgabe abdrucken lassen, theils zur Ersparung des Raums, theils weil ich im Allgemeinen Theile (Band J. Heft 1.) den ganzen Gang der innern Entwickelung des Griechischen GJaubens und Gotter- dienstes ausgefuhrt habe 5 auf welche Momente ich mich an mehrern Steilen beziehen konnte. Ich habe aber jenem abge- kurzten Texte in diesein Abdrucke, wo es nothig schien, neue Anmerkungen untergelegt. Derselben Abkurzung werde ich mich auch ausnahmsweise in einigen nachfolgenden Capiteln mit gleicher Beifiigung neuer Anmerkungen bedienen konnen. Langere oder kiirzere Erbrterungen vom jetzigen Standpunkte der Wissenschaft werden auch hier in den Na'chtrdgen nieder- gelegt werden. 1 Riichblick auf die Forstellungen neuester Mythologen vom Ursprung und Wesen der Griechischen find Italischen Quite uberhaupt. Nach dem was ich im Allgemeinen Theil und in der Vor- rede dazu vorgetragen habe, will ich hirer nur noch einige Hauptrichtungen andeuten, die unsere Wissenschaft seit dem Anfang dieses Jahrhunderts genommen. Bekanntlich hatten die Mythologen des nachstvorhergehenden die Betrachtung der Griechischen Gotterlehre und des Gotterdienstes ganz und gar von den Dichtern abhangig gemacht, und den Homer und Hesiodus als Erkenntnissquelle an die Spitze ihres Systems gestellt, doch ohne die ubrigen Vor-AIexandrinischen Dichter auszuschiiessen. Wenn auch Heyne bei seiner grossen Um- sicht und Bekanntschaft mit den antiken Kunstdenkmalero, wenn auch Jacobs *) mit seinem ausgebreiteten Wissen und durchgebildeten Sinn fur das Alterthum in alien seinen Bezii- gen von jener Einseitigkeit sich frei erhielten, so unterliessen sie doch, die orientalischen Religionen in den Kreis ihrer 1) Man vergl. Dessen Vorlesung Ueber die Erziehung der Helle- nen zur Sittlichkeit , und besonders den Absclmitt, iiberschrieben Helfe- nische Gottarwelt jetzt in' Dessen Vermischten Schriften III. S; 93 — 116, wo der Gesichtspunkt durch die allgemeine Uebersicht schon angedeutefc ist. Auf desselben Veteranen Ansicht von der Hesiodeischen Theogonie werde ich meine Leser im Verfolg aufmerksam machen. 152 Untersuchungen zu ziehen, und von da aus gegen jenes Ver- fahren bestimmte Opposition zu machen. — Das Verdienst,* den ITinschwung bewirkt zu haben, gebiihrt, da ich hier nicht von mir selbst sprechen will, unserm jungst geschiedenen C. A. Bottiger , dessen nichts uberselfende Gelehrsamkeit die andrerseits beschrankte Ableitungsart der Griechischen und Italischen Religionen aus bios biblischen Quellen im Geiste neuerer Forschungen umgestaltete , und den grossen Einfluss der die Ost- und Westwelt zuerst verbindenden Phonicier geltend machte; wie denn auch seine grosse Kenntniss der bildlichen Ueberreste des Alterthums das Monumentale allerseits mit dem Literarischen in Verbindung zu bringen wusste *). — Wenn wahrentl des langen Verlaufs seiner Ar- beilen jungere Forscher auftraten, und ein hellenischer Puris- mus sich kund gab, der von niorgenlandischen Quellen Grie- chischer Religionen und Culte durehaus nichts wissen wollte, sondern Alles und Jedes nur als aus Griechischem Boden entsprungen betrachten wollte, und diesen unabhangigen, rei- nen Hellenismus theils auf historisch-geographisch - topogra- phischem, theils auf etymologischem Wege nachzuweisen beflissen war, — so wird es am besten seyn, die eigne Er- klarung des gelehrten Mannes uber diese Differenzen hier mitzutheilen. ,, Hier darf ich mir nun nicht verbergen , sagt er 2 ), wie sehr meine Ansicht vom Einfluss der phonicischen Religion auf Kreta und alien Inseln und Kusten des Mittelmeers gegen die jetzt gangbare Meinung absticht, welche Alles auf reingriechische Stammsagen zuruckfuhrt, den Wortern, weiche uns bis jetzt als phonicischen oder doch asiatischen Ursprungs 1) Zuerst in seinen bios fiir seine Zuhorer abgedruckten Blattern iiber die Incunabeln der Gotterlehre , uber Kronos, Zeus, Hera u. s. w. 5 dann erweitert und verbessert in seinen Ideen zur Kunst-Mythologie, zwei Bande, Dresden und Leipzig 1826, 1836. 2) In der Vorrede zum ersten Cursus der Ideen zur Kunst-Mytho- logie S. XLH. ? (Zu Seite 154.) PEIASGISCHER GftTTERSlfSTEME. AXIEROS. 1) Demeter, iabiriscli AXIOKERSOS. Ki Viooysos-Hades, Ht Phaethon,\ Pi Helios, Ei 5) Demeter Kabiria und 6) Demeter 7) Der Here Sohn, 8) Athene ist Be- schutzerin — , 9) Demeter Thes- mophoros^ Schutzgottin — init AXIOKERSA. Persephone - Kora , Aphrodite, (.Aphrodite, Venus , Mars. Kora in Verhaltoiss zu Kabiren, fderen einem, dera Hcphastossohn Prometheus, Demeter die Cista gab. Lemnischen Nymphen verehrt. Hephastos , uud Ka- dreier Nymphen uud dreier Kabiren. biro sind Eltern Hephastos und Gaa Herse CKersa) der des Erichthonius , den sind Eltern — , Aglauros und Pan- drosos Schwester ist Pflegerin Persephone dem Zeus vermalilt, Stadtgotter ■ Hermes iiberbringt. Kadmos, Stadtheros von 10) Demeter 11) Here Ammonia, 12) Dione-Gda (Dreifache Aphrodi- tebilder der Harmo- nia.) Kora in Verhaltniss zu Dodonischem Dienst. (Zeus Amnion), Parammon Hermes. Zeus Dodonaus mit Ammonsdienst vervvandt. OBT UND ZEUGNISS. Samothrake. Schol. Apoll. Rhod. 1. 917. Samothrake. Plin. XXXVI. 4, 7. Taf. X. Aum. 23. vgl. Taf. XLI. Korinth. Paus. II. 4 extr. Taf. X. Anm. 17.) Italisch. Vitruv. I. 7.) Thebeu. Paus. IX. 25, 5. Korinth. Welcker Tril. S. 2L4. vgl. Taf. II. Anm. 100. C. Lemnos. Welcker Tril. S. 164 ff. 213 ff. Athen. Welcker Tril. S. 284 ff. Theben. Miiller Prolegg. S. 146 ff. ebendas. Paus. IX. 16, 2.) Potnia. Paus. IX. 8, 1. vgl. Taf. Anm. 57. Olympia. Taf. I. Anm. 118, 120. Dodona Taf. I. Anm. 90, 120. II. Eleusinisclie Demeter Eleusinia, Koha Demeter, Kora Dionvsos. Zeus Philios mit Thyrsus Kora und Kallige- Plutos, neia, 9-tal, Pluton, Aphrodite Pandemos. Kora, welche stelien. 3) m xougorjoifios, Demeter, 4) v 'm- *W 5) m xovQOTQotpos , Demeter Chloe, 6) TH sitzend neben Demeter und 7) m mit Medu- senhaupt in gleicher Verbindung. 8) AOHNH Polias in gleicher Verbindung. 9) Damia, Auxesia 10) AOHNH "lit zwei Nymphen 11) AOHNH Demeter Kora als einfaches Gotterbild mit Medusenhaupt auf der Brust. 12) AOHNH, Demeter, Chthonia, Klymenos. 13) Demeter, Kora, 14) EIAEIOTIA, Demeter, Kora 15) EIAEIOTIA mit (Demeter) der Alten und 16) MHTHP OEJIN Demeter und in der Vorhalle Despbna der Posei- donstochter zugleich mit Artemis uud Klymenos. Sosipolis, dem Schlaugenknnbe Hermes und Chari- ten. Hermes. Anytos dem Titaneu. Thelpusa. Taf. II. Anm. 94. Megalopolis. Paus. VIII. 31. 2. Attisches Thesmophoriengebet. Taf. II. Anm. 54. Areopagus. Taf. II. Anm. 59. Trozen. Paus. I. 22, 3. Patra. Taf. I. Anm. 63. Attische Bildwerke. Taf. I. Anm. 63, 74. Nri mfc nohaSoi xut zalv &aiiv. Taf. I. Anm. 74. Aegina. Taf. V. Anm. 43. Aegina. Taf. V. Anm. 43. Eleusis. Taf. II. Anm. 95. Hermione, wo audi alter Uitliyia- dienst. Paus. II. 35. Ebeudaselbst. Taf. II. Anm. 26. Bura. Taf. I. Anm. 74. II. 96, 102. Elis. Taf. H. Anm. 81. 144. 146. Akakesion. Paus. VIII. 37. [Demeter Erinuys, auch .Demeter Lusin -oder (Themis, ist Mutter Demeter , 19) TH, fiiyalr, 20) TTXH 6EJIN (Athene), 21) TTXH, 24) 25) TTXH mit 26) Persephone nPJirONH, Mutter von 27) HPAS1JIKH von 2SITHP eiuer Poseidonstoch- Apollo und Askle- ter Despona. Ebeu- 7»">s. daselbst: fforo init Nymphen, und mit namlich Athene und Artemis, Ismenischen Nym- Dionysos AiHhios phen und Artemis Demeter, Aphrodite, Hekate und Dionysos JJerakles, demDak- tylen. und Apollo\[Vioi\y- sodntos. Onkeion. Paus. VIII. 25. Megalopolis. Taf. II. Anm. 100. C. Phllus (1) Taf. II. Aim. 128. HPH BA2IA1 - , Juno der A0HNH Erga Athene Tithrone, Mutter der V/jtrij (Vir- tus, Roma, Minerva), Aphrodite mit Gra- zien, Demeter Prosymna, Aphrodite inl &a- Demeter der Amme, Kora-Thera, Her- kyna, ischen Ceres feindlich. Eleusii Uygiea Demeter Anesidora, und zugleich die at/irul »tul 'Ofiovoia (Concordia, und des Fortuna, Ceres), Sikyon. Taf. II. Anm. 132. 191. Megara. Paus. I. 43, 6. Lerna. Paus. II. 37, 2. Dionysos naxQaoq Eros dreifach und AaovMioq, Dionysos Prosymnos und mit Aphrodite Dionysos Saotes. einem mehrfachen Apollo und dem Lebadea. Taf. II. Anm. 70. Zeus und Tropho- Satfiuv «ya&6s. nios, Taf. I. Anm. 90. II. 96. Zeus Spter'Piwy- Thespia. Taf. I. Anm. 91. sos und Plutos. Zeus Ktesios. Phlius (2) Taf. II. Anm. 128. -Kti)o«>? (Juppiter Custos, Penat.) Bei Mnaseas. Taf. I. 8. 9. Taf. II. S. 64. III. Itallscher. 2) Fortuna Phimiuknia als Mi- nerva Proserpina 3) (Minerva 4) Fortuna PiimiGENiA mit 5) 6) Dieselbe 7) Dieselbe 8) Dieselbe 9) (Minerva 10) Dieselbe 11) Dieselbe 12) Dieselbe 13) 14) 15) Dieselbe 16) 17) Fortuna 18) Minerva 19) Dieselbe 20) 21) 22) 23) 24) 25) Virtus Roma mit 26) Fortuna equestris (Athene Hippia) Ceres Pales mit Ceres uud Ceres, Ops (Saturnusgemahliu). (Ceres und Ops mit Juno und. mit mit in it Juno und init Juno Sospita (2% Matuta. grosser als Fortuna fortis. mit Juno Feronia (virgo, Giiofyajiu'). Genius Jovialis. Als Peuatenreihe. Taf, (Genius, Juppiters Sohn und des 145, 216. Tages Vater.) Liber patei mit Apollo und Laren. Praneste. Taf. II. Anm. 144. intO Oder Feronia und Pomona uud Juppiter. Juppiter puer, beide an der Brust. Juppiter arcauus. Juppiter Opt Max. Juppiter Opt. Max. Juppiter Auxur, Eltern des dreilei- bigen Herilus. Vertumnus mit Caeculus , der Pra- neste erbaute. mit Venus oder zwiefacherSpes. mit Venus und Nemesis. mit Venus und zwei Fortunen. mit zwei Fortunen. (Ceres und Annona, gleich gebildct. Concordia j Fortuna 1 neben dem Idol der Spes - Venus. Ceres J Concordia mit dem Idol der Y r enus - Libera und eines Amor. Concordia mit Venus und mit (Amor) Maxsumus. Ira Concord ien tern pel. Taf. II. Anm. 195.) Ebdas. Taf. II. Anm. 140. Vgl. 145. iiber Ops Con- sivia als Auslegung des Genius urbis. Praneste. Taf. II. Anm. 153.) Ebdas. Taf. II. Anm. 129. Ebdas. Taf. II. Anm. 134. Ebdas. Taf. II. Anm. 136. Kapitol. Taf. II. Anm. 145.) Rom. Taf. II. Anm. 179. Rom. Taf. 11. Anm. 194. Praneste. Taf. II. Anm. 139. Taf. II. Anm. 215. Taf. I. Anm. 114. Taf. II. Anm. 144. Praneste. Taf. II. Anm. 143. ijflHj Ebdas. ebdas. Anm. 151. Etruskisch. Taf. II. Anm. 21. Etruskisch. Taf. II. Anm. 210. Bleiplatte. Taf. IV. 1 Bildwerke. Taf. IV. 1, 6. Anm. 211.) ( Taf. II. Anm. 197. Bildwerke I Ebdas. Anm. 198. ( Ebdas. Anm. 200. Ebdas. Anm. 2*3. Tempelbild. Taf. XC. zii II. 196. Antium. Taf. IV. 5. Anm. 215. ^ 153 V% erschienen, eine griechische Ablcitung giebt, und im achten Geist der alles Auslandische als barbarisches Machwerk oder phonicische Luge verachtenden Griechen die Einwanderung orientalischer Ideen und Gotterverehrungen auf wenige un- verburgte, ganz dunkeJe Geruchte beschrankt" 1 ). Nachdem er sich darauf miteben so grosser Freimuthigkeit als Milde uber die grossentheils sehr willkurlichen und zum Theil auf den gezwungensten Etymologien beruhenden Deutungen eini- ger dieser ausschiiessenden Philhellenen erklart hat, fahrt er 2 ) so fort: „Darum versage ich der bewundernswurdigen Belesenheit und dem combinatorischen Scharfsinn, die neulich jene trefflichen Manner, Welcker und Otfried Miiller auf die Demonstration verwandt haben, dass hierbei auf das phonici- sche Urwesen so gut als gar nicht Rucksicht zu n eh men und fast Alles altpelasgischen Ursprungs sey, zwar meinen Dank nicht fur so manche herrliche Aufklarung im Einzelnen, bleibe aber der herkbmmlichen Ansicht mit Silvestre de Savy , Creu- zer, Miinter Schelling , Heeren, Jacobs u. s. w." Dass ich dieses Urtheil auch jetzt noch in seinem ganzen Umfang unterschreibe , so wie ich mien andrerseits noch eben so entschieden von Bottiger selbst in seiner jeweiligen Hin- neigung zu einem gewissen Euemerismus oder Exanthropismus lossagen muss, werden meine Leser aus jedem Capitel dieser dritten Ausgabe meines Werkes ersehen haben, und im Ver- folg ferner ersehen 3 ). 1) Dass Bottiger hier nicht zu viel sagte, mag folgende Stelle aus K. O. Miillers Doriern beweisen (I. S. 13 f.)-* ??Die Phonicische und be- sonders Aegyptische Religion liegen feme ab, fast unbekannt, wo sie (die Griechen) sie auch in ihrer JVahe hatten , in ihrem Kern unverstand- lich, wenn sie sie kannten, im Geiste widerstrebend , wenn sie sie ver- standen." 2) S. XLV f. 3) Vergl. meine Anzeige des Bottigerschen ersten Cursus der Kunst- Mythologie in den Heidelbb. Jahrbb. 1827, nr. 34 und 35.; wo ich jene Stelle aus Dessen Vorrede schon ausgehoben hatte$ und jetzt verbiude 154 Wenn nun auch neuerlieh einige Kritiker riickfaliig ge- worden, und durchaus Alles in die Zeugnisse der alten Schrift- steller, nach den Zeitaltern gewiirdigt, haben setzen wollen, so hat dagegen ein erfahrner Arcljaolog noch am Ende seiner literarischen Laufbahn auf praktische Weise den Bilder-Mo- numenten neben den LiteraturqueUen ihre Auctoritat zu vin- diciren gevviisst Aber vor ihm "hatten in Deutschland jun- gere Krafte das mythologische Feld des classischen Alterthums niit theilweise trefflichem Erfolg bearbeitet. Ich muss hier neben Welcker und K. 0. Muller 2 ), besonders E. Gerhard und Th. Panofka nennen, vvelche beide sich durch eine auf Kunstreisen gewonnene reiche Umschau des gesammten anti- ken Bilderkreises auszeichnen , und durch eindringenden Blick in das selten von den Dichtern beruhrte Gebiet der altesten Stammcuitej wie durch geistreiches Auffassen ihrer Gotter- lehren und Gottergebilde , die Wissenschaft der Mythologie ungemein gefordert und erweitert haben. Theils um meine dankbare Anerkennung so loblicher Bemuhungen offentlich zu bezeugen , theils um meinen Lesern eine fruchtbare Uebersicht der aiteren Griechischen und Italischen Gottervereine zu ge- wahren, nehme ich die Gerhardische Stammtafel Pelasgischer Gottersysteme am Schlusse dieses Nachtrags auf 3 ). man damit den Allgemeinen Theil dieser dritten Ausg. im Abschnitt Vlf. Exanthropismus , Enemerismus, S. 105 ff. 1) Der kurzlic'a verstorbene Emeric -David in seinen Jupiter, Vul- cain und Neptune. Paris 1833 « — 1839; vergl. was oben im Allgemeinen Theil iiber die mythologischen Grundsatze dieses verdienten Archaologen bemerkt worden S. XII. uud S. 66 f. der 3ten Ausg. 2) Der in seinen Geschichten liellenischer Stamme uud Stadte oft mit Einem Blicke gliicklich zum Ziel trifft. Ein Beispiel liefert der zunachst folgende Nachtrag iiber den Aktaeon. 3) Aus E. Gerhards Abhandlung Grundzuge d. Archaologie im ersten Theil der Hyperborei'sch-Rdmischen Studien fiir Archaologie, zu S. 34 5 — woneben sowohl jene Abhandlung als Dessen Prodromus mytholoyischer Kunsterklarung , Munch en 1828, nachzulesen ist. 155 II. A k i a e o n. (Zu Capitel.VI. §. 7.) Die Quellen dieses Mythus haben schon Ez. Spanheim zu Callimachus (h. in Pallad. vs. 113.) und Heyne zura Apol- lodorus (HI. 4. 4. p. 229.) angegeben. Ich habe nur nach- zutragen, dass hierbei auch ein gewisser Anaximenes ange- fuhrt wird *). Zur Erklarung dieser Sage will ich entlehneh, was ich an einem andern Orte 2 ) erortert habe, aber einige Einschal- tungen dazu machen. 1) Fulgentius III. 3. p. 709 Staver., und jefczt audi Mythographi Va- ticaui II. nr. 81. und III. 3. „ Anaximenes , qui de picturis antiquis dis- seruit libro secundo," welchen Gerh. Vossius de Graphice (§. 55 Oper. Tom. III. p. 29.) unter den Schriftstellern iiber die Malerei nicht verges- sen hat, Ob er Grammatiker zu nennen ist, wie ein Referent in den Gotting. Gel. Anz,. (1832, nr. 100, S. 988 f.) thut, weiss ich nicht; dass er zu den spateren Autoren gehort r ist nicht zu verkennen, da er eine so prosaisch - allegorische Deutung dieses Mythus giebt. Er hat also Abbildungen dieser tragischen Scene, wie sie z. B. ein Etrurisches Va- senbild und ein Pompejanisches Wandgemalde liefern (s. K. 0. Miillers Denkmaler der A. K. II. Taf. XVII. nr. 183 und 185.), noch vor Augen haben konnen. 2) In der. Anzeige von Broendsted Reisen und Untersuchungen in Griechenland I., in den Wiener Jahrbb. der Lit. 1831. 156 Herr Broendsted beruhrt namlich den Mythus des Aktaon ohne sich in die Erklarung desselben weiter einzulassen. K. 0. Miiller hatte (Orchomen. p. 348 f.) diesen Mythus schon gut mit dera Jolkischen €ult des Zeus Aktaos zusammengestellt. Ich ergreife diese Gelegenheit, hier in der Kurze einige Erlau- terungen daruber zu gebeu: Erwagen wir, dass Aktaon der Sohn des Aristaos heisset, so wie Letzterer Apollo's Sohn. ja Apollon selber als poptog und dygevq, d. i. als Gott der Heerden und der Jagdenj dass ihm ausser dein Olivenbau die Bienenzucht beigelegt wird (Diodor. IV. 81. mit Wesseling), dass er dem Ikinaischen Zeus auf Keos einen Altar gebaut, ja selbst auch von den Keiern als Feuchtigkeit sendender Zeus verehrt ward, und dass in dem k Cultus dieser Inselbe- wohner Canicular - Feste mit alten Naturbeobachtungen und Suhnopfern eine Hauptsache waren, wodurch die den Baumen, Thieren und Menschen schadliche Sonnengluth abgewendet oder gemildert werden sollte : — so haben wir im Aristaos die mythische Personification jenes Wald-, Jagd- und Hirten- Lebens mit seinen Freuden und Leiden. Nun kommt des Aristaos Sohn Aktaon, und wird ursprung- lich von der axr?), in der Bedeutung von Saatkorn und Ge- treide 2 ) seinen Namen haben. Brachten ihm doch die Orcho- menier mit magischer Fesselung seines Bildes jahrlich He- roenopfer 3 ), wahrend die Leute von Plataa die Sage von seinem tragischen Tode zu erzahlen wussten *). Die Ver- 1) Wenn er dort sagt (I. 46.) ^Atinxlwv, der Spendende y von uxxri, die Gabe, so ist dies unrichtigj s. Siebelis ad Pausan. IX. 2. 3. p. 6. und jetzt die ausfuhrlrchen Erorteruagen in Sfceph. Thesaur. I. 1360 sqq. ed. Didot. Ueber die Flexionen 'Ay.xaCwvoq Oder 3 Anxa(ovoq s. Heyne ad Apol- lodor. not. crit. p. 260., Elmsley ad Euripid. Baceh. vs. 337. und Sfceph. Thesaur. a. a. 0. 2) S., ausser dem oben Augefiihrten , Scholl. in Odyss. II. p. 355. p. 76 ed. Buttm., vergl. The classical Journal IX. p. 320 sqq. 3) Pausan. IX. 38. 4. 4) Pausan. IX. 2. 3. Eine Anspielung auf diesen Tod war in einera . 157 wandlung und den Untergang hatte ihra Artemis bereitet, d. h. jene Artemis-Luna, cue zur furchtbaren Hekate gewor- den, jener finsteren Gottin, die mit dem Attribute des Hundes gebildet wird und der man Hunde zum Opfer bringt. Durch den Zahn der Hunde war Aktaon als Opfer ihres Zornes ge- fallen. — Wie nun die Canicularfeste nach der Sommerson- nenwende die Wuth des Sirius besanftigen, und die solarischen Uebel abwenden sollten (daher der Sirius mit dem Biide des Hundes auf Keischen Munzen ! ) — so wurden ohne Zweifel andere Suhnfeste gefeiert, urn die der Saat und dem Getreide schadlichen lunarischen Einflusse abzuwenden, oder in mythi- sctier Sprache, urn die Hunde der finsteren Artemis -Hekate zu bandigen 2 ). — Aktaons^ des Saatenpflanzers und Getrei degebers Tod war die mythische Bildersprache fur solche lunarische Verderbnisse der Saaten. zumal in dem wasserrei- chen, sumpfigen Bootien. — Merken wir ferner auf die ge- Gemalde in der Lesche zu Delphi angebracht (Pausan. x. 30. 3.). Eine orchomenische Miinze im Miinchner Cabinet zeigt uns auf der Vorder- seite: die entkleidete Artemis, den Bogen spannend, riickwarts einen aufpassenden Hund j auf der Riickseite : den hoch aufwarts-zunickblickeo- den Aktaon, nackt und gefesselt auf einem Felsen sitzend, mit der Auf- schrift: 'OgzopavCcw (s. Ign. Streber in den Denkschr. der Mi'inclin. Akad. VII. S. 54 f.mit Tafel II. nr. 18. Vergl. jetzt Mionnet Supplem. III. p. 517. und K. O. Miiller's und Oesterl. Denkm. II. Taf. XVII. nr. 187. — Eine Miinze von Daldis in Lydien mit drei badenden Nymphen und Ak- taon mit einem Hirsch beschreibt Eckhel D. N. V. III. p. 99. 1) Diesen mythischen und symbolischen Kreis habe ich im Allgem. Theil (Symbolik I. 1. 8. 31 ff. 3ter Ausg. in dem Abschnitt Hiercttische Bildnerei erlautert;. wo ich auch den kolossalen steinemen Lowen auf der Insel Ceos als ein magisches Schutzbild erklart habe. 2) Ich sage Hekate, weil dtese in das Geschlecht dieser Apollos- kinder gehort. Nach Pherecydes XXXII. p. 147 Sturz. ed. alter, ware Hekate sogar eine Tochter des Aristaos und mithin eine Schwester des Aktaon i^egenvdriq dh rrjv 'JExuTqv Xtyu &uyarfQa 'Aqtawtov tov Ilalovoq [IIa£o)vo<; cod. Paris.] Schol. Apollon. Rhod. III.. 467.). So zeigt auch dieser Sonnen- und Mondscultus die scharfsten Gegensatze, aus gemein- schaftlichem Stamme entsprossen. ^ 158 . nealogische Folge : Der Jagd- und Hirtengott Apollon , dessen Sohn Aristaos, der Heerdenpfleger* und Bienenvater, und des- sen Sohn Aktaon, der Getreidegeber , — so haben wir zugleich die Andeutung des allmahligen Uebergangs vom Hirtenleben zum Ackerbau, wie er bei den Urbewohnern Griechischer Lander und Inseln Statt gefunden. M Es scheint aber in der Person des Aktaon dieser Uebergang selbst noch und zugleich der Zwiespalt zwischen Jagerleben und Ackerbau angedeutet, — Nach Akusilaos und nach Stesichoros l ) war er , sonst ein leidenschaftlicher Jager , durch seine eignen Hunde umgekom- men, welche Artemis gegen ihn in Wuth gesetzt, weil er sich mit der Semele vermahlen wollte, d. h. weil er sich von dem Jagerleben ab- und zur Bebauung der Erde hin-wenden wollte. Denn Semele war nichts anders, als die im Booti- schen Volksmythus menschlich aufgefasste Demeter oder Mut- ter Erde; wie denn in der Thebanischen Sage Semele des Dionysos Mutter war; in der Attischen und in den Eleusinischen Weihen Demeter. — Wir haben also in dem Aktaons-Mythus- und €iiltus einen sprechenden Beweis von der Entstehung einer Volkssage aus einem Weihebild und Opferdienst 2 ). 1) Acusilaus ap. Apollodor. III. 4. 4. vergl. Acusilai Fragg. p. 220 ed. Sturz. alter., Stesichorus ap. Pausan. IX. 2. 3. 2) Namlich das uralte thiermenschliche Bild war an den Felsen des Berges gefesselt, um die Fruchtbarkeit magisch an das Land zu kniipfen, und zu demselben Zweck wurden ilim jahrlich Heroenopfer dargebracht. Dieser Ursprung des IVtythus schimmert selbst noch aus der weitlauftigen und ausgesclimiickten Erzahlung des spaten Nonnus (Dionysiaca V. 287 — 551.) durch, in den sprechenden Versen 520 — 532, worin Aktaon das Bild beschreibt, dessen Aufrichtung er sich, als Denkzeichen auf seinem Grab, erbittet. 159 III. Zu der Lehre von den Kabiren und Dioskuren. CZu Capitel VI. g. 10.) Dieser Lehre wurde schon im Allgemeinen Theile, im Abschnitt von der Religion des Magismus *) ganz kiirzlich gedacht; wo auch bemerkt werden rausste, dass die von meh- reren Deutschen Philologen vorgetragene Meinung, die Kabi- ren gehiirten den Pelasgern an, und seyen uber Bootien und Attika nach Samothrake und nach den Nachbar-Inseln und Landern gekommen , schon von Freret entwickelt worden 2 ). Jene neuesten Ansichten waren schon von Guigniaut in der Franzosischen Uebersetzung der zweiten Ausgabe der Sym- bolik (11. 1. p. 288 — 301.) und in der Barkerschen Ausgabe 1) S. I. 1. S. 15. dieser dritten Ausgabe; 2) In den Memoires de l'Acad. des Inscriptions Tom. XXVII. und jetzt in seinen Oeuvres Tom. XVIII, p. 51 — 78.; wo er, urn dies hier kiirzlich nachzutragen, erstlich nach der Hauptstelle des Strabo (X. p. 472. p. 205 sq. Tzsch.) funferlei Kabiren unterscheidet, und zweitens drei Perioden der Samothrakischen Religion annimmt, in der Art, dass er diesen Cultus der altesten Zeit in einer Verehrung von Himmel und Erde neben dem Dietost der Hekate bestehen; sodann eine Vierzahl Bdo- tischer und Attisclier Gotterwesen mit jenem altesten Cult sich verbinden und endlich die Gleichstellung der Tyndariden Kastor und Pollux mit den alten Dioskuren eintreten lasst; woraus sich ergiebt, dass Frerets Sy- stem doch nicht ganz mit jenem neuesten iibereinstimmt. 160 der Londner Bibliotheca classica (unter Cabirf) berucksich- tigt worden. Zuletzt hat C. W. Miiller in A. Pauly's Real- Encyclopadie der class. Alterth. Wiss. (II. S. 2 — 13.) fiber dieses Capitel die Lehren Lobecks, Scheilings, Welckers, K. 0. Miillers und die meinigen selbst auf eine eben so ge- drangte ais sorgfaltige Weise zusammengestellt. Da diese Encyclopadie in den Handen der meisten Freunde des Alter- thums ist, so kann ich mich hier begniigen, diesen letztern Artikel in einigen Parthien zu erganzen. Was nun zuerst die Quellenkunde betrifft, so werden ausser Dichtern, Logographen und andern aligemeinen Schrift- stellern, die bereits oben angefuhrt worden, gewisse Special- Autoren genannt, z. B. Idomeneus 1 }; sodann Polemon 2 ). — Vom Dichter Pisander von Laranda vvird berichtet, er habe die Mythen vom Kadmos theologisch aufgefasst, und ihn als Bathgeber des Zeus zur Ueberwindung des Typbon darge- stellt 3 ). Diese kosmogonische Auffassung des Kadmos hat 1) Suidas I. p. 733 Gaisford 'Ido/ievivq laxoqiY.oq' fyQuxpev loxoqtav %r[v xuiu 2upo&QqY.-nv. Vergl. Lobeck Aglaoph. p. 1206. Difesen Idomeneus hatte schon Reinesius vom Epi!:ureer dieses Namens unterschieden. Da- gegen scheint jener erstere gemeint zu seyn, wenn vom Scholiasten des Apollonius (I. 916.) *Idoft£V{vts iv hqwtw Tgmxiav citirt wird; denn das Citat bezieht sich auch auf die Samothrakischen Wesen. Vergl. Get- ting. Gel. Anzz. 1836, nr. 64. S. 634. 2) Seiu Buch ntgl 2u(.io&q<{.hvi<; fiihrt Athenaus u. A. an (Lobeck a . a. 0. vergl. jetzt Polemonis Periegetae Pragg. p. 67 sq. ed Preller.). — Aber aus einer andern Schrift desselbeu, und zwar aus dem vierten Buche ngog 'Afo&vdgtdiiv , .welche bei Preller nicht angefuhrt ist, gevvinnen wir eine interessante Notiz von einer Zweiheit von Sternen , welche den Dioskuren, und von einer Dreizahl von Sternen, welche den Kabireu entsprechen Cs. Schol. Florentin. ad Euripid. Orest. 1632. p. 541 ed. Mat- thiae, bei Mad wig Emendatt. in Cic. de Legg. et Acad. p. 137 sq. ver- bessert). 3) Olympiodorus in Platonis Phaedon. p. 251. bei Wyttenbach, vgl. K: 0. Miiller Prolegg. zur Mythol. gj. 151., der aber unrichtig beifiigt: „Daher ein Gelehrter den Namen des Kadmos kiirzlich sehr schon durch 161 der spate Nonnus weiter ausgefuhrt, woraus wir uns von der Darstellung dieses Samoth-rakischen Gotterwesens beim Pisan- der ohngefahr einen Begriff bilden konnen. Letzterer hatte namlich in einem ausfuhrlichen Gedicht, heroische Gotterver- mahlungen betitelt, {len ganzen Kreis der Griechischen My- thologie umfasst, und in gleicher Ausdehnung desselben Jn- halts war er eines der Vorbilder des Dichters der Dionysiaka geworden, denn schon lange vor Nonnus war es Sitte der Schriftsteller geworden, in Prosa und in Versen den ganzen Umfang der Mythen und Sagen zu erschopfen l ). • Was die Sache selbst betrifft, so verdienten vor andern Bottigers' Untersuchungen beachtet zu werden; und ich will sie daher in ihren Grundzugen hier. nachtraglich mitthei- len 2 ) : Bildner 7 Ordner von erklart hat." Denu das hatte Freret schon laugst gethan. 1) S. iiber das poetische Werk des Pisander von Laranda Heyne Excurs. I. ad Aeneid. II. p. 321., vergl. K. 0. Miiller in den Doriern II. S. 475. — Es ist daher durchaus unrichtig, den Nonnus als Erfinder dieser Manier zu betrachten. Jene kosmologische Vorstellung des Ka- dmos findet sich Diouysiacc. I. vs. 378 sqq. — Wenn vs. 396 sq. Zeus zum Kadmos sagt: — — a\ yttQ QurijQa nXiaoo} vqf,iovirfi n6a(.ioio, v.al ^Aqpovlriq naguy.olti\v , so ist dies ein, dem Nonnus gelaufiges Wortspiel; der Ausdruck ist zum Theil homerisch (s. Odyss. q. 187. und vergl. Apollonii Lex. Homer, p. 589. der gvTrjga durch yvXuxa erklart). Auch die gleich folgende An- rede an den Eros, als den Befestiger der Welt, ist aus der Samothra- kischen Gotterlehre entnommen. An einer andern Stelle (Dionyss. IV. 88.) bezeichnet der Dichter den Kadmos ausdriicklich mit dem Namen einer Samothrakischen Potenz: ovdk huty[v Kddpikoq (nicht KuS/nTjloq , wie noch in der neuesten Ausgabe steht,) ccc^ma* — — — — nal ilqizt Kddpoq ay.oun. 2) Nach Dessen Ideen zur Kunst-Mythologie I. S. 362, besonders 394 — 399. Ich hebe nur die Hauptsatze aus; die Quellen - Angabe und Belege muss man aus dem gelehrten Buche selbst entnehmen. Creuzer's deutsche Scliriften. III. 1. j \ 162 1) Es kamen urspriinglich nur zwci Cabiren aus Pho- nicien nach Samothrakien, die zwei phonicischen Kraft - und Macht- Gotler (die Gebirim ., wovon Cabiri), namlich Sonne und Mond (Bivi poles, mas et femina) Moloch und Astarte; neben ihnen ein kleines dienendes Mittelwesen Taautes, wovon Hermes; welche Trinitat in den phonicisch-epidaurischen My- sterien *sich darstellt in den Potenzen: Asklepios, Hygiea und Telesphoros 2) Die Griechen sciireiben nun den Pelasgern zu, was den Phbniciern angehoTt. Die Urbcwohner Griecbenlands vor den HeSlenen, die Pelasger, waren in den Griechischen Insejn und Kiistinlandern Zoglinge der unter ihnen angesiedeiten Phonicier auch in Religions -Lehren und -Gebrauchen; und diese Dolmen und Culte brachten die wandernden Pelasger zunachst von Samolhrakien nach Lernnos und Attika u. s. w. 2 ). 3) Der sehon weit fruher von den alten phonicischen zwei NaturgdUern. Sonne und Mond, gebrauchte bellenisi- rende Ausdruck Dioskuren wird von den Spartanischen Zwil- Ihigen, den Tyndariden lias tor und Pollux, usurpirt: und ? da 1) Ich beuierke jetzt hierzu, (lass ehie andere Dreiheit von Heilgbttern im benachbarteu Troezen sich hinzugesellte : Apollon, Asklepios, Hip- polytos, oder Apollon , Artemis, Hippolytos. Denn Artemis war auch Heilgottin und ovUa genannt. Hippo'ytos-Asklepios war aber der Gott Virbius im Italischen Aricia, ein Arztgott, oder der zum zweiten Leben erweckte Hippolytos- Virbius (s. die scbone Abhandlung Buttmann's : Vir- bius und Hippolytos (im Mythologus II. S. 145 — 158.)' 2) Ueber die Kabiren und ibre Wei hen auf den Inseln Lernnos und Imbros s. Cicero de N. D. L 42. Attius beim Varro de L. L. VI. p. 67. Strabo X. p. 473. p. 210 Tzscb. Jamblicli. de vit. .Pythag. XXVIII. p. 128 Kust. p. 318 Kiessling. Vergl. K. 0. Miiller's ProJegg. zur Mythologie S. 151. — Wenn W r elcker, nach Gutberleth und Freret die Samothraki- sclien Kabiren von den Lemnis.chen hat unterscheiden wollen (s. die Aeschyl. Trilogie 8. 161.), so stelit ihnen das Zeugniss des Strabo ent- gegen} und man bemerke, was I/obeek (Aglaoph. p.. 1248 sqq.) dagegen erinnert hat; wogegen Emeric-David , wie im Nachstfolgenden sich zei- geu wird, jene Trennung ebenfalls behauptet. 163 man unter jenen alten Dioskuren die zwei Halbkugeln der Erde verstand *), so entstanden daraus bei dera Kastor und Pollux die Mutze und zwei Sterne daruber. 4) Der Dienst der zwei phonicischen Naturgotter, Sonne und Mond, war auch ausser den kabirischen Weihen auf den Griechischen Inseln zu Hause. Sein Symbol ist das zusammen- gewachsene Doppelgesicht , das wir den Janushopf zu nennen gewohnt st'nd. So weit Bottiger. Ich verbinde damit einige Hauptsatze eines andern jiingst verstorbenen Archaologen 2 ), die ich mit seinen eignen Worten mittheile: — „J'ai dit aussi que Vulcain differe du pere des Cabires de Samothrace et j'ai avance que ce derqier culte etait un hommage rendu aux dieux des morts 3 ). J'ai fait voir que les vrais Cabires ou ceux de Samothrace sont differents d'avec les Cabires de Lemnos et ceux de Thessalonique, fils de la nymphe Cabira. 11 resultera de ces recherches que Vulcain, le pere des Cabires de Lemnos, n'a rien de commun avec le pere des Cabires de Samothrace. — Vulcain est le Feu 4 ). — Si Vulcain est le Feu, ses freres, ses soeurs, tous ses parents, sont de nature a etre les freres, les soeurs, les parents du Feu. Tous les elements concourent a composer cette famille divine et sont la base de la religion." — 1) Man vergl. . hiermit, was ich oben zu Cap. VI. am Schluss des §. 4. dieser dritten Ausgabe iiber die Lakedamonischen Dokana be- merkt habe. 2) Des Mr. T. B. Enteric- David , in seinem Vulcain. Recherches sur ce dieu, sur son culte etc. Paris 1838. §. IX. p. 103 sq. 3) Unser Freund Wilh. Friedr. Rinck stellt sich die Kabiren so vor; wie ich ihn ebenfalls selbst reden lassen will (Sopra una inscrizioue Greca- intorno agli dei grandi Cabiri.- Venezia 1820. §. 9. p. 25 ): „I Cabiri adunque sono gli aborigini deificati yeneratori , e rappresen- tarono appresso ogni popolo, sarei per dire, il suo Adamo; e percio si sacrifico loro per consegnimeuto di prole." 4) Vergl. g. VII. p. 70 sqq. li* Zum Schlusse fiige ich, ankniipfend an meine obigen Be- merkungen iiber die Lacedamonischen Dokana o'der Balken- bildei- l ), noch einige eigene Satze uber die politisch-praktische Seite des Dioskuren-Cultus an, die ich an einem andern Orte 2 ), nach Erscheinung der zweiten Ausgabe dieses Wer- kes niedergelegt hatte : — Dieses Spartanisehe Konigspaar von Herakl i Da aber in dieser Theogonie das Auftrelen des Kronos ajlerdings den entscheidenden Wendepunkt bildet, so muss ich hier anfiigen, was ich seit Erscheinung der zweiten Aus- gabe dieses Werks daruber vorgetragen habe *) : — Aus dem bisher Angedeuteten und aus Ailein , was Symbol und Mythus von Kronos zu erkennen giebt, gewinnen wir den Grundbegriff: Kronos ist das Unbedingte und das Bedingte, das Unendliche und das Endliche, das Unbegranzte und das Begranzte, die Zeit und die Ewigkeit. Kurz, Kronos war in der phonicischen Theogonie und Theologie das, was die Lehre W des Zendavesta von Zeruane- Akherene (dem unoffenbarten ewigen Gotte) und was sie von Zeruane meldet$ welchen Jetztern sie die lange Zeit nennt, und als Demiurgen vorsteJIt. Die Phonicier, sagt uns Damascius, nehmen einmal den Kro- nos als den Damon, der den Demiurgen leitet, und, ohne selbst in die Wirklichkeit einzutreten, der Weltschopfung vorsteht und daruber wacht 5 sodann preisen sie ihn aber auch als Demiurgen, der den Entwurf der Weltschopfung in sich selber geschauet 2 ). Er ist der Urtyeber der Offenbarung der gottlichen Dinge 3 ). Er ist die Ewigkeit (to aiuiviov), und als solcher hat er zum Sohn den Aeon 4 ). — Das heisst aber nicht, wie Bottiger sagt (S. 226.): „die messende und bewe- gende Kraft in der Zeit," sondern das Maass der ewigen Dinge und am Ewigen theilnehmend s ) , — also Zeit und 1) In der Recension von Bottigers Kunst - Mythologie I. in den Hei- delbb. Jahrbb. der Lit. 1827, S. 541 —543. 2) Tov TtgoxeiQiOfiov rrjq dqpuovQytaq Iv aavT$ &eaadfi£vov. So muss man lesen; s. die Sfcelle in meinen Meletemm. I. p. 45. 3) Kul to aXxiov tfjq hqdvaiojq taol nXaxxwv oird' Ik rov ftqdivos ael [xaxquv xegaxoXoytccv avanxwv n q o c & tv n xi nai Ivxav&a toI? aXy- &ioi. Momente, welche jetzt audi IngMraini (Galleria Omerica II. zu fcav. i. p. 3.) sehr richtig wurdigt. 173 <0 Fortschritte gemacht worden: durch vollstandigere Zusam- menstellung und Vergleichung der biidlichen Denkmaler durch Entdeckung mancher bisher unbeachteter symbolischer Zuge in denselben; durch Hervorsuchung und Ausdeutung mancher unhoinerischer Mythen durch philologisch-kriti- sche Untersuchung der Dichter-Fragmente 3 ); durch Zusam- menstellung der verschiedenen Namen dieses Kreises und ihrer Deutungen 4 ) f endlich durch palaographische und gram- mat ische Feststellungen der alteren Naraensformen 5 ). t) Durch Tischbein,* Heyne, Schorn, durch die Mitglieder des ar- chaologischen Instituts von Rom, K. O. Muller, besonders durch Raoul- Rochette in der Odysseide, und Inghirami in den Monumenti Etruschi und in der Galleria Omerica, durch De Witte, Lenormant u. A. 2) Wozu eben jetzt Th. Panofka in der Abhandlung Ueber verle- gene Mythen, Berlin 1840, einen 'treff lichen Beitrag geliefert hat. 3) S. z. B. Th. Bergk Commentatt. de reliquiis comoediae Atticae, Lips. 1838, und daselbst iiber die JJlysse COSuooelq, in der Mehrzahl) des Kratinos. 4) Z. B. von 'Odvaaevq selbst Eustath. ad Odyss. a, 62. und r , 405., vergl. Reulez ad Ptolem. Hephaest. p. 58. 5) Eustathius sagt schon (in Iliad, ft', 569. p. 234 ed. Lips. : aal o 'Oduooevq Ttov CevQ-qrat) 'OXvooei/q y.uX'i\ 'Oduoaua °OXv a a e ta. Wir aber kennen aus Schriftstellern nicht bios das Dorische 'Odvosvq (Theocrit. Idyll. XVI. vs. 51.) und das Aeolische Ydysseus oder Udjsseus (Quintil. Inst. orat. I. 4. 16. p. 74. mit Spalding, vergl. K. 0. Miiller's Etrusker II. S. 279.) und das Italisch - Romische Ulixes (OvA/ffj?<;) , sondern auch das Etrurische Uluxe, und aus Denkmalern, nameitlich Vasenbildern , ferner Uluse, Ulis (FAk;), Olyseus, Olyteu u. dergl. (Annali dell' Inst, archeol. Vol. IV. fascic. III. Ed. Gerfiard Neuerworb. antike Denkmaler, Berlin 1836, p. 13. Kramer Ueber den Styl u. Herkunft der benialten Thonge- fasse S. 181 f.). Hier konnte uns nun schon die altere Namensform auf Olistene COhorrjvrj) , die Tochter des Janus (Athen. XV. p. 692, d. p. 529 Schvveigh.), fuhreu , die, von oXta&w, ofoo&avw beuannt, sich als eine Personification des allmcihligen Vmschwunges kund gabe, und wir befauden uns ini Gebiele eines Zeiten-, Jahres- und Sounengottes (Jo. Laur. Lydus de menss. p. 146 — 148 Rother.); wenn uns nicht ohnehin- der Etruscische Name des Ulysses, Nanos (IV«ro?), zu derselben Bedeu- 174 — Soinit ware vielleicht zu hoffen, dass wir zum Ver- standniss der Odyssee mit der Zeit viel weiter gelangen diirf- ten. — Wenn in der untenstehenden Schlussanmerkung an dem Faden von Naraen, Zahlen und Symbolen wiederum ein Versuch der Art gemacht worden, so will damit auf keine Weise irgend ein Anspruch begrundet werden.} indem ich selbst fiihle^ wie weit wir nOch von dem Ziele entfernt sind. an welchera angelangt wir die mythischen und symboh'schen Elcmente der Odyssee , in ihrem Zusammenhang , so entschieden aussondern und so -klar hervorheben konnten , dass die- vom Skeptiker Sextus als schlechterdings unvereinbar bezeichne- ten Widerspruclie sich in ihren verschiedenen Momenten als ein gesehlossenes Ganzes alter bildlicher Lehre mit einer Art von Nothwendigkeit herausstellen wurden. tung hinleitete. So hiess er als herumirrender OtAaiT/T^?) bei den Tyr- rhenern (Schol. ad Lycophron. 1244. p. 211 ed. Muller. vergl. K. 0. Mai- ler's Etrusker II. p. 269.). — Das ist der Italische Odysseus , der selbst nach diesem Westlande gekommen (Hellanici Fragg. p. 152 ed. Sturz. alter.) und dessen letzte Schicksale um Etruskische Oertlichkeiteu, wie Caere, Clusium und Cortona herumspielen (K. 0. Muller a. a. O. S. 168 — 170; Roulez ad Ptolem. Hephaest. p. 104.) ; wie er denn auch im Lande der Tyrrhener begraben seyn soil (Anthol. Gr. Vol. I. p. 114 ed. Jacobs.) — in dem Lande eines Himmelsgottes, dessen Doppelgesicht nach Morgen und Abend blickt, dem zwolf Altare wegen der zwolf Mo- nate gewidmet waren (Jo. Laur. Lyd. de menss. p. 146.). — Verblasste Spuren in Namen, Zahlen und Bildern — 5 die aber doch alle wieder auf den Vielgewanderten CnoXvrQOTioq , wie dies Beiwort von den Alten auch gedeutet ward) der Odyssee zuriickfiihren t — iiber die Eilande der Ka- lypso, der Kirke und des Sonnengottes (des Helios) $ aus der finsteren Kyklopenhohle an's Licht der Sonne vom Widder zuriickgetragen bis zur Heimath; — wo er zum Zeichen des endlichen Sieges am Feste des Neumonds mit seinem Bogen die zwolf Aexte durchschiesst , und sich als Held auf der Sonnen- und Jahresbahn bewahrt. • Zur Lehre von den Olympischen Goltheiten. i. Zeus von Dodona und sein Orakel. (Nachtrag zu Capitel VHI. §. 2.) Seil -dem Erscheinen der zweiten Ausgabe dieser 8ym~ bolik ist dieser wichtige Gegenstand in vielen Schriften, die ich zum Theil im Vorhergehenden angefuhrt habe. zum Theil noch anfuhren werde, beruhrt worden. Znnachst muss ich zwei Monographien benicksichtigen , die erst im vorigen Jahre erschienen sind , deren Hauptsatze ich rait raeinen Anmerkun- gen begleiten will • „ Dodona 2 ), das alteste unter alien Griechischen Orakeln, lag am Fusse des quellenreichen Berges Tomaros in Epirus 3 ). O tFeber das Tauben - Orakel von Dodona — von Joseph Arneth. Wien 1840. — Das Pelasgische Orakel des Zeus %u Dodona von E. v. Lasaulx. Wurzburg 1810. Von der ersteren Schrift habe ich in den Miinchner gel. Anzeigg. 1840, nr. 131. 132. S. 10 — 22. Bericht gegeben. — Hier werde ich aus beiden Schriften Mittheilungen rait Beifngung von Epikrisen machen. 2) Lasaulx S. 5 f. 3) Dieses Landes GeograpMe u. Geschichte batten viele Schriftstel- ler behandelt; eigentliche 'Hniiqwrmd hatten Philochorus oder Pliiloste- ♦ 176 4fe ; Da in dieser Landschaft voll kleiner Volksstamme anfangs die Chaoner, dann die Thesproter und in der historischen Zeit die Molosser vorherrschend waren,. so wird dasselbe Heiligthum von einigen ein Chaonischer , von andern ein Thes- protischer Ort und spater allgemcin eine Stadt in Molossis genannt Nach einer Stelle des Homerischen Schiffskata- logs sollen auch Perrhaber einst das boswinterliche Dodona, wie es der Dichter nennt , umwohnt haben , die wir sonst nur in Thessalien kennen. Ein schones Fragment des Hesiodus 2 ) beschreibt den Orakelsitz naher also: „„Es ist ein Land Hel- lopia , sagt er , reich an Saatfeldern und Wiesen , an Schaafen und an schleppfussigen Rindern, und viele Geschlechter sterb- licher Menschen bewohnen es. Dort am aussersten Rand ist Dodona hochummauert QjisTrofaaTai), erkoren von Zeus zu seinem Orakel und geehrt von den Menschen, die sich da alle Seherspruche holen. Wer hier den unsterblichen Gott erforschen will, moge, Geschenke darbringend, sich nahen mit guten Schicksalsvogeln."" Neuere Reisende, Pbuqueville phanus, oder beide, geschrieben (Siebelis ad Philoch. p. 10. et p. 9(3 sq.); ingleichen Proxenus (Stephan. Byz. p. 753 Berkel.). Aus diesem Buch bat uns der Scholiast der Odyssee XIV. vs. 327. eine der Stiftungs - Le- genden des Dodonaischen Heiligthums aufbehalten (s. Buttmanui Scholl. 1n Odyss. p. 446 u. 566.). Creuzer. 1) Proxenus ap. Steph. Byz. p. 753 Berkel. zahlt sieben Epirotiscbe Volksstamme auf; Theopompus ap. Strab. VII. 5. p. 454 sq. Tzsch. vier- zehn. S. Theopompi Fragg. 227. und dazu Wichers p. 240. Ueber Chao- nien s. auch Hellanici Fragg. p. 84 sturzii und vergl. L. Preller De Hel- lanico Lesbio historico, Dorp. 1840. pag. ' 50. Hieraus muss Baehr ad Plutarchi Pyrrh. p. 143. berichtigt werden. Die Chaoner und die Thes- proter waren Pelasger, s. K. O. Muller's Dorier I. S. 5. Mit Unrecht behauptet Niebuhr Rom. Gesch. III. 189, die alteren Griech. Schriftsteller hatten iminer Molotter geschrieben. Man s. nur Herodot. I. 146. VI. 128- und die Aufschriften mit Mokoaaojv bei Mionnet II. p. 55. Cr. 2) „Hesiodi Fr. 54 Gottling." S. Arneth. S. 10 f., wo dies Fragm. beim Scholiasten des Sophocl. Trachin. zu vs. 1 183. Griechisch u. Deutsch mitgetheilt vvorden. Cr. • und Leake, haben dieses Hesiodische Hellopia in dem scho- nen Thai von Janina, welches so prachtig sey wegen seiner Wiesen, seiner Felder, seiner zahlreichen Heerden, wieder erkannt, und glauben, dass die Stadt Dodona, im Mittelalter Bonditza genannt am sudlichen Ende des See's, da wo heute die Ruinen von Kastritza, gelegen habe" 2 ). Hierzu macht nun Lasaulx mehrere Anmerkungen; wovon ich einige aushebe, um sie mit Zusatzen zu begleiten: Zuerst bespricht er die verschiedenen Namensformen : Bujdajvr]^ zlodaj^ Ao- dajv, dann die Herleitungen 3 ); und fahrt dann fort: ,,-Butt- mann (Mythol. I. 25.) meint, der Name sey entstanden aus du) Awg, Wohnung des Zeus, wie Babel Haus des Bel be- zeichne (was aber nicht wahr ist). Vielleicht ist Aujdojvr] nur die reduplicirte Form 4 ) von Suj domus, oder dcJ^donum, und der Grundbegriff entweder Haus oder Geschenk Gottes und weiterhin: „Die Annahme, dass Iliad. II. 749. und in dem bekannten Gebet des Achilleus (II. XVI. 233 ff.) nicht das Epirotische, sondern ein anderes Dodona in Thessalien gemeint, und dies die Mutter des Epirotischen sei, ist eine _* , . , *. 1) „Schol. Villois. Iliad. XVI. 233. p. 450, A. 12 Bekker." 2) „PouquevilIe voyage dans la Grece ch. XI. und Leake travels in northern Grece t. IV. 134 sq. bei Arueth p. 11. 12."; welcher Letztere folgende vier Satze aufstellt: l) die Hellopia des Hesiodus ist wahr- scheinlich das Thai von Janiua; 2) Dodona, die Stadt, jetzt Kastritza, am Fusse des Berges, worauf das Kloster von Kastritza, auf dessen Stelle 3) das Hieron des Zeus gestanden; 4) der Berg selbst ist der alte Berg Tomaros. Man vergl. Symbolik I. S. 193 f. IV. S. 151 2ter Ausg. und oben III. S. 81 3ter Ausg. Cr. 3) Zu den Etymologien aus orientalischen Sprachen erinnere ich, dass Topf, Kessel, Korb, was in der zweiten Bedeutung auf Do- dona bezogen vvorden, in Rosenmiillers biblisch - exegetischem Repertor. II. S. 45. mit den Dudaim der Bibel in Verbindung gebracht wird, Genes. XXX. 14 — 16., Hoheslied VII. 14. Cr. 4) Schwenck in den Etymol.-mythol. Andeutungen S. 36. nimmt audi eine Reduplication an, aber vom alten Namen des Zeus, Zuv, dv.v. Cr. Creuzer's deutsche Schriften. III. 1. \ *) 178 Erfindung der Grammatiker , die alles thatsachlichen Grundes entbehrt" *). Ira Verfolg bemerkt Lasaulx noch: „Das Gebiet von Dodona heisst bei Scylax 26. p. 178 ed. Klausen AwSwvia 2 ), 1) Die Sache ist diese : Philoxenus, Kineas (ap. Staph. Byz. p. 319 sq. Berkel.) und der ihnen folgende Suidas nahmen das Dodona der Iliade fiir ein alteres in Thessalien gelegenes, welches erst spater eine Colonie gleiches Namens in Epirus gegriindet habe. Dieser Vorstellung haben sich viele Neuere unter verschiedenen Moditicationen angeschlossen , wie z. B. Clavier zum Apollodor. p. 78-., Volcker (Mythologie des Japetischen Geschlechts S. 343.) u. A., und noch neuerlich nahm Emeric- David (Ju- piter I. 124.) an: die Thessalischen Pelasger hatten das Dodonaische Orakel aus seinem Ursitz im thessalischen Pelasgiotis bei ihrer Wan- derung nach Epirus gegen 1727 vor Chr. Geb. mit nach Epirus gebracht. — S. dagegen jetzt Arneth S. 19. und Maetzner de Jove Homeri p. 40. Ich habe schon friiher die viel wichtigere Auctoritat des Aristoteles (Meteor. I. 14.) vorgezogen , der die Gegend um Dodona in der Land- schaft Molossis die alt est e Hellas nennt; von wo aus erst nach dem Troischen Krieg eine Pflanzung nach dem thessalischen Lande geschehen sey (Synibolik IV. S. 151 fF. 2ter Ausg.). — Seitdem habe ich die Ge- nugthuung gehabt, wahrzunehmen , dass K. O. Miiller (Aeginet. p. 159.) dieses Aristotelische Zeugniss sehr griindlich erortert und gerechtfertigt^ hatte*, und jetzt will ich meine Ueberzeugung mit den Worten desselben Forschers aussprechen. Er sagt namlich (Dorier I. S. 10.) : ,,Das iilteste Vaterland der eigentlichen Hellenen, die in der Mythologie nur einen kleinen Stamm in Phthia bezeichnen, lag nach Aristoteles in Epeiros um Dodona, dessen Gott Achilleus als den urvaterlichen Schirmer seiner Familie anfleht." Man fiige jetzt noch bei: M. Fuhr ad Dicaearchi Mes- senii Fragg. p. 379. Cr. 2) Diese Stelle fordert eine genauere Erorterung. Bei Scylax steht 1. 1, : — "Anaoiv ojaoqoi Iv {.tiooyuCu AtCvtuvi^ vti$q T'tjq Jlgixtaq nal Kaglaq, pe'/Qt' 'Hd(ov£aq iv KaottSv x^Qy teT *» Statt Kagiaq schlagt auf dem Rande meines Exemplars der Geographica antiqua p. 22. Jac. Gronov vor: Ilaqav'iaq (s. Steph. Byz. in JTagavaiot p. 626. Luc. Holsten. ad Steph. p. 242 sq.); sodann andert derselbe mit Palmerius "HSojviaq in d wdwviaq , und J. Fr. Gail und Klausen haben diese Lesart in den Text aufgenom- menj wo«rauf gestiitzt Lasaulx, wie bemerkt, das Gebiet von Dodona geradezu /Jwdwvla nennt. — Aber nach Stephanus Byz. und seinem Epi- 179 seinen Fruchtreichthum (regio Dodones laeta feracis) ruhmt auch Prisciani perieg. 444." „Die Grundung- des Orakels, heisst es weiter, fallt in die Urzeit des Menschengeschlechtes. Nach der Mosaisehen V6I- kertafel ist es von den Dodanim, den Kindern Javans, des Sohnes Japhets gegnindet »). Hesiodus nennt es einen tomator Hermolaos p. 322 sq. Berkel. gab es kein landiibliches, von do)$(ov gebildetes A-djectiv /jwdw'ioq, sondern nur ein technisches; woraus mat) denn als Nothbehelf dadavfa zur Bezeichnung der Landschaft gebil- det haben konnte. Allein dieser Fall ist gar nicht denkbar, da ja noch zu Philochorus Zeit die Umgegend von Dodona Hellopia CElXonla) ge- nannt wurde (Strabo VIJ, p. 471 Tzsch. Philochori Fragg. p. 97 Siebelis ; vergl. jetzt K. Fr. Hermann Lehrb. der Griech. Antiqq. S. 27. 3ter Ausg.). — Mithin kann Scylax nicht /Jwdwvfa geschrieben haben. Ob er aber 'EXXoTttu geschrieben hat, lasse ich dahin gestellt seyn. Dagegen ist die folgende Aenderung desselben Gronov : iv rij Kua owmdi x<>>Q statfc iv r7j Kuoridv x- e * ier zu billigen (s. Steph. Bjz. p. 458. Holsten. ad Steph. p. 164., die Miinzen dieser Stadt bei Eckhel D N. II. p. 163. und Mionnet II. p. 52 sq. und vergl. Voemel ad Hegesippum de Halonueso p. 86. und p. I4l.). Or. 1) Genes. X. 4. Der Verf. beruft sich auf Gerh. Vossius u. A. Er hatte sich auch* auf J. D. Michael is berufen konneu , der im Spicileg. Geogr. Hebr. exter. p. 120 sq die Stelle der Genesis auch auf Dodona bezieht. Allein da der Samaritanische Text und die LXX statt Q h i"7 1 • T in dieser Stelle D^S'T™) haben, und da unmittelbar darauf von den Cy- • T priern die Rede ist, so ist die Auslegung des Gesenius u. A., dass die Rhodier gemeint seyeu, unstreitig die richtige. Und geht Rhodus, fiige ich bei, nicht in ein hohes mythisches Alterthum zuriick, das auch Iliad. II. 654 sq. schon vorkommt, der alteren Sagen zu geschweigen ? (s. dar- iiber meine Anmerk. zu Cic. de N. D. III. 21. p. 596 sqq.), und der Rhodische Berg Atabyrion (nicht 'AwpvQoq j wie Rost in seinem Rhodos p. 8 schreibt) hatte sicher eben so friih sein Heiligthum des Zeus (wovon der Cult des Atabyrischen Zeus fruh nach Gela und von da nach Agri- gent verpflanzt wurde, s. meine Recension von Serra di Falco's Antichita della Sicilia HI., in den Heidelbb. Jahrbb. 1840. nr. 22. S. 347.) — als der Epirotische Berg Tomaros sein Hieron des Dodonaischen Juppiters hatte. Cr. 12* 180 Sitz der Pelasger. Andere berichten. dass Deukalibn und Pyrrha nach der grossen Wasserfluth den Terapel erbaut hat- ten, womit auch die bekannte Nachricht des Aristoteles von den Sellern iibereinstimint , so wie die bestandige Aufforderung, welche alien Dodonaischen Orakelspruchen beigefugt war : 'J%eku>ip dvsiv, dem Achelous, d. i. dem Wasser zn opfern$ endiich noch die dunkele Sage, dass der Aeolide Periros, als er Schiffbruch gelitten und auf dem Hintertlieil seines Schiffes gerettet worden, dem Zens naios (JZevq vdiog) zu Dodona ein Heiligthum erriclriet habe. — Der Zevq vdi'og 9 Jupiter navius (Noach?) ist nicht, wie Valckenaer opuscc. II. 129. und Creuzer S. u. M. II. 474. IV. 152. vorziehen, als Wohn- siedler aufzufassen, sondern wie die Sage klar ausdriickt, als Retter aus Wassernoth, wie denn nach einer verwandten altpelasgischen Vorstellungsweise Zeus selbst als unmiindiges Knablein von der Nymphe JSa'tg getragen wurde " ' ). — 1) In ahnlichem Sinne sagt Arneth (S. 15 f.) : „Ein neuer Beweis fiir die Reste der urspriinglichen Offehbarung auch bei heidnischen V61- kern, nur entstellt, diirften audi hier die Tauben seyn, welche gar sehr an die Tauben des Noe erinnern ( — so auch Lasaulx *S. 7. < — ); denn Deukalion soli nach der Fluth das Orakel gegriindet haben. Noe's Tau- ben erinnern an die phrygischen Orakel -Tauben auf den Miinzen der Kaiser von Apaniea Phrygiae. " — Ich bin gewiss am wenigsten geneigt, den Ernst und den religiosen Sinn zu verkennen, womit beide Verfasser die ehrwiirdigen Urspriinge antiker Cultur betrachten, muss aber aus Griinden jene Zusammenstellung mit biblischen Nachrichten vorlaufig auf sich beruhen lassen. Was Einzelnes betrifft, so bemerke ich, dass die alten Erklarer beim Zevq vaioq zum Theil an Wasser dachten 5 und zur Iliade XVI. 233 fF. an die dortigen Siimpfe erinnern , zum Theil aber an - das vutuv, wohnen, welches in derselben Stelle sovvohl vom Gotte selbst, als von den Sellen oder Priestern des Dodonaischen Zeus r ausgesagt wird, und bei Hesiodus Fragg. LIV. p. 2 16 Gottl. vom Orakel: vulov iv nv&ptvi (f^you, und vom Gotte selbst wiederum Sophokles Fr. 40 f. — In der von Lasaulx angefiihrten Stelle des Pausanias VIII. 31. 2, liesefc man statt Natq jetzt richtiger Ntda , namlich die Flussnymphe des A rka- disGhen Strome* Neda (s. dort Stebelis III. p. 2 f 8. und Scliubart u. Walz 181 „ Auch bezeugt Herodot II. 58. ausdriicklich , dass die Art der Weissagung in Dodona dieselbe gewesen sey, wie in Aegyp- tisch-Theben. Wie in Dodona neben Zeus Diona, so ward im Libyschen Ammonium neben Amun eine weibliche Gottheit verehrt (Tolken in Minutoli's Reise p. 102 f.); der Dodonai- schen Eiche entspricht in dem Aegyptischen Orakelort der uralte heilige Baum, den Clemens Alex. Coh. p. 10 sq. und Euseb. P. E. II. 3. yegavdQov nennen, dem Dodonaischen Wunderquell dvaitavo^ievo^^ dort der fons solis (Sil. Ital. VI. 6(59 If. und Minutoli's Reise p. 96. und 163 f.)" 1 ). — „Gewidmet war das Orakel dem Pelasgischen Zeus, der hier als allmachtiger Weltbaumerster zugleich und als freundlicher Herdgenosse der Sterblichen verehrt ward. Im Kortgang III. p. 150.)- Fur , A. und dazu Wyt- tenb. p. 331 sq. ed. Oxon. , welcher Ausleger audi an den Zevq 'AqCotuq- yoq eriunert; wie ihn Simonides oder Bakchylides oder vielleicht beide Dichter genannt batten, s. Baec'iylidis Fragg. p. 62 ed. Neue. Cr.J. — ,v£toi> %aky.eiov , was von Schwatzern gebraucht wurde." Diese Berichte hat nun der Herausgeber der Fragmente Poleraon's einer gelehrten Epikrise unterworfen , worin er nicht nur meine >SchIusse aus jenen Nachrichten 2 ), sondern auch Welcker's und K. 0. Midler's Erklarungen bestreitet, das Zeugniss des Demon ganzlich vernichten und das des Poleinon einzig und allein geltend machen will. Ich muss sein Rasonnement mit seinen eigenen Worten mittheilen, dem ich gleich unter dein Text einige Einreden beifugen will: „At vindicare, sagt er 3 ), Demonis et Creuzeri sententiam cona- tur Welckerus 4 ). Statuit enim Demonem et Polemonem non de eadem re loquutos, sed duo haec musices sacrae genera diversa fuisse. „,,Coniicere licet circularem lebetum appara- tum Polemonis aetate collapsum fuisse et alterum minus artifi- Jt 1) S. jetzfc Polemonis Periegetae Fragmenta ed. L. Preller. XXX. p. 56 — 62. Cr. D Im Dionysus p„ 46 sqq. 3) Preller ad Polemonis fragg. p. 60 sq. 4) Namlich in den Aumerkungen zu Philostrati Imagines ed. Jacobs et Welcker p. 566 sq. 186 ciosum in locum ejus successisse."" Constat Demonem Pole- inone superiorem fuisse$ certe Philochoro antiquior erat (cf. Siebelis Phanodem. p. VII. p. 18. et Schol. Vat. Eur. Rhes. 250.) 5 sed parum verisimile tantum inter utrumque temporis interjectum fuisse, ut „„apparatus ille"", quern integrum.de- scripserat Demo, ante Polemonem collabi potuerit l ). „„ De- moni fidem facere Men and rum, qui singulari quidem utatur, at nihilominus de orbe lebetum intelligendus sit manifesto. " u Singulari Menandri contra Demonem recte usus erat Aristides. Menander id AaiSiovalov, inquit, av rig %akxiov , 6 "ksyovotv riislv, av 7TaQ7iipa9' 6 naQiojv^ xriv ri^tlgav okt]v xrk. , ubi equidem non video quae necessitas sit de orbe lebetum cogi- tandi. to %oXxLov est totum illud, quod constabat ex duabus columellis, quarum in altera stabat puerulus cum flagello, in altera pelvis, quam pulsabat flagellum, quod agitabat modo 1) Als wenn dies nicht in einem jedem Augenblick hatte geschehen konnen , z. B. durch Blitz. Und wenn die von Polemon beschriebene Vorrichtung zu Lucillus Tarrhaeus Zeit ebenfalls verfallen war, so lag wohl auch kein so ungeheurer Zeitraura dazwischen. Bei dieser Gele- genheit will ich doch die schone Verbesserung in der Stelle des Tar- rhaeus, woran sich Preller p. 61. ungliicklich versucht hat" welche O. Jahn (Berlin. Jahrbb. der wiss. Kritik 1840. S. 592.) gemacht, anfiih- ren: wl y.ara fiiv vovq tjuer^QOVq , (ft\alv 6 Taggciioq , fie vat /uhv r\ lafitj rqq puoriyoq , oi dk fyiuvreq unoTctTtrdmaaiv, ■ — Doch ko limit vielleicht Schnei- dewin's Conjectur der Lesart des Textes noch naher: ; 2. (Zaniolxis) 9 Sechstes Capitel. Von der altesten Religion der Griechen, oder vom Pelasgischen Dienst auf Lemnos und Sarao- thrace. Zugleich einige Beispiele biidlicher Culturge- schichte Grieehenlands. S. i 14 §. 3. (Samothrace) 19 §. 4. CFortsetzung) 24 §. 5. (Fortsetzung) . . 29 §. 6. (Zusatz) 34 §. 7. (asion, Trophonius, die AloYden und Molioniden .... 37 §. 8. Aesculapius, Telesphorus , Hygiea, die Heilgottheifceu . . 44 §. 9. Fortsetzung ,. 46 g. 10. Fortsetzung 52 Siebentes Capitel. Homerus und Hesiodus. §. 1. Einleitung 54 §. 2. Hesiodeische Theogonie 55 §. 3. Fortsetzung 58 §. 4. Verhaltniss des Homerus und Hesiodus zur Religion ihrer Altvater und zu der ihrer Zeitgenossen 64 §. 5. Kurzer Abriss des Glaubens und Wissens der Honierischen Menschen 68 210 Achtes Capitel. Uebersicht der Griechischen G otter. Zeus. §. 1. Einleitung und Uebersicht 72 §. 2. Arcadischer, Dodonaischer und Cretensischer Zeus ... 74 §. 3. Zeus der Priesterlehre 90 §. 4. Zeus als Rechtsquelle und Rechtskorper 102 §. 5. Zeus als Iiininilischer Vater, als Hausvater 1 18 §. 6. Fortsetzung 126 §. 7. Der Zeus des Phidias als Hellenischer Konig und Gott-Vater. — Die Olympischen Spiel e . . - 130 §. 8. Zeus der Olynipische und Panhellenisbhe 135 §. 9. Zeus der vergotterte Mensch. System des Euemerus . . 143 §. 10. Juppiter der Jtalischen Volker 148 Nachtrage. I. Ein Blick auf bedeutende neueste Vorsfcellungen vom Ursnrung und Wesen der Griechischen und Italischeu Culte iiberhaupt. (Zu Cap. V. §. 2.) 151 if. Aktaon. (Zu Cap. VI. §. 7.) ............ 155 III. Zu der Lehre von den Kabiren und Dioskuren. (Zu Cap. VI. §. 10.) 159 IV. Zur Hesiodeischen Theogonie. (Zu Cap. VII. §. 3.) .... 166 V. Zur Odyssee. (Zu Cap. VII. §.4.) 172 Nachtrage zur Lehre von den Olympischen Gottheiten. h Zeus von Dodona und sein Orakel. (Zu Cap. VIII. §. 2.) . . 175 II. Zens Juppiter iiberhaupt. (Zu Cap. VIII. §. 2—10.) .... 192 0 Symliolik unci der alten Volker, besonders der C^riechen von Friedrieli Crewzer, Doctor der Theologie und Philosophic, ordenfclichem Professor der alten Literatur zu Heidelberg, Grossherzoglich Badischem Geheimerath und Conithur des Grossherzoglich Badischen Ordens vom Zahringer Lowen, fritter des Koniglicli Franxosischen Ordens der Elirenlegion und mehrerer Akademieu und anderer gelehrten Gesellschaften Mitglied. Dritter Theil, zweites Heft. Dritte verbesserte Atisgabe. Druck und Verlag von Carl Wilhclm Leske. 1841. 211 Here - Juno. -A us dem alten Kalenderkreise hatte sich in der gebildeten Theogonie eine Zwolfzahl von Wesen (oi dajdey.a, dajSexd- ^eog') entwickelt, eine Gotterfamilie: Zeus nebst seinera Bru- der, drei Schwestern, drei Tochtern und vier Sohnen. In diese.r Olympischen Ordnung ist nun Here dem Zeus als Schwester und ordentliche Gattin beigesellt. Sie mag ihren * Ursprung herleiten woher sie wolle, woruber gleich das Na- here bemerkt vverden soli: ihren Namen kann man als Grie- chisch anerkennen. Die alte Sprache 5 deren Formen ira Aeolischen Dialect am haufigsten vorkominen, kennt epos, £QQoq, vvovon sich eoa und hernach "Hgy natiirlich ableiten lassen, jenes in der Bedeutung von Herr und mit herus ver- wandt, dieses Herrin, hera Den Italischen Namen Juno 1) Hesych. I. p. 1445. Alberti. Lennep. Etymo! ling. gr. p. 222. 245 ed. alter. Oder I'qci, ^grj, die Erde ; vergl. Payne Knight symbol, lang. §. 35. p. 25 sq. [In Betreff der Here-Juno tiberhaupt erinnere ich vorlaufig an folgende Schrifteu, die in den Nachtragen theilweise be- rueksichtigt werden sollen : C. A. Bottiger's Mythologie der Juno in Dessen Ideen zur Kunst- Mythologie II. S. 213 — 320. La naissance de Junon, par Th» Panofka, in den Annali dell' Instituto archeol. 1832, Tom. IV. p. 217 — 230. -— Ueber die Hera der Grieehen , von M. W. Heff- ter y in der Allg. Schulzeitung r Darmstadt 1833, Mai, Nr. 59.] 14* 212 wollfen bekanntlich schon alte Sehriffsteller "von juvare, hel- fen , herleiten. Neuere haben lieber an jitrare denkeh wollen, weil man bei ihr vorzugiich zu schwdren pflegte, wahrend doch das alte Jovis, Jovina (Jovino) naher liegen mdehte, und noch naher Dione, Aiujvrj, von Al<; *). Es darf hierbei nicht vergessen werden, dass diejenige Unbestimmthett von Begriffen, die mit diesen Namen verbunden wurden, bei den Italischen Volkern sich langer erhalten hat, als bei den Grie- chen. Es wurde namlich die alte Grundvorstellung von einem grossen weiblichen Schutzgeist durch die Benennung Juno in Italien auf mehrere Wesen ausgedehnt, z. B. auf den Geist der Ceres und auf den Schutzgeist aiier Matronen 2 ). Ueberblicken wir nun die bedeutenderen Sacherklarungerij die von der Here -Juno bei den Alten sich linden, so wird es uns, bei der Weitschichtigkeit von jenen, sehr begreiflich 1) Cicero de N. D. II. 26. und dazu Wyttenbach p. 754. unserer Ausg. und jetzt Payne Knight symbol, lang. §. 36. p. 26. Bis (z/£j), davon Bia, scheinen die einfachsten Formen, und auch der Bedeutung nach ganz allgemein Gott, Gbttin, zu bezeichnen. Nun folgt auch Jtjoj, und dann die abgeleiteten Formen Djanus (Janus^, Diana , Bione und Juno. [Die Namen der Gottin betreffend, so dachten schon Griechen bei dem Namen "Hgrj an a^g, Luft (Platon. Cratyl. p. 404, c.) Neuere Etymologien halten entvveder an hera, Herrin, oder tga, Erde, oder an I'goq, Liebe, fest (Schwenck Etymol. - mythol. Andeutungen und dazu Weleker, S. 62 f. 294 f., vergl. Volcker Mythol. des Jap. Geschl. S. 79. — Ersterer gesteht jedoch unsere Unwissrenheit der Bedeutung dieses Namens, s. Dessen Mythol. Skizzen S. 76,}. Beim Namen Juno verwei- set Derselbe auf das Griechische Zuvw (Etym. mythol. Andeutt. S. 34.) und so auch Doderlein (Latein. Wortbilduug §. 145. u. Handb. der latein. Etymologie S. 9l.)J. 2) S. meine Anmerkung zu Cicero 1. 1. p. 309. und besonders auch die dort angefiihrten Alterthumsforscher : Lanzi (Saggio di ling. Etrusc. p. 238. 578.) und Marini gli Atti de' fratelli Arvali p. 160. 174. 3S6. 414. 500 sqq. und p. 686. — Sclavinnen schvvureu in Rom bei ihren Junonen, d. i. bei dem Geist ihrer Gebieterinnen. Aber jene Bedeutungen : Geist der Ceres und der Matronen batten doch einen gemeinsamen Grund. werden, wie diese Gottheit rait vielen weiblichen Naturwesen des Orients fur gleiehbedeutend genoinmen werden musste. Sagten die Stoiker z. B. : Here ist der Luftkreis zwischen Meer und Himrael so sagten Andere: Here ist der Mond 2 ), sie ist die Erde und das Dunkel auf und unter der Erde, sie ist Kinsterniss und Nacht, und die Bewusstlosigkeit der Schla- fenden 3 }. — Diesen Vorstellungen zufolge wurde es zuvor- derst statthaft seyn, in der Here- Juno jene Indische Bhavani zu finden, weiche von Brehm , dem unbekannten Gotte, aus- gehend, die Mutter der drei grossen Dejota's, der drei Be- dingungen der ganzen sichtbaren Welt, wird. — Als Mond ist sie, nach einer herrschenden Vorstellung des Morten lan- ders, die Erapfangerin alter zeugenden Keime, die von ihr der Erde mitgetheilt werden. — So will Juno ferner nach- gerade zur Anaitis oder zur Mitra der Perser, zur Astarte, zur Venus -Urania der Phonicier und Carthager werden, weiche letztere ja auch unter Romischer Herrschaft vorziig- lich die Juno verehrten; und Niemand wird es dem Lucianus verdervken wollen, wenn er die Syrische Gottin zu Mabog- Hierapolis mit der Griechischen Here vergleicht (siehe II. p.S89 ff. [Ster Ausg. vergl. Plutarchi Crass. 17. p. 451 Reisk. und Inghirami Monumm. Etrusch. II. 1. p. 234.]). Wie wenig uns aber solche allgemeine Vergleichungen genugen kojinen , mag daraus ersehen werden , das einige altere Schriftsteller mit Zustimmung des gelehrten Plutar- chus 4 ) die Here und Leto (Latona) fur einerlei nahmen , 1) Cicero de N. D. a. a. O. 2) [Beide Vorstellungen trafen in der altniniischen Religion zusam- men. Macrobius Saturn. I. 15. p. 284 Zeun.: — huic deae caneti Kalen- darutn dies videntur adscripti. Cum enim initia mensium maiores nostri ab exortu lunae servaverint: iure Iunoni addixerunt Kalendas, lunam ac Iunonem eamdem putantes. — Iuno autem aeris arbitra est.] 3) Plutarch, ap. Euseb. Pr. Ev. p. 83, vergl. Plutarch. Fragmm. IX. p. 756 sq. Wyttenb. 4) S. Fragmm. laudd. p. 757 Wyttenb. — Damit man mich nicht welches einen Aegyptischen Ursprung jener Gottin voraus- setzen wurde, wahrend doch Herodotus •) die Here der Grie- missverstehe , so soli das, was nun im Texte folgt, keine Opposition gegen die Annahme maclien, dass Juno, wenn wir nach der let/.ten Quelle fragen , aus dem Emanationssystem der Indier abzuleiten seyn mochte. Vielmehr bitte icli, nachzulesen, was im ersten Theil (p. 411. 3ter Ausg.) von der Juuo-Lucina als Iudischer Bhavani vermuthet wird. Tch kniipfe hier aber meine Untersuchung an die Babylonische Mylitta, welche letztere daan vielleicht selbst Bhavani ist. 1) Herodot. II. 50. — Man wird im Verfolg sehen, dass ich auf jene Myth en beim Plutarch viel Gewicht lege, aber um der Begriffe wil- len, nicht um das Vaterland der Juno daraus zu erforschen. Jene Ver- legenheit Griechischer Sehriftsteller aber — wohin sie bei der grossen Asiatischen Naturgottin mifc ihren vielen Namen sollen — was zeigt sie uns anders , als dass in Griechenland ein poetischer Polytheismus tief ins Volk eingedrungen war, wahrend sich bei den Barbaren Asiens von der altesten Religion, dem Monotheismus , noch mehrere Spuren erhalten batten. [Andererseits beweiset aber gerade diese Stelle des Herodotus, dass er vom Einzelnen des Aegyptischen Gottersystems keine genaue Kenntoiss hatte \ wie denn die Griechischen Sehriftsteller viele Aegyp- tische Gotternamen gar nicht kannten. Denn wenn wir in der bernhm- ten Inschrift am Nilkatarakt jetzfc lesen : rjj xal "Hqa , so haben wir eine uralte Aegyptische Gottin Satis (Sati), welche dem Chnubis- Ammon zugesellt, mit der Hera identificirt, und in einer lateinischen In- schrift Juno regina genaunt wird (s. jetzt Symbolik II. t. S. 277—2790- — Aus Horapollo (I. 11. p. 17 ed. Leemans) erfahren wir*, dass bei den Aegyptiern der Athena die obere Hemisphare des Himmels zugetbeil* war, der Hera aber die untere ; aus Madethos (beim Porphyrius de Ab- stin. II. 55. p. 200 RhoerO? dass der Hera zu Heliopoiis taglich drei Menschen geopfert wurden 5 aus welchen Angaben man auf eine Gottin der Unterwelt schliessen mochte. Da nun aber Herodotus die Isis als die Gottin des Aegyptischen Todtenreichs kannte (II. 59. und II. 123.), so konnte er die Haupt-Gottin des Argolischen und des Samischen Cultus in Aegypten nicht auffinden. Aber desswegen hatten andere Griechen doch nicht Unrecht, wenn sie die chthonische Gottin Satis der Aegyptier mit der Hera zusammenstellten, namlich mt dem Gedaiken an den Do- donaischen Zeus und die ihm beigesellte Dioua, welche ja mit Proser- pma-\ er\\x% identisch war, so wie er mit Dionysus-f/fir^*. — Aber der 215 chen ausdriicklich den wenigen Gottheiten beigesellt | die ihren Ursprung bei den Aegyptiern m'cht genommen hafoen. Dass eine Here von Argolis, mit dem Beinaraen Prosymna bezeich- net, jener Aegyptischen Buto-Latona ira Wesentlichen ahnlich gewesen, wird der Verfolg wahrscheinlich machen; aber jene Aehnlichkeit , die sie mit der Latona gehabt, macht sie auch der Artemis von Ephesus und jener Asiatischen Lilith-IIithyia beinahe gleich, weil alle diese Wesen in gewisse Grundbe- griffe von Nacht und Licht sich gemeinsam theilen. Und so bleibt also die erste Frage nach dem wirklichen Stammorte, der den Griechen ihre Here geliefert, vor wie nach zu beant- worten ubrig. Derseibe Vater der Geschichte, der uns bei dieser Frage von Aegypten ablenkt, lasst doch einer Griechischen Here von einem Aegyptischen Konige Weihgeschenke senden. Sie wurden vom Amasis nach Samos gestiftet; und eben vvegen seines Heraum wird Samos von dem Geschichtschreiber aus- gezeichnet. Es war der grosseste Junotempel in Griechischen Landen, der nur gewissen Bauwerken der Aegyptier nach- stehen musste l ). Diese Inselstadt, zum Ionischen Bunde gehorig 2 ), musste fruhe und schon vor der Ionischen Pflan- zung mit den Asiatischen Volkern in geistigem Verkehr ge- wesen seyn. Vielleicht war selbst ihr Name Phonicisch 3 ). Verfolg wird zeigen , dass auch andern Hera-Culten der Begriff einer Gottin der Nacht und selbst der Todesuacht nicht fremd gewesen.] 1) Herodot. II. 180. vergl. II. 148. und III. 60. 2) Herodot. i. 142. 3) Samos, die hohe , fernhin sicktbare Insel, vermuthet Miinter (Er- kiarung einer Griechischen Inschrift p. 29.), sey aus dem Phonicischen abzuleiten. Strabo sagt (lib. X. p. 457.)? Zct/uovq habe man die Hohen genannt; s. Schelling Die Gottheiten von Samothr. p. 44 f. not. !. Sie fiihrte auch den Nam en ITaq&tvia CParthenia), welchen Namen die Sage fur den friiheren ausgeben wollte CSpanhem. ad Callimach. Del. 48.). — Samos war von Pelasgern besetzt worden, und hatte mehrmals Griechische Colonien aufgenommen 5 vergleiche Raoul Rochette Hist. t ^ 216 co- llier mochte friiher mancher alte Terapel gestanden haben, iin Geschmacke der Asiaten gebaut, bis endlich der Saraier Rhokos jenes grosse Heraum zwanzig Stadien von der Stadt auffuhrte, welches , wie bemerkt, die Bewunderung von ganz Griechenland auf sich zog, und nachher ein Hauptverein Grieehischer Kunstwerke ward 1 ). Man wird erwarten, dass ein solches Heiligthum an Stiftungslegenden keinen Mangel hatte. Wir miissen sie beruhren, weil sie uns den Ursprung dieses Dienstes und seinen Charakter kenntlich machen. Ihnen zufolge machten die von Argos auf das hohere Alterthura ihrer Here Anspruch. Von dort hatten erst die Argonauten das alteste Bild nach Sainos gebracht 2 ). Wenn die Samier sich dagegen den Ursprung der Himmelskdnigin zueigneten 9 so wussten sie dafur eine bemerkenswerthe Beglaubigung beizu- bringen, und die Tenipelexegeten sorgten dafur, dass sie nicht unterging. In ihrer Insel, sagten sie^ sey die Gottin geboren, am Flusse linbrasus 3 ), und unter einem Stamme von einer de l'etablissement des Colonies Grecques Tom. I. p. 293. Tom. II. p. 206. 222. 226 sqq. 1) Apulej. Florid. I. p. 350 Elmenliorst. Vergl. Bottiger's Andeu- tungen p. 52. Jacobs iiber den Reichthum der Grieclien p. 14. und Qua- tremere de Quinci le Jupiter Olymp. part. III. vergl. auch Heyne Opuscc. Academm. Vol. V. p. 343 sqq. 2) Pausan. VII. 4. 4. [Auch der Hera-Dienst zu Sparta ward von Argos hergeleitet, Pausan. III. 13. 6. Vergl. K. 0. Miiller Dorier I. S. 395 f. — Wenn Guigniaut II. 2. p. 601. alle Local- Culte der Here von dem altpelasgischen Juno-Dienst zu Argos herleitet, so mag dieser letztere Ort diese Religion zuerst (iiber Phonicien, wovon sich auch Spuren beim Herodotus I. 1 sqq. zeigen) empfangen liaben. Der orienta- lische Ursprung derselben Religion giebt sich aber eben so unzweideutig im Hera-Dienst von Samos kund. — Urn so weniger konnte ich veran- lasst seyn, den bisherigen Gang meiner Darstellungen zu andern.] 3) Pausan. ebendaselbst. Dalier a Hqt] 3 I^qualr\ die noch bestimmtere ortliche Benennung der Samischen Here. Auch hiess sie von einer Koni- gin, oder von einem Orte, dieser Itisel: 'Im'ouvnq oder C 'H^ Invovoiu, Stepluui. Byz. p. 421 Beikel. vergl. p. 4l6< Weidenart (hvyog), den man nach dem Pausanias im Heraum zeigte. Diese Legende tragt nun ein Samischer Chronist, Menodotus, so charakteristisch vor, dass wir das Wesent- liche seiner Erzahlung ausheben miissen: Admeta, des Eu- rystheus Tochter, entflieht von Argos nach Samos. Dort erhalt sie eine Epiphanie der Here! Dies bestimmt die Schutz- suchende, Priestewn des alten Tempels der Juno zu werden. Nyraphen und Leleger batten ihn gebaut. Aber seerauberi- sche Tyrrhener, von den Argivern aufgestiftet , miissen das alte Bild der Gottin rauben, urn der Admeta Strafe zuzuzie- hen. Allein nun steht das Schiff unbeweglich. Die erschrok- kenen Seerauber tragen es ans lifer zuriick , und versohnen es dutch eine Spende von Kuchen. Am andern Tage suehen die wilden Einwohner das Bild, Da sie es am Ufer finden , glauben sie, es sey von selbst entlaufen, und befestigen es an einem Zaune von Weidenbuschen. Admeta loset es ab, und steilt es wieder auf seine vorige Unterlage. Daher all- jahrlich das Fesselungsfest [Tovea), wobei das Schnitz- bild ans Gestade getragen wird, und Spenden von Kuchen empfangt l ). lVAthenaeus XV. p. 672. p. 449 Schweigh. Man vergl. daselbst die Anmerkk. Vol. VIII. p. 56 — 59. Heyne, der dieser Sage in der Urge- schichte der Griechischen Bildnerei die gehorige Aufmerksamkeit schenkte, stiess doch dabei an , dass die Nymphen und Leleger den altesten Tern- pel der Here gebaut haben sollten. Er schlug vor, fur Nvpywv zu setzen : Avdoiv (Artium inter Graecos tempora Opuscc. Acadd. V. p. 345.). Raoul- Rochette Hist, de 1'etabliss. des Colonies Grecques Vol. IV. p. 386. mochte lieber Miwwv lesen, so dass diese zwei Volksstamme, die ofter beisammen genannt werden, als Bewohner von Samos Urheber jenes Tempels vvaren. — Heyne schickt aber seiner Conjectur den Zweifel voraus: Nisi mythicum aliquid subest. Dieses Mythische nun, ortlich betrachtet, macht uns auf den Fluss Imbrasus aufmerksam, an dessen Ufer der alte Tempel stand. Das konnte wohl mythisch heissen: die Nymphen haben ihn gebaut. Wenn man nun aber weiss , dass die Lele- ger selbst symbolisch als Stdrche genommen worden, und wenn man sich erinnerfc, dass zu Dodona das Heiligthum von Tauben besorgt wor- Ich ubergehe mehrere Umstande, welche schon im Vor- hergehenden erlautert worden , und verweile bei andern. Hier ist nun vorerst der alte barbarische Ursprung des Tempels und Tempeldienstes ausdnicklich bemerkt. Here war nicht zuerst von Argos gekommen. Barbarisch sind auch die Ge- brauche und Vorstellungen. Es ist ein magisches Bild, des- sen Besitz auch uiagisch befestigt wird.* Es thut Wunder, und das jahrliche Tragen des Bildes ans Ufer, seine Fesse- lung und Losung (ursprunglich von Jahresepochen und Monds- phasen und deren symbolischer Andeutung ausgegangen) wer- den nun in Volkslegenden umgedeutet. Man erinnere sich nur an die Art, wie im alten Aegypten die heilige Kuh mit Attributen von Sonne und Mond jahrlich aus den Tempeln hervorgefuhrt ward. Dieses Schnitzbild der Samischen Himmelskonigin war roh, und zuerst vermuthlich einer Spitzsaule ahnlich, oder doch gewiss ein blosses Schnitzwerk aus Holz Nachher noch ward es mit dem Calathus oder mit dem modius (jSchef- fel), dem Bilde der Fruchtbarkeit, auf dem Kopfe gebildet. Die ausgebreiteten Hande ruheten aufStaben, welche (verua) an der Basis oder im Boden befestigt wurden; gleich den Stand bild ern der Artemis von Ephesus. Auch verschfeiert den seyn sollte , und dass Bienen zu Delphi ein Tempelchen aus Vogel- federn und Wachs sollten gebaut haben (Pausan. X. 5.); dann wird man auch an den Samischen Nymphen und Lelegern kein Aergerniss nehmen. [ — Uebrigens scheinen in Argos ahnliche Gebrauche Statt gefunden zu haben. Dort feierte man namlich der Hera ein Fest, genannt Ai%tqvu » Zweigbett, s. Hesych. II. p. 459. vergl. K. 0. Muller Dor. I. S. 396.] 1) Plutarchi Fragmm. p. 762 sqq. Wyttenb. "Mgaq M nai SctftCaq vov tlxov elSoq, wq (ptjal KaXMftuxoq. Es folgen die Worte , welche in den Fragmenten des Callimachus stehen p. 477. Erst hatte man zu Samos ein blosses Holz, Brett, ills Gegenstand der Verehrung. Nachher hatte Smilis ein menschenahnlicheres Schnitzbild der Gottin gemacht (Clemens Alex. p. 41 Potter, vergl. Heyne Artium inter Graecos tempora ; in Opuscc. Acadd. Vol. V. p. 342. 344.). 219 waren dergleichen Bilder haufig. Nur Here wurde auf Miin- zen oft entschleiert vorgestellt, indem der Schleierj der sie vom Kopf bis auf die Fusse bedeckte, zuriickgeschlagen ist, oder von beiden Seiten des Kopfes hinten herabhangt. Hier- mit wurde sie als Stifterin der Ehe bezeichnet, indem die Griechische Ehefrau von dera Orautschleier nun befreit er- scheint ') Die Hauptsache fur unsern jetzigen Zvveck ist, dass wir in jenen Legenden auf die Erwahnung der Weidenzweige raer- ken. Es kommt uns hier nicht sowohl darauf an, dass von der Weidenart die Rede ist, die die Griechen kvyog nannten (vitex agnus castus, Keuschlamm). Dieser Baum hatte auch in den Thesmophorien der Ceres seine niysteriose Bedeutung, und die Alten legten ihm besondere Kraft e bei 2 ). Auch will ich nur mit Einera Worte an die ahnliche Geschichte von der Diana Orthia erinnern, welche die Lacedamonier desswegen l.vyod£0[iav nannten, weil das alte Schnitzbild derselben in einem solchen Strauch eingewachsen und aufrecht stehend gefunden worden, so wie die Aegyptier ihren Osiris und die Thebaner ihren Dionysus in einem Baume oder in einer Saule gefunden haben wollten 3 ). Wir werden durch die in Wei- denzweigen eingebundene Samische Here auf eine Babyloni- sche Here und auf Phonicische Benennungen aufmerksam. Ein alter Lexicograph sagt uns Folgendes: v Ada QAba)x Lust, Quelle, bei den Babyloniern die Here (Juno) 5 bei den Tyriern 1) Spanheim ad Callimach. Dian. vs. 228. mit den zwei Bildern p. 333. und p. 417. Bottiger Kunstmythologie der Juno p 89. Dessen Aldobrandin. Hoclizeit p. 38. p. 126. Miinzen von Samos und ein Relief mit den altereu Vorstellungen der Juno lieferfc Millin Galerie mytholog. Tab. VI. 21. Tab. XII. 49. 2) S. nur Eustath. ad Odyss. IX. 427. p. 367. und p. 369 Basil. Andere Stellen der Alten fiihre ich im Verfolg, bei den Cerealischen Religionen, an. 3) Pausan. III. 16. 7. vergl. meine Commentt. Herodott. I. p. 246. 248. sq. 220 aber die Weide" 1 ). Betrachtet man , wie man sonst wohl oft muss, dfese Glossen als getrennt, so hat der Weidenbaum dort mit der Juno nichts geinein als den Namen. So sieht einer der Ausleger diese Stelle an , bescheidet sich jedoch , dass auch eine andere Ansicht richtig seyn konne 2 ). Er erinnerte sich der Legende nicht, die uns die Juno in dera Weidenzaune vor Augen gestellt hat. Daher werden wir auf die andern Erklarer hbren, vvovon der eine uns lehrt, dass am Lauberhuttenfeste der Israeliten Weidenzweige in den Handen getragen warden, und dabei der Freuderuf Hosanna Adonai erscholl (wie in Aegypten bei der Oeffnung der Nil- schieussen Lotusstengel mit Freudengeschrei getragen wurden und werden 5 s. II. Th. p. 41 ff. 3. Ausg.). Daher die Weide selbst den Namen der festlichen Freude gewann. Den Namen Ada als Namen der Juno bezieht aber ein anderer Erklarer zunachst auf den Mond , welches Gestirn dieser Gottin beson- ders zugeeignet war 3 ) , und vermuthlich unter jenera oder einem ahnlichen Namen ('^itd, 'hea) bei den Tyriern gott- liche Ehre genoss. Welche Meinung nun aber auch die vor- ziiglichere scheinen mag, in jedem Falle haben wir Zeugnisse uralter magischer Religionsgebrauche im Dienste einer Asia- tischen Juno. Denn einmal ist gewiss, dass man der Wei- denart, Keusch-lamm genannt, besondere Krafte gegen den Biss der Schlangen und erkaltende, den Geschlechtstrieb hin- dernde, Wirkungen beilegte. Andrerseits wissen wir, dass die alten Italischen Frauen die Juno unter dem Namen Fluo- nia anbeteten, weil sie nach der Empfangniss die Menstrua- tion zum Stillstand bringen sollte 4 ). Hierin ward Juno also 1) Hesych. Tom. I. p. 81 Alb. 3 Adu' ^6ov^' nr\yi\' xal vno BafivXtovlow tj 'Hjoa ' tiuqu Tugtoiq Si , f\ lx{u. 2) Alberti a. a. 0. 3) S. die Noten a. a. O. und daselbst Macrob. Saturn. I. 15. vergl. Gerh.. Vossius de Idolol. lib. II. cap. 6. 4) Festus ill voce, vergl. Arnob. adv. Gentt III. 30. und daselbsr 221 ganz und gar der Gottin Mena , Juppiters Tochter, ahnlich, welcher die Alten gleichfalls die ' monatlichen Ileinigungen unterworfen glaubten 5 wahrend Andere diesen Einfluss der Gattin des Juppiter , der Juno, selber zuschrieben *). Und so trug also jener Samische Menodotus einen Namen, der ganz aus dein Kreise der Mondsgottinnen genommen war. deren eine er in seinen Legenden verherrlichte. Es mochte dies wdhl der schicklichste Ort seyn, diesen Kreis der alten Junonischen Religion kiirzlich zu beruhren. Alle physische Zustande und alle moralische wie auch rechtliche Beziehun- gen, in welche das weibliche Geschlecht sein ganzes Leben komraen konnte, waren unter den Schutz der genialen Hera- Juno gestellt, und sie war ihnen selbst unterworfen gewesen. „Da wird sich, sagt ein alter Kirchenschriftsteller, keine Schwester und Gattin des allmachtigen Juppiter linden lassen$ keine Fluonia, keine Pomona (^Covona), keine Ossipagina, keine Februtis, keine Populonia , Cinxia und Caprotina u 2 ). Die Bedeutun«: des ersten Beinamens wurde so eben von uns angegeben. Das zweite Epitheton wiirde sich auf die Gar- tenfruchte beziehen, wenn man nicht lieber Covona (Covella) lesen will, welches die Urania, die Gottin des gestirnten Himmels, bezeichnete 3 ). Von dem Beinamen Populonia wer- den verschiedene ErklarUngen gegeben, die, so widerspre- chend sie auf den ersten Blick erscheinen, sich dennoch vereinigen lassen. Die Ehe, sagten die Einen, giebt Volkern die Anmerkk. Torn. ir. p. 157 Orell. Allein in eineni allgemeinen Sinne war Juno auch als die feuchte Natur und als Wasser genommen (Joh. Lydus de menss. p. 66. p. 166 Roth.). Rhea, das personificirte Fliessen, war auch ihre Mutter. 1) S. die Anmerkk. zum Arnobius a. a. 0. Juno kommt als Mond auch beirn Joh. Lydus de menss. Romann. p. 36. p. 98 Roth, vor, vergl. p. 66. p. 166 Roth. 2) Arnobius a. a. 0., vergl. Augustinus de Civitate Dei VII. 2. 3) Covona (a covo i. e. coelo) oderCovella; Varro de L. L. V' p. 49. vergl. die Noten zum Arnobius p. 158. 222 das Daseyri, daher heisst Juno: Populonia (a populis) Ein anderer Zeuge fiihrt gcrade die Populonia als Wittwe (vidua) an 2 ). Wenn nun ein gelehrter Lexicograph *) diese Ben en- tiling bei der Juno unpassend tindet, und darin eine beson- dere Gbttin vermuthet, weii Juno nicht als Wittwe gedaeht vverde, so erinnerte er sich nicht an ein bemerkenswerthes Zeugniss, welches uns von einein alien Dienste der Arcadi- schen Here Nachricht giebt. Die Stymphalier hatten folgende Legende: Temenus, Sohn des Pelasgus *), erzog die Here zu Stymphalus, und weihete ihr drei Teinpel: den ersten der Jungfrau (jtaQdevtp)^ den zweiten der Ehefrau des Zeus unter dem Beinamen Telea (relda)-^ den dritten der Wittwe (xijpa)i als sie sich von Zeus einst getrennt hatte, und nach Stymphalos zuruckkani s ). Hier sehen wir also die Here vor derEhe, in der Ehe und nach deren Auflosung. Wann aber die Stifter des Ehebundes sich trennen, wann Juno Wittwe wird, dann wird die Welt verheeret und menschenleer (jpo- pulatur). — So konnte sich die Italische Sprache selbst von 1) Macrob. Saturn. III. 2, der das Jus Papirianum dabei ervvahut. Martiauus Capella de nuptt. philol. II. p. 38. [§. 149. p. 201 ed. Kopp., wo jetzt Populonam gedruckt ist, nach guten Handschriften. Ob das dabei stehende plebs eine Volksgottin bedeuten soil , will ich nicht ent- scheiden."| vergl. zum Arnob. a. a. 0. 2) , Seneca apud Augustinum de Civit. Dei lib. VI. cap. 10. sub fin. 3) Forcellini im Lexicon tot. Latin, unter Populonia. 4) Juno hiess auch selbst Pelasga, welchen Beinamen Einige auf die Argivische Hera bezogen; Andere auf die vonSamos, weil diese lusel auch Pelasgia geheissen hatte. [Hera hiess Pelasgis als uralte Schutz- herrin des thessalischen Jolkos mit mysteriosen Gebrauchen y wovon im Verfolg die Rede seyn wird. Vergleiche K. 0. Miiller's Orchomenos S. 267 f.] 5) Pausan. VIII. 22. 2. p. 411 Fac. Ueber den Beinamen n und diese Juno kommt auf den Miinzen dieser Stadt vor (Eckhel D. N. V. Vol. I. p. 171.). — Der vorgebliche Tempel einer Juno Lacinia zu Agrigent beruht auf einem Irrthume des Fazellus , wie Dorville in den Siculis I. p. 100/ ge- zeigt hat. Er stand bei Croton, und war im Alterthum auch durch ein Bild yon Zeuxis beriihmt. Heut zu Tage sieht man noch Reste dieses Gebaudes; Dorville a. a. 0. und p. 274, ^ 1) Herodot. I. 131. ibid. cap. 199. 15* 228 Ihr Schnitzbild wird Venus-Juno l ) genannt. Es ist ein alter Gebrauch, dass die Mutter ihr Opfer bringen, wenn ihre Tochter sich verheiratheri,. Hier sehen wir so recht die aite Naturgottin, die ihre beiden Anne ausbreitet, die in Fiuthen der Wasser sich kund giebt, die dem Monatsflusse der Frauen vorsteht, die die Ehe einsegnet. Man weiss aber nicht, ob sie Hera oder Aphrodite heisst. Sie ist an Wasserfluthen Babylons geboren; und dieselben Weiden (VrfW), an denen Israels verbannte Sanger ihre Harfen aufhangen (Psalm 136. 137. 2.), wolben sich der Gottin zum altesten Tempeldach. Diese Baume, die sie hier umschatten, sind durch die Krafte der Flusse hervorgetrieben und genahrt. Also hier zu Baby- lon, wie dort zu Samos, haben die Nymphen dieser Gottin ein grunendes Haus gebaut. Das ist der Geist der allegori- schen Sprache religioser Vorzeit — oder horen wir nicht auch vom Griechischen Volke die schonen Baume, die auf einer Anhohe ein Grabmal umschatten , Jungfrauen genannt ? (Pau- san. VIII. 24. 4.). In den klaren Fluthen der Gewasser wie in der blauen Luft spiegeln sich die goldenen Sterne des Himmels. Darum ist ihr, der Himmelskonigin (Urania- Juno), der Pfau gewid- met, der auf seinem Schweife einen ganzen Sternenhimmel tragt 2 ). Er hat sich die Pracht des Fruhlings zugeeignet, und scheint mit der bunten Fulle der Wiesen wetteifern zu wollen 3 ). Er ist der stolze Voge.l , mit dem ein Perserko- 1) 'A(pqoSh^q — "Hqm;; s. Pausanias III. 13. 6. [Wenn Siebelis If. p. 38. hier die Hera-Aphrodite von der Hyperchiria getrennt wissen will, so trage ich Bedenken ihm beizustimmen. Doch auch so wiirde der Zu- sammenhang der Vorstellungen keine Stoning erleiden.] 2) Joh. Lydus de menss. p. 66. p. 166. Roth, xaitawva t^v oqvi&a rolq hgoXt; rrjq "Hgaq ol qwoixol dtdoaoiv , oioval %ov uotsqwtiov tte'ga , r iot ovqavov. • 3) Lucianus de domo §. Jl. vergleiche Hemsterh. zum Nigrinus I. p. 247. * ■, und besonders folgende son- derbaFe Legende : Juppiter verfolgt die Juno mit seiner Liebe 5 sie ent- flieht in die Hohle des Achilles, des Sohnes der Erde (ytjyavovq~) , der sie. aber iiberredet, sich dem Juppiter zu ergeben, und so wird Juno vom Juppiter zum erstenmal umarmt CPtolem. Hephaest. ap. Photium p. 252. p. 332 ed. Gale p. 36 ed. Roulez). [Die Bewohuer von Olbia in Taurien am Borysthenes (Dniepr) verehrten den Achilles sehr hoch (Dio Chrysost. XXXVI. p. 78 — 80 Reisk.), und als Gott nalmten sie ihn (welcher Name auf Inschriften vorkommt) Beherrscher des Pontus, brack- horen *). — Mit Einem Worte : die Indische Bhavani mag bei den Persern als Mitra sich in die Strahlen des Sterns der Liebe versenkt haben; bei den Arabern als Alilat-Lilith in neuem Morgenglanze aufgegangen seyn, urn in Assyrien und. ira upijigen Babylon als Ada-Mylitta zu schwelgen, und aufs neue dann als Hera zu walten in dem stolzen Eilande von Samos 2 ). — In der Religion der Baalims ist sie allenthalben als Baaltis oder Konigin begrusst worden , und noch Rom eignet ihr vorzugsweise den Namen Regina zu. Der Venus- Libitina wird dort das schweigsame Reich der Todten anheim- gegeben. Die Peloponnesische Prosymna und die Dodonaische Dione waren alle beide noch Koniginnen der Lebendigfn und der Todten zugleich gewesen. ten ihm Geschenke, %aQiOTr>Qta , dar, und feierten ihm Spiele (s. Clarke Travels Tom. I. p. 621. und Choix de Medailles d'Olbiopolis, Paris 1822, p. 200 Vergl. Koehler Sur les lies et la Course d'Achille , St. Petersb. 1827. Ueber Achilles - Achelous als Thessalische Gottheit vergl. man jetzt audi Vdlcker in der Darmst. Allgem. Schulzeitung 1831, Nr. 39 und 40. p. 311 und 313.3 1) Junoni AssjTiae auf Iuscliriften bei Spanheim zum Callimachus Dian. vs. 187. Daher die Syrische Sage von dem klaren Flusse Burrhas CBovQQccq — Aborrhas), zwischen dem Euphrat und Tigris fliessend. Er duftete weit umher Wohlgeriiche aus , weil Juno nach dem Beilager mit dem Juppiter sich darin gebadet (Aelian. H. A. XII. 30. 2) Der Poet Asios und der Historiker Duris beim Athenaus (XII. p. 525. e. f. p. 453 Schweigh.) geben uns einen Begriff von dem orienta- lischen Luxus, womit die Samier ihrer Hera zu Ehren festlich einherzo- gen. Sie hatten dabei weisse Gewander an, die bis auf den Bodeu herabfielen; kiinstlich gearbeitete Armbander schmiickten ihre Hande, ihre Haare flossen in wohlgeordneten Locken auf die Schultern herab, goldene Bander und goldene Cicaden waren eingeflochten. Dieser Pracht- aufzug wurde sogar sprichwortlich : paSt^uv 'Hqcuov i^ntmXiyiiivov (ince- dere Junonium implexis capillis). Darauf spielt Horatius Satir. I. 3. 9. an. S- 12. Bei diesen vielen Spuren inniger Verwandtschaft der Griechischen Here init den weiblichen Naturgottheiten Asiens wird es uns nicht auffallen, wenn selbst die Lacedamonische Here auch der Phrygischen Cybele ahnlich vorkommt. Ein Griechischer Grammatiker ') belehrt uns,, die Laconier hatten einen Kranz {cxecpavo<;~), den sie dan Bilde der Juno aufzu- setzen pflegten, pyleon Qnvkeuiv) genannt. Nun stefret diese Sprachbemerkung zwar in dem Capitel von Kranzen; was die neuesten Lexicographen noch bestiramt hat, die Laconische Juno mit einem Kranze geschmiickt zu denken, Allein Win- ckelmann, der auf Munzen die Juno mit der Thurmkrone bedeckt fand, hat auf die vie! ungezwungenere Herleitung von itvhrj, Thor, Pforte , aufmerksam gemacht, und angenom- men, dass die Laconische Hera mit dem Hauptschmucke der Phrygischen Cybele bedeckt gewesen, eine Erklarung, der neuerJich der gelehrte Herausgeber von Alkmans Fragmen- ten 2 }, meines Erachtens mit Recht, beigetreten ist. Ein 1) Pamphilus apud Athen. XV. p. 678. p. 469 Schweigh., vergl. p. 681. a. p. 482 Sch weigh. 2) Welcker in den Frag mm. Alcmanis Lyrici nr. XXIX. p. 47. .Winckelmann Monumenti inediti zu Nr. 6. Uebrigens ist TtvXewv. (so schre^be ich mit Schweighauser) einerlei mit nvXwv. Ueber letzteres Wort s. Diodor. Sic. I. p. 56. Wesseling. und die Description de 1'Egypte Vol. II. p. 142. Antiqq. mit den Kuj>fern, woraus wir uns jetzt deu an- schaulichen Begriff bilden konneii von dem, *was - im Alterthum Pylone Schmuck, der die Phrygische Gottin der Erdfeste bezeichnet. kann der Hera nicht fremd seya, die uns ja ganz bestimmt Erde genannt worden ist. Ja, eben die Here soilte.aueh mit einem Sonne der Erde , mit dem Titanen Eurymedon , heimlicn gebuhlt und mit ihm den Prometheus erzeugt haben *), der hernach als Feuerbringer bestraft wird. Dieser Mythus eroff- net nun eine Reihe von Traditionen, womit sich die Samier trugen. So wussten sie auch zu berichten: Zeus und Hera hatten sich dreihundert Jahre heimlich geliebt, und ohne Wis- sen des Kronos und der Rhea (oder des Oeeanus und der Tethys) den Hephastos gezeugt. Endlich, nach des Kronos Sturz, fuhrt Zeus die Hera als ordentliches Eheweib heim, und seitdem hiess sie eigentlich erst telea (reXeia). Damit aber Hera als Jungfrau auftreten konnte, so ward vorgege-^ ben, Hephastos, der unterdessen auf der Insel Naxos beim Kedaiion die Schmiedekunst lernte, sey von Hera ohne Zu- waren. — Bei dieser Gelegenheit bemerke ich, dass die Kopfbinde, die die Alten wegen der schleuderformigen Gestalt oyevdovri nannten (s. meine Meletemm. I. p. 73.)? vorziiglich bei der Juno haufig war. Man s. Bot- tiger's Andeutungen p. 126. [und iiber die acpevdovrj wie iiber die onifuvq jetzt E. Gerhard's Berlin's antike Denkm. S. 371 — 374.] So ist auch die sogenannte Barberinische Livia (Museo Pio- Clement. Vol. I. tab. 2.) costumirt, die Millin jetzt Juno die Konigin nennt (s. zur Galerie mythol. nr. 47.). Ganz so ist auch die Juno bei Schopflin Alsat. illustr. Vol. I. tab. VII. nr. 7. p. 472. geschmiickt. — Blosse artistische Bemerkungen liegen ausser meinem Wegej aber hier maehe ich eine Ausnahme, weil icli auch in jenem Diadem etwas Symbolisches vermuthe. Da die iilte- sten Reliefs, wie bemerkt, schon diese Kopfbinde der Juno haben, da Homer auch von einer in der Luft schwebenden Here weiss, so war dieses Diadem vielleicht eine Andeutung darauf. Aber auch selbst die der Ellipse sich nahernde Form der Binde konnte mit den Vorstellungeu vou der Juno zusammenhangen 5 so dass wir also in der Juno mit dem pyleon die Gottin der Erdfeste, in der mit der sphendone die Gotten der Luft vermuthen diirfen. 1) Eustathius ad Iliad. XIV. 296. p. 987. vergl* Scholia Veneta zu dieser Stelle und zu Iliade A. 609. 235 thun eines Marines geboren. Die Sarnie r jedoch hielten jene heimliche Umaruiung ihrer grossen Gottin so heilig, dass sie die eheliche Vertraulichkeit der Brautpaare als etwas Religio- ses betrachteten , und nachher erst die offentliche Vermahlung folgen liessen. Homerus lasst auch nachher noch mit Ent- zucken den Zeus und die Here daran deriken, als sie sich umarmt hatten: ?? geheira vor den liebenden Eltern." Eben desswegen aber trilft den Dichter der sittliche Tadel des Philosophen wogegen ihn hinwieder andere Denker, wie Syrianus und sein Schuler Proclus, zu vertheidigen such- ten. Wir werden wohl gestehen miissen , dass der naive Sanger diese Sachen nach seiner Art gar sehr naturlich be- schrieben, dass es aber auch seines Amts nicht war, noch eine andere Hulle hinweg zu Ziehen, und die kosmischen Na- turwahrheiten , die dahinter liegen, vor Augen zu stellen. Diese physischen Wahrheiten sind fur uns sehr einfach. Denn wer sieht nicht, dass zuvorderst das Buhlen der Juno mit einem Erdriesen und das Gebahren eines Feuergenius aus dieser Buhlschaft, dass sodann die dreihundertjahrige heim- liche Liebschaft mit dem Juppiter und das verborgene Erzeu- gen eines lahmen Feuergottes — dass dieses AHes Volkssagen sind, alte Erinnerungen an das, was sich in und um Saraos, Naxos und Lemnos £d. h. um Inseln, die so viel vulcanische Spuren a,n sich tragen) zwischen Himmel und Erde und unter der Erde in grossen Zeitraumen zur Verwunderung alter 1) Des Plato in der Republik III. 4. p. 390. Man vergl. Iliad. XIV. 296. und dazu Heyne Observv. p. 588. — Ueber die Verstossung des .Hephastos *Iiabe ich bei der Bacchischen Religion roehr gesagt. Jetzt bemerke ich noch, dass Vulcans Rache an 4er Juno in scenischen Handlungen vorgestellt ward. Auf einer Vase bei Mazochi Tabb. Heracll. p. 137. sehen wir die Hera, wie die alte Beischrift zeigt, auf dem fr'es- selstuhle sitzen ; Mars (Eneualios) Will sie befreien, und streitet dariiber • mit Vulcan, der hier als JafSaXoq bezeichuet ist. Pelasgischer Menschen Ausserordentliches* und Fur cht bares, aber in seinen Folgen Heilsames, zugetragen hatte. Denh, um der Sache auf den Grund zu sehen, mussen,wir uns an die Ansicht gewdhnen, dass allemal, wo Sonnenwarme mit atmospharischer Luft, Erdfeuer mit dem Meere und mit dem Dunstkreise in eine auffallend thatige Beruhrung und Bewe- gung kommen, die symbolische Physik der Vorwelt von einer Hochzeit der Juno ['Upas ydpoq) zu reden weiss. Dichter nahmen diese Satze priesterlicher Physik in ihre Gesange auf, und fuhrten sie in heiligen Legenden aus — jeder nach Stand- punkt und Ort. Vom Citharon und vom Berge Thornax her werden wir ahnliche Liederfragmente sammeln, nur in etwas anderer Art, namlich in der Weise von Argolis und von Bootien. Schon Homer lehrt uns diese Junonen des Peloponnesus und des mittleren Griechenlands kennen. Er stellt zusam- men '*) : „Here von Argos zugleich und Athen', Alalkdmene's Got- tin." Und die erstere zahlt in demselben Gesange (vs. 51 ff.) ihre Peioponnesischen Hauptsitze auf: „Siehe, drei vor alien sind mir die geliebtesten Stadte, Argos und Sparta 2 ) zugleich und die weitdurchvvohnte Mykene. " 1) Iliad. IV. 8. nach Voss. 2) Zu den Junonischen Stadten gehorte auch Tirynth; Pausan. II. 17. 5. Ueber das Heriium olmweit Mycene muss man jetzt die Forschun- gen von William Gell in der Argolis p. 44 ff. vergleichen. In Betreff von Sparta macht Heyne Observv. ad Homerum 1. 1. p. 563. «die frucht- bare Bemerkung, dass die Verehrung der Here dort in. den alten Pelas- gischen Zeiten bedeutender war, als nachher, als durch dieDorer nach der Riickkehr der Herakliden die alten Religionen iiberhaupt grosse Erschiit- terungen erfuhren. Pausanias kennt in Laconien einen Tempel der Ar- givischen Here und einen der Here Hypercheiria , auch Aphrodite ge- Hieran schliesst sich nun die Beschreibung , die Pausanias •) von diesen Oertlichkeiten giebt, und wo von wir ausgehen .wollen: „Zur Linken von Mycene befindet sich in einer Ent- fernung von funfzehn Stadien das Heraum. An dem Wege fliesst ein Wasser , Eleutherion genannt. Dieses brauchen zu den Reinigungen die Vorsteherinnen des Tempels und der geheimen Opfer 2 ). Der Terapel selbst stehet auf einer Nie- • derung von Eubda. Denn diesen Berg*, nennen sie Euboa, und erzahlen, der FJuss Asterion habe drei Tochter gehabt, Euboa, Prosymna und Akraa, und diese seyen Ammen der Here gewesen. Von der Akraa benennen sie den Berg, der dem Tempel gegenuber liegt; der, worauf er selbst stent, heisst Euboa, und Prosymna, das Blachfeld zunachst unter* dem Tempel. Der gedachte Asterion, der unter dem Tempel fliesst , fallt in einen Schlund , und verschwindet. Es wachst aber an seinen Ufern ein Kraut, sie nennen es Asterion 5 und dieses selbige Kraut bringen sie der Here, und machen von seinen Blattern Kranze. AIs den Baumeister dieses Tempels nennen sie den Eupolemos aus Argos." Das genannte Kraut heisst Asterium (doreQiov), und gehort zu den Arten des Phalangium , welche gegen den Biss der Phalangien ( Giftspinnen) als wirksam bezeichnet werden. Dieser Art legten die Alten noch andere besondere Wirkun- gen bei 3 ). Hieran reihen wir eine andere physicalische Be- i) an nt (III. 13. 6.). Von dieser Juno ist schon im Vorhergehenden die Rede gewesen. In Laconien verehrte man auch eine Ziegen essende Juno CHqij alyocpayoq}, von welchem Beinamen eine Sage aus den Hera- kleen erzahlt wird (Pausan. III. 15. 70 [Ziegen wurden derselben Gottin auch zu Korinth geopfert. S. Zenob. Prov. I. 27. mit Leutsch u. Schnei- dewin p. 9. u. K. O. Muller's Dor. I. S. 1) II. 17. 1. 2. 2) utco^tcov schlug Kuhn vor, und Clavier hat es aufgenoramen. [Schubart und Walz haben Bekker's Verbesseruag aufgenommen : — at ntql to legov nal twv &vata>v iq taq UTtOQQt'ixovq*] 3) Nicandri Tberiaca vs. 725. ibiq. Scholia und die Noten p. 105. p. 261 sq. Schneider. * merkung, welche mit dem Gottesdienste der Juno verbunden wird. ,^Es findet sich in ihm (hn Argolischen Flusse fnachus") auch ein Stein, dem Beryll (fiijQvKkui) etwas ahnlich. Die- ser wird schwarz> wenn ihn einer in die Hand nimmt, der ein falsches Zeugniss ablegen will. Es liegen aber viele in dem Heiligthume der Prosymnaischen Flere (IlQOGv^vaiaq Hqcc^)) wie Timotheus in den Argolischen Geschichten berich- tet. Es gedenkt derselben auch der Samier Agathon im zwei- ten Buche von denFliissen" — Diese einfachen Legenden stellen uns gleich wieder auf den Grund und Boden dieser Naturreligionen , bei denen es ohne magische Vorstellungen und Handlungen nicht abging. Ein Sternenfluss und ein ^Sternenkraut von wunderbaren Kraften — . und der alte Lan- desstrom Inachus selber fuhrt Steine in seinem Grunde, die durch ihre Verdunkelung die Falschheit des Herzens ans Licht bringen! — Es lagen viele Steine der Art in dem Tempel der Here, und es mochte hier Mancher die Lichtprobe haben bestehen mussen. Denn die Gottin , glaubte ohne Zweifel das Volk, bewirkt solche Gewissensprobe, wunderbar, so wie sie auch dem Sternenkraute Phalangium die Wunderkraft gegen giftige Thiere mittheilt. Diese Gottin heisst nun hier die Prosymnaische. Der Ort in der Landschaft Argolis, wo sie einen Tempel. hat, heisst selbst Prosymna. Er lag bei Midea, und zwar auf einer Hohe; denn Statius singt: Celsae Junonia templa Prosymnae 2 )- Aber Prosymna nennt Pausanias auch eine der Tochter des 1) Plutarch, de fluminib. XVIII. 3. p. 1160 sq. p. 1032 sq. Wyttenb. 2) Thebaid. lib. I. vs. 383, wo schon Casp. Barth erwiesen hat, dass die Stadt und die Landschaft Prosymna hiessen (s. p. 132.). Man vergl. Strabo VIII. p. 373. mit Casaubonus Commentar (p. 232 Tzsch.), womit man jetzt Will. Gell's Argolis p. 44. p. 52 sq. verbinden muss. [K. O. Miiller Dor. I. 395: „ Strabo p. 373. unterscheidet wohl mit Un- recht das Heraon der Prosymna von dem beriihmten Cbei Argos)."] FJusses Asterion. Alle drei geben Oertern den Namen. Die alteste Euboa einein Orte, den man bald von den guten Ku- hen, bald von der fetten Weide benannt wissen wollte. Es ware iiberfiussig, hierubec etwas mehr zu sagen, als die zwei einfacl>en Dinge: dass wir uns am Flusse Inachus befinden, dessen Tochter Io mit Stierhornern abgebildet wurde, und dass die Juno in dem Attribut von Stier und Kuh hergenom- men der Io hier ganz ahnlich war oder vielmehr einerlei mit ihr 5 so dass die Tempelsitte zu Argos gebot, die Priesterin der Juno musste auf einem mit Rfndern bespannten Wagen zu dem Tempel fahren Die dritte Flussnymphe und Die- nerin Akraa tragt einen Namen, der an die Hdhen von Al- gol is erinnert. Die Stadt Prosymna heisst auch die hohe; und wenn Juppiter der Gott der Hohen (axQiog) genannt wurde, so wird auch Juno so geheissen habe*n. Sie kommt wirklich unter diesem Namen vor 2 ). Mit Einem Worte, eine jede Warterin wird den Namen ihrer grossen Pflegetochter fheilen wollen. Das heisst , wenn wir auf den Geist alter Religionen 1) Herodot. I. 31. II. 41. In der letzteren Stelle vergleicht der Geschichtschreiber eben desswegeu die Io mit der Isis. Er hatte sie auch mit der Astarte vergleichen konnen. Beide hatten als Attribute bald den Stierkopf, bald Sonne, Mond und Stern. Ja auch zu Ninus in Assyrien hatte man ein Bild der gehornten Io (Philostrat. Vit. Apollonii I. 19. p. 23 Olear. , vergl. meine Anmerk. in Bekkeri Specim. Philostr. p. 61. not. 12.). ■ — So war auch Juno in Argos eine als Kuh dargestellte Gottheit gcwesen, mit Beziehung auf den Mond, und im Sternenfluss und • Sternenkraute (Asterion) spielt noch das siderische Attribut durch. [Vgl. jetzt Welcker's Aeschyl. Trilog. p. 127 ff. und K. 0. Mullers Prolegomm. z. Mythol. p. 262 f.] — Noch Romische Kaiserinnen, deren Vorbild die Juno war, wurden auf Miinzen und andern Bildwerken auf einem von Kiihen gezogenen Wagen fahrend vorgestelltj s. des jiingeren Visconti Memorie encyclopediche di Roma sulle belle arte T. III. p. 6l — 67. 2) Man s. den Zenobius Proverb. I. 27. p. 7 Schott. p. 9 Leutsch und Schn. Der Tempel der Juno Akraa stand auf dem Wege nach der Burg von Argos (Pausan. II. 24. 1.) Uebrigens hatten mehrere Gotthei- ten den Beinamen "Axquioi, ^xpcueet (Spanheim. Qillim. in Jov. vs. 82.). sehen, die verschiedenen Eigenschaften einer Gottheit,. init ihren Namen bezeichnet, miissen zu besonderen Personen werden, und als selbststandige Wesen handelnd vor unsere Augen treten. Dies sind aber die Amraen der Juno noch nicht alle. Wir horen noch von einer vierten 5 und diese wird uns nach der andern Euboa und nach Bootien geleiten , wo uns jene grosse Juno-Prosymna noch mehr von sich zu erkennen geben wird. Plutarch fuhrt als Beispiel eines synibolisch-allegorischen My- Ihus folgende Sage an *): Juno wird auf Euboa erzogen, Juppiter entfuhrt sie, und Citharon gewahrt ihnen eine Hohle zum schattigen Brautlager. Ihre Amine Macris QMuxqi's) kommt 7 die Geraubte zu suchen. Citharon weist sie mit der Nachricht zuruck, dass Juppiter dort mit der Latona (yjj Aijrof) in Liebe vereinigt ruhe. Seitdem will Juno mit der Latona Einen Tempel und Altar haben , heisst auch selbst die nachtliche (yvxta)^ die verborgene fjivyla), ja wird selbst fur eine Gottheit mit Latona genommen. So weit die Sage. Es folgen physicalische Erklarungen : Juno sey der Erdschat- ten, der die Luft verfinstert und den Glanz des Mondes in den Eklipsen. Niemand wird leugnen wollen, dass def Grund- begriff richtig aufgefasst sey. Dafiir spricht der Name Pro- symna. Er kommt immer bei tellurischen oder chthonischen Dingen und Personen vor. Ceres fuhrt ihn im Lande Argolis in den Religionen von Lerna (Pausan. II. 37. 2.), eben dort, •wo ein Genius Prosymnus dem Dionysos zum Fuhrer dient, als er seine Mutter Semela aus der Nacht der Unterwelt wieder ans Licht bringen will 2 ). 1) Apud Euseb. P. E. III. p. 83 sq. und in den Fragmm. p. 756 sq. Wyttenb. 2) Clemens Alex. Protrept. p. 8 sq. vergl. Zoega de Obeliscc. p. 45 sq. Die Form Tlgoav^voq ist nur eine weichere Aussprache fiir IIqo- avTiroq ; und derselbe Genius kommt auch als Polypnus vor. Es ist sehr erlauternd, was PlutarcJi in unserer Stelle zur Erklarung des Begriffs Jener Raub des Madchens Here , wie Juno in dieser Sage bestimmt heisst, und ihre Umarmung auf dem Citharon ist also ein wahrer Raub der Kora. Sie, die Juno, ist hier Pro- serpina, und er, der Juppiter, ist der unterirdische Zeus. Unter diesem Namen kennt ihn noch Homerus l ). In alten Herakleen war auch die unterirdische Juno vorgekommen , und auch davon hat Homerus die Spuren aufbehaiten. Her- cules verwundet die Hera. Ob dieser Kampf nun um Pylos geschah, oder am Thore derTodten, wie ich glaube 2 j, mag der La ton a Juno sagt: dk r\ A^i(a y ly&o) wq ovaa twv eiq vnvov rge- nofievon: Es sind eben Gottlieiten und Genien des Schlafes und des To- des. — Nun konnte es auch nicht fehlen, dass Juno-Latona in der ver~ geistigteren Lehre der Philosophen als Vergessenheit des irdischen und materiellen Lebens ge no mm en ward. Leto, sagte man in diesem Sinne, bringt Vergessenheit aller Uebel, die die Seele belasten, in so fern sie ihnen das Bewusstseyn nimmt von den stiirmischen Wogen dieses leibli- chen Daseyns, die die Seele nicht zur Ruhe kommen lassen. In diesem Sinne wird Leto dem gemeinen Gedachtniss (ttJ ftvq/tfj) entgegengesetzt. Dieses liaftet an sinnlichen Dingen. Hingegen die Mnemosyne erweckt das Angedenkeu an das Ideelle. Keel wqniQ r\ MvtjpoovvT} r^v (ivtipyv iwv vorpuw aveyeigtt , ovxwq v.vX r\ Arjxai %r\v Xrj&tjv d(OQHzat> tojv ivvkujv (JProclus in Platonis Cratyl. p. Ill ed. Boisson. mit Anfiihrung des Plo- tinus). [Wenn. Preller in seiner Schrift Demeter und Persephone S. 212. mich zurechtweisen wollte , dass ich die Legende vom Prosymnos nicht richtig aufgefasst habe, und mir dabei etwas andichtet, was zu sagen mir im Traume nicht eingefallen, selbst aber zur oberflachlichen Bezie- hung auf die Muse Polyhymnia seine Zuflucht nimmt , so ware es mir langweilig, hier nochmals davon zu reden, nachdem ich in einer Recen- sion seines Buchs (in den Miinchn. Gel. Anz. 1838 , Nr. 13, S. 110 f.) seine Irrthumer g gezeigt habe.] 1) Iliad. IX. 457. Zvuq zt nccTax&onoq y.al lnu.ivi\ IJegoecpoveia. Vergl. Pausan. II. 24. 5. 2) Und wie auch Wolf und Voss die Stelle genommen haben. Heyne (Observv. ad 1. 1. p. 77.) weiss auch, dass Hades und Juno in demselben Kampfe gegen Hercules verwundet worden , hat aber nicht auf den Grund des Mythus durchgeschaut. Sonst hatte er nicht so geschwankt , und am Ende gar die Vermuthung wahrscheinlich gefunden, dass diese Stelle erst Creuzer's deutsche Schriften. III. 2. |A • 242 dahin gestellt bleiben — genug, sie bekampft dort den Her- cules als Bundesgenossin des Hades -Pluto. Wir braueken nach allem Vorhergegangenen nicht viel Worte zu machen. Es ist eben Hercules im Kampfe mit Busiris, Hercules, der zum Lichte ringet, und gegen den die Machte des finsteren Schattenreiches sich verschworen. Wann die Tage kurzer werden, und die Erde mehr und mehr in das Reich der Schat- ten fallt, dann ist Juno -Terra dein finsteren Brautigain zuge- than} dann ward in Aegyptenland das Rind der Isis mit einem schwarzen Schleier behangt. So wird auch Juno -Isis oder Io in Griechenland (Jen Augen eutzogen , und muss sich im Verborgenen dem unterirdischen Juppiter vermahlen Isis ist jetzt zur Athor geworden 5 und wenn , wie wir wissen, Juno bei den Babyloniern Ada hiess, so steht die Vermuthung frei, obschon ich sie dahin gestellt seyn lasse, dass mit die- sem Namen etwas Aehnliches gemeint seyn konnte. aus spateren Herakleen der Iliade angeflickt sey. Nein, das sind Nach- klange aus alten Liedern , die noch von einem dreifachen Juppiter wuss- ten und auch von einer unterirdischen Juno, von einer JuDo-Prosymna. 1) Die Aegyptische Grundlage dieser alten Kalenderfeste ist oben im Capitel von Aegyptens Religion nachgewiesen. 243 §• IS. Wendet sich aber Juno dem finsteren Hades freundlich zu, so wendet sie sich eben desswegen ab von dem Juppiter des Hinimels. Auch von diesem Zwiespalt haben wir eine sprechende Sage ubrig 4 ): Juno konnte sich mit Juppiter nicht vertragen, und hielt sich vor ihm verborgen. In rathlosem Zustande irret dieser herum, und trifft tinen gewissen Alal- koraenes. Dieser giebt ihm den Iistigen Anschlag, die Juno dadurch zu tauschen , dass er Miene mache, als wolle er eine Andere heirathen. Juppiter haut mit des Rathgebers Hulfe eine grosse Eiche, schnitzt sie menschenahnlich , schmuckt 1) Plutarch, ap. Euseb. III. p. 83 sqq. und in Fragmm. p. 759 sqq. Wyttenb. , der diesen Mythus einfaltiger itvti&^onQov) als die vorherigen findet. Das Folgende wird gleich zeigen, dass die Scene in Bootien ist. Homer. Iliad. IV. 8. stellt die Alalcomenische Atbene mit der Argivischen Here zusammen; und zu Plataa in Bootien, wo Juno einen grossen und sehenswiirdigen Tempel hatte, hiess diese Gottin wieder %eUta (Pausan. IX. 2. 5.), also die vollendete und geweihete Ebefrau. [Ueber die gros- sen und die kleinen Dadalen-Feste kann ich jetzt auf K. 0. Miiller's Orcbom. S. 221 ff. vervveisen. Derselbe hat in den Denkm. d. a. K. Tab. XXX. nr. 134, nach Landon eine Munze mit dem Haupte der Plataischen Hera abbilden lassen. Man vergl. jetzt audi Fried. Munscher De rebus Plataeeusium, Hanau 1841, p. 40 sqq. und iiber die Bootischen Gottheiten und Culte iiberhaupt diesen Letzteren a. a. O. und Kopp Historia foede- ris Boeotici p. 20 sqq.j ingleicben Klutz De foedere Boeotico VI. 3. p. 91 sqq.l 16* 244 sie brautlich aus, und nennt sie Daedale (/feuddkqv"). Schon singt man den Hymenaus, schon bringen die Tritonidischen Nymphen das Wasser zura Brautbade, und schon rustel Boo- tia Floten und festliches Mahl. Da kann sich Juno nicht lan- der halten, sie eilt vom Citharon unter einem Zulauf von vielen Plataischen Frauen zum Juppiter bin. Der Betrug wird sogleich entdeckt. Zorn und Eifersucht verwandeln sich in Scherz und Freude$ Juno selbst geht als Brautfuhrerin vor dem Trugbilde her, stiftet zura Andenken das Fest Dadala (jdaidaXa), verbrennt jedoch aus einem Ueberreste von Ei- fersucht selbst das todte Bild. — Hier slellt uns der Referent, dem wir diesen Volksmythus verdanken, selbst auf den rich- tigen Standpunkt. Er bemerkt zuvbrderst, dass der Ehezwist, der die Juno vom Juppiter trennt , nichts anders als eine Sto- rung und Zerruttung der elementarischen Verhaltnisse sey, so wie die Aussohnung die Wiederherstellung der elementa- rischen Ordnung. Dann aber macht er uns acht mythologisch auf Bootiens Naturrevolutionen aufmerksam. Dieses Land sey in der Vorzeit grossen Theils vom Wasser bedeckt gewesen; endlich beim Ablauf der Fluthen hatten die hohen Eichen zuerst ihre Wipfel erhoben , und dieser Baum habe den Men- schen zuerst durch seine Fruchte und durch Honig zur Ver- ehrung angeregt. So weit Plutarchus. — - Und in Wahrheit, dieser rohe und volksmas^ig-freie My thus — er fragt die Spuren einer alten Pelasgerzeit , als die Fiussbette des mitt- leren Griechenlands noch nicht geregelt waren, als die Ab- leitungswerlfe am See Copais die grossen Wassermassen noch nicht gebandigt hatten. Damals konnte der himmlische Zeus seine Erdbraut vergeblich suchen. Sie war unter den Was- sern verborgen, und der Name 'Pslcjvt] spielt an auf ihr altes Wasserhaus *). — Da muss er die von der Berge Gipfel 1) So hatte Euphorion sie genau»t, Etymolog. m. p. 703. p. 637 Lips. [— eigentlich Tochter der Rhea, 'Peiaq , s. Meineke ad Euphor. p. 173, welcher Winckelmann's (Gesch. der K. V. 30.) Erklarung dieses — 245 — # hervorragende Eiche einstweilen und zum Nothbehelf als Erde nehmen, bis diese selber wieder ailmahlig sichtbar wird, und in neuer Liebe sich mit ihrem Gemahl, dem Himmel, verei- nigt. — Wenn wir nun von den Aegyptischen Pamylien lesen, an denen man das Mannliche des Osiris in holzernen Bildern einhertrug, weil Isis, wahrend er in den Wassern begraben lag, dieses heilige Abzeichen eingesetzt hatte *) — werden wir dann missverstehen konnen. was von dem Bootischen Bilderfeste Q/laldaka) beigefugt wird? Es waren Kalender- feste, die an die alten Perioden der Fluth erinnerten. Here- Rheione war verborgen. Alte Lieder gaben die Kunde von dieser Bootischen Juno-FJuonia. Es waren Trauerlieder, aber auch zugleich freie Hymenaen. — Unter Scherz und Lachen (ju£ra %a.Qa<; v.al yekwzog) umarmt die wiedergefun- dene Gottin den himmlischen Juppiter wieder 2 ). Was beim Osiris Tod heisst, heisst bei der Proserpina und June Ver- schwinden, Entweichen , sich Verbergen. Aber auch Todesgedanken waren mit dem Begriffe von der Juno verbunden. Ich rausste schon einigemal diesen Punkt beruhren. Jetzt soli uns dieselbe Ideenreihe zu der Argivischen Here zuruckfiihren , von der wir ausgegangen waren. Aus ihrem Tempel zu Argos ferachten einst die Grie- chen das Gottesurtheil zuriick, wie es dem Menschen besser Namens mit Recht wunderlich nennt. — ] Auch bei Nicetas und Andern koinnit dies Epitheton vor; s. Meletemm. I. p. 30 sq. An die Fluonia der Romer haben wir schon verschiedentlich erinnert. Der physischen Revolutiouen vom alten Bootien und der Emissarien am See Copai's habe ich bereits oben gedacht. Jetzt bitte ich meine Leser, Hitters Vorhatle p. 398 ff. zu vergleichen. [und besonders K. O. Miiller's Orchoin. 2. S! 51 If.] 1) S. oben Th. II. p. 22 If. 3ter Ausg. 2) Wenn wir lesen, dass die Priesterinnen der Argivischen Here nicht blos 'HqeaCSeq, sondern auch t&aWeq genannt wurden (s. Th. I. p. 183. not. 325. 2ter Ausg.), so scheint dies auf eine Vermutliung von Phallagogien zu fiihren. • sey zu sterben als zu leben. Einst war die Stunde des Junonischen Festes erschienen, aber die Kuhe fehlten, die den Wagen der Priesterin Ziehen sollten. Da zogen ihn deren beide Sonne Kleobis und Biton — und die Belohnung der Juno fur diese Kindesliebe war ein sanfter Tod beider nach dem Festmahle am selbigen Tage. Zura ewigen An- denken wurden die Bilder der beiden Briider nach Delphi gestiftet *). Zu Argos waren sie mit der tebennus Qurifiev- poq) oder mit langen Feierkleidern angethan, dergleichen die Konige im Alterthume zu tragen pflegten 2 ). Wir wissen ja, wie sehr das konigliche Argos agyptisirte. Wir haben daher an die alte Priesterwurde zu denken , die mit den Konigen so Vieles gemein hatte (s. oben Th. II. p. 57 3. Ausg.), und mussen also bei solchen Namen an die langen Priesterrocke auf den Aegyptischen Sculpturen denken (s. z. B. unsere Tafel XVII. 2ter Ausg.). 1) Herodot. I. 31. Auch zu Argos sah man dergleichen; Pausan. II. 20. [Diese Sage (6 koyoq ne§l %y\q "Aqydaq hqduq) war beruhmt, ein locus communis der Philosophen (Cic. Tusc. I. 47 sq. vergl. Fried. Kay- ser ad Crantor. p. 47 sq.) ein Gegenstand der Dichter und der Kiinstler. Cs. Bottiger's Kunst-Mythol. II. S. 282, Jacobs ad Anthol. gr. Tom. Xlir. p. 620. und p. 637 f. und Baoul-Rochette Peinture chez 1. Grecs p. 142 sq. und p. 162.)] 2) Pollux VII. 61. mit Heringa's Verbesserung, Observv. cap. 3. p. 29 sq. ttjv dh ovofia^ofiivriv xr\^EWov xaq filv twv ntql Bhowu xal Kliopiv tiy.oruq iv "Aqyzi yoqCiv v genannt, von ihrem schbnen Gewande *}. — Also drei weit von einander entfernte Zeitabschnitte sah hier der Beschauer in Bildern vor Augen. In dem letzten war Here nun erst in einem andern Verstande voHendet (rekeia) ge- worden, d. h. sie war nun vollendet im Homerischen Geiste, wie der Olympische Juppiter des Phidias, neben dem Juno auch zu Olympia einen Tempel hatte, und dazu noch einen Altar Polyklet hatte ihr nun , als der Olympierin 5 einen Kranz gegeben, woruber die Horen und die Chariten schweb- ten, und zur Seite hatte Naucydes die Hebe gestellt, oder die Gottin der schon gereiften Jugend. Aber auf Juno's Scepter in ihrer einen Hand sass noch immer der mystische Kukuk, und die andere hielt den noch mysterioseren Granat- apfel 3 ). Davon haben einige Alterthumsforscher ausfiihiiich gehandelt 4 ). Doch kann ich einem darin nicht beistimmen, dass er bios ein Liebespfand bedeuten soil, weil die Aepfel uberhaupt erotische Gaben bezeichen. Dieses verbietet mei- nes Erachtens schon die Stelle des Pausanias, sodann aber der Gebrauch des Granatzweigs bei mysteribsen Opfern, wo vom Apfel gar nicht die Rede ist s }. Wenn wir lesen, dass 1) Pausan. a. a. 0. Strabo VIII. p. 517 B. und dazu jetzt die ins Einzelne gehende technische Beschreibung bei Quatremere le Jupiter Olympien p. 326 sq. mit der colorirten Kupfgrtafel XX. [vergl. K. O. Miil- ler Handb. der Archaol. S. 500 ff.] 2) Pausan. V. 14. 6. p. 63 Fac. Auch die Argivische Juno wird von einem alfcen Dichter Olympische Konigin COXv/umciq paolltia) genanut (Phoronides Auctor ap. Clement. Alex. Strom. I. p. 418 Potter.). 3) Pausan. II. 17. 5. nennt den Mythus von ihm einen noch verbor- generen iunoqoyixoTeqov^. 4) Bottiger in den Andeutungen p. 124 5 in der Kunstmythologie der Juno p. 98. Kunst-Mythol. II. S. 249 f. Welcker in der Zeitschrift fur alte Kunst I. p. 10 — 12. 5) Festus in voce inarculum (so nennt er es) und Servius ad Vir- gil. Aeneid. IV. 137: Arculum vero est virga ex nialo Punico incurvata, quae lit quasi corona, et ima summaque inter se alligatur vinculo laneo im Dienste der Rhea ein gewisses Gefass cernus (xegvog) besondere Bedeutung hatte, dass es allerlei Samereien ent- t hielt , wovon gewisse Personen etwas genossen •) , so ist es wohl zu vermuthen» erlaubt, dass der Granatapfel, als ein naturliches Saamenbehaltniss , mit besonderen Vorsteliungen von der Farbe, Gestalt und von den Eigenschaften dieser Frucht verbunden, den Gottinnen eignete, in deren Schoosse so viel physisches Leben und so viele Saamen der Pflanzun- gen und Geschlechter verborgen lagen. Denn nicht verge- bens wird Juno als 'Pskov?] (Fluonia) bezeichnet. Sie hat albo, quam in sacrificiis certis regina (d. i. die Gemahlin des Rex sacri- ficulus) in capite habebat. Flaminica autem Dialis omni sacrificatione uti debebat. Das Vorhergehende wird schon belehren, dass Thiersch (iiber die Epochen der bildenden Kunst p. 8. p. 31 2ter Ausg.) so Unrecht nicht hat'te, wenn er den Granatapfel der Proserpina dabei in Erinneruog brachte. Auch die xpc&Xtq, welche einen Bogen bildete, war der Juno heilig. Es war dabei vielleicht eben so an die bogenformige Gestalt gedacht, als an die Scheere (s. oben und vergl. Schneider im Worterb. unter tpaklq). [Vergl. du Cange in yctUdeq. Jo. Laur. Lydus de menss. III. 33. p. 128 Bother beschreibt ycdtq als ein Gebaude von halbcylindri- scher Form.] 1) Athenaus XI. p. 477. p. 265. Schweigh. vergl. meioen Dionysus pag. 223. seq. [Dass der Granatapfel der Juno vorziiglich eignete, bezeugen die Worte des Philostratus, V. A. IV. 28. pi 168. Olear.: ^ qou Sk fiovri (pvvov Cyvzojv verbessert uach Codd. unser Professor L. Kayser.) tJ a Hqa (pveTcti, vergl. E. Spanh. de U. et Pr. Numm. I. p. 318 sqq. Des Granatbaumes Bliithe (balaustium) wurde von den Alten mit den Son- nenstrahlen verglichen, und der Sonne geheiligt, s. E. Q. Visconti Mus. Pio- Clement. V. 3. p. 25. ed. de Milan. Die Granatblume erscheint aber auch ihrer Form nach auf Grabes - Denkmalen , und mehrere soldier Ge- staltungen wurden als Eiufassung eines Baums aneinander gereihet. Da- her balustre und balustrade. (S. Baoul-Bochette Monumm. ined. zu dem Vasenbild pi. XXX. p. 153.) — Bei solcher Mannigfaltigkeit der Bezie- hungen dieses Symbol's hat K. O. Miiller im Handb. d. A. d. K. S. 500. unten sich begmigt, von der Juno des Polyklet zu sagen, sie habe die Frucht des Granatbaums in der Hand gehabt, als Andeutung der grossen Naturgottheit. am meisten von der Rhea an sich Mit andern Worten \ sie ist im neuen Gottersystem der Olympier, was Rhea im alten war. Sie ist eben auch das Unstdte und Fliessende. Fassen wir nun diese unbestimmten Predicate in ihren verschiedenen Moinenten auf, so werden wir zum Schlusse dieser Betrachtung , so weit es in schlichter Prosa geschehen kann, zu sagen im Stande seyn, was denn Juno im Religions- systeme der alten Volher ihrem Wesen nach eigentlich war. Wir horten oben: Juno sey die Luft zwischen Erde, Meer und Himmel 2 ). Vom Juppiter wird sie an des Himmels Gipfel schwebend aufgehangt, und der teliurische Vulcan halt sie unten in seinem Fesselstuhle gefangen. Sie buhlt mit dem Erdensohne, dem Titanen, und ein Erdensohn beredet sie doch wieder, sich dem Herrscher im Himmel zu ergeben. Sie prangt nun an seiner Seite im Sternenglanz, und gefallt sich, durch ihre Pracht und Hoheit aller Augen auf sich zu Ziehen, und dennoch sucht sie oft die Einode, und weicht von ihrem Gatten; sie ist nicht selten widerspenstig, erkennt aber doch auch wieder seine Herrschaft an , und ist am Ende doch und heisst auch die Gute 3 ). Sie scheint ihm gegenuber keinen 1) Mit der Rhea wird Juno audi in der Pjthagoreisch-symbolischen Geometrie zusammengestellt. Denn beiden Gottinnen, und ausserdem der Venus, Ceres und Vesta, eigneten sie die Figur des Vierecks QttxQa- fwvov) 7,u (Eudoxus beim Plutarch, de Isid. et Osir. p. 363. p. 487 sq. Wyttenb.). 2) So giebt auch Augustinus de Civit. Dei IV. 10. auf die Frage, war urn Juppiter und Juno verbunden seyen, die Antwort der Heiden an: ,,Quia Jovem (inquiunt) in aethere accipimus, in aere Junonem." 3) Bona Juno Virgil. Aeneid. I. 734. Ich weiss zwar wohl, dass sie eigentlich so hiess , weil sie zu den alten Penaten oder den guten Gbttern gehorte. Man lese nur was Servius zu dieser Stelle sagt: „Aut sicut supra dictum est, xQWrf t ^ uod est bona, quam inter penates Tro- jani habuisse dicuntur." Vorher hatte er der Juno inferno, gedacht. Man vergl. auch daselbst zu vs. 15 sqq. Allein Juno, als Vorbild der Ehe- frauen, ward auch in diesem Sinne als die Gute bezeichnet. Plutarchus (Fragmm. IX. 2. p. 755 sq. Wyttenb.) redet von der Feindschaft der ^ 254 • eigenen Willen zu haben , und dennoch schweift sie wieder in blindem Eigendunkel uber alle Granzen hinaus. Ihr Sinn ist klar, sie verbreitet Licht (Lucina), und dennoch eniziehet sie sich wieder dem Lichte des Juppiter , wandelt als rasende Mondskuh lo ihre ungemessene Bahn, und wird ganz und gar zur finsteren Brimo-Proserpina , bis sie wieder umkehrct. und zur wurdevollen und geordneten Juno sich verklaret. Sie ist die grosse allgemeine Seele, so lange der grosse Gcist der Welt (Juppiter) sie leitet. Sie weicht von ihm, und so- fort schweifet das seelenhafte Leben ohne Bahn und Maass — aber auch er, der Geist, fuhlt alsdann sich verodet, und muss die Seele suchen. Nur in ihrer Eintracht bluhet das voile Leben. — So ist also diese Gottin nichts anders als eine Personification der Natur, aufgefasst in dem bestandigen Wen- depunkte von Chaos und Kosmos (Unordnung und Wohiord- nung). Das ist die Geschichte ihrer Ehe mit Juppiter. Es ist keine andere 9 als die wir oben aus dem isgog Xoyoq vom Colus und von der Dia, vom Mercurius und Proserpina, zu entwickeln versucht haben J ). Das Ehegesetz, dessen Aner- kennung oder Verwerfung hier in leiblichen Handlungen hie- roglyphisch erscheint — dieses Gesetz ist ein kosmisches und ein biirgerliches zugleich. Es ist das Gesetz der Welt und des Hauses. Der weibliche Theil soil es hinnehmen, ob es von ihm erkannt ist oder nicht. Jm letzteren Fall erscheint Here und des Dionysus, bemerkt dabei, dass die Priesteriunen zu Athen sich gegenseitig erinnern, keinen Epheu , die Bacchische Pflanze, in den Tempel der Here mitzubringen , und wendet dies als Audeutung der Niichternbeit, als der nothwendigen JBedingung des Ehegliicks und Ehe- segens. Daran kniipft er die Nachricht, dass diejenigen, welche der Juno opfern, ihr niemals die Galle der* Opferthiere mit darbringen, sondern sie neben den Altar begraben, weil das elieliche Leben zwischen Mann und Weib rein bleiben solle von Leidenschaft und Bitterkeit Cw? S?'ov u&v/liov viui u%oXov y.al xu&UQevovoav ogyrjq xui rtiy.Qiaq anaorjq xf)v yvvaixoq y.al uvdQoq eh'iu ou(i(3t(OOi sie von der Geldnoth, die sie in dem Tarentinischen Kriege von den Romern abgewendet, den Na- men Moneta erhalten, und dass seitdem die Miinzen in ihrem Tempel gepragt worden CSuidas in Movrjza Vol. II. p. 572 Kuster. vergl. Span- hem, de usu et praest. numm. Vol. I. p. 290? ist, wie Jeder sieht, eine spiitere Sage. Sie erscheint aber darin in ihrer koniglichen und politi- schen Bedeutung, wie fiiilier schon, als ihr Bild den Willen erklarte, » die Gottin wolle Veji verlassen, und den Romern folgen (Livius v. 22. und cap. 31. und Dionys. Hal. Excerptt. et Fragmm. XIII. 3. p. 26 sq. ed. Mediolan.). [Hier noch ein Blick auf Italische besonders Etruskische Junonen. Aus Strabo wissen wir, dass Juno bei den Etruskern Cupra QKvjzqcO genannt wurde (Strabo V. p. 24l. p. 183 Tzsch.), unter welchem Namen sie in einer Tuscischen Colonie im Picentischen einen Tempel hatte (K. 0. Miiller Etrusker II. S. 47.). Was der Name sagen wollte, ist noch nicht auszumitteln gewesen (Bottiger Kunst-Mythol. II. 248.). Denn wenn Hartung (Relig. der Rc'imer II. S. 73.) ihn vom Sabinischen Cyprus (ciprus, j, e. bonus, Varro de L. L. IV. p. 159 ed. Spengel) ab- leiten will, so dass auch dorten Juno die Gute geheissen habe, so haben die Etrusker ihrer grossen Gottin gewiss nicht einen Sabinischen Namen gegeben. Wenn andrerseits der auf dem Cospianischen Spiegel und anderwarts vorkommende Name Thalna der Etruskischen Juno anzuge- horen scheint, so mochte sie diesen letztern als Juno-Lucina oder als Ilithyia gefiihrt haben Clnghirami Monumm. Etruschi Tom. II. 1. p. 210 sq.)^ — Bei deh Etruskern wurde Juno (Jovino) in Perusia , in Veji und tes und Boses bringen — das AJIes ist Junonisch in ihnen begriffen. ia Falerii verehrt. In VejL hatte sie den Beinamen Konigin, in Falerii den Beftiaftnen Curitis oder Quiritis. Der Juno -Cult der Falisker war dem Hera-Dieust in Argos sehr ahnlich, wahrscheinlich daher entlehnt, und ward von dem Ursprung der. Falisker aus Argos hergeleitet (s. K. O Muller Etrusk. II. S. 46 ff. und S. 274. und vergl. Raoul-Rochetfce Monumns. ined. p. 143 5 welcher letztere noch eine weitere Ableitung dieses Cultus aus Klein -Asien versucht hat.]. S. hierzu Nachtrag III, oder zur Mythologie der Hera - Juno. » Creuzer's deutsche Schrifteu. III. 2. 17 258 * t *§ ■ mW^i §. 14. Poseidon-Neptunus. Ueber den Naraen des Poseidon Qlloaaiddjv , Ilooeiddp, Neptunus) hat man mehrere vergebliche Etymologien der Giiechen, die ich hier ubergehe 4 ). Denn es ist derselbe vermuthlich Punischen Ursprungs, und bedeutet den Breiten, Atisgedehnten 2 ). Auch die Gottheit selbst ist Punischen Ur- 1) S. Etymolog. magn. p. 684. vergl. rait dem Etymolog. Gudianum p. 476. 40 sqq. $ 2) So Bochart; vergl. Lennep. Etymol. L. Gr. p. 602. Mtinter (die Religion der Cartbager p. 63. p. 90. 2ter Ausg.) verwirft zwar Bocharts Erklarung durch die Behauptung, dass Libysche und Punische Sprache verschieden , und Poseidon keine Phonicische oder Carthagische, sondern eine Libysche Gottheit sey. Schelling hingegen (iiber die Gottheiten von Samothr. p. 91.) hat die Bochartsche Erklarung wieder angenommen, zumal da sie mit alien iibrigen Attributed uud Beinamen dieses Gottes, insbesondere wo er der Unfeste, der Erderschiitterer heisst, in Einklang ist. [Auch Volcker (Mythol. des Japet. Geschl. p. 134 ff.) verwarf da- gegen die Ableitung aus dem Phonicischen, und suchte die Namens-Wur- zel im Altgriechischen now, wo von noroq, nooiq, noxafioq, novxoq , mit dem Grundbegriffe des Wassers iiberhaupt; und dies ist allerdings ur- spriinglich die allgemeine Bedeutung des Poseidon. — Sehr gut sagt K. 0. Miiller Prolegg. S. 289 f. : „Hatten wir nicht im Epicharm und Sophron die einfachste Form vom Namen des Meergottes, namlich Iloxl- Saq (Gen. IloxlSa, Herodian n. (xov. U$. p. 10 Dindorf. , Dorier II. S. 520.) : so konnte kaum folgende, ich glaube evidente, Ableitung des Worts aufgestellt werden (vergl. Schwenck Etym. And. S. 186.) : Stamm sprungs. Nach Herodotus verehrten die Libyer zuerst den Poseidon (II. 50. IV. 188.), und von dort her haben ihn die Griechen, welche ihn sodann in ihr ' Oretensisches Gotter- system eingefuhrt. Nun ward er de*s Zeus Bruder und selbst Meerzeus, nekayatog l ); daher mit Bezug auf die Farbe des Meeres der Dunkeie, Schwarzliche , 6 Mekav9o$, genannt 2 }. Er ist IlovT07too£idajv, d. h. er hat die Herrsehaft uber das innere Meer, uber den Pontus. Dort wallet er fur eh t bar ge- bieterisch und tosend, als Mvxijrqg 3 J. Doch sanftigi er sich nOT02 y Flussigkeit , in novroq, norufioq , verwandt mit nou. UoxtSaq, in patronymischer Form, auch Iloxddaq, ionisch /7oai(% (wovon ein Tempel des Gottes IloaelStov , der Monat Ilooidrjojv , Attisch IZoa&feav) und durch Verlangerung noxnduwv, Ilontdav, Jloastdewv, Ilooudav." — Obschon nun hierbei von einer Dorischen Namensform ausgegangen ist, so war doch (nach demselben, s. Dorier I. S. 403.) Poseidon ursprunglich kein Gott der Dorier, sondern mehr der lonier als der Ariwohner des Meeres. ~ Ueber diese Gottheit iiberliaupt verweise ich jetzt auf Bottiger's Ideen zur Kunst-Mythologie des Neptunus, S. 322 ff. , und auf Neptune. Re- cherches snr ce dieu, sur son culte etc. par Emeric-David. Paris 1839.] 1) Ueber dieses, so wie iiber andere verwandte Predicate des Po- seidon, ist Pausanias VII. 2l. §. 3. Hauptstelle. 2) S. Eustathius zur Odyss. XVII. 212. p. 62G. 42 Basil. LDaher ihm auch schwarze Stiere geopfert wurden. Philostr. Imag. II. 16, mit Jacobs, p. .483.] 3) S. Cornutus de N. D. p. 193. Eudoc. p. 341. Aus diesem Briil- len und Tosen der* Wogen, das dem des Stiers gleicht, wollte man auch den andern Beinamen des Poseidon, tavgeioq (statt dessen bisweilen auch gerade xuvgoq, der Stier, stent, s. Hesych. II. p. 1353.) erklaren, wiewohl Andere bald an die Gestalt der Wogen, oder an das dem Nep- tun gewohnliche Opfer von Stieren dachten; s. Hesiod. Scut. 104. und Iliad. XXI. 237. nebst den Scholien (Meletemm. I. p. 32.). — Nicht min- der zahlreiche und verschiedene Auslegungen giebt man dem Namen Alyalwv, unter welchem Poseidon ofters vorkommt. Da dachte man bald an die Stadt Aega im Achaierlande, xsrj) er verehrt vvurde (s. Hey- ne's Observv. zu Iliad. VIII. 203. Pausan. VII. 25. 7'.>$ oder an Aega auf Euboa (s. Strabo VIII. p. 386. vergl. mit Heyne's Observv. zu Iliad, XIII. 21.), oder »n die Wogen, welche wie die Ziegeu {Sfoyv aiyoq~) 17* auch, und halt die Erde zusararaen (Ta/7;o#os) und stellt sie fest und sicher, als 'Aacpakiog A ). Er erschiittert sie aber auch durch Erdbeben, er ist Erderschiitterer, 'Evvoaiyatoq^ 'Evooix^oiv, 2eiol%Sa)v und KivrjOix&iov 2 ). Er trotzt wohl selbst demZeus, doch erkennt er ofters seine Obermacht an: emporspringen ; oder man leitete es endlich ab von ulyulov, das so viel als nO.ayoq, Meer, bedeute; s. Tzetzes zu Lycophr. 135. Wie Pherecy- des ihn genommen, lasst sich nicht mit Sicherlieit bestimmenj s. Schol. Apollon. Rhod. I. 831. und Sturz zu des Pherecydes Fragmm. p. 215. (Meletemm. I. p. 320. [_Mit Alyai liaben Schwenok a. a. 0. S. 179., und Volcker a. a. O. S. 69. noch andere Worter zusammengesftellt von ver- wandten Bedeutungen, wie o)yr}v, owtavoq, 'Ayqvwg , fiyvyr\q u. s. w.j. 1) Ueber y oder wie Pindar. Isthm. IV. 32. sagt: 6 y.ivt]xriq yaq, und Sophocles (Trachin. 503. nebst den Scholien): tivuxtcjq yutaq. Vergl. noch Spanheim zu Callimach. Hymn, in Del. 30. Herodot. VII. 129. mit VVesseling's Bemerkungen. [— Ueber diese Stelle und iiber die Identitat des Poseidon mit Zeus Pelorios (/7«- Xv>qioq~) ist jetzt nachtraglich im Abschnitt vom Zeus gesprschen worden.] ■ — Kurz und klar sageu die^ Scholien zu Odyss. I. 74. vergl. mit III. 6: v'Evootz&utv , 6 xr\v y-t\v vtivwv* ¥vootq yug r\ x£vt]Obq. u Proclus spricht in einer Stelle, welche ich in den Meletemm. mitgetheilt, aus dem Cornmentar zu Plato's Cratylus, p. 90 Boisson., dieses Verhaltniss des I ^ '261 ^ „UnnuithsvoIl nun begann der Erderschutternde Herr- scher : Traun, das heisst, wie machtig er sey, hochmiithig ge- redet : Mir, der an Wurd' ihm gleicht, mit Gewalt den Willen , zu hemraen. Denn wir sind drei Bruder, die Kronos zeugte mit Rheia. « und dann: Mjmmer folg' ich demnach Zeus Ordnungen: sondern geruhig Bleib' er* wie stark er auch ist, in seinem bescheidenen Drittheil. Nicht mit den Armen furwahr , wie den Zagenden , schrecke mich Jener" 1 ). Sein Zorn ist Seefahrern oft furchtbar , wie dem Odysseus , seine Rache nicht minder schrecklich , wie die , welche er am treulosen Laomedon nimmt, und dergl. mehr. Er ist in dieser Hinsicht ein wilder, furchtbarer Damon, und seine Sohne sind wild und vermessen, wie er 2 ). Meerdurchbruche und Poseidon folgendermassen aus: „Der mittlere unter den drei Gottern, Poseidon, nimmt man an, ist fiir Alles, selbst fur das Uobewegliche (ojq kuI avToiq toI? wxtv^xot?) , Ursache der Bewegung. Als Urheber der Be- \regung heisst er 'Ewoo tyaioq , und ihm ist uoter denen, welche urn das Kronische Reich gelooset , das mittlere Loos und zwar das leicht bewegliche Meer zugefalleu" (6 (.itaos xkrjqot; xul r\ evxCv^jo? &uXaooa avroy 1) Iliad. XV. 185 ff. nach Voss; s. ebendaselbst VIII. 440. XIII, 355 ff. [Zu dem Nachstfolgenden bemerkt Guigniaut, dass Poseidon in den Kretischen und Attischen Mythen auch als Rachegott vorkomme, im Verhaltniss zum Minos, Erechtheus und Hippolytus, Pausan. I. 27. u. 22. Apollod. III. 15. 5. Ovid. Metam. XV. 477 sqq.] 2) Ueber den Begriff del* Wildheit, welchen die Alten haufig mit dem Begriff: Meer, Poseidon, so wie mit den Sohnen desselben, den Sohnen der Fluth, verbanden, s. ausser dem schon Th. III. p. 40. 3ter 262 andere physische Revolutionen an den Kusten Griechenlands wnd im Archipelagic mochten wohl die historische Grundlage zu diesen dichterischen Bildern des Poseidon gegeben haben. Eben dahin gehort auch sein Beiname &vrdXpio<;, der das Meerwasser, wodurch er vorher Saaten und der Gewachse Wurzeln verdorben, von der Erde zuruckzieht Qovxsn akpyv dvrjy^v eig rijv yr]v), der also das Gedeihen der Fruchte be- fordert. Zwar wussten Andere* auch ganz alJgemein von einem Hoaeidcav (poirdlpiog, d. i. der in der Salzfluth 5 im Meere Hausende iv akfjirj (poizinv) *). Ausg. Bemerkten, Eustathius zur Odyss. IX. 187. p. 346 Basil, oben, ferner Da vies zu Cicero de N. D. I. 23. p. 102. und den dort angefiihr- ten Erklarer des Lycophron vs. 156: v %ovq frvpixovq aal avSqtlovq Uoaeidwvoq xakovoi Tratdaq." 1) Ueber diesen Poseidon QvTalfjuoq hatte ich schon in der ersten Ausgabe der Symbol. Th. IV; p. 87 f. Einiges bemerkt. Jetzt verbinde man damit das in den Meletemm. I. p. 33. Gesagte. — Ueber die letztere Erklarung vergl. man besonders Zonaras Lex. Gr. p. 827. Ueber die erstere Plutarch. Sympos. VIII. 8. p. 730. p. 1013 Wyttenb. und die Hauptstelle des Pausanias II. 32. 7. von dem Poseidon tPvTctlpioq, den die Argiver verehrten. [Wie denn der ganze Peloponnes dem Poseidon heilig war. Von Tanarus , wo ein beriihmter Neptunus-Tempel mit Asyl war, bis nach Troezeu, welche Stadt den Dreizack auf ihren Miinzen fiihrte, wesswegen Goltzius eirie eigne Miinze erfand (Eckhel D. N. II. 292.), war Alles voll von Neptunus- Capellen, Bildsaulen, Spielen." (Bottiger Kunst-Mythol. II. S. 326.) — Diese Miinze ist namlich wahr- scheinlich nach Pausanias gemacht, welcher (II. 3Ck 6.) erzahlt, dass zum Andenken des durch. Zeus ausgeglichenen Streites um das Trozeni- sche Land zwischen Poseidon und Athena die Trozenier den Pallaskopf mit dem Dreizack auf iliren Miinzen gepragt hatten. Dieser Streit fand unter des Althepos Regierung Statt. Dieser Althepos war ein Sohn des Poseidon und der Lei's, einer Tochter des Oros, und gab dem Lande den Namen Althepia. Wenn Pausanias den Namen Oros Aegyptisch findet, so muss bemerkt werden , dass auch Althepos ein Konig Aegyptens, und dieses Land ebenmassig von ihm Althepia genannt wird CCael. Rhodigin. V. L. XII. 9.). — Die Genealogie bei Pausanias fahrt fort: Dem Althe- pos folgte Saron, welcher der Saronischen Artemis an den Untiefen des Das Werkzeug seiner Gewalt, das Zeichen seiner Macht, so wie daher das Symbol der Seeherrschaft, ist die TQiaiva, t Meeres einen Tempel gebaut. Das waren die eigentlichen Oertlichkeitea fiir die Dianen - Tempel , welche Gdttin auch mit Poseidon gemeinsame Heiligthumer und selbst Attribute liatte (s. Fr. Streber in den Abhandll. der Miinchn. Akademie 1835, I, S. 139 ff.). — Merken wir nun auf die Namen, so spiegelfc sich darin die Naturgeschichte jenes Kiistenlandes. Denn jener Sagmv hat vom attgov, vom Sumpfrohr oder Seeschilf (Hesych. II. 1156. mit den Auslegern) seinen Namen. Beim "Ak&rpio% hat schon Guigniaut gut an den Zavg aXdr[fiioq erinnert, und bemerkt, dass, wie Poseidon die Personification des Wassers iiberhaupt, auch des Fluss- wassers war/ so auch, gleich dem Zeus Aldemios (Juppiter Almus) als Ernahrer der Pflanzen und Saute ti betrachtet wurde. Diese natiirlichen Dinge waren im Trozenischen Geschlechtsregister durch die Personen des Oros C&Qoq, der Sonne), des Poseidon und der Saronischen Arte- mis, d. i. des Wassers } des Althepos des Wachsthumgebers , Ernahrers, so wie der Athene, verkdrpert. — iViese Faden leiten uns von selbst zum Poseidon tPvTccJifiioq (dem Pflanzen ernahrer) ziiriick ; und wir sehen den Grund ein, warum des Poseidon's Sohn, derselbe Althepos, der Demeter ein Heiligthum bei Trozen gegriindet. Wir sehen auch ein, warum man jenen tpvraXfuoq mit dem Poseidon yewgyoq und ^Tia^wTfjs (denn diese drei Epitheta fiihrte dieser Gott) zusammenstellte , und von ihm sag^e, breite Gefilde des Festlandes gefallen ihm nicht weniger, als die Flachen des Meeres 5 warum man ihn als Ackermann darstellte, der jedoch, seiner eigentlichen Natur gemass, mit einem Schiffsvordertheil statt der Pflugschar den Erdboden durchschneidet (Philostrat. Imagg. II. 14. und II. 17. mit Jacobs und Welcker p. 476. 478. 490.). — Aus dem Allen geht endlich hervor, dass in diesen Mythen und Personificationen wechselnde Naturereignisse in agrarischer Beziehung versinnlicht waren, und dass der vieldeutige Beiname Phytalmios diesen Wechsel bedeutsarn bezeichnen sollte. — Ueben den Dreizack hat seitdem Bottiger eine Ab- handlung geliefert (Amalth. II. S. 302 IF.), und wenn Andere, wie Gai- gniaut bemerkt, dieses Attribut von der trisula des Indischen Gottes Mahadeva herleiten wollten, hat dieser Archaolog auf die Fischer- Werk- zeuge, wozu auch der Dreizack gehort, aufmerksam gemacht (vergl. meine Note zu Herodot. I. 62. p. 106. ed. Bahr) und wirklich erscheint auf Miinzen von Tarent die Triana als Thunhsch-Harpune (s. Raoul- Rochette Lettre a Luynes pi. 4. 37.).] tridens, fuscina, der Dreizack. Sein Attribut ist ferner das Pferd, woher er der Reisige , der Hitter, 6 ''Iwiriog und "Iit- ■jietog, heisst. Denn nach Attischen Mythen ist er auch Schdpfer des Pferdes. Es mochte aber wohl schwerlich die- ser Mythus bios daher zu erklaren seyn, dass Poseidon im Vaterlande der Rosse, auf den Kiisten der Bar barei, ursprung- lich verehrt ward , und dass die Phon icier mit dem Neptunus- dienste zugleich die Pferde aus Nordafrica in ihr Vaterland brachten, und Beides an die Griechischen Kiisten, besonders an die Peloponnesischen, Attischen und bis nach Thessalien hinauf eingefuhrt haben, in welchen Landern der Poseidons- dienst hauptsachlich bluhete. Bottiger (Andeut.. zur Kunst- mythol. des Neptunp. 155 f. p. 324 ff* 2ter Ausg.) hat ihn so erklart Oder miissen wir zugleich an die Pelasgische Re- 1) Ueber initios oder innetoq, wofiir auch lnny\yixr^q (unter welchem Namen ihn die Delier verehrten; s. Tzetz. zu Lycophron. 767.) vorkommt, und iiber die verschiedenen Erklarungen dieser so haufig vorkommenden Epitheta s. ausser dem im Texte schon Angefiihrten, Wesseling zu Diodor. V. 69. p. 386. Aristoph. Nub. 83. mit den Ausle- gern. Euripid. Phoeniss. 1701. Cornutus de N. D. p. 195. Eustath. zu Odyss. I. 174. (i . 43.) u. s. vv. (Meletemm. I. p. 32.) — Der Ansicht von Bdttiger iiber den Grund dieser Beinamen scheint auch Hiillman/i beizu- pflichten (de Consualibus scripsit C. D. Hiillmann, Bonn 1819. p. 4-)? wenn er namlich das Attribut des Pferdes daher leiten will, dass vor Alters iiber das Meer die Pferde in Griechenland, besonders in den Pe- loponnes, eingefuhrt worden, und wenn er eben darauf die verschiede- nen Namen des Neptun, deren ich oben erwahnt, beziehen will. [Sehr richtig bemerkt K. 0. Miiller im Handb. der Arch. d. K. S. 503. 2. Ausg. : „Poseidon war auch FIuss- und Quellengott, und eben desswegen das Ross, welches in ur alter Zeit bei den Griechen in enger Beziehung zu den Quellen stand, sein Symbol." Diese Beziehung erklart Aristoteles (Hist. Animall. VIII. 24. p. 394 Schneider vergl. Eustath. zu Iliad. VI. 608. p. 133 Lips.) mit den Worten : das Pferd ist ein Wasser liebendes iMiier, cplkvdqov t,wov 6 innoq. Rosse wurden auch mit den Wolken ver- glichen (Schoi. in Odyss. q>. 303. p. 537,Buttm.). Hiermit hangt der My- thus von den Centauren zusammen, die wir in Griechischen Bilderwerken manchmal den Dreizack des Poseidon tragen sehen (Spanh. de U. et Pr. ^ 265 ^ ligion der Cabiren denken, an die Rossgeburt der vom Posei- don geschwangerten Deinetcr^ an das dunkele Ross der tel- lurischen Krafte, und an dessen Gegensatz gegen das weisse Ross des solarischen Geschlechts? Die erste Meinung, dass Poseidon von der Bandigung der Pferde diesen Namen habe, tragt Pausanias ( Achaic. cap. 21. §. 3.) vor. Derselbe Schrift- steller theilt aber an andern SteJlen, wie wir gleich sehen werden, Mythen und symbolische Ziige mit, die uns eben veranlassen , , diesen historischen Sinn nicht fiir den einzigen oder aftesten zu halten. Man vergesse nicht , dass die Arca- dier auch noch von einer Tochter erzahlten , die aus* derselben Umarmung geboren worden. Es war ein isgog koyog, den man sehr zuruckhaltend beruhrtej selbst uber den Namen dieser Tochter Despona will Pausanias (Arcad. 37. §. 6. coll. 25. §. 5.) nichts Bestimmtes sagen. Auf jeden Fall gehoren diese Symbole und Mythen in den Cerealischen Geheimdienst i von Arcadien und Attica, wie denn die Athener namentlich die Erschaffung des Pferdes durch Poseidon sich zueigneten. Auch Pamphos, der uralte Dichter der Attischen Cereshymnen, hatte des Poseidon als des Gebers der Schiffe und Rosse gedacht (Pausan. Achaic. 21. §. 3.); ein Mythus, den nach- herige Dichter und Verfasser der Atthiden weiter ausbildeten (Virgil. Georg. I. 12. ibiq. Interprr.). Ohne die historischen Zuge von der Verpflanzung der Pferdezucht durch Seefahrer zu verwerfen , wird man hei einem naheren Blick auf diesen Arcadisch- Attischen Fabelkreis benrerken, dass das aus dem Meere geborne Ross ein Symbol alter Religion war , wodurch JNumni. I. p. 283.). — Ueber die Centauren habe ich in einem Berichfc uber Broendsted's Reisen in Griechenland p. 203 ff. ein Mehreres bemerkt. Hier fiige ich schliesslich noch bei: Beim Sophokles heisst es cOedip. Colon. 692 sqq. — 716 sqq.): Poseidon giebfc dem Lande Attika Ross- und See-Fahrt$ woselbst der Dichter diesem Gotte nur das Rosse -Bandigen oder Ziigeln der Pferde beilegt (vergl. Thudichum zu jenen Worten S. 285. f. vergl. Volcker Mythol. de Jap. Geschl. S. 154 f.).] 266 physische Erinnerungen festgehalten wurden. An tellurische Wirkungen erinnert auch die (teres Erinnys, wie bereits oben bemerkt wurde. Hiermit verbinde man nun die merkwurdige Erzahlung des Pausanias (Arcad. 42. §. 3.) von dem alten Schnitzbilde der Ceres zu Phigalia in Arcadien, Dieses hatte einen Pferdekopf mit der JMahne und mit Bildern von Sehlan- gen und ailerlei andern Thieren. Auf der einen Hand hielt es eine Taube, auf der andern einen Delphin. Der ubrige Leib war mit einem schwarzen Unterkleide bedeckt. Daher nannte man diese Ceres die schwarze. Es war ein Trauer- kleid, wie weiter erzahlt wird, und diese schwarze Ceres war die trauernde und die zornige Ceres, die uber Poseidon zurne'nde. Wer kann bei diesen Erzahlungen den Charakter alt-symbolischer -Sprache und Bildnerei verkennen, und zu- gleich die Aehnlichkeit mit den Aegyptisch - Attischen Mythen * von der trauernden Isis - Demeter l ) ? An der physicalischen Bedeutung dieser letzteren zweifelt aber Niemand. 1) [Ich habe diese Mythen im Abschnitte von den Cerealisclien Re- ligionen IV. 73 IF. 2ter Ausg. und in demselben Cultus-Kreise I. S. 168. 3ter Ausg. wieder beriihren miissen. Hier. sey vorerst bemerkt, dass seitdem Preller in seiner Schrift Demeter und Persephone S. 149 ff, diese Mythen nach seiner Weise besprochen hat. Vor ihm hatte Bottiger in der Kunst - Mythologie II. S. 323 f. zwei Sagen uoterschieden : Nach der einen hatte die von Poseidon geschwangerte Demeter das Ross Areion hervorgebracht, nach einer andern (welche, gelegentlich bemerkt, der Persischen von dem aus dem Fels gebornen Sohne des Mithras, Dior- phos, ahnlich lautet. S. das Mithreum von Neuenheim S. 14. uud 67.) war jenes Ross aus einem von Poseidon befruchteten Felsen entstanden $ woher der Gott nicht allein tnmoq, sondern auch mqaioq genannt wurde (Schol. Pind. Pyth. IV. 246. #). Dieses Ross sollte durch Schenkung erst an den Kopreus, dann an den Herakles und zuletzt an den Adrastos gekommen seyn, dem es neben einem andern Rosse Karos diente; wie *) Wie Poseidon petraeus denn auch ein ungeheures Felsenstiick ge- gen die Giganten Ephialtes und Polybotes schleudert, in einem Vasenbild bei J. De Witte Descript. d. Vases de l'Etrurie p. 76. 267 In die alten Pelasgischen Religionen gehorte auch das dem Neptunus eigene Thier, der Delphin. Ueber die physi- sche Geschichte dieses Wunderthiers , des Bildes ties Mittel- meers (s. oben II. p. 30. 3terAusg.), haben sich schon die Alten seit Aristoteles verbreitet (Schneider Eclog. Physic, p. 41.). Es ist der Tiimmler, der Delphinus delphis Linn., und nicht der Manatus *). Hier nur einige Bemerkungen daruber in Bezug auf Neptunus: Den Pelasgern namlich eig- net schon der Hoinerische funfte Hymnus, auf Bacchus, dieses Sinnbild zu. Dort verwandelt dieser Gott die Tyrrhener (ohne Zweifel TjTrhenische Pelasger) in Delphine. Das war denn der Delphin als Sternbild, nach Aglaosthenes in den Naxi- schen Geschichten, der uns die ganze JErzahlung mittheilt (Hygin. poet. Astronom. XVII. p. 460 Staver.) ; ein beruhmter My thus, den man im Bildwerke dargestellt sah auf dem Mo- nument des Lysicrates zu Athen (Heyne ad Apollodor. p. 233 und Stuart Antiq. of Athen. cap. 4.). Auch durch andere Faden hing der Delphin mit den Bacchischen Sagen zusam- men. Man denke nur an Ino (Leucothea) und deren Sohn Palamon 2 ) , dessen Bildsaule man auf einem Delphine stehend Antimachos in der Thebai'de (ap. Pausau. VIII. 25. 5. vergl. Antinsachi Fragg. p. 65. Schellenb.) gesungen: Kaiqov T£ xQuim>6h> Ttul 'Agelova Osknovoaiov, So muss namlich statt 'AgCova geschrieben werden, und so haben jetzt auch Schubart und Walz drucken lassen. Denn Arion Cdqliav) war der Name des bekannten Sangers, wovon gleich im Verfolg die Rede seyn wird^ Areion aber, der des Rosses CAqdwv s. Eustath. ad Iliad, y. 346. p. 290 ed. Lips, und H. G. Stoll Animadversiones in Antimachi Colopho- nii fragg. Gotting. 1840. p. 12 sqq., wo diese Fragmente einer sehr guten Epikrise unterworfen worden sind.]. 1) Beckmann ad Antigon. Caryst. p. tlO. Schneider ad Aelian. H. A. II. 52. 2) Vergl. Appulej. Metamorph. IV. p. 308 ed. Oudendorp. „et auriga parvulus Belphini Palaemon", wo man Oudendorps Anmerkung verglei- chen muss. -^ 268 darstellte (Pausan. Corinth, cap. 3. §. 4.). Audi die Bacchi- schen Vasengemalde zeigen nicht selten dieses wunderbare Thier. So hatten auch die Verfasser der Dionysiaden viel- faltige Gelegenheit desselben zu erwahnen. An den Haupt- sitz des Bacchusdienstes j Naxos, schloss sich die alte Sage von Delphinmenschen an, und so wurde dann in den Poemen dieses Kreises haufig darauf angespielt. Das zeigt noch Non- nus ! ). Dass er aus fruheren Vorgangern schopfte, beweisen Iheils die angefuhrten Excerpte bei Hyginus, theils andere Spuren, wie z. B. das Fragment aus den Bassarica des Dio- nysius bei Stephanus von Byzanz (in Kdonsipos). Doch wir kehren zum Vorliegenden zuriick : der Delphin war und hiess Tyrrhehus piscis (Seneca Agamemn. 451.), weil die TvQOipoi (Tyrrheni) ihn zum Sinnbilde ihres Landes und ihrer Schiffe wahlten (Buonarota bei Passeri Pictur. vase. Etrusc. I. p. 50.). Fragen wir aber nach dem Grunde, so fallen darauf verschie- dene Antworten: weil ihr Name mit dem Namen des Meer- schweins, tursio (Griechisch cpajxaiva), grosse Aehnlichkeit hatte, oder weil der Delphin eine gluckliche Seefahrt bezeich- nete 2 ). Nach den Beweisen 5 die ich andervvarts aus alteren Griechischen Dichtern, Pindarus (Pyth. IV. 29.), Euripides (Helena 1467. Electr. 433.), beigebracht habe, kann kein Zweifel ubrig bleiben, dass die letzte Erklarung die einzig richtige ist. Von Alters her war der Delphin ein dem Men- schen freundliches Thier (jpikav&Qumov £(£oi>), ein Thier, das durch die Tone der Musik ruhrbar (jpikopovGov) war, und, nach vielen Erzahlungen der Iasier und Carier, der Bewohner von Puteoli in Itaiien , Menschen , besonders Kin- dern wunderbare Anhanglichkeit bezeigte; ein Thier, das den Sangern Arion und Hesiodus gehuldigt haben sollte$ dessen Gestalt der Gott der Musenkunst, Apollo, selber angenom- 1) S. z. B. die Stellen: XXI1L 292. XXXVIII. 371. XLIII. 191. 288. 2) Bochart Geogr. s. p. 386. Spanlieim de Usu et Praest. Numism. I. p. 424, men, als er das Heiligthuin von Delphi stiffen wolite. Mit. # Einem Worte, dureh eine von friihen Zeiten her fortlaufende. Tradition war der Delphin ein Symbol der Humanitat im Ab- grunde des Meeres, der sonst nur wiide Ungeheuer birgt; und was Dante in der Hdlle (nach A. W. Schiegei's Uebers.) als Gleschniss gebraucht: „Wie ein Delphin mit hoch gekrummtem Riicken Die PJuth durchspielt, und so den Schiffer warnt, Sein Fahrzeug schnell den Sturmen zu efltrucken 66 — das war im Grunde uralter Griechenglaube. Hiermit ver- banden sich Beobachtungen oder Vorstellungeri von der un- gemeinen Schnelligkeit dieses Pisches r ). Was* das Pferd zu Lande war, das war der Delphin zur See. Sprichworter, wie das: ovx. tori dsXcpivoq ev %£pcf(J) $la, zu Laride hat der Delphin kerne Macht (Wyttenbach ad select, histor. p. 423.), deuteten anschaulich auf die Herrschaft beider Thiere iiber Eand- und Wasserreiche bin; und wenn die weissagende Medea das veranderte Schicksal des Insulaner. von Thera bezeichnen will, die zu Cyrene Landbewohner werden >yur- den, so setzt sie das Ruder dem ZugeUund den Delphin dem Ross entgegen (Pindar. Pyth. IV. 29.). So war also der Delphin ein ganz naturliches Bild der Seefahrt und Seeherr- schaft geworden (js. meine Abhandlung Mythor. ab artium operihus profectorum exemplum). So konnte nun auch in die- sem Sinne Pferd und Delphin symbolisch verbunden werden, und der alte Pelasgisehe Mythus von der Ceres Erinnys und Neptuns Verfolgung, in der Bedeutung eines Element ejikampfs, konnte in dieser neuen Ideenreihe den Streit und die nach- herige Vereinigung iiber Land- und Seeherrschaft bezeichnen. Dass die Telchinen von Rhodus und der Gegend, die nach der Sage Erzieher des Poseidon waren, von Juppiter aber, ihrer Zauberei wegen, ersauft wurden, zuerst den Libysch- 1) Pindar. Pyth. II. 93 sq. Attius bei Cicero de N. D. II. 35. und dort die Note p. 35 i. . Phonicischen Pferdeschopfer mit dem Wasser-Zeus verknupft haben, ist sehr moglich, ja wahrscheinlich. Ob aber aus der, geinuthmassten Verwandtschaft des Wortes rek%tv (Sskytv, Zauberer) mit dekcpLv *) die Naxische Sage von den in Del- phine verwandelten Schiffern gedeutet werden konne (wie Bottifer a. a. 0. p. 157. Kunst - Mythol. II; p. 328 ff. vermu- thet), mochte ich bezweifeln; unter andern auch desswegen, weil die altere Aeoiische Sprache nicht dekylv, sondern Pek- noXtfiixuq 'Qwvuq v (pa iv o ft £ v a q dia (jliiov' icpogovvro dk avxat, Igwregov %rjq Xayovoq %uqiv o.a(pa,liiuq , t\ %a\vi.al XtntStq. Io den Meletemm. I. p. 36. habe ich ausfiihrlicher diese beiden Epitheta des Mars zu erlau- tern gesucht. 3) S. Xenoph. Equestr. VIII. cf. Hesych. s. v. bei Pausanias V. 14. 4. Ebendas. koramt er vor als SrjQeiiaq (III/ 19. 8.), und zwar bei den Lacedamoniern ein Name, welchen man von seiner angeblichen Amine Qtjqio ableitete, oder, wie Pausanias, von 9i}q (wildes Thier); also der Wilde, • Muthige, Ungestiime, denn der Kampfer miisse sich nicht mild, sondern wild wie tin Lowe, im Karapfgewuhl zeigen. Im Gefolge des Mars ist "Eoiq, @6fiog, ^JsifAoq. In die mythi- sche Geschichte dieses Gottes fallen die Aloiden (Iliad. V. 385 ff.), Diomedes (ibid. 855 if.), Pallas (XXI. 403.). — " Des Romischen Mars (Mamers, Mavors) Genealogie und Kin- der giebt Ovid. Fast V. 229 sqq. Aueh er enlspricht seiner Idee nach ganz jenem Samothracischen Axiokersos, wie sich 1) [Die Spartiaten ehrten diesen Gott als Theritas und Enyalios. (K. 0. Miiller Dor. I. S. 406 f.) — Ich fasse schliesslich zum Vorherge- henden und Folgenden Mehreres zusanunen. In der Stelle des Sophokles Antig. 140. folgte Thudichum der Erklaruug Seidlers und iibersetzte: „ Heifer zur Rechten"; wogegen Hermann sicli erklart hatte; dtziooeiQoq las auch Ez. Spanheim ad Aristoph. Nubb. vs. 122, den man nachsehe. — Zur Stelle des Pindarus 01. IX. 165. vergleiche man jetzt Tafel und Dissen. Was ebendaselbst oqojv t 3 ukxuv heisst, wird noch starker an- derwarts ausgedriickt: "Aqijv tegxew oder "Agrjv filinnv, einen kriegerischen, morderischen Feuerblick zeigen (s. Blomfield Glossar. Aeschjl. vs. 53.). Der Feuerplanet ilJugoetq) ftihrte seinen Namen, Cie. de N. D. II. 20. p. 286. mit meiner Anmerk.; wie denn im Orient die Vorstellungen von Krieg und Blut sich an den Planeten Mars kniipfen, vergl. Guigniaut II. 2. p. 650 5 wo dieser Abschnitt iiber den Ares -Mars iiberhaupt ver- vollstandigt worden. — Im Gefolge des Ares, oder auch allein, erschien Eris mit zerrissenem, oft blutigem Gewand, zuweilen nut Schlangenhaa- ren, oder wohl auch gefliigelt (S. meine Schrift z. Gallerie d. alt. Dramm, S. 12. S. 37. und 90.), Phobos und Deimos, Pavor und Pallor, zei- gen sich bildlich vorgestellt auf Rom. Familienmiinzen (Stieglit/, Distri- but. numm. famm. Romm. p. 89 sq.). — Ueber die Art, wie die Alten den Ares selbst in Bildwerken darstellten, hat Raoul-Rochette Monumm. ined. I. p. 37. p. 54 ff. ausfiihrlich gehandelt 5 womit K. O. Miiller's Handb. der Archaol. d. K. p. 544 ff. zu vergleichen ist; so wie iiber die Darstellungen des Mars auf Romischen Denkmalern, Stieglitz a. a. 0, pi 45 f.] # 280 unten deutlicher ergeben wird, wo von dem ihm geheiiigten Monat Marz (Martius Mensis), von seinen Priestern, den SaJiern, von den Ancilien untl dem Campus Martius zu Rom geredet werden muss. Dort tritt auch sein Verhaltniss zu der Bellona hervor. — Den Namen Mavors erklart Cicero- de N. D. II. 26 : qui magna verteret. Alldere , wie ich in den Anmerkk. zu dieser SteJle p. SIS. bemerkt, gaben, und viel- leicht richtiger, dem Worte einen Oscischen oder Sabinischen Ursprung; s. Festus und Varro de L. L. IV. 10 fin. etc. und Lanzi Sagg. di ling. Etr. p. 723 sq. p. 470. 1 ). Von Kunstvorstellungen des Ares beschranke ich mich, die anzufuhren, welche unsere Tafel IV. nr. S„ 2ter Ausg. unten zeigt, wo Mars nach alt-Griechischem Styl, in star- kem Schritte, mit Speer und Harnisch und mit dem doppelten Gtirtel erscheint. Den Helm hat er abgenommen, und tragt ihn mit der einen Hand. Durch denselben ist er auch kennt- lich unter den ubrigen eilf Gottern auf dem runden Altar, s. Tafel XXXVI. nr. 2. 2ter Ausg. 1) Buttmaun im Lexilogus p. 195. bringt, wie Mars — mas — ma- ris, so "Aqriq — a^Qtiv mit einander in Verbindung, als nach einer und derselben Analogic, Festus s. v. Mamers p. 217 Dacer. : Osci Martem Mamertem appellant, und: Mamers Mamertis facit, id est lingua Osca Mars Marti s. §• 16- Aphrodite - V e n u % s. Der Ursprung dieser Gottin {^AipQodirrjy gehort, nach dern schon vielfach Gesagten (s. II. Theil p. 350 If. 417 If. 473 ff. 3ter Auss*. und uber den Samothracischen Dienst s. oben III. Th. p. 14 ff. 3ter Ausg.) nach Asien. Sitze dieser Gottheit waren Cypern, Cythere (Pausan. I. 14. 6. mit Wes- selings Berichtigung zu Herodot. 1. 105.), Cnidus, Cos, Milet, Athen, Sparta, in Sicilien Eryx, Corinth (s. die Ausleger zum ersten Briefe Pauli an die Corinther). Mehrere Spuren alter Venusbilder linden wir auch in Griechenland : Urania (Pausan. Attic. 14. §. 6. 19. §, 2.), die schwarze Melanis (Pausan. Arcad. 6. % 2. '), die bewaffnete (Lacon. 23. §. 1.) u/s. w. Ihre Griechische Genealogie giebt Hesiodus (s. oben III. p. 59.). Sie entstand aus dem Schaume des Meeres, worin des Uranus Zeugungsorgan gefallen war. Nach Homerus hingegen und nach dem Cretischen System (ApoIJodor. I. 3. 1. und dort Heyne) stammt sie von der Dione ab. Jene fuhrt Cicero unter den vier Veneres (de N. D. III. 23. p. 621 sq.) *als die zweite auf} diese, die Tochter des Zeus und der Dione, i) Sie heisst MeXtavlq, „y.ax :> akXo fikv ovdkv , on dk uv&qwtiojv {iff ra ndvta at [il&itz wqneg xolq nxtjveoc fiiG^ 7[[AtQuv , r« nXtlw di tloiv Iv vvxtL" S. Pausanias a. a. O. Sollte jedoch hier nicht eine tiefere kosraische Bedeutung zum Grunde liegen? Ich will nur an die Aegyptische Nacht- gottin Athor erinnern. die Gattin des Vulcan, als die dritte Daher ihre Beina- in en zfiojvcdij und zliwvi] (wovon Mehreres im vierien Theile), AcpQoysveia, die in oder aus dem Schaume Geborene. Nach,. ihren Hauptsitzen und Verehrungsortern fuhrt sie verschiedene Nainen, als: KvitQ.oytveia, die'zu Cypern geborene. Kv&epeia, die Cythereische 2 ) und TLacpia^ die Paphische, TQoiCrjvLa, die Trozenische, ZrjQvv^ia von der Zerynthischen Grotte in Thracien, auch Mv%ia, ein Beiwort, das sie mit niehreren 1) S. meine Note zur a. St. des Cicero. Ich fiige hier eine far diesen Pimkt besonders merkwiirdige Stelle aus dem Commentar des Platonischen Philosophen Proclus in Plato's Cratylus bei p. 117. cap. 83 ed. Boisson. : J? diacpegovat [xlv ovv aXXfiXbjv at &£al, xaxu te aXxta v.al xaxu xaq xa&iq xal xaxa xaq dwdfietq' r\ [itv yccg ix xov ovgavov vnegxo o [iioq loxt, xal av ay to yoq Inl xb votjxov xdXXoq xal a%quvxov ^ 007 J7°? ytviowq xoiqC^n' rj de dtwvaCa iTtixgoTieuei ndaaq xdq iv tw ovgavtto xoo/tio xal yjj ovoxoi^duq xal avvdel Tigoq aXX^Xaq , xal xeXeidl xdq yi.vvr\xixu.q avxiav ngooSovq dw xijq opovorjxixijq ov&v&wq" (yerg\. Meletemm. I. p. 28 sq.). Von dieser Venus, welche Cicero die zweite nennt, und aus Hermes ward Eros geboren (Job. Lydus de menss. p. 89.). Andere gaben als die Eltern dieser Venus den Aphros an, d. i. den Schaum, und die Eu- rynome, des Oceanus Tochter, welcbe ge\yohnlich die Mutter der Gra- zien genannt wird; s. Apollodor. I. 3. I. und dort Heyne p. 12. — - Ueber die Geburt der Venus aus Schaum s. Cornutus de N. D. 24. p. 197. und iiber die dritte Venus , ausser Cicero , Joh. Lydus a. a. 0. : xglxr t v /fibq xal Auuvr\q, tjv I'yqpav "Hcpaioxoq , Xd&gu avxij avvtX&wv "Agqq I'xexs xov 'Av&£Q(oxa " (besser 'Avxeguxa). 2) Ueber Kv&dgeiu s. Homer. Hymn. IX. 1. und Ruhnken. Epist. crit. I. p. 51. Heyne, Antiquarr. Aufsatze I. p. 135. u." s. w. Ueber TLayta vergl. die Genannten und insbesondere Pausanias VIII. 5. 2. Der Griinder von Paphos, Agapenor, hatte auch hier der Venus einen. Tempel erbaut , welche bis dahin vOn den Cypriern an einem Orte, der Golgoi hiess, verehrt worden. In Paphos sollte sie auch mit Cinyras, ihrem Geliebten , beerdigt seyn (Schol. in Gregor. Naz. Carmm. p. 35.). [Man vergleiche jetzt was II. p. 333 ff. und p. 466 ff. uber die Mittel- und Vorderasiatischen Venus-Culte und iiber die damit iiber die Griechi- schen Lander bis nach Sicilien bin verbreitete Hierodulie abgehandelt worden.] Gottern der alten Griechischen und Italischen Religion (den Penaten") gemein hat *), Kajhdg von einem Vorgebirge glei- chen Naraens in Attika, tvo sie einen beruhmten Tempel hatte. Ueber ihre. Verbindung mit Anchises vergleiche man den Ho- merischen Hyranus in Venerem vs. 53 sqq., so wie fiber ihren Zaubergiirtel (xeOToq) Heyne ad Homer. Iliad. T. VI. p. 620 — 622. In den Homerischen Kreis fallen ferner die Namen 7t.dvdi][Aog, dizoOTQocpid, $aka[ux}v avatioa, so wie die • welche ihr als der Gottin der Schonheit zukommen: XQvvtrji die* gol- dene (Iliad. III. 64. Odyss. IV. 14. mit den Scholien und Er- klarern), yiXofxscdrig, die das Lachen liebende, die freund- liche 2 ), eXixopkeyaQosi die schonaugige u. s. w. Ihr analog ist die Romische Venus, so genannt, — „quia ad res omnes venit u 3 ). Sie erscheint als Genitrix (Plin. H. 1) Ueber die Venus TQotlC,rjv(a s." Euripid. Hippolyt. 32 sq. mit Valckenaers Note. Tzetz. zum Lycophr. 610. p. 697. Mull. Eustathius zur Ilias II. p. 287. Ueber die Zerynthische Aphrodite s. das Etymol. magn. p. 411. 25 Sylb. p. 373 Lips, und Tzetzes zum Lycophr. 449. p. 617. Von der Aphrodite Kolias sprechen Pausanias I. 1. 4. und Alci- phron Epistt. III. 11. 8. p. 49. mit Berglers und Wagners Anmerkungen. Statt pv%tci findet sich auch juv/jiu, wie bei Suidas II. 592. und Orphei H. LXIX. (68.) 3. Diese &eol [ivxioi der alten Griechischen Religion ver- gleicht Dionysius von Halicarnass I. 67. p. 54 Sylb. mit den Penaten des alten Roms. 2) S. Iliad. III. 24. wo die Scholien es durch ydoysXwq und tkagu erklaren. Dahin gehort auch der Name 3 Aq>Qo6Cxt] lysQoiy Hot-vis, unter welchem sie in Orphischen Gedichten vorkommt; s. Werfer in Actt. Phi- loll. Monacc. II. 1. p. 150. Hesiodus hingegen (Theogon. 2000 hatte die Venus (pikoftpridriq genannt, weil sie aus den Geschlechtstheilen des Uranus hervorging, ort pjfoW i&yadv&t}; s. Lennep zu Coluth. If. 4. p. 93 sq. 3) So leitet der Stoiker Balbus bei Cicero de N. D. II. 27. fin. den Namen her (s. die Note p. 320.), und eben so Arnobius adv. gentt. III. 33. „ quod ad cunctos veniat wo Elmenhorst und Nourr. noch einige andere Etymologien angefuhrfc haben Tom. II. p. 163 Orell. Die meisten folgen jedoch der Ciceronischen Etymologie (s. G. Vossii Etymol. h L. N. XXXV. 9.) und Victriv (ebendas. VIII. *.), wie ich in der Erklarung der Bilder p. 20 f. 2. Ausg. gezeigt habe (auch Victor auf Miinzen; s. Burmann ad Quintiir II. 4. p. 143.). Venus- feste gab es in Vorderasien, Griechenland , Sicilian (dvayw- yta) und Rom. Unter den Kunstvorstellungen bemerke ich die Aphrodite von Cnidus auf einer Miinze dieser Stadt (s. unsere Tafel VI. nr. 3. 2ter Ausg.), ferner die Venus Victrix auf unserer Tafel L. nebst der Erklarung p. 19 ff. Eine Venue, »welche auf einem Schwane sitzt, habe ich auf der Tafel LIU. nr. 2. l ) copiren Jassen. Die altere Vorstellung der Venus, ein bloss konisches Idol niit dem Attribut der zwei Tauben und Leuchter, zeigt eine Cyprische Miinze anf unse- rer Tafel III. nr. 7. vergl. Erkiar. p. 23. 2ter Ausg. Auch das Bild der -A^Qobixrj ev Kijtzoiq in den Garten zu Athen war noch in jenem alten Sinne viereckig, wie das der Her- men (ravTjjg ydg oyijiia * [ilv TSvpayajvov y.axd ravzd y.di roig Eppalg Pausan. I. 19. 2.). Von ihrem Sohne Priapus und dessen Gefolge s. oben II. p. 436 3ter Ausgabe. Der Dienst desseiben war besonders in Propontis verbreitet, so wie der des Eros Q'Eqws). Ferner beraerken wir noch den Eros von Parium und den Dienst des Eros zu Thespia in Bootien (Pausan. IX. 27.), wovon im Verfolg. An beiden Orten hatte Praxiteles die Ideale dieses Gottes geschaffen. Griecbische Dichterideen von Eros geben ihm auch ein Ge~ folge, als Uimeros (^l^egog)^ Pothos (jrodog). So sah Pau- sanias den Eros, Himeros und Pothos von des Scopas Uand (Pausan. I. 43.). Eros selber war der Sohn des Mercur und jener Venus, die aus dem Schaume des Meeres entstanden; p. 546c). Audi Lennep im Etymol. p. 2tt sq. sucht die Wurzel dieses Wortes im Griechischen ¥va), wovon venio selber abzuleifcen sey. 1) [Im Bilderheft 2ter Ausg. (vergl. die Erklarung dazu JS. 23. nr. 37.) und jetzt bei Guigniaut pi. C. nr. 393. Seitdein sind dieser weib- lichen Gestalt verschiedene andere Namen gegeben woolen: Kora, Ky- rene oder eine verberrlichte schone Fniu, s. K. 0. Miiller's Handb. d, Archaol. d. K.' §. 378. p. 557. 2ter Ausg.] 285 den Anteros hatte sie (angeblich die Tochter des Zeus unii der Dione, die dritte des Cicero) aus des Ares heiralicher Um- armung geboren (s. den oben angefuhrten Lydus und Pausan. I. SO. VI. 23. vergl. meine Anmerkung zu Cicero de N. D. 23. p. 623.). — Ueber den Mythus von Amor und Psyche vergl. vorlaufig Thorlacius Opuscc. academm. p. 315 sqq. Ueber den Einfluss dieser Ideen auf die Mysterienlehre im Verfolg ein Mehreres '). In deni 8inne der Philosophen endlich war Aphrodite genommen als Lust , Begierde , kiti^v^iia oder ijdovtj; wie Theodofetus de Provid. Orat. I. Tom. IV. p. 484 Opp. sich bestimmt ausdruckt. Als kitt&vfiia wird sie auch erklart in den Allegorr. Deorr. (s. Meletemm. I.) p. 44. s. Tzetz. zur llias p. 55. Apion in den Homerischen Glossen (ad calcera Etymol. Gudian. p. 603. 48.) sagt, Aphrodite bezeichne ^rjv daipova xal tijv ovvovcr/av." Vergl. Apollon. Lex. Homer, p. 180 sq. > 9 ■— ~ 1) [Seitdem habe ich liber die Aphrodite-Venus, ihre verschiedenen Vorstellungen und Bej^amen, wiePeitho, Paregora, Praxis u. s. w., iiber ihre Umgebung, die Chariten, Eros, Himeros und Pothos, iiber ihren Giirtel, Anzug, Schmuck u. s. w. Mehreres zu sagen Gelegenheit ge- habt, in der Schrift Zur Gallerie der alten Dramatiker p. 40 ff,-62 ff. 72 ff. 96 If. 112 ff. 5 — worauf ich vorlaufig hinweisen muss, bis wir im letzten Theil die Lehre von Dione, Venus Proserpina u. s. w. abhandeln vverden.l Hermes-Mercurius. Ueber den Ursprung des Namens ['EQfAijq, Mercurius) und der Gottheit selber in Aegypten und Phonicien aus der Zusammensetzung von Thoth (Taaut) und Anubis haben wir oben II. Th. p. 5 ff. p. 101 ff. 254 ff. 277 ff. 339 if. 3ter Ausg. ausfuhrlich gehandelt, so wie uber die Bedeutung desselben in den Samothracischen Religionen als Kasmilos oder Kadrai- los, III. Th. p. 20 ff. und p. 159 ff. Ster Ausg. Phojiicische Handelsleute hatten diesen Gott den Griechen zugefuhrt Da- her er auch bei diesen als die personificjrje Klugheit, Han- delsklugheit , genommen wird; s. Bottiger Vasengem. I. 2. Mit Bezug darauf, so wie auf seine fruhe Gewandtheit, haben ihm die Griechen verschiedene Namen gegeben , ajs z. B. 6 docpoq^ der Weise, Kluge, 6 koyiog, der Beredte *), aber auch TcotxikoiuijTijs, der Verschlagene, Gewandte, dofaog, der Listige, der List und feinen Betrug aussinnt und angiebt, 1) S. Plat. Phaedr. p. 272. p. 340 Heind. nebst den Scholien des Hermias. Euseb. P. E. I. 9. p. 31. Diodor. Sic. V. 75. mit den Ausle- gern, und Audere, die ich in meinen Meletemm. I. p. 33. Note3l. ange- fiihrt. Aus dem merkwiirdigeii 8cholion zu der Rede des Aristides (Tom. II. p. 173 Jebb.) will icli nur, der Kiirze wegen, den Scliluss beifugen: (tcckXov dh 6 Huv koyoq , dio y.al ^Egpov vloq 6 koyoq 6 %vrtxvoq y xal naqa &tov Sidopevoq rfq nalStvoiv. Also ist Hermes selber 6 koyoq. [Im Allge- meinen vergl. man jetzt die kleine Abhandlung : De 'JEq/^ou seu Mercurii Mythologia scripsit Jos. Dan. Guigniaut. J^utefc. Paris. 1835.] 287 avQocpaiog in demselben Sinng der Gewandte, Kluge, Lis- * tige l > Im Griechischen Gottersystem ist seine Geburtsstatte auf dem Berge Cyllene in Arcadieri; woher er auch der Cyllenier, 6 Kvlhjviog, so haufig heisst 2 ). Er ist der Sohn des Zeus und der PJejade Maja 3 ). Haupturkunde ist hier immer der 1) S. Spanheim zu Aristophan. Plut. vs. 1158. p. 6315. der Beck- schen Ausg. 2) S. Eustathius znr Ilias II. 603. XV. 618. Odyss. XXIV. 1. nebst Spohns Dissertat. de extr. Odyss. part. p. 38 sq. Apollodor. Bibl. 10. 2. und dort Heyne p. 273. Pausan. VIII. 17. I. und was ich sonst noch in den Melett. I. p. 34. Note angefiihrt. 3) Dieser Mercur, des Zeus und der Maja Sohn, ist unter den fiinf, welche Cicero de N. D. III. 22. aufzahlt, der dritte, und der Vater des Pan 5 s. auch Job. Lydus de menss. p. 100 sqq. p. 236 sqq. Roth. Ueber ihn verbreitet sich Proclus zu Plato's Alcibiades I. mit Ausfiihrlichkeit. Hier zeichoe ich nur die bemerkenswerthen Worte aus: rfy. dl tr^ Mataq tiqo'Cojv (o r Eg/iijq^ , naq r\ y.qvcptoq r\ tyrrioiq Ttjv evgeaiv dwQsirat, toiq iavxov TQoyfywiq" (s. meine Anmerkung zu Cicero p. 610.). [Proclus in Alcib. pr. Tom. III. p. 29 ed. Cousin, p. 105 sqq. p. 195 sq. Olympiodor. in Alcib. pr. p. 63 ed. Creuzer. — Hermes heisst Aufseher iiber die Was- ser (J-yoQoq imp vduToiv) und dies wurde von den Alten mit seiner Abkuuft von der Maja zusammengestellt (Aquilinus und Varro beim Jo. Lydus a. a. O.). Seine Heiligthiimer standen an Seen, Wasserquellen sprangen in seinen Tempeln. Nicht nur der Widder war sein Attribut CEqws y.Qio(f6Qoq~)f sondern auch der See -Widder (aries marinus) mit einem Fischschweif. — Mit Einem Wort: in der Naturreligion der Griechen und Italiker war, von dieser Seite betrachtet, Hermes der belebende Bil- dungsgeist, der aus dem Feuchten Cden Wassern, als ihrem StofFe) ge- borenen Creaturen, derBildner und Lenker der Thiere und der Menschen, und der Hervorbringer verniinftiger Gedanken in den letztern. (S. Zur Gemmenkunde p. 153 5 Abriss der Rom. Antiquitaten p. 495- 2ter Ausg.; meine Deutsche Schriften 4te Abth. zur Rom. Alterth. Kunde p. 128 f. vergl. Panofka Ueber verlegene Mythen p. 12 fF#Ed. Gerhard's Schrift: Hermes auf Vasenbildern p. 1 ff. ? wo auf Tafel XIX. 1. ein Vasenbild, worauf Hermes der Maja gegenuber steht, und die Namen beigeschrie- ben sind, mitgetheilt ist. — Dies zum Theil nachtraglich, zum Theil vor- laufig. ] 288 m herrliche Homerische Hymnus % auf Hermes, verglichen mit Iliad. V. 390. und Apollodor. III. 10. 2 sqq. In diesen rein Hellenischen Sagenkreis fallen nun seine Verbindungen mit der Chione, Herse, Polymela und Andern, worauf ich hier nicht weiter eingehen will 5 ferner der Raub der Kinder Apol- lo's, die Wegfiihrung des gefesselten Ares, der Mord des Argos, der ihm den Namen Argostodter , 'JpysicpovTyq J ), verschafft hat. Hermes ist ferner der Gotterbote, 6 x.tjqv};, der Wanderer zwischen Erde und Himmel, der Seelenfuhrer, ifjv%aya>ydg , vsy.qotv octroi; , der Fuhrer der Traume, der Ge- ber des Schlafes 2 ), der Unterirdische , %$6vio<; und eoiovviog 3 ), Beinamen, deren tieferen Sinn wir zum Theil schon oben 1) S. Iliad. H. 103. nebst Heyne's Observv. Homer. Hymn, in Mer- cur. vs. 73. und dort Ilgen. Fulgent. Mythol. I. 24. ibiq. Interprr. Es ist dieser Mercur, welcher den Argos getodtet, und desshalb nach Ae- gypten floh, wo er den Aegyptiern (als Thoth) Uesetze und Schrift gebraeht hat, der fiinfte bei Cicero de N. D. III. 22. [S. oben II. Th. p. 277. ff. 3ter Ausg.] 2) Vergl. Odyss. VII. 138, wo das Scholion der Pfalzer Handschrift von Hermes sagt: ind ov eiqono pnoq y.vX V7tv odozTjq. Eustathius zu Odyss. VIII. 278. p. 311 Basil, bringt dort mehrere Etymologien des Wortes c EQ(i(q oder 'Eqplv tder Fuss an den Bettstellen) vor, unter an- dern auch eine von Hermes, als Geber des Schlafes, der dessvvegen auch an Bettstellen abgebildet war — 77 naqu, xbv j&'gpjv, lauten die Worte, doT?}Qa ovxa xou vnvov' dio (pctoiv v.ai 'EQfirjq xalq ig/uaiv avexv- 710VXO. 3) S. Iliad. XX. 72. mit Heyne's Bemerkungen, den Homerischen Hymnus auf Mercur vs. 3. und daselbst Ilgen. Etymol. magn. p. 374. Cornutus de N. D. cap. 16. p. 164. (s. Meletemm. I. p. 34.). — Auch owxoq wird er in Verbindung mit igtovviog genannt; Iliad. XX. 22. mit Heyne's Bemerkk. und Apollonius Lex. Horn. p. 628. — Nicht bios als Fuhrer der Seelen heis^; er qvxon opnoq und nopnaloq, sondern auch als Fuhrer der Irrenden, des Weges Unkundigen, als Wegweiser; er ist Hermes qyapovtos und ivodioq. Auch hieriiber geben die Erklarer des Aristophanes, Spanheim, Bergler und Fischer, zu vs. 1160. des Plu- tus viele Nachweisungen. 289 +m erkannt haben, und die Aegyptisch - Phonicischen Ursprungs sind. Eben dahin gehoren auch die Attribute des Bechcrs (oizovdalov), des Heroldstabes (xyQvxeiov, caduceus), Sym- bole dieses Gottes schon in den aitesten Religionen (s. Dio- nysus p. 209 sqq.). Daher das Epitheton XQvcoQQctTtiQj das ihm Homer haufig giebt ? der einen goldenen Stab filhrt *). Hermes ist endlich Diener beim Gottermahl, Camillus, Mene- strator. Die altere Bildung dieses Gottes mit spitzem Barte und mit einem Stabe zeigt unsere Tafel IV. nr. 3. 2ter Ausgabe vergl. mit Winckelmann Monumm. I. 30. Auch das Schlan- genattribut ist hier nicht zu ubersehen. Auf Etrurischen Denk- maien soli er mit Fliigeln gebildet erscheinen. Ich habe daher nach einem Vasengemalde bei Passed einen solchen angeblich Etrurischen Mercurius mit Fiugeln, mit der Reisehaube (pe- tasus), mit Flugelschuhen und dem Attribut der Schlange, auf unserer Taf. II. nr. 3. (s.Erklarung p. 57.) 2. Ausg. copiren lassen; obgleich damit der wirklich Etrurische Ursprung des- selben nicht ausgesprochen seyn soil 2 ). Sein Name in Etru- rien soil Turms gewesen seyn 5 s. Winckelmann a. a. 0. II. 53. Unter den vielen Beinamen dieses Gottes bemerke ich hier noch einige der auffallenderen und gewohnlicheren. °Jxa- xijoiog heisst er als der Gute, der Bosheit und Uebel aller Art abvvehrt , der ein Feind alles Frevels ist (s. Spanheim zu Callimach. Hymn, in Dian. 143.). Als Beschutzer der Heerden heisst er JSfofMog 3 ^), woher ihm auch das Attribut des Wid- 1) Z. B. Odyss. X. 277. 331. Apollon. Lex. Horn. p. 715. Cornutus de N. D. p. 165. u. s. w. vergl. mit Virgils Aeneis IV. 242. und den Auslegern. 2) [Dieses Bild stellfc vielleicht einen Hermes nekropompos, Todten- fiihrer, dar. Raoul-Rochette Monumm. ined. II. p. 223. erklarfc es gera- dezu fur ein Bild des Thanatos, des Todes, selbsfc.] 3) So z. B. in dem Homerischen Hymnus haufig; s. Hesiod. Theo- Creuzer's deutsclie Schriften. III. 2. *Q 290 ^ ders zukommt (s. Winckelmann a. a. 0. I. 31.). Mercur ist Erfinder der Lyra, Vorsteher der Palastra — evayalvios (Vergl. Eustathius zu Odyss. VIII. 266. p. 309 Bas.) — uber- haupt der Wettkampfe; er ist praeses agonum, dessen Bild darum auch am Eingange des Olympischen Stadiums stand, wie Pausanias V. 14. berichtet. Einige schrieben ihm sogar die Erfindung und Einrichtung der Wettkampfe selber zu (Oppian. Cyneg. II. 27.) $ was er sonst gewohnlich mit Her- cules theilt *). Als Gott und Vorsteher der Marktplatze und des Handels endlich heisst er dyoQalog und xspdyjog 2 ). In den Kreis der Kunstvorstellungen dieses Gottes, de- ren ich oben einige erwahnt, gehoren auch die Hermen, gon. 444. mit den Seholien; Apollodor. III. 10. 2. und dort Heyne; Cor- nutus de N. D. cap. 16. p. 165. [Den Hermes Nomios sehen wir jetzt in einem Vasenbilde auf einer Lekythos des H. v. Klenze in Miinchen, bei E. Gerhard Hermes auf Vasenbildern Taf. XIX. 2. vergl. p. 3 ff.] 1) S. Spanheim und Bergler zu Aristophanes Plutos vs. 1162. 2) Ueber den Namen xegdowq, der dem Mercur besonders im Home- rischen Hymnus so oft'beigelegt wird, s. Spanheim zu Callimach. Hymn, in Dian. 68. und zu Aristoph. Plut. 1156. Hemsterhuis zu Lucians Timon. T. I. p. 407 ed. Bip. und Andere, die ich in den Meletemm. I. p. 34. angefiihrt. Ich habe dort auch eine Stelle aus dem Commentar des Pro- clus zu Plato's Cratylus mitgetheilt, wo dieser Platonische Philosoph, nachdem er die verschiedenen Begriffe erortert, welche die Idee des Hermes in sich enthalt, also schliesst [cap. 28. p. 12 ed. Boisson.J: t« 3k y.ctl rajv ^co Tioqtfxwv Hvvufitow xai tcjv aeydajv XOQ in sich schliesst; man sehe nur die Ausleger in der angefiihrten Stelle. €Q[A,idia, liber deren Begriff und Ursprung Gurlitt Versuch liber die Biistenkunde p. 3 ff. nachzulesen ist 5 ferner der Hermaphroditus, Hermerakles, Hermathene , Hermeros, Her- mares, Hermopan, Hermanubis $ woruber Welcker in dem vierten Theil der Studien p. 187 ff. sich verbreitet hat. [vgl. Bottiger's Amalthea I. p. 342—360,] 19* 292 §• 18- H e s t i a - Vesta. Der Name dieser Gottin — 'EorLa, Fsana land Ho- rn is ch Vesta — wird von edaj (lateinisch edo, ich esse) oder wahrscheinlicher von oder von Itfrw, tarm (ardai) ab- geleitet} daher hzirj oder ho-vla^ der feste Sitz (s. Tib. Hem- sterhuis in Lenneps Etymol. p. 224.). Auch Cicero bemerkt ausdrucklich, dass der Name Vesta den Griechen angehdre, und von 'Earla herkomme („vis autem ejus ad aras et focos pertinet" de N. D. II. 27. p. 314 sq.) *). Der Ursprung dieser Gottheit ist nach Herodotns II. 50. 2 ) nicht aus Aegypten herzuleiten; er mochte eher in dem mitt- leren Asien, in den Religionen Irans, zu suchen seyn. Im Cretensischen Gbttersystem ist sie die alteste Tochter des Kronos und der Rhea 3 ). Sie schlug Poseidons und Apollo's 1) S. auch Cicero de Legg. II. 12. und Ovid. Fast. VI. 299, wo Gierig mit Recht die Stelle des Arnobius III. p. 119. reap. 32.] beigesetzt, eine Stelle, zu welcher jetzt Orelli (Tom. II. p. 1620 viele Nachwei- sungen giebt. [Man vergleicht auch das altdeutsche Veste, wovon fest, mit Uebereinstimmung von Wort und Begriff; vergl. Wachter Glossar. Germ. I. 5. II. 1783.] 2) [Doch erscheint jetzt eine Aegyptische Vesta in der von Riippel entdeckten Inschrift am ersten Nilkatarakt, worin es unter Anderm lieisst : 3 Avovxet> rjj xttl 'Earla. Ueber diese Anuki s. die Nachweisungen Symbolik II. p. 279. 3ter Ausg.] 3) Hesiod. Theogon. 454. Homer. Hymn, in Vener. 21. vergleiche 293 -«*» Werbungen aus, und blieb Jungfrau. Sie ist dd^t^nj, wie Athene; daher einpr wie der andern die einjahrige Kuh, ju- venca, geweihet ist (s. Spanheim zu Callimach. in Cerer. 109.). Sie hat auch am wenigsten inythische Geschichte, sie hat die wenigsten Symbole, den einfachsten Tenipelapparat u. s. wv Den Grundgedanken , welcher bei der Verehrung dieser Gottin unter verschiedenen Namen vom entferntesten Osten bis in den Westen vorwaltete, habe ich bereits oben I. Th. p. 272 ff. dritter Ausg. auseinandergesetzt. Es ist die Vor- stellung von der unverldschlichen Kraft des im Mittelpunkte der Erde und des Himmels verborgenen Feuers (s. I. Theil pag. 190. in der Note.). Daher denn der Vesta das reine Feuer geheiligt ist, das nie verloschen darf, und das ihr zu Ehren auf dem hauslichen Altare, dem Heerde, ange- ziindet wird '). Denn sie , die grosse Feuergottin , welche aus dem Innern der Erde unsichtbar wirkt, ist auch die Got- tin , welche vom Innern des Hauses aus Segen und Heil uber das ganze Haus und uber die ganze Famiiie verbreitet. Der Heerd im Innern des Hauses (in penetralibus) ist ihr Heilig- thum, ihr Altar, hier wohnet sie, hier opfert man ihr, hier Heyne Observv. ad Apollodor. p. 7. uud der Symbol. II. Th. p. 437. 2ter Ausg. 1) Dionysius Hal. Antiqq. II. p. 126. giebt als Grund an: oxt yr\ re QVOa f\ -O-eoq y y.ul iov fiiaov xuxfyovoa tov xoOfiov TOTtov , xuq uvaxpeiq tou fteraQoCov noiaixat nvgoq acp a iavxijq. Denn Einige nahmen die Hestia als Feuer, Andere als Erde; s. unten. Spanheim Diatrib. de Vest. §. 10. p. 678 sqq. in Graevii Thesaur. Antiqq. Romm. T. V. giebt viele Stellen der Alten uber das der Vesta zu Ehren unterhaltene ewige Feuer. [Vorlaufig verweise ich auf Bdttiger's Ideen zur Kunst-Mythologie I. p. 20; K/O. Miiller's Etrusk. II. 78, wo die sogenannte Tyrrhenische Vesta -Horchia bezweifelt wird, mit dem Beisatz: , ; die Gottin Feoxta gehort mit Jovis und Jovino zu der gemeinschaftlichen Grundlage des Siculisch-Pelasgischen Glaubens." Man vergl. auch Fr. Inghirami Mo- numenti Etruschi, Serie II. p. 668 sqq. III. 211. V. 185. und Hartung's Relig. der Romer im Abschnitt uberschrieben „ Vesta, oder das Erdfeuer H. p. no If. "J 294 *m lodert ihr ein Feuer bestandig empor, eben weil ja vom Heerde aus auf unsichtbare, verborgene Weise jeglicher Haussegen ausgeht und gefordert wird. Sie ist also die un- begreifliche Bedingung alles dessen. was in den Worten Ham , Haussegen und hduslicher Schutz liegt 5 sie schliesst uUferhaupt den BegrifF des sicheren, bergenden Mittelpunktes der hmislichen mid burgerlichen Vereinigwng , Eintracht und dergleichen mehr in sich. Und in dieser Beziehung konnte demnach Cicero de N. D. II. 27. p. 3 J 5. wohi sagen: Vis ejus ad aras et focos pertinet. Itaque in ea dea ? quae est rerum custos intimarum , omnis et precatio et sacrificatio extrema est. (Auf letzteren Punkt werde ich unten zuruckkommen.) Man vergleiche uberdies noch Cicero de Legg. II. 12. Darum gehort sie auch ganz vorziiglich zu den Penaten der Bomer, wie unten deutlicher werden wird , und fuhrt bej denselben den ehrenvollen Namen Mutter, Mater Andere Bemamen sind 'Earia TtaxQaia , d. i. domestica , patrima 2 ) , zum Unter- schied von der 'Eorla rijg 7t6Xeuj$, der Gottin, unter deren Obhut das Wohl und Gluck der ganzen Gemeine, des Fami- lienvereins, gestellt ist (s, Lesbonax Protrept. p. 215.) 5 fer- ner dcu par Ltt]$, ecpsotioq^ evoixog, auch crvvoixoq 'Eoria. Und in alter Dorischer Sprache hiess der Hausherr als Besitzer des Heerdes 'EoTioitd^ujv (s. Pollux Onomast. X. 20. p. 1164 1) Unter diesem Namen (Vesta Mater) kommt sie haufig auf Miin- zen, Inschriften und in feierlichen Anreden, Anrufuugen u. s. w. vorj gleichwie der andere grosse Stadtpenate von Rom, Mars, als Mars Pa- ter; s. Spanheim de Vesta §. 14. p. 682. a. a. 0. — Wegen der Vesta, als Ro'mischer Penate, will ich vorlaufig auf Spanheim verweisen ebend. p. 684 sqq. 2) Die Beweise und weiteren Erorterungen liefert Spanheim ad Callimach. vs. 109. und insbesondere in der Diatrib. de Vesta §. 3. p. 666. a. a. O. — Vesta sollte auch, der Sage nach, desswegen in jedem Hause verehrt werden , weil sie die Verfertigung der Wohnungen und Hauser erfunden, und durch Mittheilung dieser Erfindungen um das menschliche Geschlecht sich so verdient gemachfc. 295 ^ Hemsterh. [vergl. K. 0. Miiller Dorier Hi p. 193. ]). Weil aber der Heerd, als der Sitz der Vesta, ein Zufluchtsort, ein Asyl . eine geheiligte Statte ist , die einem jeden Ungluckli- chen, der hier urn Schutz flehet, Sicherheit und Unverletz- barkeit gewahrt, so tritt Vesta mit ihrem Bruder Juppiter, welcher als Zevq ecpeanog ') der Beschutzer dieser urn Hulfe Flehenden ist ? der ihre Rechte wahrt, der sie aufnimmt und suhnet, in ein nahes Verhaltniss, und wird da rum haufig mit ihra in Bundnissen angerufen (s. Reinesii Inscriptt. p. 201.). Darin liegt auch der Grand, warum bei dem feierliehen Ab- schlusse von Bundnissen, Vertragen u. s. w. die Vesta vor den andern Gottern angerufen wird , warum man bei ihr vor- zugsweise schwort, warum endlich der Schwur bei dieser Gottin ganz besondere, bindende Kraft hat, und unverbruch- lich heilig ist 2 ). Der Vesta opfert man und zu ihr fleht man, ehe man die andern Gottheiten anruft und ihnen Opfer bringt; mit der Vesta endigt jedes Gebet, das an die Gotter gerich- tet wird, mit einem Opfer an sie schliesst sich jede gottes- dienstliche Handlung 3 ). * 1) S. das obige Capitel iiber Zeus und vergl. die yielen Stellen, welche hieruber aus den alten Autoren Spanheim de Vesta §. 8. p. 675 sqq. a. a. O. gesammelt. 2) S. Spanheim a. a. O. §. 6. p. 671 sqq. 3) Die Beweise giebt Spanheim de Vesta efc Prytann. §. I. p. 664 sqq. a. a. O. Und (Sarin, dass mit der Vesta bei jedem Opfer, Gebet u. s. w. der Anfang gemacht wird, bat auch die Redensart ihren Grund, welche bei Griechischen Schriftstellern so haufig vorkommt: «v lax la y.aXilxai. 300 Versicherung , darin keine Bildsaule der Gottin, sendern bios ein Altar, auf welchem das heilige Feuer brannte. Es ver- trat demnach hier die reine Flamme die Stelle des Gotterbil- des *). Der Zugang in das Innere des Te,mpels war jedem Manne untersagt. Servius Tullius erweiterte den Dienst der Vesta, und vermehrte auch die Zahl der von Numa zu dem- selben angeordneten und bestellten Vestalischen Jungfrauen, der Virgines Vestales 2 ). Sie soil ten uber das heilige Feuer wachen, welches stets, bei Tage wie bei Nacht, unterhalten werden musste , und dessen Verloschen fur eine schwere Vor- bedeutung, fur ein Zeichen des Untergangs der Stadt («v iaxiadcov xaxa $ deutsche ISchriften. III. 2. 20 ' ~ 306 ^ gen. Am Hiinroel haben die Kreise der Planeten das so mid so (ihre Bahn und Granze) aus ihr, nnd die Pole mid die Centra j haben * das ruhige Beharren von ihr empfangen. -~ Hestia ist also nicht das Wesen , sondern der alleim'ge , feste Sitz des Wesens in sich (1) 'Egtlcc ov ttjv ovoiav StjXot, aWa jrjv [jovijv xal dzadeQav i'Sqvoiv ev eavry rtjg ovoiaq^ u. s. w. Die Kunstvorsteliungen der Vesta geben viele Schwie- rigkeit wegen der haufigen Verwechselung mil Bildern von Vestalinnen u. s. w. Vesta erscheint mit dem Scepter auf dem Capitolinischen Puteal, bei Winckelmann Monumm. nr. 5; mit verschleiertem Hinterkopf und mit dem Scepter auf dem Belief in der Villa Albani (bei Winckelmann a. a. 0. nr. 6. und besser bei Zoega Bassirih nr. 101.) $ gleichfalls mit dem Scepter, der sich oben kreuzformig endigt, auf dem Candela- Jjerfusse in der Villa Borghese (s. unsere Tafel IV. nr. 3. die letzte Figur, zweit. Ausg.). — Man hatte fruher (durch jene Stelle des Ovid Fast. VI. 295 sq. l )j dass im Tempel der Vesta die rein e Fl amine die Stelle des Gotterbildes vertrete) sich veranlasst gefunden zu bezweifeln 5 ob es denn wirklich Bilder der Vesta in Rom und in Griechenland gegeben. Span- heim (§. 12 sq.) hat dagegen zu zeigen gesucht, dass zu Horn im Tempel der Vesta allerdings bios der Altar mit dem ewigen Feuer sichtbar gewesen, im innersten bios den Ve- stalinnen zuganglichen Heiligthume (Penus genannt) sey jedoch ihr Bild neben dem der ubrigen Penaten aufgestellt gewesen 2 ). l> S. Gierig zu dieser Stelle p. 337. - Er sclieint atizunehmen, dass weder zu JRora im Tempel der Vesta irgend ein Bild derselben gestan- deu, noch in den Griecliischen Tempeln, nacli der auch von Andern desshalb angefuhrten Stelle des Pausanias Corinth. (II.) 35. §. 2: nageX- &ovat> iq to xr[<; *Ea%laq, uyctX^a [t£v iariv ovdkv , fiwfioq d£ , v.al In avxov fruovaw ^Eoxtq. Allein ausser dem Tempel, setzt er hinzu, sey ihr Bild auf mannichfache Weise dargestellt worden. Uebrigens widerspricht bier Ovid sich selber, in so fern er namlich Fast. III. 45. von einem v simulacrum Vestae" redet. 2) [Dass es in Griechischen Tempeln Bildnisse der Hestia gegeben, «« 307 bezeugfc unfcer Andern Pausanias, z. B. I. 18. 3 etc. Wenn Porphyrias (ap."*Euseb. P. E. III. p. 109.) von einem Bilde derselben als einer Frau mit hervorhaugender Brust in Bezug auf ihre Befruchtungskraft (v.a&* o dk yovifioq rj 3uvafiiq f ot]/^aivovaiv aur^v yuvainoq eidtt, nQopuorov , Spanhem. de Vesta p. 685.) redet, so mag er ein mysterioses Vesta -Bild dabei vor Augen geliabt lfaben. Ueblich war diese Darstellung nicht. ?) Die Gestalt dieser Gottin, sagt K, O. Miiller (im Handb. d. A. S. 565. 2ter Ausg.), welche audi vorziigliche Ktinstler bildeten, ist die einer Frau in matronalem Costiim, dock ohne den Charakter der Miltterlichkeit, ruhig steliend oder thronend, von breiten kraftigen Formen und einem ernsten Ausdrucke in den klaren und einfachen Gesichtsziigen." — Auf der Schale des Sosias (in den Monumenti ined. dell' Instit. archeol. tav. 24. 25.) erscheint sie verschleiert (vergl. Miiller a. a. 0. Anmerk. 2.). Ueber ihre Abbildung auf Romischen Familien- und Kaiser- Miinzen spricht Stieglitz (Distrib. numm. famm. Romm. p. 43 sq.)> und in der Angabe unserer Abbildungen werden wir darauf zuriickkommen.] 20* Pallas -Athene — Minerva. Griechische Schriftsteller bringen diese Gottheit mit den gebildetsten Beligionen des Morgenlandes in Verbindung. Sie nennen die Minerva bei den tiefsinnigsten Satzen Aegyptischer Priesterlehre (s. oben im 2. Th.) und bei den Weihen , die der Persische Konig mit dein Antritt seiner Regierung enipfing s. I. p. 229. II. p. 283 und III. p. 6. Ster Ausg.). Auf diese Yorsteilungen werden wir zuriickkominen mu's- sen. Hier aber, wo wir erst zu zeigen versuchen , wie diese Gottin zu so hoher Wurde gelangt, werden wir von andern Funkten auf dein Gebiete der alien Iteligionen auszugehen haben. Auch sie, die hohe Gottin, verleugnet in ihrem Ur- sprunge nieht die naturlichen Elemente der altesten Culte. An den Wassern gehen die altesten Spuren von ihr. Ehe sie zur Herrschaft der Stadt gelangt, die von ihr den Namen tragi , muss sie mit dem Wassergotte Poseidon streiten, und das Erechtheum zu Athen stellt eben sowohl ein Meer als einen Oelbaum auf, als die Zeugen dieses alten Streites. In dem heiiigen Hause des aus der Erde gebornen Erechtheus sind diese Zeugnisse verewigt, zugleich die Vorbilder von der Bestimmung der Stadt, deren Besitzerin Athene ist *). — 1) Herodofc. VIII. 55. taxi iv xy aaqonoXi, xavxi] 3 J$Qt%&ijoq rov yv\yt- rioq Aeyopdvov tlvav vrjoq, iv rut ilatt] re y.al &dkuoau I'vt. Darauf die Erwahnung des Streitos. Vergl. Pausan. I. 27. und Dioriys. Hal. Antiqq. So kiindigt sich Minerva gleich als die Kriegliebende (jpikorto- Xe^tog) an. Darum wud sie auch gerne rait Mars zusammen- gestellt, und rait Vulcanus theilt sie die Bestrebungen. in den Kiinsten 1 ). Aber bis ihr die Kiinste gelingen , bis sie nicht bios die Kriegliebende, sondern auch die Weisheilliehendc (jcpikoaocpoq) heissen kann — miissen erst die alten Kriege beendigt seyn, die sie, mit Him m el und Feuer im Bunde, ge- gen die Machfe des feuchten und dunkelen Abgrunds zu fuh- ren hat. Libyen, Asien und Europa, alle drei Theile der alten Welt, haben Zeugnisse von diesen elementarischen Kampfen und Siegen der Gottin aufzuweisen. Mit Wachen und Wehren beginnt ihre Geschichte. Die Libyer raelden, „Athenaa sey des Poseidon Tochter und des Sees Triton. Sie aber, entriistet wegen etvvas iiber ihren Vater , habe sich dein Zeus zugewendet" (Herodot. IV. 180.). — Unmuth kun- digt diese Gottheit an, und die Libj^schen Frauen haben bei ihrera Dienste die Gesangweise der Klagelieder zuerst ange- stiramt, die man zu Troja und Allien bei den Festen der Mi- nerva hdrt 2 )> Auch die Bekleidung der Minervenbilder und die schreckende Aegis rait den daran hangenden Trotteln ruhren von den rothgefarbten Ziegenfellen her, womit die Libyerinnen sich selber uinhullen 3 }. — Wie nun Ziege und Bocklein und Klagegeschrei auf natiirliche Dinge, auf Sturm und Wetterwolken sich beziehen, will ich hier nur mit Em cm Worte andeuten, da ich in andern Capiteln dieses Werks davon ausfuhrlicher rede. Jetzt sehen wir uns vorerst im libn\ deperdd. XIV. 4. p. 44 ed. princ. Mediol., der die Herodoteische Stelle copirt hat. Vergl. auch Procli Hymn, in Miner v. vs. 2!. 1) Proclus in Platonis Cratyluni, zur Stelle p. 79 Heind. [s. Ex Procli Scholl. in Cratyl. p. 117 sq. ed. Boissonad.j 2) Herodot. IV. 189. vgl. Ilias VI. 301. at eben der Erschiitterer Poseidon selber. Diesen unsteten flie- het sie, und fluchtet ihre Stetigkeit in den Sehooss des feuri- gen Zeus, der ihr eigentlicher Vater ist. Mit andern Worten: Sonne und Mond und Sterne gehen zwar, nach alter Lehre. im Meere unter, aber sie verlieren dort ihre Feuerk raft nicht; ihr eigentliches Wesen behalten sie unversehrt. Dariiber belehrt uns auch eine andere Sage vom Tritonssee her: Mi- nerva wird beim Triton erzogen, der eine sterbliche Tochter Pallas hatte. Beide uben sich in den Waffen. Aber plotzlich erwachter Neid bewaffnet die Hand der Pallas gegen die Minerva. Jene will eben den todtlichen Streich fuhren. Da tritt Juppiter mit seiner Aegis dazwischen. Die geschreckte Pallas wendet ihr den Blick zu. Diesen Moment ergreift Minerva, und todtet die Neidische. Doch bald folgt Schinerz uber die rasche That. Minerva fertigt ein der Todten ahnli- ehes Schnitzbild, legt ihm die Aegis um die Brust, die ihres Sehreckens Ursache gewesen, und weihet es ehrenhaft neben Juppiter. Doch nachher, als die vom Juppiter geschwachte Electra zu dem Bilde gefliichtet war, wirft Minerva das da- durch verunreinigte Bild zur Erde herab. Uion nimmt es auf, II us weihet ihm einen Tempel, und das ist das alte vom Him- mel gefallene Palladium der Trojaner In diesen Mythen stehen nun ein Pallas und eine Pallas der Minerva gegenuber. Von jenem ist sie die Tochter, aber auch vom Poseidon. Um nun sofort selbst zu zeigen, dass meine obige Deutung die Sache nur von Einer Seite gefasst hat, will ich gleich die Erinnerung beifugen, dass die Erzeu- gung der Minerva vom Poseidon und von der Nymphe Triton is auf dem Grunde der allgemeinen alten Lehre ruht, wonach Oceanus und Tethys (man deutete mehrentheils: Wasser und Erdey den Gottern das Daseyn gegeben 2 ). Aber der Minerva 1) Apollodor. Hi. 12. 3. rait Hejme's Anmerkk. p. 297. 2) IJiad. XIV. 2)1. Dieser Satz war eben sovvolil Orphisdi, als die ^rundla^c der Lehre Ionischer Philosopheii , und Plato bcnulzt Hid zubi 315 <*m eigentliches Wesen gehort nicht der Erde und dem Wasser an. Hier liegt nun die Vergleichung mit den Indischen Ava- tar's sehr nahe. In ihnen gehen auch die Gotter oft aus den Wassern hervor. Hierbei begegnet mir die Erbrterung eines Freundes, deren Ergebniss ich dankbar mittheile, urn desto scfaneller zu meinem Hauptzwecke zu kommen. Er geht von dem Hauptsatze aus dass der Buddhacultus durch Priester- colonien bis nach Griechenland hin verbreitet worden, und nachdera der Verfasser eine weibliche, oft inannweibliche, Gottheit in dieser Religion nachgewiesen , schliesst er mit folgender Ansicht von einer ur-Attischen Minerva- Budea : — „Nur dadurch aliein hebt sich der vielfache Widerspruch , dass Butu (Bovtijq namlich} spater als Ahnherr der Butadi- schen Phratrie 2 ) oder des Priestergeschlechts , fruher als Heros, und vordem als Gott, der Eine, gait, welcher zu gleicher Zeit, wie Buddha Vischnu , aus den Wassern hervorgehend, als androgynischer Awatar > im Erechtheus der wohlthatige Landes- vater, Mann-Fisch (Schlangenfussler 3 ) , im heraklidisch- mannlichen Wesen zum Poseidon (vielleicht auch Butu wohl einst genannt, wie sein Sohn: Bovrov rov IloasiSajvog vioq Etymol. m. p. 210 Sylb. p. 191 ed. Lips.) ward , als weiblicher Gott in die mannliche Pallas- Athene sich umbildete , der die Butaden datum Schirme trugen*)^ iveil sie auch Minerva- Bu- oftern. Man sehe die Nachweisungen bei Heyue zu dieser Stelle, Observv. VI. p. 565. Athene ward aber auch als die teste, trockene Erde, im Gegensatz gegen Poseidon, das Fliissige, Unfeste, genommenj Heraclid. Allegorr. Homerr. p. 444. 1) Ritter in der VorhalJe p. 8. p. 408 f. vergl. p. 164 ff. [S. jetzt Sjinbolik I. S. 499 f. 3ter Ausg.] 2) Ueber Butes , Pandions Sdhu, Priesfcer der Athene und des Posei- don, so wie iiber die Butaden, siehe ein Mehreres in uuserm vierten Theile. 3) Dieses Pradicat vverden wir im Verfolg bei den Attischen Mj'tlien von agrarischer Bedeutung finden. 4) Namlich an deu Skirophorien j s. unsern vierten Theil, Daher 316 dea war und hiess *) namlich die aus den Wassern hervorgegem- gene Erdenmutter , die Jungfrau, die Sonne, Kore, die im • Pontisch - Thracischen Norden zur Thetis, am Tanais zur Maetis ward." Im Verfolg beriihvt der Verfasser nochmals jenen alt-x\thenisch-B6otischen Religionsdienst, wo er in der Pallas -Athene den aus den Wassern hervortretenden Awatar- Buddha-Vischnu und Sol marinus findet (S. 418.). — Ich denke, meine Leser werden sich durch das hier Mitgetheilte schon hinlanglich gereizt fuhlen, um nun auch die ganzen Ausfuhrungen des geistreichen Verfassers zu verfolgen, und jene Maetis kennen zu lernen, die in den Donischen Lan- dern ganz in der Wiirde jener Tethys erscheint, die uns Homerus (Iliad. XIV. 201.) als die Mutter der Goiter nennt. — Hier liesse es sich. nun wieder wahrscheinlich machen, dass auch nach Attica hin von jenera Kriege der Koru's und Pandu's eine Kunde gekommen, indem ja eben die Pandioni- den im Dienste der Sonne-Athene die Sonnenschirme tragen. Aber ich will lieber meine Leser von den Pontischen und Donischen Seen zunachst an die Libyschen und Aegyptischen zur tick fuhren. Hier wird das Lied vom Kriege zu Eleusis vorlaufig antonen$ das wir aber in seinem ganzen geistlichen Verstande erst in den Cerealischen Religionen verstehen ler- nen werden. Also Festspiel und My thus am Tritonssee geben jungfrau- liche Zucht und strenges kriegerisches Wesen kund. Durch beides wird eine Gottin Pallas verherrlicht, die doch weder Minerva selbst den Beinamen 2xtQ«<: fiihrte, Strabo IX. p. 347 Tzsch. und mehrere Nachweisungen in unsern Meleteram. I. p. 24. Ich werde unten auf diese Beinamen der Minerva zuruckkommen. 1) Steph. Byz. p. 235 fierkel. mit den Noten. Hesych. I. p. 755 Alh. Tzetz. in Lycopliron. vs. 359. p. 562 Muller. Bovdzi,a. Dort wird audi der andere Name derselben, AY&vta, Minerva fulica, von einem Wasser- vogel des Namens auf den Unterrichfc im Schiffbau bezogen, den diese Gottin die Menschen gelehrt habe. S. dariiber Ritter p, 432 if. vom Vater Pallas noch von der Gespielin desselben Namens etwas wissen will. Sie wendet sich strafend ab von dem Unreinen, wirft weg das Palladium, nachdem es die unreine EJectra beruhrt, so wie sie, nachher als Athenaa, die Flote wegwirft, die entslellende und, sage ich, die erregende, die leidenschaftliche. Vom Wassergott und von der Seenymphe ist diese strenge Pallas geboren, aber — so fremd ist ihr dieses Element — sie geht in die Hdhe zum Zeus, und will ihn zum Vater haben. Ja, nach der gewohnlicheren Stamm- tafel ist er auch ihr Vater, der sie, wie der Verfolg zeigen wird, ohne Zuthun des Weibes aus seinem Haupte geboren. Ob nun die Mysterien am Tritonischen See auch diese Pallas gekannt, und ob sie in ihrer TQixoyeveia nicht bios die aus ,dem See Geborne, sondern auch die aus dem Haupte Hervorgegangene gesehen haben — diese Frage geht uns weniger an , als die Fulle von Begriffen , die in diesem Pradi- cat niedergelegt waren. Denn rQiroyeveia sollte Pallas ge- nannt sein aus vielen Ursachen, wo von immer Einer diese, ein Anderer jene gelfend machen wollte *). Hier werden namiich als Grund des Namens angegeben zuvorderst, wie gesagt, der Tritons-See, dann der dritte Monatstag, dann der Kopf 2 }, ferner der Mond von seinen Phasen nach der 1) S. iiber das Folgende nur Heyne ad Apollodor. p. 297. und Tzetz- arum Scholia in Lycophron. vs. 519. p. 666 sqq. ed. Miiller. mit den No- ten; urn nicht Mehreres anzufiihren. 2) Juppiters Haupt. Tzetz. 1. 1. rgtra) yag BoHOTixolq q y.eyukrj. Auch ward der Name Triton nun in der mysteriosen Erdkunde bald hierhin "bald dortliin versetzt , wo Pallas vorziiglich verehrt ward. So stromt er als Fluss auch in Thessalien und in Bootien ; Schol. Apollonii I. 109. IV. 1311. Pausan. IX. 33. Strabo IX. p. 427 Tzsch. Hierbei muss nicht vergessen werden, was die Chronologen sagen: „Ara Tritonssee wird der Name der Athene bei den Griechen vernommen u Syncellus p. 126. vergl. Eusebii Chron. n. p. 273 ed. Maji Mediol. 1818. — Das war jene Urzeit, als im Ogygischen Bootien Cecrops iiber die alten Stadte Orcho- menos, Eleusis und Athen am Tritonsflusse geherrscht haben soli. Siehe 318 Dreizahl, die Seele nach ihren drei Kraften, die Luft, nach den drei Jahreszeiten, die Weisheit, Einsieht (fpQovqaig), wegen ihrer drei Gaben: gut rathen, recht urtheilen und richtig handeln ; oder endlich, meinten Andere, weil sie die Bosen zittern (tqsiv) niache, und Kriegsschrecken uber sie bringe (Cornutus 20. p. 186. und daraus Eudocia p. 4."). Das Alter des My thus von der Geburt aus Juppiters Haupte, so wie die herrschende Auctoritat dieser Genealogie, lasst sich schon daraus abnehmen, dass Hesiodus diese seiner Theogo- nie einverleibt hat: .,Ihm aus dem eigenen Haupte fuhr Zeus blauaugige Toch- ter, Schrecklich, umrauscht vom Gewuhl, Heerfuhrerin , nimmer bezwungne Herrscherin , die an Getose sich freut 3 und an Kampf und Entscheidung" In demselben Sinne nennt sie dann auch Homerus des starken Voters Tochter 2 ). Nichts Anderes giebt das Festspiel am See Triton zu erkennen. Mannliche Jungfrauen kampfen unter furchtbarem Getose urn der Tapferkeit Preis. Erbarmungslos strecken sie die Schwaclien und Zaghaften zu ihren Fussen uber diese Sagen Muller's Orchomenos p. 45. 213. p. 351 ff. und Hitter's Vorhalle p. 418. Da oben neben der Minerva die Magna Mater genaunt wurde, so wird es wohl nicht unnothig seyn, hierbei zu bemerken, dass die Bbav^ni der Indier, in der streitbaren Eigenschaft Durga geoaniifc , nach dem Buche Tschandi, auf einem Ldwen reitet, wie Cybele, dass sie von demselben herab einen bdsen Damon Mahischasur mit dem Spiess erlegt, dass sie als furchtbar-rachende Gottheit aus dem grossen Feuer- auge des Schivva geboren seyn soil, und dass ihr Bild am Schluss eines grossen Festes, Durgotsava genannt, ins Wasser zuriickversenkfc wird; s. Asiatische Abhandll. B. I. p. 208. B. H\. p. 231 ff. B. IV. p. 60. vergl. mit Paullini System. Brahman, p. 99—102. Ich werde auf die Vorstel- lung von dieser Durga zuriickkommen. 1) Hesiod. Theogon. 917 ff. nach Voss. 2) 'OSQ^iondrgri Iliad. V. 747. nieder. — Schwache ist der Unkeuschheit Folge — so lautet dieses Libysche Frauengeselz; aber die Tapferste wird als reine , sprbde Athenaa mil dem ehernen Kopfschmuclt iin Triumph urn den See gefiihrt. A us diesem See ist eine ^reine Jungfrau geboren, und unversehrbare Jungfrauschaft ist des Festes Zier und des Landes Stolz. Dieses Alles, soli es nicht buchstablich von einem Liby- sehen Amazonenstaate verstanden werden, ist nun noch ziem- lich unbestimmt und rathselhaft. — Unbestimmt, denn die Amazonen gehdren auch der Artemis an, jener Artemis, die als Ilithyia die theuerste Pflicht der Frau, die Mutterpflicht, fordert, und hinwieder doch Alles fliehet, was auf das Ge- burtsgeschaft Beziehung hat 1 ). Aber eben diese scheinbare Inconsequenz in den Vorstellungen von beiden Gottinnen wird uns, wenn wir sie in ihrem Grunde erfassen, zum wahren Verstandniss fuhren. Widerspruch und Losung gewahrt der l€Qog Xoyog der Athener. Eine doppelte Legende ging dort um den alten Tempel der Athene Polias um. Die erste be- richtete Folgendes : Hephastos erblickt die Athene. Er nahet sich ihr mit ungestumer Zeugungslust. Sie wendet sich ent- riistet ab. Aber schon war der Saame zur Erde geflossen, und durch ihn erhalt Erechtheus das Daseyn, welcher nun der Erdgeborne heisst 2 ). Aehnliches Geliiste gegen dieselbe Gottin hatte einst Prometheus schwerer biissen mussen. Kaum t) Man vergl. Plutarch, de Superstit. p. 170 B. mit Wyttenbaclis Anmerkuogen Vol. VI. part. II. p. 1030 sqq. y 2) Apollodor. III. 14. p. 358. Scholiastes Aristidis Panath. p. 118. vergl. p. 102. Hemsterh. ad Lucian. Diall. Deorr. VIII. p. 28. in Anuott. p. 274 sq. und meine Anmerk. zu Cicero de N. D. III. 22. p. 599. [Die abwehrende Selbstvertheidigung der Athene gegen Hephastos sehen wir jetzt bildlich dargestellt in einem Terracotta- Fragment bei Broendsted, Reisen in Griechenland H. Taf. 42. p- 170; vergl. p. 299. und Raoul- Rochette Lettre a Mr. Klenze p. 22 sq. und die Geburt des Erichthonios und die Einweihung des Butes ebendaselbst, auf einem Vasenbilde Ta- fel 62. p. 3190 ^ 320 'ym war sie mit seiner Beihulfe aus Zeus Haupte geboren, so wolite er ihre Keuschheit verletzen, ward aber daftir zur Strafe an den Caucasus gefesselt. Daher die Caucasischen Voiker dem Zeus und der Athene keine Ehre erwiesen *)i Das war Prometheus, der den Feuerfunken mit der Erde ver- mischte, der den atherischen Geist in irdische Leiber bannte, dessen Dichten und Trachten vorwarts auf die Folge irdischer Geschlechter gerichtet ist. Mit diesem hat Pallas- Athene nichts gemein. Auch hat sie riichts gemeiq mit dem telluri- schen Hephastos. Beide buhlen nur mit der aus dem Scheilel des himmlischen Zeus Gebornen , sie wollen ihr entlocken den ewigen Lebensstoff, wodurch das materielle Feuer und der Erdensohn Unverganglichkeit gewinnen. Aber materielle Zeugungen sind nicht die Bestimmung dieser Tochier , die ohne Zuthun des Weibes vom Zeus dem Himmlischen gebo- ren ist. — So weit auch hier streng bewachte Jungfrauschaft, Entrustung bei der Gefahr, sie verletzt zu sehen — abwei- sende, strafende Sprddigkeit. — Aber nun nahet sich ihr ein anderer Hephastos. Es ist der alteste Vulcanus, des Colus [des Htmmels) Sohn 2 ). Diesen weiset sie nicht ab, sondern freudig ihn umarmend zeugt sie mit ihm den Apollo, den Yorsteher edler Altvordern und den Schutzgott der Stadt, der sie, die mutterliche, den Namen gegeben 3 ). Es gab 1) Duris Samius ap. Schol. Apollonii n. 1253. vergl. Hemsterh. a. a. 0. p. 275. 2) Cicero de N. D. III. 22. p. 598. mit den Anmerkk. vergl. daselbt III. 23. p. 622 sq. unserer Ausg. 3) Plato Euthydem. p. 302. d. p. 404 Heind. *AnolU)v wegen Ions Herkunft. Minerva hiess dort 3 A&r]vu (pquTQla (curialisj. Ich liabe anderwarts aus handschriftlichen Spuren die Vermuthang gewagt, dass sie dort auch vielleicht ytvr\%tuq , jVorsteherin der y£vv\ y der Ge- schlechter, genannt worden sey (Meletemm. I. p. 24. sq.). Die religiose Genealogie lautet im Wesentlichen so: Die Athener sind Autochthoneu. Erde und Sonne sind ihre Eltern; als Ionier ist Apollo ihr Ahnherr, als der, welcher mit der Creusa, des Erechtheus Tochter, den Ion «rzeugt noch/ eine dritte Genealogie, wonach Minerva des Vulcanus Tochter war (Jul. Firmic. de err. prof, religg. p. 20.). Hier- juit merken vvir nun auf die alt - Attischen Sagen, die ims Plato aufbehalten: Wie einst die Cotter auf Erden regiert, und deren verschiedene Lander unter sich vertheilt hatten, wie Hephastos und Athene, mit gemeinsamer Natur begabt, und Geschwister als Kinder desseiben Vaters ? dann auch wegen ihrer Liebe zur Weisheit und zur Kunst nach Einem Ziele strebend, das Land Attica zu ihrem Antheil bekommen, als fur Tapferkeit und Klugheit am m cist en von Natur einge- richtet, wie sie tuchtige Autochthonen iin Lande hervorge- bracht, edle Manner, in deren Geist sie die Wohlordnung des Staats einpragen konnten. Hierauf wird die Einrichtung der verschiedenen Stamme durchgegangen, und wie die Kriegercaste die Anhohen besetzt, und in dem Tempel des Hephastos und der Athene, wie in einer einzigen gartenahnlichen , rnit einem Walle umgebenen Wohnung, beisammen gelebt, und was die Sage von ihrer Sitte und Lebensweise weiter zu melden v/eiss 1 ). Hierbei kommen nun die Namen Cecrops, Erech- theus, Erichthonius wieder vor. Das ist der doppelgestaltete {di 322 m> Ich hebe aus diesen Sagen zu meiner Absicht einige Haupt- satze aus. Hephastos, heisst es, und Athene haben cine gemeinsaine Natur Q'HyaitiTog de xoivnv xai 'Adyvti cpvoiv e%ovT€g). Sie ist seine Schwester, von demselben Vater (Zeus) geboren Qd^ta (xep ddekcpriv ex ravvov -tccltqos)^ in Liebe zur Weisheit und zu den Kiinsten gehen sie einem gemeinsamen Ziele nach (cfym be cpikooocpia cpikorexvia =te ml rd avrd ekdovreg). Ihren Tempelraum bewohnen nun die Krieger, die Beschutzer (jpvkax.es) ihrer Mitburger. und Anfuhrer der ubrigen Hellenen, die ihnen freiwillig folgen *). — Hier tritt nun die Weisheit und Krieg liebende (cptk6aocpo<; xal (piXo7r6ke[Aoq~) Athene wieder in ihrem ganzen Wesen hervor, und zwar hier im Bunde mit einem gleiehgestimmten Bruder, dem hiimnlischen , feurigen Hephastos. Wenn wir die Schaaren der Krieger um ihre TempeJ gelagert sehen, Krieger, die ihrer Mitburger Beschutzer und der ubrigen Griechen Vorgesetzte (ijye^oveq) sind, so kann uns bei die- sen koniglichen Naturen wohl die Konigsweihe wieder ins Gedachtniss kommen , die der Persische Regent in einem Temp el empfangt, deren Gottheit man Athene nennt 2 ). Doch , um die Grundbegriffe von dem Wesen der Minerva zu erkennen, ist es nothiger, die Ruckkehr nach Aegyptens Tempeln zu nehmen, deren Gebiet wir in diesem Abschnitt schon einmal beruhren mussten. Und — mit Einem Worte — die Platonische Sage ist ja ganz und gar Aegyptisch, oder, bestiimnter zu reden, Memphitisch und Saitisch. Denn wenn Hephastos in Athen , des Himmels (Zevf) Sohn , die Athenaa zum Weibe gewinnt, und mit ihr einen Stainmvater der Athe- naischen Ionier zeuget, so ist damit folgende Memphitisch - Saitische Genealogie gegeben : Phthas w Neith I Phre 1) Plato im Critias a. a. O. 2) S. I. Th. p. 229. 2&J ff. Hter Ausg. Real betrachtet will Beides, das Attische und das Aegypti- sche Dogma, sagen: Das immaterielle Fetter, mannlich (Phthas), zeuget mit dem immateriellen Fetter , weiblich , das reinste ma~ terielle Feuer , die Substanz der Sonne — der Sonne der Natur und der des Geistes. Denn Sonne im Sinne der alten Reli- gion en , der morgenlandischen zumal, ist eben der Strahlen- punkt desj Geistes und des Leibes, des Intellectuellen und des Physischen *). — Und dieser Sonne Bestand, d. h. dieses physischen und intellectuellen Lichtes Grund, ruhet in den Eltern, in Phthas und Neith. Sie haben von sieh abgethan, was im besonderen Daseyn getrubt erscheint; sie wachen und wehren, dass nichts Unlauteres an ihr Wesen rtihre — sie strafen und kampfen, um des Lichtes Idee zu retten 5 ohne welche das besondere Licht kein Licht mehr ware. Das war Saitische Lehre$ und um Sais Tempelhaus lagerte die Krie- gercaste, wie sie im priesterlich-alten Athen lagerte um He- phastos und Athenens heiligen Raumen. Den Hermotybiern 2 ), den Kriegern des einen Siammes, war in Aegypten unter andern der Saitische Nomos als Lagerplatz angewiesen. Im ursprunglichen Geiste der Religion war nun priesterticher Kampf ihre Bestimmung. Da werden an Festtagen Kriege gefuhrt worden seyn, wie der von Eleusis. Jedoch, da dieses Krieges Sinn erst bei den Cerealischen Religionen verstand- lich werden kann, so knupfen wir hier unsere Erorterung bios an die Minervalischen Gebrauche an , die uns zuvor schon einmal vom; Libyschen Tritons -See an den Rund-See im Heiligthume der Saitischen Athene geleitet haben. 1) In der Kiirze, und um solche Elementarsatze , ohne deren Ein- sicht alle Mythologie fruchtlos ist, nicht wieder ausfiihren zu miissen, verweise ich auf viele Stellen im 1., 2. und 3. Theil dieses Werkes, [Statt Horus in der obigen Genealogie habe ich mit Guigniaut jetzt Phre den Sonnengott gesetzt, weil die Griechen mit diesem den alteren Afche- nischen Apollo zusammenstellten.] 2) Herodot. II. 164. l65.j 21* Dass nun zuvbrderst jene Attischen Sagen im Kritias a. a. 0. ganz und gar Aegyptischen Charakter haben, beweist schon die Beschreibung des Kriegerstammes. Denn von den Aegyptischen Kriegern lesen wir dasselbe. Ward ein Konig aus der Kriegercaste genomraen, so ward er sogleich den Priestern einverleibt, und ward eingeweiht in ihre symboli- sehe und allegorische Philosophie , ). Das heisst nun, wie wir wissen, er war ein Zogling des Phthas und der Neith, des Hephastos und der Athene. In Aegypten hatte ein Nomos von der Athene seinen Namen, vermuthlich der Saitische 2 ). Dass sie in Athen als Namengeberin [mwvvpoq) verehrt ward, haben wir bereits gesehen. Sais. behaupten einige Schriftsteiier, war auch der Aegyptische Name der Athene 3 ). Auch hatte einer der vier altesten Attischen Starame (tribus, cpvlat) von dieser Gottin den Namen. Erichthonius, meldete die Sage, hatte die Attiker in vier Abtheilungen geordnet, und sie nach vier Gottheiten 4 tag, 'A^ijvalg^ Iloasiduwids und 'HcpaiaTidq genannt 4 ). Hier stosst sich ein neuerer For- scher gleich an den Namen der ersten tribus, die vom Jup- 1) Plutarch, de Isid. et Osirid. p. 354. p. 452 sq. Wyttenb. c 0 8k i* fUix'fiojv anoSedeiyfifroq ev&uq lyivtxo tojv legicov , nal ^fTfl/e Trjq yikooorplaq, welche darauf beschrieben wird. Die Leser mogen selbst die Parallele init der Platonischen Beschreibung der alt- Attischen Kriegercaste Ziehen. In anderer Hinsicht habe ich die Plutarcheische Stelle in den Commentt. Herodott. I. p. 214 sqq. erlautert. 2) Aristidis Or. in Miner v. p. 12 Jebb. Proclus in Platon. Tim. p. 30. sagt von der ^A&Ypq. : Mtu tojv duo noXtm fcpogoq Ttjq re ^usojq y.cti %o)v A&7\vojv. 3) Pausan. IX. 12. 2. p. 37 Fac. Charax ap. Scholiast. Aristidis. Diese und andere Stellen habe ich in den Meletemm. I. p. 63. mitgetheill. Hier will ich noch beifiigen \ dass der Jablonskische Versuch, den Ae- gyptischen Namen Sa'i zu erklaren, vergeblich istj s. dessen Voce. Aegyptt. p. 245 sq. und dariiber Champollion l'Egypte sous les Pharaons IT. p. 219 sq. 4) Pollux VIH. 109. p. 931 Hemsterh. 325 piter -benannt seyn sollte, erinnert aber doch nachhec an den Zevq TcargaHog der Athener l ). Ganz richtig. Aber den orga- nischen Zusammenhang der religiosen Genealogie hatte er in seinen Grunden gesehen, wenn er sich der Stelle im Kritias (s. oben) erinnert hatte, wo Athene und Hephastos Kinder Eines Vates, namlich des Zeus, genannt werden. Mir*Jiegt es nun ob, diesen Organ ism us naohzuweisen. Zu dem Ende rufe ich die andere Stelle des Plato 2 ) meinen Lesern ins Gedachtniss, wo der Philosoph den Zeus Herceus der Athe- ner, sodann den Apollo Patrons, als den Vater des Ion, und die Athenaie Phratria auffuhret. Nehmen wir nun noeh den Cicero und Johannes den Lydier 3 ) hinzu, so biidet sich die 8tamra(afel so : Co! us Dies » Vulcanus w Minerva 1 Apollo w Creusa I Ion. Erste Zeugung: Licht und Tag [ovQavbq y.al i){a8qu) bringcn den Hephastos hervor$ zweite Zeugung : Hephastos und Athene geben dem Apollo das Daseyn; dritte Zeugung: Apollo und Creusa erzeugen den Ion, den Ahnherrn der Ionier. Das waren die genealogisch aufgefassten Erinnerungen der AUi- schen Menschheit von den Ogygischen Zeiten her. In jener Periode, wo Bootien grossentheils Sumpfland war, und Atti- ca's Gauen haufig unter den Well en des Meeres begraben lagen, da konnte dieses Land wohl noch selbst Posidonia • (Jloostdaivia Strabo IX. p. 397.) genannt werden. Da war Ogyges, das alte Bild derFluihen, da war Poseidon der bei- 1) Schomaim de Comitiis Atheuieusium p. 349- 2) Im Euthydemus p. 302. p. 404 Heind. fc 3) Cicero de N. D. II. 22. Joh. Lydus de menss. p. 105. Schow, p. 244 sq. Rotlier. den Lander Heir, da waltete Athene an Tritonisch - Booti- schen Flussen. Als aber die Nacht geschwunden war, und als Zeus, der grosse Naturleib, mit dem Tage den hiinmli- schen Feuergott gezeuget, der nun in der Athenaa wieder eine Gottin des Lichtes und der Warme umarmt, und als aus dieser Ehe der machtige Sonnengott dem Lande geboren ward, da konnte iin getrockneten Boden Erichthonius, der Mann der Erde und des Ackerbaues, seine Unterthanen in Haufen jheilen, wovon die Mehrzahl den Nam en von Licht- und Feuergottheiten an sich tragt. Nun behauptet der himmlische Zeus in Attica seine Rechte als Burgherr Qtyxelog und no- hsvg)^ Poseidon hat sich mit Athene abgefunden; sie giebt der Burg den Namen, und gesellt sich dem Hephastos als Gnttin bei. Das Walten aller vier Gottheiten wird nun in den vier Stammenamen (jpvXalq'y verherrlicht. Die Bruder- schaften aber in kirchlichem Verstand, die Curien (jpparptat), begeben sich unter den Schutz von Zeus und seiner Tochter Athene. Beide werden phratrische Gotter genannt, und Apollo, Ions Vater, heisst der Gott der Vater, der Altvordern (jra- tqujos) und der Ahnherr der Geschlechter (j*Q%i]ykTi]q~). Mogen nun diese Sagen und Stammtafeln von Dichtern bearbeitet worden seyn wer wird dies nicht wahrschein- lich finden? — sie ruheten dennoch auf dem festen Grunde 1) Schomann de Comit. Athen. p. 350. Wenn derselbe beim Aeschy- lus Eumenid. vs. 13. in den naldeq 'Hytttoxov, in Bezug auf die Athener, eine Anspielung auf jene Attische Genealogie von dem Vulcanus sieht, so 1st dies ganz richtig. Sie muss aber auch dort in ihrem natiirlichen Zusammenhang genommen werden. Apollo kommt vom See auf der In- sel Delos (vs. 9.), begiebt sich zu dein Sitz der Pallas nach Athen, und verehrt von des Hephastos Sohnen (den Athenern), die das rauhe Land fruchtbar niachen, und die ihm die Wege bahnen, wendet er sich nach Delphi. Diesen Culturweg der Athenischen Sonnenreligion bezeichnet Ephorus beim Strabo IX. p. 64G. sehr gut in schliehter Prosa. Man ver- gleiche "Ephori Fragmm. nr. 70. p. 182 ed. Marx. Im Verfolg werden wir diesen Gang der Cultur umgekehrt angegeben linden. -» 327 *m der alten naturlichen Religion des Landes , sie waren in das religiose Gefuhl des Volkes aufgenommen — kein Poet hafte sie zur Kurzweil aus seinen Fingern gesogen. Berg und Thai, Bucht, See und Fiuss, so wie die ganze natiirliche Geschichte der altesten Civilisation Attischer Stamine — sind volfgultige Bu'rgen fur ihre innere Wahrheit. So geht ein Geschlecht himmlischer Machte aus dem an- dern hervor , urn einem dritten das Daseyn zu geben , und durch unter Alle vertheilten Besitz Attica's Land und Be won- ner zu heiligen. Ganz gleiche Ausgiessungen haben wir oben in den Genealogien der Aegyptier wahrgenommen. Auch Aegyptens erste Herrscher waren Gotter gewesen. Sie wa- ren aber zuruckgegangen ? woher sie gekomuien. Der vor- dere Gott nimmt den nachfolgenden immer wieder in sich zuruck. Fiir die menschliche Anschauung war dies durch Gottertod und Gottergrab versinnlicht Neith - Isis stirbt, und wird im heiligen Raume des Hephastos beigesetzt , der als zweite Potenz ihr Gemahl > als erste ihr Vater war. Gleichermassen wird in ihrem Heiligthum Osiris begraben. Seine Grabstatte lag zu Sais. Was der Name besagen will, wissen wir nicht; aber das wissen wir, dass hier an dem Jahresfeste eine Licht- feier, ein Lampenfest (\v%voxatrjy begangen ward l ) zu Ehren der Athenaa; von welcher Feier ein mysterioser Myth us um- ' ging. In demselben Sa'itischen Miner ventempelraum , im hei- ligen See wurden Osiris Leiden und Tod in mysteridsen Schauspielen der Versammlung vor Augen gestellt, jener Tod, der in ganz Aegyptenland mit Weklagen bejammert ward 2 ). In demselben heiligen Raume zu Sais waren grosse Obelisken aufgeriehtet 3 ) — - das Alles im Bezirk der Saitischen Athene, 1) Herodot. II. 59. 62. 2) Herodot. II. 170. Athenagor. legal;. §. 25. vergl. oben Th. H. p. 19 fF. 3ter Ausg. 3) Herodot. II. 170. Dort war auch eines der Koiiigsg-raber fiir die Pharaonen; Strabo XVII. p. 802. p. 539 Tzsch. Auf dem Berge Pontius, bei Lerna in der Griechischen Land- schaft Argolis, sah Pausanias die Trummer eines Terapels der Minerva der Saiterin (^Jdjjvdg JgaiTtdog) 1 ). Dort feierte man auch am AIc}'6nischen See Mysterien, weil dort Diony- sos in die Unterwelt hinabgestiegen 3 urn seine Mutter Semela wieder herauf zu fuhren 2 ). Dionysos war ins Todtenreich eingegangen, aber auch wiedergekommen , und Semela, die Erdmutter, war nicht in der Erstarrung geblieben; sondern neu aufgelebt und befreit war sie als Libera den Gestirnen des Himmels, dem Tagesliehte, wieder enthullt worden. Da- von gab der Phallus Kunde, der in den Lernaischen Weihen am Todtensee aufgepflanzU ward. Am See zu Sais waren Spitzsaulen aufgerichtet. Auch Colossen waren dort hinge- stiftet, und grosse mannliche Sphinxe 3 ) als des Geheimnisses Wachter. Sie lagen vor dem Heiligthume der mannlichen Athenaa. Dieser Gottin mannliches Thun und Streiten ward am Tritonischen See von Jungfrauen gefeiert. ( Dort w r ar sie die kriegerische Gottin und die sprode. Als solche hatte sie sich auch gezeigt, als sie das von der geschwachten Electra beruhrte Palladium im Unmuth zu Boden geworfen. Dieser Zeus, der bis zu sterblichen Jungfrauen sich herablasst, wird nicht als Vater von ihr erkannt, wohl aber jener andere, der ihr und dem Hephastos das Leben gegeben. Mit dieses himm- lischen Juppiters feurigem Sohne zeugt sie selber die schone Sonne, den Horus -Apollo. In Athenaa liegt der Grund von Apollo's unverganglicher Kraft. Osiris der gute und Horus der schone — sie konnen nicht auf immer untergehen 4 ). Ihres O Pausan.^II. 36. 8. Ueber die Reste in diesen Gegenden vergl. Will. Gell's; Argolis p. 84. 2) Pausan. II. 37. vergl. unsern drifcten Theil (p. 163 2ter Ausg-X 3) Herodot. II. 176. LZum Nachfolgenden bemerke ich jetzfc ganz kurz, dass Phreh der Sonnengotfc , Sohn der Neith dem altcn pelasgischen Apollon entspricht, dem Soline der Athena, (s. oben) Horus oder Arueris Sohn des Osiris uud der Isis dem' hellenischen Apollon.] ' 4) Im Laufe des Jahres kehrct die Sonne wieder, die Etde gewin- 329 iinmer wieder auflebenden Lichtes Kraft ist durch das Wesen der Athenaa versichert, die am Sterblichen keinen Theil hat. Daher ist auch des Bestehens Kraft in Allem, was sie gebil- det. Selbst das verletzte und verworfene Palladium gilt als Unterpfand und Zeichen dessen ? was bleiben soil. net wieder ihren Schmuck, und bringt gute Nahrung. Im Begriff der Minerva sind Apollo und Dionysos vermittelt. In der Athenischen Reli- gion ist sie des ersten Mutter; den letzteren aber, den Sohn der Kora- Proserpina, den insbesondere die Athener verehren, und dem sie den lacchos singen (Arrian. Exped. Alex. II. 16.), zerreissen zwar die Tita- nen, die Machte der materiellen Erde, aber Pallas -Athene rettet sein noch schlagendes Herz zu dem Vater, der ihn gezeugt, zum Zeus. Dass also Dionysos fortlebt, so wie dass Apollo immer wiederkehrt, um neu zu leuchten und zu warmen , davon ist Minerva der Grund, §• 21. Phallus, Pallas, Palladium und das Gericht beim Palladium. Das ist nun ein Hauptsatz aus der Lehre von der Pallas, vom Palladium und vom Phallus. — Warum ich Jetzteren bei der Minerva zu nennen wage, davon werden aufmerksame Leser den Grund in dem ganzen Ideengange finden, den ich bisher genoimnen, und der mich auf die Phallusverehrung zu Lerna leitete. Doch ehe ich die auffallende Zusammenstellung des Phallus und des Palladium zu rechtfertigen versuche, muss ich ganz in der Kurze der vielen Erklarungen gedenken, welche die Alten selbst von dem Namen der hochverehrten Pallas und ihren allerwarts heiligen Palladien gegeben haben. Mit diesen Etymologien finden wir sehr alte Sagenschreiber beschaftigt, zum klaren Beweis, dass die Griechen fruhe schon die verschiedenen Seiten dieser Religion in ihre An- schauung aufgenommen hatten. Pherecydes leitete die Benen- nung des Palladium vom Werfen oder Schleudern her, und dachte dabei an jenes von der unwilligen Pallas auf die Erde herabgeworfene himmlische Bild *)$ oder vom Schwingen 1) Pherecyd. p. 208. p. 194 sq. ed. alter. Sturz. vergl. Scholiast, Aristid. p. 327. p. 187 Jebb. IlakkctSm Ixdkovv , . xa&a Myu, ®tQ£xvdr\<; , to pukkoftcva tlq yijv ix rov ovgavov ayuk^iaxa' nukktvv ydg, akr] 1) Nach obigem My thus. Hiernach miissten sie Wurfbilder heissen. — Ob nun Pfeil, Pfahl, Bild mit palhtiv verwandt sind , will ich hier nicht untersuchen. Pfahl und Phallus hat schon andern Forscheni- ver- wandt gescbienen. 2) Es kann Pallas-Athene mit dem Obelisken die entgegengesetzte Hestia genannt werden. In den Begriff des Bleibens und des Bestehens theileri sich beide. „ Hestia bleibet, beim Plato im Phadrus, allein im Hause der Gotter." — Uebrigens haben sich in vielen Ortsnamen Spuren jener Wortfamilie erhalten. Hier nur Ein Beispiel: ein Attischer Canton hiess Uallrivri, und hatte seine Athene nakkrpiq t Herodot. I. 62. Athenaus VI. 26. und dazu Casaubon und jSchweigliauser Vol. IIF. Animadvv. pag. 358. So hatte sieh die Phalluslehre in den Mysterien von Sais ausgebildet. Sie kann nach den angedeuteten Spuren von Priestern des Vischnu herstammen. Den Geist der Vischnu- lehre hat sie ganz. Auch 'diese war eine Opposition gegen den rohen Schiwaismus, der in Phallagogien rohester Art ausschweifte. Diese Opposition tritt in den altesten Myth en von der Pallas hervor. Man ubersehe den bedeutenden Zu«* nicht, dass Pallas und die Palladien iminer geschutzt werden mussen gegen unreine Geschlechtslust. — Sie wird geschutzt : der atherische Phallus bleibt unversehrt, und Pallas, wie. Durga, kann der schwere Zutritt genannt werden. Nur einem Lichtgotte wird sie Gehor geben , nur auf des Aethers himm- lischer Burg kann ihr Brautbette stehen. Sterblichen Men- schen und materiellen Gottern bleibt es ewig unzuganglich. Das war die Pallas- Athene, in deren Heiligthume zu Sais geschrieben stand: „Was da ist, was da seyn wird und was gewesen ist — das bin ich. Meine Hulle hat Keiner aufge- deckt, und die Frucht, die ich geboren, ist Sonne gewor- den" *). Diese letzteren Worte erhalten durch Folgendes Erlauterung: Nach Aegyptischer Lehre hatte Minerva den oberen Halbkreis des Hiramels im Besitz, Juno den unte- ren 2 ). Daher bezeichneten sie auch den Hiinmel weiblich (xi]v ovgavov Griechisch ausgedruckt) , „sintemal die Erzeu- gung von Sonne, Mond und von den ubrigen Sternen ira Schoosse des Himmels zu Stande gebracht wird ; was des Weibes Geschaft ist" 3 ), Hiernach ist in der Pallas -Athene 1) Proclus in Platonis Tim. p. 30. [vergleiche n. t. p. 273 sq. 3ter Ausg.] 2) Horapollo Hieroglyph. I. cap. 12. sq. p. 22 Pawii. [I. 11. p. 17 Leemans; vergl. Dessen Adnofc. p. 181. Seitdem kennen wir Sati (Satis) als Hera im Aegyptischen Gottersystem. S. Symbolik II. 1. p. 277 sq. 3ter Ausg.] 3) Horapollo ibid, diort y.al r, yiveoiq r\l(ov xal ask^jvtjq nut xwv XowTiv aOT^Qmv iv ccvtw anoTeXilTctt , oniq iori> -O-rfKduq tqyov> Creuzer's deutsche Schriften. III. 2. s 99 338 der Mutterschoos von Sonne, Mond und Sternen personificirt. Hephastos und Athene sind die erzeugenden Potenzen der Welt in hdherein Sinne. Den Hephastos bezeichneten die Aegyptier in ihren Hieroglyphen durch einen Kafer und einen Geier (xdvdaQov xal yvTta)^ die Athene durch ei- nen Geier und einen Kafer (yvTva xai y.dv$aQov) , weii jede dieser beiden Gottheiten mannweiblich war, und weil aus mannlichen und weiblichen Potenzen die Welt besteht l ). 80 standen Phthas und Neith , das grosse kosmische Ehepaar, hieroglyphisch in Aegyptischen Tenipelbildern als Kafer -Geier und Geier -Kafer vor Augen, und nur die Ord- nung beider gab zu erkennen, ob man an die potentia mundi mascula oder an die feminea , an die raannliche oder weibliche Weltpotenz, denken sollte. Es zeigen sich Spuren, dass soiche Hieroglyphenbilder zu Griechischen Mythen den Stoff geliefert haben. Im Vorhergehenden wurde von uns ein sol- cher beruhrt, wonaqh Pallas als ai'&via, als tauchender Was- servogel, vorgestellt wird, von dem die Menschen die Ver- fertigung der Ruderschiffe lernen. Aus den Wassern sollte ja die Tritonische Pallas aufgestiegen seyn. Neben dem Wasserzeichen , den Fischen , erscheint ein anderer Minerva- lischer Vogel , die Eule , noch in Griechisch - Romischen Calenderbildern 2 ). Darauf folgt unmittelbar der Widder, das Zeichen.des neuen Fruhlings und des Lichtes, aber auch des Lichtbringers Hermes. Wenn wir nun auf geschnittenen Steinen einen Mauerbrecher gebildet sehen, mit einem Wid- derkopfe vornen, oben darauf eine Eule und daneben den . , 1) Horapollo I. 13. p. 24. I. 12. p. 19. sq. Leem. Es wird gleich vorlier vow Geiergeschlecht geredet, welches die Aegyptier fiir rein weiblich hielten, und daher einen Geier malten, wenn sie eine Gottin und Mutter bezeichnen wolltenj dahingegen alle Kafer fiir mannlich gehalten wurden, und zur hieroglyphischen Bezeichnung des Mannes dienten. 2) S. die Kupfertafel Nr. XLIX. mit der Erklarung m unserm Bil- derhefte p. 13. 2ter Ausg. I 339 « Hermesstab, so sollen wir zuerst an die physisch - calendari- sche Vereinigung dieser Bilder denken. Dann konnen wir aber auch mit vollem Rechte sagen: Hier sind ausdauernder Muth und Festigkeit, Klugheit und Wachsauikeit bildlich be- zeichnet *). — Die EuJe siehet und wachet in der Finsterniss, und aus dem Dunkel des Winters glanzet im Widderzeichen die Sonne des Fruhlings kraftig und fruchtbar wieder hervor. Darum hat auch der Helm der Pallas-Athene zuweilen Wid- derkopfe, wie z. B. jener der schftien Minerva Giustiniani 2 ). Derselbe hat auf seiner Spitze die Sphinx mit verschleiertem Hinterkopfe, Hals und Schultern. Sie ist verhullet, wie Kro- nos, der Gott der verborgenen Sonne, der auf dem Scheide- punkte 1 zwischen Zeit und Ewigkeil steht. So meldet auch die Saitische Inschrift von einem Schleier der Neith- Athene. Aber auch die hieroglyphischen Vogel dieses Kreises verra- then weitere Spuren selbst in einem Homerischen Gleichniss. Athene verschwindet in der Odyssee 3 ) 5? w r ie ein Aar" (jfrfvTj eidoftevqy Dabei wird von alten Erklarern der Lichtbringerin Minerva gedacht 4 ). t) Eine solche Gemme steht bei Tischbein im Homer in Bildern Heft II. p. 1. Letztere Erklarung gab Heyne p. 31. Ich wollte nur an den natiirlichen Grund derselben erinnern. 2) Widderkopfe hat auch der Helm der Pallas auf dem unvergleich- lich geschnittenen blassen Sapphir in der Sammlung des Geheimen Baths von Schellersheim; s. K. Morgensterns Reise in Italien p. 445. Eine von den Minerven des Phidias auf der Burg zu Athen hatte an den Seiten ihres Helms zwei Greife {ygifneq) , Pausan. I. 24. 6. p. 91 Fac. Hierbei muss man zunachst an Minerva als Mutter des Apollo, Oder der Sonne, denken. Die Greife waren in Indien der Sonne geheiligt (Ptiilostrat. Vit. Apollon. IV. 48. p. 134. und daselbst Olearius). Der Greif als scharf- sehendes, wachsames Thier Avar iiberhaupt dem Apollo geheiligt, und kommt bestimmt so auf Miinzen vor (Eckhel D. N. V. Vol. VII. p. 396.). 3) Odyss. III. 372. 4) Eustathius zur angefuhrten Stelle p. 134 Basil., der die andere Stelle Odyss. lib. I. 320. vergleicht, und dann fortfahrt: grosse Stimmen des Alterthums fur sich. Es ist bekannt, dass Plato in einem seiner Dialogen 3 ), wo Neith als die Stifterin von Sais an des Nils Ufern angegeben wird, den Griechischen Namen Athena ganz bestimmt als die Uebersetzung des eben genannten Aegyptischen gfebt. Be- kanntlich hat auch der Griechische Name dieser Gottin bei Alten und Neueren sehr viele Herleitungen erfahren. Den ersten Mannern unter den Philologen gait Plato's Auctoritat so viel. dass sie darauf baueten. Ob nun der Griechische Name eine Uebersetzung des Aegyptischen sey , oder eine nur ver- to cpatvetv IWe nv.Qy[x&o.i' ftiooyogoq tj 'A&rivu. Minerva ward fur das atherische Feuer gehalten (Eustath. ad Iliad. I. p. 123.). Daher gaben ihr die Alten gern bald ein rothes, bald ein gelbes Gewand; Winckelinann in der Allegorie p. 515. 2ter Dresd. Ausg. [In anderer Beziehung soil der Minerva wie der Venus die grime, eigentlich meer- griine oder meerblaue Farbe eigen seyn; woriiber Fred. Portal Des couleurs symboliques p. 201 sqq. sich weiter verbreitet. — Vergl. unten den Abschnitt von der Pallas Itonia §. 24. dieses Capitels.] 1) Cicero de N. D. II. 23. Secunda (Minerva) orta Nilo, quam Aegyptii Sai'tae colunt. 2) Charax ap. Scholiast. Aristidis Panath. p. 95 Jebb. HI." p. 17 Dindorf. « — ■ xal xovxov ziaquyti f,iu.Qxvga to xr\v 'A&r\vav lno%iia&at< xqoy.oSdXoj riQoq xi] axQonolsi , SrjXovaav xtjv anoixlav lx xov Netkov xvy/uvovouv. 3) Im Timaus p. 21. p. 12 Bekker. — oh; rtjq ttoXsgjq '&t6<; i'.Qxi\yoq xtq loxtv , Alywnxtaxi (iiv xouvopa' P£t]t& , 'IZkXrjriaxi db , ojq o h.itvojv koyoq, 'Afava. Auf diese Stelle spielt Arnobius an lib. IV. cap. 16. 341 ^ anderte Schreibart, darauf kann uns am wenigsten ankommen *). Audi werden meine Leser aus dem ganzen Ideengange, den diese Untersuchung und namentlich auch dieser Theil dersel- ben von selbst herbeigefuhrt , hier nun weiter keine ausfuhr- liche Beweisfuhrung erwarten, ob, und aus welchen Grunden wir die gebildete Atheniensische Pallas -xlthene wirklich fur eine Saiterin und zwar aus der fruhen Pharaonischen Vorzeit zu halten haben. Deinohngeachtet will ich niich nun nicht begnugen , die Meinung vom Aegyptischen Ursprung des Na- niens JSijva angefuhrt zu haben, sondern ich halte es fur mythologische Pflicht , auch der ahdern Herleitungen kurzlich Erwahnung zu thun, weil auch die offenbar falschen Etymo- logien auf Ansichten gegrundet sind, die von einer Seite etwas Wahres enthalten. So liegt z. B. gleich den im Pla- tonischen Cratylus vorgetragenen zwei Etymologien , wovon eine so gezwungen ist als die andere, eine tuchtige Ansicht zu Grunde; denn der Verfolg wird zeigen, dass die Minerva allerdings als Theonoa QSeovoa)^ als der Geist in Gott, ge« noramen worden. Nicht minder war sie von der ethischen Seite als das Vernunftmassige in der Gesinnung , als Ethonoe 1) Im letzteren Fall wiirde Netha die Aegyptische Form und Atken nach der Schreibung von der linken zur rechten Hand die Griechische seyn. Diese Meinung des Aegyptischen Ursprungs von 3 A&r\vu fanden Hemsterhuis, Alberti, Valckenaer und Ruhnkenius am wahrscheinlichsten. fChampollion 1. j. Panth. Egypt, zu pi. 6. (5. a.) nahm Nat oder Neth als den wahren Namen dieser Gottin an, aber ohne Belege dazu zu geben.] Andere begniigten sich mit der Annahine, dass die Gottin von der Stadt den Namen habe, wobei aber die Frage nach dem Namen der Stadt sich erneuert; s. die Ausleger zum Fulgentius p. 667 ed. Staver. und besonders Jablonski und Te Water in den Voce. Aegyptt. p. 426. Raoul-Rochette Hist, des Colonies grecques Tom. I. p. 116 sqq. hat fur die Colonisirung Attica's von Aegypten aus neueilich Mehreres gesagt, Er halt den Cecrops fiir einen der Hirtenkonige, die damals im Besitz von Sa'is gewesenj eine Untersuchung, die micji hier zu weit fuhrei) wiirde. 342 (JH&ovoif)) gedacht l )- folgen andere Etymologien, guten Theils aus den Schriften der Stoiker entlehnt. Da heisst sie *J9i]va von ddgelv^ vpmsehen, oder von ddgoog, versanamelt (Cornutns de N. D. cap. 20. p. 185 Gal.}. Ira letzteren Fall dachte man an den Beinamen dysXytg, dyekaLa (Eudociae Violar. p. 4.), in so fern sie Kriegsheere sammelt. Oder sie hat ihren Namen von 9i]lvg, privativ, weil sie nichts Weibi- sches hat (Cornutus a. a. 0.), oder von &qh} r gleichfalis l) Platonis Cratyl.fp. 407. p. 8i. HeindF. Man vergl. dort die An- merkung. Ich bin mit Schleiermacher Buttmanns Lesart gefolgt. Be- kanntlich leiteten Romische Philosophen Minerva bald von rninuere bald von minari ab, beides grundfalsch (s. Cicero de N. D. II. 27. mit den Anraerkk. p. 313 uns. Ausg.), obwohl das Vermindern wie das Drohen durch die Vorstellung von der kriegerischen Pallas dem Begriff nach richtig ist. Diese Etjmologen dachten aber an die alte Namensform nicht : Menrfa , Menerva (Lanzi Saggio di Lingua Etrusc. p. 199 sq. 203. 205. 2090- Davon dann Menerva. Richtiger legten Andere das Griechi- sche fjiivoq zum Gruude, leiteten aber davon meneo i. q. moneo ab, so dass Minerva zur Moneta wurde CArnob. III. 31. mit den Auslegern p. 159 Orell.). Bei pivoq muss zuerst an fxhw gedacht werden (Tib* Hemsterhuis, Lennep und Scheid im Etymol. p. 411. 427 sq. 929.). So vvird pivoq als unwandelbare, ewige Kraft richtig auf Menerva be*>gen; vorziiglich bleibende Geisteskraft. In diesem Sinne wird sie wirklich $ dvvttfiiq rov Jioq genannt, Juppiters Kraft CAristidis Orat. in Minerv. p. 16 Jebb.). — Sie ist die unwandelbare Intelligenz des Juppiter. Daher sie auch oft als die erste Gottin nach Juppiter genommen wird (Horat. Carmm. I. 12. 19. und daselbst Mitscherlich). Wie aber von (i4vo) y ttvaw und pfyvmu, herkommt, so geht nun audi von fihoq der Begriff der Behaltsamkeit aus, und Minerva selbst ist und heisst Memory die Behaltsame , auf Inschrif- ten Cs* Victorius zu Ciceron. Epistt. famill. XII. 25. p. 413 ed. Graevii). In so fern hatten also diejenigen nicht ganz Unrecht, die sie als Ge~ dachtniss nahmen, und Meminerva dachten (Arnob. a. a. 0.). Wer aber den morgenlandischen Ursprung der Grundidee richtig erkennen will, muss an Zeus Feuergeist und an die atherische Feuerwarte denken, der die Minerva vorsteht. Darum ist ihr der ausdauernde und behaltsame Lichtgenius der Pharaonen, Memnon^(M^o;v s. oben Th. II* I. p. 304 ff. 3ter Ausg,) in Namen und Begriff verwandt. — genug 5 Spindel und dessen Excurs zu Virgil. II. p. 347. Ueber das Palladium und iiber die andern Pallasbilder zu Troja vergl. auch Winckelmann's Anmerkk. zur Geschichte der Kunst I. p. 271. neueste Dresd. Ausg. 1) XIII. p. 897. 2) Arrian. Peripl. Pont. Eux. I. p. 7 Hudson, vergl. Hitter's Vor- halle p. 201 ff. 3) III. 12. p. 328 Heyn. und daraus Tzetz. in Lycophr. 355. p. 558 ed. Miiller. mit den Anmerkk. Der Ausdruck daselbst: rdlq dh noal av/z- foptixoq macht Schwierigkeiten. Cancellieri iibersetzt p. 54: „co' piedi angora congiunti uno con V altro, in atto di camminare spontaneamente". Man sieht, dass auch er die gewohnliche Lesart beibehalt. — Meines Bediinkens mussten solche Vorstellungen entstehen, weil die altesten Gotterbilder mumienartig verbundene Fusse batten, und doch auf Schiffen oder Wngen einhergefahren wurden, so dass die ruhige Stellung und die Bewegung zugleich in die Augen fiel. [Vergl. iiber diesen Ausdruck und iiber den gleichbedeutenden ovpnoda, iiber das Troi'sche Palladium und iiber die Sitzbllder der Athena, wie auch iiber das Bild der Athene- Chryse von Lemnos K. 0. Miiller's Handb. d. A. d. K. §. 68. p. 46 48, und Desselben Pallas-Athene in Ersch und Grubers Encyclopadie III. 10; gegen welchen aber, wie gegen Andere, C. B. Heinrich De Chryse in- sula et dea Bonn. 1839, p. 25 sq. zu erweisen gesucht hat, dass Sopho- kles im Philoktet der Volksmeinung gefolgt sey, wonach die Insel Chryse zunachst bei Lemnos gelegen, und die Gottin Chryse fiir Athene-Minerva selbst gehalten worden.] 4) Heyne zum Apollodor. p. 296. Heyne hatte aber das Palladium nicht auch der Hande beraubt, wie Saintecroix gethau hat. Dieser letz- 352 m» und Rocken gehdren zu den altesten Attributen der Gottinnen, wie sie in Syrien, in andern Asiatischen Landern und ira alten Italien dargestellt wurden. Da ich mich hieruber anderwarts ausfuhrlicher erklare, so will ich hier nur bemerken, dass Heyne's Unterscheidung, mag sie nun richtig oder unrichtig seyn, darin ihren Grund hat, dass er hierbei gerade nicht daran dachte, dass der Pallas zu Troja der Peplns auf eine feierliche Weise geweihet wird. Dieser macht aber mit Spin- del und Rocken einen organischen Symbolenkreis. Mit Einera Worte: Pallas hatte zu Uion den Peplus, wie sie ihn zu Sais und zu Athen hatte, und aus denselben Grunden. Sie war die Weberin des kosmischen Gewebes, sie selbst uber der Welt, und verborgen hinter dem Peplus; aber sie, die ver- borgene, hatte das Licht der Sonne hervorgebracht 5 und gerade auch die Minerva Ilias hat auf Trojanischen Munzen die Fackel in der Hand l )» Darauf weisen auch die obigen tere giebt in den Notices et Extraits des Manuscrits du Roi Vol. I. p. 539. aus Johannes Kanabutza folgende Vorstellung vom Palladium: „Le Pal- ladium etoit forme de deux figures de jeunes gens armes, qui etoient sans mains, %u dh dvo naXXddia Tjoctv axugonofyta , et plus bas : wq &eo~ TtepTcva yag xal ux^Qonolr^xa — c'est a dire, quHls avoient les bras pen- dans et colles selon l'ancien costume usite dans les premiers temps de la Grece". Wenn nun Kanabutza, wie Saintecroix zeigt, den Dionysius von Halicarnass vor Augen hatte, so hatte der Erklarer auch sehen mussen, dass dort (I. 68. p. 171 Reisk.) auch von Trojanischen Penaten iiberhaupt die Rede ist, die als Werke alter Kunst (mv sehr scharfsinnig aus d^fioq, Fett, und qxxiiv, q>uvtiv, . — ~ [Vergl. jetzt Phylarchi Fragmm. coll. Lucht nr. LXXIX. p. 140 sq.] — Die Worte sind in alien Mscrr. zum Theil verdorben. So viel geht daraus hervor, dass es my- steriose Traditionen von den Palladien gab, die bei verschiedenen Gele- genheiten vom Himmel gefallen seyn sollten, und dass es ihrer viele gab. — Hier mag noch der sonderbaren Sage gedacht werden, dass es auch ein Palladium gab, das aus den Resten von Pelops Gebeinen ge- macht worden (s. Clemens Protrept. I. fol. 43. vergl. Miiller zu Tzetz. in Lycophron. p. 555 sq.). Die obige Stelle des Scholiasten zum Aristi- des erhalt zum Theil durch ein Fragment des Plutarchus (I. p. 762. 763.) Licht, wo erzahlt wird, das holzerne Bild der Polias trjjq lloXictdoq), das die Athener noch aufbewahrten , sey von den Autochthonen ge- stiftet. 357 sind. Nur Folgendes gehort, meines Bedunkens, hier zur Sache: Die GescHfifte dieses Gerichtshofes bestrafen nicht bios unvorsatzlichen Mord ? sondern auch Naehsfellungen Qfiov- Xevaiq^ insidiae) und Todesfalle als Folge empfangener Wun- den. War nun im ersten Falle das Unvorsatzliche eines Mordes ausgeinittelt worden, so brachte dieses alte Gewohnheitsrecht dennoch mit sich, dass der Morder sich auf einem ihra be- st immten Wege aus dera Lande entfernte, auf eine Frist von einem Jahre, wahrend welcher Zeit er sich mit den Ver- wandten des Erschlagenen vertragen konnte. Aber auch dann noch folate, nach der Riickkehr, eine religiose Suhne (xa&dooiov^) ! ). Dass nun diese alten Gerichtsgebrdtiche aus der Idee von der Minerva hervorgewachsen war en , kann, nach a Hem Obigen, mit wenigen Worten dargethan werden. Athene hat im Hause des Triton an dessen Tochter Pallas eine Nebenbuhlerin, die in ihrer Leidenschaft sogar die Gottin todten will. Juppiter tritt dazwischen, und schutzt sie mit seiner Acgide. Nun fuhrt Athene den Streich auf die Falsche, und verwundet sie, welche Wunde dieser das Leben kostet. Die iiber den Tod des Madchens betrubte Pallas stiftet deren Bild in Juppiters , Burg. Das war das erste Palladium 2 ). Also Nothwehr und unfreiwilliger Todschlag von den Hdnden der Athene. Auf der andern Seite Hinterlist und Nachstellung. Diese soilten durch Streiche gestraft werden. Der Tod war nicht der Gottin Vorsatz. Darum wird das Bild der Gefailenen beim Zeus niedergesetzt. Es bleibt Warnungszeichen , Gerichts?nahl fur 1) IXemosth. in ^Neaer. p. 1348. in Everg. p. 1160 in Aristocrat, p. 643. coll. 634. Harpocrat. p. 37 ed. Gronov. Scholiast. Euripid. Hip- polyt. vs. 35. cf. Matthiae de judiciis Athenienss. in-Miscell. pliiloll. p. 150. ibiq. laud. Heraldus in den Observv. ad Jus Attic, et Horn. p. 34l. und iiber die Attische Appellation Cfytoui) iiberliaupt Hudtvvalcker iiber die Diateten in Athen. §. 7, p. if9 ff. 2) Apollodor. HI. 12. p. 329 sq. Heyu. die Hinterlistigen , und Rechtfertigung der reinen Jungfrau Athene. Diomedes (der im Sinne des 9eus-Dis Denkende und Handelnde) hatte daher auch, seinem Charakter treu, den mit Mordgewehr ihn hinterlistig anfallenden Ulysses nur mit den Streichen der flachen Klinge gestraft. Im andern Falle (wie, nach der Stiftungslegende, der Attische Konig Demophon) hatte selbst der unvorsatzliche Morder doch immer Blut vergossen, und wenn er vor dem Palladiengericht ge- rechtfertigt war, so musste er doch dureh FJueht eine Zeit lang biissen, und durch den reinigenden Zeus ') einer religid- sen Suhne theilhaftig werden. Solche Satzungen eines uralten Gewohnheitsrechts gingen von dem Dienst des Juppiter und der Minerva aus. A her das Palladium gewahrte auch, wie bemerkt, Schutz und Beste- hen. Nun haufen sich die Sagen von seiner Verpflanzung nach Laurentum, Alba longa, bis in den Tempel der Vesta in Rom 9 Von welchem Platze es der Kaiser Elagabalus in 1) Ztvq Ka&uQoioq. S. dariiber oben im Abschnitt voni Juppiter. — Weil wir eben voa Attischen Blutgerichten handeln , so muss auch eines Sprichworts gedacht werden, das unserer Gottin zum Lobe gereichte. Wir lesen bei den Alten von einem 'A&r^uq iprjyoq (suffragium Minervae), von eiuer Abstimmung der Minerva (Philostrati Vifc. Sophist. IT. 3. p. 568. [und dazu jetzt die Anmerk. von unserm Professor L. Kayser p. 320. seiner Ausgabe.] Es wird gewohnlich in der Bedeutung eines treffenden Urtheils genommen. Der vvahre Grund des Sprichworts ist aber auch in einem menschenfreundlichen Gerichtsgebrauch der Athenienser zu su- chen. Waren namlich in einem Crimiualprocess , z. B. vor dem Areopa- gus, bei der Stimmzahlung die schwarzen und vveissen Steiucheu gleich, so kam diese Gleichheit dem Bekiagten zu gut und nicht dem Klager (Antiphon de caede Herodis p. 135. p. 730 Reisk. — t'lniQ yt xul twv ipijqiow 6 uqiO-f-ioq i&oov yevopsroq tov (pavyovra /LiaX/.ov wytXii, 77 rov diwy.ovxu)» Ks warf auch wo hi der Herold einen weissen Stein zu Gunsteu des An- geklagten in die Urne. Dieser Gebrauch hatte , wie alle dergleichen' seine heilige Legende. Minerva, erzahlte man, hatte einst auf diese Weise den Orestes vor dem Blutgericht gerettet. Daher auch yjjyoq A&qvaq die Bedeutung gewann: ein rettendes UrtheiL m* 359 m# den Tempei des Juppiter bringen liess , ). Es erscheint auf den Munzen der Romischen Geschlechter, z. B. der gens Julia 2 ). Weil aber die gens Nautia die Beschutzung des Pal- ladium hatte, so nieldete auch davon eine Sage den Grund 3 ); und so durfte dann, nach dein Shine der alten Religion , auch das neue Rom — - Constantinopel — sich am Ende der Zeiten noch des Besitzes vom Palladium erfreuen 4 ). 1) Die ersteren Sagen bet Dionysius Halic. I. 45. 57. 69, zum Theil friihere aus Arctiuus und den Cyclikern, mit kritischen Priifungen bei Heyne Excurs. IX. ad Aeneid. II. p. 345 sqq. Fleissige Sammlungen bei Cancellieri le sette cose fatali di Roma antica p. 45 sqq. Die histori- schen Momente ervvogen von Niebuhr Rom. Gesch. I. p. 128 f. p. 135. Die spateren Ereignisse bei Herodian. I. 14. p. 603 ed. Irmisch. mit den Nachweisungen dieses Auslegers. 2) MorelJi Thes. tab. I. nr. 5. T. XX. nr. 6. 3) Servius ad Aeneid. II. 166. vergl. Cancellieri p. 46 sq. 4) Olympiodor. in Meteorr. 1. vergl. Meursii Atticc. Lectfc. lib. V. p. 1888. in Gronov. Thes. Vol. V. und Cancellieri p. 56. 360 $. 23. Phonicischer Zweig des Pallasdienstes in Bootien und anderwarts. Wir war en von dem alien Pallasbilde, das Danaus zu Lindos gestiftet" hatte, ausgegang^n. Dorthin kehren wir zuriick, ura die Verpflanzungen dieser Religion weiter zu ver- folgen. Nicht lange nachher, meldet die 8 age. kam Cadmus, die Europa suchend, eben dahin, und ehrte die Lindische Minerva durch Weihgeschenke, worunter auch ein eherner Kessel von alter sehenswerther Arbeit mit Phonicischer In- schrift war, worin besagt wurde: er sey zuerst aus Phonicien nach Hellas gekommen *). Der Insel Rhodus gegenuber in Phonicien lag die Stadt Astyra Q'Jo-tvqo). Auch diese hatte ihre Pallas. Sie ward Astyris (^JozvQiq~) genannt 2 ). So laufen nun die Spuren des Minervendienstes £ort langs Kleinasiens Kusten bis zura Pontus und gegen den Caucasus hin. Ich hebe nur noch einige wenige ' aus. Zu Priene in lonien , wie zu Phocaa , hatte Minerva Tempel. Bedeutender aber ist was wir von der Bildsaule der Pallas zu Erythra lesen: „Es befindet sich, heisst es, zu Erythra auch ein Tempel der Minerva Polias, und ein grosses Bild von Holz, 1) Diodor. Sic. V. 58. p. 377. mit Wesselings Anmerkuug. Vergl. auch Larcher Chronologie d'Herodote p. 320, der das Jalu* 1551 fur die Aukunft des Cadmus auf Rhodus setzfc, und ubereinstimmend Raoul- Rochette Histoire des Colonics Grecques Tom. I. p. 123. 2) Stephan. Byz. p. 189 Berkel. 4 ^ 361 ^ sitzencl auf einem Throne, Es hat einen Spmnrocken in bei- den Handen urid auf dem Kopfe einen Helm mit Unterlage. Dass dieses ein Kunstwerk des Endous sey, schliessen wir theils aus andern Merkmalen, theils wenn wir die Arbeit in- nerhalb des Bildes betrachteten, wie nicht minder wegen der Grazien und Horen, die aus weissem Steine, ehe sie hierher kamen, unter freiem Himmel slanden" Einer Minerva aus 1) Pausari. Vlf. 5. §. 2. 3. 4. In der letzteren Stelle habe ich Helm fiir Himmelskugel gesetzt, weil ich Heynen beipflichten muss, der statt nolov vorschlagt nllov (Opuscc. Academra. V. p. 342 sq.). Denn audi die Trojanische Minerva sey eine pileata gewesen, nach Eustath. p. 627. Ich mochte aber lieber an eine galeata denken; denn die Trojanischen Palladien haben gewohnlich den Helm , z. B. wo es vom Diomedes ge- raubfc vvird; s. z. B. unsere Tafel XXXIX. nr. 3. [der 2ten Ausg. — Lase man noloy , wie Schwenck Etymol.-mythol. Andeutt. p. 89. und 235, K. O. Miiller Haudb. g. 368 p. 535 thun, und wie Guigniaut p. 740 tapfer verfechten will, so hatteu wir eine iiber dem Haupte sich wolbende Sclieibe zu verstehen , welche weiblichen Gottheiten zur Andeutung ihrer Himmelsherrschaft aufgesetzt ist. ^- Und es ist bekannt, dass auf dem Polos manchmal eine Thurmkrone, oder ein Fruchtmaass als Aufsatz vorkam (Gerhard Berlii's antik. Denkm. p. 371.), und dass also bei der Athene Polias des Endoos audi ein Helm hatte aufgesetzt seyn konnen. Aber weit natiirlicher ist an eine Unterlage von Fil% (jrlloq) zwischen dem Haupthaar und dem Helme zu denken. iS. Synesii Encom. calv. cap. 17. p. 80. p. 23 ed. Krabinger. Suidas in ntloiq, \>. 2987 Gaisf. mit Toup.) Daher gereuete es mich nicht, der Heyne'schen Aenderung bei- getreten zu seyn. — Und siehe da, gute Handschriften haben in der Stelle des Pausanias theils nllov, theils noliv , welches letztere nur eine Umstellung von jenem ist, und Schubart und Walz haben a. a. 0. II. p. 517. nllov in den Text aufgenommen. — Ich kanu jetzt nach Kaoul- Rochette's Erorterung in den Monuments inedits III. p. 246 sq. noch aus Homerus selbst weitereu Aufschluss geben: In der Beschreibung des Helmes, welchen Meriones dem Odysseus aufsetzt Iliad. *' 261 — 265. heisst es zuletzt : „und ein Filz war drinnen befestigt." (ftiaaij d' ivl nlloq uqtiqu J — Alle Helme bei den Griechen und selbst bei den Romeni hatten eine Ausfiitterung von Filz, Wolle u. dergl., urn den Druck des Metalls uumittelbar auf den Kopf zu verhindern. Abgesondert und nach Ablegung des Helms, was wohl ©fter der Bequemlichkeit wegen , beson- 362 dem norddstlichen Asien gedenkt Pausanias auf eine bemer- kenswerthe Weise. In Laconien unter deji Resten der Stadt Las (/tag) zeigte man den Reisenden einen Tempei der Athene, init dem Beinamen der Asiatischen. Ihn hatten, wollte man wissen, Castor und Pollux errichtet, da sie gluck- lich vpn Kolchis heim gekommen. Hierbei wird nun die La- conische Sage angefuhrt, dass die Kolchier eine Asiatische Athene (^Adrjvav 'Aaiav) verehren *). Dieses hat einem neue- ren Forscher zu der Vermuthung Anlass gegeben, diese Minerva inoge jene Gottin am Phasis seyn, deren Sitzbild Arrian als ein Bild der Magna Mater beschreibe, dabei aber der Minerva im Metroon zu Athen gedenke 2 ). Da der ge~ nannte Gelehrte mit fruchtbarer Umsicht dieses Nordasiali- sche Gebiet der altesten Volkergeschichte in ein helJeres Licht gesetzt hat, so will ich meine Leser an ihn weisen, und mich hier mit der Vermuthung begniigen, dass auf diesem Wege wohl die Idee einer Assyrisch- Persischen Minerva, mit den Vorstellungen von strenger Feuerlauterung , wobei Per- seus, jener Assyrische oder Persische Genius, als ein gerech- ter Morder 3 ) , dieser Gottin beigesellt ist , zu den Griechen ders von alten Personen, wie vom Nestor, geschah, bildete jene Fatte- ning eine Art von konischer Miitze, auch nlkoq oder ndidtov genannt. An eine solche Unterlage mit dem Helme muss auch bei dem Pallas bilde des Endoos gedaeht werden. In BetrefF der Romer, so babe ich in mei- nen Rom. Antiqq. p. 362 f. 2ter Ausg. der herrlichen, auch von E. Q. Visconti besprochenen Marmorbiiste des Nero Claud. Drusus in der Grafl. Erbachischen Saramlung gedaeht, die eine Kopfbedeckung hat, deren Rander nur helmartig sind, wahrend die ganze mittlere Wolbung aus Rauchwerk besteht, eine Erscheinung, worin sich Mongez in der Iconogr. fit. Suppl. pi. 21, nicht zu finden wusste ; die aber aus den Winterfeld- ziigen in dem kalteu Germanien sich gauz uaturlich erklart.] 1) Pausau. III. 24. 5. 2) Ritter Erdkunde II. p. 914. Dessen Vorlialle p. 201 IF. mit Arrian. Peripl. Euxin. I. p. 7 Hudson. 3) Ein Ausdruck, den*Pisander von Heraklcs gebraucht Jiatte (dwicao- ^ 363 gelangt seyn mag. Doch die Lauterungsbegriffe , wie sic die Religion der Athene rait sich bringt, konnen erst im Verfolg unserer Betrachtung ins Licht treten. Es ist nun Zeit nachzusehen, welche Hauptbegriffe von der Minerva, theiis von Vorderasien, theils von Aegypten aus, in Griechenlandischen Religionen sich angesiedelt und weiter ausgebildet haben. Und hier machen wir jetzt den Anfang rait den Cadmeischen Pllanzungen. „Unter freiem Himrael, erzahlt Pausanias in der Beschreibung von Theben, stehet ein Altar und eine Bildsaule. Cadmus, sagen sie, habe sie ge- weihet. Der Behauptung derer nun, die da sagen, Cadmus, der- nach der Thebais gekommen, sey ein Aegyptier und nicht ein Phonicier, stehet der Name dieser Athene entgegen. da sie Onga genannt wird nach Phonicischer Sprache und nicht Sais nach Aegyptischer" Diese Beweisfuhrung will ein Gelehrter nicht gelten iassen, der vorziiglich die Vorstellung von Aegyptischen Colonisationen Griechenlands vertheidigt. Er sagt, vvenn ein Thor von Theben das Onkaische genannt worden, so habe dagegcn ein anderes das Neitische geheis- sen, welcher Name doch offenbar an die Aegyptische Neith erinnere 2 }. Er hatte noch anfuhren konnen, dass ein Scho- liast wirklich diesen Namen Onga oder Onka einen Aegypti^ tcaiov cpovqoq'), der aber audi auf Perseus anwendbar war (s. OJympiodor. in Platon. Alcib. pr. p. 157. mit meiner Note.). i f) Pausan. IX. 12. 2. Lund daselbst Schubart und Walz. III. p. 3LO.J Es ist jetzt langst ausgetnachfc , dass hier statt Slya gelescn werden muss "Oyycc. 2) Jablonski Voce. Aegyptt. p. 244. 'Oyxukn nvkut Scholiast. Ae- schyli Sept. advers. Theb. vs. 163. vs. 143 ed. Schwenk. Derselbe Scho- liast fiihrt auch den Antimachus an, ohne Zweifel in der Thebai'de; vgl. Schellenberg ad Antimachi Reliqq. XXX. p. 77 sq. Das andere Thor hiess: nuluv Nrjitichq von der N^ifr, wie Jablonski meint. Vergl. Heyne zum Apollodor. p. 283. Nott. critt. und Observv. p. 224. 248. Heyne a. a. 0. und Brunck zum Aeschyl. Sept. adv. Theb. vs. 166. halten das Onkaische Thor fur dasselbe mit dem Ogygischen, 364 schen nenntj welche Notiz hingegen ein Ausleger eben durch jene Stelle des Pausanias zu widerlegen sucht l ). Ein Ande- rer zeigt sich geneigter, eben dieser Ungewissheit wegen, lieber beide fur verdachtig zu halten. Er will zunachst an das Thebanische Dorf Onka gedacht wissen, wo ja eben das BM der Gottin errichtet gewesen; und weil denn doch wegen der Sphinx das Aegyptische nicht ganz zu verkennen ist, sucht er einige Spuren von spaterer Helienisirung Aegypti- scher Dinge auf 2 ). Ich lasse gern einem Jeden seine Mci- nung, und raochte sogar hier noch beifiigen, dass sich Sphinx- artige Figuren auch anderwarts wohl noch linden liessen. Ich eile zu nieinem Hauptzweck , und will nur bemerken, dass jener von Pausanias beruhrte Streii, ob Onga der Aegypti- schen oder Phonicischen Sprache angehdrte, auf einer andern wichtigeren Differenz beruhete, ob Cadmus urspninglich der Aegyptischen Thebais angehore oder dem Lande Phonicien 3 ). Ich glaube, die Entscheidung daruber werden wir der Zeit uberlassen niussen, die uns tiefere Blicke ins Pharaonenland und dessen Geschichte verspricht. Es gab im Bootischen Theben zwei Heiligthiimer der Minerva, eins der Ismenischen, das andere der Onkaischen *). Hiermit konnte man denjeni- gen zu Hulfe kommen, die nichts Aegyptisches hierbei anneh- 1) Stanley zum Aeschylus Sept. adv. Theb. "vs. 163. vs. 146 ed. Schwenk. 2) Miillers Orchomenos p. 121 f. mit Anfiihrung vom Schol. Pindari Olymp. II. 39. und Tzetz. ad Lycophr. vs. 1225. (p. 965 ed. Miiller, der doit iiber die Onga noch mehrere Nachweisungen giebt.) 3) S. meine Fraginm. Historr. antiquiss. p. 35 sqq. zum Hecataus Milesius, und Conimentt. Herodott. I. p. 90 sq. 0 wo ich mehrere reelle Uebereinstimmungen der beiden Theben, des Aegyptischen und Bootischen, ohne zu entscheiden, beriihrt habe. 4) 'Io^viug — 'Oynataq 'A&qvaq nach dem Scholiasten des Sophocles bei Brunck zum Aeschylus Sept. -vs. 166. und mit dessen Verbesserung. Ucber die letatcre Minerva vergleiche man Hesych. in "Oyya und "Oyxuq p. 713 Alb. 365 men, wenn man anders den Ismenischen Apollo als einen Esmnnischen, folglich Phonicischen, ausser Zweifel gesetzt hatte. Doch ich will ja selbst der gewbhnlichcn Vorstellung keineswegs widerspreehen , dass Cadmus eine Phonicische Colonie nach Bootien gefuhrt habe. Bekanntlich war diese Anpflanzung sehr beruhmt, und die Tragiker wetteiferten mit den vielen Dichtern von Thebaiden, urn sie in einem recht schdnen Lichte zu verewigen. Dabei wurde so mancher Zug aus der alien Sage benutzt, — bis zur Griindung der Cad- meerburg und des Onkaischen Tempels der Athene, welchen er sogar auch durch eine Inschrift geweihet haben sollte Man wird erwarten, dass neuere Sprachgelehrte nicht weni- ger bemuht gewesen, die Bedeutung des Namens Onka oder Onga auszumitteln 2 ). Valckenaer, das Gewicht der Sagen und historischen Zeugnisse vom orientalischen Ursprung The- be's fuhlend und wurdigend, ging von der Phonicischen Sprache aus, und schlug vor, bei der "Oyy.a des Cadmus an npTO? vom Verbum p^, zu denken, wonach sie als promi- nens, excellens, die hohe, hochstehende , bezeiehnet wurde, so dass Cadmus durch sein *Oyxa hatte sagen wollen, was die Griechen meinen , wenn sie die Pallas bald *Ax.Qia bald £W- 7tvQyiTi<; nennen. Auch habe Minerva als Stadtbeschutzerin (Jlokids, no\iov%og oder 'PvGi7VToXif) so genannt seyn kon- nen 3 ). Ein anderer Forscher, der, nach der Richtung seiner 1) Woraus eine Stelle mitgetheilt wird vom Scholiasten des Euri- pides zu den Phoeniss. vs. 1068, wo man Valckenaers Anmerk. p. 725 sq. vergleichen muss, wie audi Brunck zum Aeschylus a. a. O. 2) Valckenaer giebt die Nachweisungen a. a. O. p. 725, wozu, ausser , dem gleich anzuftihrenden , noch Kanne im Pantheon pag. 31?. kommt. 3) Valckenaer a. a. 0. Der gelehrte Mann setzt gevviss voraus, dass seine Leser das Scholion zum Aeschylus Sept. advers. Theb. vs. 171. (vs. 145 Schol. A. Schvvenkii) kennen, was ich jiingerer Leser wegen doch beifiigen will : — »)V xai AvxocpQOJV nvXahida Xt'yet, Sia vc llvw&ev Voxa- o&ai nxvirjt' tojv rtjq noXmc; rtvlwv. Hierzu vergleiche man Tzetz. nd Ly- 366 ^ Untersuchungen, Aegyptische Sprachwurzeln wenig oder gar nicht gelten lasst, belobt den Pausanias wegen seines Wider- spruchs gegen die agyptisirende Partei, und findet in deni bekannten biblischen Namen der Enakim, D^MJ? das Stainm- wort, und zwar in gedoppelter Bedeutung, physisch als Rie- stn f und ethisch, die Erhabene, die Herrscherin ; wie denn jenes Wort im Arabischen Vornehme, Fursten, bezeiehne l ). Sehr willkoinmen waren uns nun Nachriehlen, wie diese Onka - Athene vorgestelit gewesen. Pausanias meldet nichts davon. Doch hat er etwas Bedeutendes gesagt, indem er bemerkt , der Altar mit dem Bilde habe an der Stelle gestan- den, wo der Stier, der dem Cadmus den Ort gezeigt, wo er die Burg bauen sollte, ermudet niedergefallen. Im Zeichen des Stiers war diese Stadt gebaut, wie mehrere, und die Senkung des Stiers (oxkaaiq) hatte auch Hire astronomische Bedeutung im Fruhlingssegment des Thierkreises. Daruber werden die Bacchisehen und Cerealischen Religionen im Ver- folg unseres Buchs mehr Lieht geben. Jetzt gedenke ich der obigen Ideenreihe nur, wonach Athene-Minerva den Bacchus- Stier im Tode bei sieh aufnimmt. Sie ist der irdischen Dinge Schlussj in ihrer Einheit losen sie sich auf, von ihr gehen sie aus. Da sie nun auch hier zu Theben Thorbeschutzerin, und da Ein- und Ausgang unter ihre Aufsicht gestellt war, so ware es moglich, dass sie hier als xksidovxog, als Schiiis- selfukrerin, gedacht und gebildet ward. Es soli diess nicht fur mehr gelten, als fur eine Vermuthung, die Jeder nehmen , cophron. vs. 356, wo der gelehrte Miiller p. 561. jenes andere Scholion nicht vcrgessen hat. — Gelegentlich bemerkt, so begiinstigt die Stelle des Tzetzes die obige Vorstellung des Verfassers der Schrift iiber Or- chomenos nicht. Vielmehr miisste nach Tzetzes auf den Thoren Minerva auch abgebildet gewesen seyn. Das von Valckenaer angefiihrte Epithe- ton Qvaimohq wurde von Andern iqikktootiq geschriebeu, s. die Nacli- weisungen in raeinen Meletemm. I. p. 23. 1) Sickler im Kadmus p. LXXIX f. mag wie er will. Den Grand dazu giebt mir die Stelle des Aeschylus ! ), wenn ich sie mit einer des Aristophanes ver- gleiche. — Auf sicheren Zeugnissen der Alten rubt der'Satz, dass es auch in Arcadien einen Ort Onka gab 2 ) j und der gelehrte Verfasser des ersten Theils Griechischer Stammge- schichte 3 ) hat bei der Bootischen Onkaa sehr gut an das Arcadische Local erinnert. Wirklieh hat sich auf Inschriften der Name einer Laconischen Onga und Oga gefunden 4 ). Es 1) Sept. adv. Theb. vs. 164 sqq. vergl. Aristoph. Thesmophor. vs. 1153 sqq. Beim Aeschylus ruft der Chor die Minerva - Onka an, als Konigin der Stadt, preiset ihr Gliick im Kriege, bezeichnet ihren Wolin- sitz vor der Stadt, und flehet sie an utn Beschiitzung von Theben (— "Avaoa 3 "Oyxu, ttqo noltoiq c E%xunvXov tdoq ini$$uov. Valckenaer gedachte auch dabei der QvaimoXiq, s. vorher). Auf ahnliche Weise wird nun beim Aristophanes a. a. Oi vs. 1146. die Athenische Pallas herbeigewiinscht und urn Schutz gebeten. Dabei wird sie als Besitzerin und starke Be- schiruierin der Stadt beschrieben , und mit dem Numen Schlusseltragerin bezeichnet QKXydovxoq t* aaAflrcu). In wie vielen Beziehungen Gottheiten dieses Epitheton fiihrten , ist bereits von Andern bemerkt worden. Man vergleiche nur Spanheim zum Callimachus Cer. vs. 45. und YVesselings Observv. I. 3. « — Minerva konnte namentlich auch als hochstweise Rath- geuossin des Weltbeherrschenden Juppiter so genannt werden. Unter den Minervenbildern des Phidias war auch eine Schlusseltragerin (Plin. H. N. XXXIV. 19. p. 650 Hard. Fecit et Cliduchum [Minervam] — ). Auch dieses Attribut hatte seinen geistlichen Verstand. Schon sagt Pro- clus im Hymnus auf die Minerva: „Du hast die von Gott betretenen Pforten der Weisheit geoffnet" (vs. 7.): 7[ GO(ftt\$ neraauaa &toqri(3ectq nvXiatvaq. < 2) Tzetz. ad Lycophr. vs. 1225. p. 965 Miiller. vergl. Antimachi Fragnim. nr. XVIII. p. 65 sq. ed. Schellenberg. 3) Miillers Orchomenos p. 121 f. DieSchliisse, die er daraus zieht, liegen ausser meinem Zweck. Nur mochte ich mit Einem Worte die Vermuthung hier andeuten , dass die ziirnende Ceres (Demeter Erinnys mit dem Ross , wovon im Verfolg an seinem Orte ein Mehreres) der Minerva , als der mit dem Neptun hadernden Tochter (s. oben) sehr ahn- lich ist. 4) Academic des Inscriptt. Tom. XV. p. 400 sqq. Namentlich scheint 368 verdient Aufmerksainkeit , vvenn ein gelehrter jneuerer Schrift- stelier hierin einen, genetischen Zusammenhang nachweist. Er vermuthet, dass die durch des Cadmus Colonie aus Bootien vertriebenen Leleger bis nach Laconien verged rung-en seyen. und setzt damit die Bootische Onga , die sich auch in Laconien findet, in Verbindung l ). Die Messenier ura das Vorgebirge Coryphasium hatten auch eine Minerva dieses Naraens 2 ). Es werden sich vielleicht innere Analogien dieser letzteren mit den Begriffen von jener Minerva zeigen, die der Bootische Sanger am Helicon aus Juppiters Haupte hervorgehen lasst. Jetzt wollen wir vorerst noch andere Minerven Bootiens und Nordgriechenlands kennen lernen. Zunachst kommen wir hier an den See Copais, ins Ge- biet der Stadte Alalcomena, Coronea und Haliartus. Die nltere Stadt Orchomenos und das fruhere Athen sollten dort in den Fluthen untergegangen seyn. Das waren im Alter- thume schon Erinnerungen aus der Vorwelt. Dort floss auch ein Tritonsbach, dem die Bootische Sage 3 } den Vorzug vor dem Libyschen Fiusse desselben Namens zuerkannte. An jenes Baches Ufern sollte Minerva crzogen worden seyn, und davon sollte sie den Namen Tritonische (^TQivajviq) erhalten haben. Die obige Betrachtung hat bereits gezeigt, dass der Name priesterlich und absichtlich gewahlt war, weil er recht viele Bedeutungen zuliess. Es war eben damit, wie mit Onga in Amycla verehrt worden zu seyn. Dort sollte ihr ein alter La- conischer Eurotas einen Tempel erbaut haben; s. Larcher Chronologie p. 354 sqq. 1) Baoul -Rocliette Hist, des Colonies Grecques T. I. p. 205 sq. Seine weiteren Satze iiber Lacedamons Colonisation durch die Sparten verdienen Priifung. [Guigniaut macht aber hierbei auf die sehr zvveifel- hafte und mit gleichetn Eifer angegriffene als vertheidigte Aechtheit der Fourmont'schen Insciiriften von Anrycla aufmerksam, und vcrweiset unter Anderm auf Boeckh Corpus Inscriptt. Tom. I. p. 61. 60. 7 7 sqq.] 23 Pausan. IV. 36. I. 2. 3) Pausan. IX. 33. 5. 369 Olympus und Olympisch; welche Namen sich auch die ver- schiedensten Oerter aneigneten. Allemal kann man bei solchem Wettstreit um religiose Namen etwas Mystisches voraussetzen. Es soil nicht damit gesagt seyn, dass jeder Dichter oder Schriftsteller, der die Tritogenia (roiToyeveia) nennt, diese Beziehungen immer gewusst oder beabsichtigt hat aber bei dem Orphischen Hymnus, der diesen Beinamen auch ent- halt 2 ), muss man , nach dem ganzen Geiste desselbcn , an dergleichen denken. In dem arithmetischen und geometri- schen System der Pythagoreer war die Dreizahl und das Dreieck als Minerva personificirt, in der Art, dass diese Phi- losophen das gleichseitige Dreieck , eingetheilt in sechs rechtwinkelige Dreiecke oder Elemente, Athene Tritogenia nannten 3 ): Solche Beziehungen konnen nun verschieden beurtheilt wer- den, entweder so, dass man darin „endlose und kaum der Betrachtung wurdige Mythologumene" findet 4 ), oder in der Weise, dass man in ihnen die symbolische Einkleidung alter 1) Stellen habe ich riachgewiesen in den Melett. I. p. 23; untcr andern die Horaerischen Hymnen XI. und XXVIII. Man fiige bei den neugefundenen Hymnus des Proclus auP die Minerva vs. 4. 2) Hymnus Orphicus XXXII. (310 vs. 13. 3) Plutarch, de Isid. et Osirid. p. 381. p. 561 Wytfcenb. Oi dh IIv&u- yoqnoi xal aqi&f.iov<; Kai oxwuxa &iwv $y.6o(.ir\oav ngoqrjyoghciq To f,ikv yuq lao nlivqov xglywvov iy.aXov v *Ad-y\vav v. oqv (pay evrj y.al xgixoyi- vnav, otl xqtot y.a&exoiq uno xwv xgiiov ym'ooiv ayofiivaiq diaigtZvat,* Ich habe bereits oben die ahnliche Stelle aus Damascius, olov 3 A{h\vuq fA.lv %6 xg(yo)vov, angefulirt. 4) Bockh iiber Philolaos p. 196. Creuzer's deutsche Schriften. III. 2. 24 370 Pi'iestcrwissenschaft erblickt. und es dann sehr belohnens- werth achtet, diesen Spuren wisscnschaftlicher Kenntnisse nachzugehen 5 die dadurch an ihrem Werlhe nichts veriieren, dass sie in ein uns fremdes Gewand eingehullt waren — J n keinem Falle darf der Mythologe dergleichen Satze mit Stilischweigen ubergehen, zumal wenn er historische Zeug- nisse gefunden, dass manche unter den Alten schon lange vor der Alexandrinischen Periode wussten, Pythagoras habe in der Stille Aegyptische Priesterlehren zu den seinigen ge- macht 5 und sie in Griechenland als die seinen verbreitet 2 ). Wenn die Alten nun ferner die Tritogenia mit der Glau- kopis [yXavxcoTUg) zusammenstellten , so war dabei der Ge- danke an die blaue Wasserfarbe der Seen und Fltisse. Diese Erklarung beruhete auf einera sicheren physischen Grunde; denn die ursprunglichen Begriffe dieses IleJigionszweigs sind von Indischen Avatara's ausgegangen. Aus den Wassern komint nach der altesten Anschauung dieses wunderbare We- sen, welches nachher verschiedene Wandlungen durchgeht. Keuer ist sein Kern , und die Sterne haben ihr Licht von ihm. Es hatten die Naturphiiosophen aueh die Mjjvjjy den Mond, yXavxuj7tig genannt, und Euripides hatte, seiner Gewohnheit n^ich, ihnen dieses Bild abgeborgt 3 ). Dieses suchten Einige so zu erkJaren : es sey damit das schwarzliche und meerblau- Jiche Licht des aufgehenden Mondes bezeichnet. Andere 1) Jomard Memoire sur le systeme metrique des anciens Egyptiens, Paris 1817. — ein Theil der Description de l'Egypte p. 245. und vorher, wo unter andern die Gradmessung den alten Aegyptiern zugesprochen, und die Uebereinstimmung der agrarischen Maasse dieses Volkes, nach der grossen Pyramide gemessen, mit den harmonischen Zahlen der Py- thagoreer erortert wird. 2) S. weine Commentt. Herodott. I. p. 105 sqq. und p. 317. zu He- rodot. II. 49 uud 123. 3) Hemsterhuis zum Lucian. Dial. Deorr. VIII. T. II. p. 274 Bip. und daselbst die Stellen des Empedocles und Euripides, vergl. Empe- doclis Fragmni. vs. 17G. 371 woilten dabei lieber an die silberweisse Farbc des Mondes denken '). Nun war es natiirlich, dass wieder Andere auch die luflblaue Far be in Anspruch nahmen 5 und die Minerva Tritogenia selbst als Luft umdeuteten, namlich in so fern sie sich dreimal im Jahre, im Fruhling, So miner und Winter, wesentlich verandert 2 ). Nun musste Minerva als Luft den Perseus als Sonne unter ihrer Obhut nehmen, und die Gor- gone, der vergangliche Tag*, ward ihre Widersacherin 3 ). Nun muss Perseus, der die Luft durchlaufende scharfe Son- nengenius, rait der Hippe, dem Bilde der Geschwindigkeit und Scharfe, unter Minervens leitender Aufsicht, die Gorgone, den unstetigen Tag, abschlachten. Darum T wollte man wis- sen, sey auf den Wasser- oder Sonnenuhren das Bild der Gorgone eingegraben. Aber wie Athene den Namen der ihr feindseligen Pallas annimmt (s. oben), so durfen wir uns nicht wundern, wenn sie auch selbst als Gorgo (To^yey) vorkommt. Der Konig Phorkyn, der Beherrscher der drei Herculessau- len, hatte der Athene ein vier Ellen hohes goldenes Bild er- richtet. Hiermit wird die Nachricht verbunden, dass die Bewohner von Cerne die Minerva als Gorgo bezeichnen 4 ). — Alle solche Widerspriiche sind nicht zu losen, wenn man sich 1) Plutarch, p. 920. 929. 934. und Sturz ad Empedocl. p. 691. 2) Joh. Lydus de menss. p. 66. p. 108 Rother. — yXavxiomv Sk dux Ttjv tov utgoq oxpiv 1'yyXavy.ov f?j«i. Dem Diodorus zufolge waren diese Satze Aegyptisch, s. Lib. I. cap. 12. p. 16 Wessel. vergl. Arnob. III. 31. mit Orelli's Appendix zu den Annott. p. 42. 3) Joh. Lydus 1. 1. und Tzetz. ad Lycophr. vs. 17. Vol. I. p. 296 ed. Miiller. 4) Palaephat. XXXII. 6. p. 136 sq. Fischer. — - nuXovav Si $rjv 'A^r\- vuv KtQvaiot roqyo). Dies ist die altere Attische Form, woftir hernach rogyovt] gebrauchlich ward. Dass hierbei Palaephatus die Insel Cerne, im Atlantischen Ocean gelegen , ueuut, ist ein grober Irrthum , und be- ruht auf Verwechselung mit der Insel Cercina oder Cercinna bei der kleinen Syrte. Dorthin gehoren die Gorgonen , s. Is. Vossius zuiu Mela II. 7. p. 765. III. 9. p. 869 ed. Abr. Gronov. 24* riicht in den Indischen Avatar's orientirt. Dort ist nichts ge- wohnlicher , als dass einem gottlichen Grundvvesen sich ein Scheinbild gegemiber stellt, das des ersten Natur und Eigen- schaften triigerisch annimmt, in welchem Trug aber eben seine eigene Zernichtung liegt. Ich will hier noch nicht inehr sagen als dies: Athene, als Princip der Sterne, der Sonne und des Mondes, kann das Wechselnde in ihnen nicht als ihr Eigenthum betiachten. Diesem Wechsel ist sie feind. Sie ist in Sonne nnd Mond, und nimmt ihre Namen anj aber was in ihnen unslet ist, wird von ihr verfolgt und .vernichtet. Die weitere Erorterung wird daruber Aufschluss geben. Aber die meerblaue Faroe (jlavxoTqg), in so weit sie aus den Augen reissender Thiere, der Pardel und Lowen, blitzt, ktindigt auch Blut und Tod an: und der Mensch kann diesen Anblick nicht ertragen. Auch darum hat Minerva, die strenge, mannhafte und gegen ihre Feindin schreckliche Got- tin, meerblaue und zugieich feurige Augen Das ist nun die poetische Anschauung der kriegerischen Athene; und wenn Orphische Dichter 2 ) in diesem Beiwort an jene andern Beziehungen dachten, so wollten Homerus und die ihm nach- folgenden Rittersanger , so wie die fur den natiirlichen Sinn arbeitenden Kunsiler, damit zunachst den Eindruck bezeich- nen , den die unter dem Uelme der Gottinn hervorblitzenden Augen machten , wenn sie Tod und Verderben uber die Feinde brachte 3 ). t) Cornutus de N. D. 20. p. 185 Gal. und daraus Eudocia p, 3 sq. Job. Lydus de menss. p. 84. p. 204 Bother. 2) Hymn. Orph. XXXII. (31.) vs. 14. ykavxuy . 3) Daruber hat Hemsterhuis zutn Lucian. Vol. I. p, 274 Bip. Alles gesagt j was daruber zu sagen ist. Das seitdem erschienene Homerische Lexicon des Apollonius p. 208 Toll, kann uber diesen dichterischen Wort- verstand noch nachgesehen werden. Proclus meint nun schon wieder efcwas anderes, wenn er ein reines Licht Cyuoq uyvov~) von dem Antlitz der Atheoaa strdmen Isisst (vs. 31.). [K. 0. Mullet Dor. I. p. 397. ver- &Jeicht den Namen yXawMTuq mit zwei andern Beinamen der Minerva. In diesem Charakter war die Alalcomeneische Athene ge- nonimen, die Homerus mit der Argivischen Here zusammen nennt *). Pausanias sah noeh den sehr beschadigten Tempel dieser Minerva bei einem Flccken in Bootien , in der von uns oben bezeichneten Gegend, und gedenkt dabei schon ver- schiedener Sagen, wovon die eine einen Alalconienes als Er- zieher der Minerva, eine andere eine Tochter des Ogyges Alalcoraene nannte In der Homerischen Stelle ha ben die raeisten Neueren, nach Strabo's Vorgang, diesen Nauien als eine Localbenennung genommen 3 ), und man muss ihnen, zu- mal in jener Stelle, wo die Argivische Here gleich daneben genannt wird, Beifall geben. Aber, auf den Orund geseben, soil man nun bei dem Orte, wie bei der Gottin , auch an den Ursprung denken, namlich dass diese im Kampfe Qdkxy) aus- dauert Qisvet) , oder dass sie mit ausdauernder Kraft (juisvef) kampft und beschutzt 4 ). — Es war eben die Burg der starlcen Gottin; und lange vor dem geistlichen Kriege von Eleusis (der Haderstadf) waren um Alaieoraena Kriege gefrihrt worden — physische Kampfe, elementarische Kriege, wo die austrock- nende Feuerkraft festen Boden abgewinnen musste den Posi- doniscben und Gigantischen Machlen , die in den Ogygischen Ueber jenes Epitheton Glaucopis hat seitdem C. O. Lucas, Bonn 183f, eine fleissige Monographic geliefert. — Glaukopis war auch der Minerva Cultusname zu Athen und zu Sigeum, und rXuvxumov'wnrde die Burg zu Athen und der Berg Lykabettos genannt; vergl. W. Dindorf im Pa ri- ser Thesaur. Stepli. II. p. 638.] 1) Ilias IV. 8. 2) Paiisan. IX. 33. 4. 3) Hejne Observv. ad Iliad. I. 1. p. 556. und daselbst Strabo IX. 634. (p. 413. p. 470 Tzscli.) 4) Etymol. magu. p. 56. p. 51 Lips, und wiederum besouders in KvTiQiq (p. 546. p. 495 Lips.), vergl. Apollonii Lex. Homer, p. 86 Toll. [Schon in den altesfcen Palladien war sie wehrhaft und vorkampfend iuXukno(.uvri) mit crliobenem Schilde und gezucktem Wurfspecr vorgestcllt. K. 0. Miiller im Handb. d. A. d. K. §. 368. p. 534 IJ Zeiten, in der'Periode der Flulh, das ganze Bootien in Besitz genommen, und in einen stehenden Sumpf verwandelt hatten. Daruin heisst Alalcomene mit Recht eine Ogygische Tochter. Das waren die Kriege *) um das Ogygisch-Bootische Athen, die sich nachher in dem neuen Erechtheischen Athen wieder- holten (s. oben und das Weitere bei den Cerealischen Reli- gionen). Auch hatte dieses neue Athen vermuthlich sein Itonisches Thor , von einer Bootisch-Thessalischen Athenaa genannt, in der Nahe des Denkmals der Amazone Antiope 2 ). Doch im neuen Athen muss dieser Name andern Benennungen weichen, die der Stadt den Nainen selbst gegeben. Mit desto spre- chenderen Zugen ist er in den Religionen von Bootien und Thessalien verbunden. 1) Von den alten Stadten Orchomenos oder Athen und Eleusis, die vom Copa'fschen See verschlungen worden , s. Strabo IX. p. 407 p. 427 Tzsch. Steph. By/., p. 45 Berkel. vergl. Raoul-Rochette Hist, de l'Eta- blissement des Colonies grecques I. p. 191 sq. Ritters Vorhalle p. 418. und Miillers Orchomenos p. 57 ff. mit der Charte. 2) Aeschines im Axiochus §. 3. p. 113 Fischer, p. 365 Steph. p. 108 ed. Bockh. wo die neuesten Herausgeber die Lesart aller Ausgaben rulq 'Irmiaiq mit Recht vertheidigen. Ich will hier nichts davon sagen , wie gut ein Itonisches Thor in die Nahe des Denkmals einer Amazone passt. Nur das will ich bemerken, dass "Iroiv und 'Ivwk einer der vielbedeu- tenden Namen ist, die sich mehreren Oertern mitzutheilen pflegen. Aus- ser Bootien weist diesen Ortsnamen Stephanus der Byzantiner (p. 429 sq. Berkel.) in Thessalien, Epirus , am Hjimus , in Italien und in Lydien nach. Da gerade die Minerva Itonia in so enge Verbindung mit dem Tritonischen Wasser und mit dem feuchten Monde kommt, so sieht man sich unwillkiihrlich veranlasst , das Wort Itonia mit jener Babylonisch- Phonicischen Mondgottin Atia , Itea zusammenzustellen. Aber diese Mi- nerva hat vermuthlich audi Sitonia geheissen. Nun heisst in vielen Indischen Avatar's (oder My then von Gottes Herabkunft auf Erden) Sita die umgepfliigte Erde (terrae versura), und ihr Gemahl heisst der Fiihrer des Pfluges. Gerade aber als Sitonia befordert Minerva den Getreidebau. 375 $? 24. Minerva I t o n i a. Der Gegenstand dieser Religionen war die Minerva Ito- nia (Inter diesem Namen war die Gottin sowohl zu Coro- nea in Bootien als in Thessalien, in einern zwischen Phera und Larissa gelegenen Tempel, verelirt. Dort hatte eine Stadt Iton gestanden, die Horner noch kennl, und weiche auch Siton genannt ward 2 }. Die Lage dieses Tempels, in der Landschaft Hestiaotis am Flusse Curalius, der sich nicht weit von diesem Heiligthume in den Peneus ergoss, beschreibt Strabo genauer 3 }. Dieser Dienst war sehr alt, und der Lo- gograpli Hecataus und Andere hatten davon gehandelt. Dei- Cult hatte auch seine Genealogie 5 wodurch er mit den be- 1) 'lxiovla, auch 'ijojvaiu , 'Ivowtuq und 7twck Stephan. Byz. p. 429 sq. Berkel. und mehrere andere Stellen in der fleissigen Sammlung unter uyuXftv. im neuen Stephanischen Thesaurus p. 3l9 — 321 ed. Valpy. 2) "Ixorv oder *Iioiv und 2i%m>. Wenn Valesius ad Excerpta PoJybii p. 22. die letztere Form nacli der ersteren corrigiren wollte, so hat ihn Berkel zum Sfeeph. Byz. p. 429. schon durch andere Zeugnisse widerlegt. Man vergl. nur Eustath. ad Iliad. II. vs. 696. uud Heyne's Observv. zu dieser Stelle p. 373. 3) Lib. IX. p. 438. III. p. 635 Tzsoh. Vor Casaubonus stand dort *I*;pfi/aq t woraus man eine Itomische Minerva, als eine verschiedene, unrichtig hat machen vvollen. Eben so vvenig war in demselben Schrift- steller, wo er von der Bootischen Gottin redet, vorher ^Iwviac; statt 7tw- vhtq geschrieben; s. Tzschucke zu d, r. St. 376 ruhintesten Heroen der griechischen Stamme in Verbindung gebracht wurde. Beide Religionen sollten von einem Sohne des Ainphictyon, Itonus ('Ivtavag)^ ihren Namen bekommen haben 1 ). Wir durfen diese Genealogien, der ihnen zum Grunde liegenden Begriffe wegcn, nicht aus der Acht lassen. Denn der alte Bund der Amphictyonen stellte sich unter den Schutz einer Minerva Pronoa QIlQovoiag) 2 ). Auf dieselbe Weise hatte die ltonische Minerva bei Coronea die Bundes- versammlung der Bootier in ihreni Schutz. Letztere ward der Verein der Bootier (Jla^^oiajTia^ genannt, auf dieselbe Weise , vvie man Panhellenische und Panathenaische Versamm- lungen hatte 3 ). Wir haben bestimuate Nachrichten, dass 1) Scholiast Apollonii I. 551. und 721 ; womit man jetzt die Pariser Scholien p. 43 Schafer. vergleiche. Pausan. IX. 34. 1. wo 'Iiwvtov steht. Spanheim zum Callim. Cer. vs. 75. corrigirt 'Ituvov, welches in den neuen Steph. Thesaurus aufgenonimen worden ; *I% 6 go q net gad (dor at r\ 3 A&i\va, v.al %ogr\yoq ioxt. vov, xal q>gov tfo £(oq (tkt}&-ovq, «a'»]t//« tij /tiofiri- dovq ipvxy IJupfioiwrtarp toQTr[v , xai tots dc; KoQwvuav iX&ovau , ly.exii; auOe'^erui I no t aiT(p) verborgen worden. AIs Racherin wird hier die Mi- nerva zur Praxidice ,(_IlQat;idUif) 5 welche a!s des Ogyges Tochter und Amme der Minerva bezeichnet wird, und den Bbotisch- Attischen Religionen angehort. Sie gewahret Sieg gegen die Frevler und deren Beschutzer; und wenn am Schlusse jener Sage gemeldet wird, die dem aus dem Felde zuruckkehrenden Thebanischen Feldherrn so eben geborne Tochter habe er zam gliicklichen Zeichen Nicostrata ge- nannt 3 ), so werden wir an die Minerva, die Sieg bringen- de 4 ), erinnert, so wie an die Carmenta Italiens. — Unter 1) Eastath. ad Odyss. XX. 156 sqq. 2) Mojoui y.Qox6jimXoi- Alcnian. ap. Hephaest. de metris p. 39. vergl. Alcmanis Fragmm. VII. p. 23. ■ — Die Namen des Phocus C#«xot/) und der Callirrhoe iKaXkiQQorjq^ spielen auf das Meer au. Der letztere ist an sich verstaudlich , uud eine Tochter des Achelous heisst auch so (Pausan. VIII. 24. 4.). Der erstere aber ist init den Seeiischen (phoca) vervvandt (vergl. iiber diesen Fisch Sestini Descr. degli Stateri autichi p. 22 sqq.). 3) Plufcarchus a. a. 0. p. 108. — uioiovftevov nQoqctyoQiuoai JS'iy.o- OTQUXIJV, 4) Orphic. Hymn. XXXII. (310 vs - 13. Tgnoy^vua, XvruQa y.ay.tov , viAtjyoQa dat,uu)i: Die Verehrung der Minerva als Victoria (IWx»j) und als 385 -«# - dem Schutze der Itonischen Athene stand aber auch das Getreide, und sie konnte auch 2 it u>p la, von dem Getreide, heissen , }. Dies ist ein ahnlicher Beiname wie der, den Ce- res fuhrte: I/tw,- und es ist in andern Capiteln von imr dar- gethan worden, dass nach der Eleusinischen Lehre Minerva mit der Ceres und mit der Proserpina ihrera Wesen nach ganz nahe verwandt ist. Anjetzt will ich ihrer engen Ver- bindung mit dem Hermes gedenken. Ganz in der Nachbarschaft von Coronea, zu Lebadea in Bootien, war die beruhmte Hdhle mit dem Orakel des Tro- phonius 2 ). Dieser Toocpooviog hatte nun eben so gut und ohne die geringste Veranderung des Sinnes auch Situjvio^ \ heissen konnen. In den Myslerien lernte man, und spaterhin wusste man offenthch , dass dieser Trophonius kein anderer a!s Hermes -Mercurius war 3 ). In diesen Attisch-Bootischen Religionen war dieser Hermes -Trophonius der Athene-Itonia gerade so beigesellt, wie in den Saitisch-Aegyptischen Her- mes -Anubis der Isis-Neith. Was sie in ihres Gcistes Tiefen bildete, das brachte er zur Wirklichkeit. Diese Ideen der Minerva leitet er, der Bote und Ministrant, auf den Mond und auf die Erde herab, und pragt sie ihnen ein als organi- sches Gesetz. Ohne dieses hohere Feuer und Licht ware der Mond kalt, und konnte die Keime der Pflanzen und Thiere weder empfangen , noch hinwieder befruchtend der Erde mit- theilen. Alle Triebkraft ware nichts nutze ohne geregelten Praxidice, die jedem zu seinem Rechte verhilft, ist im vierten Theile p. 206 sqq. 2ter Ausg. abgehandelt worden. 1) S. oben und besonders Stepb. Byz. p. 429 Berkel. und Eustath. ad Iliad. II. vs. 696- — tiv$<; dh o^vvovoi, Xsyovreq ort ojvof.iaL,iTo y.cd £110)1; 6ia to oiroyoQov. Man vergl. Berkel daselbst iiber den Beinamen der Gottin nach einer Handschriffc , worin ^tTwvia steht. 2) Pausan. IX. 37. 3. vergl. Scbol. Aristpph. Nubb. vs. 508. 3) Cicero de N. D. III. 22. Mercurius — is qui sub terris habetur, idein Trophonius. Creuzer^s deutsche Schriften. lit. 2. 25 386 Bildungstrieb. Von dieser Zweckmassigkeit ist Athene die Quelle, und er der Verwirklicher und Vollstrecker. Sie 2i- riovia: er Tpoyuivtos. In beiden liegt das Princip alles Or- ganismus und aller Nutzbarkeit *). * 1) S. ob. III. p. 37ff. 3. Ausg. die Ausfiihrungen iib. den Hermes Eriunius oder % Trophonius. < — Namentlich anch bei den Bootiern fiihrte Minerva den rechfc agrarischen Beinamen Boarmia iBouQ(.iia) y weil sie die Stiere anjochte und an den Pflug spannte CnctQci xb uq(xoauv nal ov&v&t dq £vyov y.al aooxQw p6aq')) Tzetz. in Lycophron. vs. 520. p. 668. vergl. Phavorinus y in voc. Wir haben oben schon den Ochsenan&panner Buzyges bei dem Palladium gefunden. §. 25. Das Attische Geschlecht der Lichthinder. Diese Lehrsatze der priesterlich-Pelasgischen Mysterien, deren wesentlichen Inhalt wir schon aus den Samothracischen Dogmen kennen, waren nun, nach der Weise der gesaram-' ten Vorwelt, auch in Bootien und Attica genealogisch ausge- pragt. Wie Zeus sich niit der Selene yereinigt , und mit ihr die Herse (Juppiter mit deui Monde den Thau) erzeuget, ist bereits im Vorhergehenden ueinerkt worden. Jetzt wollen wir die hierher gehorige Bootisch- Attische Gescblechtstafel beifiigen : 25* *j* 388 omsm Alalcomenia JEleustn Ac tans CecropswAglauros (Agraulos) Erysichthon. Aglauros. Herse. Pandrosos ^Hermes I I erzeugt mit erzeugt mit Ares die Al- Hermes den cippe. Tithonus ; nach Andern den Cepha- lus. Phaethon. Keryx I Daher die Keryken , ein Priester- ft-esch lecht in Attica. Cranaus^Pedias _ 1 Cranae. Cranaechme. Atthis^jHephcistus erzeugt mit Amphi^ ctyon den Itonus ^Melanippe Cli romij 7,wei uiigenannte Tochter, von de- nen die crste mit dem Pharus den Triptolemus , die andere mit Posei- don den Cercyon wuget. Erichthonhis ^Pasithea Pandion w Zeuxippe ^ Procne. Philomela. Praxithea. Butes I l vermahlt vermahlt mit mit Erechtheus. Chthonia Daher die Butaden Eteobutaden) Priester der Minerva. Da wir uber die altesten Traditionen vom Bootischen Athen und Eleusis, oder von jenen Ogygischen- Mythen , be- reits oben das Nothige gesagt haben, so wollen wir hier iiber einige nachfolgende Hauptglieder der Genealogie kurze Bemerkungen folgen lassen. Homerus spielt darauf an : 1) Iliad. II. 546 sqq. nach Voss. 389 ,,Dann die Athena bevvohnt des hochgesinnten Erechtheus Wohlgebauete Stadt, des Koniges, welchen Athene Pflegte, die Tochter Zeus, (ihn gebar die fnichtbare Erde;) Und in Athena setzt' in ihren gefeierten Tempel: Wo das Herz ihr erfreun rait geopferten Farren und Lam- mem Jiinglinge edler Athener, in kreisender Jahre Vollendung." Horaerus hatte namlich eine Sage von einem Erechtheus vor sich, den er als Autochthonen und als Liebling der Minerva preiset. Ein anderer Myth us meldete von einem Erechtheus, den Andere Eric&thonius nannten: er sey aus der von dem Saamen des Hephastus geschwangerten Erde, als dieser die Minerva umarmen wollte, entstanden Minerva hatte das 1) S. oben zu Anfang dieses Abschnitts, und vergl. die verschiede- nen Sagen bei Meursius de Regn. Athen. II. 1. und die Aus'Ieger ?u der augefiihrten Stelle des Homerus. Erichthonius ward von Andorn fur einen Sohn des Hephastus und der Atthis gehalten; s. den Apollodor. Uf. 14. 16. p. 358 Heyn. Der Scholiast zum Aristides itn Panath. p. 102 Jebb. sagt: 2mna 6h tou 'Hyutoxov tov jiiv&ov, on rrjq 'A&rjvaq igua&tlq v.v.\ $io')~ y.o)V cvTfjV aq>rj>a to OTt^Qfiu inl Tfjq '/'rjq , y.ot ourwq avido&ri o Ttoojroq kv- &Q0)7to<;. Wonach also Erechtheus der erste Mensch, der Attische Adam, ware. Nach Pausanias I. 14. 5. stand dieser Verbindung wegeu ein Bild der Minerva im Tempel des Vulcanus zu Athen. Erichthonius wurde auch als Drachenfiissler beschrieben, und sein Name bald von i'ga Erde, bald von h'gtov Wolle, bald von fyiq Streit abgeleitet (Hygin. fab. 108. mit den Auslegern p. 282 Staver.). Die letzte Erkjarung von dem Streit urn die Jungfrauschaft und von %&ojv , Erde, stimmt wenigstens mit den Grundbegriffen von der Minerva vollkommen uberein. [Vorlaufig begnuge ich mich auf Stuarts und Revetts Alterthiimer von Athen T. und nament- lich auf den Abschnitt: Erklarung der Sculpturen am Parthenon , p. 4! 4 — 442 deutsch. Darmst. Ausg. mit meinen Nachtragen p. 544 sqq. ; auf L. Bossier de gentibus et families Atticae sacerdotalibus. Darmstad. 1833; und wegen des heiligen Rechts (ius sacrum) und mehrere Attische Feste und My then , auf Lycurgi deperditarum orationum fragmenta ed. Kiess- ling, Halae 1835 , p. 42 . 50 sqq. 96 sqq. • endlich auf P. O. Broendsted's *m 390 ^ Kind aufgenoinmen, und in einem Kastchen den Tdchtern des Doppelmenschcn Cecrops 1 ) ubergeben; welche, als sie die Kiste offneten , neben dem Kinde eine Schlange fandea. Die- ses Thier ward nun ein treuer Gefahrte der Athene. In einem ihrer Tempel zu Athen wurde noch zur Zeit der Perserkriege die so genannte Hausbeschutzende Schlange 2 ) unterhalten, und alle Monate mit Honigkuchen gefuttert; und die Schlange blieb, theils in agrarischer, theils in arztlicher Beziehung, der Minerva standiges Attribut, wie so viele ihrer Bildsaulen beweisen, selbst die von der ausgebildeten Kunst, wie z. B. die der Minerva Giustiniani. Das waren Ueberbleibsel des Thierdienstes von Aegypten her 5 wohin auch die Hieroglyphe des Crocodils gehort, das in Athen der Minerva beigesellt war, wie wir bereits oben gesehen haben. Alle diese Fetische waren die Begleiter jener altesten Cecropischen Athene ge- wesen, jener Poiias und Poliuchos 3 ), d. h. urspriingiich jener Reisen und Untersucbuogen in Griechenland. Zweites Buch, Paris 1830, p. 165 sqq. , und auf meine Recension dieses Werks in den Wiener Jahrbb. der Lit. Band LVII. p. 47 — 65. zu verweisen.] 1) Kh.qoxp 6 dupvris, d. i. der Schlangenfiissler , nach einer symbo- Jischen Hieroglyphe, welche, urspriingiich auf Ackerbau bezuglich, nach- her die verschiedensten Auslegungen erhielt, z. B. von dem doppelten Vaterlande des Cecrops, von seinen zwei Sprachen, der Aegyptischen und der Pelasgischen , von der Ehe, welche er eingesetzt, von seinem doppelseitigen Charakter und dergl. Ich habe die Stellen in den Mele- temm. I. p. 63. zusammengestellt. Buttmann im Lexilogus p. 67 sq. fin- defc im Kekrops, wie in Pelops, Merops, die mythische Personification verschiedener Starnme. Weiter unten werde ich auf diesen Namen zu- riickkommen. 2) oly.ovooq $Qv.y.o)v oi/.. 6 ovaav, via&aqbv uvTty (dem UJysses) -nuq^/jiv to q vno ctyoTQOV £tv$uq. txttXtiro 6k 3 JEjTifAev£dt]q ' xu&toruTO dk nag* uvioXq KCtl 6 iovq hgovq agoxovq innekoiv Bov^vyqq. 2) Vergl. die Annotatt. zu meiner Rede de civitate Atlienarum onsuis humanitatis pareute p. 53. p. 11. und p. 50 ed. alter. 3) Vergl. Bottiger Die Aldobrandinische Hochzeit' p. 165. und obeu in dem Abschnitt von der Juno. [Seitdem habe ich in den Annali dell' Instituto archeolog. di Roma Tom. VII. p. 92 sqq. dem Herakles-Buzy- ges eine eigene Afohandlung gewidmet: De vasculo Herculem Buzygen Minoemque exhibente; woraus ich hier uur einige Satze ausheben will: Pallas -Athene sollte den Erechtheus die Bandigung der Pferde und das Fahren mit ihnen gelehrt haben , den Buzyges die Bandigung der Stiere und das Pfliigen mit ihnen. Dieser Buzyges war der Ahnherr eines Athe- nischen Priestergeschlechtes Buzygia QBov&yta') , ahnlich der Priester- schaft der Fratres Arvales im alten Rom 5 und wenn ferner ein Attisches Konigsgeschlecht einen vom Anspannen der Pferde genannten Zeuxippos kannte, so hiitte Bootien seine Heroine Buzya, vom Anjochen der Stiere genannt. Nachdem die Athenischen und Eleusinischen Local - Culte ver- bunden waren, feierten die Athener drei Pflug- und Ackerfeste, das erste zu Skiron zum Andenken an die alteste Aussaat, welche die Athener der 398 als eben jener Triptolemos. dessen Name in dieser Be&iehung ebenfalis vom dreimaligen Pfliigen (rgh, nokeiv^) hergeleitet ward — Lauter mythische Personiflcationen , um die verschiede- nen Verhaltnisse and Fortschritte der agrarischen Cultar und des gesetzlichen Lebem zu bezeichnen. Diese ersten Ackerraanner waren in jeder Hinsicht, wie die Gotler, von denen sie ab- stammen sollten, Heilande. Wie lacchos wahrend der Per- sersehlacht in lautem Festjubel bei Eleusis erschien, so war auch der PJiugmann Echetlos (Von extrhf) in diesem Kriege hulfreich. Er hatte in der Marathonischen Schlacht mit seiner Pflugschaar, unter die Athener sich mischend, einen grossen Haufen Perser erschlagen Pallas zuschriebenj das zweite auf dem Rharisclien Felde im Eleusini- schen Gaue, und das dritte an einem andern Orfce, das Buzj'gische ge- nannt; wie denn audi die zu Eleusis die heiligen Ackerstiere Pflegenden Buzygen iBov^uycti) genannt wurden (Plutarch. Praecept. coniug. p. 896 Wyttenb. Scholiast. Aristid. p. 473 Dindorf. und nieine angefiihrte Ab- handlung p. 1 00 sqq.).] *- ■ 1) Pausanias I. t5. 4, wo'E/^koq stent, und I. 32. 4, wo er ^erXaloi; heisst. Die neuesten Herausgeber haben beide Lesarten beibehalten, da die Handschriften dafiir sprechen. Dieser Echetlaus erscheint noch so mit seiner Pflugsclmar auf einem Relief der Villa Albani ; bei Winckel- mann in den Monumenti (vergl. dessen Erlauterungen p. 75. der deutsch. Ausg.) und bei Zoega Bassiril. tab. 40. und dazu die Erklarung p. 304. der deutschen Uebersetz. von Welcker. 399 §. 26. Athene -Hephdstobule oder Minerva die Heilende [Medico). Wie Minerva in der agrarischen Allegorie von einem Chor von drei Frauen, Aglauros, Herse und Pandrosos, um- geben ist, und daninter ihre Kraft vertheilt} so hat sie in der drztlichen wieder drei Begleiterinnen , die Panacea, laso und Hygiea. Zu Oropos, ehemals in Bootien, nachher zu Attica gehorig, sah Pausanias einen Altar des von der Erde verschlungenen Gottes Amphiaraus , dessen eine Seite dem Her- cules, Juppiter und Apollo Pdon, die dritte der Vesta, dem Mercur , dem Amphiaraus und Amphilochus , die vierte der Ve- nus, der Panacea, der laso, der Hygiea und der Minerva Pdonia, die funfte den Nymphen, dem Pan und den Flussen Achelous und Cephissus gewidmet waren *). Also ein ganzer Kreis von Lichtgottern , Flussgottern und tellurischen und arztlichen Wesen. Hierbei werden wir uns zuvorderst erin- nern, dass,jiach Pisanders Zeugniss, Minerva es war, die zur Starkung des Hercules bei Thermopyla die warmen Quel- ]en aus den sogenannten Kesseln hatte hervorspringen lassen. Nicht minder werden wir an die genaue Verbindung des 1) Pausanias I. 34. 2. 'AtioXXwpoc. IZcttuvoq, — 'Aygodfayq ittCaq, txv dh'laaouq nal 'Tytfaq, *al 'A&rjvaq Jlamvlaq. [Ich bemerke jetzt nur kurzlich, dass ich iiber den Apollon Paon oder Paan {^Ilamv, Hunxv) ausfiihrlich in melner Schrift zur Gemmenkunde p. 106 sqq. gespro- chen habe.] 400 Lichtgottes Apollo rnit dem Esmun - Aesculapius denken 1 ). Weiter, bei diesem Bootischen Goit Amphiaraus unter der Erde, der local und real dem Hermes Trophonius, gleichfalls unter der Erde , so nahe verwandt ist (s. Pausanias a. a. 0.), werden wir aufmerksam werden , wenn einer der Aesculape Eruder des Hermes genannt wird, und zwar gerade desjeni- gen Hermes, der unter der Erde hauset, des Hermes -Tro- phonius 2 ). Bier tritt also Hermes - Cadmilos mit Esmun- Askle- pios in die genaueste Verbindung , und wir erblicken die Pho- nicische Seite dieses Bootischen Religionssystems in Personi- ficationen tellurischer und medicinischer Begriffe. Die Aegyp- tische Seite tritt im Hermes und Pan hervor. „ Des Hermes Nachfolger war Tat, sein Sohn und zugleich der Empfanger seiner Lehren, und nicht lange darauf auch Asklepios Iinu- thes, der Sohn des Pan und der Hephastobule". Das ist derjenige Aesculapius, der auch als Urheber der Poesie be- zeichnet wird 3 ). — In diesem Emanationssystem hat namlich Hermes, der geniale und erfinderische Geist, Sohne und Nachfolger, die seine Ideen verwirklichen , Tat, die Hand- fertigkeit in alien Kunsten, Aesculapius, die arztiiche Kunst, Aesculapius - Imuthes , der durch den Zauber der Tone die Krankheiten besanftigt und heilet. Das sind Lehrsatze aus der xoqjj xoo^ov, d. i. aus einem Buche der Isis 4 ). Wenn wir nun im Capitel von der Aegyptischen Religion gelernt 1) Ich bitte oben III. I. p. 44 sqq. 3ter Ausg. zu vergleichen. 2) Cicero de N. D. HI. 22. p. 6D7 sq. vergleiche p. 612. meiner Ausgabe. 3) Hermes ap. Stob. Sermon. I. p. 930 — 932. und p.- 1092 ed Hee- ren. o A didovat pori&rtfuxTu. Vergl. Wesseliug daselbst. 2) Porphyrius ap. Proclum in Platon. Tim. I. p. 49. 3) Jamblichus ebendaselbst. Man erwage auch folgende Genealogie nach Hermippus beim Scholiasten des Aristophan. Plut. vs. 701: Askle- pios heirathet die Lampetia, die Tochter des Helios (der Sonne), und zeuget mit ihr den Machaon, den Podaleirios, die Panakeia und die Aigle, Ebendaselbst wird auch der Tochter des Amphiaraos, der Iaso, gedacht — arztliche Personen, aus dem Lichtdienste ausgegangen. 4) Pausan. I. 28. 4. p. 107 Facii, wo Clavier mit Becht das erste nal Ilavoq weggelassen hat, und I. 32. 6. p. 126. 5) Cicero de N. D. III. 22. p. 599. und p. 612. Cremer's deutsche Schrifteu. III. 2. Oft *m. 402 Gattin des Hephastos ist *). Jedermann wird aber zugeben, dass wir niclit alle Geschlechtsregister der Attischen Religio- nen kennen. Da nun in obiger Genealogie die Frau des Pan mil dem Namen Hephdstobule bezeichnet wird , also Rathgebe- rin des Hephastos- Vulcanus, da gerade zn Athen von Minerva als der Bulaa (Rathgeberin) die Rede ist* 2 ) 5 so werden wir wohl vermuthen durfen, dass diese Hephdstobule , des Pan Frau und des Asklepios Mutter , keine andere Gottin als ehen Athene- Minerva selber sey. Es war Hermetische Lehre, dass der Weltgeist Pan mit dem weiblichen Lichtgeist Athene den Arztgott und Musiker Asklepios erzeugt habe 3 ). Die Gdttin aber wird in dieser Beziehung Hephastobule genannt, weii sie dem Vulcanus helfend und lauternd zur Seite steht. Vul- canus kann aus den Feueressen der Erde keine Heilquellen 1) S. ebendaselbst , und vergl. d^ii Am fang dieses Abschnitts. 2) 'A&qvaq Bovkaiaq. [Vergl. Tafel Dilucidd. Pindaricae Olymp. VII. 71 sqq. Vol. I. p. 256 sqq.] 3) Auf diese Weise ist vielleicht audi die Minerva Musica enfcsfcan- den, von welcher Plinius H. N. XXXIV. 8. sect. 19. sagt: Minervam quae Musica appellator, quoniam dracones in Gorgone ejus ad ictus citharae tinnitum resonant. Man weiss ja, welche Kunste und wohl auch Oau keleien rait Schlangeu von den Asklepiaden getrieben wurden, und selbst mit Minervenbildern mag manche Kiinstelei der Art veranstaltet worden seyn. Desshalb erkannten Verstandigere dennoch eine alte symbolische Bezeichnungsart mit dem gesunderen Gedanken, dass die Schlangeu der Gorgone, jenes alten Symbols der widerspenstigen Materie, durch die * Gewalt der Minerva medica und musica bis zur harmonischen Fiigung unter den geistigen Willen besanftigt werden. Thorlacius (Proluss. acadd. p. 145.) dachte wohl an diesen Ideengang nicht, da er eine Her- culanensisclie Minerva, weil sie die Gorgone habe, nicht fur eine Medica gelfcen lassen will. — Minerva hatte auch von dem lieblichsten Gesang- vogel einen Namen. Sie ward bei den Pamphyliern urjSwv, Nachtigall ? genannt CHesych. I. p. 121.). Dass sie mit den Musen in Verbindung erscheint, ist bekannt. [Ueber Minerva Musica, — Aedon und — Salpinx vergl. man jetzfc E. Gerhard's auserlesene Vasenhilder p. 148 sqq. zu Tafel XXXVII.] ^ 403 hervorbringen, ohne dass seinein Feuer die erhaltende und reinigende Kraft aus der Hohe, dieselbe Kraft, von der die Sonne hervorgebracht ist, nnd die den Mond und die Sterne lautert, eingeistigend beiwohne. In so weit konnte man dann sagen, dass Minerva warnie Heilquellen hervorbringe , vvie Pisander gesungen, weil Vulcanus das Material zwar liefert, die Heilkraft aber von seiner Hathgeberin Minerva herruhrt. Das ist die eine Seite, von welcher sich diese Lehre betrach- ten lasst. Die andere kennen wir von Aegypten her, wo Phthas-Hephastos als der mannliche Feuergeist im ganze?i Universum sich die Neith-Isis als das weibliche Licht in himin- lischer Liebe beigesellt. Das ist nun jene Minerva, die mit dem Asklepios in einer genauen Einigung lebt, und der die altesten Athener als der Athene Hygiea einen Altar gestiftet haben l ). Pausanias fuhrt eine Bildsaule der Minerva Paonia [Ilaiajviaq, der drzth'chen) an, die draussen am Thore vor dem Ceramicus stand 2 )} und auf der Burg befand sich ein Heiligthum der Minerva der Retterin 3 ). Wenn nun gleich dieser letztere Beiname an sich von allgemeinerer Bedeutung ist, und wenn z. B. Ulys- ses auch nach der Ruckkehr von seinen Irrfahrten der Athene Retterin einen Tempel gewidmet hatte *) $ so lasst sich doch nicht zweifeln, dass die Dankbarkeit der von Krankheit Ge- nesenen diese Gottin oft vorzugsweise als Retterin ^Iojt€iqi^v . nal vyatveiv, y.al dwqa 'Egyuvrjq /Jaifiovoq. Er nennt dieselbe: xyv &tov xt)v 'Eqy&vy\v, Hist. Animall. lib. I, cap. 21. Julianus p. 531. sagt vollstandiger: xijq 'Eqydv^q 'A&tjvaq duqa. « 412 ^ ihren Fall bereiten Es war ein alter Mythus von Phry- gien und Lydien her. Ueber diese Lander kamen die Baby- lonischen Webereien und Stickereien zu den Grieehen hinuber. Phonicien und das Pharaonische Aegypten batten dieselbe Kunst seit undenklichen Zeiten geubt. Die feinsten baum- wolienen Stoffe, die man in den Grabern der Thebais findet, liefern davon redende Beweise, wie nicht minder die Aegyp- tischen Malereien, welche gebliimte und andere kiinstlich gefarbte Zeuge darsteilen 2 ). Aegypten verehrte also gewiss auch in diesem Betracht seine Neith als Kunstlerin. Samos und einige andere Inseln nebst Athen wurden fruhzeitig mit dem Kunstfleisse der Phonicier und Aegyptier bekannt. Wenn also dort, wie wir berichtet worden, Athene zuerst als Er- gane verehrt ward, wer mochte da den Begriff der kunstrei- chen Weberin von dieser Religion auch in ihrem Vrsprung ausschliessen wollen 3 ) ? — - Mir ist das verhangnissvolle Ge- webe der Penelope und so manches Andere hinlanglich, um sogar auch an die uralte Bedeutung einer symboh'schen Webe- rei zu glauben. Es giebt auch die allgemeine Bezeichnung der Minerva Machanitis einen hinlanglichen Beweiss, dass die naturliche Religion der alten Grieehen bei der ursprunglich- orientalischen Anschauung von der Minerva, als Feuer, Licht und Geist, geblieben war. „Zu Megalopolis in Arcadien, sagt Pausanias, steht ein Tempel der Athene — Machanitis zubenannt, dieweil diese Gottin von vielerlei Rathschlagen und kunstlichen Werken die Erfinderin ist" *). — So war in 1) Ovid. Metamorph. VI. 5 sqq. Denn dieser Mythus ist, trotz der neuen Alexandrinischen Zusatze, die Ovidius noch erweitert hat, in sei- ner Grundlage alt. 2) Die Belege findet der Leser kura beisammen in meinen Commen- tate Herodott. I. §. 4. p. 46 sqq. 3) Miiller in den Aeginett. p. 97. not. x: „Ergane, opiiicii inulie- bris praeses, serioris est temporis. " [Guigniaut vervveiset auf Cham- pollion Pantheon egyptien zuv Tafel VI. c. daselbst.] 4) Pausan, VIII. 36. 3. 'A&tjvaq uqov infafoiaw Dfaxuviridoq (Codex ?L 413 der That die erste Anschauung der alten orientalischeu Lehre: Hermes, der Genius des leitenden, feurigen Sirius, war Schreiber, Lehrer und Ordnerj Neith- Athene war der Sonne Mutter, ihr Licht und ihr Geist$ Hephastos, das Alles durchdringende und Alles bandigende Feuer. Dem Hephastos stehet Minerva zur Seite als Hephastobule — 5 sie lenket zweckmassig des Feuers Kraft. Hermes zeuget und wirket mannlich und bildend, was in Athenens Lichtgeist offenbart wird. Beide zusammen bilden die Hermathene: zuerst in der Hieroglyphe von Widder, Hahn und Schlange, als den bei- den Gottheiten angehorigen Thieren 5 nachher rein menschlich vermahlt in der idealschonen Gruppe einer Herm- Athene, Die Haupteigenschaften der Minerva Ergane sind in Fol- gendem gut angegeben *): „ Athene ist den Handwerkern gunstig wegen des Namens, denn sie wird Ergane genannt; denen, die ein Weib nehmen wollen, denn sie bedeutet, dass dasselbe zuchtig und hauslich werden wird 5 den Philosophen, denn sie ist die Weisheit und aus Juppiters Haupte. Auch den Landleuten ist sie gunstig, denn sie hat mit der Erde denselben Begriff, wie die Philosophen sagen 2 ) , und denen, Moscov. et Facius: Mtixavhtdoq) [wo aber Schubart und Walz mit Rechfc Mayavtxidoq beibehalten haben.] Minerva wird in diesem Betracht auch aoi]v, er wicderholt die YVorte : w Nupt/.tt naquytvov. Procris kommt dq Tuvxr,v rrjv y.ogv , aus einer Heidelberger Handschrift in un- sern Meletemm. I. p. 45. 428 gliicklich bestanden *). Er schauet sein Kind an, und froh- locket fiber die Geburt Ich beruhre diese Schilderung. die man ganz lesen muss , weil sie zugleich auf eine Verheissung anspielt, die Minervens Geburt vorhergegangen war. Helios hatte denen von Rhodus und von Athen verkundigt, diejeni- gen wiirden die neugeborne Gottin auf immer ; besitzen , die ihr zuerst opfern wiirden. Die Rhodier beeilten sich sehr, vergassen aber das Feuerj wahrend dem hatte Cecrops zu Athen sein Rauchopfer vollendet. Nun wohnte Pallas bei den Athenern als den weiseren. Zeus jedoch sendete in einer goldenen Wolke den Plutus auf die Stadt der Rhodier herab, weil auch sie die Athene erkannt hatten. Es regnete Gold auf ihre Hauser und Gassen; und in jenem Gemalde stand Plutus als ein goldener geflugelter Genius mit geofFneten Au- gen auf der Burg von Rhodus 2 ) — Anspielungen auf den alten Pallas- und Sonnendienst 3 ) der Bewohner dieser Insel. aber auch auf den heiteren Himmel, der hier herrschet, auf die naturliche Giite dieses Landes und auf die Emsigkeit, womit seine Bewohner die grossen Vortheile ihrer Lage zu 1) Philostrati Iconn. II. 27. p. 852 sq. OJear. [p. 96 ed. Jacobs ct Welcker und dazu die Anmerkk. p. 543 sqq.] 2) Philostratus a. a. O. vergleiche Scholiast, vet. Pindari Olymp. VII. 71. 3) Ueber die Verehrung der Rhodischen Pallas ist oben das Nothige bemerkt worden. Den Sonnendienst anlangend, so wollten die vorneh- men Geschlechter dort von den Heliaden und durch sie vom Helios ab- stammen. Man feierte dort Sonnenspiele, 'Altwv auch c PodovaXtto)v aym-eq ; vergl. Cicero de N. D. III. 21. mit den Anmerkk. p. 595 — 598. und iiber die religiosen Syrabole auf den Miinzen von Rhodus besouders Spanheim de usu et praestant. numismm. Vol. I. p. 321. Im Rhodischen Religions- system stand vermuthlich Apollo in demselben Verhaltniss zur Minerva wie im Atheuiensischen. [Diese Rhodischen Feste und Spiele hiessen "AXeia und "Aha, s. Casaub. und Schweighauser ad Athen. XIII. 56li Vol. VII. Animadverss. p. 26. vergl. Eckhel D. N. V. Tom. III. p. 312. Ausser Meursii Rhodus miissen jetzt Rost in der Schrift Rhodos und Heffter Die Gotterdienste auf Rliodus im Alterthume verglichen werden.] ^ 429 benutzen verstanden. In ihrem Ursprung war auch diese Al- legorie aus den natiirlichen Anschauungen von Licht, Sonne und ihren Segnungen ausgegangen: Gold stromt fiber das Eiland der Rhodier herab, „indem Zeus die Wolke zerreisst, weil auch sie urn Athene sich bekummert hatten" Der Sonne belebendes und befruchtendes Licht ist erst Ausfluss von dem unbefleckten Lichte der Pallas. Mit goldenen Waf- fen und abwehrend ging sie aus des Vaters Haupte hervor, und wird selbst die goldene genannt 9 anzudeuten ihr intelli- gibles, unbeflecktes und immaterielles Wesen" 2 ^. Hier ist nun schon eine rationale Ansicht von der Minerva gegeben; wor- uber wir im Verfolg Mehreres beibringen werden. Denn gerade uber die reine Jungfrau (xoQtf) Minerva haben die philosophischen Erklarer der Griechischen Religionen Vieles zu sagen gewusst. Aber hierbei kann ein Zvveifel nicht unberuhrt bleiben, / ob denn auch Minerva bei guten Schriftstellern xoQijy das Mad- chen, heisse. Ein grosser Sprachforscher hat dies in Abrede gestellt, und sogar Beweise vermisst, dass Pallas den Namen xoqo. als blosses Epitheton fuhrte 3 ). Andere haben neuerlich dagegen mit Recht an die Minerva Coria erinnert 4 ). Aber zuvorderst werden wir gleich von den drei xoqccis sprechen mussen, wovon die Philosophen reden, und von welchen eine die Minerva ist 5 sodann wird dieser Name der letzteren in etlichen Stellen ganz bestimmt beigelegt 8 ). 1) Philostratus a. a. 0. — Xsytxat, %owsoq i!; ovqavov qevoat, — ■ — vt(f>4Xr\q dq ainovq Qti^avroq tou Avoq, on xaxeivoi rijq 'A&qvaq Svvrjxav. 2) Proclus in Platouis Cratyl. p. 25 Boiss. x gova^ fif'vrot,, y.ud-untQ q>uolv , ivSuxvvfievob %r\v votqav avrrjq v.al a%qavTOV ovaiuv xal ctvkov xal ufiiytj iiQoq yivtaiv. Das Epitheton die goldene , xQ va *h fulir t Nicetas von der Minerva an. Sie hiess aber auch xQv°n auf der gleichnamigen Insel; s. Melett. I. p. 24. 3) Tib. Hemsterh. zum Pollux IX. 6. 74. p. 1074. 4) Thesaurus gr. ling. Steph. ed. Valpy I. 3. p. 295. 5) Aristoph. Thesmophor. vs. 1147 -—1150. UcdXccScc — nao&hov 4,ho «m, Auf dem Vorgebirge von Brasia in Laconien sah Pausa- nias drei kleine Erzbilder, nicht grosser als ein Fuss, mit Huten auf den Kopfen. Er weiss nicht zu sagen , ob sie von den Einwohnern Dioscuren oder Corybanten genannt worden; aber so viel weiss er, dass es ihrer drei waren, und dass das vierte davon die Athene war % ~). Dass nach einer Ge- nealogie die Corybanten Sdhne des Helios (der Sonne) und der Athene Minerva sind , haben wir bereits bemerkt 2 ). Wir kennen auch die Minerva als Apollo's Mutter 5 und jetzt rufen wir uns den Satz ins Gedachtniss zuruck, dass die alten Religionen auch einen Apollo hatten, den sie als Sohn des Corybas bezeichneten 3 ). Dies mussten wir vorausschicken, urn nun auch zu sehen, wie Minerva Coryphasia und Cora mit Apollo , mit der Artemis und mit Persephone in Verhaltniss u£vya Xoquv. Galenus de Hippocr. et Platon. placitt. III. 8- 5. 274. %r t v yavvri&ilaav iv avrio noQr]v ansxvrjOe dia %rjq xf auf die Nike oder Athene bezieht. 1) Pausanias III. 24. 4. Diese Stelle habe ich bereits oben bei der Juehre von den Dioscuren beriihrt. 2) Strabo X. p. 723. p. 204 Tzsch. kennt dieses Geschlechtsregister. Payne Knight Inq. into the symb. lang. g. 226. p. 187, der bios die Stra- bonische Stelle anfiihrt, nimmt diese Herkunft der Corybanten, die ihm Priester sind , allegorisch so : es sey ihre gottliche Wissenschaft damit bezeichnet. Da dieser Gelehrte, der allgemeinen Richtuug seiner Ge- danken nach, auf dem rechten Wege ist, so will ich uber Einzelnes nicht mit ihm streiten. 3) Cicero de N. D. III. 23. p. 615. meiuer Ausg. tritt, oder mit andern Worten, witf sich die drei Jungfrauen (xopai) zu einander verhalten *)? ufl( * w,e die drei Corybanten oder Cureten sich ferner an die Athene, an ihren Vater Jup- piter und an ihren Sohn Apollo anschliessen. Ich werde hier die alten Exegeten selber reden lassen: „Wie der Konig Apollon durch die Einfalt des Denkens (voijosajg) mit der Sonne in Verbindung stent, so muss man auch von der Athene glauben, dass, da sie von ihm (dem Apollon) ihr Wesen nimmt, und sein vollendeter Begriff ist [ovadv re avrov re- Xs/av voqoiv), sie die urn die Sonne schwebenden Gotter mit eben dem Konig des Ganzen , mit der Sonne , ohne Verduste- rung, zur Einheit verbindet; und dass sie selbst das unver- sehrte und reine Leben von dem hochsten Scheitelpunkte des Himmels durch alle sieben Kreise bis auf den Mond hcrab vertheilet} welchen Mond, als den letzten der spharischen Korper, die Gottin (Athene) mit Geist erfullet Durch sie (verraittelst ihres Einflusses) schauet der Mond einerseits die intelligiblen Dinge fiber dem Him m el , theils schmiicket er unter sich die Materie mit Ideen (Gestalten) aus, und nimmt hinweg, was in ihr thierisch, verwirrt und unordentlich ist" 2 ). — In diesem Einigungs- und Reinigungswerke er- scheinen nun die Cureten und die Corybanten , welche , drei an der Zahl, wie wir sahen, in alten Bildern der Pallas- Athene beigeordnet worden, als deren Trabanten und Diener. „Die Kureten sind die Ur- und Musterbilder aller wohlgeord- neten Bewegung (jtdcf?jg rrjg svpv9pov xivijaeajg dpxyywc 1 t) In diese Verhaltnisse der Proserpina zur Minerva gehe ich jetzt nicht weiter ein. Man muss dariiber nachlesen 7 was ini Abschnitt von Ceres und Proserpina davon ausfiihrlich gesagt wird. 2) Julianus Imperat. Orat. IV. p. 449 ed. Spanheim. Urn nur einige Hauptausdriicke im Original beizusetzen, so legt der Verfasser der Mi- nerva die Verbreitung der axgawov xal y.u&ugaq tourjq bei ; unter ihrer Leitung betrachtefc der Mond: v

rjf) und des culininirenden Begriffes (xai rijg dxpaias vojjoscoq). Denn die obersten Kureten gehoren der intelligiblen Gottin (voqrfjs 9eov~) an, und sind Trabanten und Gefahrten der 1) Es giebt einen Standpunkt, worauf wir den Kronos-Saturnus als die ungesonderte blinde Zeit, im Gegensatz gegen den Ordner der Zeit, den Zeus- Juppiter, erkannt haben. Nach einer andern Ansiclit ist aber Kronos der von Ideen gesattigte verborgene Geist OoD? xovQttf', und die Cureten liaben das Amt, deu letztereu mit dem erstereu iu Zusammen- hang uud dagegen mit deu Titanen in Trennung und Zwiespalt zu setzeu (Damascius mscr. cod. Monac. fol. 244. vers.). Jetzt werden wir ahnen, warum Zeus in einer alteu Titanomachie als tanzend aufgefuhrt wird ; s. Athenaus lib. I. p. 22. p. S3, vergleiche lib. VII. p. 277. p. 10 ed. Schweigh. 433 verborgenen (rtjs x.Qvcpladooo oxqaxy\-/tv.r[ elvai, y.al dioiy.tjTiy.7j noXefAOJV , v.vX vnegf^a^^xixt} rod dixctlov. Hiermifc hangt nun die Sage zusammeu, dass Oreste% , als er im Gerichfc auf dem Areopagus losgesprochen war, einen Altar der Athene Area CAqeiuq) gestiftet (Pausan. I. 28. 50 3) S. Pausan. III. 25. 2. vergl. melne Meletemm. I. p. 24. nnd Feder ad Aeschyl. Agameinn. carm. epod. prim. p. 35. Hierbei bemerke ich gelegentlich , dass in der Kiihnischeu Ausgabe und auch in der von Fa- cius (s. Tom. III. p. 385. und p. 395.) auf eine Minerva Atpvuq oder yfijuvcixiq verwiesen wird, da doch im Pausanias selbst nur von einer Artemis dieses Namens die Rede ist 5 s. Pausan. III. 2. 6. und daselbst Facius. So redet auch Victorius zu Cicero ad famil. T. II. p. 4i4 ed. Graev. zweimal von einer Minerva Limenetis und Limuatis, mit Ver- weisung auf Meursii Miscellan. Lacon. Cs. lib. I. cap. 2. Thes. Gronov, Tom. V. p. 2301 sqq.). Allein auch dort ist nur von der Diana die Rede, die diesen Beinamen im Peloponnes fiihrte. [vergl. Pausan. II. 30. 7. Artemis war ein numen palustre, s. Fr. Streber in den Munchn. acad. Denkschr. I. p. 139.] Ueber die Formen und iiber deren Unterschied von A^vlxtq vergl. jetzt Feder a. a. 0. p. 29. Der Bedeutung nach wiirde sich der Beiname zur Minerva gut schicken. Denn XLpvai sind Seen und anliegende Platze. Man denke nur an die Minerva Tritogenia. Auch wollte Einer die Minerva 'EXXoxlq zu Corinth (s. die Ausleger zum Athe- naus p. 678 b. p. 97 Animadvv. ed. Schweigh.) von ?A 0 ?, See, her- leiten. Aber im Pausanias T. 28. '2. haben die Herausgeber mit Reclifc Arif.ivtaq beibehalten , die Minerva der Lemnier, wo der Wiener Codex Atfivfaq hat. [Ueber die Korinthische Athena Hellotis bemerke ich jetzt: „Die 'EXXwvfa ist, wie auch die Festsagen bei Schol. Pindar. (Olymp. XlfT. 56. 97.) lehren, Licht gottin , wie die 3 AX&e, u K. O. Miiller in den Dor. I. 28* , ^ 43G auf dem YVege nach Argos l ). Die Trozenier hatten einen Tcmpel der Athene Apaturia. lhn hatte Aethra gestiftet, ais sie vom Poseidon umarmt worden, und dabei den Gebrauch eingefuhrt, dass die Jungfrauen vor ihrer Hochzeit ihren Giir- tel dieser Gottin weiheten 2 ). Auch hatte Minerva mit dem Poseidon lira den Besitz der Stadt 'frozen streiten mussen. Zeus entschied so 5 dass die Stadt beiden yerblieb, und Po- seidon ward sofort ais Konig dort bezeichnet , Athene aber p. 398. Den Namen 'EXXontu leiteten Andere von tXtlv, nehmen, ergrei- fen, weil Minerva den Pegasus des Bellerophon am Zaume ergriffen, und gebandigt (s. Scholl. 1. 1., woraus Eudocia geschopft, Violar. p. 146.). Mit Recht verwirft diese Etymologic Fr. Osann (Beitrage zur Griech. u. Rom. Litteraturgeschichte I. p. 280 f.) in einer schonen Erorterung iiber die Minerva Ellesia, wle sie in einem Heiligthume bei Metapont in Ita- lien genannt wurde, von eikelo&tu Oder nach der alteren Form tXXeo&cu , concludi, implicari, eingeschlossen werden. Davon 'EXXsott} oder 'EXXaata CHesych. I. 1180 Alb. Ruhnken. ad Vellei. Paterc. p. 3.); wobei Osann noch vermuthet, dass es audi einen Beinamen der Pallas gegeben habe, liamlich ElXrpla oder EiX^aCa; lasst es aber dahingestellt, ob die 'A&rivci 'EXXonlq oder 'EXXonta auf denselben Sprachstamm zuruckzufiihren sey. — Ich bemerke zum Schluss , dass, welche Herleitung des letztern Beina- mens der Pallas auch die vvahre seyn mochte, auf jeden Fall der an dem . Hellotien - Feste gebrauchliche Fackellauf zu Pferde den Begriff einer TJchttfdttiii voraussetzt Cs. meine Schrift Zur Gemmenkunde p. 60 f. und p. 169 f.).] t) Pausan. II. 15. init. vergl. Gell a. a. 0. p. 19. 2) Pausan. II. 23. 1. vergl. Gell p. 135. 'A&r\vuq 'Anaiovqlaq iiber- setzt man gewdhnlich: der Tauschenden. Goldhagen hat Bedenken ge- tragen dieses zu thun. Vermuthlich war der Name mysterios und viel- deutig. Die Verbindung von Poseidon, Aethra tAi&. 1- -*m m woHte wissen, Hercules habe diese Locke*, die er von der Athene empfangen, dein Konig Cepheus mit der Versicherung gegeben, jedesmal wiirden die Feinde weichen, wenn man diese Locke von der Mauer zeige< Dadurch hatte er ihn zuf Theilnahine an seinem Kriegszuge bestimmt Diese Locke der finsteren Gorgone war eine Beute, die Perseus der klare Kampfer gewonnen, nachdem er dem finsteren Monde, der Gorgone, den Tod gebracht ^- In Arcadiens winterlichen Bergschluchten muss jeder Feind zunickweichen , wenn der untergehende Mond und die Schrecken der Nttcht den Krieger erzitterii machen. So lauten die Legenden von Tegea und Alea her. Dabei wurden Halotien, Kriegsfeste y gefeiert, zum Andenken ; der Feinde, die von Arcadiens Bewohnern zu Gejangenen gemacht worden. Nun werden wir wohl vermuthen, dass jene Aleaa auch Spiele zu Ehren der Somie , der Sonnenhelden 3 gewesen. Das Angedenken an Hercules und seine Hare Auge , an Aleos, dessen Stadt das Haar der finsteren Gorgone als Palladium verwahrte, und an Athena Alea selbst erhielt sich treu an diesen Festen *}. Nun haben wir aber von demselben Pausanias gelernt^ dass die Minerva Alea fruher Hippia genannt worden. Von diesem Beinamen werden mehrere Sagen angefuhrt 3 ). Ein-» ^ 1) Pausanias VIIT. 47. 4. Apollodor. II. 7. 3. p. 213 Heyu., wo p6oTQv%ov rogyovoq steht. 2) In Auge iAvyr[) ist nur der Accent zu andern, um den StrahL, das Liclit y den Lichtblick Quvy^ , zu bemerken. Die Gorgonen aber werden von Hesiodus (Theogon. vs. 275.) an die Granze der Naclit gesetzt. Dass nach Andern Libyen ihr &itz war, ist bekannt, und hangfc mit jener Geographie zusammen. 3) Der Name kommt unter der doppelten Form 'Inula und 'Inntkt vor; s. Henr. Steph. Thesaur. L. gr. III. p. 238 ed. Valpy. Da dort Vieles aus den Quellen zusammeugetrageu ist, so verweise ich ineine Leser darauf , und werde nur Einiges noch beibringen , was ich doi( niche bemerkt finde. ^ 444 mal wird sie eine Tochter des Poseidon und der Coryphe, des Oceanus Tochter, genannt} sie bekam den Beinamen Hippia, weil sie zuerst einen Wagen erfand ')$ oder weil sie mit einem Gespann von Rossen aus Juppiters Haupte hervor- gekommen, wie der alte Hymnus singt$ oder weil Adrastos auf seiner Flucht von Theben auf dem Colonos (einem Hu'gel und Gau in Attica) seine Pferde stille stehen liess; oder end- lich, wie Pausanias in Arcadien vernahm^ weil sie den Gi- ganten Enceladus mit ihren Rossen und Wag en niedergerannt. — In Betreff der beiden ersten Mythen brauche ich meine Leser nur auf die obigen Erorterungen uber Athene als Toch- ter aus Juppiters Haupt und uber Cephalus, die Sonne auf der Berge Gipfel , zu erinnern. Auch die andere Legende vom Poseidon, dem Vater der Minerva, und von der ihr beigeleg- ten Kunst des Wagenlenkens fuhrt uns ganz wieder auf den ersten Grund und Boden der Tritonischen Minerva in Li by en. Denn die Bewohner von Barce in Libyen ruhmten sich, von Poseidon die Erziehung der Pferde, von der Athene aber ihre Zugelung erlernt zu haben 2 ). In dem Hippodrom zu Olympia fanden sich die Altare des Poseidon Hippios, der Athene 1) S. Henr. Steph. Thesaur. a. a. O. Verbinde damit Montfaucon Bibl. Coislin. p. 604, welche Stelle Heringa in den Observv. cap. XVIII. p. 152 sq. bereits so verbesserte, wie sich nachher durch Photius, Zo- na r as und die von Bekker herausgegebenen Grammatiker [Vol. I. Anecd. grr. p. 350.] bestatigt hat. Allerdings muss in den meisten Stellen der Alten KoQvq>r\q gelesen werden , vielleicht auch in dem Coislinianischen Lexicon , wo Heringa Kogrjq hat stehen lassen. Da aber Cicero eine Arcadische Minerva Coria als Erfioderin der Wagen kennt (de N. D. III. 23. p. 624 sqq.), so ist diese Zuriickhaltung ?,u loben [und so hat auch das Lexicon bei Bekker a. a. 0.]. Ueber die Stellen des Photius und anderer Lexicographer vergl. man noch Schow Specim. novae editionis Lexici Photii p. 113 sq. 2) Stephan. Byti. in Buqht, p. 211 sq. ed. Berkel. In dem Artikel vom Poseidon babe ich der synibolischeu Ziige dieses Kreises der alten Culturgeschichtc gedacht. 445 ^ Hippia mid der Dioscuren 1 ). Die Dioscuren haben in der AHegorie und Poesie vveisse Rosse 2 ). In diesen Kreis geho- ren auch die Sparlanischen Leucipjn'den (^Asvy.mTvideq)^ jene Tochter des Apolio, die von den weissen Pferden ihren Na- men batten , und deren Priesterinnen wieder Leucippiden hies- sen. Jene hatten eine Renennung, die durchaus der Licht- religion angehort. Die altere ward Hilaira (Jlkdaiga) , die jungere Phobe (tfW/ty) genannt 3 ). Am ersten Januar ritt der Romische Consul, in eine weisse Toga gekleidet, auf einem weissen Rosse auf das Capitolium. Das geschah dem Juppiter m Ehren, der hier als die Sonne betracbtet ward (nach Pherecydes). Es war eine Feier zum Andenken von Juppiters Sieg fiber die Giganten, in welchem Kampfe der vielhandige Briareus, der Winter , vom Juppiter uberwunden worden war 4 3- Dieser Gebrauch verkniipft sich von selbst mit dem My thus beim Pausanias 5 wonach Minerva sicb da- durch den Naraen verdient hatte 5 dass sie im Gigantenkampfe den Riesen Enceladus QEyxiXadog^)^ den Lcirmenden , mit ihren Rossen niedergeworfen hatte 5 }. Ef war des fmsteren Tartarus und der Erde Sohn, und sein Getose wird dem 1) Pausan. V. 15. 4. 2) Pindar. Pyth. I. 127. nennt die Dioscuren ItvxonwXovq , Euripides in der Helena vs. 646. hvatnnovq ; vergl. audi Cicero de N. D. II. 2. Ovid. Metam. VIII. 372. v 3) Pausanias III. 16. zu Anfang. Davon hatte Hesiodus gesungen in einem, verlorenen Theile seiner Gedichte; vergl. meine Note zu Cicero de N. D. p. 614. [In einem dort von mir mitgetheilten Scholion wird Hesiodus iv rw tojv AevmnnlSiav naxaXoya) citirt. Der Name Ekega, d. i. Hilaira, erscheint audi auf der Vase des Midias, worauf der Raub der Leukippiden durch die Dioskuren vorgestellt ist. S. III. 1. Taf. XI. nr. 44. dieser dritten Ausg.] 4) Joli. Laur. Lydus de menss. p. 58. [p. 150 ed. Roeth.] 5) [In diesem Kampfe mit Enkelados erscheint Minerva zu Fuss und zu Wagen auf mehreren Vasen , zum Theil mit beigeschriebenen Namen. S. E. Gerhard's auserl. Vasenbilder p. 27. 28. zu Tafel VI.3 39* 446 Brausen der winterlichen Orkane und dem Rauschen der Berg- strbme nur zur Folie oder zur Verkbrperung dienen. — So umkreiset uns auch hier wieder derselbe physische Cyclus, der naturliche Jahreskreis, nur in etwas veranderten Bildern. Im Mitt el- und auf dem Gipfelpunhte bleibt immer die unver- sehrte Jungfrau Minerva Coryphasia und Hippia stehen. Nieht vergebens ist sie mit Ross und Wagen aus Juppiters Haupte hervorgegangen. Sie soil sein Licht, das Licht der Sonne, die sie als Mutter geboren, als Jimgfrau retten. Denn sie ist nur des reinen Lichtes Mutter, und die Leucippiden, die Ban- digerinnen der weissen, reinen Rosse, sind der Sonne Toch- ter. Nahrung den Rossen giebt Poseidon, des feuchten Ele- ments Beherrscher , so wie Sonne, Mond und Sterne aus dem Meere ihre Nahrung Ziehen. Die Richtung auf der siderischen Bahn, die gemessene Haltung bis auf den Gipfelpunkt des Himmels , verleihet den Sonnenrossen Minerva , der Coryphasia Tochter; welche letztere vom Ocean herstammt. Sie heisst aber, eben wegen ihrer Reinheit durch und durch, bei den- selben Areadiern Kora, die reine Jimgfrau. Hier liegen nun wieder die Libyschen und A egyptischen Elemente in einer strebsamen Lichtreligion verbunden. Wir haben deren Wurzeln und Verzweigungen im Vorhergehen- den hinlanglich erortert. Hierher gehort nun die Bemerkung, dass diese Religion in Sinn und Geist sich auch als Persisch ankundigt; nicht bios wegen Perseus, des Ueberwinders der Gorgone^ sondern auch wegen einer sichtbaren Heiligung der Pferde; welche hier, wie in Persien, reine Thiere sind, von denen Augurien, Vorzeichen der Zukunft, genommen werden. Allegorisch war wohl die Grundidee dieses Glaubens, so wie auch der Gebrauche. Die Arcadier hatten zu Tegea ihre Halaa mit einer reinen Rossgdttin, Athene, und in dem heiligen Haine zu Olympia stehet dieselbe Gottin unter demselben Namen (Hippia ) den Wagenrennen vor, die von den gesammten Hellenen in der Somienwende gefeiert werden. Die letzte Sage end lien, dass Minerva Hippia von den Rossen des Adrasios den Nauien bekommen, fuhrt nun den Mythus auf die Erde und auf den Schauplatz der Stammhelden zuriick. Diesen Adrastos hatte ein Wunderross von unsterb- lichem Geschlecht gerettet. Arion war dessen Name. Aile Helden waren vor Theben gefallen ; nur er allein entkam, Diese Rettung hatte er dem gottiichen Rosse zu verdanken. Aber erst in Athens Gan sah er sich geborgen, und auf dem dortigen Rosshiigel konnte er seiner Rettung sicher seyn, da wo Poseidon unter dem Zeichen des Rosses walt'ete, und wo AUienaa mit diesem Gotte befreundet war *). Der Name Minerva Alea kommt zweimal im Herodotus vor 2 ). Ohngeachtet nun Pausanias die Erbauung des Tem- pels dieser Gottin einem Konige Aleus (JJk'sog) beilegt, worin er der Sage folgte, und obschon wir keinen Grund haben, das wirkliche Daseyn eines Arcadischen Konigs dieses Na- mens zu bezweifeln 3 ) , so haben die Ausleger jener Stellen 1) S. ausser dem Obigen Ilias XXIII. vs. 346. mit den Auslegern; und uber K6U)vo$ inn^ioq bei Athen die Sammlungea bei Meursius R. Attic, cap. 6. — Wenu wir nun so die orientalischen Elemente eines astronomischen Pferdecultus gefasst haben, so werden wir auch das Attribut des Pferdes auf dem Helme der Minerva verstehen. Es gehort in dieselbe symbolische Reihe, wie der Widder auf demselben (s. oben). Die Schlange umwindet das Bild dieser Gottin von unten. Es ist das Symbol der Erde, und eignet der Minerva, in so fern sie den Erdgeist regelt, und agrarisch und arztlicli lautert und bessert. Die Schlange war schon in der alten Wahrsagung der Erde Kind genannt (Herodot. I. 78.). Das Ross, das den Wagen der Sonne zielit, das feurige Ross, gehort auf ihr Haupt, und kiindigt uns die Gottin auf der Hohe des Him- mels (Coryphasia) an, die ewig reine Mutter, welche der Sonne Daseyn und Licht gegeben. 2) I. 66. IX. 70. Viele Stellen aus Pausanias und Andern fioden sich jetzt im neuen Stephanischen Thesaurus III. p. 317 sq. beisammen, die der Leser dort linden kann. Ich werde einige andere Zeugnisse der Grammatiker beibringen. 3) Die Miinzen beweisen audi weiiigsteos, dass die Arcadier eineu ^ 448 - sich doch veranlasst gesehen , nach dem Ursprung und der Bedeutung des Wortes zu fragen. Mit Recht; denn auch im andern Falle wollen wir doch wissen, warum der Mann Aleus geheissen , und woher also der Name der Pallas ruhrt. Wes- seling, vermuthlich V9n dem Zeugniss des Pausanias ausge- hend, wonach Minerva erst Hippia und dann Alea von ihrem siegreichen Kampfe gegen den Giganten Enceladus benannt worden , erinnerte an die Homerische Stelle Iliad. XXII. 301, wo die Grieehischen Ausleger das Wort dkerj durch exxkioiqy vTvdkv&g, Rettung gewdhrende Flucht > erklaren — eine Mei- nung, die auch Larcher angenommen und, wie er pflegt, weiter ausgefuhrt hat *). Das Passende dieser Erklarung zeigt sich auf den ersten Blick. Man denke nur an den Muth der Pallas, wodurch den Gottern im Gigantenkampfe vorziig- lich Rettung gewonnen ward 2 ) $ nicht zu gedenken, dass ja allenthalben , wo eine Rettung durch Flucht vorkommt, vor- ziiglich Pallas als Retterin genannt wird, wie z. B. gleich zunachst beim Adrastus. Aber auch Rettung und Befreiung durch Wider stand und Ausdauer ist einer der Hauptbegriffe dieser Religion. Und in diesem Sinne handelten auch die Tegeaten. Nach Lycurgus Tode waren die Lacedamonier uber die Arcadier hergefallen, und, so gewiss versprachen sie sich den Sieg uber das vermeintlich schwache Volk, dass Heros dieses Namens verehrten, der dann aucli in den GescWechtsregis- tern an den angefiihrten Orten beim Pausanias aufgefiihrt wird. Von ihm wie von seinem Sohne Cepheus haben die Miinzen Spuren. Namentlich kommt auf denen von Tegea der bartige und mifc dem Diadem geschmiickte Kopf des Aleus vor, wie auch der Kopf der Pallas^ s. Eckhel D. N. V. II. p. 299. 1) Wesseling zu Herodot. I. 66. und Larcher ebendaselbst (Tom. I. p. 320 ed. sec). Man vergl. auch den Hesychius Vol. I. p. 220. und p. 222 ed. Albert, mit den Auslegern, welche ixkiotq in I'xxXiotq ver- bessern. 2> Daher ihr auch vorzugsweise der Sieg uber die Giganten nach- geriihmt wird, z. B. von Proclus Hymn, in Minerv. vs. 8. 449 sie schon die Fesseln niitgebracht batten, womit sie dasselbe in die Sclaverei fuhren woJlten. Aber sie erhtten eine Nieder- lage, und nun hingen die Tegeaten diese Fesseln ira Teinpel der Athene Alea auf 1 ). Es ist also sehr walirscheinlich, dass jenes Epitheton* 'Akha die Gottin als Retterin im Kriege be- zeichnet hat. Nun wurde ich in der That die Geduld meiner Leser missbrauchen, wenn ich, nach aliem Bisherigen, noch- mals darthun woIJte, dass Zeus axgatioq^ der Fuhrer der Heere 5 dass Minerva htnia^ die Rosselenkerin , zuerst und hauptsachiich Naturgottheiten, und dass ihre Siege ursprung- lich keine andern waren 5 als Siege der physischen Ordnung liber die Unordnung , Siege der Sonne und anderer Gestirne uber die Finsterniss; mit Einem Worte: Verbreitung vonLicht, Leben und Warme. Diese Begriffe bezeichnete aber der Grieche durch sein die a ebenfalis 2 ). Nun bemerkt zwar Eusta- thius 3 }, dass dieses Wort erst nach Horaerus Warme bedeu- tet habe. Allein im Hesiodus linden sich schon Beweise fur diese Bedeutung *). Auch erklaren die Alten zum Thei! in der Odyssee das Wort dlhj gerade auf dieselbe Weise s ). 1) Herodot. I. 66. 2) Hesych. a. -a. 0. rait den Auslegern. Man verbinde jetzt damit den Orion ad Calcem Etymolog. Gudian. p. 620, wo es heisst: vMaoOut ixy.ktvcu , avaxojQ'tjaai' xvgfaq dh (to setzt die zweite Handschrift hinzu) anb TiVQoq^ ixrpvotlv (leg. itupvytiv)- uXia yuo r\ &£Q/ttia ta rou nvgbq {des Fetters Warme), §alia riq ovaa, anb rov oWw to v.alw. [Man vergh auch Orionis Etymolog. in ryAf^arw?, p. 67 Sturzii.] Im Griecliischen almq, womit auch ein weithinstrahlender Sclrild bezeichnet wird , und im Latei- nischen halo hat sich das Wort rait Nebenbegriffen erhalten. 3) Ad Iliad. XXII. 301. p. 1270. Vergl. die Ausleger des Hesychius a. a. O. 4) Wenn auch bei Hesiod. 3 Eqy. 495. Inakia Uo%v\v adjectivisch ge- nommen wird, wie auch Spohn thut, so bleibt doch eine wdrmende Halle. [Gottling: i'n 3 vcksu Uoxr[v , und erklart : die vollgedrangte ; wird aber niemand iiberreden, dass die Bedeutung Warme zur Lesche nicht passe.] 5) XVII. 23. vMi\ re yht]im „und* die Luft sich gemildert" Voss; Creuzer's deutsche Schriften. III. 2. OQ (inter diesen Unistanden bleibt also liber das holio Alter die- ser Bedeutung kein Zweifel ubiig. — Beide Bedeutungen nun zusammengenommen fliessen aus einer gemeinschaftlichen } nam- lick aus den Anschauungen alter Lichtreligion , worin die Gdtter, die uber Finsterniss und starrende Kalte , uber das Ungethiim des alien Abgrundes , uber die Ausgeburten des Tartarus, der nur ein V eberbleibsel des alien Chaos ist , den Sieg davontragen, und Licht , Leben • und Wcirme , Heil und Ordnung schaffen : als Heifer und Better in oiler Noth betrachtet werden. Die Bahti der Sonne und die Spharen uber ihr, jene atherischen Feuer- kreise, waren selbst personificirt in jener Lichtreligion. Wenn Juppiter der Aether war l ), so war Pallas dieses Aethers Mit- telpunkt und Herz. Das ist der rechte Zufluchtsort fur Alle, die gerecht handeln und Unrecht leiden 2 ). Schwer ist der Zutritt zur reinqn Pallas den Unreinen und Ungerechten; aber derselbe Feuer- und Lebensgeist, der die physische Welt besaaniet und erhalt, derselbe erquickt und beschirmet auch A lie, die der Hulfe bedurfen. Und so ist also in der Minerva Alea wieder derselbe Begriff gegeben , den wir nun schon von der schwer zu erreichenden Indischen Durga an durch die ver- schiedensten Localvorstellungen hindurch mit dem Begriffe der Pallas - Athene verbunden gesehen haben 3 ). ganz nach der Erklarung des Apollonius im Lex. Homer, p. 84 Tollii, wo es SfQ^iaolui Erwarmung , erklart vvird. 1) [Alte JMTytliologen cabmen die Pallas-Athene fur den Aether, s. K. Schwenk's Mythologische Skizzen H. p. 61 sqq.J 2) Dies erinnert an eine 8telle des Philo (de Somn. p. 575 Francof. Vol. I. p. 630 Mangey) , wo dieser contemplative Jude die Gottheit als einen Ort vorstellt, und auch desswegen, weil er fiir AHe Zuflucht sey. Kara d$ rghov a7]f.iair6fitrov uvxoq 6 &toq y.aXiltav %6noq — xai %<» naxa- q>vyr\v ovftnvrzo)v uvtov tlvai. 3) God. Hermann de Graeca Minerva lasst sich p. 10 sq. so ver- nehmen: „Porro Aleam Minervam memo rant, a tepore agros fecun- dante dictam rati, quasi non a\{y\ etiam effugium significet, a quo appellatam esse vidit Aem. Uiickertus in libello, quern de cultu Miner- 451 vae scripsit. Ergo eo nomine praecipue Tegeae culta est, ubi nobile asylum fuit. — Estque nomeu ilhid consimile aliis deae cognominibus, ut 2oVom) , Vorsehende , gelten 2 ). Dagegen haben aber die bundigsten Bevveise, die ein anderer Kritiker 3 ) geliefert, ein ganz entgegengesetztes und zvvar folgendes Resultat aufgestellt: Die Minerva, die zu Delphi einen beruhmten Tempel hatte, ward von den Allen die Vorsehende (Pronda, llpovoia^ genarmt; desgleichen die Minerva, welcher im Attischen Canton Zoster ein Altar ge- 1) Photii Lex. gr. p. 307. Man vergl. Schweighauser [und Baehr.] r Jm Herodot. VIH. 57. und Schleusneri Curae noviss. in Phot. p. 3[ 8. Der Compilator aus Herodots Biichern in unscrm hiesigen Codex nr. 129. giebt in gedachter Stelle audi ngovotaq 'Ad^vatrjq; s. ineine Com- mentate. Herodott. I. p. 443. Man vergl. zu derselben Stelle auch The classical Journal Part. XI. p. 151. [Die spatere Schmeichelei trug dieses Epitheton der Minerva auf Ftirstinnen iiber. So wird des Augustus Ge- inahlin Livia in einer Athenischen Inschrift : 2tpaaxi\ JJqovoiu genauut. CS. zum Stuart A. v. Athen I. p. 533 sq. und Zur Gemmenkuude p. 191.] 2) Meursji Lectt. Att. lib. II. cap. 17. de regno Lacon. V. p. 22. vergl. Wesseling. zum Diodor. XI. 14. p. 4l5. und zum Herodot. I. 92; auch Larcher daselbst Vol. I. p. 364 sqq.; ingleichen Bast Lettre critique p. 204. und Jacobs ad Antholog. gr. Tom. VII. p. 65. > 3) Lennep. ad Phalaridis epist. 40. pag. 143 — 147. [p. ICO ed. S chiifcr.] 454 weihet war ')> Nur allein die Minerva , welche bei Theben eine Bildsaule hatte, fuhrtc den Namen Pronaos (UpoWos). Man wird gestehen miissen, dass der genannte Gelehrte den Satz: die beruhinte Delphische Minerva habe den Beinamen die Vorsehende gefuhrt, durch eine Reihe der unverdachtig- sten Zeugnisse ausser Zweifel gesetzt hat. Ich will nur eins beibringen. Demosthenes sucht seinen Gegner aJs einen oft gedankenlosen , oft unsinnigen , unverschamten und tollkiihnen Menschen darzustellen. Dies fuhrt er nun durch eine Reihe von Satzen und Gegensatzen aus. Darauf fiigt er bei: die alien Volker hatten unter andern einen Tempel der vorsichti- gen Athene, aber nicht der Unvorsichtigheit (Tollkuhnheit) und der Schaamlosigkeit errichtet 2 )} worauf dann von der gros- sen und guten Athene Pronoa und von dem sehr grossenund sehr schonen Tempel derselben neben dem des Apollo geredet wird. — Allein nun ist offenbar Lennep auf der andern Seite zu weit gegangen, wenn er den Namen Pronaa (JlQovd'ia) bei der Delphischen Minerva gar nicht gelten lassen will. Dafilr sprechen doch die besten Handschriften zu deutlich. Nauient- 1) Pausanias I." -31. I. 2) Demosth. in Arisfcogiton. p. 780 Reisk. p. 871 Bekker. Die Hauptworle sind: — aul IlQovoCaq 'A&qvaq — v.)X ovk unovoCuq, ovd* avatdeiaq. Taylor zu dieser Stelle (p. 822 sqq. Reisk.) sah so sehr ein, dass die Worte keinen Sinn haben, wenn die Delphische Minerva nicht Pronoa geheissen habe , dass er lieber die Rede fiir nicht Demosthenisch, halten wollte. Allein damit sind die andern vielen Beweise nicht besei- tigt, s. Lennep p. 144 sq. Denn was Larcher zum Herodot. a. a. O. gegen die Beweise aus der Demosthenischen Stelle sagt, ist in der That uichts gesagt. — Vorsichtig hat auch Wyttenbach iin Plutarch. Reipubl. gerend. Praeceptt. p. 825. p. 305. nqovotaq im Texte gelassen. Es ist dort audi von der Delphischen Minerva die Rede. Ich bitte nieine Deser, nun wieder an den obigen Pronous {_Uq6vooq) den fiirsichtigen Sohu des Deucalion, zu denken. [Jetzt vcrgl. man auch K. O. Miiller in der Allg. Encyclop. Ill, p. 701 sq. und Schub. und Walz zuin Pausan. X. 8. 4. Vol. III. p. 50I.J 455 lich muss hier auf die lonische Schreibart ttgovylt] geachtet werden, welche in den bevvahrtesten Handschriften des He- rodotus erscheint '), und keine so Jeichte Verwechselung mit izQovoia gestattet, vvie dies bei der ordinaren Form ivgovaia der Fall ist. Zweitens begeht Lennep auch eine Inconsequenz. Er zieht aus Pausanias I. 31. 1, wo Athene in Attica mit dem Apollo verbunden erscheint. die Vermuthung, dass sie auch dort Tlgovoia geheissen habe 2 ). Nun frage ich, da derseibe Pausanias (IX, 10. 2.) die Minerva, deren steinernes Biid vor dem Eingang znm Tempel des Ismem'schen Apollo stand, ausdnicklich IlQovaog nennt: warum soil die Minerva zu Delphi wegen gleicher ortlicher Verhaltnisse nicht auch TIqo- vaia geheissen haben? Sie hat beides geheissen 5 und die gelehrfen Grammatiker, wie Harpocration und Andere, haben sehr vvohl gethan, dass sie die locale und reale Namenserklarung neben einander stell- ten. Ich hoffe, die folgende Darstellung soil keinen Zweifcl ubrig I ass en , dass die alten Griechen auch bei diesen Namen die Gewohnheit befolgt haben 5 wonach sie bei sehr heiligen Dingen gem zweideutige und leicht umzzibeugende Benennungen brauchten. Ein Schriftsteller eroffnet seine Betrachtung uher die Mi- nerva mit folgender Bemerkung : Athena ist des Zeus Ein- sicht (jrvveoiq), sie ist dieseJbe mit der ihm beiwohnenden Fursehung (jtQovoi'a)^ wesswegen denn auch der Athena Pronoa Tempel gebaut werden'* 3 ). Hier erscheint schon 1) Wesseling und Sch weigh auser in den kritischen Anmerkk. zu Herodot. I. 92. VIII. 37. [p. 49 Baehr.] 2) Lennep a. a. 0. p. 14G. 3) Cornutus de N. D. 20. p. 184 Gal. und daraus Eudocia p. 3. aber nicht so vollstandig. Damit hierbei Niemand den fremdavtigen Begriff einer gottlichen Vorsehung im jetzigen philosophischen oder christliehen Sinn einmische, bemerke ich glcich vor];iuiig, dass tiqovoiu »1s synonym diese Vorsehung als eine Eigenschaft ties Juppiter, als seine Vorsorge, und dann als abgesonderfe Person. Milhin sind hier Zeus und Athene Pronoa verbunden. Andere Zeugnisse der Alten zeigen uns dieseibe Gottin noch in einer weiteren Umgebung von gottlichen Personen. Vor dem Tempel des Apollo haben wir diese Minerva schon angetroffen. In den Amphictyonischen Reiigionen und im Bundeseide war Athene Pronoa mit der Leto, mil Apollo und Artemis verbunden l ). Pausanias in der Reschreibung der Attischen Gauen macht uns mit derselben Gottergruppe bekannt , und giebt uns einen Wink, wie wir sie zu verstehen haben 2 ): „In Zoster am Meere befindet sich auch ein Altar der Athene, des Apollon, der Artemis und der Leto (Lafona). Man sagt nicht, dass Leto ihre Kinde^hier ge boron , wohl aber, dass sie wegen der bevorstehenden Geburt den Gurtel aufgeldset habe, und daher sey dem Orte der Name (J^wtfr?/^, Gurtel) geworden". Dass diese Minerva nun keine andere als die Pronoa war, Jernen wir von dem Redner Aristides 3 ): „Leto nun, nach- mit 7TQo t uri&£iu hier zu betrachten ist. Siehe die Beweise bei Lennep p. 1 47 sq. Man verbinde damit das Etymologicum Gudianum p. 481 , wo vier Bedeutungen von ngovoia aufgefiihrt werden : yqovxiq, xrfopovixri xou nauxbq doocq, nqauCotoiq, nqoyvwaiq- Vergleiche auch Zonarae Lex. gr. p. 1579. 1) Aescliines contr. Ctesiphont. p 445. p. 499'Reisk. Avxoiq t'Apcpt- xxvooiv) uraiQti r\ Uv&(a, no7.ff.ttlv Kiqq'uloiq xul *Axquyuk\lduiq — xul uuxovq .uvdqunodiov.fiivovq , ara&tivcu xoj ^AitoXXiavi %m Hv&lo), xul xtj *Aqx£~ (tidi, xul Ar t xj)l, xul 'A&rjvq. Iloovota inl nv.oij uegylu x. x. A. Man vergl. auch p. 502. 2) Pausanias I, 31. 1. 3) Panathenaic. Tom. I. p. 97 Jebb. [p. 157 Dindorf.] Vergl. Macrob. Saturn. I. 17. p. 295 Bip. „Divinae providentiae vicit instantia, quae creditur juvisse partum (Latonae). Ideo in insula Delo, ad confirmandam tidem fabulae, aedes Providentiae, quam ruov IJqovotuq 3 Afo\vv.q appellant, apta religione celebratur." Hiernach ware auch auf der Insel Delos ein Tempel der Minerva Pronoa gewesen. Lennep p. 147. will, wegen des 457 dein sie zu Zoster in Attica ihren Giirtel abgelegt, nnd dem Orle seinen Naraen hintcrlasseri hatte, immer vorwarts schrei- tend gegen Morgen hin, unter Anfuhrung der Athene Pronda, landet endlich auf Delos, und da gebiert sie dann die Gbtter, die Artemis so wohl vvie den Apollon den vaterlichen (na~ TQipov) fur die Stack" (Athen). Hierbei raacht nun das gc- druckte Scholion die Anmerkung: „ Pronda ward Athena genannt, weil sie fur die Leto bei dem Gebarungswerhe Sorge trug (jiQovoijaa^ievrf) dadurch , dass sie dieselbe fiber das Vorgebirge Sunion in Attica nach Delos hinuberfuhrte" Diesen Dienst hatte Athenaa der Latona friiher geleistet, als Andern, vvie z. B. da sie den Danaus rait seinen Tochtern auf die Insel der Sonnenkinder, nach Rhodus, hinuberfuhrte. Sie hatte Mehreren den Weg gezeigt, unter andern auch dera Ulysses, der sie daher auch die Wegweisende genannt* 2 }, Merken wir aber hier auf die Richtung des Weges. Von Nordwest nach Osten geht die Fahrt. Von den Tritonischen Gewassern steiget die Jungfrau auf, die vorsorgende , urn die Leto, die kreissende Nacht , zu leiten. Sie bringt^Sie auf die Stillschweigens anderer Autoren, Delphis statfc: in insula Delo lesen — oline Handschriften zu kiihn. 1) Die oben angefiihrten Lexicographen haben diese Notiz abge- kiirzt. Im ungedruckten Scholiasten des Aristides (bei Lennep p. 146.) [jet/.t Tom. Hf. p. 27 ed. Diudorf.] ist sie noch erweitert. Ich bemerke nur, dass vom Letzteren noch der Reduer Hyperides angefiilirt ist — zum Trost fiir die, denen der mystische Aristides und der astrologische Macrobius nicht genug Zutrauen gewahren mochten. Lieber aber sind mir solclie Leser, die auf den inner en Zusammenhang der Begriffe ihr Zutraueu setzeu. — Auf dem Vorgebirge Sunium an Attica's Siidspitze hatte Minerva einen alten T empel, und hiess davon a A&r t vu Sovnaq. Odyss. III. 278. mit dem Eustath. Pausau. I. 1. 1. mit A. Nibby Saggio sopra Pau- sania p. 14. Jetzt heisst das Vorgebirge Capo Colonne von den tibrig gebliebenen Sfiulen eines Tempels der Minerva. Ansichten davon geben die Reisenden, und danach das erganzte Kupferblatt zu Barthelcmy Anacharse. 2) Ktliv&iiv, Pausan. III. 12. 4. Insel Delos. Auf dem Eilande der Offenbarung (ev z//;Aw) k 0111 men die Lichter des Tages und der Nacht auf die Welt, und mit ihnen Fulle und Reichthum. Es geschah nicht ohne Absicht, dass ich an die Sonneninsel Rhodus erinnerte. Zwar -spater als die Athenaer, vernahmen wir oben, hatten ihre Bewohner der Minerva zu Ehren das Feuer angezundet, aber doch eifrig und von ganzem Herzen. Sie ehrten Juppiters Tochter hoch. Dafiir belohnt sie der Vater. Er lasst auf die Insel in einer goldenen Wolke den Piutus (den Reichthum) herabsteigen. Sein goldenes Bild stehet zum Andenken auf dem Gipfel der Burg. Der Gott ist nicht blind vorgestellt, wie sonst, sondern sehend, „denn aus Fiirsehung ist er ihnen gekommen" '). Das heisst: er ist ihnen um der Minerva willen, und durch sie, gekommen. Sie ist die Fiirsorgende , sie siehet vor und sorget, dass Leto (die Nacht) gebaren kbnne, und dass mit Sonne und Mond Reichthum und frohli- ches Gedeihen auf Erden sich niederlassen. Zeus, der grosse Austheiler (n^ifttf), verfiiget uber diese Wohlfhaten und vertheilet ^ie — mit Recht, denn er ist der grosse NaturJeib und des Lebens Quell. Aus ihm ist die grosse vorsorgende Tochter hervorgegangen. Hatte er nicht des Lebens Licht und vorsehendes Wesen in sich gehabt, wie hatte es konnen hervorgebracht werden , und wie hatten mithin aus dem kreis- senden Schoosse der Nacht die Lichter des Tages und der Nacht, jene Quellen des natiirlichen Daseyns, hervorgehen konnen? — „ Dieses so grosse Heer von Gottheiten vereini- gend in eine herrschende Einheit stellt er die Athene Pronoa 1) Ueber das Uebrige s. vorher. Hierber gehort obige Beschreibung des Rhodischen Piutus, Philostrati Imagg. II. 27. p. 853 Olear. [p. 97 Jacobs.] yiyqunxai v.vX ftXixav, 1% TtQovoiuq ycto auroiiq acplxiro. [Mag man nun das v aus Fiirsehung u auf die Rhodier beziehen (s. Jacobs ad h. I; p. 547.), oder auf den Zeus; auf jeden Fall soli Juppiter die Rhodier um der Minerva willen den Reichthum gebracht haben (s. Tafel ad Pin- dar. Olymp. VII. 90. p. 264, und daselbst Himerins Eclogg. XIII. 34. mit Wernsdorf p. 236.1 ^ 459 ^ auf ^Jdyvav UQovoiav nagsdcoxsv). Von ihr sagt der My- thus, sie sey aus Juppiters Scheitel (xopvyrjg) geboren; wir aber, sie sey ganz aus dem ganzen Konig Sonne (^Hh'ov^) hervorgegangen als in ihm begriffen, in so weit abweichend von dem Mythus, dass wir sie nicht aus des Hauptes Schei- tel, sondern aus dem ganzen hervorkommen lassen, indem wir auch darin von dem alten Spruch nicht abweichen, dass wir den Zeus in nichts von der Sonne verschieden nehmen$ auch darin neuern wir nicht 5 dass wir eben diese die Athene Pronoa nennen". Es wird ein Zeugniss eines alten Dich- ters _ hinzugefugt , welches besagt, wie einer „nach Pytho (Delphi) und zur blauaugigen Pronoa gekommen" *). Hiernach konnen wir uns die Elemente der Delphischen, Thebanischen und Attischen Sonnenlehre nach ihren Personi- ficationen tabellarisch ordnen : Zeus (Naturleib und Leben) Leto (Nacht) Athene Pronoa (Vorsorgende Ge- | hulfin der Lichtgeburt). Apollo (Sonne) Artemis (Mond). So sind hier von den Lehrern der Naturreligionen die gros- sen Bedingungen allcs Lebcns in erster, zweiter und dritter Ordnung verkorpert: Obenan Zeus, der grosse Naturleib und das unbe&Ummte Leben, so lange er noch nicht die Bestimmung gefunden. Aber er blieb nicht in sich selbst verschlossen, sondern sanftigte sich , wallete fiber in Liebe , und theilte sich selbst in sich als den Lichtqueli und in die Lichtfordererin. Mit 1) Julianus Imperator in Orat. IV. p. 149 ed. Spanhem. und daraus Eustathius ad Iliad. A. p. 83. Man sieht, wie hier Zeus als Sonne, d. h. als Sonne in hochster Potenz, als Bedingung der Gebarerin der natiirlichen Sonne, genonimen wird. Man bemerke aber auch, dass der Kaiser diese Verbindung der Athene Pronoa hergebrachte Lehre nennt. Dei- Vers aus dem Dichter heisst: "Intro elg llv&o) y.cd iq ykuvnoiua TIqov otf\v. 460 innigem Wohlgefallen sah er die strahlende und fur Licht kainpfende Tochter aus sich hervorgehen. Nun war Fiirse- hung getroffen, und die gute Athenaa leitet die kreissende Nacht auf dem finsteren Wege ins Morgenland, auf dass sie gebaren konne auf der Tages- und Offenbarungsinsel l ). Die Offenba- rung wird enthullt zu Delphi an dem Orakelorte (^Ilv$of). Dorthin muss derjenige sich vvenden, wer die blauaugige Pro- noa kennen lernen will 2 ). Die blauaugige Athene geseliet sich zur finsteren Lelo (der Nacht), weil aus den biauen Fluthen der Urgewasser (am Tritonischen See) und aus dem Schoosse der finsteren Nacht Sonne und Mond emporsteigen, und weil die Sterne aus dem feuchten Elemente ihre Nah- rung Ziehen, aber auch, weil die unergriindlichc Tiefe des biauen Himmels die ewigen Wohnungen verbirgt, aus denen die Sterne hervortreten. Nun werden wir wohl einsehen, wie es kommt, dass Athene Pronoea vor dem Tempel des Apollo zu Delphi und bei Theben stehet, mithin Pronaea QIJ^ovaTa) heisst und isi } und warum sie eben dort auch die Fiirsehende heisst und ist {Uqovoicl) — sie muss ja sorgen, dass er korame, sie muss ihn unter ihre Aufsicht nehmen. Ohne diese Gegenwart, Ob- hut und Vorsicht ist kein Licht zu hotFen und zu erhalten, auch keine Eimicht in die Zukunft, kein Weissagen und Wahr- sagen, welches Apollo, die Alles durchdringende Sonne, vollbringt. — Das ist eine Fiirsorge und Vorsorge (JIqo- pj}9eia) fur die ewigen und unwandelbaren Lichter und fur 1) Orpheus ad Musaeum (Hymn. I. vs. 30.) MuXi,/ tovq it &eouq' uyu&riv inl xolot JIqovo tav. Das ist Zeus Milichius , der giitige. Demosthenes a. a. O. y.aX Ilqovoiv.q 'A&rjraq, wq (leyciXrjq Den Weg nach Morgen inqoq «») kenut Aristides. Das Ziel ist auf der Tagesinsel Qv JijXo)'). 2) Der Dichter beiin Juliaous a. a. 0. llv&o) — yXaw.wnu Uno- V o it] v- 461 die Seher l ). Prometheus entlehnte einen Lichtfunken vom Himmel. 1) Daher Sophocles in den Traclunerinnen 825. (836.) einer nakuicpuxov Tiyovotuq gedenkt, wo Andere naXcuqiotpov schrieben, d. h. naXv.i (iav- Teucrafitvriq , der von Alters her weissagenden. Man vergl. den Scho- liasten und Musgrave daselbst, weiclier den Sophocles im Oedip. Colon, vs. 454. vergleicht. [G. Hermann , der aus metrischen Griindeu naXcu- (purov vertheidigt. Thudichum: „Das Wort der prophetischen Rede Aus dem Munde der alten Vorsicht. "] §• 31. Ideen iiber die Minerva iiberhaupt. Nun wird ein Jeder von selbst sieh vorstellen, dass die Denker unter den Griechen auf diesem Grund und Boden alter naturlicher Anschauungen nicht stehen geblieben , nach- dem einmal Plato angefangen, von einer itgovoia #£o£, von einer Vorsehung Gottes, zu reden Doch erst die Stoiker gaben ihr eine in Begriffen gedachte Selbststandigkeit , und gesell- ten ihrem Werkmeister der qualitatenlosen Materie eine eigene itQovoia oder providentia bei^ woruber sie mit den Epikureern in Streit geriethen 2 ). So trennten sich nun die Theorien uber die Minerva weiter fort. Einige redeten von ihr als von der das Universum durchdringenden Vernunft 3 ); und Celsus hatte diejenigen belobt, die in der Sonne und in der Minerva den hochsten Gott verehrten, wahrend Origenes 4 ) dieses nur tro- 1) Im Timaus p. 30. p. 26 Bekker. ncovdt rov xoopov — ttta rrjv rov &eov yivto&uv ngovoiav, und ofterj vergl. Proclus in Tim. p. 126. und Favorinus ap. Diogen. Laert. lib. III. §. 24. 2) Plutarch, de Isid. p. 369. p. 511 Wyttenb. ovre ccnoiov dtniiovQybv vXqq, iva Xoyov xal [zCav ngovoiav, «? ol ^Tin'ixol, mQiyivofxe'vtjV arcavxtav xal xgaxovoav. Vergl. Cicero de N. D. I. 8. p. 31. und p. 774. mit den Anmerkungen in unserer Ausgabe 5 [und das Ausfiihrlichere in den An- merkungen zum Plotinus III. 2. 1. p. 140 sqq. und III. 3. p. 156 sq, ed. - Oxon.] 3) qiQovfioiq diet tiuviwv diqxovou Athenagor. Legat. cap. 19. p. 86. vergl. Jamblich. de Myster. Aegypt. VIII. 5. p. 161. 4) Adversus Celsum lib. VIII. p. 422. Cudvvorth im System, intel- 463 pisch verstanden wissen, und die selbststandige Existcnz (vjcdaraots) dieser Gottin leugnen wolite. Die Verfolgung dieser Iheoretischen Differenzen gehort in die Geschichte der Philosophic. — Wir wollen zum Schlusse sehen, wie die nachdenkenden , aber bei der Religion ihrer Vater gebliebenen Griechen sich andachtig und geistreich uber ihre grosse Athene erklaren. Ihnen war und blieb sie das Wunderkind aus dem miitterlichen Sehoosse oder Haupte eines Voters. Daruber lasst sich nun ein priesterlich-glaubiger Mann so aus *): , ? Zeus, der niemand ihm an Wurde Gleiches finden konnte, um durch diesen sie hervorzubringen , erzeugete sie, indem er sich in sich selbst zuruckzog 2 ) , und gebar sie auch. Daher ist sie auch allein festiglich des Vaters achte Tochter. lectual. p. 615. vergi. p. 438. findet es dagegen wahrscheinlich , dass die alten Griechen ihre Athene zuvveilen fiir die hochste Gottheit selbst ge- nommen, und BegrifFe damit verbunden haben, wie wir sie in Salomons Spriichen von der oocpiu bemerkt finden, z. B. VIII. 23 ff. w Ich bin ein- gesetzt von Ewigkeit, von Anfang vor der Erden. Da die Tiefen noch nicht w.aren, da war ich schon bereitet, da die Brunnen noch nicht mit Wasser quollen. Ehe denn die Berge eingesenkt warCn, vor den Hiigeln war ich bereitet. M Man wird sich vorstellen, wie hierbei Mosheim ab- wehret, ein Mann, der ubrigens, bei aller seiner Gelehrsamkeit, eiien wuuderbaren Mangel an Sinn fiir die Religionen der Vorwelt hatte. Cud worth hatte das Aergerniss verhindern konnen, wenu er den einfa- chen und ewig wahreu Satz vorausgeschickt hatte, dass die Korper- und die Geisterwelt an der grossen Minerva gleichen Antheil haben. Die Idee von der Minerva ist freilich Beweis , dass in den Priesterlehren der Vorwelt ein Rationalismus im Keime lag, aber auch im Keime. Mit andern Worten, Minerva ist ih rem Wesen nach bestimmt, ein allwirk- samer, selbststandiger VernunftbegrifF zu werden, aber der gewaltige Naturjjeist des Morgenlandes liess sie nicht los. Sie ist und bleibt im Gebiet der Religion eine grosse Anschauung orientalischer Priester. 1) Aristides in Minervam I. p. 9. p. 17 sqq. Jebb. Cp. 12 sqq. Dindorf.] 2) 'AvaxojQriaug avxoq dq aviov. Das lautet ganz Indischj und wer sieht nicht, dass der liintergrund von Minervens Geburt und Wesen ein Indischer Avatara ist? l)er Vater ist alier Dinge Werkmeister and Konig. Sie ist aus seinem Haupte geboren ? aus dera nichts Schdneres gebo- ren werden konnte als Athenaa. Sie aber konnte audi aus keinein besseren Orte kommen , als aus diesem Haupte Sie kam, gleich der Sonne, die mit vollen Strahlen aufgeht, ganz gerustet aus des Vaters Haupte ,' weil sie bereits inwen- dig von ihin den Schmuck empfangen. Daher ist sie auch unzertrenniich von ihm. Sie bleibt beim Vater, vvie mit ihm zusammengewachsen 5 sie athmet in ihm (dvanvst tig avjov). Sie allein ist mit ihm ailein [^ovy fAovai) ihrer Herkunft ein- gedenk. Daher ist sie selbst dem Vater achtbar. Sie ist seine Beisitzerin und Ratbgenossin 2 ). Sie sitzet zu seiner Rechten; empfangt, hbher als alle Boten, fur die Gotter des Vaters Befehle, und ihr kann selbst des Zeus Donner und Blitz nichts sehaden, weil sie starker ist als diese. 4 ' „Die Theologen preisen hauptsachlich zwei Kr&fte an unserer Gebieterin Athene, die bewahrende und die vervoll- koinmnwide. Die eine , welche die unversehrte und unbegreif- liche Ordnung des Ganzen uber der Materie bewahretj die andere, die alle Dinge mit intellectuellem Lichte erfullet und sie zu ihrer Ursache hinwendet. Dem gemass preiset auch Platon im Timaeos die Athene als die Kriegliebende und als die Weisheith'ebende 3 ). Der Ordnungen, die von ihr ange- geben werden, sind drei: Eine die quellmassige und intel- lectuelle, vermoge welcher sie sich selbst im Vater setzet, und von da nimmer hervorgeht. Die zweite die herrschaft- 1) Physisch nahmen dies Andere so : Minerva ist des Aethers Gipfel, Juppiter des Aethers Mitte , und Juno die Luft unten sammt der Erde. Macrob. Saturn. III. 4. 2) Man erinnere sich an Zeus den Berather und Athene die Bera- theriu. cJ) qjdo7c6?.{ l u6v re xui Dies waren die Principien einer naturphilosophischen Theo- rie von der Minerva. Wir beschliessen diese Betrachlung init einer kurzen Darlegung der Hauptsatze, die ein gelehrter und beredter Grieche vom Standpunkte des allgemeinen Natio- nalglaubem in einer dffentlichen Rede aufgestellt hat: ,, Athena, sagt Aristides 2 ), ist die Urheberin des gesel- ligen und gebiideten Lebens, beides fur den Krieg und fur den Frieden. Sie gewahrte das Oel, des Wohlseyns Hulfs- niittel,' sie erfand Kleid-ung zur Gesundheit und zur Zier, Waffen fur den Mann , Webereien fur das Weib , Burgen und Stadte. Daher ist sie Stadtbesitzerin (jtoliovxoq)^ Gesetze fiir den Frieden 3 ), Waffen zum Kriege, Rustung fur Fuss- 1) Proclus in Platonis Cratylum. [jetzt p. il7 sq. ed. Boissonad.l Ein Theil dieser Worte und der folgenden ist in den Aclis philoll. Mo- naec. II. 1. p. 155. vom seligen Werfer und von mir in den Meletemm. I. p. 25. im Original mitgetheilt worden. Aus dein Folgenden bemerke ich nnr noeh 7 dass ihr als bewahrender Kraft der Name Pallas , als vollen- dender, der der Athene eigne. Darauf noch Einiges von ilirem Verhalt- niss zu den Cureten , woriiber oben bereits das Nothige beigebracht worden. 23 Orafc. in Miner vam Tom. I. p. 21. p. 11 sqq. Jebb. [p. 16 sqq. Dindorf.J 3) Vergl. damit Juliani Oraf. IV. p. 150 Spanli. yiu.xoiv.iv 6h raq uxqo- noketq avTuq , dq7iov&£v xuTuoxviau^ivi] %i\v noXtrix^v diet oocptctq xoivto- vlav. Daher die Sage vom Zaleucus, der als Hirtenknabe von der Athena vorziiglicher Offenbarungen gewiirdigt, nicht als seine sondern als ihre Gedanken den Locriern Gesetze gab. Aristotel. ap. Scholiast. Pindari Olymp. X. 17. Chamaeleon ap. Clement. Alex. Strom. I. p. 352. Plutarchus de sui laude p. 543. p. 192. Dass diese alte Volkssage der historischen Existenz des Zaleucus keiuen Abbruch thun kann ; hat Heyne Creuzer's deutsclie Schriften. III. 2. 30 ^ 466 ganger und fur Reiter, Schilde fur den Mann und Zaume fur die llosse. In der Gottin Macht liegt der Sieg. Sie half Schiffe bauen zrnn Krieg und zuin Verkehr 5 sie half dem Bu- zyges Stiere an den Pflug anspannen. Sie ist sehr men- schenfreundlich, auch dem Asklepios zugethan, und ihr haben die altesten Alhenaer als der Hygiea einen Altar errichtet. Nicht minder ist sie dem Poseidon iwittoq und -kovtios (dem der llosse und der Fluthen des Mittelmeeres) hold 5 hold auch dem Hermes. Ihr huldigen Apollon, Dionysos, die Chariten und die Musen. Unter ihrer Aufsicht fuhren die Dioscuren Tanze auf. Sie ist Fuhrerin und Beschutzerin der Heroen gewesen, des Bellerophon und Perseus, des Herakles und Odysseus. Sie heisst JNlxq, 'Egydvy und IlQovoia. Sie ist die Reinigende (xaSctgoiog) und Aufseherin fiber die voll- kommensten Abwendungs- und Suhnmittel. Sie beschwich- tiget den Krieg in uns, unterwirft die mit uns von Natur zusammengewachsenen Feinde (rovg 6vve%£T$ xae ovpyvrovg ex^Qovg), und giebt dadurch alien Tugenden Gedeihen. Die Worte des Zeus und die der ' Athenaa sind gemeinsam, und sie kann sonach nicht unschicklich des Zeus Kraft dvvapis Toi> dio£) genannt werden" , ). gegen Bentley und Andere gut gezeigt (Opuscull. acadd. II. p. 62 — 650 und der gelehrte G611er ist ihm mit Recht in diesem Urtheil gefolgt Cde situ Syracusarum ad Timaei Fragmm. LV. p. 259 sq.). — Als HoXiovxoq ward Minerva in mehreren Griecliischen Stadten verehrt, wie wir bereits gelegentlich bemerkt haben. Auch zu Chios (Herodot. I. 160.). Auch in einer Cretensischen Bundesurkunde beim Gruterus Thes. p. DV. V. 12. Ganz im Geiste der alten Religion weihete Cicero bei seinem Abgang ins Exil ein Bild der Minerva mit der Aufschrift: Custodi Urbis, welches Plutarchus iibersetzt: 'A&qvqt 'Patfi-^q 0vXay.t t s. ViU Ciceron. cap. 29. p. 877. p. 258 ed. Coray, vergl. Cicero de Legg. If. 17. §. 42. ad Famill. XII. 25. Dieses Bild war durch einen Sturm umgeworfen, aber auf Be^ fehl des Senats wieder aufgerichtet worden (vergl. denVictorius zu die- ser Stelle p. 248. und 413 ed. Graev.). 1) Als Dichter hat Proclus sich auf denselben Standpunkt mehren- 467 ^ Vergleichen wir was oben bei dem Namen Minerva bei- gebracht wurde , so werden wir kaum etwas Besseres linden, urn in der Kiirze das Weseri dieser Gottheit zu bczeichneo) als wenn wir in it Aristides sagen: sie ist Juppilers Kraft (z/^os SvvafAtg oder alterthumlicher: Aibq usvoq). Es wurde oben gesagt: Zeus konne ohne Athene nicht seyn, und hinwie- der: Athene athme im Zeus. So ist also in Pallas- Athene einmai des grossen kosmischen Lebens fdes Weltlebens) unwandelbares Bestehen gegeben. Sie ist der Lichtkern der geordneten Welt 5 sie ist das Lichtband, das alle endliche IDinge mit dem Urwesen verbindet , und ihr Bestehen im Ewigen sichert. Sie ist der begeisternde Feuertrieb zu allem heroischen Thun, und indem sie alien Naturen und alien Ge- schopfen das Urbild ihres Wesens vorhalt, wird sie der Grund seiner Verwirklichung. Sie ist physisch und ethisch unuber- windliche, unbefleckliche Lichlkraft. Die Leser haben gese- hen, wie wir beniuht gewesen, concret zu yVerke zu gehen, und alle Vorstellungen von der Minerva in Griechischen theils gestellt, und man findet daher die wesentlichen Satze, die wir liier am Schlusse zur Uebersicht niedergelegt haben, in seinem neuerlich erst aufgefundenen Hymnus dq 'JL&qvav rtolvfifixtv, in Heerens und Tych« sens Biblioth. der alten Liter, und Kurist I. 1. Tneditfc. p. 47 sqq. Her- der hat ihn deutsch gegeben in Schillers Horen, 1795. St, 10. Besonders gehorcn hierher die Verse 37 ff., wo er die Gottin bitfcet, ihm Vergebung zu gewahren wegen der Verirrungen, denen der Mensch in diesem vei- wirrten Leben hingegeben ist. [Bei den Ausdriicken Jtiq dvmpiq , A. pivot erinnert Guigniaut an den Indischen Ausdruck; wonacli Pallas die Sacti des Zeus genannt werden konntej mit Verweisung auf seine Tom. I« liv. chap. 2. — Im innigsten Gefiihl gelaiiterten Natiooalglatibens nennt sie Sophokles (Oedip. tyr. vs. 159.) des Zeus nnsterhliche Tochter &v- yatsg Atoq, KftpgoT* > AO-dvct.') — Als besonders bemerkensWerthes Bei- spiel ihres Verhaltnisses zu den Heroen muss jetzt vorziiglich ihre Verheirathung mit dem durchgepriiften Herakles beachtet werden (s, E. Braun's Tages und der Minerva heilige Hochzeit, Miinchen 1839 ; vergl. E. Gerhard Auserlesene Vasenbilder I. pag. 142 sqq. mit Tafel 69. uud 70.] 30* * ^ 468 Landen drtlkh und ivirhlich aufzusuchen$ aber es durfte nun auch nicht unbemerkt gelassen werden, dass der Mittel- punkt der Minervenidee mit den Lehrsatzen des Persischen Zendgesetzes grosse Aehnlichkeit verrath *), mag auch die Minerva selbst Indischen oder Aegyptischen Ursprungs seyn. 1) Vergl. unsern ersten Tlieil \>. «11 s«j. §. 32. Darstellungen der Minerva in Athen. Die Panathenaen. Dieser Gottheil gab nun Athen die wurdigste Wohnung und die edelste Bildung. Zu der Burg, wo sie ihren Haupt- sit/i hatte, fuhrten die Propylaen *). An ihrem Ausgang sah man rechts anf der Burg den neuen Tempel, den Parthenon (6 Ilao&svajv, das Haus der Jungfrau) 2 ), und in diesem 1) Vorhallen hatte ilir Tempel audi zu Sais, und gelehrte Forscher wolsen in den Athenieusischen Aegyptische Nachalimung finden. Ueber jene Aegyptischen s. Herodot. II. 175 ; iiber die Athenischen ngonvXccia Plutarchi Pericl. cap. 13. mit Pliilochori Fragmm. und den Anmerkk. dazu p. 55., vergl. mit Stuart Athenian Antiqq. Part. II. cap. V. pi. III. IV. [8. jetzt zweit. Band, Darmst. 1831, p. 70 sqq.] ; die Nachweisungen in But tigers Andeutungen p. 77; ingleichen die Betraehtungen von Jomard in der Description de l'Egypte, Antiqq. Vol. I. p. 3. Vol. II. p. 207 sqq. Ueber die Burg, Umgegend und die Pernsicht oben Herodot. VIII. 52. suit den Auslegern; Euripidis Hippolytus vs. 31 sqq. mit Valckenaer. Spoiui Hitter, p. 245. und Heerens Ideen III. 1. p. 39. [und Leake, Topo- graph, of Athen. ch. 8. p. 176 sqq. * 2) Plnurehus a. a. O. Bottiger Andeutungen p. 73 sq. Stuart pi. XXII. XXX. und daraus the Elgin Marbles (vergl. die Tab. XXXVIII. nr. 3. 4. 5- in unserm Bilderhefte nebst der Erklarung p. 18. 2ter Ausg. iiber die Fragmente der Reliefs) vergl. Wilkins Atheniensia, Loud. 1816. [und iiberhaupt Leake Topogr. of Atb. chap. 8, Broendsted Reisen und Untcrsuch. in Griechenl. der ganze 2te Band; die neuern Herausgeber Stuarts in der deuLsch. Uebersetzung I. p. 293 sqq ; p. 349 sqq.; p. 539 sqq., und jc$»t Max. Fuhr .ad Dicaearchi Messenii quae supersunt, Dann- stadii 1841 , p. !60 s^.] Tempel die chrys-elephantinische Bildsaule der Athene Polias QlloXidg) oder Jungfrau (JlaQdevoq), mit der Siegesgottin (_Niyj]) auf der rechten Hand; von welchem Ideaibilde die Pallas von Velietri und die Pallas Giustiniani fur Nachbildun- gen gehalten werden. Jene war ein Werk des Phidias, wie noch mehrere andere Minervenbilder zu Athen, z. B. die beschirmende (jtQOfiaxog} init der Eule auf dem Fussgeste!!, und die Lemnierin, auch xakklpoQyog genannt *). Jene Heiligthiimer auf der Atheniensischen Bnrg waren das Ziel der festliehen Processionen , wovon uns die von Choisseul Gouffier und von Elgin mitgebrachten Reliefs eine anschauliche Vorstellung gewahren 2 ). Vorzuglich sind hier die grosseren und die kleineren Panathencien (rd ILavaSi)- vaia) auszuzeichnen. Beide Feste hatten, wie fast alle Feste 1) Von der Cliduchus ist schon oben die Rede gewesen. Ueber diese verschiedenen Minerven des Phidias s. die Stellen der Alten in unsern Meletemm. I. p. 24. und die Nachweisungen bei Corsini Fasti Afcr tici III. p. 217 sqq. Bottigers Andeutungen p. 84 sq. Heyne Opuscc, Tom. V. p. 367. Jacobs iiber den Reichth. der Griechen an plast. Kunst- werken p. 23. Thiersch iiber die Epochen der bildenden Kunst p. 13 sq. [p. 21 sqq. etc.] Beck Grundriss der Archaologie p. 185 — 187. Bockh Staatshaushaltung der Atliener II. p. 295 sqq. 300. 312. 316. 319. Ferner iiber die Nachbildungen der Promachos und Kallimorphos zu Dresden, Cassel, Wien, Munchen in Statuen, Biisten, geschnittenen Steinen u. s. vv, Winckelmann in der Gesch. der Kunst an mehreren Stellen, besonders p. 116—118. (im B. IV. der Werke 2ter Dresdn. Ausg.) mit den Heraus- gebern, daselbst p. 339 sq. 395. 406. und B. V. p. 562. und daselbst auch iiber die besten Pallasbilder, das der Pallas von Velietri, in der Villa Albani und Giustiniani. Thiersch a. a. O. Eckhel Choix d. pierres gra- vees nr. 18. Stieglitz Versuch einer Einrichtung antiker Miinzsammlun-r gen p. 51. Volkel in Welckers Zeitschrift fur die alte Kunst B. I. Becker zum Augusteum I. nr. 14. 15. II. nr. 41. III. nr. 98. und iiber das Gauze Quatremere de Quincy le Jupiter Olymp. p. 219 sqq. und dazu die Kup-? fertafeln pi. Vlir. IX. X. [und vorziiglich jetzt K. 0. Miiller's Hndb. der A. d. K. §. 369 sqq. p. 536 sqq.] Man vergleiche die angefiihrten Werke. 471 der Grrechen,, ihie Sagengeschiehte. Die Parische Chronik giebt den Alhenischen Konig Erichthonius als deren Stifter an 5 wonach ihr Anfang in das Jahr 1506 oder, nach Andern, 1521 vor Christ i Geburt zu setzen ware ! ). Die kleineren Panalhenaen warden jahrlich , die grosseren alle funf Jahre gefeiert. Jene waren mit gymnischen, niusicalischen und Rei- terspielen, mit einein nachtlichen Fackellauf (ka{A7tadov/o<; dyujv, l.anTcadocpoQia) 2 ) und mit einem gemeinschaftlichen Stieropfer verbunden. An den grosseren hatten alle diese Carimonien eine grossere Feierlichkeit. Alsdann sangen Rhap- soden die Homerischen Gedichte, und dann ging auch die grosse Procession der gesammten Atheniensischen Burger- schaft mit den Schutzverwandten 5 wobei viele Personen bei- der Geschlechter , nach verschiedenen Abstufungen, die fest- lichen und zum Opfer erforderlichen Gerathe (daXkocpoQLa % y.avi]cpo(jia , (ntacpyyogia) zur Burg hinauf trugen. Den Zug begleiteten Waffentanze, mimische Darstellungen des Gigan- tenkriegs, wooei Minerva vorziiglich sich ausgezeichnet hatte. 1) S. die Parische Chronik Epoche 6 und 10. p. 4 und 27. nach der Ausgabe von Wagner, vergl. Meursii Panathenaa (Vol. VII. Thesaur. Antiqq. Graecc. Groriov.) cap. 1. uud Corsini Fasti Attici Tom. I. p. 30. T. II. p. 357. und T. III. p. 91 sq. Man hat 'A&r^aiu und nava&qvaia und von diesen wieder die kleineren und grosseren zu unterscheiden. [Ueber die mit den Athenaen verbundeuen geheiraen Gebrauche und Leh- ren vergl. man Stuart Antiqq. of Athen I. p. 452 — 455. der deutschen Uebersetzung, Darmstadt 1829. — Ueber die Athenaen und Panathenaen iiberhaupt s. man jetzt : Panathenaikos ed. Carol. Hoffmann , Cassell. 1835; Panathenaica. Auctore Herat. Alex. Miiller, Bonn. 1837, mit mei- nem Bericht dariiber in den Mtinchn. Gel. Anzeig. 1838, nr. 21, p. 170 sqq. und vorziiglich M. H. E. Meier ira Artikel Panathenaen in der Hall, all- gemein. Encyklopadie p. 277 — 294.] 2) Meursius Panath. cap. 8. p. 88; woniit man den Hermias in Pla- tonis Phaedrum p. 78. und den Scholiasten zum Plato p. 57 Rulinken. verbinden muss. Bildliche Darstellungen dieses Fackellaufs giebt das Englische Werk von Tischbeins Vasengenialden , z. B. Tom. II. nr. 25. Tom. III. nr. 48- Daher sie auch vorzugsweise die Wurgerin der Giganten hiess l ). Hierbei mussen wir etwas verweilen , da ein we- sentlich.es Symbol dieser Festlichkeit zu bemerken ist , wozu ieh aus einer ungedruckten Quelle etwas beitragen kann. Es ist jener Zug der Athenischen Matronen mit dem Peplus (jvsjtXof). Zuvdrderst mussen in Betracht des vollen Anzugs der Gottin Minerva untersehieden werden : die Tunica ( 6 %ipcSt$4 sodann a/y/'Sj der Sehuppenharnisch oder das lederne Schutzgewand mit dem schlangenhaarigen Gorgonenkopf (joq~ yov$im$> 2 ) , und endlich der Peplus. Dieses Wort bezeich- net bekanntlich oft einen Scbieier, oft aber und bei der Pallas insbesondere einen Mantel, oder vielmehr ein mantelartiges Frauengewand. Die friediiche Minerva 5 wo sie als Medica oder als Begleiterin der Musen oder in ahnlichen Situationen erscheint, hat in der Kegel jenen Peplus an. Sobald sie aber im Kriege thatig war, legte sie, nach der dichterischen Vor- stellung, dieses lange und im Kampfe beschwerliche Frauen- gewand ab 3 ). In Betreff der Panathenaen find nun zwei Pepli (jzm'koi) zu unterscheiden, denn auch an den kleinen Panathenaen ward ein Peplus in Procession getragen 4 ). Ei- 1) Cornutus de JR. D. cap. 20. p. 189 ed. Gal. Eudocia p. 5, welche sie yiyuvToyovTida nennen, Ueber die Sache vergl. man noch Tzetz. in Lycophron. vs. 63* mit Miillers Anmerkk. p. 359 sqq. 2) Ueber die Aegis vergl. Grubers Worterb. der Aesthetik I. p. 61 sqq. und zur Versinnlichung besonders den bemerkenswerthen Sturz der Dresdner Pallas im Augusteum I. tab. 9. 3) Iliad. V. 736. vergl. E. Q. Viseonti zuni Museo Pio - Clement. I. p. 93 der neuen Mailiinder Ausgahe. Sehr deutlich zeigen uns manche Griecliisehe Vasenbilder die Dorische Tunica (6 #tTw*0 ohne Aermel, und den Peplus oder das faltenreiche Frauengewand. Man vergleiche jetzt Englefield — Vases by Henry Moses Heft II. pi. 10. und dazu die Be- merkk. des Herausgebers p. 13. p. 15. [Vergl. jetzt Inscriptiones Grae- cae Vetustissimae collegit et observationes turn aliorum turn suas adje- cit Hugo Jacobus Rose Cantabrigiae 1825, p. 157 sqq., und daselbst K. O. Miiller.] 4) Ein Satz, den zwar Meursius liat leugnen wollen (Lectt. Atticc, ^ 473 nigen Zeugnissen zufolge war auf dein Peplus dcr kleineren Panathenaen der Sieg der Athener, als der Zoglinge der Minerva, gegen die Atlantiner vorgestellt ')$ nach Andern war diese ganze Feier zum Andenken des Sieges iiber den Giganten Aster oder Asterios eingesetzt worden, und zwar vom Erichthonius, dem Sonne des Amphictyon 2 ). Der ge- lehrte Scholiast des Aristides a. a. 0. fuhrt zwolf beruhmte Spiele der Hellenen auf, fangt mit den Eleusinien an, und endigt mit den Pythiscken. Nach dieser Ordnung habe sie Aristoteles aufgefuhrt ^QiOTOTshjg eig 7t€7tXovg ovv&slg ilji- &£toJ. Das ist nicht der Stagirite, sondern ein anderer Ari- stoteles, der Verfasser eines Gedichts 7V€tvXol betitelt. Es waren darin die Grabmaler der Heroen besungen, und das Werk wird von andern Schriftstellern auch angefuhrt ? ). In jener Aufzahlung nach Aristoteles nehmen nun die kleinen Panathenaen (die altercn) die zweite Stelle ein. Der Name des Giganten, dessen Tod sie verewigen sollen, heisst dort das einemal 'Jgti]q, das anderemal 'JoT&Qioq. Der Attische Mythus kennt diesen Namen auch sonst afs den eines feind- seiigen Wesens. Auch der Nationalheros Theseus, der Er- neuerer der Panathenaen, sollte einen 'Aaxsqioq oder 'Jars- pitoV) den Sohn des Minos, auf Creta erschlagen haben. Auch dort also verschiedene Schreibart auf jeden Fall muss nun in dem ohnehin so verdorbenen Texte des Hyginus (fab. prae- fat. p. 4 Staver.) in dem Verzeichniss der Giganten der Name II. 3. p. 1814 — 1816 Gronov. und Panatlien. cap. 17. p. 97 Gronov.), der sich aber aus mehreren Stellen der Griechischen Erklarer, z. B. des Scholiasfcen sum Plato p. 143 Ruhnken. unwiderleglich ergiebfc. 1) (Scholiast. Platon. a. a. 0. 2) Scholiastes mscr. Aristidis Panatheu. (zu p. 189. des Jebbischen Textes, jetzt gedruckt in Dindorfs Ausgabe p. 323.) 3) Meursii Panatli. cap. 18. p. 98. A. Gellii PraeTafcio ad Noctt. Atticc. p. 5. und daselbst Gronovius. 4) Heyne ad Apollodor. III. l. 4, 474 ^ Astraus in Aster oder Asterius geandert werden. Nach der Natur der 8ache kdnnen wir jetzt vermuthen, dass der Pe- plus der kleinen Panathenaen die Aristie gegen den Giganten Asterius, als eine einzelne That, die man von der ganzen Gigantoinachie absonderte, dargestellt habe. Der Peplus der grossen Panathenaen enthielt den ganzen Gigantenkainpf. Dass dieser Peplus nicht bios am Rande , sondern auf seiner ganzen Oberflache mit Figuren besetzt war, scheint mir nach den Stelien der Alten (Fischer ad Piatonis Eutyphr. cap. 6.) nicht nothwendig. Vielmehr gefallt mir Bottigers Ansicht (Andeutungen p. 58.); der aus den Streifen mit zwdlf Feldern an dem Peplus des beruhmten Sturzes der Dresdner Pallas, in Verbindung mit Beobachtungen an Aegyptischen Bildwer- ken, den Schluss macht, dass wir hierin das achte, nach Athen fortgepflanzte , Aegyptische Statuencostume erblicken. Auch der My thus, dass Minerva mit den iibrigen Olympievn in der Gigantomachie thatig gewesen sey, musste auf zwdlf Fel- der (duidsxddeoq) fuhren, die am fuglichsten den Band ein- nahmen. Was war aber in der Mitte? Ein fruherer Gelehrter ') vermuthete: die sichtbare Welt. Ich glaube: diese Meinung ist so iibel nicht , wenn wir sie richtig verstehen 5 namlich als den xo'oyiog, als die geordnete Lichtivelt. Das ist ja die Olym- pische Ordnung, und ob diese erhalten werden oder unterge- hen sollte, darum gait ja der Kampf mit den Giganten. Wie schicklich also, wenn am Rande die Kampfenden abgebildet waren ? Man denke auch an den Homerischen Schild mit dem Firmament in der Mitte, um welches die Scenen auf Erden in verschiedenen Abschnitten herumgelegt waren. Noch viel- mehr mochte ich jetzt an die Sternenhinimel an den Decken der Aegyptischen Tempel mit den Thierkreisen erinnern, wie sie das grosse Franzosische Werk vor Augen slellt} und zugleich meinen Lesern ins Gedachtniss zuruckrufen , dass 1) Cudworth Systema intell. p, 396. 398 ed. Mosheim. wir die Minerva als die erste Epiphanie der Lichtwelt kennen gelernt haben. Nun blicke man auch aiif die oben gelieferte Geschlechtslafel der Athenischen Konige zuriick, und sehe, wie dort ein Erysichthon kinderlos neben Herse, Aglauros und Pandrosos erscheint. Im vierten Theiie *) unseres Buchs werden wir den Erysichthon als eine Art von Typhon kennen lernen, d. h. als einen feurigen, verderblichen Damon. Hit dem Typhon mussten die Gotter auch kampfen , ehe die Olym- pische Ordnung gesichert war. Die Sonnensphare und das siderische Firmament haben auch ihre Feinde. Wen n Sonne, Mond und Sterne in geiuassigter Wirkung Gedeihen und Se- gen bringen, so zerstoren dagegen die rothen, gluhenden Brandgeister Ailes, was Athene und Ceres geordnet haben. Aegypten hatte diesen Gegensatz in seinem Typhon personi- ficirt. Da nun die Athenische Genealogie ihren Erysichthon hat, welcher auch Aethon [Aidwv) oder der Brenner hiess, und da unter den Giganten auch ein Asterius genanrit wird, dessen Niederlage auf dem andern Peplus abgebildet war, ein Name, der an das davQoffokrjoai und an den schadlichen Siderismus uns erinnert — so diirfen wir wohl annehmen, dass jene Panathenaischen Festgewander das Firmament mit den guten und bosen Macliten, oder mit andern Worten, den Kampf des Lichtes mit der Finsterniss , dargestellt haben. Auf dem Peplus der grossen Panathenaen sah der Zuschauer den Kampf der Olympier mit den Giganten, auf dem der kleinen den Streit der Athener mit dem bosen Sternendcimon Asterius oder mit den von den Pforten der Finsterniss her kommenden Atlantinern vor Augen gestellt. So waren also die Athener ' - als Nachahmer der Olympier und als Kampfer fur Licht und Ordnung bezeichnet. Jener Peplus ward nun an den grossen Panathenaen wahrend eines Theils der Carimonie als Segel an ein durch 1) S, Th. IV. Erysichthon oder der Fluch der Ceres, cap. 7. §. 13, p. 135 sqq, der 2fcen Ausg t 476 ^ Maschincn uber den trockenen Boden bewegtes Schiff 1 ) be- festigt. Hierbei mag man nun entweder an die Gottin den- ken, die sich mit Poseidon auf dem trockenen Boden des fruchtbaren Attika versohnt hat, an Pallas und Poseidon, die dem Landbau und dem Seewesen vorstehen , oder an altprie- sterliche Erziehung der alten Athenaer, deren Gemuther wie die Schiffe vom Steuermann durch das Steuerruder leicht und zum Sittlichen gelenkt worden 2 ), oder woran man will. Nur dass Niemand in dieseni ganzen symbolischen Kreise an etwas Unbedeutsames deiike. — Sobald der Zug aus dem Ceramicus beim Eleusinium und Pelasgicuin vorbei und am Tempel des Pythischen Apollo angekommen war, losete man den Peplus vom Schiffe ab, und nun trugen ihn die ersten Matronen der Stadt in einen Tempel der Minerva auf der Burg 3 ). Dort scheint das Bild der Minerva auf ein Lager 1) vavq vnoxQoxos Scholiast. Aristid. ad p. 197 Jebb. [p. 342 sqq. DindorfVJ 2) Platonis Critias p. 109. p. 150 Bekker. 3) Philostrat. Vit. Sophistt. II. 4. p. 550. Heliodor. Aetkiop. p. 15 ed. Coray. [L. Kayser ad Philostr. II. 4. p. 58, vergl. p. 294. inter- pungirt : — to Ilikaayiy.ov , xo[.iit > o[xtvriv rs naqa to Hv&iov iX&iiv, ot ruv o)Q[,iioTiu , und lasst das Schiff beim Pythion stehen bleiben, und den Pe- plos allein zur Burg liinauftragen 5 gerade wie ich diese Stelle genom- men babe. Anders K. O. Miiller in der Hall, allgem. Encyklop. p. 235. nacb Meursius und Olearius. — Die Bedeutung anlangend, so sagt God. Hermann De Graeca Minerva p. 12 sq. : „Explicatio facilis: ipsum qui de dominatu Atticae cum dea certaverit Neptunum ei victrici bonorem babere." — Dieselbe habe ich aber selbst bier und zvvar zuerst^ angege- benj und er hatte also nicbt nothig gehabt, auf archaoloyische Mytholo- yen einen Seitenblick zu werfen, und andere bier angefubrte Andeutuu- gen als wunderlich {mira) zu bezeicbnen. Zur freundlichen Erwiederung wollen wir ihm die einfache Aufgabe stellen : Er moge uns doch die Frage beantworten, warum das Panathenai'sche Schiff gerade beim Py- thion, d. h. beim Athenischen Apollo - Tempel , seiuen Zielpunkt hatte? — Wir wollen's ihm nicht sagen , und er will's audi wohl nicbt wissen. Unsere Leser aber, die, von I. 2. p. 248 sqq. drjlfcter Ausgabe an bis 477 von Bluraen gelegt, und mit jenem Peplus bedeckt worden zu seyn hierher, in den Geisfc der Afchenai'sch - Apollinischen Religion eiugedrun- gen, wissen es/J 1) Hesych. in nXunlq (Tom. II. p. 971 Alb.) Pollux VII. 13, vergl. Meursii Panathen. cap. 19. p. 100 Gronov. 478 §. S3. M i n e r v a in R o m. Griechische Schriftsteller reden auch von Romischen Pa- nathencien. Sie bezeichnen damit das Fest der Qiiinquatria l ) 5 und in so weit nicht unpjissend, als von den kleineren Pana- thenaen die Rede ist. Das Romische Fest fiel jahrlich auf den 19. Marz. Der Grund des Naraens war von der ealen- darischen Zahlung von den Idus an hergenommen. Hiernach sagten die Italischen Volker: quinquatrus, der fiinfte Tag von den Idus an gerechnet, sexatrus, der sechste, septimatrus, der siebente. In der alteren einfacheren Zeit war nainlich 1) Dio Cassius LXVII. 1. p. 1100. mit Reimarus Anmerk. Der Kai- ser Domitianus, der vor alien Gottheiten der Minerva eine vorziigliehe Verehrung widmete, pflegte dieses Fest besonders feierlich zu begehen. Man vergl. den Suetonius in vita Domitiani cap. 4. p- 274 sq. ed. Wolf, mit den Auslegern. Er gab sich sogar fiir einen Sohn der Minerva aus CPhilostrat. Vit. Apollon. VII. 24.), d. h. recht orientalisch fiir eine Sonne. Die vielen Pallasbilder auf den Miinzen dieses Kaisers gewahren noch jetzt den augenscheinlichen Bevveis. S. dariiber Eckhel D. N. V. VI. p. 375. und Veesenmeyer Specimeu Historico -Numismaticum de Minerva a Domitiano superstitiose culta, Ulmae 1802. — Uebrigens muss die Pal- las von gewissen Romischen Personificationen, wie Bellona, Virtus, und besonders von der Gottin Roma unterschieden werden. Man sehe dar- iiber Winckelmann Gesch. der Kunst B. II. p. 117. mit den Herausgebern p. 337 sq. zweite Dresdner Ausg. Visconti zum Museo Pio- Clement. Vol. n. p. 30 sq. zu tab. 40. und Zoega in den antiken Basreliefen von Rom. T. I. p. 237. iiberseUt von Welcker. vermutblich das Fest auf Einen Tag beschninkt gewescn. Nachher ward cs auf funf Tage bis zum 23. Marz ausgedehnt, Dieser neuen Feier folgt Ovidius in seincm Festcalender, und da war es dann natiirlich, dass Manche glaubfen, der Quin- quatrus oder die Quinquatria batten von der funftagigen Dauer ihren Namen 1 ). Wir haben bereits oben (III. Th. p. 226.) bemerkt, wie die Minerva auf dem Capitolium mit dem Juppiter und mit der Juno unter einem gemeinsamen Dache wohnte, in der Art, dass ihr Bild rechts neben Juppiter stand , links das der Juno. Auch hatte man ihr auf dem Aventinischen Hugel einen Tera- pel geweiht 2 ). Sie gehbrte in die Reihe der stadtischen Penaten 5 oder jener Schutzgotter , die aus Pelasgischer Re- ligion heriibergekominen. Es war dies jener uralte Dienst 1) Varro de L. L. V. 3. CVI. 12.) Festus.in Quinquatrus. Gellii N. A. II. 21. p. 167 Gronov. mit den Anmerkk. Ovid, Fastor. in. 809 sqq. 849 sqq. mit den Auslegern. Joh. Laur. Lydus de Menss. folgt der neuen W>ise ebenfalls p. 84 sq. [p. 204 Bother. Die Fiinfzahl war der Minerva heilig, Servius ad Virgil. Georg. I. 277; vergl. Hartung's Relig. der Romer II. p. 79 sq.] 2) Auch hatte ein Vorgebirge in Campanien seinen Namen von der Minerva; s. Polybius XXXIV. 11. 5, welcher es 3 A&r\vatov nennt. — So wichtig auch Juno in der alten Religion der Italischen Landleute and selbst in der Hausreligion der Latiner und Romer war, so hatte doclt im offentlichen Dienste der Stadt Rom Minerva vor ihr den Vorzug, vergl. auch Eckhel D. N. V. Vol. V. p. 85. [Dies behaupten auch Gerh. Vossius und Mosheim. Ihnen widerspricht aber Marini zu den Atti de' Fratelli Arvali p. 104 sq. , und sucht aus Inschriften zu zeigen : dass Minerva nach der Juno den Rang habe, wo es immer heisse Jovi. Junoni. M\- nervae. — Dafiir scheint auch eine Hauptstelle des Varro beim Augusti- nus de civ. Dei VII. 28. zu sprechen: — „coelum Jovem, terram Juno- nem, ideas Miuervam vult intelligi: coelum a quo fiat aliquid, terrain de qua fiat, exemplum secundum quod fiat aliquid." Hier hat also Mi- nerva auch die dritte Stelle, obschon sie als der personificirte Inbegriff der Ideen bezeichnet wird, nach einem Satze des Plato, den auch Varro ebendaselbst anfuhrt. Man vergleiche Hartung's Relig. der Romer II. pag. 78.] ?*> 480 der Palladien; woriiber ich mich oben erklart habe. Hier beinerke ich, dass ein Schriftsteiler das Collegium der Romi- sehen Pontilices von dem Griechischen Priesterinstitute der Gephyraer ableitet, welche dem Dienste des Palladium ge.wid- met gewesen Die Eomer feierten am Tage Quinquatrus den Geburtstag der Minerva. Dabei wurde naturlich der Geburt aus Juppiters Haupte gedacht. Darauf bezogen nun manche Erklarer vaterlandischer Festgebrauche den royste- riosen Namen, den die Gottin gerade in dieser Feier fuhrte, Minerva Capta, welche sie einmal als die Tochter des Haup- tes 3 dann aber auch folgerecht als die geistige und durch geistige Kraft herrschende (capitalis) ausdeuteten 5 wahrend Andere andere Herleitungen such ten 2 ). Auf den letzten Tag 1) Joh. Laurent. Lydus de menss. vett. Romann. p. 85. "On TTov- vtyixeq ol uQ/uQfiQ nagu r Po)(xa(oiq iXiyovto , y.a&urug iv 'A&rfvatq to nuhu rtcpvquXoi — dtu to inl ttjq yttpvguq xov 2ntg%nov notufiou legartuuv t<£ n&Xiadtoh Ueber diesen yeyvgiopoq wird bei den Eleusinien Mehreres vorkommen. — Wer mir bis hierher aufmerksam gefolgt ist, wird von selber wieder an die Minerva Apaturia und somit an die Indischeu Avatars , wie diese tciusclienden Gottervervvandlungen heissen, inglei- chen an den Hindostanischen Br'uckenkrieg und an die Persische Briicke Tschinevad denken, an welcher die Geister um die Seele streiteu. 2) Ovidius Fastorr. III. 837 sqq. giebt diese und andere Herlei- tungen an, gesteht die Ungewissheit aller, und spielfc auch darauf an, dass sie von den Faliskern als captiva gekommen. Oder capta vom captus locus , vom Opferplatze, benannt; s. Festus in voc. Es konnte Jemand auch wohl an die allgemeine Sitte des Alterthums denken , die Gotterbilder, denen eine vorziigliche Kraft beigelegt ward, zu fesseln. Joh. Lydus p. 84. folgt der ersten Herleitung, und nennt die Minerva bei dieser Gelegenheit KecpuXuCa, d. i. capta, capitalis. — Die Romi- schen Sagen vom Ursprung des Namens Capitolium und von dem da- selbsfc gefundenen Kopfe sind bekannt (Livius I. 11. und 55. mit den Auslegeru; Varro de L. L. IV. 7.). Vielleicht war auch Cecropia eine Capifcolina, wenn Kexgoxp mit xexgixpaXog verwandfc ist; auch Theben war eine Capitolina, wenn das Pharaonische Thebe in Aegypten von Tape (caput) herzuleiten ist, wie Champollion will (l'Egypte sous les Pha- des Festes, den 23. Marz, fiel die Trorapetenweihe oder das Tubilustriuin 5 woriiber im Vorhergehenden das Nothige be- merkt worden. Hier mag die Bemerkung den Schluss macheu, dass die Romer, theils jahrlich , theils in allgeineiner Noth von einem Dictator an der rechten Seite des Tempels des Juppiter Capitolinus, da wo er an den der Minerva angranzte, einen Nagel einschlagen liessen. Biirgerliche Verwirrung, Krank- heit und einmal die Furcht einer ansteckenden Geisteszerriit- tung gaben zu dieser Caiimoirie Anlass. Doch linden sich auch Spuren von jahrlicher Wiederholung zur Zeit der Herbst- gleiche *). Wir haben die Minerva oben als Juppiters be- standige Gefahrtin , als seinen Geist und seine Kraftr bezeichnet gesehen 5 wir haben auch gehort , dass sie auf den Votivtafeln der Kranken als Memor aufgefuhrt ward, d. h. als die, die der Kranken und Schwachen eingedenk war. — So haben auch Etrusker und Homer bei jener Carimonie, niochte nun dabei blosse Jahreszahlung oder Erinnerung an herrschende Noth beabsichtigt seyn, den Grundgedatiken von Juppiters des raons I. p. 216. )• Dergleichen Parallelen haben in solchen] Religionen selbst ihre Rechtfertigung, und sullen hier nur zur weiteren Priifung hingelegt seyn. 1) Livius in der Hauptstelle VII. 3. vergl. VIII. 18. — Wo Juppi- ters, Wohuung an die der Minerva granzte , da wurde der Nagel einge- schlagen, wodurch beider Gottheiten enge Verbindung im Gedachtniss erneuert ward. [In der ersten Stelle bemerkt Livius, dass das Gesetz des alljahrlichen Nageleinschlagens dessvvegen am Tempel der Minerva angeheftet worden, weil sie die Zahlen erfunden habe 5 ferner, dass zu Volsinii im Tempel der Etruscischen Gottiu Nortia solehe Jahresniigel eingeschlagen worden. Diese Gottin war eine Fortuna. Dass diese Feierlichkeit an des Septembers Iden vorgenommen ward, lasst vermu- th en, dass das Jahr der Tusker mil diesem Monat entweder begann oder schloss. Das Nageleinschlagen war eine symbolische Handlung, die ein unabanderliches Festsetzen, wie es dem Geschicke zukommt, bezeioh- nen solltej wie denu auch die Fortuna zu Antium einen Nagel zum Creuzer's deutsche Schriften. III. 2. 3 J 482 grossen Konigs behaltsamer „, unwandelbarer und hiilfr etcher ') Rathsgenossin im Sinne gehabt. Attribut hatte, und Horatius der Necessitas (der Nothwendigkeit) Bal- kennagel (clavos trabales) beilegt (sielie K. 0. Mailer's Etrusker II, p. 54. 329 — 331.).] 11 Minerva Meinor und Medica. Hiemi s. Nacktrag V. lachtrage. in. Zur Mythologie der Hera-Juno. • CNachtrag zu §. 11 — 13.) Hochst einseitig, aber desto anspruchsvoller hat neuerlich diesen Mythus M. W. Heffter behandclt 1 ). Nachdein er altcre und neuere Herleitungen des Namens "By a besprochen, fahrt er so fort: — „Nein! "Bga kann einz% und allein nur her- geleitet warden von apco ich frige an einander, verbinde, was bekanntlich auch dgaj — denn wir haben aQ^dq a^ofw u. s. w. — gelautet haben muss, fm Praeterito aber hat cIquj dgyga odcr auch wohl clq^qu 2 ) gehabt . und es ist bekannt genug, dass aus der Form des Praeteriti im Griechischen nicht selten sich die Form abgeleiteter Substantive herausgebildet hat. Und dass a wirklich in der Familie dieses Wortes in /; uberge- gangen ist 9 das wird unumstdsslich bewiesen durch die Com- posit a 6fAf]()o$, sQctjQog, dijjptjg, evijQi]$ u. s. f. ''Bqa ist dem- nach ursprunglich und eigentlich dieAnfugung, Verknupfung, 1) In der Allgem. Schulzeitung, Darmst. 1833, Abtheil. II. Nr. 59. p. 465 — 470. 2) „Ueber den Spiritus asper in der Mitfce der Worker vergleiche Uisehoffs Progr. Wesel 1826." 31* 484 Verbindung. Wessen? kann dem nicht zwcifelhaft seyn, der da weiss, dass Hera an unzahlig vieJen Oertern Griechen- lands und auch iin Allgemeinen in Bezug auf die Ehe gottliche Verehrung genoss, und gewisse Beinamen fiihrt. "Jquj oder clqu) als Grundwort von "Hqcl heisst also: ich verbinde ehelich, ich verheirathe. Gebraucht doch Herodot ') die Redensart dpfj,6C£iv tlvl r dvyar.£Qa in der Bedeutung: an jemanden eine Tochter verheirathen. Und hiess doch Aphrodite bei den Delphiern "Jq^cc (Plutarch. Araator. XXIH. 60.) d. i. 'jQ^iovia^ d. h. die Gottin ehelicher Liebe. Ferner Hesychius (s. v. agurj vergl. Phavorin. s. v.) erklart vyici auf das iiberraschendste ahnelt — : pronuba, unxia, cinxia, jugalis, jugatina u. s. w." — Mit Jrjeicher Ruhinredigkeit und Beschranktheit wird denn auch fiber He- rakles Folgendes als eine ganz neue Entdeckung verkiindigt: — „Hiernach lasst es sich auch erst geniigend erklaren, warum jener gottliche Vorstand der Athleten, der Heros der korperlichen Starke, der fruher den Namen 'AKxaioq gefuhrt hatte, als Reprasentant der dXy.ij, und der jener Hebe zum Gemahl gegeben ward 2 ), den Namen 'BQaxli}<; (to Tijg "Ifgag xheog) bekommen hat. Es war ja nach der Vorstellung der alten Griechen das Hochste, das Treffiichste, das Ehrenhaf- teste, was nur aus der Ehe hervorgehen, was ihr (also auch der Gbttin derselben) am meisten zur Ehre, zum Ruhme an- gerechnet werden konnte, wenn eine kraftige, kernhafte, athletische Jugend sich erzeugte. Und somit ware hier der rechte Anfangspunkt zur Aufhellung des Herakles-Cultes ge- geben, den man schon so iang vergeblich gesucht hat." Solches neue Licht bringt uns von seiner Sonneninsel der Verfasser der Schrift iiber die Gotterdienste auf Rhodus; wovon er aber eben hier in dieser neuen Abhandlung after Hera selbst sich des Versehens schuidig bekennt, „dass er den Heros fur eine urspriinglich historische Person gehalten habe." — Als wenn er hier hinsichtlich der Hera -Juno nicht noch in demselben Euhemerismus befangen ware ! Denn wer sich mit der Weicker'schcn Vorstellung, dass die heilige Hochzeit des Zeus und der Hera die Begattung des Himmels 1) „G ging im Lateiuischen ofters vor ra oder n verloren, und daiin ward der voraufgeliende Vocal gewdhnlich verlangert: exago (ex- agmen) exaraen $ iugo (iugmentum) iumeutum; stigo (stigmulus) stimulus ; inago (maco) manes. " 2) „Es liegt hierin die sehdue Bcdeutung : Mit der Jugend (^'/fy) paart sich gewohnlich die Starke (eUxjj), d. IT. bei der Jugend findet sich die Kdrjpersliirke. " 486 mit der Erde sey, nicht vertragen kann; wer von der Hera als einer uralten Natur-Gottm so gar nichts weiss oder wis- sen will ') — wie konnte der doch wohl anders genannt werden wolien , als ein hochst prosaischer Mythologe ? GJucklicherweise bekunden andere neuere Philologen mehr Hmpfanglichkeit fur die alten naiven Naturreligionen. In die- sein Sinne ist von uns und Andern im Abschnitte vom. Hermes die Epiphanie der Argivischen Hera a!s Io aufgefasst wor- den a ). — Einstiinmig damit sagt K. 0. Muller (Dor. I. 396.): ..Die Gotlin (Hera) herrscht in den alteren Mythen von Argos; die Traditionen von Io, so viel da von wirklich einheimisch, sind nur mythische Darstellungen der ideen und Gefuhle die- ser Verehrung" und, zur Medea als einer Epiphanie der Pe- lasgiscken Hera ubergehend, fahrt er unmittelbar so fort: ,,so wie die Korinthischen Mythen von Medeia in ihrem altesten Theile sich ebenfalls auf die dort einheimische Religion der Hera Akraa 3 ) beziehen. Daher die Korinther nach ihrer Co- lonic Korkyra mit dem Heradienst 4 ) auch die Mythen und den Cultus der Medeia brachten" s ). 1) und, fiige ich noch hinzu , seinen Meister Bottiger gerade, wo es gilt, an den Ausgangspunkten verkeunt und verlasst. 2) Im Capitel von der Aegyptischen Religion II. 1. p. 298 — 303. 3ter Ausg., vergl. Panofka's Abhaudluug : Argos Panoptes, und daraus jet/.t die Abbildung Nr. 6. zu. vorliegendem Heft. 3) Ebendaselbst I. p. 267 sq. heisst es : „ Uralter Cult der Hera Pelasgis der Schutzgottin von Iolkos mit mystisch - Bakchischen Gebrau- chen, worin Medeia als Epiphanie der Pelasgischen Hera durch Ver- stiickeln und Kochen die Korper verjiingt (s. Pherecyd. Sturz. p. 171 sq.) lason steht zur Hera -Medea in demselben Verhaltniss, wie Iasion und. Demeter in Sauiothrake. " 4) „Heraeon zu Korkyra der Haupttempel. Thucyd. t 24. III. 75. 79. Auch in Syrakus Aelian. V. H. VI. tt. u. A." 5) , ? Die behauptete Gottlichkeit der Medeia wird vollkommen er- wiesen durch Athenng. legal, p. 14. Zeugniss, dass Hesiod und Alkman ssie Gottin genannt", vergl. p. 297; wo es heisst: „Ueberhaupt stellt Korinth mit seinem MedeencuUe die Kolchische Seite des Argonauten- 487 Wenn derselbe nun aber an e'mem andern Orte l J sagt : „ — Endlich auch der Terapel der heiligen Eidgottinnen Pra- xidikae am Tilphossion (Pausan. IX. S3. 2.), als welche nam- lich Alalkoraenia, Thelxinoia und Aulis angegeben werden 2 ); Tochter wie es heisst des Ogyges 3 ^)) der nun ganz deutlich der Gott ist des anschwellenden und uberbordenden Sees, und die in blossen Kopfbildern verehrt, auch nur Thierkopfe zura Opfer erhielten" *) — so hat er damit den Namen der zwei- ten Praxidike stillschweigend verandert. Sie hiess aber Thelxineia, und unter diesem Namen ward Hera in Athen verehrt 5 ). Dies fuhrt aber nach Rhodos und in den Kreis der Seewesen, der Telchinen, welche in der Sage wieder mil dem Wassergotte Ogyges verbunden er- scheinen 6 ). Sie wurden Zauberer genannt , und ihr Name wird davon abgeieitet 7 ). Auf der Insel Rhodus, ihrem Haupt- tnythus dar." — Ebendaselbst wird der noch zu Ti'maus Zeit fortdauernde Gotterdienst der Medea zu Korinth erwahnfc (Timaei Fragg. ed. Goller pag. 250.) 1) Orchomenos p. 128 sq. 2) „Dionysios in den Ktiseii bei Suidas nga^idixt] [I. p. 3069 Gaisf. Richtigj denn nicht Mnaseas giebt diese Namen, wie im Pariser neuen Stephauus IV. 1. p. 281. angegeben wird. Man vergl. auch Symbolik IV. p. 207. 2ter Ausg. , wo ich von der Athene und Persephone Praxidike und von den Praxidiken iiberhaupt gehandelt habe. Denselben Artikel hat Photius Lexic. p. 446 Dobr. p. 385 ed. Lips., wo aber aus Suidas I. 1. 'Aky.ofitviuv in 'AluXy.o^uvnuv zu andern ist, so wie das OsXhvtav aus dem- selben in OzX%(vuav. Cr.] 3) „Dionys. und Panyasis bei Steph. Tqtfdlri : Trerailos vermahlte sich vvfiyyv *fLyvylvr\v r\v Iloa&dtxtiv xulc'ovai, Pausan. IX. 33. 4." 4) „Meursii regn. Athen. I. 6. S. 24." 5) Hesych. I. 1690. OeX&vta (vielleicht audi bier OiX&uu) "Hqu. tifjLv.Tau nuqa ' 'A&tivatoiq. 6) Bottiger Kunst-Mythol. H. p. 328 sqq. Die Telchinen sind die Erzieher des Wasser-Zeus , wie die Kureten des Erd-Zeus j ygl. Lobeck Aglaoph. p. 1184— 1190. 7) Suid. I. p. 1853 Gaisf. von &iXynv , 3-dytv, reX x fv. sitz, verehrlen die Stadle lalysos und Kamiros eine Telchini- sche Hera »). — Wir horen aber nun weiter, dass Zeus, bewogen durch den Hass seiner Gattin Hera, die Telchinen von lalysos unter das Meer versenkt 2 ) , nachdein Medea sich von ihnen entfernt hatte. Diese gelangt endlich nach weite- ren Wanderungen nach Athen zum frommen Konig Periphas, der in Vor-Kekropischer Zeit dem Apollon einen Tempel er- baut hatte, und seSbst noch lebend, als Zeus Soter , Epopsios und Milichios in Tempeln verehrt, in des Zeus Vogel den Adler verwandeit wird, so wie seine Gattin in einen weibli- chen Adler, cpijvij; worauf dann ihre Verbindung mit Aegeus foigt 3 } Man braucht verschiedene Nebenziige nicht mit zu be- nicksichtigen, urn schon aus diesen Grundziigen zu erkenncn, dass in dieser, wahrscheinlich durch Tyrrhenische Pelasger in die Attischen Culte eingefuhrten Hera-Thelxinea eine orien- t) Diodor. V. 55. p. 374 sq. "ilgav Tth/ivluv. 2) Lactant, Placid. Narratt. fabb. X. sqq. p. 837 Staver.: „Dehinc Telchinas Jalysios transgressam (Medeani) , quos Jupiter propter odium couiugis suae Junonis subiecit mari. u 3) Ovid. Metam. VII. 401 sqq. Antonin. Liberal. Metam. VI. p. 44 Verheyk. — Diesen Mythus hat neulich nach Stellen der Alten und JBil- der-Denkmalen Th. Panofka in einer trefFlicben Abhandlung: Zeus und Aegiua, Berlin 1836, behandelt; woriiber ich in den Miinchn. Gel. Anz. t839. p. 243 — 246. Bericht erstattet, und woraus ich die Bilder Nr. 1 u. 2. zum vorliegenden Heft dieser 3ten Ausg. entlehnt babe. — Hier will ich nur einen Wink mir erlauben: — Wer aus dem Aegyptischen Ca- pitel sich erinnert, dass Clinubis oder Zeus- Ammoxi zur Gattin die Sate (Satis) d. h. die Hera hat, und dass Phre-Helios, der Sonnengott Apollo zum lebendigeu Bild den Sperber hat, dass Sate -Hera in Aegyptischen Bildwerken mit grossen Geierfliigeln vorgestellt wird (sr oben II, 1. p. 277. und p. 315. Nr. 5. und Nr. 7. dieser 3ten Ausg.), — der wird sich in die im Texte vorkommeuden Verwandlungen des Zeus - Periphas und seiner Gattin Here -Luna in Adler leicht zurecht finden , mythische JJmdeutungen aus Aegyptischen Gotter-Hieroylyphen vermuthen, und die Verbindung des Apollo mit diesen Personificationen errathen. **m> .'189 talische Mondgottin gegeben ist, die, selbst wandernde Zau- befin und wogende Wassergottin , mit zauberischen Wasser- machten im Bunde und nach ihrem Namen genannt, umschla- gend ihrer Natur gemass, deren Untergang herbeifuhrt, damit sie den Rhodischen Sonnenkindern (den Heliaden) Platz machen, und dann selbst als Heliade, aber doch auch als Okeanide '), d. h. als Enkelin des Helios und (Jrenkelin des Jkeanos, in dein gemischten Sonnen-, Mond - und Wasser- 3ienst der Athener unter dem Naraen Hera-Thelxinea ihre ►Stelle einzunehinen. Von den Opfermahlzeiten zu Ehren der Hera waren auf der Insel Kos die Sklaven ausgeschlossen (da sie im Qegeri- theil bei den Kretern am Hermes-Fest ihre feier lichen Mahl- zeiten hatten, und sogar dabei von ihren Herrn bedient wur-' den): Athen. XIV. p. 639, d. p. 320 Schweigh. — ovavyaQ QKwioi) rf] 'Hqo. dviodi, dovhoi ov TtagayivovxaL hitl ttjv £vw%iav. did y,at 0 vka Q%ov £iQt]Y.evai Eovqiol oi [aovvoi eXevSegoi IcQosgyoL x. r. k. Hier macht erstens der Name Phylarchus Sch wierigkeit , da dieser BistOriker keine Verse gemacht hatte. Sodann hatte Dalecharap das rathselhafte Sovqioi in NiovQioi verandert (s. Phylarchi Fragg. ed. Lucht p. 137 sq.). Viel gluckiicher scheint Bergk diese Stelle be- handelt zu haben. Er legt (in der Darmst. Zeit. f. Alter- thumsvv. 1841, nr. 10, p. 84.) diese Verse dem Dichter Phile- tas von Kos bei, und bessert den ersten so: 'Hq aloig (uovvoc phv ekev^SQoi ieQOSQyoi. Stephanus Byz. in 'Eq^icjv (p. 351 Berkel.) spricht von der Ankunft des Zeus und der Hera aus Kreta in der Sladt Hermione und von dem Heiligthume der Jungfrau Juno (^HQaq naadivov) daseibst. Bottiger (in den Ideen zur Knnst-My- thologie II. 243.) glaubt, Aristoteles habe in der 'Jpyelajv TToXivsia (Pollux X. 179.) von Zeus und Hera's heiliger 1) Hesiod. Theogon. 956 sq. Hygin. fab. 156. 490 Hochzeit umstandlich gehandelt. Prelier (Poleinonis Reliqq. p. 183.) will hier und in andern Stellen statt Aristoteles den Xamen Aristides setzen, welchen er wilikiihrlich zu einem Periegeten macht; wogegen sich mit Recht 0. Jahn epist. ad G. G. Nitsch (in dersclben Zeitschrift 1841, nr. 20, p. 167.) erklart. — Nieht mehr Zustimmung verdient Kiessling, der im Scholiasten des Theocritus (XV. 64. p. 962.) die Worte: 'AqiGTOTakrjQ, de iazoQSi ev rip ttsqI Eq^ll ovrj g lsquj (iange vor Tonp hatte schon Tib. Hemsterhuys Isqojv verbessert.) in folgende verandern will: — ev rw tvsqi 'Upas ieQtij. Man vetgl nochmals das Etyrool. M. in 'Egfuovq (p. 876 Heidelb. p. 341 Lips.). — Die Stadt hiess Eq^iojv und Eq^lovij , letz- teres voni Genitiv des ersteren Eppiovog, s. Strabo VIII. p. 234 und 239 Tzsch. Holsten. ad Steph. Byz. p. 116 sq. und Leutsch et Schneidewin ad Paroemiograph. Grr. p. 38.) l ). 1) Zum Schlusse nocli zwei nachfcragliche Bemerkungen: Ersteus zu dem oben (p. 248. Anmerk. 1. dieses Capitels 3ter Ausg.) erwahnten Argolischen Hera-Fest, der eherne Schildkainpf genannt, hatjetzt Th. Pa- nofka in den Terracotten des konigl. Museums in Berlin 7 im Abschnitt Wettrennersiey in den Hercien I. p. 42 sqq. mit Taf. XI. 1. einen scho- nen Beitrag geliefert; — zweitens hat Derselbe ebendaselbst auf Taf. X. „den Kopf der Gottin, herausgearbeitet aus einem Stirnziegel, der dem Kopf dieses Tempelidols zur Nische dient, mit wohlerhaltenen Farben" aus dieser Terracotten-Sammlung colorirt zuerst bekaunt gemacht, und dazu I. p. 32 sqq. von der Juno Caprotina und Sospita ausftihrlich ge- handelt. iM'dii vergl. Symbolik in diesem Capitel p. 221. und p. 225 sq. der 3ten Ausg.) IV. Poseidon - Hippios und Consus, Wassers- und Weisheits - Kraft. (Nachtrag zu §. 14.), — In Betreff des Consus muss jetzt ciner ganz abweichen- den Voretellung gedacht werden. Hartung J ) behauptet nam- lich, Cohsus sey der Romische Orcus oder Pluto: j,Dagegen, sagt er, muss der vielfach missverstandene Name Consus 2 ) ganz unbedenklich ihm (dem Gotte der Unterweltj zuerkannt werden, woruber die Verbergung des Altars unter dem Erd- boden keinem Zweifel Raum giebt. Consus ist aus conditus, wie clausus aus clauditus , oder parens aus parcitus verandert, und bezeichnet somit den Ferborgenen, Das Fest der Con- 1) Religion der Romer II. p. 87. 2) „vergl. Festus s. v. Consualia, Tertullian. Spect. 5, wo sogar eine Inschrift zur Stiitzung der irrigen Ansicht zu Hilfe genommen ist; die jedoch so sieger erdichfcet ist, als Mars nicht der Gott des Kriegs war." — Die Inschrift lautet : Consus consilio , Mars duello, Lares comi- tio (vielmehr coilo} potentes — und weder Salmasiue, noch Reinesius, noch Spanheim, noch K. 0. Miiller, noch U. Fr. Kopp haben diese In- schrift angezweifelt (s. Etrusker II. 91. und Kopp ad Martian. Capell. 54. p. 99 sq.). Je mehr Herr Hartung sich in einer neuen Manier gefallt, welche alien hoheren lietrachtungen des religiosen Alterthums Hohu spricht, und die anders denkenden Forscher verlachfc, desto mehr wird es Pflicht, ihm seine vielen Verirrungen und Beschranktheiten so recht im Einzelnen nachzuweisen. sualien wurde alljahrlich am 18. oder am 21. August began- gen" u. s. w.; wo er zu erweisen sucht, dass alle dem Con- sus gewidmeten Opfer und Spiele Huldigungen an die Unter- welt, zur Abwendung des Ungliicks und zur Erzielung grosserer Fulie und Fruchtbarkeit gewesen seyen. Hier ist Wahres und Falsches durch einander gemischt, und die absprechende Manier des Verfassers giebt sich auch hier wieder kund. Und dennoch hat ein Anderer l )? gewohnt nur nach dem Nachsten und Neuesten zu greifen, auch diese Satze glaubig nachgebetet. Die Etymologie vorlaufig bei Seite lassend bemerke ich zuvorderst , dass der gewohnliehen Volksraeinung , Consus sey derselbe Gott mit Poseidon Hippies 2 ) schon eine andere Mei- nung entgegentrat , welche diesen Meer- und Rosse-Zeus von einem ungenannten Genius, dem Urheber verborgener Rathschlage, dem ein Altar unter dem Erdboden gewidmet war, unterschieden wissen wollte; eine Vorstellung, der sich der gelehrte Dionysius von Halikarnass 3 ), doch ohne bestimrat entscheiden zu wollen, sehr geneigt erklarte. — Vnsere Auf- gabe ist nun zu zeigen, dass diese Vnterscheidung auf einer sptiteren Reflexion von Gelehrten beruhete^ denen das naturtiche religiose Bewusstseyn schon ausgegangen ivar , und welche die ursprungliche Einheit uralten Volksglaitbem nicht mehr fassen konnten. Ich gehe vom Bericht des angeblichen Asconius aus, der in frucht barer Kiirze die Grundzuge dieses G otter wesens und 2) Herr H * * in A. Pauly's Real-Encyclopadie der class. Alterth.- Wiss. unter Consus. 2) Liv. I. 9. Plutarch, in Romulo 13. und in Quaest. Romm. 48. p. 130-ed. Wyttenb. Serv. in Aeneid. VIII. 636. Auson. Idyll. 12, mono- syll. do Diis epigr. 69. 9. Ascon. in Cic. Verrin. I. 10. Hieronym. in vit. Hilar. 161. 3) Antiqq. Romm. II. 31. sub tin. p. 303 Reisk. Auch Marfcianus Capella a. a. 0. scheiut diesen Neptunus vom Cotte Consus zu unter- scheiden j vergl. daselbst H. Grolius und U. Fr. liopp. ^ 493 seines Cultus zusammenfasst Dagegen greift ein neuerlich aufgefundener Autor, obschon er die ganze Romulische Sage vor Augen hatte. doch hauptsachlich nur die Eine Seite die- ses Gottes auf, wonach dieser als der verborgene Rathgeber betrachtet wurde 2 ). Jedoch wird wis derselbe Lydier, oder 1) Ascon. in Cic. Verrin. Act. I. cap. 10 sub fin.: — Alii ideo magnos ludos dicfcos putant, quod Conso } consiliorum secretorum deo, id est, Neptuno laticum regi et rerum conditarum et diis magnis, id est, Laribus urbis Romae , dati sunt; quibus aiunt rapt as Sabinas esse. Hier isfc also erstlich nach der gevvohnlichen Vorstelluug Consus mit Neptunus identiiicirt, d. i. der Gott der verborgenen Rathschlage mit dem Gotte des Wassers iiberhaupt und aller verborgenen Dinge; wobei der Scho- liast vielleicht latex von latere (wie Andere, Servius in Aeneid. I. 686.) hergeleitet hat, obschon Xara$ vielleicht das richtige Stammwort ist (L. Doderlein Handb. der lat. Etymologie p. 95.) 5 — zweitens stimmt mit dieser Identificirung der Mythographus Vaticanus I. 191. uberein : „Iste Consus et eques Neptuni dicitur (Man verbessere aus Servius in Aeueid. VIII. 636: et equestris Neptunus d. Letzteres haben auch einige Codd.) Unde etiam in eius honorem Circenses celebrantur. " — Drittens ist zu bemerkeu, dass Martianus Capella a. a. 0. den Neptunus selbst Lar nennt; denn er sagt: „ Neptune Lar omnium cunctalis, weil die Alten glaubten, vom Neptunus kamen alle Binge , cuncta, her; womit die Heirath der Sabinerinnen zusammenhangt , uid iiberhaupt der Grundbe- griff dieses Gottes und seines Dienstes vollendet ist. 2) Jo. Laur. Lydus de magistrate Romm. I. 30. p. 52. spricht vom Namen consul, und fahrt dann fort: Kovaoq yag avxoiq (den Italikern) o IloOftduJV ivof.iia&fi, xgvqiioq avxoiq xcti VTtopQV%ioq, y.al , wq xoiq Ttoirjxcuq tjgeoev f ivvoaiyaioq xcti tvoaiz&wv Qirt 6k y.gvyiov rovxo XeXij&wq, — wo weder mit I'ort — XeXti&ujq, noch mit dxi dh — XeXt]&6q geholfen scheint, wie Fuss epist. ad C. B. Hase p. 19. selbst fiihlte). — Darauf erinnert Lydus an das lateinische condere , iibersetzt Consul durch 6 y.gvxplvovq (wogegen Niebuhr R. G. II, 544. in diesem Namen nur den Begriff collega findet, nach der Analogie von praesul etc. und den dii consentes; Doderlein dagegen, Handb. d. lat. Etymol. 43, das Stammwort von consulere und den Begriff des Berufens der Versammlung) — und sagt zuletzt: Tavry xal xovaovuXia xct iTtTiodoofAiu y.aXovatv ot v.g%ttioi* ijtmiov yug 6 pv&oq xhv Uooiidm'ct Xiyu. ?*, 494 vielmehr sein alterer Gewahrsmann Labeo, auf die rechte Spur hinleiten, und zwar durch die ganz einfache Erkla- rung: , 5 Janus werde Consivius, das heisst der Rathgeber ge- nannt" Naher zum Ziele wird uns fuhren der alt - Hellenische Dienst des Poseidon Phytalmios, Genesios, Genethlios und 1) Jo. Laur. Lyd. de menss. IV. 1. p. 142 Rother: — o jlapmv &uv yqoiv avxov xaXuo&ut 'Ictvov Koatfiiov , xovxiaxi fiovXalov. Diesen Beinamen des Janus Kootflioq oder Kovolfiioq erklart Macrobius Saturn. I. 9: „ Ja- nus Consivius, a conserendo, i. e. a propagine generis humani, quae Jano auctore conseritur." Daher Janus vorzugsweise Vater (pater) genannt wurde, und vom Dichter Septimius angeredet wird: 0 cate rerum sator" (Terentian. Maur. ap. Vossium de Idololatr. II. 16. p. 143.). Weil aber ein Abschreiber des Lydus das aovalpiov mit povXalov nicht reimen konnte, so setzte er im Apograph des Mariui dafiir xovolhov, da es doch in diesem Falle novavXiugiov heissen lniisste. — Horen vvir aber, was Plutarchus in Romulo XIII. 3. vom Consus sagt : 'Slto/ualov xov Oeov Kwvoov* t'lxe fiovXttlov ovxu, xcovatXiov yug ext vvv to ovfifiovXtov xuXouot f v.cd rovq vnaxovq, y.tavaovXaq, olov rigofiovXovq' e%xi tnnnov TLo- ostdo>, wo der Alternativsatz beweiset, dass audi Plutarchus die achte Anschauung uralter Naturreligionen nicht mehr ganz'festzuhalten wusste. — Wir, die wir schon im allgemeinen Theile dieses Buchs (I. p. 56 — 60. 3ter Ausg.) den Janus als ein urspriinglich Asiatisches Wesen kenuen gelernt, als eineh Gott, der bei den Babylonierli als Oannes, bei den Indiern als Vischnu aus den Wassern Lehre und Gesetz heraufbrachte — wir, sage ich, werden hier, wo wir den Consus, wie den Janus gleichmassig als Rathgeber und den ersteren als Wassergott bezeichnet sehen, keinen Anstand nehmen, in diesem Consus einen Narajana, d. h. einen kosmischen Beweger der Gewdsser und Schopfer, aber auch zu- gleich einen verborgenen Berather , in dem Janus aber die Etrurische Form eines gleichen — Gottes anzuerkennen. — Wir stehen hier auf demselben xnythischen Boden, auf welchem wir die Ino-Leukothea fiuden , die an der Quelle Selene (an der Mondquelle) den alten Lacedamoniern Orakel gab (Pausan. Lacon. cap. 26- Plutarch, in Agid. et Cleomen. p. 799 B.), und worauf wir die zehnte Sibylle Al- bunea, von der gleiclmamigen Quelle bei Tibur (Horat. Carmm. I. 7. 12. Lactantius de fals. relig. I. 6. 12. Schol. Platon. p. 61 sq. Ruhnkeu.) antreffen. 495 Patrogeneios. Vom erstern ist schon in den vorhergehenden Erorterungen des Textes selbst gehandelt worden. Der Po- - seidon Genesios (ysveoiog) hatte in Argolis ein Heiligthum, der Genethlios (ysvtdlioq) in Sparta (Pausan. II. 38. 4. III. 15. 7.). Dass dieser Cultus sehr alt war, beweiset seine Zu- ruckfuhrung auf den Stammvater Hellen (Plutarch. Syrapo- siaca VIII. 8. p. 730. p. 1018 Wyttenb.). Die mit diesen Bei- namen verbundenen Vorstellungen bezogen sich zunachst auf 9 die - durch Bewasserung hervorgebrachte Fruchtbarkeit der Weiden und der Saaten. Im wasserlosen Argos waren im Sommer atle Flusse trocken, ausgenommen die in Lerna. Dort sollte Poseidon der Amymone die Quellen gezeigt ha- ben. Daher preiset Aeschylus „Lerna's uppige Wiese u $ auf dem Wege von Lerna am Meere hin ward ein Feld Genesion genannt, und Poseidon genesios hatte dorten eine Capelle *). Dieser Begriff vom Wassergotte hatte sich aber schon im Ursprung der Griechischen Religionen in den des Erzeugers uberhaupt erweitert. Dem Herrn der Feuchtigkeit war wegen der Zeugungs- und Nahrkraft des Wassers der Grand aller Zeugung anheim gegeben 2 ), namentlich auch der Menschen und Volker. „Die vom alten Hellen abstam- men, meldet Plutarchus, opfern dem urvaterlichen Poseidon, glaubend, der Mensch sey aus dem Wesen der Feuchtigkeit entstanden" 3 ). Hier erscheint somit dieser Wassergott als ein allgemeiner Menschenvater , und es ist eine consequente t) Pausan. II. 38. 4. vergl. II. 15. 5. Apollodor; II. 1. 3. 4. Aescliyl. Prometh. 653. vergl. auch Buttmann uber Lerna im Mytholog. II. p. 97 ff., wo (p. 99.) der Schlusssatz steht: dass Amymone und Lerna, als See, Fluss und Quell, Ein zusammenhangendes Gewasser waren." 2) Scholiast. Apollon. II. 3. p. 119 Schafer: revt&Xiov oY q>t}Ot TloauStova dva to deriq yivvt\xiVLOv. 3) Plutarch, a. a. 0.: 01 dk aq>* "LXXqvoq rov nulaiov xul nurgoye- vtt(p Hooeidujvi. &vov(H f ix rrjq vyquq rov ttv&Qwnov ouoiccq (pvvai do&vrtq. Entwickelung des altgriechischen Nationalglaubens, wenn ein Piatonischer Philosoph von diesem Gotte sagt: „Poseidon ist ein intellectueller demiurgischer Gott, welcher die in die Kor- perwelt hinabsteigenden Seelen unter seine Obhut ninmit" und, wie sich aus dem Folgenden ebendaselbst ergiebt, — und der wahrend ihres Leibes-Lebens iiber sie waltet *). Dies lau- tet gerade so , wie wir oben den Zeus als weisen Welt- schopfer und als besten Herrscher von Griechischen Lyrikern besingen horten; wie denn beide Gottheiten zuweilen ihre Naturen und Namen vertauschen, und z. B. der Pelasgische Donner- und Wasscr-Gott und Befruchter bald Poseidon, bald Zeus Pelorios genannt wurde 2 ); und wie denn endlich derselbe Philosoph in weiterer folgerichtiger Entwickelung, die drei Brudergotter Zeus, Poseidon und Hades nach ihrer Weisheit vergleichend von dem mittleren sagt: „dass er Vieles wt'sse. il Hiermit hangen die Mythen von der Athene Hippia und von Poseidon Hippios zusammen. Jene sollte bald die Toch- ter des Zeus und der Okeanide Koryphe, bald des Poseidon von derselben Mutter seyn *). Ein anderer Mythus liess den Meergott Palamon das Haupt des Zeus spalten, und so die in demselben verborgene Athene, d. i. die Geisteskraft, dar- aus hervorspringen s )5 und wie in den Schluchten des Olym- 1) Proclus in Platonis Cratyl. §. 51. p. 91 Boissonad. "Otc IloouSatv iOTL -&eoq votQoq dfj/Ltiovgyixoq not taq ipvxaq xctriouoaq elq %r[V yeveatv vnode%6- pevoq* — Darauf wird das Leben in der Korperwelt ein Poseidonisches tllooudaiviax'q') genannt , weil Poseidon iiber dieses Leben waltet Qtmqo- nevsO, vergi. §. 150. 2) S. oben III. 2. p. 193 — 198. 3ter Ausg. 3) Proclus a. a. 0. §. 162. 4) Cic. de N. D. III. 23. Harpocration in 'AS^va 'Imttu p. 199 Gro- nov. nach Mnaseas. 5) Schol. Pindari Olymp. VII. 66; worauf wir im Capitel von der Pallas-Athene zuriickkommen werden. Hier nur die Erinnerung, dass wir uns auf diesem Punkt im Kreise der Mythen voni Pegasos befinden,' in- 497 pus, oder in den Falten der Gesetzesrollen, enthaltend die Satzungen fur die Natur und fur den Geist, aus der Haut der Ziege Amalthea bereitet, die Regungen des Olynipischen Va- ters sich aus der Hohe offenbaren l ) , so legen sich in den von den Rossen des Meer-Zeus gezogenen Furchen des Mee- res Gedanken und Rathschlage aus der Tiefe dar. Nun haben wir nur noch auf den schon im Obigen beruhr- ten Arkadischen Cerescultus und Mythus einen Blick zu wer- fen, um zum Schluss unserer Erorterung zu koramen. Die Thelpusier nannten ihre Deraeter Erinnys (Furie), weil Po- seidon, als sie ihre vom Hades geraubte Tochter gesucht, und, um Poseidons Zumuthungen zu entgehen, sich in ein weibliches Pferd verwandelt, sie, als mannliches Ross dennoch geschwangert hatte$ worauf sie eine geheimnissvolle Tochter und das Pferd Areion geboren habe 2 ). Die Phigalier nann- ten die Demeter , mit Angabe ahnlicher Umstande , die Schvvarze (Melaena), und ob sie gleich nur von einer Toch- ter als Frucht jener Begattung sprachen , verehrten sie jene Gottin doch unter dem Bild einer Frau rait Pferdekopf und Mahne, ihre Tochter aber nannten sie nichtKora, auch nicht Persephone, sondern Despdna 3 ), deonoiva, d. i. Herrin, Ge- bieterin 5 das ist nichts Anderes als die strenge Beherrscherin der finsteren Meerestiefe 5 wie denn ihre Mutter nicht bios aus Trauer uber die verlorne Tochter, sondern auch aus Unmuth iiber die Gewalt, die sie vom Wasser- und Rosse-Gott Po- seidon Hippios erlitten, das schwarze Gewand angelegt, und dem das wasserliebende Ross, wie die Naturgeschichte der Alten Letz- teres nannte (Aristotel. Hist. Animall. VIII. 24. [23.J p. 394 Schneider.) als beflugeltes Geschopf den Quell der Musen, welche ursprtioglich Was- sernymphen waren, hervorlockt. Aus dem Urelemente, dem Wasser, steigen auch Stimmen und Gedanken auf. 1) S. oben I. Abschnitfc III. p. 36 sq. 3ter Ausg. 2) Pausaii. VIII. 25. 4 — 6. 3) Pausan. VIII. 42. 1 — 3; vergl. VIII. 37. 6. Creuzer's deutsche Schriften. Ill, 2. 30 498 den Namen der Schwarzen [31eXalpi]$) angenommen hatte* — Dass in dicscn Sagen alte Erinnerungen an Ueberschwem- mungen dcr peloponnesischen Kiistenlander und an die wech- selnden Zusrande des dorh'gcn Acker bans enihalten waren, sprechen jene Erzahlungen nicht nur in Erwahnung einer jetzt ziirnenden dann wieder versohnten I) e meter, sondern aneh dcudich aus. indem sie von der Hungersnoth wfesen, welche,, wahrend die trauernde Demeter sich in eine Rohle verborgen, die Mcnschen heimgesucht hatte. Das war jene die Tochter suchende oder jene Dia- Dea, wie sie in den Gebelen und Formeln der italischen Arval-Briider anger u fen , und von vielen Kundigcn, als Ops Consiva oder Consivia, fur den geheimen Schutzgeist der Sladt Rom gehaiten wurde — Aber jene ihre vom Meer- Zeus gezeugte Tochter Despona mirsste Italisch als Regina laticum, als Konigin der Gewasscr, bezeichnet werden, wie ihr Vater Neptunus equestris als Konig derselben (rex lati- cum) wirklich bezeichnet worden ist. Sind wir auf diese Weise zum Romulischen Consus und zu den Con sua lien zuruckgekommen ; so mussen wir jetzt vorziiglich auf die Festperiode sehen, wann sie in Rom ge- feiert wurden. Die Consualia fielen auf den 21. August 2 ) und hingen unmilteibar mit den Volcanalia (am 23sten) und mit 1) Festus in Opima p. 305 ed. Dac. Macrob. Saturn. HI. 9. p. 436 ed. Zeune; verg!. Marini Atti c monumenti de' Fratelli Arvali Vol. I. p. 10 sq. 126. 146. 365. und raeine Anmerk. zu Cic, D. N. D. III. 23. p. 603 sq. ; wonach jene Dia oder Ops Consiva die Italische Ceres des Geiieimdienstes war, iui olfentlicheu Cultus aber als Gattin des Saturnus, mit dem Attribut der Sichel fur die Erde und Erdseele gelialten ward. 2) Varro de L. L. VI. 57. p. 202 ed. Spengel, wo es heisst : Con- sualia dicta a Conso, quod turn feriae publicae ei Deo, et in circo ad aram eius ab sacerdotibus ludi illi quibus virgines Sabinae raptae. — Ueber Letzteres vergl. jnan vorlaufig Roulez Sur la legende de Tenle- veuient des Sabines in der Revue encyclopedique Beige, Tom. V. JuiH. 1834. c ■m 499 Opeconsiva dies (am 25. August) zusammen l ). Das will sagen, dem verborgenen Kmig der Wasser, dem Gotte des Feuers und der fruchtbringenden Mutter Erde brachten die alten Romer innigst verknupfte Huldigungen dar, und verehr- ten im ersten und itn dritten, als den Urhebern des Lebens und der Lebens -Nahrung, zugleich die Schutzgeister ihrer Stadt. Erwagen wir nun , dass auch Janus den Beinamen hatte von Erzeugung und Fortpflanzung des Menschenge- scblechts , und dass er vorzugsweise Voter genannt, aber auch als Rathgeber bezeichnet wurde 2 ), so werden uns nicht allein die obigen Beinamen des Poseidon als genesios, genelh- Iios ? patrogeneios (primigenius) wieder einfallen , sondern wir werden auch schiiessen durfen , dass das Wasser und Fisch- weib Kamasene 3 ) sich zum Janus eben so verhaKen habe, wie Poseidon hippios zur Bea-Bia (zur Ceres) und wie Cen- sus zur Ops consiva , und dass dieser letztere eben sowohl von conserere, vom gemeinsamen Pflanzen und Zeugen, als von condere, verbergen, seinen heiligen (und eben desswegen im Geist alter Religion vielsagenden) Namen hatte $ und wie sonach in der Romischen Stiftungslegende der Raub der 8a- binischen Jungfrauen mit der Festfeier des Consus verknupft werden konnte, da die Romuliden , die Herrn der Welt, und Beherrscher der Menschheit insgesammt, wie sie sich von Anbeginn nach dem Beschluss der kosmischen Ma elite pro- phetisch betrachteten , ihre Ehen mit einem symbol ischen Fraucnraub zu schiiessen pflegten (Virgo rapta e gremio matris). Endlich werden wir nunmehr welter keinen Anstoss iteh- men 5 nachdem wir den Poseidon in seinem kosmischen Wal- ten als denjGrott kemien gelernt, der die in dieses Weltleben 1) Varro a. a. O. vergl. Vetera Kalendaria in Gruteri Thesaur. p. 133. und bei Orelli Inscrr. II. p. 396. und 411. 2) S. oben und daselbst Macrob. Saturn. T. 9. 3) S. I. 1, 3. p. 59 f. 3ter Aqsg. " "32* 500 <*m eingetretenen Merischenseelen unter seine Obhut nimint, — dass er die Gedanken der Menschen wie Wasserbache lenket, ihr Rathgeber aus der Tiefe wird, gleichwie Pallas- Athene als Hippia die Rosse ziigelt , aber auch ate Weisheitsgbttin die schweifenden Willensraeinungen der Menge, und dem Bandiger der wogenden Fluthen und Berather der Romuliden Consus. gleich der Etruskischen Bundesgbttin VoUumna ! ) an die Seite tritt. — Es beruhet auf demselben Grund alter Na- turreligion ? wenn Pelops. inn die Hippodann'a durch den Sieg im Wagenrennen zur Gattin zu gewinnen. entweder der aus den Wassern gebornen Aphrodite opfert, oder in finsterer Nacht allein am Meeresgestade den Poseidon Hippios zu Hulfe ruft 2 ), der sodann, dessen Ehelust begunstigend , als ein Ge- wahrung winkender Zeus (^Zevq kizivevwv) aus der Tiefe der Wasser erscheint 1) S. vorlaufig Syrabolik II. p. 957. 2ter Ausg. und daselbst Lanzi Saggio di Lingua Etrusca II. p. 108. 2) Pindar. Olymp. I. 115 (75.) sqq. rait Boeckh, Tafel und Dissen und daselbst Pausan. V. 13. 4. 501 IV to. Hermes der Wassergeist , der helebende Bildner and Ordner, (Nuchcrag zu §. 17.) Wie Homerus ') den Hermes unmittelbar deui Poseidon folgen lasset : „Auch Poseidon zugleich, der Umuferer; auch Hermeias Folate, der Bringer des Heils, der mit spahendem Geiste geschmuckt war", so enge schliesset sich in einigen Gedankenreihen und My- thenkreisen des AHerthums Hermes an Poseidon an. Um die- ses anzudeuten werden nicht sowohl neue Erorterungen erforderlich seyn, als eine Zusammenstellung der theils in fruheren Capiteln dieser dritten Ausgabe, theils in nachfol- genden der zweiten gegebenen Beweise. Zuvorderst wollen wir uns erinnern, dass es einen Her- mes Trophonios gab, einen Nahrung nnd Weissagung aus dem Schoosse der Erde heraufsendenden Gott der alten Pe- lasger, und dass man ihn in dieser Beziehung Eriunes" 2 ) 1) Iliad. XX. 34 sq. 2) 'Egiovvqq oder igiovvioq, jenes in der augefiihrten Homerischen Sfcelle, dieses auderwarts , auch wohl lqi^&ovi,oq (s. Meletemm. I. 34. vergl. Orion p. 63 Sturz. und Etymol. Gud. p. 208. und Cic. de N. l>. III. 22. mit meiaeu Noteo p. 604 — 608.)- flier bemerke fch noch, dass Homer a. a. O. seinen klugen Geist preiset, uud dass Orpheus Lapid= vs.. 197, einen weisen Verstand voov ioiouvmv nennt. . ^ 502 nannte. Nun wurde aber eine Flussnymphe Herkyna eine Tochter des Trophonios genannt, und sie hatte mil ihin zu Lebadea an der nach ihm genannten Grotte ein genicinschaft- liches Heiligthum , in welchem ihr Bild mit einer Gans in der Hand, also mit dem Attribut eines Wasservogels , aufgesteilt war 5 woruber man- sich mit einem eigenen Mythus trug In denselben Bilderkreis gehoret- die Erzeugung des Pan von Hermes in der Gestait eines Bockes mil Penelope, deren Attribut der andere Wasservogel Penelops feine Ente) ist 3 vvie sie denn noch auf Denkmaiern, besonders Vasenbiidern, in Begleitung dieses Vogels erscheint ingSeichen Aegipan (der -Ziegenbock mit dem Fischschweif), welcher mit Her- mes die dem Zeus vom Typhon ausgeschnittenen Sehnen aus der Korycischen Hohle dureh List entwendet, sie wieder an Zeus Korper befesiigel , und ihm dadnrch seine Kraft wieder- giebt 3 ). Ferner der Seewidder (aries marinus) auf Munzen und in Romischen Feldzeichen eben sowohl des Pan als des Hermes Attribut, zuweilen verbunden mit der Kammmuschei (dem Pectinit), weil Aegipan im Titanenkampf mit Seemn- scheln die Titanen bekampft hatte *). — Fische waren dem Hermes beigegeben: „Zu Pharae (in Achaia) ist auch ein dem Hermes geweihetes Wasser. Des Hermes Wasserfluss 1) Pausan. IX. 39. 2. Liv. XLV. 27 , wo er Juppiter Trophonius heisst * 9 ver'gl. den Text zum Bilderheft p. 60. 2ter Ausg. — Hercyna, i. e. Orcina (K. 0. Miiller Orchom. p. 155.) Gottin der Unterwelt, Gespie- lin der Proserpina, aber auch Quellengottin in der Tiefe der Erdej daher, neben dem Attribut der Gans, auch das der Schlange fiihrend. Vergl. E. Gerhard's An tike Benkmaler p. 32. p. SO sqq. p. 194. und Raoul-Ro- chette Monumni. ineditt. I. p. 21 sq. 2) Herodot. II. 145. Symbolik III. 241 sq. 2ter Ausg. vergl. Th. Pa- nofka riber verlegene Mythen p. 13 sq. mit den Bildertafeln. 3) ApulJodnr. L 6. 3. §. 10. p. 38 Heyn. 4) Hygiu. Poet, astrouom. IF. 28. p. 480 Staver. vergl. Symbol. III. p. 233 sq. 2ter Ausg. wird diese Quelle genannt Die Fische dark fangen sie nicht, wei! sie glauben . diese seyen des Hermes Belustigung." AHgemeiner spricht ein afiderer Autor: ,,Daher (wegen des Einflusses der Gewasser auf die Erdfeste) rnachen auch die ftlythologen die Maia zur Tochter des Atlas, und vvir ver~ n.ehmen 5 dass Mercurius Vorsteher der Gewasser sey ; und aus dieser Ursache werden in seinen Tempe'Jn Queilen gewci- liet, oder Brunnen gegraben" a ). — Hierbei denken wir. bei dieser Maia als Enkelin des Okeanos, dass sie die Ur-Muse war, und als Sanger in und Prophetin erschcini 3 )$ wir den- ken an Hermes - Mercurius , der aus dem Nil us geboren und als guter Geist an dieses Flusses Ufern, aus seinem Gewas- ser aufsteigend die ausgebliebene FJuth verkundigt, worauf dann neuer Segen, neues Gedeihen fur Menschen und Thiere entstehet 4 ). Wir denken endljch liierbei an den pelasgischen Hermes ithyphallikos 5 }: und sagen am Schluss mit den Wor- ten eines gelebjten Kreundes : „ Hermes — war im altgrlechir schen Beg riff seines phaliischen Dienstes ein sonneiikraTtiger, oben und unten z?i Land und zu Wasser gesehaftiger Natur- beweger des Universunis 5 (lessen Weliharmonie im Klang der 1) Pausan. VII. 22. 2. Ich lese nut Valckeuaer : — v.v.X vdfog ttQoy Zoxi rou Eq^iov, Jlg/uov vctftu {.ilv t/J ur^/y ro ovnua, wie auch Clavier in den Text aufgenommen , aber nicht die neuesten Herausgeher | vergi. Diatrib. Euripid. p. 289. 2) Jo. Laur. Lydus p. 238. de meusibus Bother, mit Verweisung auf Varro. S. meine Deutsche Schrifteii (zur Bomischen AHerthumskunde) IV. 1. p. 129, vergl. jetzt E. Gerhard's Abhandluug: Hermes auf Vasen- bilderu p. 1 sqq. *mit Tafel XIX, wo Hermes seiner Mutter Maia eine Schaale reicht. Die 'Nam en sind beigescluiebeu. 3) S. voilaufig Symbol ik II. p. 902. und III. p. 267 sqq. ss wetter Ausgabe. , 4) Cic. d. Nat. Deorr. III. 22. 56. Jo. Laur. Lydus de menss. p. 204 -206 Bother, vergl. Symbolik II. t. p. 287 — 291. 3ter Ausg. 5) Herodot. II. 51. Cic. de N. D. III. 22. mit meinem Excurs p. 604 — 608. und mit meinen Noten %um Plotinus p. 185 ed. Oxen, 504 von ihm erfundenen Lyra fruhzeitig ihr Sinnbild gefunden hatte" •). Wir aber auf unserm Standpunkt und beim Ruckblick auf die eben von uns betrachteten Wesen Poseidon Hippios, Con- sus und Janus, mochten wohl Schwierigkeit linden, einen Unterschied- zwischen ihnen und diesem Hermes -Mercurius auszumitteln 2 ), wenn er nicht etwa darin nachzuweisen ist, dass ini Letzteren als dem Kadniilos die Bedeutung und Ver- richtung des Ordners, Mittlers und Bildners besonders her- vortritt. 1) E. Gerhard Hermes auf Vasenbildern p. 4 sq. vergl. Dessen aus- erlesene Vasenbilder, wo benierkt wird , dass Hermes auch Meer- und Ufergott (&aXuooioq und inaxnotf hiess , und als ein Fischergott vor- gestellt vvurde (s. daselbst p. 73. not. 42.)* 2) und ilm besonders von Janus ^u unterscheiden, dem er als Was- sergeist, als eine ebenmassige Epiphanie von Oannes und Vischnu, als Quelle hieratischer Offenbarung und Priesterweisheit, tn so vielen Punk- ten ahnlicli ist, und mit dem er auch in alten Bildwerken das Doppel- haupt gemein hat (vergl. Symbolik II. p. 894 sq. 2ter Ausg. und I. 1. p. 57 sqq. 3ter Ausg.). 505 ' V. Athene , Aphrodite - Nemesis , Erichthonios. (Nachtrag zu §. 19 — 33.) Zu den alteren Untersuchungen uber diese Gotterwesen l ) sind neuerlich mehrere Monographien gekoimnen, welche ich in den Anmerkungen zu dieser dritten Ausgabe bereits ange- fuhrt habe. Ueber einige muss ich jedoch bier noch nach- traglich berichten und meine Epikrisen beifiigen. Vorerst lege ich das Ergebniss der Schrift Emil Riickert's nach Klausen 2 ) vor 5 und gebe dann in Betreff der ubrigen Ausziige aus meiner Recension in den Munchner gelehrten Anzeigen 3 ) mit mehreren neuen Bemerkungen : >5 AIs Grundgedanken , sagt R. H. Klausen uber Riickert's Schrift 4 ), des Athenedienstes stellt der Verf. die Anbetung 1) Worunter relativ die letzten waren: Felicis Evelii De Minerva sapientiae olim praeside Syntagma mythologico-historicum. Lovanii 1730. und Larcher Memoire sur Venus. Paris 1775. 2) Der Dienst der Athena, nach seinen ortlichen Verhaltnissen dar- gestcllt von Dr. Emil Riickert. Hildburghausen 1829 5 welche Schrift Godofr. Hermann De Graeca Minerva Dissertatio, Lips. 1837, wie wir obeu bemerkt, beifallig angefithrt hat. 3) 1838, io der Auzeige von L. Preller's Demeter und Persephone, P. W. Forchhammer's Hellenika, H. A. Miiller's Panathenaica , Raoul- Rochette's Lettre a M. L. de Klenze, sur une statue de heros Attique and F. Lajard's Recherches sur le culte etc. de Venus. — Nr. 12^-24. 4) In der. Allg, Daruistadter Schulz, 1830, II* nr. 6L p. 492 sqq. 506 der allwailenden gbttlichen Macht , Weisheit und Giite, der gottlichen Vorsehung hin, die man angeschaut habe als die «;ewaltige, hochsinnige , huldreiche Tochter des Hiimnelsherr- schers. Hieraus erklaren sich leicht .die Nainen der Gottin. Dachte man sie einerseits a!s die unbezwungene, wehrhafte, machtvoll schutzende Jungfrau , als Pallas, woran sich ihre Aemter ais Vorkampferin , als Schirmherriu von Burgen, St ad- ten 5 Hafen, die Symbole des Palladion , des Gorgoneion, des Schildes 5 die Lobpreisungen der Ritterlichkeit und in anderer Art die Reinigungen anreihen: so erschien dagegen dieselbe Gottin als Athene, als fdrsorgende Nahrerin (evdijvstv)^ als Erhalterin von Leben und Gesundheit durch Heilquellen und Heilmittel, ja als gutige Pflegemutter, als Segnerin mit aller Fruchtbarkeit von Menschen , Thieren und Pflanzen, als Piie- gerin der Landesdamonen Erichthonios und Sosipolis *) ver- 1) Hwolnohc;. Ob er unter diesem Namen der Athene beigesellt wird, lasse ich auf sich beruhen; ahnlich aber war er dem Erichthonios. Jener Name erscheint zuvorderst auf Miinzen von Gela iiber dem Kopfe des Stiers mit Mensclienhaupt Cbei Burmaun in Dorviil. Sicula X. 4 7 bei Eckhel D. N. V. I. p. 136; vergl. meinen Dionysus p. 278. und tab. III. nr. 3. daselbst, und bei Franz v. Sfcreber in den Abhandll. der Miinchn. Akad. der Wiss. II. 2. ann. 1836. p. 554 sq., wo Dionysos- Acheloos als Sosipolis fur den Gott des Segens, des Ueberflusses und Retter erklart wird.). In Elis war Sosipolis einmal der Ilithyia - Urania beigesellt j womit sich eine Legende verband, wie er als ein in erne Schlange ver- waudelter Knabe die Eleer im Kriege niit den Arkadiern gerettet. (Pau- san. VI. 20. 2 und 3; wozu Bottiger Kl. Schriften I. p. 69. bemerkt: er sey dorten vermuthlicli als Phallus -Gott (Priapus) verehrt worden; so- da nn hatte Sosipolis zu Elis links von dem Heiligthum der Tyche-For- tuna eine Capelle, woselbst er in einem Gemiilde nacii einem Traumge- sicht als ein kleiner Knabe in einem mit Sterneu gestickten Kleid mit einem Fiillhorn in der Hand vorgestellt war (Pausan. VI. 25. 4, s. Raoul- Rochette Peintures antiques ined. p. 194. und p. 222.). Za beiden Stellen des Periegeten bemerkt jetzt Th. Panofka in den Terracotten des konigl. Museums in Berlin 1841. I. 1. p. 7 , dicser Damon Sosipolis sey gleich- bedeutend mit dem Plutos (dem Gott des Reichthmiis), den (nacU dem- ^ 507 ^ bunden mit den chthonischen Gottern Demeter, Persephone, Hades und Hermes — Indein nun diese beiden Betrach- tungsweisen poetisch verknupft werden, erscheint sie als Er- - haherin der goitlichen Ordnung in der Natur, als Besiegerin ihrer Schrecknisse , daher die Titanen uberwaltigend. Geiriass dieser wohhvollenden Milde lasst sie sich auf Belehrung des Mensehen ein, lehrt ihn alle nutzlichen Erfindungen , vora Feueraninachen und den Feuerarbeiten an bis zur Weberei und zum Pflugen 5 daher (?) rait Hephastos und Prometheus zusaramengesiellt, als vorschauende Weisheit. Und wie eine der hochsten Gaben dieser Art der Schiffbau ist, so geleitet die weise, machtige Jungfrau als Wellengebieterin (mit dem Symbol des Seeraben} den SchhTer auf seinen Wegen, wo er nicht minder des klarsten Verstandes als der entschiossen- sten Kuhnheit bedarf, rettet ihn aus Gefahren, wie sie uber- haupt die beste Iletterin ist und fur Alles Rath weiss, empfan- gen von der Metis, aus dem Haupte des Zeus geboren. Daher wird die Tempelhiiterin Pronaa zur Pronda, daher der Etruskisch-Rdmische Name Menerva, die Sinnige. Aber die milde und weise Jungfrau wird auch jedem Beleidiger, sey es ihrer selbst oder der gottlichen Gesetze zur streng rich- tenden Vergelterin, daher durch Suhnungen und Reinigungen versohnt, stellenweise sogar durch Menschenopfer. In dieser selben Pausanias IX. 16. 1.) eiue Statue der Tyclie als Schoosskind in den Arm en Iiielt. Cr. 1> Hierbei mache ich 1) aufmerksam auf die Minerva - Narcaa CA&qvu NuQv.aia), vergl. Ed. Gerhard's Auserl. Vasenbllder p. 137 0 95.); 2) nachtriiglich — auf die Minerva Sciras, welche Derselbe als eine besckattende (von oxiu, der Schatten) mit dem chthonischen Dionysos in Verbiudung bringt. Cebendaselbst p. 137 [196.]; 3) — auf die Minerva Cissaa -CA&qva Kusoutu, die Epheu- Gottin , von einem Schnitzbild dieses Namens auf der Burg zu Epidaurus, Pausan. II. 19. 1, vergl. E. Gerhard ebendas. p. 2 12.). Th. Panofka hat hiernach ein Terracottenbild trefflich crklart, und von dieser tellurisch-bakchischen Minerva lehrreich gehan- delt, zu Taf. VII. und VIII. der Berlin. Terracotten, p. 23 sqq. Cr. HHP 508 vereinigten Majestat aller ihrer Aemter und Eigenschaften thront sie im Himmel neben Zeus als seine Lieblingstochter. und hat unter alien Gottern allein (?) VoIImacht iiber seinen Sturmschild und seine Blitze, wesshalb ihr der Blitzdamon (?) Perseus zugeordnet wird." Der Referent bemerkt mit Recht, dass in dieser Auffas- sung der Pallas- Athene alles Physikalische ausgeschlossen ist, und fahrt darauf in diesem Sinne fort: „— Will man sich aber darauf einlassen , die Entstehung einzelner Gottheiten im Volksglauben nachzuweisen, so scheint es doch unxweifeJhaft, dass keine jener gottlichen Machte zii'r personlichen Indivi- dualist gelangen konnte, ohne sich an eine Naturmacht , die dem menschlichen Auge erschien, anzuschliessen , wo wir denn das Umbilden aus dem durch Zeugnisse und Analogie besta- tigten Pelasgischen Natur dienst zu ethischen , freien , lebe,ndi- gen, personlichen Gottern als den ersten grossen Process der recht eigentlichen Hellenischen Neigung zu plastischer Verkorperung anzusehen haben. Und somit mochte es, um anzuerkennen, dass das Bild der Athene sich aus dem Feuer- dienst entwickelt hat, genugen, wenn wir in der Beschaffenheit ihres Cultus nicht nur nichts dem Widersprechendes , sondern auch einzelne bedeutende Hindeutungen finden, und dass dem Griechen , wenn er das atherische Feuer als Person anschauen wollte, wie er es fortwahrend that T)ei Erde,. Wind und Was- ser, schwerlich dies anders erscheinen konnte, als unter einem solchen Bild." Es ware uberflussig, wenn ich, nach Allem was ich so^- wohl im Allgemeinen Theile dieser dritten Ausgabe, als in dem Capitel von Pallas - Athene auseinandergesetzt habe, etwas Weiteres hinzufugen wollte, als einige dazwischen gelegte Fragezeichen , welche 'bios einige auffallende Satze bezeichnen sollen. Ich fahre also, unmittelbar an die von Klausen angegebene Herleitung des Athene-Cultus ankniipfend, «m 509 mit den angekiindigten Auszugen aus meiner Recension det ubrigen Schriften fort ') : Welcker in der Aeschyl. Trilogie erklarte die Athene als Feuer aus Wasser$ wogegen sich wieder Schwenck in den mythologischen Skizzen (p. 61 sq.) erklart, der, wie einige unter den Alten, die Athene lieber fiir den Aether oder die obere Feuerluft genonnnen wissen will. Wenn dagegen » die Stoiker insgemein das Wesen der Gottheit in der Minerva die Durchdringung des waltenden gottlichen Prineips durch den Aether nennen 2 ") — so ware rait einer solchen Auffas- sungsart doch wenigstens die Vereinigung des Ideellen und Realen fiir die Pallas - Athene gerettet. Damit mdehte aber wieder Gottfried Hermann nicht zufrieden seyn, welcher vom entgegengesetzten Pol aus die reelle Seite dieses Gotterwe- sens ganzlich beseitigend 5 sich peremtorisch also ausdruckt 3 } : Mit tarn us ergo, quae nulla unquam fuitj ruris et agricolarum praesidem Minervam (Y), atque audiamus potius poetas, sta- tuarios, pictores (?) totamque antiquitatem ipsam quae quid denique aliud testatur, quam nuraen consilio man u que promptutn, pacis aeque ac belli artibus praefectum?" Es wer- den darauf ihre standigen Attribute angefuhrt : Helm , Speer, Schild , Aegis mit dem Gorgoneum. — Nun aber hat sie doch auch die Nachteule bei sich stehen? — Antwort: „Alia a poetis accepta, ut noctua, quod ykavxujniq dicta est." Dieses Letzte konnte auch Preller gesagt haben: so sehr passt es in sein System *). 1) S. Miinchn. Gel. Anzeigg. a. a. 0. p. 116 sqq. Zunachsfc liber Forchhammer's Satz (p. 34. vergl. 133 sq.) : Athene sey die Gotfcin der reinen heiteren Luft, welche die erzengende Erde beriihrfc, und ohne die keines ihrer Erzeugnisse Leben und Gedeihen gewinnt. 2) Diogen. Laert. VII. 147. 3) De Graeca Minerva p. 11. 4) Es war namlich im Vorhergehenden bemerkt worden, dass Prel- ler die Mythen von den Poeten machen lasse. Uebrigens wirdman von 510 So bewegt sich also die neueste Mythologie noch immer urn ganz entgegenstehende Pole, und wird auch ferner sich in dieser Richtung bewegen , so lange man sich nicht ent- schliessen wird, vom Anfang anzufangen, und die Wiegen der Griechisch - Italischen Gottheiten da aufzusuchen , wo sie zu finden sind, namlich ini Orient. ') Wenn Forchhammer und Schwenck den Erichthonios als jedes Erzeugniss der Erde im Pfianzen- und Thierreich nehmen, so haben sie, besonders in Betreff des ersten, den Sprachgebrauch seibst auf ihrer Seite, denn Eustathius be- nierkt ausdrucklich, und gerade im Artikel vom Erichthonios als Autochthonen , dass dieser Ausdruck auch von leblosen Erzeugnissen gebraucht werde, und fuhrt ais Beispiel avro~ %9ova kd%ava an 2 ). Dieser Erklarer des Iiomerus findet in den Worten des Dichters: rev.8 ds ^ddajpog dgovQa die Be- zeichnung des Erichthonios als eines Autochthonen, im Gegen- satz gegen Kekrops, den Viele fur einen Einwanderer aus der Fremde hielteu. Diesen Begriff halten auch Forchhammer und Raoul-Rochette 3 ) fest. Daruber sollte aber, wenn von diesem Wesen uberhaupt die Rede ist, nicht vergessen wer« den, dass Erichthonios auch das Vorbild des die Erde aufreis- senden Achermannes ist, und in so fern.dem Worte nach dem *EqvgL%&o)v (yon zqvoj und ##cpV) d. i. dem Erd- Aufreisser, dem Pfliiger, sich gleichstellt \ wie denn der Pflug und der Pflugstier in alter Sprache bQvoiySojv genannt werden 4 ). Im seibst bemerken , wie sehr G. Hermann im Abstrahiren von allem Phy- sikalischen mifc E. Riickert iibereinstimmt. J) Munchn. Gel. Anz. a. a. 0. p. 127 sq. 2) Eustath. in Iliad, B. 546. p. 229. Daraus erkliirl sich ein Witz des Lucianus im Philopseud. 3. p. 3t Wctst. 3) Lettre a M. de Kleuze p. 6. 10 so. 4) Preller Demeter und Persephone p. 331. 511 EtymoK M. *) lesen wir: EasxSzvg 6 Eoix$6viog xakov^evoq aito too eciitaodai elg rt)v epav 2 ) ? rj 7tapa to f(?a'xw, Eqz- X&svg xvqiov, 7tapa to Siav/lcai clvtov tjjv yi]v, worin die Beschreibung des die Erde aufreissenden , pflugenden Feld- bauers deutlich vorliegt. %&6mag, ipix&dviog und egiovviog sind Synonyma , und Erichthonios nahert sich aueh im BegrM den Eriunischen Gottern Hermes, Hades -PJuton und Perse- phone 3 ) $ und so sind alle diese Wesen in den Begriffen und Anschauungen von unterirdisehcn, den cerealischen Reichthum heraufsendenden Machten, aber auch von Todesgottheiten mit einander verwandt. *) ? ,Huc referendas esse videtur locus Philochori 5 ) ; %oqoq dh Sv devT&oa 1 bg ye x,aX tov xaTa'tdovTct to £&og Qcou $akko(fOQ£iv^ 'Eqlx^ovlov avviOTijGiv. — Itaque legendum esse censeo: xaTa&svTa." Das vom Verf. veranderte Wort hat auch Phavorinus ? und Siebeiis lasst es ohne weiteres stehen: lch lese: tov xataidovvTa. Zonaras Lex. gr. p. 1175. vergl. 1174: xaraideoq (Cod. A. xardideose) dfy'ovg aedovg naga- oxevdoTf] (Cod. k.—osi). Das Wort konunt beim Plutarchus (s. Wyttenb. Ind. Plut. p. 859.) u, A. vor. Der Sinn ist demgemass : Philochorus habe den Erichthonios a Is den vorgestellt, der dem Gebrauch der Thallophorie Ehrfurcht verschafft (ihn zuin Gegenstande reh'gioser Achtung geinacht) habe. Weiter be- 1) p. 336 Lips. p. 371 Heidelb. 2) Etymol. Gud. p. 207. hat cctco rou tnug&cci dq %t\v I'quv, o ioxi %r[v yi ]V . Es ist wohl in Beiden zu lesen: ionciQ&cu. 3) 8. Nikander beim Antonin. Liberal. XXV. p. 16G Verb, und ver- gleiche oben Nachtrag IV b. 4) H. A. Mulleri Panathenaica p. 24. not. 5, vergl. Miinchn. gel. Anz. p. 171. 5) A p. Schol. Aristophan. Vesp. 54?. Man vergl. Philochori Fragg. ed. Leuz efc Siebeiis p. 25. 512 *m merkt der Verf. \ dass Erichthonios fast von alien Schriftstel- lern als der Stifter der Panathenaeen genannt werde, d. h. Erechtheus, denn Kallimachus nahm beide Namen fur iden- tisch *). Homerus selbst braucht an diesen Stellen den letz- teren Namen. Das altere Lied aber oder die Sage, welche dieser Dichter vor sich hatte, wusste von einem Unterschied dieser Namen sicher nichts. Umgestaltungen der Form des Erichthonios 2 ): A el teste Form : Erichthonios als heilige Hausschlange der Athena [oixovQog dpaxcoi/). Ich erinnere dabei an die Art, wie die Geburtsiegende selbst diese Form aufbehalten hatte 3 ). Daher die goldenen Schlangen als Amulete am Halse neugeborner Kinder und das Bild einer Schlange zu den Fussen der Pal- las - Athene auf Athenischen Munzen , oder auch urn einen Oelbaum, vor welchem diese Gottin stent, gewunderi — Zweite Form : Erichthonios dargestellt als halb Mensch , halb Schlange s ). — Dritte Umgestaltung , analog der bei andern ahnlichen Figuren eingetretenen Verschdnerung durch die gelauterte Kunst: Erichthonios wird als ein schones Kind oder als jugendlicher Heros in rein menschlicher Bildung dargestellt. Hierbei fuhrt B.-R. die verschiedenen Vasenge- 1) S. Schol. in Iliad. B. 517. p. 84 ed. Imm. Bekker. 2) Raoul - Rochette Lettre a M. de Klenze p. 12, vergleiche a. a. 0. p. 179. 3) Hygin. Poet, astrora. II. 13. p. 447 Staver : „Anguis autem ad Minervae clypeum confugit, et ab ea est educatus." 4) Man s. Stuart's Alterth. von Athen XXVI. Taf. XII. ni\ 2. der Deutsch. Ausg. 5) av&Qomoq dQaxovxonovq , PQf'cpoq dQuxovroitde'q , puer draconteis pedi- bus. Hierbei Modificationen : Die Schlange fangt erst uuter den Knien an, wie in der neulich zu Athen entdeckten Statue , oder Mensch und Schlange laufen in dem ganzen Untertheile des Menschen , wie bei den Giganten, in eiuander, auch wohl gefliigelt, wie auf einer Attischen Lecythus, bei v. Stackelberg Graber der Griechen, Taf. XV. ei Andern 5 — hier, nach Guign. XCIH. nr. 347. Nr. 43. Buste des Hermes mit dem Hut auf dem Kopfe, eines der vollkommneren Werke des Alterthums, in einer Englischen Sammlung, vergl. Winckelmann's Werke zweit. Dresdn. Ausg. IV. Taf. 7 a 5 ~ hier, nach Hirt Bilderbuch fur Mythologie, Archaol. und Kunst Taf, VIII. nr. 1. Nr. 44. Hermes Kerdoos, als Knabe mit Flugelchen zwischen den lockigen Haaren, mit kurzer lederner Tunica bekleidet , einen Beutel in der linken Hand , den rechten Zei- gefinger gegen das Kinn haltend (die Gebarde des Still- schweigens uber den erworbenen Gewinn) mit schalkhaft lachelnder Miene, nach dera Museo Pio- Clement. I. 5. (auch bei Bouillon II. pi. 2. nr. 5; bei Clarac Musee de Sculpture pi. 655. nr. 1507 5 bei Guigniaut CVI. nr. 420. und in Midler's und Oesterleys Denkmra. der Mytholog. nr. 313.); hier, nach Hirt a. a. 0. VIII. 2. Nr. 45. Hermes als Ephebos Qm ausgebildeten Jugend- alter) auf einer Gemme (bei Lippert Daktyliothek nr. 329, Copie des beruhmten Antinous (LantinJ von Belvedere, den Visconti aber als Hermes erkannt hat, im Mus. Pio- Clement. I. 7.) — nach Hirt a. a. 0. VIIL 4. Nr. 46. Der sitzende Hermes, vortreffiiche Erzstatue aus Herculanum im Museo Borbonioo III. 41$ ~ hier, nach Hirt a. a., 0. VIII. 3. Nr. 47. Hermes als Opferanrichter , einen Widder fuh-» rend mit der Patera (Opferschaale zum Trankopfer, vergl. K. 0. Muller Hndb. d. Archaol. d. K. p. 563. nr. 1.). Relief an einem Candelaber im Mus. Pio-Clem. IV. 4; — hier, nach Hirt a. a. 0. Villi 5. Nr. 48. Hermes, mit dem rechten erhobenen Zeigefmger, nachsinnend; vor ihm ein Hahn, auf einer schonen Gemme Strozzi; •** nach Hirt a. a. 0. VIII.- 6. Nr. 49. Hermes alten Styls, bartig mit Fliigeln an den Fiissen, mit dem Kerykeion (Heroldstab) in der Hand ofter; vergl. K. 0. Muller Handb. d. A. d. K. p. 559. nr. 4.); nach Hirt a. a. 0. VIII. 7. Nr. 50. Hermes Seelenfuhrer (Psychopompos) , die ge- fliigelte Psyche fiber die Styx tragend (wie ofter , s. Muller . Handb. p. 564. nr. 4.), auf einem Capitolinischen Kelief: — nach Hirt a. & 0. VIII. 8. Nr. 51. Hermes, einen Widder fuhrend und einen Korb mit Blumen und Fruchten tragend. Ueber der Scene Silenos oder Pan in halber Figur, auf einer Vase bei Mill in Peintures de vases I. 51. (Anmerk.: Wegen des vermutheten Pan, und wegen der auf des Gefrisses anderer Seite erscheincnden Frau, Penelope, halt Pan of k a Ueber verlegene Mythen p. 12 — 14, vergl. dazu Tafel IV. 1, dieses Vasenbiid fur eine Andeutung auf den von Hermes mit der Penelope erzengten Pan; vergl. 527 Herodot. II. 145. und Symbolik III. p. 241 244. 2ter Ausg.) ; — nach Guigniaut pi. CVI. nr. 422. Nr. 52. Hermes als Ephebos mit umgeschlagenem Man- tel und Stirnband mit dem Kerykeion, seiner gegen uberste- henden Mutter Maja eine Schaale darreichend; Vasenbild auf einer Hydria mit schwarzen Figuren auf weissem Grunde, vormals dem Herrn Feoli in Rom gehorig, mit verstummelten und verderbten Namen der beiden Gottheiten 3 — nach E. Ger- hard's Auserlesenen Vasenbildern Taf. XIX. 1 5 und dazu der Herausgeber. Nr. 53. Hermes Nomios (der Heerdengott) durch Hut und Chlamys, Heroldstab und Fussbeflugelung als Gotterbote bezeichnet. Der Stab des Hirten und des Herolds ragt nur mussig hinter dem Mantel hervor, und die erhobene Linke genugt zum Antrieb der folgsam durch vier Widder ange- deuteten Heerde. Der rechts angedeutete Fels soli die Grotte bezeichnen, zu weJcher Hermes die Heerde heimfuhret. Leky- thos (Balsamgefass) aus Aegina oder Athen, im Besitz des Herrn v. Klenze in Munchen; — nach Gerhard ebendaselbst, Taf. XIX. 2. mit Dessen Beschreibung. Nr. 54. Statue der Vesta mit einem pfeilerartigen Ge- wand, altgriechisches Werk mit idealisirendem Haupte, ausser den Lippen und Augenliedern , in der Sammlung Giustiniani (Gal. Giust. I. 17.) bisher als Vestalin bezeichnet, aber von Hirt zuerst als Hestia selbst erkannt. In Winckelmann's Werken VII. Taf. IV. lit. B , vergl. die Herausgeber dazu VII. p. 311 sq. 2ter Dresdn. Ausg.5 — hier mitgetheilt aus Hirt's Bilderb. fur Mytholog. Archaolog. und Kunst I. Taf. VIII. nr. 10. (vergl. dazu Dessen Text p. 70 sq. (Anmerk.: Der Kopf die- ser Statue verdient mit dem Kopfe der Hestia auf der Schale des Sosias, wo Usance beigeschrieben ist, Monumm. dell' In- stitut. archeol. Tav. 24, verglichen zu werden.) Nr. 55. Biiste der Vesta, im Museo Capitolino, nach Hirt a. a. 0. Taf. VIII; nr. 9. 528 ^ INr. 56. Sitzende Vesta mit verschleiertem Hinterkopfe, wie immer, init dem Scepter ira Arm, mit dem Palladium auf der andern Hand 5 nach Munzen$ — bei Hirt a. a. 0. Taf. VIII. nr. 11. Nr. 57. Stehende Vesta mit dem Scepter in der einen, mit der Lampe in der andern Hand; nach Munzen; — bei Hirt a. a. 0. VIII. 12. Nr. 58. Lampe mit einem Eselskopf (Anspielung auf die durch den Esel des Silenus gerettete Keuschheit der Hestia, s. vorlaufig Symbolik III. p. 211 sq. 2ter Ausg.; nach einem Denkmal in der Villa Borghese; — bei Hirt a. a. 0. VIII. 13. m 4 ; JP* STeuiites Capitel. Alt-Italische Religion en. Einleitung. ie Abstammung der Religionen Italiens zmn Theii aus Pelasgischem Cultus, so wie den fortdauernden Einfluss Grie- chischer Begriffe darauf, haben wir oben und zunachst ira vorhergehenden Capitel zu bemerken Gelegenheit gehabt Allein wegen ihres so eigenthumlichen Geistes, und weii sie zum Theil auch aus anderen als Griechischen QuelJen gellos- sen, verdienen sie eine besondere Betrachtung} wozu wir hier einen kurzen Abriss entwerfen wollen. Quellen. Unter den altesten Griechischen Logographen werden Italier genannt, wie z. B. Theagenes und Hippys von Rhegium und Antiochus von Syracus *). Hernach haben viele Griechische Historiker diesem Lande ihre Aufmerksanikeit ge- schenkt, Callias, Alcimus und die besonders ausgezeiehneten - 1) Vergl. Goller de Situ efc Origine Syracusaruni , Lips. 18 tS Prooem. p. VIII sqq. Crtuzer's deutsche Scliriften. III. 3. 34 Tiraaus und Philistus l ). ISainentlich uber die Etrusker hat- ten grosse Schriftsteller der Grieehen, wie Aristoteles, Theo- phrastus, Chrysippus, anch Dorotheus, Myrsilus von Lesbos, Alexander Polyhistor und mehrere Andere geschrieben. Hierzu kominen viele von den noeh vorhandenen von Herodotus an bis auf Johannes Lydus herab, worunler besonders Dionysius von Halicarnass und Plutarch us genannt werden mussen. Un- ter den Rbmern sind zu merken die Origines des Porcius Cato, deren Fragmente wir mit denen der ubrigen Annalisten, des Fabius Pictor, Cincius Aliment us und mehrerer Anderer, bei den Schriftstellern zerstreul, und zum Theil gesammelt bei raehreren Ausgaben des Sallustius finden. Ueber Etrurien hatten Mehrere und auch Claudius Casar ein Werk von zwan- zig Biichern geschrieben. Von den noch ganz oder zum Theil erhaltenen Werken sind wichtig die Biicher des Varro de Lingua Latina und de Re rustica; die Schriften des Cicero, Livius und fast alier Romischen Schriftsteller, besonders des Plinius Hist, natur., des Seneca Quaest. natur. Unter den Dichtern vorzuglich die Fasti des Ovidius und die Gedichte des Virgilius , welche so nianche Anspielungen auf Italische Mythen enthalten$ womit die alten Ausleger dieses Dichters, Servius, Probus und die Grammatiker Festus u. s. w. zu ver- gleichen sind. — Unter den Neueren haben besonders Etru- riens Staatsverfassung , Handel, Religionen und Denkmale viele Bearbeiter gefunden, bekanntlich von sehr ungleichem Sinn und Erfolg. Schriften der fruheren sind zum Theil in den Thesauren von Gravius u. s. w. gesammelt 5 auch die Englischen Verfasser der allgemeinen Welthistorie und deren Deutsche Bearbeiter 2 ) verdienen hier genannt zu werden. 1) Bruclistiicke ihrer Werke s. bei Goller in der angefuhrten Schrift p. 145 sqq. p. 209 sqq. 2) Im dritten Theile der Erlauterungsschriften und Zusatze zur all- gem. Welthisfc. p. 4-3 — 180. (zvveite Abth.). — Vorzuglich auch Chr. D. Becks Allg. Welt- u. Volkergesch. 533 Ferner Dempster, Gori, Passeri und mehrere andere Anban- ger des sogenannten Toscanischen Systems_, vorzuglich aber der gelehrte und kritische Lanzi, wegen seiner eigenen Schrif- ten sowohl, als wegen der Beitrage zu den Abhandlungen der Academie von Cortona, und Micali wegen seines neuer- iich erschienenen Werks: L'ltalia avanti il dominio dei Ro- mani, Florenz 1810, vier Bande mit einem Kupferband Unter den Deutschen vorzuglich Heyne in mehreren Abhand- lungen, die wir bei einigen Satzen anzufuhren Gelegenheit haben werden, der aUgeraeineren Werke von Winckelmann und Andern nicht zu gedenken. Eine gedrangte Zusammen- stellung, besonders der Heyne'schen Resultate, giebt die Schrift von Spangenberg de veteris Latii religionibus domesti- cis, Gotting. 1806. Auch sind zu berucksichtigen alt-Italische, besonders Etrurische Bildwerke und Denkmale, die jedoch wegen der leichten Verwechselung mit alt-Griechischen viele Schwierigkeiten darbieten. Ein Blick auf die historischen Epochen des alien Italtens, zumal Etruriens, kann urn so weniger uberflussig scheinen, da er erst die anschauliche Ueberzeugung giebt, wie in diesen Mischungen und Wanderungen der Volker auch die religiosen Institute nichts anders als ein gemischtes Ganze werden konn- ten. Hier also die Hauptsatze: Physische Revolutionen des 1) Woinit aber folgende Schrift von Francesco Inghirami verbun- den werden muss, die eine grossentheils scharfe Kritik des Micalischeu Werkes und besonders des Kupferbandes enthalt: Osservazioni sopra i Monumenti Autichi uniti all opera intitolata l'ltalia avanti il dominio de' Romani. In Firenze 1811. fSeitdem ist von MicaWs Werk eine neue durch und durch verbesserte und mit wichtigen Denkmalern ausserordent- lich bereicherte Ausgabe unter dem Titel: Storia degli antichi popoli Italiani 1832 in drei Banden ersehienen. — Vorher war erschienen von Francesco Inghirami Monumenti Etruschi o di Etrusco norne; 7 Bande mit Kupfern. Ueber diese und andere neuere Werke, die antiken Monu- mente Italiens betreffend , s. jetzt K. O. Miiller's Handbuch der Archaolo- gie der Kunst §. 178 sqq. p. 186 sqq. 2ter Ausg.] 34* ' ^ 534 alten Itaiiens und die Losreissung 8iciliens vom Continent, uach den Stellen des Justinus (lib. IV. cap. 1.), wovon die letzterc ganz gewiss aus Theopompus genommen ist , welcher grosse Geschichtschreiber gegen die Verunglimpfung von Slrabo iiber diese Parthien seiner Werke gewiss Rechtfer- tilling verdient '). Die neueren Untei .uchungen von Dolo- mieu, Niebuhr und Andern, und Schliisse daraus fiir die Re- 1 ig ton sg es e h i c h t e der Itaiischen Volker. Mythische Traditio- nen von den Indigetes, Aborigines; von den altesten Pflan- zern aus der Fremde, Hercules, Jason, Dioraedes, Ulysses. Antenor, Aeneas. Standpunkt zur Reurtheilung derselben (vergl. Micali l'ltalia avanti il dom. d. Rom. I. p. 33 — 37. p. 49.). Angeblich alteste Einwohner: Umbrer, Siculer, Au- soner, und ihre Sitze. Erste Pelasgische Colonic unter Oeno- frus xmd Peucetius (Aristotel. Pol it. VII. 10. Dionys. Halic. l> 30.) vor Chr. Geh. 1643. und Einfluss derselben. Zweite Colonie von Pelasgern und Hellenen unter dem Arcadier Evander in Ober- und Mittelil alien, 1539 v. Chr. Geb. (Lar- ch er Chron. p. 570.). Die Siculer verlassen Italien, 1370 vor Chr. Geb. (ibid. p. 575.). Hieran schliesst sich nun zunachst die Hellenische Colonie unter Hercules an, darauf die Troja- nische unter Aeneas, Diomedes, Antenor, gegen 1177 vor Chr. Geb. *). Wohnsitze dieser Pflanzer. Ankunft der Ra- 1) Einen Tlieil dieser Rechtfert.igung liabe ich versucht in der Prae- fatio ad Ephori Fragmm. ed. JVf. Marx. p. VII sqq. 2) Die Erzablung von der T roiscben Niederlassung in Latium achtefc Niebuhr (Rom. Gescb.I. p. 135 f.) fiir eine einheimiscke Nationalsage, welcbe man nicht strenger als irgeud einen andern Unistand der myfchi- scben Zeit verwerfen konne. Mit Recht machfc er hier aufmerksam auf die der Romiscben Religion eigentlich angehdrende Verehrung der Pena- fen zsu Laviuiuin, an die von den altesten Zeiten an, wo man alles Fremde und Griecbische verabscheuete, Troiscbe Sagen gekniipft waren. Timaus batfce von den Laviniensern gehdrt, dass Troische thonarne Wi- der (die Penaten) in ihrer Stadt aufbevvabrt warden 5 s. Dionys. Hal. R. A, I. 67. Auch Wacbsmuth (Aeltere Rom. Gesch. p. 104 sqq.) stimmt senner aus GalJien uber die Alpen her ; und Revolufionen, die sie in Kalien bewirkten, gegen 1000 vor Chr. Geb. 'Die Ab- sendung von zwolf Etrurischen Coloniennaeh Campanien. gegen 800 vor Chr. Geb. Vermischung der Carapaner, Volsker und Kidenater rait den Samnitern jind Ausoniern, gegen 418 vor Chr. Geb. Ein Blick auf die alten Etrnsker ($. Heyne de fafoull. graece. ab Etrusca arte freqq. in den Commentt. Soc. Scient. Gott. Tom. Ill — VII. vergl. Lanzi Saggio di Lingua Etrusca 111. p. 171 sqq. und jetzt Micali I. p. 90 sqq.). Mischung dieser Nation: aus Ligurern und Siculern, lberischen Si am- ines, aus Urabrern und aus Gallischen Rasennern. endlieli aus Pelasgern, und zuletzt aus 12 el I en en. Verfassung: die Eidgenossenschaft der zwolf Etrurischen Stadte, jede unler ill rem Lucumo, zuweilen alle unter einem Oberhaupte. doch ohne monarchische Gewalt Der Bundestag zu Vulsinii Niebuhrn bei , dass die Sage von der Ankunft des Aeneas und der Ab- stammung des Romulus aus seinern Geschlecht nicht Griechtsch sey 5 dass sie inlandisch sey, werde durcb das Benehmen der Griechen seiber wahrscheinlich. Hiermit sind nun die Untersuchuugen von Raoul Rochettt; Hist. d. Colonies Grecques IT. p. 295. 354 sqq. p. 362 sqq. zu vergleichen. 1) Niebuhr (Rom. Gescb. I. p. 77 sqq. [p. 136 sq. 3ter Ausg.]) sucht die Namen dieser zwolf Stadte, welcbe als die souveranen Beherrsche- rinnen des iibrigen Landes verbiindet vvaren , nirgends aber namentliclt verzeiebnet werden, zu bestimmen. Die in dem Umfang des Gebiets einer jeden derselben liegenden kleineren Stadte vvaren von dieser theils als Colonien abhangig, theils ibr aucb voJlig untertban (ebeudas. p. 79.). Denn es wareu die alten Einwohner, vvelche durch Eroberung in diese Abhaugigkeit geriethen. Dalier die Menge der ClienteD, so wie des Adels, und daher vvohl scbvverlicb dort ein freier Volksstand , wie die Romische Plebs; daruin keine Volksgemeinden oder Rathsversammlungeu, sondern blosse Zusammenkunfte der Magnaten, der, Haupter des Landes. welcbe die wicbtigsten Beschliisse abf'assten. So und nicht im Sinne wirklicb freier VoJker babe man sich die Zusammenkunfte am Tempel der Voltumna vorzustellen. Jene Grossen Etruriens waren eine streit- bare Priestercaste , Lucumonen , d. i. Besessene, Begeisterte oder jLiclit- 5;i6 (Bolsena) im Tempel der Voltumna (Livius IV. 23. V. 17. Dionys. Hal. III. 61/). Luge dieses Staats in der guten Zeit. Bliihender Handel im Tyrrhenischen und Ionischen Meere, ja selbst im Archipelagus (vergl. Niebnhr Rom. Gesch. I. p. 85 f.). Hierbei Erorterung der Hauptfrage : 1st Etrurien durch Lydier aus Kleinasien cultivirt worden oder nicht? Diese Colonie ist den Angaben nach 1344 vor Chr. Geb. ge- griindet worden). Grosse Auctoritaten unter den Alten, fiir (Herodotus I. 94. Timaus beim Tertullianus de Spect. cap. 5.) und gegen (Xanthus und Dionysius von Halicarnass 5 s. meine Anmerk. zu den Fragmm. des Xanthus p. 152 sqq.). Daher auch grosse Verschiedenheit unter den neueren Schriftstellern (s. ebendas.). Fur die negative Meinung erklart sich Nie- mand bestimmter als jetzt Micali (s. I. p. 160.). Momente zur Beurtheilung dieses Streits, wobei z. B. die Nachrichten von den Kunsten der Lydier und Etrusker, von der Metallur- gie u. s. w. sehr in Anschlag zu bringen sind. Der Ursprung des Namens der Nation wird nach jenem Ja und Nein zum Theil beurtheilt. Angeblicher Tyrrhenus. Tyrrhener. Die un- wahrscheinliche Erklarung aus Tursio (die Deiphinmanner) nach Bochart wurde oben III. Th. p. 268 3. A. beruhrt. Anderer- seits: Tyrrheni, Tusci, Etrusci, nur verschiedene Formen Eines Stainm worts 5 Turaseni von jenen Gallischen Raseni (Heyne). Oder der wahre Name war Rhdtier , von Resan, einem ihrer Anfuhrer (v. Mullers Allgemeine Gesch. I. p. 51.) *). Auf priester (s. oben I. Th. p. 351 f. 2. A., vgl.II. p. 492. 3. A.) genannt, alinlich den Romisclien Patriciern, welche mit eben solchem Rechte Lucumonen (weil ja dieser Name Name ihrer Caste, nichfc der, allerdings aus ihnen stam- menden Kcinige, gewesen) genannt werden konnten (s. p. 80. 81.). Die Nachricht von einem gemeinschaft lichen Konige beruht nach Nie- buhr (p. 83.) auf einer Sage; bloss einzelne Volker wurden von Konigen belierrscht. Uebrigens war das Band der Confoderation sehr lose , und verhinderte bloss Kriege der einzelnen Volkerschaften 4juter einander. 1) Die Namen Tusker, Etrusker, Tyrrhener, sagt Niebuhr v (Rom. Gesch. I. p. 66 sqq.), seyen diesem Volke selbst fremd gewesen, es habe jeden Fall waren die Etrurier in einer ihrer Hauptwurzeln nordischen (viellei'cht Gallischen) Ursprungs. Mischung des sicli Rasena genannt. Es sey aber dieses Volk, welches als Sieger der aiteren Umbrer und anderer Volker des Landes das eigentiiche Etrtirien bewohnt, desselben Geschlechts mit den Rhatiern und audereu AJpen- volkern. Rhiitien war das urspriingliche Vaterlaud des Etruscischen Vol- kes, von dem es sich zue-rsl in Oberitalien und dann audi iiber die Appennineu ausbreitete (s. p. 70 f. 73 f.). Vorher jedoch, in uralter Zeir, setzfc er hinzu, hatten ohne Zweifel die Umbrer, das alteste Volk Ha- liens, cine viel weitlauftigere Landschaft und den grossten Theil dei Gegenden inne, welche die Etrusker in der Fulle ilirer Macht besasseir Sehlegel (Heidelbb. Jahrbb. 18 LG. Nr. 54. p. 854.) hiugegen widerspricht der Niebuhrschen Angabe-, und lindet in dem Namen Turseni den des Volkes selbst, welchen die Gfriechen so von ihnen gehort, uamlich Tusci von &u£iv, gleichsam Opferer , Opferpriester. Wachsmuth (Aeltere Rom. Gesch. p. 81 sq. [p. 140 sqq. 3ter Ausg.]) uimmt den Namen Rasena fiir den inlandischen Namen des Volkes^ nach Dionysius Hal. I. 30. an^ wel- eher Name auf die Rhdtier , Hire Verwandte oder Abkommlinge, fiihre. — Hier entsteht nun die Frage, die auch Wachsmuth a. a. O. zu en'ir- teru gesucht hat, ob die Etrusker Stammvolk und mithin die Friiheren, oder umgekehrt die Rhatier Stammvolk seyen; fur die Einwanderung ins Gebirge sprachen, ausser Anderem, die Ueberreste Etruscischer Kunst in Rhatien, die man nicht einem rauhen Bergvolke , wie die Etrusker vor ihrem Ausbruche in die Ebene hatten seyn miissen, sondern eineni in der Ebene gebildeten zuschreibeu konne. — Mone , dem Deutschen System huldigend, will bei den Tusciern an die nordischen Thursetty Riesen, und an die Gotter Tyr und Titisko gedacht wissen. Hierbei kommt ihm Zoega zu Hulfe, der in den von Welcker herausgegebenem /Vbhandlungen p. 327. sagt: „Dass z. B. Tusker dasselbe Wort sey, als Theotisker, stehe ich nicht sehr an zu glauben , indem ich auch sehe, dass in der Danischen Mundart die Deutschen noch heute mit einem Na- men benannt werden, der von Tusker nicht mehr verschieden ist als y von w. w Vorher hatte derselbe Gelehrte dem vou Mehreren behaupteten Satze Beifall gegeben, dass die Autochthouen von Italien Vervvandte der Theotisker tDeutscheu) seyen. Den Zusammenhang der Mittelitalischec Etrusker mit den Rhatiern haben Miiller in der Schwcizergeschichte I. Bd = Cap: 5. und v. Hormayr in der Geschichte von Tyrol I. p. 26. und p. 127 sqq. nachzuweisen gesucht. Man vergl. auch Vater in Adelungs Mithridates If. p. 455 sqq. 538 Etrurischen Grundstamms (vergl. Micali I. p. 215 sqq.) 1) sehr fruh durch Pelasger, die unter ihnen s ass en ; 2) durch die Abfuhrung der zwolf Colonien unter die Griechen in Campa- men (s. oben): 3) durch spatere Colonialziige dieses Volkes- nach Unleritaiien und Sicilien, wo sie wieder unter Griechen kainen Qregen 744 vor Chr. Geb.). Untergang der Etruri- schen Colonien in Campanien (gegen 424 — 428 vor Chr. Geb. Synchronismus: der Peloponnesische Krieg und hochste Stufe der Kunst im Griechischen Mntteriande). Unterwerfung des Etrurischen Staats unter die Romer (gegen 280 v. Chr. Geb. im Jahre Boms 474.). Aus dieser historischen Uebersicht nun ergeben sich fur unsere Betraehtung folgende Schlusse: In dem religiosen I) en ken . in der Mythik und Symbolik der italischen Volker Jagen ungezweifelt sehr verschiedene Ele- ments , unter denen namentlich die nordischen (Gallischen, Germanischen), PeJasgischen und alt-Hellenischen hervortre- ten mussten; und die fortdauernden Einwirkungen der Grie- chen ausscrten auf sie alle grossen Einfluss. Kur die richtige Beurtheilung der Italischen Mylhologie und Kunst ist besonders die Beantwortung der Frage von Wichtigkeit, in wie fern Griechische Religion und religiose Bildnerei darauf Einfluss gehabt. Die Bestrebungen der Tos- canischen Geiehrten- bis in die Mitte des achtzehnten Jahr- hunderts sind bekannt. Sie batten die Absicht , Religion und Cultur der Etrusker vorziiglich unabhangig von A Hem. was Griechisch heisst, recht hoch zu stellen. Luigi Lanzi hat die Bahn gebrochen, und die Vorherrschaft der Griechischen My- thologie und Sprache in den Etrurischen Denkraalen erwiesen. Heyne, der in seinen Abhandlungen fiber das Etruscische Afterthurh noch sehr schwankte, und noch viele nation ale und ursprungliche Mylhen den alten Jtaliern zueignele (man sehe den funften Excurs zur Acneide drjtter Ausg. ]). 152 sqq. — wonach auch Spangen bergs Sen rift de Reljgg. Lat. do- mesticc. beurtheilt werden muss), gab doch in den ietzten Jahren. wie ich aus seinen Briefen wciss, viele jener Vor- 539 stellungen auf, und zollte dem scharf sondernden Lanzi vollen Beifall (man vevgl. auch Lanzi's Difesa del Saggio di Lingua Etrusca §. XXI.). In dieser Ueberzeugung vereinigten sich auch die ersten Alterthumsforscher verschiedener Lander, wie Eckhel, Barthelemy, Fabbroni, Morelli, Marini, E. Q. Vis- conti und Andere (Difesa a. a. 0. und Museo Pio-Clement. Tom. VI. p. 83.). Man kann jetzt diese Ansicht als die in Deutschland herrschende betrachten (man vergl. nur Bottigers Andeutungen zur Archaologie pi 27.), ausser dass ganz neu- erlich wieder mehrere Gelehrte die Aufmerksamkeit auf die nordische Abkunft Etrurischer Siamme gelenkt haben; wo von nachher. Inghirami, der dem Micali vorwirft , er habe sofort fur national Etrurische Mythen ausgegeben, was er nicht zu erklaren verstanden (Osservazioni p. 179.), schliesst sich gleichfalls ganz an Lanzi an , und sagt unter Anderem (eben- daselbst p. 123): .. Ammettendo l'antica yenufa di colonie Greche in Italia non possiamo rigettar dagli Etruschi la cogni- zione della Greca Mitologia e vedendonla rappresentata co- stantemente ne' monumenti anche i piii an tic hi rimastici, non possiamo dubitare ch'essa non prevalese in oghi altra nelle nostra contrade." Und in der That, man darf nur die Reihe der Etrurischen Denkmale bei Gori bis zu Lanzi durchgehen, um sich von der Vorherrschaft der Griechischen Mytjiologie zu uberzeugen. — Sehr belehrend ist auch in dieser Hinsicht JJhdens Abhandlung uber die Todtenkisten der alten Etrusker (in den Abhandll. der histor. philoiog. Classe der Berliner Acad em ie der Wissensch. 1816. 1817. p. 25 sqq.). Die Aus- wahl der mythologischen Gegenstande auf diesen Sarcophagen (man vergl. a. a. 0. p. 29. p. 46.) kann noch zu manchen Betrachtungen Stoff Siefern. Was die dazwischen auftreten- den Genien und damonischen Gestalten betrilft, so wird den KiiiidigeVi schon die einzige Hinweisung auf den Kasten des Cypselus erinnern, dass dergleichen Anomalien den Griechi- schen Ursprung nicht ausschliessen. Ich mochte lieber von Pelasgischen sprechen. Denn meines Bediinkens hat das alte 540 ^ Italien und namenilich Etrurien theils von Thracien und 8a- inothrace her, theils von Thessalien und von Oodona religiose Einilusse erapfangen (siehe oben III. p. 86), und weil die Alles verschonernde Poesie uber die Italischen Religionen nienials die bedeutende Macht ausgeubt hat, jene Vorstellun- gen und Bilder getreuer und so zu sagen pelasgischer be- wahrt. — Wenn ich aber mit Lanzi im Pelasgischen (oder Urgriechischen) Elemente die Grundlage Italischer Sittigung und Cultur erkenne, und raithin das Wesentliche auch der Etrurischen Religion fur alt-Griechisch , so bin ich damit noch nicht gemeint, diese schwierige Untersuchung fur geschlos- sen zu halten; ja ich stimme Valern in so fern bei, dass Lanzi in diesem Griechischen System wohl manchmal andere Elemente zu wenig in Anschlag gebracht hat (im Mithrida- tes II. p. 456.) — immer wird ihm das Verdienst ungeschma- lert bleiben, als ein achter Scheidekunstler die Haupt- und Nebenstoffe der alt-Italischen Sprachen und Dichtungeri zuerst zerlegt und aufgezeigt zu haben '). 1) [Guigniaufc II. 1. p. 395. verweiset hierbei auf. die Untersuchun- gen von Am. Thierry in dem ersten Bande der Histoire des Gaulois, Ich verweise auf das Werk des sel. K. O. Midler : Die Etrusker, Bres- Jau 1828, sowohl iiberhaupt, als besouders auf das Erste Capitel, tiber- schrieben : Ueber die National - Verwandtschaft der Etrusker und der andern Hauptstamme Italiens. — Seitdem hat G. Fr. Grotefend (Zur Geo- graphic und Geschichte von Alt-Italien II., Hannover 1840.) iiber Italiens alte Bevolkerung folgende Satze aufgestellt : Die Sikeler, Sikaoer seyen ein Keltischer Stamm, Sequaner aus Gallieu (vergl. Diefeubachs Celtica II. t. p. 27 sqq.)j der durch Italien von Norden her sich nach und nach siidwarts nach dem von ihm genannten Sikelien oder Sicilien her- abgezogen. Eben so sey der audere Volkerstamm der Ausoner, Opiker, Umbrer von Norden her, aber aus Illyrien in Italien eiugedrungen. Durch die Nachkomnien dieses zvveiten Hauptstammes, mit vvelchen die aus Thessalien von den Hellenen vertriebenen Pelasger sich verbuoden, seyen die Sikeler aus Latium theils verdriingt, theils untervvorfen vvordeu; worauf das Volk der Latiner seineu Ursprung genommeu, deren Sprache dadurch ein Gemisch aus gallischen , umbrischen und pelasgischen Ele- menten geworden 5 wobei der Griechische Bestandtheil eben so den mit den Griechen verwandten Umbrern als den Pelasgern zugeschrieben werden konne. — Erst nach der Umbrer Einwanderung in Italien , frii- hestens in der ersten Halfte des 12ten Jahrh. vor Chr. Geb., sey die Einwanderung der Etrusker , und zwar aus Rhatien nicht aus hydien erfolgt. — Das wirkliche, historische Daseyn einer Lydiscben Colonie in Etrurien glaube icb dagegen in den Noten und im Excurs II. zura Hero- dotus I. 94. p. 243 sq. und p. 893 — S98 ed. Bahr hinlanglich erwiesen zu haben; und v.erweise nachtraglicb jetzt noch auf Friedr. Thiersch in den AbhandlJ. der Miiuchn. Akad. d. Wiss, 1835 (I.) p. 426 — 433.] 542 %. 2. ' Betrachtung der alt-Italischen Religion iiberhaupt. Ueber den Geist der llalischen, besonders der Romischen Religion wird unten am Schiusse dieses Capitels zu reden Geiegenheit seyn. Hier heben wir nur einige Hauptziige vor- laufig hn Allgemeinen' aus. Allenthalben stossen wir bier anf dieselben Erscheinungen wie in Vorderasien. nnd Alles erin- nert an nahe Verwandtsehaft, ja Identitat mit den Pelasgi- schen Culten. Fctischdienst audi hier, und ganz nach dem Charakler der Volker. die ihm huldigen. So ist z. B. dem wilden Sabiner ein aufgesteckter Spiess sein Jiriegsgott. sein abwehrender, furchtbarer Mamers. Daneben Waffentanze von begeisterten Priestern, und wie in Phrygien. Creta, Lemnos Corybanten, Curcten, Carcinen. so hier Saiier und Luperci. Auch hier Phailica , wie unter den Pelasgern anf Samolhrace und in Attica; und wie so haufig sonsl. so auch hier blutiger Dienst und Menschenopfer. Dabei das dank bare Angedenken an Fremdlinge. die diesen reiigiosen Ausbnichen der Wild- heit gesteuert, und die Menschen zuerst dem Opfermesser entzogen haben, wie Hercules (s. oben II. p. 654 Ster Ausg.) und Andere. wenn gleich in ausserordentlichen Fallen der k Fanatismus immer noch seine Rechle behaupfcie. Vom He- roendienste, der sich aus der Erinnerung an solche Geselz- geber und Wohlthaler ganz naturifch entwickeite, finden sich in Alt-Italien gleichfalls Spuren. Auch Reinigungcn, mit den- selben Begriffen wie im Mosaischen Carimonialgesefz. im Vor- Religion d er Etrusker. So viel im Allgemeinen. Unter den einzelnen Religionen Ilaliens fordert natiirlich die der Etrusker am meisten Auf- merksamkeit. Sie ist die Mutter vieler von den ubrigen , und diese Nation ragte an Bildung vor den andern weit hervor. Die Bestimmung des Grades derselben wird immer vvohl Ge- genstand widerstreitender. Meinungen bleiben, weil von der Literatur dieses Volkes nichts auf uns gekoinmen. So dtirfen wir uns nicht wundern, dass der Toscanische Gelehrte seine Vorfahren sehr haufig zu Inhabern der hochsten Weisheit machte, wahrend Auslander, besonders neuerer Zeit, desto geflissentlicher bemuht waren, was zu hoch gcstellt war nur recht tief herabzusetzen. Ware nur erst die Scheidung der national-Etrurischen Bildwerke von den Griechischen altesten Styls fiber alien Widerspruch erhoben. Doch ist einzeines mitunter sehr Merkwurdige schon durch die bisherigeri Unter- suchungen den Etruskern als ungezweifeltes Eigenthum zuer- kannt. Bestimmt reden auch alte Schriftsteller von den Ver- diensten derselben urn Wissenschaft und Religion. Dass sie die Philosophic der Natur und Theologie mit grossem Erfolg bearbeitet, versichert Diodorus (lib. V. cap. 40.) ausdrucklich, der hier ohne Zweifel dem Timaus oder andern alteren Fuh- rern folgte. Hiermit steht die Nachricht des Livius (IX. 36.) in Verbindung, nach welcher fruherhin die Rbmischen jungen Leute in der Etruscischen Literatur unterrichtet wurden , an deren Stelle spater die Griechische trat Heisst das freilich nur so viel: sie seyen in der disciplina Etrusca, d. i. in der l) Was Cicero de Divin. I. 41. §. 92. und Valerius Max. I. I. „de principum filiis Etruriae in disciplinam datis" sagen, behauptet Gorenz, sey von deu Sdhnen der vornehmen Etrusker , keineswegs von denen der Romer zu verstehen. Audi fande sich niemals unter den Haruspices, so viele ihrer genanut werden , ein Romischer Name 5 s. ad Cicer. de Legg. II. 9. p. 134, wo er aber die von mir angefiihrte Stelle des Livius nicht beriihrt. Es ist also dieser Gegenstand noch genauer zu untersu- chen. Vergl. Niebuhr Rom. Gesch. I. p. 80. 95. (I. p. 316. neue Ausg.), welcher ebenfalls die Sache so, vvie ich, dargestellt hat, oline Riick- sichtsnahme auf die Behauptung von Gorenz. Die Stelle selber lautet : ,,Prodigia, portenta ad Etruscos (et) Haruspices, si senatus jusserit, de- fer unto : Etruriaeque principes disciplinam docento." Hier will ich gar kein Gewicht darauf legen, dass meine Handschrift das Bindewort nach Etruscos beibehalt (wie audi in der Stelle de N. D. II. 4. p. 222 unserer Ausg.). Ich habe immer dem Muretus Beifall gegeben, der bereits die copula auszustreichen befohlen hat CCommentar. in Cicer. Catil. III. 8- p. 628 Ruhnk.) — aBer da Livius a. a. 0. vom M. Fabius Kaso (oder nach Andern vom C. Claudius) erzahlt: „Caere educatus apud hospites, Etruscis inde literis eruditus erat, linguamque Etruscam probe noverat <£ ; und dann hinzusetzt : „ Habeo auctores, vulgo turn Romanos pueros, sicut nunc Graecis, ita Etruscis literis erudiri solitos u — so sehe ich nicht, wie man den gedachten Ciceronischen Stellen einen anderen Sinn unterlegen will. Wyttenbach hat, wie ich aus seinen handschriftlichen Anmerkk. zu Cic. de Legg. a. a. 0. sehe, jene Stellen auch nicht anders genommen. Ob Rom eine Colonie von Care war, will ich jetzt nicht untersuchen ; aber die enge Verbindung beider Stadte lasst sich nach vielen Zeugnissen der Alten nicht bezweifeln , und Livius a. a. 0. sprichfc ja selbst von dem Gastrechte., das zwischen Burgem beider Stadte be- stand. Wie natiirlich war es daher, dass Romer ihre Sohne dorthin in den Unterricht gaben. Mone giebt hierbei noch die Parallele, dass spa- terhin Gallische Jiinglinge in den Truthenschulen der Britannier gebildet wurden. [S. jetzt aber das Fiir und Gegen das zu Cic. de Legg. II. 9. p. 2l6 ed. Moser und — de Divinat. T. 4. p. 203 sqq. ed. Moser Bemerkt.e Mit Niebuhrs und meiner Meinung stimmt Hartung in dem Werke Die Reli- gion der Romer I. p. 123 sq. iiberein. Man vergl. auch K. 0. Miiller's Etrusker II. p. 4 sq.] 547 ^ aruspicina unterrichtet worden, wie Cicero (de Divin. I, 41.) erzahlt, so beschrankt sich jener wissenschaftliche Unterricht auf die Kenntniss gewisser priesterlicher Geschafte und Deu- tungen. In den Handen einer dort sehr zahlceichen Priestcr- 4 schaft war wohl ohne Zweifel der ganze Schatz der nationalen Kenntnisse hoherer Art. Man kann auch zugeben, dass die Religion und die zu ihrem Dienst erforderlichen Einsichten die Grundlagen bildeten, an die sich, wie an den Kern, alias andere Denken und Erfinden ansetzte. Wie viel dieses letz- teren nun gewesen, ist, wie gesagt, jetzt wohl schwer zu bestimmen. Dass es doch nicht so wem'g war, wie einige neuere Alterthumsforscher iin Widerspruche gegen die Ueber- schatzungen jener Toscaner wollen, ist wohl unbestreitbar gewiss. Mag also immer Manches anderen Voikern angeho- ren, mag z. B. jener Tragodiendichter Volumnius bei Varro (de L. L. lib. IV. p. 16.) kein Etrusker, sondern ein Romer gewesen seyn, so hatten doch die Etrurier einheimische An- nalen (Dionys. Hal. III. 46.), sie hatten fruhzeitig das Licht religioser Erkenntniss , vielleicht durch Lyder und gewiss durch Pelasger mitgetheilt, aufgenommen und benutzt, sie blieben, muss man zugeben, fortdauernd durch ihre Seefahrten mit den ostlichen Landern, vielleicht selbst mit Aegypten, im Verkehr. Der ihnen eigenthfimliche melancholische und reli- giose Geist ist jenem Tiefsinne sehr befreundet und forderlich, der den Menschen im Nachdenken fiber das Gemeine erhebt und auf neue Wahrheiten leitet ! ). Priester , die natfirlichen Pfleger alter wissenschaftlichen Ilildung, hatten sie in zahl- reicher Menge , und unter einem Opferpriester gewiss in sehr geordneter Verfassung. Mithin konnte bei dem ausserordent- lichen Wohlstande der Nation in diesen Priesterschaften ein System religios-scientifischer Satze sich gestalten und durch Ueberlieferung fortgepflanzt werden, bis man mit Empfang 1) Kein Volk hat mit dieser Gemiithsart mehr Uebercmistimmung als das Teutsche. Man darf nur die Edden und Nibelungen lesen. Mone. Creuzer's deutsclie Sciiriften» HI. 3. ^ 54S der Schrift im Stande war, es in heiligen Biichern niederzu- legen. Wir lesen auch hie und da Nachrichten von Schulen in Etrurien, woran die Kinder der hdheren Stande Theil nah- men, wie z. B. zu Falerii (Liv. V. 27.). Dadurch ward die Grundlage zu einem Patriciat gelegt, das anf edlere Geburt » nicht bios , sondern auch auf Vorziige des Geistes gebaut war, wovon das alte Rom noch viele Spuren zeigt. Waren auch die Storungen gross, die Etrurien schon fruh durch Einfalle fremder Volker erfuhr, so setzen sie doch nicht die ganzliche Ausrottung der Priester in alien Stadten voraus. Folglich konnte bis auf die Romische Zeit in Tradition und Schrift manches sehr Alte von religioser und wissenschaftlicher Er- kenntniss gerettet werden. Und so mogen die sogenannten Biicher der Nvmphe Bygois uber die Kunde der Blitze (Ser- vius ad Virgil. Aeneid. VI. 72.), die Acheruntischen Bucher des Erdgottes Tages und die Auslegungen seines Schulers Bacches (s. I. Th. pag. 188. 2te Ausg.) und ahnliche Anga- ben mythische Einkleidungen historischer Nachrichten vort der Priestertradition und Priesterschriften seyn. Allenthalben wo alte Religionen bestanden, waren ja die hohen Gotter die heiligen Schreiber und Schriftsteller : Brahma, Oannes, Her- mes, Taaut u. s. w. So legte denn auch der Etrusker die Blume des geistigen Besitzes in den Schooss seiner Gottheiten zuruck. Was der kriegerische Romer vernichtete oder aus religioser Ursache aufnahm , aber eben deswegen als Geheim- niss behandelte, davon konnen wir freilich keine ganz deut- lichen und vollstandigen Nachrichten haben. So beschrankt sich die Kenntniss Etrurischer Literatur auf die bemerkten und andere einzelne Angaben, z. B. dass Tarquinius Priscus ein Ostentarium Etruscum (Macrob. Saturn. III. 7. 20. Lac- tant. I. 10. welcher den Verfasser Tarquitius nennt) geschrie- ben habe *). t) [Guigniaut erinnert hierbei an die von C. B. Hase so geschickfc erganzten Fragraente: Joannis Laurentii Lydi de Ostentis quae super- 549 Gliicklicherweise liefern Romer und Griechen einige Be- richte fiber den Inhalt der Etrurischen Reiigionslehre und der damit zusammenhangenden Weltansicht und Naturbetrachtung. Der ernste Geist der Nation kiindigt sich gleich in ihrer Lehre von den Zeitaltern an. Gewisse Zeitalter (yevrf) , lehrten sie 5 sind den Menschen und menschlichen Dingen gesetzt, und der Uebergang aus einem ins andere wird jedesmal durch Erscheinungen und Vorzeichen ain Himmel und auf der Erde angedeutet. Davon raachten sie auf Etrurien folgende Anwendung l ) : Zehn Zeiten sunt. Paris. 1823 5 cap. 3. p. 8., wo auch der Orakel des Tages, des Tarchon und des Tarquitius gedacht wird.] 1) S. Niebuhr Rom. Gesch. I. p. 91. Auch er bemerkt, wie die Ge~ schichte dieses Volkes, gleich der der Braminen, in einem astronomisch- theologisch bestimmten Umriss der gesammten Zeit eingetragen war. Eine Weltwoche von acht Welttagen war fiir das jetzige Menschenge- schlecht auf Erden bestimmt; jeder dieser Welttage fiir einen andern Volksstamm. Ein solcher Welttag begriff zehn Sacula, zusammen 1100 Jahre, und so zahlte die Weltwoche 8800 Jahre. Also betriige die Dauer eines Weltjahres von 38 Wochen oder 304 Tagen: 334,400 Jahre. — Wenn Mone die Idee von einem tausendjahrigen Reich und von den sieben Weltaltern , welche das ganze Deutsche Volk im Mittelalter er- griffen hatte, lieber aus dem Hintergrunde des Heidenthums als aus apo- kalyptischen Vorstellungen herleiten will, so kann ich ihm darin nicht beistimmen; aber was er nun weiter sagt, mag hier seinen Platz fiuden: „ Dieser Volksglaube ist wichtig, und bemerkenswerth die fromme Un- befangenheit, womit die alten Chronikschreiber die Geschichte nach den sechs Weltaltern eintheilen, denn im siebenten , stellen sie sich vor, wird die Welt untergehen. Recht volksmassig sind diese Meinungen ausgesprochen in G. AWs Weltchronik. Niirnberg 1493. fol. Blatt 260." Meines Bedunkens ist eben die Siebenzahl ein Beweis,des apokalyptischen Ursprungs. [— Nach Niebuhr R. G. I. S. 143, 155 dritte Ausgabe hatte die Prophezeiung des Volcatius nicht mehr auf Etrurien, sondern auf Rom Anwendung gehabt. S. dagegen R. O. Miillers Erorterung in den Etruskern II. S. 331 ff., dessen zunachst folgendes Capitel S. 339 if. auch eine Betrachtuug iiber die Wissenschaft der Etrusker und ihre Bildung im Allgemeinen enthaltj 35* *m 550 ^ (aetates) seyen durch gottlichen Rathschluss diesem Staate v zur Dauer bestiinmt. Von den vier ersten bestehe jedes aus 105 Jahren; das fiinfte aus 123 Jahren, das sechste aus 119y das siebente gleichfalls u. s. w. Hiernach kann man die acht ersten Zeitalter zu 904 Jahren berechnen. Nach Ablauf des 7^ehnten Saculum war dem Etrurischen Staate sein Ende bc- stimmt (Tarro ap. Censorin. de die natal. 17. Piutarch. in Sulla cap. 7.). Hierzu die Nachricht des Kaiser Augustus (bei Servius ad Virgil. Eclog. IX. 47.) von der Weissagung des Etrurischen aruspex Volcatius wahrend der Spiele des Casar, dass in jenem Augenblick das zehnte Zeitalter ange- brochen sey. Hieran kniipfen wir die Kosmogonie der Etrusker und ihre Lehre von dera grossen Jahre. Sie lautet so: Der Demiurg hat diese Welt in sechstausend Jahren geschaffen: ira ersten Jahrtausend Hiimnel und Erde; im zweiten das Firmament; im dritten das Meer und das Gewasser auf der Erde; im vierten die zwei grossen Lichter der Natur; im funften die Seelen der Vogel, der Reptilien und aller anderen Thiere, die in der Luft, auf der Erde und im Wasser leben; im sechs- ien den Menschen. Eben so lange dauert das Menschenge- schlecht, so dass die beiden grossen Weltperioden zwolftau- send Jahre umfassen. Das ist das grosse Jahr, nach dessen Ablauf aile Sterne wieder in dieselbe Constellation wie beim Schlusse des vorhergehenden kommen. Ohne uns hier in den Streit uber die wahre Dauer dieses grossen Jahres der Etrurier einzulassen, mussen wir doch die Hauptfrage beruhren, ob diese Kosmogonie auch wirklich alt-Etrurisch sey? Heyne hat dieses bestimmt verneint (s. Etrusca antiquitas a comm. lib. in Comment. Soc. Gott. VII. pag. 35 sqq.). Er sieht darin einen sehr spaten Nativitat- steller, und zwar einen Christen 5 denn vorerst habe er die Zeitalter Qyevij)^ die sich nur auf Etruriens Staat bezogen, auf das Menschengeschlecht bezogen; sodann verriethen ihn auch biblisch-hellenistische Ausdrucke, wie ctT&oeajiia, m* 551 vdara und dergl. Ich kann diese Meinung des gelehrlen Mannes nicht zu der meinigen machen. Zuvorderst ist das Urtheil aus einzelnen Ausdriicken immer unsicher, nnd 'ganx neue Beispiele haben gezeigt, wie leicht es irre fuhre. Allein mancher Ausdruck , der hellenistisch heissen muss, weil er aus Alexandria und aus der Periode der grossen Sprachen- mischung hers tarn rat , ist darum noch nicht aus der Bibel ent~ febnt. So braucht z. B. auch Damascius in seiner Schrift von den Principien das vdara verschiedentlich. und doch war er niemals dem Christenthume zugethan. Auch hat neuerlich Munter aus einer Inschrift, betreffend die Samothracischen Mysterien, worin odpt; und ahnliche Ausdriicke vorkomraen* mit grosser Wahrscheiniichkeit gezeigt, dass in die Mysterien- sprache fund mithin auch in die Priestersprache) mit orien- talischem Begrifle auch manches Wort eine dem allgemeinen Sprachgebrauche fremde Bedeutung erhalten konnte. — Dass aber jener Referent, wer er auch sey, die Weltalter nicht falsch gedeutet habe, geht aus der angefuhrten Stelle des Plutarchus lienor, wo ja ganz entschieden von Zeitaltern geredet wird, die nach Etrurischer Lehre dem Menschen ge- setzt seven. Dass die alten Perser etwas Aehnliches lehrten^ hat Heyne selbst beruhrt. Vergleichen wir diese Nachrichten naher rait dieser Etruscischen Kosraogonie, so zeigt sich eine auffallende Uebereinstimmung : Dort wie hier zwdlftausend Jahre, und in beiden Systemen die zwolf Jahrtausende nach den zwolf Sonnenhausern eingetheilt, und die zwolf Zeichen des Thierkreises , Symbole der zwolf Jahrtausende (Zenda- vesta I. 10. und Anhang II. p. 81. und daselbst das Zeugniss des Theopompus) Dadurch kann freilich nur die Ueber- 1) Auch nach Indischer Tradition tritfc zu Ende des vierten Yug, in welchem wir leben, nach Verlauf von 12,000 Getter- oder 4,320,000 menschlichen Jahren, das Weltende ein (I. p. 411.) Ueber die Aegypti- schen Lehren s. II. iOb ff. 1^7 ff. Niebuhr a. a. O. erinnerfe an ein ahn- liches Ende und bestimmtes Ziel des Lebens selbst der Gotter in der nordischen Theologie. Auf die hier wie auderwarts stets vorkommeude 552 m einstiinmung rait alt-orientalischen Weltansichten bewiesen werden. Der Weg, auf dem € dieses System zu den Etruskern gelangt seyn mag, lasst sich nicht bestimmt nachweisen. Doch ein Blick auf die Satze der Pythagoreer deutet auch die Brucke an, auf der es nach der Westwelt kommen konnte. Es sind dies Salze aus einem Ideenkreise, der in den Priester- systemen des Alterlhums fast allgemein aufgenommen war. Um so weniger diirfen wir zweifeln , dass auch Etruriens Prie- ster, deren hdheres geistiges Streben durch so Manches sich ankundigt, in ihren Besitz gelangt waren. Zwolfzahl hat auch Wachsmuth (Aeltere Rom. Gesch. p. 86.) aufmerksam gemacht. [Ueber des Pythagoras tyrrhenisch-pelasgische Herkunft und die Verbreitung seiner Lehren zu den Tuskern vergl. man jetzt K. O. Miiller's Etrusker II. S. 344 f.} 4> 533 §. 4. Die Gotthetten der Etrusker. Die Gotthetten der Etrusker ') sind theils allgeineine, de- oen alle Stadte der Eidgenossenschaft huldigten , theils Schutz- gottheiten einzelner Stadte. Zu den ersten gehoren zunachst die Pelasgischen hohen Wesen, sodann aber auch einige ein- heimische, wie z. B. die Nortia (Fortuna), die zwar zu Vul- sinii (Bolsena) ihren Sitz hatte, aber zugleich Gegenstand allgemeiner Verehrung war (Cincius Alimentus beim Livius VII. 3. vgl. Burmann ad Antholog. Lat. I. 29.). Zu den aus- landischen Gottern allgemeinen Dienstes gehorten Juppiter, Juno und Minerva oder vielmehr Menerfa, wie sie imraer auf Etrurischen Opfersehaalen geschrieben ist (Menerfa, audi Menrfa, s. K. 0. MullerEtr. II. S. 48.). Das sehen wir auch daraus, dass es zum Begriff einer ordentlichen Stadt unter den Etruskern gehbrte, drei Tempel , namlich des Juppiter, der Juno und der Menerfa zu haben (Servius ad Virgil. Aen I. 422.). Dem Juppiter war ein Gotterrath zunachst unter- geordnet, der aus sechs mannlichen und eben so viel weib- lichen Wesen bestand, Sie hiessen Consentes und Complices. Nach Varro (ap. Arnob. advers. gent. III. 40. p. 123.) hiessen sie so, weil sie mit einander zugleich geboren worden und sterben. Hiernach waren sie also nur Mittelwesen, die Jup- piter in der Weltregierung als seine Diener und Dienerinnen 1) Vergl. auch Niebuhr I. p. 94. [und jetzt im Allgemeinen K. 0. Miiller's Etrusker II. 3. S. 47. 80 — 109.3 554 ^ gebrauchte. Ihre einzelnen Namen, sagt derselbe Zeuge, waren unbekannt. Der allgemeine Name eines Gottes war nach Suetonius (August 97. p. 229 ed. Wolf.) Aesar , welches Einige mit dera Romischen Cdsar in Verbindung setzten; An- dere, wie Niebuhr (Rom. Gesch. I. pag. 225.), mit den Asen der Scandinavier '). Vom Juppiter {Tina im Etrurischen genannt) hatten die Etrusker desto hohere Begriffe. Er war ihnen die Weltseele und der letzte Grund aller Griinde (causa causarum), mithin Fatum und Vorsehungl Er war die Natur, aus der Alles geboren sworden , und der erste Odem , durch 1) Derselbe erinnert a. a. 0. zugleich bei Lucer an Luger (von lu- gen, sehen), was freilich Schlegel a. a. 0. pag. 895. lacherlich zu raachen sucht, olme jedoch etwas dagegen vorzubringen._ Waren die Etrurischen Gottheiten als verganglich gedacht, so wiirde die innere Vergleichun^ mit den sterblichen Asen der Edda naher liegen. War aber der Etruri- sche Juppiter- Tina als Schicksal gedacht, so konnte beim Namen Aesar an alaa, Schicksal, erinnert werden, in so weit Juppiter vorzugsweise der Gott ist. Dann ware vielleicht auch Tina mit Bis (Deus) verwandt. Aber auch mit Tien, Hiinmel, verwandt, kann er das Schicksal seyn, weil dieses in den Sternen geschrieben. Aufmerksamkeit verdienen noch Zoega's Worte in den von Welcker herausgegebenen Abhandlungen p. 327 f . : „ Aesar, Name der Gottheit bei den Etiuskern, wird noch in der Islandischen Mundart gebraucht als Plural des Wortes As, welches Gott bedeutet, wonach Aesar wie Elohira Plural fur Singular genommen seyn wiirde." [K. 0. Miiller Etr. II, S. 81. nimmt Aesar als den Gesammt- namen der beiden Efcruscischen Gotterordnungen. Lanzi (Sagg. d. 1. Etr. II. append, p. 794.) dachte seinem Systeme gemass an alaa, und gab dem Aesar die erste Bedeutung: Fatum (vergl. lughirami Mon. Etr. II. 2590- Davon will K. Schwenck (in der Darmst. Zeitschr. fiir Alterth. 1841. 118. S. 984.) durchaus nichts wissen, sondern beruft sich auf Jornandes bei Jac. Grimm deutsch. Mythol. S ? 17. wonach die Gothen „ proceres suos — non puros homines, sed semideos, i. e. anses vocavere v "; mit wel- chem ans, as Schwenk das Deutsche Aim, Enke, Enkel u. s. w. ver- gleicht, und in dem Etrurischen aesar zuuachst den BegrifF eines zura Gott gesteigerten Heroen erkennt, — Allein der Cultus von Heroen tritt bei den Etruskern ganz zuriick, sie batten keine eigentliche Heroen- geschichte, und ihre Kunstler mussten sie von den Griechen entlehnen.] ^ 555 den Alles lebet 5 er war Bewahrer und Regierer des Univer- suni (Seneca Quaest. natur. II. 45.). Man hatte gegen diese Darstellung durch die Bemerkung Misstrauen erregt, dass der Referent ein Stoikcr ist. Wer wird es leugnen, dass die Phiiosophen dieser Schule die Mythen der naiv phantasirenden Vorwelt oft sehr gewaltsam unideuteten ? Wir haben oben selbst darauf aufmerksam zu machen Anlass gehabt. Auch stelle ich nicht in Abrede, dass wir in dieser Beschreibung grossentheils Stoische Kumtivdrter lesen. Aber die Ideen selbst trifft dies nicht. Romer und Griechen blicken auf Etrurische Priesterlehre mit hoher Achtung zuriick. Ein tiefsinniger, dem Ewigen zugewandter Geist charakterisirt diese ganze Nation. Ihr geistiger Verkehr mit dem Orient ist mehr als wahrscheinlich. Konnten unter diesen Umstanden die Etru- rier von ihren hochsten Wesen, Juppiter, Janus u. s. w. wohl andere als solche Vorstellungen haben, zumal da die Fortpflanzung Samothracischer Religion zu ihnen bestimmt angegeben wird, einer Religion, in der die hochsten Potenzen doch auch gewiss sehr hoch gestellt waren*? Mit Einem Worte, was Memphis von seinem Phthas, was Thebe von seinem Amun lehrte, das konnte der Etrusker wissen, und auf seinen Juppiter und Janus ubertragen. Auch in der Dcimonenlehre Etruriens zieht sichtbarlich derselbe Aegyptisch -Samothracische Faden fort. Ich werde unten daruber, so wie uber die Heroenlehre, das Nothige im Allgemeinen bemerken. Vorjetzt bleibe ich beim Vorliegenden stehen. Jeder Gott, jeder Mensch, jedes Haus, jede Stadt hatten ihren Genius. Die der Gotter heissen Penates, und es gab vier Classen von Genien, die des Tina ( Juppiter), des Neptumis , der unterirdischen Gotter und der Menschen (TVigi- dius lib. XVI rerum divin. ap. Arnob. advers. gent. III. 40. p. 132 Oreli. und Appendix ad Arnob. p. 44 sq.). Es war ein System von Wesen, die in herabsteigender Ordnung die ho- heren Gotter mit den niederen, und die Gottheit mit den Men- schen verbanden. Eine grosse Pyramide gleichsam, deren 556 Spitze sich in dem weltregierenden Mittelpunkte Tina (Jup- piter) verlor, und deren breite Basis nach alien vier Welt- gegenden auf Erden ruhete. Ueber dem Strahlenpunkte jeder individuellen Personality , dem Charakter und dem Sinn jedes Menschenlebens, schwebet als Herr und Regierer eih Genien- paar, wovon der eine sorgsam und freundlich uber die ihm anvertraute Seele waltet, der andere iinster und drohend ihre Flugel heinmt. Auch wo Menschen beisammen wohnen, ist unsichtbar ein Genius gegenwartig. Das liebe Gut, das wir unter der Vaterstadt zu denken pflegen, jenes heimathliche Gefuhl, das uns bei ihrem Namen beweget, eines wie das andere ist unter den Schirm des Genius gegeben. So auch das Vaterhaus. Jedes theuerste Gefuhl . das ein Kind bei die- sem Andenken empfinden mag, jene Gewohnheit des Lebens in ihm von fruhester Erinnerung an, die bergende Sicherheit, die stille Vertraulichkeit jedes Winkels, der ruhige Verlass auf dies von den Vatern ererbte Eigenthum, und wie die Be- ziehungen alle heissen mogen , sie alle sind in den Begriff des Lar (Lars, Herr zusammengedrangt, der das Vaterhaus 1) Ueber die Worter Lar, Lars, Lartes s. besonders Lanzi Saggio di Ling. Etrusca Tom II. p. 283 — 286. und Muller de diis Romanorum Laribus et Penatibus (Hafniae 18110 > welcher p. 53 IF., mit Uebergehung der Griechischen Etymologien von Xuvgoq, vicus und andern der Art, schon auf den Tuscischen Ursprung dieses Worts aufmerksam gemaclit hat, wonach Lar so vielbedeute als Fiirst, Herr, nQoozdrriq, princeps v wie es auch bisweilen noch vorkommt (man vergl. de diis Laribus dis- serit T. Hempelius, Zwiccaviae 1797. pag. XIX. und unsern II. Th. pag. 414.). Und in so fern hange dieses Wort auch mit den Persischen He- roen^ Artes (davon 'Aqxaiov s. oben I. Th. p. 233 f.) zusammen, und bilde die vordere Hiilfte in den Wortern Artabanus, Artaxerxes und dergl. Durch den blossen Zusatz eines L ware hieraus der Name Lartes ge- worden. In der Folge, nachdem auch die Romer den Namen iiberkom- jnen, habe man mit Lar, Lartis , den Vornamen, mit Lar, Laris aber den Gott bezeichnet. Dies ist also nichts anderes , als das Griechische /levq, Ztvq, und das Lateinische Deus, ein Herr, von dem ich mich in Allem und ganzlich abhangig erkenne, ein gebietender, machtiger, gna- 557 als unsichtbarer Gebieter bewohnet. Darum heisst er auch Lar familiar is; ein vielsagendes Wort, woniit die Alten alle diger Herr (s. I. Th. p. 171. 2. Ausg.). Dasselbe Wort Lar, Larte, findet Lanzi auch in vielen anderen Griechischen Wortern als Grundwurzel, in Laertes, yic^QT^q; s. Saggio di L. E. II. p. 390 — 394. zu der Etrurischen Inschrift nr. 18S. Larthiasses; ebendaselbst in einer Inschrift nr. 360. pag. 333. (und dort die Note! Larisa Carcania. Es ist aber Larissa {Au- qiaaa) der Name vieler Stadte in Griechenland , z. B. in Thessalien, fer- ner der Burg von Argos u. s. w.$ s. Steph. Byzanfc. pag. 511 Berkel. Die Stelle des Job. Lydus de menss. p. 107: [p. 250 Rother.] Aaqivov to Xtnugov, IS ou xctl XdgSoq (vergl. Henr. Stephani Thes. Tom. V. pag. 1347. in XaQtviueo&at, d. i. oneia&aO konnte vielleicbt einen Sprachforscher auf die bekannte orientalische, ja biblische Allegorie fiihren vom Fett 7 Glanz und Wohlstand. — Larinum ist auch in Italien ein Stadtename^ z. B. bei Cicero pro Cluent. cap. 6. Att. IV. 12. VII. 13. Larissa aber, ein alter Sitz der Thessalischen Pelasger, hat ihren Namen mit der Burg von Argos, mit Burgen und Stadten in Ionien, Aeolien, Troas, Creta, Italien und in andern Landern gemein. — Noch darf die Etymologie von Zoega CAbhandll. von Welcker pag. 327.) nicht verschwiegen werden, wonach in Larissa, wie in Lapersa, in Lakoner, Lapithen und Pelasger, ja selbst in Latiner, die gemeinschaftliche Wurzelsylbe enthalten ware, die in Xaq oder Xaoq (Volk) erscheint. Es wundert mich, dass der ge- lehrte Zoega hierbei nicht an die altere Schreib - und Spracharfc erinnerfc hat. Denn die alteren Romer sagten Lases statt Lares (Scaurus in Put- schii Grammatt. Latt. p. 2252. vergl. Spalding zum Quintilian. Inst. Orat. I. 4. 13. pag. 70.). So lesen wir in einem Hymnus der Arvaliscben Briiderschaft : E' nos, Lases, iuvate, welches Lanzi in Saggio di Ling. Etrusc. I. pag. 142. 144. erklart : Nos Lares iuvate „ Wohlan helfet uns Laren"; eine Erklarung, die auch Marini mitgetheilt hat (Atti Arval. II. p. 600 sqq. — So viele Meinungen aber auch iiber den Namen Lares versucht seyn mogen; ihr Begriff und Wesen tritt in vielen Beziehungen deutlich genug hervor. — Ueber den orientalischen Ursprung der Laren oder vielmehr iiber ihre Identitat mit Gottheiten des alten Orients und Griechenlands, sagt Aruobius adv. gent. III. cap. 41. p. 133 Orell. : „In diversis Nigidius scriptis modo tectorum domuumque custodes, modo Cu- retas illos, qui occultasse perhibentur Jovis aeribus aliquando vagitum, modo Digitos Samothracios , quos quinque indicant Graeci Idaeos Dacty- los nuncupari. " Vergl. dazu die Ausleger Tom. II. p. 178 Orell. [Miil- 4fc 558 jene Vorstellungen verbanden. Heimathlos in diesem Sinne zu seyn, d. h. keinen Lar familiaris zu haben, ist das Aeus- serste, was die Alten sich unter den Entbehrungen des Le- bens zu denken verraochten. Danim ist es auch dort beim Sallustius (Catil. cap. 20.) ein ziindendes Feuerwort, das der schlaue Catilina in die Seelen der missvergnugten Verschwo- renen wirft, wenn er das Loos der Romischen Grossen, die Hauser an Hauser baueten, den ihrigen mit dem Ausdruck gegenuber stelit: „nirgends batten sie auf der weiten Welt einen Lar familiaris mehr u . Dadurch erhalt auch die Stelle des Cicero (Philipp. II." 80.) ihre Bedeutung, wo dieser grosse Redner dem Antonius vorwirft, dass er der vaterliclien Gotter, der Altare, des Heerdes , ja sogar des Hazislaren — also des hochsten Gules der unglucklichen Hinterlassenen des Pompejus, sich bemach- tigt — ..repelebant praeterea deos patrios, aras, focos, Larem suum familiar em, in quae tu invaseras" u. s. w. Sonst kommen die Lares familiar es haufig vor, und erin- nern an die Sacra fa miliar urn der Romer. Wenn auch Penates familiares vorkommen, z. B. bei Marini gli Atti de' Arvali I. ler Etrusk. II. S. 90 f.: „ Dass die Laren dem Tuskischen Glauben auge- horen > davon irberzeugt schon der Name , da sowohl Larth wie Laris bei dea Etruskern gewohnliche Vornamen waren ? die aus einem Ehreu- namen entstanden seyn miissen. Auch in Bezug auf die Gofter war Lar bei dea Tuskern und Romern eine sehr umfassende Ehrenbenennung , dit schwerlich eiue bestiimnte Anzahl von Personen bezeichnete, bei der aber der Schutz und Vor stand eines bestimmten Bezirks (daher lares prae- stites) offenbar das Charakteristische und die Hauptsache war. " — Ueber die Bedeutung des Namens sagt Doderlein im Handb. der latein. Etymo- logie S. 95.: „lar, iares altl. lases die Laren — einerlei Wort mit lars Porsena, lartes , Lord, wie uvuy.sq mit aruxreq u. s. w. " — Ueber jenes Gebet s. jetzt R. H. Klausen De Carmine Fratrum Arvalium Liber pag. 23, wo das Lied ins gewohnliche Latein ubertragen worden 5 woraus Eiuiges iu der Deutschen Uebersetz,ung Hartungs in der Religion der Romer II. S. 146. zu herichtigen ist.] I ^ 559 *m p. 120, so scheint hier familiares im engsten Sinne von den Mitgliedern Ernes Houses unter Einem Hausvater gedacht wer- den zu mussen (vergl. meine Recension in den Heidelbb. Jahrbb* 1817. nr. 78. p» 1238.). — In diesem Sinne muss aueh die Stelle des Cicero de Legg. II. 17. 42. genommen werden ,< wo er von den Umstanden seiner Verbannung redet : 55 Omnia turn perditorum civium scelere discessu meo jura polluta sunt: vexati nostri Lares familiares; in eorum sedibus exaedificatum templum Licentiae"^ wo Gorenz gut an die ParaileJstelle pro Domo cap. 57. §. 144. erinnert, wo noch die Penates patrii erwahnt werden. Ebendaselbst wird auch der Minerva gedacht, die Cicero als Wachterin (Custos) seines Hauses verehrte $ woruber ich im Capitel von der Minerva das Nothige bemerkt habe. Es hingen aber diese Ideen auch mit der ganzen Seelen- und Geisterlehre der Alt-Italier zusammen. Von dieser Psy- chologie und Pneumatalogie will ich hier sogleich das Haupt- sachlichste anfugen. Sie beruht fiir uns auf der Hauptstelle des Appulejus (de genio Socratis p. 50 ed. Francof. [lib. II. p. 152 sqq. ed. Bosscha] ), womit man die andern, des Ser- vius (ad Virgil. Aen. III. 302.), des Macrobius (Saturn. I. 3.) und des Martianus Capella (II. p. 40 ed. Grot. [II. §. 162 sqq. p. 217 sqq. ed. Kopp.] ) verbinden muss. Ich will den Inhalt der ersten Stelle hier beifugen, theils weil sie sich durch ihre Deutlichkeit empfiehlt, theils weil darin der Verfasser (Appulejus) sich auf den alt-Lateinischen Sprachgebrauch beruft. Hiernach wurden diejenigen Damonen, die ehemals als Seelen in einem menschlichen Leib gewohnt batten, Le- mur es genannt} so dass also Lemur ganz allgemein den vom Korper getrennten Geist bezeichnete. Nahm sich ein solcher seiner Nachkommen an, und besass er so mit sanftem Wal- ten (placido numine) das Haus seiner Kinder geistig, so hiess er Lar familiar is; hatte er hingegen wegen seiner Siinden im Leben keine freundliche Ruhestatte gefunden, sondern irrete 560 unstat wie im Exil umher, so erschien er als Larva ')? ein leeres Schreckbild fur die guten Menschen, aber schadlich den bosen. Da es aber ungewiss ist, welches Loos einem Verstorbenen im Tode zu Theil geworden, ob er Lar oder Larva sey, so nannten sie ihn unbestinnnt Gott Manis Q Man em deum). * Muller (de diis Romanorum Laribus et Penatibus (Haff- niae 1811. p. 60 sqq.) unterscheidet mehrere BegrnTe, welche die Alten mit dem Worte Lar 2 ) verbunden. Es seyen nam- lich unter Lares zu verstehen: 1) die Genien der Menschen, die dcduoveg der Griechen, Geister, Seelen, welche nach gliicklich vollbrachter irdischer Laufbahn nun, von den Ban- den des Kdrpers befreit, als selige Geister, als Schutzengel fiir das Wohl , fur die Tugend und Frommigkeit der Menschen Sorge tragen $ 2) die Seelen der Verstorbenen , die vom Kbr- per erlosten Geister, welche den Lebenden bisweilen erschei- nen , zuweilen sie auch als Schreckgestalten beunruhigen und angstigen. In so fern heissen sie auch Manes. (Hierauf folgt nach Appulejus der Unterschied zwischen den zwei verschie- denen Bezeichnungen Lemur, Lar familiaris, Larva und Manes, wie ich ihn schon angegeben.) 5 3) die Genien oder Schutz- 1) Die Larven (Larvae ; so nannten die Romer geisterhaffce Erschei- nungen zumal bei Nacht, und daher Larvati diejenigen 7 deren Geist der- gleichen Erscheinuugen zerriittet hatten ; Festus p. 200 ed. Dacer. vergl. Appulejus de genio Socratis pag. 50 ed. Elmenhorsfc. [p. 152 ed. Bos- sclia]), die jezuweilen, theils schreckend, theils Gliick bringend, den Menschen erscheinen, werden eben darum von den Haruspices genau beobachtet; s. J..C. Bulenger de prodigiis IV. 20. (in Graev. Thes. An- tiqq. Romm. V. p. 480 sqq.) 2) Ueber die Laren sind nun noch die neueren Untersuchungen von Lanzi im Saggio di Ling. Etr. pag. 203. 226. 283. 346. 362 sq. 394. 402. 433 und 438. und Marini gli Atti de' Arvali p. 600 sqq. zu vergleichen. [vergl. jetzfc K. O. Mullers Etrusk. II. 54 und die dort angefuhrten Gerh, Vossius und Passeri.] geister der Verstorbenen , welchen sie im Leben von der Geburt an beigegeben, von denen sie nie gewichen, und fur deren Seele Schicksal sie auch nach dem Tode Sorge tragen. Sie heissen gleichfalls (nach Servius zu Virgil. Aen. III. 63.} Manes; und damit sie nichf schaden, muss man sie durch Opfer zu besanftigen und zu gewinnen suchen 5 4} die Schutz- gotter , Wackier und Bewahrer des Hauses (deos aedium custo- des). Sie wachen fiir das Haus, sie sorgen fiir das Haus- wesen , von ihnen kommt jeglicher Haussegen. — Jeder sieht^ dass in diesen Dingen sich noch mehrere Abtheilungen machen liessen; wobei aber eben so wenig strenge Sonderung der Begriffe zu erwarten ist , als in den angegebenen. Damit soli nicht gesagt seyn, dass in der Damonologie der Vorwelt uberhaupt keine iogische Methode gewesen — die orientaii- schen Priestersysteme zeugen vom Gegentheil. Nur das wollte ich bemerklich machen, dass, wo die Schriftsteller, wie hier, aus dem Volksglauben Berichte liefern, in solchen An- schauungen grosse Unbestimmtheit herrscht. Varro, wenn wir anders der Nachricht des Arnobius (advers. gent. III. 41. pag. 133 Orell. nebst den Erklarern Tom. II. p. 179.) trauen diirfen , hatte die Laren bald als Ma- nen genommen, und daher auch die Mania als Mutter der Laren erklart, bald als in der Luft schwebende Gotter und Heroen (aerios deos et heroas), bald, und hierin mit alteren Gelehrten ubereinstimmend , als larvae, als Genien, als die Geister oder Seelen der Abgeschiedenen. Die Mutter der Laren wird bald Mania genannt (s. ausser dem Angefuhrten Macrob. Saturn. I. 7. p. 232 Bip.), bald Lara und Larunda (Marini gli Atti de' fratelli Arvali II. p. 373.> s Es haben auch, nach Zoega (de obeliscc. p. 269.), die alten Italier ihre Todten in den Hausern begraben, wovon (nach Servius zu Virgil. Aeneid. V. 64. VI. 152. und Isidor. Origg. XV. 11.) der Grund eben in der Religion der Laren enthaiten ist. Denn man wollte den abgeschiedenen , im Grabe ruhenden Vater, der nun als Geist fur das Wohl seiner Hin- 562 ^ - terlassenen fortwahrend sorgt, bei sich und am sich haben, um seiner besonderen Hulfe desto sicherer und gewisser zu seyn (s. Muller a* a. 0. p. 67.). Diese Sitte wurde jedoch in der Folge zu Rom durch die Gesetze der zwolf Tafeln verboten , worin es hiess (s» Cicero de Legg. II. 23. 58.) : ^hominem mortuum in urbe ne sepelito, neve urito il . Aber nicht bios im alten Italien , sondern auch im alteren Griechen- . land war das Begraben in den Hausern allgemein eingefuhrt, wie eine Stelle des Plato zeigt, im Minos pag. 315. E. „o/ d* av sxeivajv tvqotsqoi avrov xai e&aitTOv sv rjj oiy.ia rovg (xtcoS avovrag' ?}[i£?g de tovtiov ovdev Ttoiov^iev^ Nach der allgemeinen Bedeutung des Wortes Lars war, wie bemerkt, auch der ganz allgemeine Begriff eines geisti- gen und unsichtbaren Herrn und Schutzherrn damit verbun- den, und so hatten die Etrurier ihre Lares pubh'cos und pri- vatos^ Wie gesagt, wo Menschen wandeln und versammelt * 1) Ueber diese Lares privati und publici s. Hempelius de diis La- ribus (Zwiccaviae 1797.) pag. XXIV sq. und pag. XXXVIII. Er vergleicht dort die Lares privati oder familiares mit den Penates parvi oder privati, den Schutzgottern und Schutzgeistern einzelner Menschen, Familien u. s. w. ; zum Unterschiede von den Penates publici oder majores, welche, wie die Lfcres publici, die Schutzgotter ganzer Gemeinden, Stadte und Volker waren. Ueber beide fiihrt er viele Stellen der Alten an. Die Grundvorstellung der Laren war freilich die von Hausgottern, von inwohnenden Hausgeistern , verbunden mit dem Begriff des fortdau- ernden Schutzes; eine Vorstellung, welche aber dann auch weiter aus- gedehnfc und iibertragen wurde in ein SchUtzverbaltniss im Allgemeinen, das sich auf ganze Gemeinheiten, Stadte u. s. w. erstreckte. Der Be- griff der Laren erweiterte sjch also gleichsam aus dem Hofraume, ihrem standigen Sitze , heraus , und man dachte bald auf Scliutzgeister ausser dem Hause auf den Wegen, besonders da, wo mehrere Wege zusam- mentreffen , an Kreuzwegen , wo leichter Gefahren treffen , und also be- sonderer Schutz notliig ist. Daber die Lares viales, compitales ; vergl. Marini gli atti de' fratelli Arvali II. p. 373, der aus Servius ad Aeneid. III. 302. zeigt, dass die Italischen Volker anter den Lares viales sich die seligen Geister der Verstorbenen dachten, und ihnen zur angenehmen sind, und in den wichtigsten Geschaften des gemeinen We- sens oder des Privatlebens , waren solche Genien oder Lares Wohnung Haine (lucos) auf den Feldern widmeten. Cicero, der sich in seinen Gesetxen so genau an die religiosen Gebrauche der Vorfahren halt , sagt daher daselbst II. 8. 19: — „Lucos in agris habento et Lariim sedes." Man sagte auch Larium, s. Cicero de N. D. II. 27. p. 315. und III. 25. p. 633 unserer Ausg. Doch, wie schon bemerkt, auch jeder Ein- zelne hatte seinen Lar, seinen Genius und Schutzgeist, sogar das Kind und der Saugling ; dann ganze Familien ihren Lar als Familiengott ; eben so die gentes , wo dann der Larenbegriff zugleich im Heroenbegriff ent- halten war (so z. B. bei Muratori Thesaur. Inscripfct. p. 85. nr. 7. auf einer Inschrift). So batten die dreissig Curien in Rom ihre Laren — die Lares grundules , nach dem Wunder des Schweins, das die dreissig Fer- kel geboren (s. Hempelius a. a. 0. p. XXIII. Miiller a. a. 0. p. 77. und Niebuhr Rom. Gesch. I. p. 1350- Diese Lares grundules des Arnobius I. 28. hatten, wie bemerkt, ihren Namen entweder von dem Mutter- schweine, das dreissig Ferkel geworfen — daher der von Romulus den Lares grundules nach den dreissig Curien angeordnete Dienst — oder vom Suggrundarium, dem Begrabnissorte der Kinder, welche noch nicht vierzig Tage alt in der Stadt gestorben waren ; s. Fulgentius de prisc= s. in voc. nebst Elmenhorst zu der angef. Stelle des Arnobius T. I. p. 306 Orell. So kommt auch auf einer im Jahre 1728 zu Nismes gefunde- nen Inschrift ARIBVS. AVG. vor, welches ohne Zweifel Laribus Augusta- lihus oder Augustis gelesen werden muss — die Laren als Beschiitzer des erlauchten Kaiserhauses ; s. Millin Magaz. Encycl. 1814. Novemb. p. 12. 19. 20. vergl. Visconti zum Museo Pio-CIement. Vol. IV. p. 92 sqq. und Miiller a. a. O. p. 87. — Ein anderes Denkmal , das zu Rom auf der heiligen Strasse (in via sacra) ausgegraben worden, und in dessen Inschrift die Lares publici vorkommen, hat M. Z. Boxhornius (Quaestt. Romm. nr. VI. in Graevii Thesaur. Antiqq. Romm. Tom. V. p. 923 sqq.) bekannt gemacht, mit der Erklarung, dass diese Lares publici keine an- dern seven , als die Seelen derer , welche sich durch ihre Verdienste um den Staat, dem sie angehorten und in dem sie lebten, den Himmel er- worben, die aber nun als himmlische Geister den Staat umschweben, und fur das Wohl ihrer gewesenen Mitburger auf eine unsichtbare, ver- borgene Weise sorgen — also Heroen. Ja sogar ein Collegium Larum wird erwahnt; s. Mariui gli Atti de' Arvali p. 415 sqq. Daher halt es Platner (Beitrage zur Kenntniss des Attischen Rechts, Marburg 1820. p. 100. Not.) fur wahrscheinlich, dass der Laren- und Penatendienst Creuzer's deutsche Schriften. III. 3. QA gegenwartig. Strassen und Wege wareni ihnen anvertrauu Stadte und Hauser standen unter ihrem Schutz , und im Kriege halfen sie das Vaterland vertheidigen. Daher die Renennun- gen Lares males , rurales , compitales, grundiles , hostiles und andere* Es vvaren zum Theil die Seelen der Verstorbenen^ welche nun oft freundlich oder schreckhaft die Lebenden um- schwebten. Muller a. a. 0. p. 74 ff. hat uber die verschiede- nen Naraen der Laren sicl^weitlauftiger, mit Anfuhrung der hierher gehorigen Stellen der Alten, verbreitet. Sogar das Meer stand unter dem Schutze der Laren, sie retteten Schiff- briichige, und wachten uber die Kampfer zur See. Diesen Lares yermarini hatte Ancilius Regillus zu Rom einen Tempel errichtet. Uebrigens ist die Vermuthung derer nicht unge- grundet, welche sie in dieser Rucksicht mit den Phbnicischen Pataken gleich stellen. Was den Seefahrern die Lares per- marini , das waren die Lares viales den Reisenden iiberhaupt So betet Carinus im Kaufmann des Plautus V. 2, ehe er seine lleise antritt: „Invoco Vos Lares viales, ut me bene tutetis". Otto hat in seiner Abhandlung de Diis vialibus noch viel meh- rere Stellen aus den Alten beigebracht. Man sehe dessen cap. IX. p. 138 sqq. de Laribus vialibus. Daher wird auch auf Romischen Inschriften der Lar vialis mit der Fortuna Re- dux verbunden, z. R. auf einem Altar bei Gruterus p. LXXVIIE nr. 1. Nach diesen Spuren hat Marini in den Atti Arvali II. p. 510. eine andere Jnschrift gliicklich ausgefullt. Weil aber nicht durchaus der Willkiihr der Individuen iiberlassen worden, sondern ausser den eigenthiimlichen Familiengottheiten auch auf die Nationalgofc- ter sich bezogen habe, welche jeder in seinem Hause unter gewissen Modificationen verehrte. Zu einem solchen offentlichen Cultus {Lares publici) sey der Grund in den sacris privatis der Romer enthalten, welche deswegen auch unter Aufsicht der Pontifices gestanden. Von den sacris privatis der Romischen Lares familiares , wobei das letztere Wort wohl im engsten Sinne von den Mitgliedern Ernes Hauses^ unter Einem Ham- vater zu verstehen ist, vergL meine Bemerkungen in den Heidelbb. Jahrbb. 1817. nr. 78. p, 1237 f. 565 — mch Alles, was dasHaus enthalt, unter ihrem Schutze steht. ihiien zur Sieherung anvertraut ist, heissen sie Praestites, „quod praestant oculis omnia tuta suis" (Ovid. Fast. V. 133.), oi TrpoecrTujTSS, wte Plutarchus in der gleich anzufuhrenden Stelle sagt. Das natiirliche Attribut der Laren, als der schutzenden und waehenden Hausgotter, war der Hund; welchen eben darura au^h Juppiter €ustos — gleiehsam als der erste der Hausgotter — auf einer Grabtampe bei Bartoli und Bellori (~Lu 267. F. Vol. II. p. 132 Wyttenb. Als Vorste- her namlich (Traestites , liqaixTxlxm^ n^osaTujTsg)^ als Be- schiitzer und Wachter des Hauses sind sie, wie der Hund, feindselig und furchtbar gegen Fremde, zahm, mild und linde gegen die Inwohner. Endlieh werden auf einer alten Inschrift, welche Span- heim de Vest et Prytann* Graecc. fin Graevii Thesaur. Antiqq. Romm. Tom. V. p. 686 sq.) erlautert hat , Lares Coilo Potentes genannt, d. i. die Laren , die im Coilon (d. i. coelum, welcfies oft so viel bedeutet als aer , Luft, Luftregion), im Luftrevier schweben, und von hier aus gleichsam ihre Herrschaft aus- uben , die im Luftreiche wohnen und hausen l ). Der gewohnliche Ort , wo man den Laren opferte , war ' der Heerd. Hier, als an ihrem Altar, brachle man Opfer mannichfacher Art und Spendungen; erstere gewohnlich in einem Schwein 2 ) oder einer Henne, bei den Reicheren bis- 1) [Diese Inschrift ist oben III. 2. p. 491 3ter Ausg. mitgetheilt worden.] 2) S. z. B. Horat. Od. III. 23. vs. 2 sq. Si ture placaris et horua I Fruge Lare$ avidaque porca. Man sehe hier die; weiteren Nachweisungen von Mifcscherlich. if," 566 -** vveilen auch in einem jungen Stier oder auch in den Erstlin- gen aller Fruchte bestehend, letztere gewohnlich mit Wein. Auch bei jedem Faniilienmahle schickte man, bevor man selbst gegessen, den Laren auf den Heerd einen Theil der Speisen — libare dapes l )» Vornehme Junglinge weiheten nach Ver- lauf des funfzehnten Jahres die Bulla, welche sie als Zeichen threr Kindschaft bisher getragen, den Laren. Daher sagt Persius (Satir. V. 31.): Bullaque succinctis Laribus donata pependit. Soldaten weiheten nach ruhmlich vollbrachtem Kriegsdienste den Laren ihre Waffen (Ovid. Trist. IV. 8. 21.), Gefangene und Sklaven, nachdem sie frei geworden, ihre Ketten (Horat. Sermon. 1. 5.). Ja es will sogar scheinen, dass man auf Reisen oder im Kriege dieselben mit sich ge- fuhrt, um so ihres Schutzes desto sicherer und gewisser zu seyn 2 ). Auch der neue Hausherr bekranzte die Laren des von ihm eben gekauften Hauses (Plaut. Trinumm. I. 2.); eine Sitte, die indess auch sonst allgemein herrschend war, und bis in die spateren Zeiten fortdauerte 3 ). Der eigentliche Ort der Verehrung der Laren, wo ihre Bilder standen, war das Lararium, die Hauscapelle, im Atrium, wo auch die Busten (imagines) der Vorfahren standen. Die Lararia der Armen waren eine Art von Wandschranken, nicht sehr hoch, und entweder rund oder viereckig; die der Reicheren hingegen lange Schranke, in einer Erhohung angebracht, mit Saulen und andern Verzierungen ausgeschmuckt. Sie waren durch Flugelthuren geschlossen, die man aber jeden Tag bei dem Opfer bffnete 4 ). Es hatjen die Reicheren sogar ein doppeltes 1) S. die Anfiihrungen bei Miiller a. a. 0. p. 68 ff. 2) S. Miiller a. a. 0. p. 71. 3) S. die Commentatt. Herodott. I. p. 235. Not. [verg*. liber diese Localitaten der Griechischen und Italischen Hausculte Raoul- Rochette Lettre a Mr. Panofka in den Annales de l'lnstitut de France III. p. 415 sqq. und auch in Beziehung auf die Penaten, Hartung's Relig. der Romer 1. m 72 if.] 4) Ueber die Lararia sehe man besonders J. Gutherius de veteri ^ 567 ^ Lararium, ein grosseres und ein kleineres} sie hatten femer, wie man aus Inschriften ersieht, eigene Aufseher iiber die Hauscapellen , Sklaven, Magistri Lamm genannt , welche Alles besorgen mussten, was sich auf die Einrichtung, den Zustand u. s. w. dieses Lararium bezog. Von ihnen sind die Decurio nes Larum nicht sehr verschieden. Die Aermeren freilich mussten sich oft mit dem blossen Heerde begnugen, wo sie ihrem Lar mit Weihrauch, Wein und sonstigen Opfern dien- ten, und ihn bekranzten. Man feierte auch den Laren zu Ehren offentliche Feste. die Lar aria und Compitalia. Ihre Zeit fiel in. den Winter, in den Decern bermonat , kurz nach den Saturnalien, und sie \va* ren gleichfalls mit feierlichen Spielen verbunden, deren Stif- tung die Rdmische Sage dem alteren Tarquinius zuschrieb 1 ) Sie galten den Laren als freundlichen Gottern (diis propitiis ) oder Schutzgeistern , hatten auch eben daher einen heiteren. frohlichen Charakter, und bildeten in so fern eine Art von Gegensatz zu den Lemurien. Die Compitalia 2 ), den Lares Compitales geweihet, feierte man im Freien, da wo mehrere Wege zusammentrafen , auf Kreuzwegen (ubi viae competunt. in compitis), und zwar auf keinen bestimmten Tag. Servius Tullius hatte sie zu Rom eingesetzt, und der Senat bestimmte dann den Tag der Feier. Vordem schlachtete man bei diesem Feste der Gottin Mania Kinder $ hernach veranderte sich dicse grausame Sitte dahin, dass eben so viele WoIIknauel oder Mohn- und Knoblauchkopfe, als Seelen im Hause waren, an jure Pontilicio III. 10. (in Graevii Thesaur. Antiqq. Roinni. Tom. V pag. 139.) 1) Plinius H. N. XXXV. 27. 2) S. Hempelius de Diis Laribus p. XU1I sq, HauptstelJe bleibt immer: Dionysius Halic. rv. p. 219 Sylb. p. 635 R. nebst Gellius N, A X. 24. und den Auslegern ; vergl. auch C. Siccama in fastos Calend. Komm. in Graevii Thes. Antiqq. Ronirn. Tom, V1IL p. 69 sqq. * 568 m der Thure des Hauses aufgehangen wurden *). Jede Familie brachte einen Kuchen (libum) zum Opfer$ Knechte^ Magde, Sklaven feierten das Fest in voUiger Freihett und Gleichheit rait ihren Herreri, gerade wie an den Saturnalien; Sklaven selbst , und keine Freien , dienten den Priestern bei dem Opfer, das diesen Schutzgeistern der Wege gebracht w«rde, als Gehulfen; eine Sitte, welche die Romer sehr zu bewahren suchten 2 ). Endlich gaben die Viertelmeister der Stadt, die Vico-magistri, offentliche Spiele seit der oben erwahnteri Stif- iung diirch Tarquinius Priscus. — Auch wurden dem Lar famiJiaris bei Todesfallen in einem Hause Schopse geopfert. Cicero de Legg. II. 22. 55. quod genus sacrificii Lari verve- cibus fiat 5 welche Lesart Gorenz mit Recht vertheidigt. Man vergleiche die dort von Ursinus beigebrachten Inschriften. So lesen wir auch bei Marini (Atti frat. Arval. II. p. 373.) eine Inschrift: Laribus verbeces duos, Matri Lamm Oves duas. Die falsche Lesart mehrerer Handschriften bei Cicero a. a. 0. verberibus zeigt, dass auch dort die alterthumliche Form verbecibus herzustellen ist. Was nun die bildlichen Darsteliungen der Laren betrifft, so hat schon Muller a. a. 0. p. 84 ff. einiger Denkmaler, nach Montfaucon, Passeri und Andern, gedacht. Ich habe selber 1) S. die Hauptstelle des Macrobius in den Saturnalien I* 7. nag. 232 sq. Bip. 2) S. Dionys. Halic. IV. p. 219 unten , p. 220 oben. Auf die Frei- heit der Sklaven bei diesem Feste bezieht sich auch die Sfcelle des Cicer6 Epist. ad Attic. VII. 7.: ego, quoniam IV Non. Jan. compitalitius dies est , nolo eo die in Albanian venire , ne molestus sim familiae (i. e. ser- vis), so wie die Worte des Horatius, Od. III. 17. 14: eras Geuium raero Curabis et porco bimestri Cum famulis operum solutis. Man sehe Mitscherlich zu dieser Stelle, und liber das Fest der Compi- talia nocii I*. Morestellus de feriis Romann. Dialog. XI. in Graevii The- saur. Antiqq. Ronun. Tom. VIII. p. 803 sq. ^ 569 *m nach einer Munze der gens Casia zwei Laren unten f in den Bilder-Tafeln Nr. 10. zu diesem Hefte dritter Ausg.] beifugen lassen. Sie fiihren das Attribut des Hundes, wahrend auf anderen Denknialen ihr Haupt haufig ein Hundsfell bedeckt, oder ihre Tunica aus einem Hundsfelie gebildet ist. Fur einen Lar giebt auch Lanzi (Saggio d. Ling. Etrusc. Tom. III. tab. XV. nr. 4-3 die Figur aus, welche auf unserer Tafe! XL1X. 2ter Ausg. nachgebildet ist. Ferner s. Birger Thorlacius in der Abhand- lung: Antiquitates quaedam ex monumentis priscis, praecipue ex gemmis musei Muntertani et Monradini, Havniae 1814. p. 12 sqq. nebst Millin Magazin encyclop. 1814. Decemb. p. 462. Er bemerkt, dass sich bei D'Agincourt Collection de terres cuites ph XIV. nr. 8. (auf unserer Tafel LI. nr. 2. 2tejr Ausg. copirf. vergl. die Erklarung p. 58.) in der That ein Lar abgebildei linde, in der Gestalt eines nackten Kindes mit der Bulla am Halse (s. die Erklarung in unserm Bilderhefte p. 59.), und zu den Fussen einen Hund. [Wogegen K. 0. Muller im Hndb. d. A. d. K. §. 405. p. 623. nr. 7. 2ter Ausg. erklart : Die Kin- der mit der bulla gehen die Laren nichts an.] Auch die Wesenclasse der Manen war in ein System geordnet, gleichsam in ein Geschlecht unter einer Stamm- mutter und Vorsteherin. Die Sabiner verehrten eine Gottin Larunda in diesem Sinne. Sie ward in den Saliarischen Ge- dichten als Mania angerufen (Varro de L. L. VIII. p. 142 Bip, Festus in Man. p. 223 Dac.) l ). An die Manen knupfien sich 1) In diesen Kreis scheint auch die Gottin Mana Geneta Mavrf) zu gehoren, der man einen Hund opferte, mit der Bitte, dass Ni'emand von den im Hause Gebornen gut werde. Plutarchus, welcher uns diese Nachricht aufbehalten (Quaestt. Romann. LII. p. 277. Vol. TI, p. 133 Wyttenb.), stellt verschiedene Fragen auf, urn den Gruud dieser sonderbaren Sitte zu erklaren. Zuletzt vermuthefe er, unter „Guten" seyen liier die Gestorbenen zu verstehen, so dass also dieses Gebefc auf die Erhaltung der Hausbewohner am Leben sich bezogen. Die Gottin selber, welche, wie ihr Name andeutet, auf die Entstehung und Geburt verweslicher Korper (viav y&ctQxwv} sich bezieht, vergleicht er mit der inanche Begriffe, die selbst in der Romischen Staatsreligion hervortreten. Auch hier wieder viele Erinnerungen an Aegyp- tische Damonologie. Die Manes hatten in der sublunarischen Welt zwischen dem Mond und Erdkreis ihren Sitz. Auch wird von der Unterwelt, als ihrer Wohnung, geredet. Hier, wie in Aegypten, ward ohne Zweifel Unterwelt in verschie- denem Sinne gesagt, sowohl in der ersten Bedeutung, als auch in der von tellurischer, nnterirdischer Behausung. Das Unbestiramte ist diesem geisterhaften Gebiete allenthalben na- turlich und eigen *). Nach Romischem, ohne Zweifel aus der disciplina Etrusca uberliefertem Glauben nahm man an , die Manes kamen dreimal im Jahre aus der unteren auf die obere Welt, am 24> August, am 5. October und am 8. November. Das waren Dies religiosi , an denen der Romer nichts Wich- tiges vornahm, keine Schlacht lieferte und der£l. (Festus in den Grammatic. bei Gothofred. p. 122. und 223. vergl. Macrob. Saturn, i. 16.). Das Volk versinnlichte sich diese periodische Hecate, die in Griechenland gleichfalls das Hundsopfer hatte; s. oben II. Th. p. 515 f. und Boxhorn in Graevii Thesaur. Antiqq. Romann. Tom. V. p. 1018. 1) [Dies Unbestimmte zeigt sich auch in der bei den Alten schwan- kenden Etymologie des Wortes manis, manes. Die einen leiteten es her von manare, niessen CMart. Cap. II. 160. p.2l6Kopp, vgl. Plut. Q.R. §, 52.); Andere vonmanere, bleiben, beharren (Mart. Cap. g. 162. p. 217.); Andere von ^avy[i d. i. luna, Mond (vgl. Kopp ad Mart. Cap. p. 218.). — K. 0. Miiller Etrusk. II. p. 95. sagt: „Manis ist in immanis erhalten. Manum bonum nach Serv. zur Aen. I. 139. HI. 63. Sonst s. Festus s. v. manuos und Matrem Matutam. Die Ableitung von manare ist wohl ganz zu verwerfen." So auch im Wesentlichen Hartung Rel. d. Rom. I. p. 43, der noch manis mit maturus und mollis vervvandt fioden will. Wogegen Doderlein Hndb. der lat. Etymol. p. 106. das Wort von manare ableitet: „dimanantes umbrae, wie viy.voiv u/tevfjvu y.ugqva. Die Schattengeister der Verstorbe- nen." — Jede dieser Herleifcuugen enthalt, wie in andern alten Cultus- Wortern, etwas von dem wirklicheu Begriff. Am wenigsten darf aber der des Guten aus der Acht gelassen werden, da die Stelle des Plutar- clius beweiset, dass die Griechen Manes durch xQn aToi ubersetzten.J ^ 571 Seelenwanderung durch den lapis Manalis, der auf einem Schlunde lag. Aus diesein Steine (Manalis) liess man die Seelen im Volkssprichwort herausfliessen (manare). Freilicb kniipfte man auch andere Mythen an diesen Geisterstein. Doch gait er gemcinhin fiir die Inure des Orcus, und die Zeit, wahrend die Geister emporstiegen , bezeichnete der Ausdruck Mundus patet. Der gelehrte Matthia hat fin seinen Bemer- kungen uber Stellen des Livius u. s. w. Frankfurt 1810. p. 19. ') einen andern Ausdruck, Mundus Cereris patet, davon zu un- terscheiden gesucht. Fur letzteren fand er erst spater Zeu- gen. Hiernach zu schliessen, konnte also die Vorstellung einer Ceres als tellurischer Potenz spater zu den Romern ge- kommen seya, als ihre Pneumatologie sich gebildet- Ich~ mochte auch dieses kaum aus jenem Ausdruck folgern. Der Begriff der altesten Ceres der Pelasger, der Cabirischen Ce- res, war erweislich der einer Erdmacht, einer tellurischen Todesgottheit. Die Erde sendet Geister, sie sendet aber auch Fruchte und alle gute Gaben$ und wie die Erdgotter, die Todesgotter in alter Religion sammtlich auch die guten Gotter sind und heissen , so war Ceres %&ovia im Begriff und "Wesen Eins mit der in Alt-Italien mysterios verehrten Bona Dea. Trennte man gleichwohl im Volksglauben und im brt- lichen Dienste hie und da die Bona Dea von der Ceres, so ist dies eine Erscheinung, die nur beweiset, dass man hier, wie ofter, besonderen Eigenschaften Eines Grundwesens ei- gene Personlichkeit gab 5 welches wir schon bfter zu bemer- ken Gelegenheit batten. Als ein solches Grundwesen muss aber die Cabirische Ceres gedacht werden. Auch Arcadien, wo die Religion derselben so herrschend war, wollte den Schlund des Orcus ^ durch welchen Persephone hinabgefuhrt worden, bei sich haben$ und die Pheneaten namentlich, diese 1) [Jetzfc muss uber mundus, uber die verschiedenen Bedeutun- gen von lapis manalis K. O. Miiller Etrusker II. p. 95 ff, nachgelesen werden.] 572 «m eifrigen Diener des Hermes mid der Ceres . hatten . wie wir oben sail en , auch ibren heihgen Stein TCerQojfxa, der am Jah- resfeste der Ceres unter Cariinonien erdffnet ward. Alle diese Vorstelhmgen hangen mit der Lehre von den abgeschiedenen Seelen und Manen uhmittelbar zusammen. Von den Festgebrauchen , die in jenen Tagen der Romer beobachtete, haben wir nur dunkele Vermuthungenj aus dem sehr begreif lichen Grunde, weil das AUes ja an die Geheim- Iehre granzte oder selbst dazu gehorte. Wenn man sie als eine Art von A Her seelen f est sich denkt, so mag dies seine Wahrheit haben. Nur muss immer das offentliehe Seelenfest der Romer davon unterschieden werden. Dies ward im Fe- bruar gefeiert , wenn die Sonne im Zeichen des Wassermanns war, und bestand hauptsachlich in Trankopfern, die man den Manen darbrachte. Es wird als eine Eigenheit bei den Alten bemerkt, dass Decimus Brutus sich von der allgemeinen Sitte trennte, und dies Fest im December, also im Steinbock, feierte *). Dies Alies, Regel und Ausnahme, kann --erst unten im vierten Theile verstandlich werden, wo wir der Seelen- wanderung gedenken mussen. Es waren dies alte Lehren Aegyptiseh-Orphischer Priesterschulen ^ und Pythagoras wie die Etrasker hatten sie daher, wenn man auch keineswegs gemeint ist^ diesen Philosophen fur einen Etrusker zu halten, Es lag viel Sittliches in dieser Lehre , wie jeder Unbefangene gestehen wird, der auf einige Hauptzuge geachtet, wie z. B. darauf j dass die schreckliche Larva dem frommen Hausbewoh- ner nicht schadet, dass es theure Pflicht ist, den Todten zu bestatten — und die sinnvoile Lehre vom Lar (amiliaris wie greift sie nicht zum Herzen, wie nimmt sie nicht den Men- schen in seinem ganzen gewohnten Leben in Anspruch, und macht ihm Vaterland und Vaterhaus lieb und heilig! Ueber- haupt ist es denn nicht wohl gethan, den kraftigen, sinnlichen 1) Cicero de Legg. II. 21. 54. Plutarch. Quaesfc. Rom. XXXIV. p. 272. p. 114 Wjtfcenb. Joh. Lydus de menss. p. 68. p. 170 Rother. , ^ 573 Naturmenschen durch so viele Bande als moglich an den Himmel anzukniipfen, ihn so viel als moglich an die Gottheit und unsere Verwandtschaft mit ihr zu erinnern? Dass Etru- riens Priesterschaft eine so ernste und vaterliche, so freund- liche und so heilsame Leitung der Volker verstanden, geht aus Allem hervor, Dieser Todtendienst war dem Volke theuer geworden. Es huldigte ihm fortan gern und erzahlte sich dabei von dem frommen Aeneas , der zuerst diese Feier ange- ordnet habe. Auch die hohen Geschlechter des stoJzen Roms blieben dabei. Das Manenfest, das jahrliche Besuchen der Graber der Vorfahren fuhrte den Geist zur Erinnerung an die Vorweit zuruck, an die Edelsten der Vergangenheit. Hatte doch der Ahnherr der Stadt, Romulus selbst, die Le- muralia gestiftet *)• Dieses Fest hatte angeblich Romulus angeordnet, um seinen erschlagenen Bruder Remus, der nun als ein boser Geist, Ungluck drohend, als Lemur die Stadt umschwebt , zu versuhnen 2 ). Dann wurde das Fest zu einem allgemeinen Suhnfeste , um die bosen , abgeschiedenen Geister oder Lemures zu besanftigen und Ungluck abzuwenden. Die Feier wahrte dreiTage, den 9., 11. und 13. Mai, und wurde zur Nachtzeit gehalten. Ausser Anderem suchte man die Le- mures durch pflichtmassige Reinigung und Suhnung zu besanf- 1) Ovid. Fast. V. 420 — 492. Livius I. 9. Servius ad Virgil. Aeneid. III. 63. 2) Daher sollte das Fest eigentlich Remvria genannt werden^ und daraus , der leichteren Aussprache wegen, Lemuria en ts tan den seynj s. Sicca ma in fastos Calend. Romann. cap. XI. in Graevii Thesaur. Antiqq. Romm. VIII. p. 70. Es ist oben jedoch bemerkt worden, dass Appulejus genio Socratis p. 50 Elmenh. den Lemur unbestimmt nimmt fur einen abgeschiedenen Geist iiberhaupt, und hingegen die nach dem Tode unru- higen Geister und mithin die Gespenster Larvae nennt. [Damit hangt eine Sage von der Acca Larentia zusammen, die Ovidius in den Fast. V. 453 — 480 ausfiihrlich behaudelt. In den Italischen Herakleen w urde eine Acca Larentia audi mit dem Hercules in Verbindung gebracht. S. II. 3. p. 640 f. dieser dritten Ausgabe.] 574 tigen; man warf bei nachtlichem Opfer Bohnen zum Fenster hinaus, und sagte, man werfe die Gespenster (Lemures) da- mit aus dem Hause. Die kunstfertigen Etrusker stellten in demselben Geiste sinnvolle Biidwerke auf Wie tief die Genienlehre in die Wurzel der Nation gedrungen, davon sind ihre Denkmale redende Zeugen. Wir beschranken uns auf solche Werke, deren Etrurischer Ursprung unter Kennern unbezweifelt ist Jene Pateren und Reliefs, die man in den Trumraern alt- Etrurischer Stadte, und oft mit Etrurischer Schrift iindet, sind in der That zum Theil eine bildliche Damonenlehre. Seit Dempster und Gori sind jene Vorstellungen durch Kupfer- werke verbreitet. Ganz neuerlich hat Micali in dem ange- 1) Ueber diese bildlichen Darstellungen der Etrusker vergleiclie man jetzt Francesco Inghirami Osservazioni sopra i monumenti unit! all' opera intifcolata l'ltalia avanti il dominio de' Roman i p. 62 sqq. und ZJhdcn iiber die Todtenkisten der alten Etrusker, besonders iiber die an denselben gebildeten Reliefs; in den Abhandll. der hist, pliilologischen Classe der Konigl. Preuss. Academie der Wissensch. Berlin 1819. p. 25 ff. [Hier ist jetzt Vcrschiedenes zu erganzen und zu berichtigen. Dass Charon schon in altgriechisclien Volkssagen ein grosser Unterwelts- und Todes- Gott, wie in den neugriechischen Liedern, gewesen, hatte schon Miiller in den Etrusk. II. 100. bemerkt. Seitdem hat Ambrosch De Charonte Etrusco Bresl. 1837. diese Vorstellungen vom furchtbaren Etruscischen Todfeenfiihrer Charun gelehrt ausgefiihrt; und diesen entweder selbst- standigen Gott Charun, oder als Boten des Etrurischen Unterweltsgottes Mantus, haben wir auf Etruscischen Urnen Todtenkisten u. s. w. anzu- erkennen. S. audi die Angabe der Bilder nr. 13 — 19 dieser 3ten Ausg. Dem Micali widerspricht in mehreren Puncten der Deutung dieser Etru- rischen Todten-Scenen Inghirami in den Monumenti Etruschi, z. B. audi in Betreff des sogenannten guten Genius, der dem von Charun in die Unterwelt abgeholten Verstorbenen folgen solle (s. I. p. 61 sq.). — Hin- gegen hat die von mir weiter unten in Erinnerung gebrachte Allegorie vom weissen und vom schwarzen Rosse beim Plato die Zustimmung von Raoul-Rochette Monumm. ined. p. 153. erhalten, der die weissen und schwarzen Bander auf Todtenmahlen in den Vasenmalereien damit in Verbindung bringt.] 575 *m fiihrten Werke mehrere merkwurdige Denkmale der Art mit- getheilt. Ich hebe nur einige aus. So zeigt eine alabasterne Urne (Micali nr. XXVI.) eine auf einera Pferde sitzende ver- schleierte Figur. Vor dem Pferde geht der^)6se Genius von furchterlichem Ansehn und mit dem Hammer bewaffnet. Er hat es im Zugel gefasst, und ist also hier sichtbarlich See- ienfuhrer. Es folgt eine jugendlich schone mannliche Figur, der gute Genius, der die Seele nicht lassen will und ihr nach- geht. Hier sind die Genien nicht beflugelt. Auf der Tafel nr. 52. (wovon unsere Tafel LIX. eine Copie liefert 5 vergh Erklarung p. 61 2ter Ausg.) haben sie Flugel, und so fast immer. Hier sind sie an einem Wagen angespannt, auf wel- chem eine weibliche verschleierte Person sitzt. Der eine ist schwarz , der andere weiss. Es folgt ein mannliches Wesen, und hinter diesem sieht man wieder zwei schwarze beflugelte Genien , wovon der eine am Eingang eines Thores steht. Man vergleiche die andern Darstellungen daselbst (auf den Tafeln 33. 34. 43. 45.), urn sich von den verschiedenen Wendungen zu uberzeugen, die Etruriens Bildner diesen Ideen zu geben wussten. Die Platonische Allegorie im Phadrus von den zwei Rossen weisser und schwarzer Farbe war mithin, wie so Vie- les, eine beredte Einkleidung alter Symbole in die schone At- tische Sprache. Schones zu bilden war den unter dem Gesetz vaterlicher Religion arbeitenden Kunstlern Etruriens nicht er- stes Augenmerk; wie die alten Pelasger und die fruhen Hel- lenen suchten - sie vor Allem nur recht bedeutsam zum Auge zu sprechen. Die Forderungen des Sinnes vermochten sie nicht immer zu befriedigen. Sie huldigten dem alten Glau- ben. Daher gaben sie wohl auch den Genien Flugel, mit Augen ubersaet, anzudeuten ihre umsehende, immer wachsame Vorsorge (s. die Bild werke bei Micali nr. 22 if. 41 ff. vergh dessen Tom. II. p. 49. und unsere Tafel LIX 2ter Ausg.). 576 t §. 5. Von den Penaten. Wenn also die Laren Beschutzer und Horte sind , denen die Giiter des Hauses, ihre wohlthatige Wirkung und Erhal- tung anvertraut ist , so sind dagegen die Penaten 9 welche den 9€ot$ iiv%loiq^ XTjjotoig und TikovTodoTccig der alt-Griechischen Beligionen entsprechen, eben die verborgenen Krafte , woraus der Haussegen und alle Guter des Hauses entspringen _ . - - : . , — — — — . 1) Den Unterschied zwischen Laren und Penaten denkt sich Plainer CBeitrfige zur Kenntniss des Attischen Rechts, Marburg 1820. p. 94 f.) so, dass die Laren rnehr auf; die inn ere n Verhaltoisse des Staates und der Familie, so wie auf die Sicherstellung derselben vor den Anfallen feindseliger Machte, die Penaten dagegen auf die ausseren und deren wandelloses F;ortbesfcehen in Gliick und Frieden sich bezogen batten. — Schon Dionysius von Halicarnass in der Hauptstelle von den Romischen Penaten (Antiqq. Romann. I. 67, p. 54. p. 169 Reisk.) bemerkt, dass man dieselben im Griechischen bald &wl naTQwoi, bald yevt&Xioi, bald xT^otot, bald fziixioi' oder auch fgxto* nenne ; lauter Benennungen , deren jede eine Eigenschaffc oder etwas ; den Penaten wesentlich Zugehdriges bezeichne : totxe Sk tovroiv §ittOTo<; xa%a xtvoq tiuv avpfitfirpJoxviy ui/Tolq noulo&at, tt\v InlxXtjOW v.wSvvivovot %t ou to uvra Tidvxaq, Ofiwq y£ nwq to uvto teytiv. [K. O. Miille,r Etr. II. p. 86 so, — „Nicht in gleichem Sinn scheinen die Penaten, die auch bei den Tuskern vorkommen, eine besondere Classe gebildefc zu haben. Penas ist urspriinglich ein Lateiniscbes Lokal-Ad- jektiv, wie cujas und nostras und Arpinas u. dergl. Dii penates sind die im penus, das heisst in der Vorrathskammer des Hauses , welche im Innern desselben lag, verelirten Gotter. — Nigidius (bei Arnob, adv. 577 <^ DaheF strahlen sie von der Vesta aus, und nehmen ihren Siia im Innersten des Hauses$ daher ihr Name Penates, man mag inn nun von penus , jede Art von menschlicher Nahrung (weil sie allein dieselbe verleihen), oder von penitus ableiten , so dass sie die Inner en sind, die im Innersten hausen, deshalb auch penetrates von den Dichtern genannt '). Also im Inner- sten wohnen sie, wie die deol ^v%lol v von hier aus, gleich- sam wie aus dem Verborgenen, Segen und Wohlstand uber das Haus verbreitend , und in so fern gleichbedeutend mit den &eolq KTijaiOis und 7tkovTo86vaig der Griechen; wie solches bereits Spanheim (de Vesta et Prytann. §. 14. in Graevii Thes. Antiqq. Romra. V. p. 685.} gezeigt hat. Eben darum gehoren sie zu den grossen und machtigen Gottern, dii potentes, 9eol dvvccToe, peydkoi (s. Spanheim a. a. 0. p. 686.), welche das alte Griechenland gewiss eben so gut kannte, wie das alte Etrurien und Latium, die auch uberdies in bestimmten Nach- richten der Alten als identisch mit den Gottern von Samo- thrace genannt werden, sie sind die Cabiren von Samothrace, die ersten Grunde alles Daseyns (s. oben III. Th. p. 25.) 2 ). gent. III. 40.) hatte aus Tuskischer Disciplin uber die Penaten im A1I- gemeiiien gelehrt : es gebe vier Classen derselben , einige seyen Penaten des Jupiter , andere des Neptun, and ere der Unterweltsgotter , andere der sterblichen Menschen ; worin ich den Gedanken ausgedriickt finde, dass die Damonen , welche den Besitz des Hauses mehren, nach der Idee der Tusker, zum Theil die Seelen der Verstorbenen, zum Theil Weseu der Erde und Unterwelt, des Wassers, des. Himmels seyen."] 1) S. Cicero de N. D. II. 27. — „Nec longe absunt ab hac vi dii Penates, sive a penu ducto nomine (est enim omne r quo vescuntur ho- mines, penus) , sive ab eo, quod penitus insident: ex quo etiam pene- trates a poetis vocantur." Ich babe dort p. 315. 316. melirere Nachwei- sungen gegeben. Vergl. besonders Miiller de Diis Romm. Larib. et Penat. p. 10. und J. F. Gronovius Diatrib. in Statium ad Silv. IV. 8. cap. XLIV. p. 451 ed. Hand. 2) In kosmogonischer Hinsicht sind, wie Sandal (Cosmogoniae An- tiquitatis primae lineae Part. I. Hafniae 1819. p. 185 sq.) zu z,eigen sucht , diese grossen Gotter oder Penateu zu nehmen als die vier Prin- In diesem Sinne erklart sie anch Macrobius als die Gotter. durch die wir Jeben und weben, durch die wir einzig und allein sind und beslehen Es ist demnach mit den Penaten der BegrifF voin Inneren des Hauses und von alien Gutern, die es enthalt, personificirt. Es ist das geheime Walten der Gottheit, an welches wir bei den Penaten denken mussen, eben das, was die Bedingung aller Wohlthaten ist, die uns cipien oder ideellen Urstoffe, welche in der Weltseele vereint sind, Feuer, Wasser, Luft und Erde; und so fallen Apollo und Neptunus, ersterer als Aether (Feuer) un d Luft, dieser als Wasser und Erde, in die Zahl jener grossen Gotter nebst Juppiter, Minerva und Juno; Mi- nerva als der funfte Theil des Aethers, als Feuer, welches die iibrigen Stoffe durchdringt, Juppiter als die reine Luft, Juno als Wasser und Erde; was auch Servius gewissermassen bestatige (zu Virgil. Georg. II. 323.). Und dahin gehore auch die Angabe des Nigidius bei Arnobius III. 40. p. 132 Orell. : dass Neptun und Apollo, welche die Mauern von Ilium erbaut, Dii Penates seven, und dass die Etruscische Priesterlehre vier Arten von Penaten angebe (s. obcn). In diese Vierzahl von Penaten stellte Casius dagegen: Fortuna, Ceres, Genius Jo vialis und Pales, letz- teren als ein mannliches Wesen, als Diener des Zeus und Verwalter (villicus). Die beiden ersten nimmt Sandal a. a. 0. p. 187. als Luft und Erde, den genius Jovialis als Aether und den Pales als Urwasser. Varro (bei Arnobius) hatte gelehrt, man kenne weder die Zahl noch die Nam en dieser Gotter, „ qui sunt introrsus atque in intimis penetralibus coeli. u Die Etrusker nennen sie auch wohl Consentes und Complices, weil sie zugleich entstehen und untergehen, sechs mannliche und sechs weibliche Gottheiten mit unbekannten Namen , Rathgeber des hochsten Gottes Jup- piter; und in der .Zwdlfzahl kennt sie auch Varro de R. R. I. l. Andere, setzt Arnobius hinzu , hielten Juppiter , Juno und Minerva fur die Pena- ten, „sine quibus vivere ac sapere nequeamus, sed qui penitus nos re- gant, ratione, calore ac spiritu." I) Saturnal. III. 4: Sed, qui diligentius eruunfc veritatem, penates esse dixerunt, per quos penitus spir annus , per quos habemus corpus, per quos rationem animi possidemus. Eine andere Ableitung giebt Festus (p. 335 Dacer.) und Servius zu Virgil. Aen. III. 12: „Penus dictus locus in aede Vestae intimus, et qui statis diebus circa Vestalia aperitur efc clauditur." — Daher nun der Name der Romischen Penaten, zu denen eben deswegen auch Vesta gehort. 579 «m Heimath, Haus und Hof gewahren. Ohne hier die Verwandt- schaft dieser Penaten init den Cabiren und andern oriental i- schen oder Griechischen Gottheiten (s. Muller a. a. 0. p. 19 If.), noch den angeblich Troischen Ursprung ') der Rbmischen Penaten weiter zu beruhren, will ich nur bemerken, wie so ganz der Begriff dieser Italischen Gottheiten rait dem dei $€oi 'Egxeioi bei den Griechen ubereinstimmt , an deren Spitze Juppiter Herceus steht. Er und Vesta, seine Schwester, sind die grossen Stadtpenaten Roms, die vaterlandischen Got- ter (dii patrii), durch deren verborgenes Walten diese Stadt beschutzt und zur Herrscherin der Welt erhoben ward. Diese Verbindung oder vielmehr diese Aehnlichkeit des Zsvg 'Eg- xstog, als Griechischen Hausgottes, mit den Rbmischen Haus= gbttern oder Penaten, auf die schon Spanheim a. a. 0. auf- merksam gemacht, hat nun Plainer 2 ) weiter durchzufuhren gesucht. Er ist der Meinung, an dem Beispiele dieses Got- tes gezeigt zu haben, dass die Griechen, so gut wie die R6mei\ eine Art Laren- und Penatendienst gekannt haben. Es zerfallen aber die Penaten, wie die Laren, in Penates publici oder majores, und in Penates privati , auch minores und 1) Vergl. Niebuhr Rom. Gesch. I. p. 135 : „Wichtig aber und eigent- lich der Romischert Religion angehorend, der Tuscischen, wie es scheint. fremd , war die Verehrung der Penaten %u Lavinium (der Glaube an das Daseyn des Palladium im Tempel der Vesta ist jung und ward nic allgemein) (?), an denen, wenn nicht von den altesten Zeiten her Troi- sche Sagen an sie geknupft gewesen, ohne Zweifel andere altere Natio- nalsagen gehangen haben wiirden" u. s. w. [ — Ganz gegen die klarsten Zeugnisse der Alten, die ich und K. 0. Muller so eben beigebracht.f Vergl. auch v. Bonstettens Reise nach Rom I. Th. p. 474. der deutscheu Bearbeitung. 2) Beitrage zur Kenntniss des Attischen Rechts p. 94 f. — Ich bin in meinen Commentatt. Herodott. I. Lips. 1819. p. 238 sq. von demselben Grundsatz ausgegangen. Je weiter wir in der Griechischen Religion ins Alterthum hinaufsteigen , und je mehr wir von den Poeten abstrahiren, desto mehr Aehnlichkeit mit der alt-Italischen, Creuzer's deutsche Schriften. III. 3. 37 580 familiares genannt l J. Jene sind es, die mit unsichtbarer Kraft das Gedeihen und die Wohlfahrt von Stadten, Geinein- den und Volkern fordern , die darum Tempel , Altare und Hei- ligthiimer haben, wo sie die Opfer und Gebete ihrer Verehrer empfangen. Als die unsichtbar waitenden Schutzgeister einer Stadt fallen diese Penates publici mit den diis patriis (jteolc, nciTQajoigy^ womit eben die besonderen Schutzgotter einer Stadt oder eines Volkes bezeichnet werden, zusammen. Es werden daher haufig dii patrii und Penates in Verbindung genannt, z. B. bei Cicero pro Sulla cap. 34. und anderwarts, oder die Penaten erhalten selber das Beiwort patrii, wie bei Statius a. a. 0. 2 ). Die Penates privati, familiares oder minores werden im innern des Hauses, auf dem Heerde verehrt, wo ihnen ein Keuer brannte, wie der Vesta 5 die ja selbst in der Zalxl der t) S. Mutter a. a. O. p. 16. Hempelius de Diis Laribus p. XXIV. Ausserdem iiber diese dii privati und publici, Manes, Lares, Penates der Homer, J. F. Gronovii Diatrib. in Statium cap. XLIV. ad Silv. IV. 8. p. 456 sqq. ed. Hand. 2) S. dazu Gronovius a. a. 0. p. 449 ed. Hand. Wenn man, be- merkt Hand, streite, ob die Penaten unter die Zahl der dii patrii gehort und also mit diesen identisch seven, oder nicht, "so habe beides in ge- wisser Hinsicht seine Richtigkeit, nur musse man annehmen, dass die Penaten oft mit dem allgemeinen Nam en der dii patrii benannt worden. Die Penaten namlich vvaren entweder publici oder privati, die dii patrii immer publici, d. h. solche, die von der ganzen Stadt und dem gesamm- ten Volke (nicht von den einzelnen Individuen) als Schutzgotter verehrt wurden. Dem zu Folge konne man die Penates publici mit Recht patrii nennen, die Penates privati aber wohl nicht. Auch Gronovius selber (a. a. O. p. 447.) macht bemerklich, dass man die Penaten ofters den diis patriis entgegengesetzt finde , wo sie als diejenigen begriffen wiir- deu, welche man sonst als Lares familiares bezeichne, patrii dagegen oft statt derer, unter deren Schutz Volker und Stadte stehen, also pub- lici. — Und es lasst sich in diesem helldunklen Gebiete der alteu Volks- religion wohl vermuthen , dass die Begriffe der Penaten und der Lares nicht immer so scharf geschieden worden. ^ 581 penaten mit einbegriffen ist. Denn der Heerd ist der gemein- same Strahlenpunkt , von wo aus nach alien Seiten Heil und Gliick fiir das Haus ausgeht. Die Penaten sind es ja — per quos penitus spiramus — welche unser sinnliches Leben, un- sern Hauch und die innersten Gesetze unseres Korpers bedin- gen, die uns das liebe Gut, den jahrlichen Ertrag, die Habe spenden (jfreol xTtjotoi), die uber den Hofraum segnend wal- ten ') (jtsot epxeioi), die die Hausflarame anfachen, und Alles das verleihen , wodurch der Hausgenosse sich behaglich fuhlt. Diese Vorstellungen vereinigen sich nun sammtlich im Begriffe von der Vesta, als der ersten Penas, der ersten und der letzten , der innersten Gottin , der Vorsteherin aller Pena- ten 2 ). Nachher ward ihr die Pallas beigesellt, und, obgleich •Rom aus Pelasgisch - orientalischer Tradition nur diese zwei Penaten hatte (das Feuer der Vesta und das Gnadenbild der Pallas, aus Asien mit den Troischen Ankommlingen hierher verpflanzt; — so bekam doch in der Folge Bom noch meh- rere Penaten, Juppiter , Janus, Mars und Romulus. Sie ins- gesammt, mit der Vesta und Pallas, waren die Stadtpenaten und grossen Schutzgotter Rdms , Penates publici 3 ): Juppiter, der auf dem grossen Nationalort, im Capitol, in dem edelsten Hofraume wohnet$ Janus, aller Dinge Anfang; Vesta, der Anfang und das Ende, die Summe, das Wesen und die Seele aller Dinge 5 Mars, als der grosse Anfanger der Zeit und des Jahres, der Inhaber des ersten Monats (desMarz, nach altem Romercalender) , dessen Sprosslinge, Romulus und Remus, Rom gegriindet. Auch Mercurius wurde ihnen zugezahlt, 1) Juppiter Herceus hatte im Hofe eines Spartanischen Konigs, neben einem Heros, seinen' Altar; der grosse Penate neben dem Lar meine Commentate. Herodott. I. p. 239.)* 2) Schon nach der oben erwahnten Etymologie von penus, dem Heiligthum der Vesta 5 s. E. Spanheim de Vesta? in Graevii cues. Antiqq, Romm. V, p. 686. 3) S; Gronovins zum Statius a. a, 0„ p. 450, 37* ^ 582 nach einer Stclle des Servius (siehe Spanheim de Vesta et Prytt. §. 15.> Ueber die bildlichen Darstellungen der Penaten fehlen uns nahere Aogaben. Bios Dionysius von Halicarnass sagt 1) S. Antiqq. Romm. I. 67. p. 55. p. 169 sq. Reisk. Servius zu Virgil. Aen.'II. 325. — quos tamen Penates alii Apollinem et Neptunum volunt, alii hastatos esse et in regia positos tradunt. Die Aehnliehkeit mit den Dioscuren liegt zu Tage. — Auf die kriegerische Sfcellung der Penaten mag sich auch der Gabinische Gurt oder Gewandwurf beziehen, mit dem sie bekleidet gewesen seyn sollen ; wenigstens finde ich in einer Trierer Handschrift des Persius folgendes Scholion zu Satir. V. 31. " ,,(Bullaque succinctis Laribus donata pependit) quia Gabino habitu cincti Penates formabantur obvoluti toga super huniero sinistro et dextro" (die gewohnliche Lesart hat: cinctuque, so wie : humerum sinistrum, dextro* nudo^. [Hartung Relig. der Rom. I. 76. hat die Stelle des Dionysius in Deutscher Uebersetzung mitgetheilt. K. 0. Miiller Efer. L p. 268. meint, in dem Scholion zum Persius a. a. 0. sey Penates wohl ungenau fiir Lares geschriebeo. Guigniaut p. 416. glaubt, die von Dionysius a. a. O. angefiihrten Heroldsstabe nebst Kanobenartigen Thongefassen von Lavi- pium, so wie die bewaffneten Jiinglingsgestalten der altrdmisclien Pena- ten, hatten mit den Etruscischen Penaten nichts gemein gehabt. (?) Wo- gegen J. A. Ambrosch (Studien und Andeutungen im Gebiet des altromi- schen Bodens und Cultus. Bresl. 1839. I. p. 131 f.) sich so erklart: „Ei- serne und kupferne Heroldstabe und angeblich aus Troja stammende Gefasse aus Thon waren es, die im innersten Heiligthum (zu Lavinium) liegen sollten; also uralte Symbole, wie deren ahnliche auch zu Rom in der-Regia, im Tempel der Vesta, in d,er Curie der Salier und anderswo aufbewahrt wurden. Aehnliche Gegenstiinde musste also auch der Tem- pel zu Rom bergen, in welchem die Gottheiten von Lavinium verehrt wurden ; und in der That beweisen .die vielen unvereinbaren Ansichten iiber Natur, Zahl, Geschlecht und Namen der Penaten, dass auch im Romischen Penatentempel entweder gar kein anthropomorphisches Bild dieser Gotter stand, oder wenigstens Niemanden gezeigt wurde. Am allerunwahrscheinlichsten aber isfe es, dass dort die Statuen zweier be- waffneten Jiingliuge gestanden." Vergl. Dessen Beilage p. 230 ff. — Dagegen sagt R. H. Klausen (Aeneas und die Penaten II. 660 ff.)- »Un- geachtet die lavinischen Penaten dem Dionysius im Adyton verborgen blieben, die romischen ihm Niemand verschloss, ist dennoch nicht zu dass die zu Rom in einem Tempel befind lichen Troischen Pe~ naten zwei sitzende, mit einem Speere bewaffnete Jiinglinge gewesen , von sehr alter Arbeit. In vielen andern alten Tern- peln habe er dieselben eben so als zwei bewaffnete Junglirige dargestellt gefunden. Und sie sind es auch wahrscheinlich. weiche wir auf einer patera bei de la Chausse (in Graevii Thes. Antiqq. llomm. Tom. V. p. 321. Tab. XXII.) erblicken. Es sind namlich, gerade wie Dionysius besagt, zwei Jung- linge mit Speeren in sitzender Stellung, an Schilde gelehnt Derselbe Geschichtschreiber fuhrt zugieich bei dieser Gele- genheit aus dem Timaus an, dass man in einem Tempel zu Lavinium Mercurstabe aus Eisen und Erz und Trojanische Werke aus Thon sah. In der alten Vaticanischen Handschrift der Aeneide des Virgilius sehen wir die Penaten abgebildet, weiche dem Ae- neas an den Kiisten von Creta, wo er vergeblich den ihm vom Orakel verheissenen Ort gesucht, erscheinen, und ihm Italien bezeichnen , als das von dem Gotte ihm verheissene Land. Aeneas ist auf einem Lager hingestreckt, urn ihn dk beiden Gotter , eine mannliche, altere und eine weibliche, dem Ansehen nach kleinere Figur, beide umschleiert. Zwei SaV len tragen die Decke desZimmers, uber welcher man Sterne und den Mond erblickt. S. Millin Galerie Mythologique Tom II. Tab. CLXXVI. nr. 645. und Explication d. planch, p. 113 zweifeln, dass sie einander ganz analog sind. Denn dies war allgemei- ner Volksglaube : die Javinisclien Penaten sind die vvahren Penaten von Rom, die romischen sind nur Hire Abbilder." — „Auch auf dem Altar des August (Raoul -Rochette Mon. ined. pi. LXIX. 3.) sind die Penaten in Larentracht dargestellt." — »Bei den Penatenbildern des romischen Volks unter der Velia weisst die sitzende Stellung auf die Hauslichkeit hin, wie die diistere Capelle ganz der kiihlen und von der Sonne abge- wandten Vorrathskammer entspricht; die Speere in ihrer Hand aber auf die kriegerische Starke, weiche von ihnen im Volk geniihrt wird. Da- her ein spater Dichter sie nicht unrichtig nach dem Mars benennt (Me- robaud. IV, 39: — Martios Penates), und die Salier ihren Dienst zu voll- 584 Ziehen haben (Servius in Aeneid. II. 325)." — Ich habe schon anderwarts auf eine Inschrift bei Marini Fratelli Arvali p. 120. verwiesen, welche besagt: „Dibus Penatibus ob rem militarem votum solvit." Auch habe ich zunachst vorher schon in der zweiten Ausgabe auf das Ineinander- fliessen der Vorstellungen von Larenund Penaten aufmerksam gemacht. Urn so misslicher ist es , Stellen der Alten, wie K. 0. Miiller a. a. O. versucht, andern zu wollen. Eben so vvenig ist auch eine sehr alte menschlich-kriegerische Darstellung der Laren zu leugnen. Und schon in den Sagen von den alten Spartanischen Hausgottern ging es sehr menschlich^zu (Herodot. V. 67 sqq.). — Uebrigens vergl. man jetzt auch die beigefiigten Abbtfdungen, unten nr. 9. dieser dritten Ausg.] / $• 6 Janus. IVach diesen Vorbemerkungen uber dje Theologie tier Etrurier uberblicken wir die Hauptgottheiten f und reden dabei zugleich von ihrem heiligen Dienste. Unter den grosseren Gottern stent, neben jenem Tina - Juppiter, oben an Janus, Die Vermuthnng des Salmasius, der Name sey yom Aeoli- schen Zdv abzuleiten, ist schon desvvegen unstatthaft, vveif Janus offenbar kein Pelasgisches , sondern ein national -Itaii- sches Wesen ist. Dies geht schon aus der Hauptstelle de& Ovidius (Fast. I. 90.) hervor, wonach Griechenland keinen Gott hat, den es ihm an die Seite setzen konnte. Allein etwas Wahres scheint jene Bemerkung doch zu haben ? dies nam I ich , dass im hoheren Priestersystem Juppiter und Janus identisch war en. Diese Meinung hegte Varro mit mehreren Anderen (Augustin. de Civit. Dei VII. 10.). Doch ohne mich bei Etyinologien aufzuhalten, zu denen Johannes Lydus (de menss. p. 56. 1 sq. p. 142 sqq. ed. Bother.]) noch Bei- trage liefern kann, will ich kurzlich die Haupteigenschaften angeben ^ die die Alten diesem Gotte beilegen *). Wenn man 1) So schrieb ich in der ersten Ausgabe dieses Buchs. Jetzt mochte ich 1) nicht so bestimmfc versichern, dass Janus urspriinglicli Ita- lisch sey. Ich habe bereits oben III. Th. p. 212. den Janus als Vjanus mit der Diana zusammengestellt. Beide Namensformen losen sich in die einfacbere der Dia auf, welche fur die Griechische dy\w gesetzt wifd, einerseits von ihm als cinem Konig der Italischen Vorzeit spricht, der Janiculum erbauet und durch andere Werke sei- Diese Dea JDia aber gehdrt deu Samothracisch-Attischen Religionen an, and ist die Pelasgische Ceres, die in den Forraeln und Liedern der Feld- priester (der fratres Arvales) vorziiglich haufig vorkommt (Marini Atti fiat. Arval. p. XXIII. p. 10. 126 sqq. vergl. meiue Anmerk. zu Cic. de N. D. III. 22. p. 603 sq.). Wenn die Dodonaische Dione als Juno und Venus Libitina zu den Italiern und Rdmern kam, so scheint Dea Dia~ Diana und Janus aus den Pontischen Landern und Samothrace zu den Etruskern gelangt zu seyn. Ino-Leucothea oder die Mutter des Morgen- liclites Matuta gelidret zu demselben Gdtterkreise. 2) Wie s nun der Samothracische Uranus oder Cdlus als Djanus seiner Dia oder Djana bei- gesellt war, und in Etruriens System als Janus erschien, eben so liatte dasselbe Italien von Dodona her seinen Juppiter Dodonaus als Gemahl einer Dione , Juno oder Venus-Libitina Cdenn dass andererseits Juppiter Hohn des Cdlus heisst, Venus Tochter der Dione, kann Niemand irre machen, der da weiss, wie in den Priestersystemen die emanirte Potenz immer wieder wie ihre Quelle, Sohn und Tochter wie Vater und Mutter, vorgestellt werden; vergl. oben III. p. 75.). — Aber bei der Verglei- ehufig der Latinischen und Etrurischen Systeme liatte man schon zwei hochsie Gdtter, einen Janus und einen Juppiter. Dies erzeugte bei den Denkern Verlegenheit, die man bald dadurch zu heben suchte, dass man den Janus zum Urprincip, woraus Alles genommen, stempelte, den Jup- piter aber zum Oberherrn und Regenten aller Wesen und Dinge machte ; bald dadurch, dass man den Janus geradezu als Juppiter nahm. In die- sem Sinne reden besonders die Griechischen Philosophen vom Janus. Sie neunen ihn geradezu Zeus. Z. B. Proclus im Hymnus auf Hecate und Janus (Biblioth. der alten Liter, und Kunst I. p. 46.) sagt geradezu: „Sey gegriisst Janus, Urahn, unverganglicher Zeus, sey gegrusst o Zeus der Hdchste" (vs. 3. ,?Iuve — Zsv ay&tre — vnaxt Zev"'). 3) Auf den Grund der Sache gesehen, so kiindigt sich Zeus -Juppiter als ein Aegyptisches Wesen aus der Thebais und von Dodona her an, Janus aber als ein Indisches. Denn Janus mit seiner Frau und Schwester Camasene, dem Fischiveibe > wird nur verstandlich, wenn man an die Indischen Avaiara's oder an die Herabkunft und Wandlungen der Indischen Gottheit denkt. — Hiermit soil aber natiirlicher Weise nicht gesagfc seyn, dass Janus so uumittelbar und uuvermisclit als Indisch zu nehmen sey. Vielmehr muss vermuthefc werden , dass einige Phdnicische und Dodonaisch- Aegyptische 587 ^ nes Namens Gedachtniss gestiftet habe (Arnob. adv. gent. III. p. 147.) , und als Heros , der sich durch die Stiftung religioser Vorstellungen sich mit der Indischen Grundidee vom Janus verbundeu batten, vielleicht schon ehe dieser Gott in Italien einheimisch geworden, Mit andern Worten : Es finden sich Spuren, dass Manches, was dem Ita- lischen Juppiter eigenthiimlich war, audi auf den Janus iibergetrageu worden. Am Schlusse dieses Abschnitts werden einige bestimmte Beweise dieser Satze folgen, und vorher noch andere Erklarungen der Namen Janus und Jana beriihrt werden. [Um den Zusammenhang nicht zu un- terbrechen, lasse ich auch in dieser Ausgabe die vorhergehenden und zunachst folgenden Bemerkungen stehen , muss mich aber jetzt auf ver- scliiedene Erdrterungen in eben dieser neuen Ausgabe beziehen, nament- lich in Betreff des Satzes, dass Janus ein Indisch-Chaldaisch-Phonizisch- Italisches Gebilde und Wesen sey , auf den Abschnitt III, betitelt Hiera- tische Bildnerei I. 1. p. 55 — 60 3ter Ausg. und auf den Nachtrag IV. uber den Romischen Gott Consus III. 2. p. 491 — 500 3ter Ausg. Wenn der sel. K. 0. Miiller, wie ich glaube, die erstere Ausfiihrung noch ge- lesen hat, so hege ich zu seiner Wahrheitsliebe das Zutrauen, er werde nicht mehr gezweifelt haben, dass mir damals schon Beweise zu Gebot gestanden „dass Janus ein Tushischer Gott war" (s. Etrusker II. p. 58 f., wo liber diesen Etrurisch-Romischen Gott kurz aber belehrend gespro- chen wird.). — Ich weiss nicht, ob ich dasselbe von Hartung erwarten durfte. Ich verweise aber diejenigen Alterthumsfreunde auf seine Auf- fassung dieser Gottheit (Relig. der Rdmer. V. §. 1. II. p. 218— 2270, die es vorziehen, die Italischen Gdtter ausser allem Verband mit den iibri- gen Culten des Alterthums gesetzt, und in romisch- politische Wesen verwandelt zu sehen. — Vorher hatte schon Franc. Inghirami in den Monumm. Etruschi III. p. 62 sqq. die verschiedenen Meinungen iiber die Herkunft des Janus zusammengestellt, und sich fur das morgenlandische Vaterland dieser Gottheit erklart. Dagegen lasst Ambrosch (Stud, und Andeutt. I. p. 143 f.) sich iiber Janus also vernehmen: „Dass nun Janus der altlateinischen Bevolkerung angehdrt, scheint lins kaum zweifelhaft, wenn gleich damit keineswegs geleugnet zu werden braucht, dass er spaier mit einer sinnverwandten Gottheit der Etrusker verwechselt und verschinolzen ward. Keiner griechischen Gottheit vergleichbar, und dem- nach auch nicht in den Kreis des hellenischeu Mythus hineingewebt, heisst er selbst dem Dionysius CA. R. III. 22.) ein einheimischer Gott." Daraut wird imi zeigea gesucht, dass der Januscult von der Bevolkerung des ^ 588 ^ Anstalten verewigte (Lydus p. 57. [p. 148.]), so legt man ihm andrerseits wieder alle Predicate einer Naturgottheit bei 1 ). mons Palatinus ausgegangen sey. — Klauaen endiich (Aeneas und dio Penaten II. p. 710 ff.) ist geneigt , mit Beziehung einer Sage bei Plutarch (Quaestt. Romm. XXII. p. 269 A. p. 100 Wytfc.), einen Griechisch-Thes- salisclieu Ursprung des Janus aus der Landschaft Perrhabia zu erkennen, und bezeichnet ihn als „allgegenwartigen Gott des Beginnens, als Fami- liengott, Genossen der Penaten, aber auch als Quell- und Wassergott. — „ Mit Juturna zeugt also Janus den Fontus , mit Camasene den Tiberisj erbaut das Janiculum (mit Cameses, dem Gewolbegeist, wie der Verf. deutet), vorher Aenea genannt (Dionys. A. R. I. 73. Macrob. Saturn. I. 7.), jenseits der Tiber, den Schliissel von Rom, die Statte des Heiligthums fiir den Fontus, des Grabes fur den Hydromanten Numa: er wirkt selbst als Gott alles Ursprungs durch den Springquell: er verschliesst die porta Janualis gegen den Angriff der Sabiner untei Tatius durch einen kochenden Sprudel (Ovid. Fast. I. 269.)." — Ich kanu manche solcher Italischen Localmythen , auch ihre Beziehungen auf Grie- chische Oertlichkeiten , anerkennen, ohne jedoch meine Herleitung des Janus aus dem fernsten Orient im Geiste alterer gelehrter Forscher auf- geben zu miissen. Zu welcher Meinungsanderung ich um so weniger mich veranlasst fuhle, je mehr die neuesten Entdeckungen in Etrurischem Boden morgenlandische Bilderspuren fortwahrend aufweisen ; wie denn z. B. die babylonischen Fischgotter, also achte primitive Janus - Typen, auf den schwarzen Vasen von Chiusi und auf alten Bronzen von Perugia zu sehen sind (vergl. Etrurien und der Orient von Dr. Dorow p. 80. — Wenn aber E. Jaekel (De Diis domesticis priscorum Italorum Berol. 1830. p. 24.) meiner Herleitung des Janus aus dem Orient widerspricht, und, nach seiner Manier, alle alt-italische Gotternamen aus den Germanischen Sprachen abzuleiten, den des Janus als Schein, Sonne und Camasene als Came-Sene, Himmels-Sonne vom Gothischen Hiinin, Himmel, wortlich etymologisirt, so habe ich keine Ursache, ihn um einen Patriotismus zu beneiden , der solche Schmerzenskinder erzeugt. — Dies vorlaulig ; — ein Mehreres in verschiedenen Zusatzen zu dieser Lehre vom Janus dieser drittm Ausgabe, besonders zu §. 7 und §. 9.] 1) Buttmann (in den Abhandll. der Konigl. Preuss. Academic der Wissenschaften zu Berlin, 1816 — 1817. p. 129 ff.) sucht den Janus aus jenem allgemeinen Ideenkreise schiitzender Genien zu erklaren, welche den Menschen unsichtbar iiberall umschvveben, die ihn im Hause schiitzen, 589 Zuvorderst heisst er der Himmel, und zwar bestimmt nach Tnscischer Lehre (Lydus a. a. O. p. 57.). Er ist das Jahr, und ausser dem Hause, auf den Wegen und auf dem Felde, vor bosen Dam on en bewahren. Aber im Hinausgehen aus dem Hause ist ein Punkt, wo der Uausgott mich gleichsam entlasst, und die Gotter draussen mich noch noch nicht ubernommen haben. Auf diesen Augenblick lauert viel- leicht ein boser Damon. Hier tritt aber ein Genius des Uebergangs ein, ein Gott der Thiiren , der in Freundschaft steht mit den Gottern draus- sen und driuuen , der seinen Blick hat nach aussen und nach innen ge- richtet, und in dessen besonderem Schutze der Mensch steht bei jedem Durchgang. Und diese Vorstellung des Janus , als eines Thiirgottes, wurde dann ausgedehnt auf den Wechsel der Zeiten. Er ist Eroffner des neuen Jahres, mit dem Blicke auf beide Zeitraume gerichtet, und so wird er ein Gott jedes andern Wechsels, auch des der Geschafte und Verhaltnisse. Diesen Sinn eines Gottes der Thiiren und der Uebergange sehen wir auch in Griechenland deutlich in dem Apollo &vQaloq oder ayvuvq, dessen Analogie mit Janus sich gleich darbietet. — So Buttmann. — Nach meiner Ausicht, die von einem anfanglichen Monotheismus aus- geht, der allmahlig in Polytheismus zersplittert worden, ist die Sache umzukehren, und Janus ist Thiirgott geworden, weil er urspriinglich als Anfang und Ende , als Ein - und Ausgang gedachfc , oder weil er die Ne- gation aller Zeitlichkeit , und uber der Zeit erhaben war. Mit Einem Worte: Ich sehe im Janus ein Ueberbleibsel eines reineren Religions- glaubens, wie im Indischen Parabrahma, der auch, selbst frei von Zeit und Wechsel, aller Avatara's und Yuga's Princip ist. Bei der Schopfung der wirklichen Welt wird nun Brahma der Urleib, aus dessen Gliedern die Menschen genommen werden. Dieser Brahma uber den Wassern scheint nun durch mannichfache Metamorphosen in den BabylonischenJ Pontischen und Samothracischen Religionen endlich in Italien als Janus wieder aufgetreten zu seyn. Dass er Thiiren und Thore bewacht, ist nur eine aus jener hoheren Idee abgeleitete Eigenschaft. Wenn die christliche Kirche singt: „Unsern Eingang segne Gott; Unsern Ausgang gleichermassen", *o meint sie ohne Zweifel und mit Recht nur den Einen lebendigen Gott Himmels und der Erden oder die allgemeine gottliche Vor- sehung. Nun konnte aber einnial ein zum Christenthum bekehrtes , aber nachher wieder in Abgotterei versunkenes Volk, unter andern christlichen Formeln und Spriichen , auch jehe Verse auf bewahrt haben. Es wiirde alsdann unter jenem Gott, der den Ein- und Ausgang segnen soli, ver- i 590 und seine Symbole spielen bald aiif die Zahl der Monate, bald auf die der Tage des Jahres an. Der nach ihm genannte Monat begann nach der Einrichtung des Numa das Romische Kirchenjahr (ebendas. p. 55. [p. 142 Roth.]). Am ersten die- ses Monats brachte man ihm das Janual, ein Opfer von Wein und Fruchten ; man bekranzte sein Bild mit Lorbeer, und an demselben Tage, an dem der Consul in feierlichem Zuge auf das Capitolium ritt, beschenkte man sich gegenseitig mit Klei- nigkeiten (strenae; Ovid. Fast. III. 137. Herodian. I. 16. §. 6 sqq. J. Lydus p. 58. p. 150.); welche Sitte in Sache und Wort (etrennes ') bis auf den heutigen Tag fortgepflanzt ist. AIs Naturgott fuhrt er auch den Schlusscl. Er fuhrt ihn als Thurwachter. Er eroffnet die Jahresbahn, und jede Pforte auf Erden 5 bis auf die Thuren der Hauser, liegt unter seinem Beschluss. Ueber dieses Symbol hat bereits Spanheim (ad Callim. Cerer. 45.) das Nothige bemerkt, womit jetzt Joh. Lydus (p. 55. p. 142.) verbunden werden kann. Die Bedeu- tung konnte auf verschiedenen Standpunkten hoher und nie- driger gefasst werden. Er konnte bald bios als Gott des Jahressegens betrachtet werden 2 ), der die Schlussel der Quel- len und Gewasser hat, also in demselben Sinne, wie Serapis den Nilschlussel fuhrt, bald konnte er damit als Herr der. Natur im Allgemeinen betrachtet werden. Dass diess nicht muthlich auch einen besonderen Geist verstehen, der an den Thiiren Wache hielte , und vielleicht ihn gar bildlich als einen besonderen Thiir- gotzen vorstellen. 1) S. Recherches curieuses d'Antiquite p. 48 sqq. Unten im §. 8, das Weitere. 2) Als Naturgott, als Gott des Jahressegens, bringt der Landmann dem Janus, ehe die Erndte beginnt, ein Voropfer von Kuclien (strues.) mit Weihrauch und Wein, und bittet ihn, den Vater Janus, um Gnade, Gliick und Segen fiir das ganze Haus. Ein Gleiches geschah auch der Juno und dem Juppiter; der Ceres schlachtete man ein Schwein; s. Cato de Re rust, cap, 134. mit den Erlauterungen von J^Gutherius de veteri jure pontificio IV. cap. 3. blosse Vermuthung ist, beweiset die Stelle des Ovidius (Fast. I. 117 sqq.), wo er redend eingefuhrt wird, wie er sich die Bewahryng des ganzen Universums, des Himmels, der Erde. des Meeres *), selber beilegt. In dieser Bedeutung des Schliis- 1) Bedeutsam ist die Darstellung des Janus auf Miinzen. Die eine Seite namlich zeigt mehrentheils einen Januskopf , die andere ein Schiffs- vordertheil und eine Victoria. Die gewohnliche Angahe, es sey dies zur Ehre des Krouos, welcher auf einem SchifFe nach Italien gefahren sey, halt Plutarchus (Quaestt. Romm. XLI. p. 274 E. Vol. II. p. 123 sq. Wyttenb.) niit Recht fiir ungeniigend und zu allgemein. Er scheint viel- mehr folgende Erklarung fiir die riclitigere zu kalten: Das, was fiir die Stadte das Edelste , das Beste ( to [tdyiOTov Twv jtitXwv) und das Nothwen— digste ist, besteht in guten Gesetzen und im Ueberflusse der nothwen- digen Lebensbediirfnisse. Ersteres hat ihnen Janus , der ihre rauhe Le- bensweise milderte, verliehen; letzteres gewahrt ihnen der schifFbare Fluss , welcher vom Meere aus wie vom festen Lande das , was sie noting haben, zufiihrt. Auf jene Umanderung des Lebens und der Sitten bezieht sich das Doppelgesicht des Janus, des Gesetzgebers , auf den Fluss das Schiff. Servius zu Virgils Aeneis VIII. 357 : Janus in Janiculo habitavit, qui quod navi exul venit, in pecunia ejus ex una parte Jani caput, ex altera navis signata est. Man vergl. Ovidii Fastor. I. 229 sqq. mit den Auslegern ; und Draco Corcyraus beim Athenaus XV. p. 692. p. 528 sq, Schweigh. — Eckhel hat in der Doctr. N. V. Tom. V. p. 14 sq. und p. 214 sqq. die verschiedenen Vorstellungen des Janus und seiner Attribute auf Miinzen und die Angaben der Alten zusammengestellt. Besonders verdient diejenige Miinze Aufmerksamkeit , die auf der einen Seite den Doppelkopf des Janus mit einem spitzen Hute , auf der andern einen Delphin mit der Inschrift Velathri fiihret; s. Lanzi (Sagg. II. pag. 94 sqq. mit der Abbildung Tom. II. tav. VII.) } der sie nach Volterra verweist. Ueber diese Miinzclasse ist viel gestritten worden. Ich will nur zweierlei bemerken: 1) dass wir beim Delphin wie beim Schiff an die Indischen und Phonicischen Wasser- und Schiffgotter zu denken ha- ben; 2) dass uns jetzt die Monumenti Etrusci dal Cavaliere Francesco Inghirami, Fiesole 1819. 4. unter andern trefflichen Abbildungen Itali- scher Kunstdenkmale auch (T. I. g. in.) eine meisterhafte colorirte Copie jener Miinze liefern. [Jetzt vergl. man uber diese Janus-Miinzen noch Stieglitz Distrib. numm. famm. Romm. p. 5. p. 29 sqq. ; Pinder numismm. antiqq. ined. p. 29; Klausen's Aeneas und die Penaten p. 714; und uber 592 ^ selfuhrens hatte er auch den Beinamen Clusius , so wie er als Aufseher fiber die Welt Curiatius hiess (Lydus p. 55.}, In diesen und anderen Bestimmungen erscheint Janus ganz in der Eigenschaft jener Jahresgotter Aegyptens, Persiens, Pho- niciens , ganz wie Osiris und Sem-Herakles , wie Dschemschid und ahnliche Incarnationen. Wie sie, so ist auch er das personificirte Jahr in seiner Entwickelung durch alle zwolf Zeichen, mit seinem Steigen und Sinken, das Jahr in der ganzen FuIIe seiner Gaben. Und weil denn, wie unten deut- licher werden wird, die Jahresbahn durch die Zeichen auch die Bahn der wandernden Seelen ist, so erhalt er dasselbe Seelenaint, das die andern Naturgotter haben. Er wird darin ganz jenem Osiris-Serapis gleich. Er heisst auch, wie dieser, die Sonne und das Thor des Aufgangs wie des Nieder- das mit Schlangen umwundene Ei iiber einer ara zwischen dem Doppel- kopfe des Janus auf der Riickseite einer Miinze der gens Eppia, mit dem Schiff auf der Hauptseite, Panofka von einer Anzahl antiker Weihge- schenke p. 65. zu Tafel I. nr. 11 5 vergl. Denselben p. 26 sq.] 1) Wenn also Janus so viel ist als Sol, Sonnengott, so wird es uns nicht weiter befremden, zu horen, dass der Mond auch Jana hiess. Varro wenigstens de Re rustica I. 37. 3. p. 187 Schneider, sagt: „Nun- quam rure audisti, octavo Janam [lunam] et crescentem et contra se- nescentem? et quae crescente luna fieri oporteret, [et] tarn en quaedam melius fieri post octavo Janam [lunam] quam ante?" Jana also, wie Scaliger (de veteri anno Romann. in Graevii Thes. Antiqq. Romm. VIII. p. 311.) bemerkt, ist hier Luna, und daraus durch Beifiigung des Wor- tes Dea geworden Deiana , so Deiva, Deiviana. So wie man nun sagte Deiva Jana, so hiess auch Janus, der Sonnengott, im Carmen Saliare : Deivos Janos 0,Duonos Manos Ceruses Deivos Janos Veuet"). Die wei- teren Folgesatze, welche hieraus Scaliger zieht, dass namlich das erste Rduiische Jahr ein Mondenjahr gewesen, iibergehe ich hier. Hierauf bezieht sich auch wahrscheinlich das, was Niebuhr (Rom. Gesch. I. pag. 122.) sagt : ,fJanus oder Dianus ist, wie Scaliger gezeigt hat, der Son- nengott" u. s. w. Noch deutlicher spricht sich Nigidius bei Macrobius (Saturn. I. 9.) hieriiber aus: „pronunciavit Nigidius, Apollinem Janum esse, Dianamque Janam, apposita d litera"; denn Luna, Diana und Jana waren so dieselben Gottheitert; s. Sibrandus Siccama in fastos Calend. ^ 593 gangs liegt unter scinein Beschluss (Lutatius beim Lydus p. 57. p. 146.). Daher fuhrt auch er wie jener die Seelen aus den hoheren Wohnungen in den lunarischen Kreis herab (ebendas.). Aber auch Mittler zwischen den Sterblichen und Unsterbliehen ist er, gleichwie jener Mithras der Perser. Janus tragt die Gebete der Menschen den hoheren Wesen zu (Cajus Bassus bei Lydus a. a. 0.), und auch in Bezug auf dieses Mittleramt, weil er sein Angesicht zur Gotter- und Menschenwelt hinkehrt, deutete man sein Doppelanllitz Romm. in Graevii TTies. Antiqq. Romm. Tom. VIII. p. 59. — Die wahre Etymologic der Namen Janus, Diana u. s. w. habe ich bereits oben an- gedeutet. Sonst giebt man auch das alte Griechische und Lateinische Verbum io (da von ire), jao als Wurzel der Namen Janus, Janua und Januarius an; eine Etymologie, die auch Cicero de N. D. II. 27. („ab eundo no me a fsc. Jani] est ductum") angiebt; s. dazu Wyttenbach p. 754. Auch Buttmanri a. a. O. p. 127 ff., der ebenfalls von dem Begriff des Janus und der Jana als Sonnen- und Mowdgottheit ausgeht, erkennt in diesen uralten Namen Italischer Nationalgottheiten durch etymologische Forschung den Zav und die Zavut der Griechisehen Stamme, als Neben- formen von Zeus und Here , oder vielmehr denselben Hauptnamen der hochsten Gottheit, welcher vom Orient aus in den verschiedenen Reli- gionszweigen in den Formen Jah, Jao , Jova, Jovis sich fortgepflanzt hat; wozu noch der orientalische Name des Tages: Jom hinzukommt. Payne Knight Inq. into the symbol, lang. §. 134. p. 104. vermuthet, der Name Janus sey von Jao, Jaon, einem mysteriosen Beinamen des Bac- chus, abgeleitet. Bekanntlich hat man im Janus auch eine heidnische Umbildung des Noah der Ebraischen Sage erblicken wollen, und in der Anpflanzung des Weinstocks, der richtigeren Eintheilung des Jahres und dergl. die Gleichheit nachzuweisen gesucht (s. Viola de veteri novaque temporum ratione, in Graevii Thes. A. R. VIII. p. 173 sqq.). 1) Nach Plutarchus (Quaestt. Romm. XXII. p. 269. Vol. II. p. 100 Wyttenb.) bezieht sich das Doppelgesicht des Janus entweder darauf, dass Janus, ein Hellene aus Perrhabien, nach Italien gekommen, dort unter den Barbaren sich niedergelassen , und seine Sprache und Lebens- vveise verandert haben sollte — ein anderer Mensch geworden sey; oder vielmehr als Griinder und Stifter agrarischer Cultur und biirgerlicliet Einrichtungen unter den rohen Volkern Italiens — Bin Doppelmensch in ^ 594 Aber gerade wie man jene Natur - und Jahresgotter , z. B. den Herakles, voin Jahresvorsteher zum Gott aller Zeit und so zur Unendlichkeit erhob, so gerade geschah es mil dem Janus. Auch er heisst nun vorerst Aufseher der Zeit, dann die Zeit selber (Frontejus bei Job. Lydus 57. cf. 58. p. 146. 148.). Noch unterschied man ihn jedoeb in dieser Mittelwurde vom Juppiter. Janus , sagte man , hat Anfang und Ende unter sich £ Cicero de N. D. II. 27.), Juppiter fuhret das Regiment uber Alles. Auch im realphysischen Sinne fasste man Janus als Chaos auf. So Ovidius (Vergl. Joh. Lydus p. 57. p. 150.). Dariiber musste freilich noch ein Ordner stehen , und dieser mochte denn Juppiter seyn. Aber vor der hohen Ansicht musste auch diese Scheidewand fallen. Schon als Janus Clu- sius, sahen wir, hatte er ja, nach einer Deutung, Alles unter sich, und Hellas hatte kein Wesen ihm an die Seite zu stel- len. Dass diese Ideen nicht etwa erst Resultate spaterer Philosopheme sind, beweiset alt-Romischer Festgebrauch und Festgesang. Er war und hiess der Anfanger (initiator; Au- gustinus de Civ. D. IV. 11.), und an den Festen der grossen Gotter brachte man ihm zuerst das Opfer (Cicero de N. D. II. 27.) J ). Er war und hiess der Vater Janus (PauIJinus in dem Sinne, wie der doppelleibige Cecrops in Attica, der sogar auf Miin- zen, wie Janus, mit zwei Gesichtern erscheint. [Man s. jetzt den A1I- gemeinen Theil im Abschnitt Hieratische Bildnerei, I. 1. p. 55 — 60. dieser Symbolik 3ter Ausg. und III. 1. p. 199—201. mit den Bildern nr. 1—10. 3ter Ausg. Wozu ich jetzt nachtraglich noch bemerken will, dass Baoul- Bochette im Journal des (Savants 1840, Decbr. p. 726. die Silbermiinzen mit dem bifrons imberbis entschieden nach Campanien versetzt.] 1) „Cumque in omnibus rebus vim haberent maximam prima et ex- trema; principem in sacrificando Janum esse voluerunt." Ausser dem, was Davisius hier iiber diesen Yorrang des Janus bei jedem Opfer und bei jeder heiligen Handlung bemerkt, habe ich noch dort (p. 314.) die bemerkenswerthen Stellen des Ovid. Fast. I. 171. und des Aurelius Victor, cap. 3. angefiihrt; s. auch Arnobius adv. gent. Ill: Janum quern in cun- ctis anteponitis precibus et viam vobis pandere ad Deorum audientiam ^ 595 Anecdot. Muratorii I. pag. 122.), und in den Saiiarischen Liedern nannte man ihn den Gott \der Goiter (Deorum Deus$ Macrob. Saturn. I. 9.) 1 ). — Was bedarf es weiterer Zeugnisse, dass auch die Etrurische Priesterschaft im Sinne und Geistc des Morgenlandes dachte und lehrte? Hier wie creditis, nebst Heindorf zu Horazens Satiren II. 6. 20. und unserer zu- nachst folgenden Anmerkung. Ueber den Namen pater, den Janus fiihrt, sind die yerschiedenen Formeln, welche Brissonius (de formull. I. p. 45 sqq.) angefiihrt, wie z. B. Jano Patri Ariutes II. nachzusehen. Insbesondere aber muss ich in diesem Punkte auf die Erorterungen Marini's verwei- sen: Gli Atti de' fratelli Arvali p. 365 sqq. 378. 1) S. T. Gutberlethus de Saliis cap. 20. (in Poleni Suplemm. Thes. Antiqq. Tom. V. p. 729.). In der von mir augefiihrten Stelle des Macro- bius, wo es vom Janus heisst: „Saliorum quoque antiquissimis carmini- bus Deorum Dens canitur", wollte Merula (ad Ennii Fragmm. p. 82.) lesen: Divom Deus, weil hier Macrobius wohl das Saliarische Gedichfc vor Augen gehabt, dessen Varro de h. L. VI. erwahnte: „Divum exta cante, Divum Deo supplice cante." Diesen Deorum Deus oder Janus nannten die Salier auch Janes (E. Dickinson de Noae in Italian* adventu p. 155.); oder nach Tertullian Eanns („exceptus a Jauo 7 vel at Salii volunt, Eano l(r ). Ja die Salier selbst hiessen Janes oder Eani — wie denn der Priester haufig den Namen seines Gottes fiihrt; s. Vossius Inst. Orat. IV. cap. 1. §.7. vergl. auch Servius zu Virgils Aeneid. VII. 610. — Janus wurde von den Romern auch bei der Einweihung ihrer Acker- felder angerufen. Cato de Be rustica CXLI. (i42.) p. 92 ed. Schneider. „Agrum lustrare sic oportet. — Janum Jovemque vino praefamino." Darauf hat man die wiederholt vorkominende Formel der Arvalischen Briiderscliaft bezogen: Jano Patri Arietes II. (Marini Atti d. fratelli Arval. II. p. 366. und p. 686.). [Vergl. R. H. Klausen De carmine fratr. Arvalium p. 5 sq. p. 17 sqq.] Nach den Angaben der fruheren Gelehr- ten gehen alle dergleichen Formeln unter dem Namen der Saiiarischen. Die neueren Erorterungen von Mamni (Proemio zu den Atti d. fr. Arv. p. XII sqq.) haben es aber wahrscheinlich gemacht, dass die Fratres Arvales, deren bei alten Schriftstellern ausserst selten Erwahnung ge- schieht (desto mehr aber auf Inschriften) , unter dem Gesammtnamen der Salier mitbegriffen sind. Umgange, Tanze und andere Carimonien, die von den Saliern erwahnt werden, fanden gerade so auch bei den Arva- lischen Briidern statt. « Creuxer's deutsche Schrifteu. III. 3. 3g dort Gotter aus Gott geboren, und in absteigender Linie von Regenten , die ihre Kinder und Erben sind , im Abbilde dera Volke gezeigt. Janus der Konig grundet Stadte, bauet Thore und Schutzwehr, und stiftet, zum Heros verklart, Heiliglhum und Gottesdienst in geweiheten Hainen , sorgt fur der Volker Heil durch alie Monden, bestimmt heiliges Jahr und burger- tiche Ordnung. Janus, der Gottessohn, durchlauft nun schon selbst als Sonne die Zeichen der Jahresbahn l ), bffnet niit dera Schlussel die Schleussen des Wasserreiches, tranket Menschen und Thiere, warmt und zeitigt durch seinen bele- benden Strahi. waltet uber Auf- und Niedergang , und be- «chutzt die beiden Pforten als der Heldenlaufer und Kampfer im Himmelsheere. Darum betet man zu ihm im Kriege, und das geoffnete Doppelthor seines Tempels ist das Zeiches des Krieges-, das geschlossene, des geschlossenen Friedens 2 ). 1) Daher auch die Form Eanus vom Gehen (ab eundo, wie man deutelte); s. oben und daselbst Cicero de N. D. II. 27. p. 314. 2) Den Sinn der Eroffnung des Janustempels in Kriegszeiten und seiner Schliessung im Frieden hat neuerlich Buttmaun a. a. O. p. 134 if. auszumittelu gesucht. Er geht von dem Satz aus, dass nirgends beiden Alten eine Spur von einem eigentlichen Tempel des Janus -sich finde, und dass der sogenannte Janustempel nichts weiter als ein blosser Janus,' d. i. ein Durchgang, gewesen. Solcher Durchgange gab es in den alten Stadten , wie z. B. in Rom , mehrere mitten in der Stadt , gewohnlich Ueberreste eines alteren, kleineren Umfanges der Stadt, wovon man die Thore stehen liess. Alle diese hiessen Jaui, und so war wahrecheinlich Janus mifc Porta gleichbedeutend. Unter den vielen Jauuis dieser Art stand eines am Forum aus den altesten Zeiten Roms , da sein Umfang noch beschrankt, und also das Forum am Thore lag. Mit diesem Thore, das jedoch schon friihe mitten in die Stadt zu liegen kam, war ein hei- liger Gebrauch verbunden und eine ^ilte Sage, dass es nur offen sey im Kriege, im Frieden aber geschlossen. Der Grund dieser Sage mochte nun wohl darauf beruhen , dass , in den altesten Zeiten dieses Stadtthor, das nach Norden bin gegen die Sabiner, die argsten Feinde des alten Roms, zu lag, im Frieden immer geschlossen war, uin gegen unerwar- teten Ueberfall zu schiitzen j im Kriege aber, wenn die Burger ins Feld gezogen, stets offen seyn musste. wohl bewacht und beobachtet, um die 597 Darum heisst er Patuleiua und Clmius, und Stadte (Clusium) verherrlichen durch ihren Namen den hiramlischen Beschlies- Streiter bei jedem nachtheiligen Erfolg schnell wieder in die Stadt auf- zunehmen. Es wurde geschlossen uud geoffnet mit feierlichen Gebrau- chen, und hochst walirscheinlich dem Schutzgotte der Thore, dem Janus, zur Zeifc des Offenstehens ganz besonders durch heilige Weihe befohlen. Weil demnach die Schliessung und Oeffnung des Thores mil; Krieg und Frieden so genau verbunden war, so bekam der Gott dieses Thores, Janus,, eine Art von Waltung iiber Krieg und Frieden, welche schon in dem Begriffe selbst des Uebergangs vom Frieden zum Kriege und umge- kehrt lag. Unter andern Bestatigungen aus den Schriftei* der Alten, welche Buttmann fur diese Ansicht aufiihrt, will ieh hier bios die Haupt- stelle beisetzeu, aus Varro IV. 34: [V. §. 165 ed. C. O. Mulier p. 46 ed. Egger.] Tertia est Janualis (er zahlt Roras Thore auf); dicta ab Jano, et ideo ibi po si turn Jani signum et jus institutum a Pompilio , ur scribit in annalibus Piso^ ut sit clausa semper nisi quom bellum sit nusquam. Weil ferner Janus in dieser Beziehuug audi Quirinus heisst, und zwar nur in der alten Formel: Janum Quirinum clusit, so vermu- thet Buttmann weiter (a. a. 0. p. 142.), dass dieses Thor der illtesten Stadt, das von ihr aus nach Norden ins Sabinerland nach Cures fiihrte, von ihr den Namen das Curiner-Lhor , Janus Quirinus, bekommen habe. — [Buttmann's Vorstellungen von den Heiligthiimern des Janus bediirfen der Berichtigung. Zwei derselben wurden dem Numa zugeschrieben, das ad infimum Argiletum und das des Janus Quirinus, ein drittes hatte Ga- ius Duillius auf dem forum olitorium ihni errichtet; anderer nicht zu ge- denken, und darunter waren auch wirkliche Tempel. S. J. A. Ernesti zum Tacit. Annal. II. 49 5 Ambrosch Stud. u. Andeutt. iiber d. alte Rom. S* 32 f. und Klausen Aeneas u. d. Penaten S. 716.] Ich habe bereits oben (HI. Th. p. 98. Not. 30 angedeutet, wie dieses Schliessen des Ja- nustempels einen ganz anderen Grund hat. Es bezieht sich dasselbe vielmehr auf die Vorstellung d.es Janus (wie dort des Juppiter, des Zeuq axQUTtoq^ als Erbffners des neuen Jahres im Fruhling , wo die Volker zu Felde ziehen. Janus, der Eroffner der Pforten des Jahres , eroffnet auch den Krieg, und ist der Anfiilirer im Kriege. — Die natiirliche Alle- gorie gab nun dem Janus auch eine Geliebte bei. Es war die Nymphe Carna oder Crane, Grane (Carda, Cardea). Einige wollten Carda und Carna unterscheiden 5 so dass erstere den Thiirangeln, letztere dem Fleisch und leiblichen Leben vorstehe (Macrob. Saturnal. I. 12.). Aber Ovidius (Faster. VI. 101 sqq.) legt der einen Carna Beides bei; sie wacht 38* 598 ^ ser. Ei* stent cdlen Ceschlechtern vor, daruni heisst er Cu- riatius , und das ed!e Heldengesehlecht Horns verhevrlicht durch That und Namen des Gottes Ruhm und Ehre. Er ist Vor- fechter, darum heisst er Quirinus (Labeo beim Joh. Lydus p. 55.) l ), und dem grossen Streiter Bomulus weiss der Senat iiber Schwelle uud Thiiren und iiber Gesundheit und Lebcn der Kinder, daunt die Hexen (strides) ihuen nicht die genossene Milch aussaugen. JOiesen Mythus beriihren Ambrpsch Stud. u. And. p. 143. u. Klauseu Aen. u. d. Penat. p. 712.] 1) Ueber den Namen Quirinus, ivelcbeu Janus und audi Romulus fiihrfc, s. Buttmann (iiber den Janus im Mythol. p. 90 sq. Er nimmt an, dass der in Rom neben den Romani wohnende Sabiuische Volksstamm, einerlei mit dem in der Stadt Cures (daher der Name Curetes oder Qui' rites'), einen Heros Quirinus als Stifter, so wie der Latinische Stamm in Rom einen ahnlichen , den Romulus, verehrte, dass aber, naclidem beide Stamme ganz in Eiu Volk verschmolzen, die niythische Sage auch Einen Heros unter beiden Namen vereinte. — Bei den Nainen Quirinus und Curiatius, wenn wir ersteren mit Cures verglichen sehen, muss er- wogen werden, dass die Stammsylbe Cur in verscbiedenem Sinne vor- kommt. Der Juno Curitis oder Quiritis ist oben gedadit worden (III. Th. p. 226.). Auf Etrurischen Denkmalen kommt ferner Cure vor, welches Lanzi (Saggio d. Ling. Etr. II. p. 388.) uiik dem Griechischen 6 y.ogoq vergleicht und als inter , junger Mensch , erklart. Ebendaselbst (p. 345.) kommt in einer Etrurischen Inschrift Curial vor. Aber in Absicht des Janus sagt Joh. Lydus (p. 55. p. 144 Roth.), der hierbei mehrentheils altere Quellen uennt, KvqIvov, woartl ngofxuxov QVorfechter). Also will er dabei an juris ,. Spiess , gedacht wsssen. Yom Beinamen Curiatius aber sagt er: Ko vqiuxio v, otovzl f'yogov euyevm>, und fahrt fort: Kov- gtuTioi yaQ v.ul 'Oqutioi ovofiuTu tvnctTQiSojv dot. Dass ein Patricierge- schlecht in Rom Curiatier hiess, scheint noch kein Beweis, dass dieser Name Edelgeborene bedeutetc. Aber der Satz hat andererseits doch sei- nen guteu Sinn. Man erinnere sich nur an den Apollo Ttavgwoq und an die Athene ug X TjysTiq zu Athen. Bekanntlich hat neuerlich besonders Nie- buhr (Rom. Gesch. II. 35. LI. p. 371 sqq. 3ter Ausg.]) den Satz verthei- digt, dass die Plebejer in den Curien keinen Platz gehabt, indem die Curien die Gesammtheit und Gemeinde nur der patririschen Geschlechter (gentes) gewesen; wogegen A. W, Schlegel (in den Heidelbb. Jahrbb. 1816. p. 895.) alJe Burger ursprunglich in den Curien sitzen lasst. Ich 599 -nach seinem Hintritt kemen hoheren Namen beizulegen. Janus ist Autochthon und Sohn des vaterlandischen Bodens, Vater auch aller nachfolgenden Sonne des Vaterlandes; darum heisst er Patricius (Labeo ebendas.), und die altesten Geschlechter EtrurienSj Alba's undlloms, die iiohen Hauser, die aiis prie- sterlicher Unterweisung von Alters her gottliche und mensch- liche Gesetze verstehen , und die Geheimnisse des Tempei- dienstes, die hohe Wissenschaft des llechts als then res Erb- gut ihrer Kinder bewahren und fortpflanzen , nennen sich auch Patricier: Vater und Vaterlandische. Letztlich ist Janus Va- ter im hochsten Sinne. Die gottliche Herrlichkeit kehrt in muss die Beweisfuhrung fiir meine Ansicht einem andern Orte vorbehalten, und will hier nur die folgenden Satze hinlegeii : In der hierarchischen Staatsverfassung der Etrusker war nur eine Caste, die der Patricier, im Besitz der hoheren Weihe. Pa aber daran der Besitz der Regierungs- rechte gekniipft war, oder da die Mitglieder der Geschlechter (gentes), Weil sie die Weihe hatten , nur allein alle Magistratsstellen bekleideteu, so war es natiirlich, dass sie auch allein in den Curien das Regiment fiihrten. Mitglieder der Curien waren Alle, Plebejer, Ciienten, wie Pa- tricier (d. h. sie waren eiuer Kirchengemeinde einverleibt) ; aber Vor- steher der Curien (Curiones) waren im altesten Etrurischen System nur die Patricier (d. h. sie waren die geborenen Kirch en vorsteher). — Das Wort Curia kommt im altesten Etruscischen vor (Lanzi Saggio di Ling. Etr. II. p. 3450. — Hiernach fasse ich nun den Begriff des Janus als Curiatius so : Janus war die Quelle der hieratischen Offenbarung und der priesterlichen Gelehrsamkeit, und, weil daran alle Regierungsgewalt hing, Quelle der Gesetze und des Rechts. Er war den Etruskern — was Zeus den Griechen — Rechtsquelle, Rechtskorper und letzter Grund der Herrschergewalt. [ — Die gewohnliche Sage vom Quirinus-Romulus wiederholt auch Cicero de R. P. II. 10, wo man p. 237 ed. Moser. die Anmerkk. nachsehe. Man vergl. De Legg. I. 1. 3. und Beier ad Cic, Offic. II. 10, 4l 5 ferner die neuere Erorterung Hartuug's Rel. d. Rom. L p. 294 sqq. ; Ambrosch's Stud. u. And. p. 135. 169 sqq. 195, welchcr jener Volkssage widerspricht, des Quirinus alt-sabinischeu Culfcus und seine Verbindungen mit Mars u. s. w. nachzuweisen sucht. Ueber die patricischen Sacra vergl. man C. Fr. Heiberg De familiari Patriciorum nexu. Slesvic. 1829, besonders cap. II. p. 15 sqq J 600 den Schooss zuriiek, aus dem sie durch Sonne und Sonnen- kinder auf Erden herabgestrahlt war. Dort in sich wird sie zum ewigen Vater, zur Gotterquelle selber, zum strahlenden, nimmer getrubten Mittelpunkt, in dem sich alle Wesen ver- einigen, zu dem Sonnen und Sonnenkinder sehnsuchtsvoll zuruckblicken , und nach Ablauf der Zcit, ihreni besseren Theile nach, wieder aufgenoinmen werden. Dass auch in dieser hochsten Wiirde Janus gedacht worden, eben so wohl wie Osiris und ahnliche Wesen, ergiebt sich aus dem Obigen; und Proclus betet zum Janus und tur Hecate, sie mochten ihm die Hande reichen, ihm dem Armen die gottlichen Wege zeigen, damit er das hochwiirdige Licht erblicken, «ntfliehen moge des dunkelen Erdenlebens Jammer und Muhsal (xva- vhjs — xaxoV//T« ysvsdhjq; Hymn, in Hecat. et Janum vs. 8 — 10.), und gelangen in den Port der Fromnien (Vs. 11. 12.). Und so befinden wir uns ganz in demselben Gebiete religiosen Denkens, das wir schon so vielfaltig beruhrten. F o r t s e t % u n g. Audi eine ^ch wester des Janus lernen wir aus den Zeug- nissen alter Schriftstelier und namentlich des erst neuerlich herausgegebenen Johannes Lydus kennen. Er fuhrt das Zeug- niss des Demophilus an £p. 57. p. 150 Roth.), der uns das oben Bemerkte vom frommen Heros Janus erzahlt, und dann hinzufugt, dessen Schwester habe Camasene geheissen. Meh- reres giebt uns der Lydier nicht$ aber naeh der ganzen Ana- logic zu schliessen, war diese Schwester dem Janus in eben dem Sinne zugesellt, wie dort Isis dem Heros Osiris, wit Baaltis dem Bei-Kronos. Um nun die Umgeburigen des Janus und die Wendungerr die sein Fabelkreis nimnit, noch etwas naher kennen zu ler- nen 5 gehe ich von einer Ste!ie des Athenaus aus Die dem Janus dort beigelegten Erlindungen und den ubrigen Itihalt dieses Zeugnisses haben wir schon oben beruhrt. Jetzt ist es uns um das Geschlechtsregister zu thun , das sich hiernach so darstellt: Janus w Camise 1 Aethex Olistene [A'fttjy.a oder A&rjfict) (^OkiOTijvijv) 2 ). 1) Draco Corcyraeus apud Afchen. XV. p. 692. p. 528 sq. Schvveigh. 2) [Klausen (Aen. u, d. P. p. 7t6.) fragt: „Hangt Olistene etwa mifc dem forum olitorium , apud quod Jani tempJum Gaius Duilius struxfi- 602 rat (Tac. Ann. H. 49.) zusammen? Walirscheinlicher isfc, dass diese Na- men in Janus perrhaebische Heimath gehdren (Plut. Q. R.) : worauf audi der Aethex hindeutet, indeni er an die Aethiker erinnert." Im Verfolg glaubt er im Flusse Janos (s. weiter unten) den Fluss bei Oxyneia in Hestiaeotis, in der alten Heimath der Aethiker, der in den Peneus fallt (Strabo VII. 327.) , zu erkennen. — Ich habe, schon oben S. 593, Anm. 1. auf die Griechische Sage beim Plutarch, a. a. O. von des - Janus Herkunft aus Perrhaebien aufmerksam gemacht. Jetzt bemerke ich weiter: Klausen's Zusammenstellung der Aethiker mit AX&rfi scheint durch das lange t in Ai&ixeq begiinstigt zu werden. Diese Aethiker wohnten im Westen Thessaliens gegen die Granzen von Epirus (Strabo IX. 657 — 675 Aline!. Wesseling zum Diodor XX. 28. p. 425, Heyne zur Iliad. II. 738. und Wieners ad Theopompi Fragg. p. 235 sq.). Wenn ich nun ferner in der zweiten Ausg. (p. 909.) von Thessalisch -Dodonaischen Umgestaltungen des urspriinglich Asiatischen Janus redete, so mache ich hier aufmerksam darauf, dass wir durch den Aethex und die Aethiker geuealogisch auf dieselben Thessalisch- epirotischen Culte des Acheloos, des Zeus Dodonaos und des Zeus-Poseidon Pelorios zuriick- geleitet werden (vergl. III. 1. p. 193 — 193 3ter Ausg.) und dass wir auch auf diesem Standpunkt die innige Verwandtschaft -des Janus mit jenen elementaren Naturgottern, mit jenen pelasgischen Gottern, die iiber Donuer, Wasser und Fruchtbarkeit walten, und in der Luft , auf und unter der Erde wirksam sind , antreffen. — Hingegen Klausen's Gedanke an das forum olitorium bei der Olistene kann ich nicht anders als gezwungen und ungliicklich bezeichnen. — Ich habe diese Tochter des Janus als Vmschwung von btta&o) genommen , d. h. als eine Personification der Eigenschaft des auf der Sonnenbahn sich bewegenden Jahresgottes Janus selber, und den vielgewanderten (jioXvtqotioO Heros Vlixes (Odysseus) als ein menscliliches Abbild des siderischen Wanderers auf der Jahres- bahn (s. oben III. 1. p. 173 sq. 3ter Ausg.). — Jetzt will ich zum Scliluss an den Italischen Rusor erinnern, der uns den Janus, wie den Dodonai- schen Zeus - Aidoneus, von Einer Seite darstellt. Die Pontifiken, be-' richtet Augustinus (de Civ. Dei VII. 23. fin.): quatuor diis faciunt rem divinam, Telluric Tellumoni, Altori, Rusori. — Rusori quare? Quod rur- sus, inquit (Varro), cuncta eodem revolvuntur" — vom alten rusum statt-rursum (Gerh. Vossius de Theol. gent. VIIL 17.). — Anders Har- tung Relig. d. Romer : „Rusor ist aus rursor oder reversor verkiirzt." Also ein Gott des Vmschwung s , der, was die Erde hervorgebracht, unter die Erde wieder zuriickzieht , aber auch das Verlorne zuriick- bringt.] 603 4» Draco erzahlt : Janus habe seine Schwester Camise *} gehei- rathet , und mit ihr einen Sohn und eine Tochter erzeugt. So fanden wir hier eine abnliche Geschwisterehe , wie in Aegyp- ten und in alien alten Gotterfamilien J deren Ursprung in den Orient zuruckgeht. Diese Schwester und Gattin des Janus, Cainasene, ist aber auch ein gottliches Fischweib , wie die Atergatis und andere Phonicische und Syrische Gottheiten. Denn Ka^aaijve^ heissen im alt-Griechischen die Fische 2 ). Wasser ist der Grund aller Dinge, aus dem Wasser hatsich die Erde erhoben, sind die Menschen hervorgegangen 5 an 1) Ka^ilo^v. So hat Schweighauser nach Canters Conjectur im Athenaus (a. a. O.) drucken lassen. Die alteren Ausgaben hatten Kujxt- at,vov und Ku[xiar\vvov. Johannes Lydus hat, wie bemerkt, Kafxao^vijv. Casaubonus (zum Athenaus a. a. O.) fuhrt aus Cato einen Bruder des Janus Naraens Camises an. Ich finde dort zu wiederholten Malen Came- ses (p. 4 sqq. ed. Basil. 1530.). Auch Macrobius (Saturnal. I. 7.) nennt denselben, nach Hyginus und Protarchus: Cameses. Auch in den Frag- menten des Berosus kommt neben Janus ein Italischer Konig Camesenuus vor (so heisst er in der lateinischen Ausgabe von Basel [1530. Ver- gleiche Berosi quae supersunt ed. Richter pag. 44 seq.] pag. 26 seq.). Von ihm hat der Italische Landstrich Camesene oder Came- sena seinen Namen (s. Cato und Macrobius a. a. O. und Sempronius de Divisione Italiae p. 57 Basil.). Hieraus ergiebt sich wohl, dass Kufilor] als Name von Janus Schwester im Athenaus schwerlich richtig ist. Viel- mehr werden wir auf den Namen Camesene geleitet oder auch etwa Ca- masene, wenn man das Ka{iuoqvq des Joh. Lydus als blosse Abweichung des Dialects ansehen wollte. [Guigniaut p. 440. findet bei der so gros- sen Analogie der Italischen Religionen mit den Indischen noch folgende interessantj namlich, dass Brahma unter andern Beinamen auch den Ca- m alas ana, auf dem Lotus sitzend, fiihrt, wie man ihn auch bildlich vor- gestellt sieht , indem er sich aus den Urgewassern auf den Schooss des Vischnu erhebt.] 2) Mehrere Poeten, die den Archaismus in der Sprache liebten, hatten dieses Wort gebraucht (s. Antipater in der Antholog. gr. Tom. I. p. 107 Jac), besonders auch der so alterthiimliche Empedocles (s. die Stellen beim Athen. VIII. to. Plutarch. Sympos. V. 10.)- Die naturlichste Herleitung ist aus dem Phonicischen ^ s. Empedoclis Fragmm. p. 606 ed. Sturz' 604 den Wassern haben sich Burgen und Stadte gegrundet •), Aus dent Wasser steigen auch Wahrsagerinnen und Prophe- tinnen auf, die Musen. Ware aber jene Cainasena oder Ca- mesne mit der Camena einerlei (weiche Varro de L. L. VI. 3. VII. 27. p. 92 ed. Egger. mit ihrem alten Namen Casmena bezpichnet, wovon Castnenae oder Carmenae , die Musen) ^ so batten wir in ihr zugleich eine Muse oder Gesangnymphe , was uns unmittelbar zur Carmenta oder Carmentis fuhrt , wel- cher die Hausmutter und Frauen den 11. und 15. Januar das •Fest der Carmentalia 2 ) feierten. Wie Camasene dem Janus, dem altesten Nationalgotte Italiens, so steht sie als alteste Nationalgottin dem Evander, diesem Latinischen National- heros , diesem Verbreiter und Beforderer der Cultur in Mittel- italien, rathgebend und hulfreich zur Seite. Sie heisst bald 1) Janus Clctvoq) heisst ein gewisser Berg, noch ausser dem Jani- culuin, aber auch, was besonders bemerkenswerth ist, ein Fluss; s. Athenaus a. a. 0. Hiermifc und rait dem Folgeuden hiingt dann audi fol- gende Genealogie organisch zusammen : Janus hat die Veiiilia zur Frau, und zeugt mit ihr die Canens t weiche lefcztere den Picus lieirathet (Varro de L. L. IV. 10. Ovid. Metam. XIII. 334. vergl. Heynii Excurs. VII. ad Aeneid. VII. 371.). Nun ist Venilia die Welle, weiche ans Ufer kommt, wie Salacia die ins Meer (salum) zuriickkehrende (Varro ap. Augustin. de Civit. Dei VII. 22.). Von solchen Eltern kommt nun die Gesangnym- phe Canens, die den weissagenden Vogel (Picus, die Hieroglyplie der Vogelschau — auspicina) zum Manne hat. — Die Allegorie ist von selbst verstandlich. In dieser Genealogie wird Janus mit Saturnus in Verbin- dung gebracht, namlich durch den Picus. Denn letzterer war Sohn des Saturnus, und eben dieser Picus erzeugt den Faunus, der dann mit der Marica den Latinus zeuget (vergl. Virgil. Aeneid. VII. 45 sqq. und dazu Heyne's Excurs V.)., 2) Quellen iiber dieses Fest sind Ovidius Fas tor. I. 46l sqq. Vir- gilius Aen. VIII. 339 sq. Varro de Ling. Lat. V. 3. VI. 12. p. 56 ed. Egger. — Bedeutsam und auf alten reinen Naturdienst hinvveisend bleibt immer der Zug, dass die Frauen bei diesem Feste nichts von Leder. Wolle (aus dem Thierreiche) an sich haben durften (s. Ovid. Fast. I. 617 sqq.), wie die Aegyptischen Priester, denen jede Kleidung von tnie- rischem Stoffe untersagt war. i«* 603 ^ Mercurs Tochter (s. Servius zu Virgils Aen. VIII. ISO.), bald dessen Frau, und durch ihn Evanders Mutter (X 608 Apollodor. III. 10. 1.). Maja ist eine der Plejaden, der Ver- kiindigerinnen der Jahreszeiten , welche dem Zeus als Tauben Ambrosia bringen (s. Odyss. XII. 61. Athenaus XI. p. 310 Schweighaus.), und zwar ist sie die alteste in der Plejaden Zahl, eine Bezeichnung der Regenzeit, in welcher sich Re- gen uber das Land ergiesst, urn es fruchtbar zu machen und dem Pfluge vorzubereiten 0* ®ie ^ die Tochter des Zeus, mit Moneta erzeugt, und LIrmuse; mit ihr erzeugt dann wie- der Zeus den Hermes, das^ personificirte Dichten und Trach- ten, Hermes, mit welchem gegeben ist die geniale Kraft des Schopfers, des Hervorhringers aus der Tiefe. Und diese Schopferkraft ist doppelt, im Geiste und im Korper (Hermes ist Sohn der Maja — Sia to ev £ojoig dQenxixdv und dia to too Xoyov C,ijTi]TiY.dv 2 ). Diesem Hermes und dieser Maja, welche sich uns als Mutter, Amme, aber auch als Plejade, als befruchtende , nahrende Kraft und Verkiindigerin der Jah- reszeiten darstellt, diesen beiden Arcadischen Wesen analog finden wir in ltalien Carmenta und Evander 3 )} Carmenta* nebst ihren Sch western als Mutter, Amme, Nymphe, Sange- rin, Prophetin, gleich der Maja, der ersten Plejade; und was uns der Name Mala im Griechischen besagt, das wusste die alt-Italische Sprache mit Carmenta anzudeuten. Sie ist (von carminare) die Weberin des Schleiers der Natur , welche den Lebensfaden spinnt, welche das Kind im Mutterschoosse em- pfangt und bildet. Der Grund der Bildung des Kindes aber ist, wie beider Welt, im Wasser, auch dieses liegt im Schoosse 1) Den 17. Januar (den 11. und 15. feierte man die Carmentalia) tritt die Sonne ins Zeichen des Wassermanns ; Ovid. Fast. I. £51. 2) S. Eustath. ad Odyss. XIV. 435. 3) Was Hermes in Aegypten , das ist Evander in ltalien. Er soli zuerst die Cadmeischen Schriftzeichen nach ltalien gebracht haben; s. Jolt. Lydus de menss. p. 3. [p. 6 sq. mit Bother.] In der spateren RomisGhen Sage tritt, wie hier Evander und Carmenta, so Numa mit der weissa- genden Nymphe Egeria oder auch mit den Camenae (Musen) in Verbin- dung; s. Plut. Num. p. 165 B. *m 609 der Mutter, im Feuchten, wie die Welt einst iin Feuchten lag und schwamm. So bildet Carmenta das Kind 5 aber indera sie bildet, spinnet sie auch die Faden des Schicksals, von wel- chem das Leben des zu gebarenden Kindes abhangt. — Im Feuchten sind alle Dinge begraben, und man weiss nicht, was sich bilden, was da werden wird. Dennoch ist Thatig- keit erforderlich. Und dieser Begriff der Thatigkeit ist mit Evander (jvavdQoq^ vir strenuus) gegeben, dem letzten Sohne des Majen- oder Carmentengeschlechts , dem letzten Hermes, dem Vorstreiter {ngo^axoq) der Volker, mit wel- chem Latiums Geschichte beginnt. So waren wir auf einem Standpunkte, der in alien alten Religionen sich nachweisen lasst, wo gleichsam durch ein magisches Band Geist und Na- tur wie in Eines verflochten sind, eine geheimnissvolle Ver- kniipfung, welche auch die alten Italier in ihrem Evander und seiner Carmenta verkdrpert hatten. Endlich spielt auch der Mythus mit dem Gegensatze: Carmenta namlich ist auch Postvorta, die Unklugheit , welche Alles zu spat thut. Sie ist es, welche bei dem Opfer fur den grossen Sonnengott und Jahresheros Hercules zu spat kam, d. i. welche den Acker zu spat pflugte, und so Strafe erleiden musste *). y ! 1) S. Plutarch. Quaestt. Romtn. LX. pag. 278. Tom. II. pag. 140 Wyfctenb. 610 §• 8. F o r t s e t z u n g. Beiberkenswerth ist noch folgende Genealogie des Janus l ): C61us w Hecate Vulturnus I 1 Janus y_^/ Juturna I Fontus. Dieses Geschlechtsregister , obgleich durch und durch Italisch colorirt, verrath sich doch in seinen Grunden der Haupts.ache nach als fcamothracisch. Colus hier wie dort an der Spitze 1) Arnobius advers. gent. lib. III. cap. 29. p. 126 Orell. — „Janum 7 quern ferunt Coelo atque Hecate procreatuni in Italia regnasse primum, Janiculi oppidi conditorem, patrem Fonti, Vulturni generum, Juturnae maritum." Die Herausgeber corrigiren Fontis (s. Annott. II. p. 354. vergl. Append, p. 42 Orell.). Dagegen setzte Wagner im Cicero de Legg. If. 22. 56. ad Fonti arasj und so auch Moser p. 328. Dass aber, nach dieser Genealogie, Fons oder Fontus als Gott oder doch als Halb- gott gedacht worden , mochte ich nicht iu Abrede stellen. Eben so Iialte ich es fiir viel zu kiihn, ohne tiichtige urkundliche Autoritat im Arnobius Fonti andern zu wollen. In den Eugubinischen Tafeln komnit dieForme] vor : Fonos seis d. i. propitius sis, vom Aeolischen Fovoq, wovon. bonus, und so die Formen: fos, fons, im Plural fones (s. Lanzi Saggio III. p. 749. Ivergl. Cic. de N. D. III. 20. niit meiner Note p. 582. Mart. Ca- pella I. 46. rait Kopp p. 93. Klausen Aen. u. d. P. p. 710 sq.]). Warum soil es nun nicht einen Fontus gegeben haben , das heisst eineu guten Geist der Quelle? Unsere Landleute reden ja auch von guten Brunnen. des Systems 5 dort der z//;ai oder Dia-Ceres als Gemahl zu- gesellt, hier der Hecate, lhr Sohn dort Mercurius, hier Janus. Es ist wieder der alte Satz: Himmel und Erde erzeugen den Lichtgeist, der die Sittigung der Volker bewirkt. Diese He- cate ist aber als Ceres oder als Dea Dia zu nehmen , wie sie in den Formeln der Feldpriester heisst 1 ); Formeln, an die wir auch gleich bei dem letzten Gliede dieser Geschlechtsta- fel werden erinnern mussen. Mercurius verbindet sich (urn der obigen Stammtafel zuvdrderst zu folgen) eheiich mit der Proserpina-Luna, mit dem feuchten Monde 5 Janus mit Juturna. Sie ist eine der Nymphen des Flusses Numicius, und ein See hat von ihr den Namen. Die andere Nymphe desselben FIus- ses ist Anna 2 ), d. h. das personificirte Mondenjahr der alten Italier. Der Juturna Vater ist Vulturnus. Dieser kommj; als Gott vor, als Wind [Evqovotos, Sud-Sud-Ost 3 ), und als Fluss, der, auf Saraniums Gebirgen entspringend , nachdem er mehrere Flusse aufgenommen, sich ins Tyrrhener-Meer ergiesst 4 ). — Gerade so sind die Samothracischen Dioscuren und die Attischen Anaces 5 oder Horte , Beherrscher der Winde und Beschirmer zur See. Vulturnus waltet auch uber die Winde , und Janus bauet Schiffe $ aber Vulturnus treibet auch aus Suden die Regenwolken zusammen, die sich auf den Ge- birgen von Samnium entladen, den Fliissen Mittelitaliens Ent- stehung und Nahrung geben. Das ist Juturna's Geschichte. Sie zeuget nun mit dem Gott an den Wassern, mit dem gros- sen ersten Schiffer Janus, einen guten Queliengeist, einen Fontus. Er giebt gutes Brunnenwasser , und ist als Geist der 1) Formeln der Fratres Arvales : Junoni (d. i. Genio) Veae Viae; In Luco Veae Diae, bei Marini ad tab. I. imd XXXII. p. 10 12o sqq. 146. 365. [vergl. Klausen de carmine Fratr. Arvalium p. 10 sq.] 2) Virgil. Aeneid. XII. 139. mit Servius, und Heyne Excurs. III. ad Aeneid. VII. 29. sqq. p. 138. unten. 3) Favorinus ap. Gell. N. A. II. 22. 4) Pliu. H. N. III. 5. Virgil. Aeneid. VII. 729. mit den Erklarern. Creuxer's deutsche Schriften. III. 3. on (>ae!Ie (fons) ein guter, fonus, bonus; gleichwie die Goiter von Samothrace und die alten Horte von Athen die Guten (JHl Boni) heissen, und einen Gott in ihrer Mitte habeq, der gut zu rathen weiss (Eubuleus). Ich denke, nun haben wir keine Anstrengung nothig, in dieser Juturna nur eine andere Bezeichnung der Camasene zu erblicken, die wir bereits als des' Janus Frau kennen gelernt; eine Carmenta auch, d. h. eine gute Rathgeberin und Prophetin aus den Wassern auf- steigend. Aber zum Beweise, dass die alten Italier bei ihr an heilsame Quellen selber gedacht, fuhren wir nun hier den Zug noch an, dass die Gelehrten den IN amen Juturna vom Helfen, juvare , ableiteten *). So konnte sie keinen anderen als einen guten Quellsohn (Fontus) hervorbringen. Dafur empfingen auch beide, Mutter und Sohn, die Huldigungen der dankbaren Volker. Ihr feierten Alle die, welche ein Ge- schaft im oder am Wasser trieben (qui artificium aqua exer- cent) , ein Fest , Juturnalia genannt. Eben so feierten gewisse Innungen, die mit dem Wasser zu thnn hatten, wie die Walcker und Gerber (Tullones), Fontinalia oder Fontanalia 2 ); und in den Liturgien zweier Priestervereine, der Umbrischen Atierati und der Latinischen und Romischen Arvales, finden wir Formeln wie folgende: Fonti verbeces duo; woraus wir 1) Servius ad Virgil. Aeneid. XII. 139. Ob die Etymologie wahr oder falsch ist, thut nichts zur Sache. Die Veranlassung dazu war in jenen organischen Anschauungen gegeben. Heyne tadelt die Herleitung a. a. 0. ■ — Es sey hierbei audi bemerkt, dass Vulturnus, von vultur, Geier , ganz in den Kreis der Palicischen Religionen eintritt. Diese Got- ter Siciliens, Palici genannt, sollte Juppiter in Gestalt eines Geiers Cals vultur} erzeugt haben. Es waren zum Theil Flussgotter, wie z. B. Amenanus, und die Grundidee von dieser Religion war die Vorstelluug von dem Ab- und Zunehmen der naturlichen Dinge, wofiir die Fliisse und Quelien die deutlichsten Bilder liefern. Vulturnus war also der Geierfluss, wie der Nil auch Adlerfluss hiess. 2) Marini Atti Arval. II. p. 416. Das Fest tiel zu Rom auf den 13. October. ^ Gi3 25 ^ cation der Schrecknisse des Todes und der Finsternisse der Unterwelt, und ward daher Vedius d. i. boser Gott genannt. Mehr wissen wir von diesera Wesen nicht. Dass er jedoch auch in anderer Bedeutung und minder schreckhaft gedacht worden, wenigstens in der Priesterlehre 5 dafur mochte der Gesanimtinhalt alter Mysterien sprechen$ wovon unten ein Mehreres. Vielleicht fuhrte daher auch dieser Mantus die Seelen aus der unteren Sphare 5 wohin Janus sie herabgefuhrt hatte (s. vorher), zu ihrem hoheren Vaterlande wieder zuruck, wie jener finstere und gute Serapis und Canobus von Aegyp- ten , welcher der Stadt Canobus den Namen gab. Vom Man- tus sollte Mantua benannt worden seyn, das Ocnus gegrundet hatte. Doch wussten andere Sagen andere Etymologien an- zugeben *). Als Farailienname komnit Vedius unter Roras Geschlechtern vor. t) S. Servius a. a. 0. und zu Virgils Eclog. IX. 60. und vergl. Pignorii Antenor p. 5U Cluverii Italia antiq. I. p. 255. uod Demsteri Etruria regal. 11. 36. [Ueber Mantus als Erbauer von Mantua s. jetzfc K. 0. Muller's Etrusk. I. p. 73. Diesem Gotte werden Mania und die Manen zugesellt II. p. 6t. 95 sq. Wenn derselbe Geleurte erst in jenem fiirchterlichen Todtenfiihrer auf Etruskischen Todtenkisten den Mantus erkennen wollte (II. p. 99.) , so hat er nachher wohlgetlian, jenen Fiih- rer im Allgemeinen als Todesgenius zu bezeichnen $ denn es ist wahr- sclieinlicher anzunehmen, dass Letzterer ein Diener des Gottes *der Un- terwelt ist, und angemessener als Etruscisciier Charon (Charun) bezeich- net wird (s. Ambrosch de Charonte Etrusco p. 25. und p. 63. vergl. die unten beigefiigten Bilder nr. 13 — 19. und die Angaben dazu.). — Vom Mantus wissen wir ausserdem nur noch , dass er dem Pluto oder Dis pater verglichen ward; welche Eigenschaften ilim beigelegt wurden, ist schwer auszumitteln , da die Italische Unterwelt so reich an Gotter- und Damonen- Namen ist, wie, ausser den genannten, Orcus, Submanus (Summanus), Viduus (vergl. Hartung Rel. d. Rom. II. 900? die dii Aquili u. s. w. (s. Martian. Capell. II. §. 142. und §. 164. vergl. Kopp daselbst p. 192, der mit Recht Jacket's Erklarung des Vedius als Wehegott Jiicherlich findet, und p. 218 sqq.] ^ 626 Diesem Gotte Februus scheint der Monat Februarius hei- lig gewesen zu seyn. Den Namen dieses Iteinigungs- und Suhnmonats sowohl in pbysischer als reiigioser Hinsicht lei- tete man ab von februa, d. i. Suhnungen, xadaQvia.) oder von februare, reim'gen, oilmen 1 "). Es war ein Sabinisches Wort, wie Varro de L. L. V. sagt: ^Februum Sabini purga- mentum, et id in sacris nostris verbum u $ daher auch die Juno Februa und Februlis (Vergl. Festus lib. VI. p. 145 Dacer.). Andere, z. B. Isidorus (Origg. lib. V. cap. 33.), leiteten das Wort her eben von dem Gotte Februus, dem Vater des Dis oder Pluto oder dem Pluto selber (s. Joh. Lydus de menss. p. 68. mit Hase und Rother p. 172.), welchem man im Fe- bruar opfere. Nach Andern hiess ytPeg so viel als jciv^og^ Trauer, und Februarius 2 ) der Trauermonat, weil man alsdann 1) S. Gerhard. Vossii Etymolog. Lat. p, 208. vergl. mit Lennep Etymolog. p. 904, welcher februo von ferbuo herleitet: cum fervor e ejicio; s. auch P. Morestellus de menss. Dial. III. in Graevii Thes. Antiqq. Romm. VIII. p. 748. und Hadrianus Junius ebendaselbst p. 2l4. — So pflegte man bei dem Opfer die kleineren Stiicke, ehe sie verbrannt wur- den, mit Mehl durch ein Sieb zu bestreuen, und dabei die Worte auszu- sprechen: se ea februare, d. i. man reinige sie (s. Varro in Fragmm. bei J. Gutherius de jure Pontif. Lib. IV. cap. 2. in Graevii Thes. Antiqq. Romm. V. p. 179,)- Hiermit hangt auch die Juno Februtis oder Februlis zusammen (s. oben II. Th. p. 560.). Joh. Laur. Lydus p. 68. p. 172. fiihrt februare in der Bedeutung von reinigen aus den Pontiticalbiichern an. 2) Eine Abbildung des Monats Februarius nach einem alfcen Calen- darium findet sich in Graevii Thesaur. Antiqq. Romano. Tom. VIII. zu fol. 97. Merkwiirdig isfc , und daher auch schon von P. Lambecius in den Noten zu diesem Calendarium (ebendas. p. 105 D.) bemerkt, dass, wah- rend alle iibrigen Monate in mannlicher Gestalt erscheinen , dleser allein als eine weibliche Figur gebildet ist j wahrscheinlich darum , weil der Juno, einer weiblichen Gottheit, die aber auch Februtis oder Februlis hiess, dieser Monat geheiligt warj s. oben III. Th. p. 224. vergl. 562. Die Urne, aus welcher Wasser lliesst, so wie der Fisch, der als Attri- but sich daneben findet, deuten auf Flut, auf die Wasserzeit oder auf das Zeichen des Wassermanns , der in diesem Monat aufgeht. Auch die Gans, sonst auch Attribut der Proserpina als tellurisches Wesen und als 627 die Todtenfeier oder das Allerseelenfest beging. an das ich schon oben crinnert. Den 19. Februar namlich ; also bald nach dem Unter^an^e des Wassermanns (den 15. Februar) und nach dem Anfange des Fruhlings (den 9. Februar) '), wurde dieses Todtenfest, das Fest der Parentalia oder Feralia (jh %oai t&v v.aToi%o\xhoiv ; s. Joh. Lydus* de inenss. p. 71.) gefeiert, wo man neben andern symbolischen Gebrauchen auf das Grab der Verstorbenen Trankopfer ausgoss (Manibus pa rentatur)*). Einige Tage zuvor (den 13.) wurden auf der Tiberinsel die Faunalia begangen, und den Faunen eine junge Ziege, Wein und Milch geopfert, zugleich mit der Todten- feier fur die dreihundert gefallenen Fabier (Ovid. Fast. II. 193 if.). Der Grund dieser Feste hangt mit der Bedeutung des Monats selber zusammen. Es ist der Monat, welcher fur die Reiniguhgen und Suhnungen bestimmt ist, in welehem der Mensch durch Opfer die Schaar der bosen Geister, welche Krankheiten denen zusenden, die ihnen nicht gehorig dienen, suhnen soli 3 ). Diese ganze Beschwichtigung der bosen Da- Leichengottin, ist fredeutsani 5 s. die Erklarung unserer Abbildungen p. 60 2ter Ausg. 1) 8. Ovid. Fastor. II r 149. 195. 345. 533 — 570. Die Tafel des Ju- lius Casar bei Schneider (Scriptorr. Rei rust. T. I. a.) hat den 7. Fe- bruar; s. Krebs zu Ovid. Fast. p. XXIII. vergl. audi Hadriani Junii Fasfcorum liber, in Graevii Thes. A. R. VIII. p. 231 sqq. 2) Manibus parent atur utpote in signo dAquarii^ } quod humftnae vitae contrarium vel adversum feratur. Macrob. in Somn. Scip. I. 12, vergl. Cic. de Legg. II. 21. §. 54. Servius ad Virgil. Georg. I. 43. Plu- tarch. Quaestt. Romm. p. 114 ed. Wyttenb. Joh. Laur. Lydus de menss. p. 71. p. 176 Roth, und meinen Dionysus p. 292. 3) Darum stand auf dem Palatinus ein Tempel der Febris. Cicero de N. D. III. 25. p. 632: Febris etiam fanum in Palatio. [et Orbonae ad aedem Larum et aram malae Fortunae Esquiliis consecratam videmus, wo Plinius H. N II. 5. Larium giebt. Ueber diesen Genitiv vergl. Schef- fer u. Oudendorp zum Jul. Obseq. p. 115. u. Gorenz zu der Parallelstelle Cic. de Legg. II. 11. p. 143. Ueber die mala Fortuna vgl. man Plutarch de Fortuna Romm. X. mit Wyttenb. Animadvv. p. 102 sq.] 8. jetzt : Creu%er's deutsche Schriften. III. 3. ZLA ^ 628 monen geschah nun im Zeichen des Wassernianns, weil die Fluthen und Wasser den alien Schlamm der abgelaufenen Zeit oder des verflossenen Jahres abwaschen miissen. Denn jetzt, wenn die Zeit erschienen, wo der alte Wust abgethan wer- den soli , muss AHes opfern und sich dadurch suhnen. Wann init dera Fruhlingsanfang das neue Leben zuriickkehrte, dann sah die naive Einbildung des Italischen Landraanns Feld, Flur und Wald von einer Schaar genialischer Bewohner erfullt — Faunen nannte er sie insgemein: ein vielbedeutender Name, und ohne Zweifel ait-Pelasgischen Ursprungs, verwandt mit (pdaj und (pava> 9 luceo und for (jch glanze und ich rede) , anzudeuten, wenn das Fruhlingslicht wieder erglanzet, dann wird das Ganze der Natur aufs neue belebt, und von wun- derbaren Stiuiraen erfullt. So heisst weiblicher Seits die Got- tin Fauna auch Fatua, d. i. die Natur, die reiche, Hulfe lei- stende, hervorbringende Erde, aber auch die grosse Hebamme nnd Weltmutter 1 ). Um aber das Fest der Parentalien richtig zu beurtheiien, mussen wir gieichfalls in die Pelasgischen Religionen, denen ja die Bewohner des alten Italiens im Ganzen so treu geblie- ben 5 zuriickgehen. Im alten Griechenland linden wir ahnliche Feste, %oai genannt, insbesondere zu Athen das Fest der %viQoti welches man den IS. Anthesterion , also ungefahr zu derselben Zeit wie in Rom die Parentalien, feierte; ein Fest Sul culto, reso dagli antichi Romaui alia hea Febre dissertazione del Dotfcor G. de Matthaeis , Roma 1S14. Ueber die in diesen Gegenden jetzt besonders so herrschend gewordenen Fieber vergl. man v. Bonstetten's Reise nach Rom II. Th. besonders p. 63 sq. [Die Febris gehdrte zu den alten eigeutlich romischen Gottheiten , und wird sehr charakteristisch eine Rontische Burgerin genannt (Augustinus de Civ. Dei IIL, 12. vergl. IV. 15. und s. Ambrosch Stud, und Andeutt. p. 1900.] 1) Vergl. Macrob. Saturnal. I. 12. und dort Labeo , wo Fauna mit Bona hea, Tellus 9 Terra, Ops und Maja zusammengestellt wird, auch Fatua genannt, von fari, weil die Kinder nicht eher eine Stimme von sich geben, bis sie die Erde beriihren. 629 zur Erinnerung an die Fluth gestiftet dem Hermes ChthonuH von den Wenigen, die sich aus der Fluth gerettet, urn die Manen der in der Fluth Umgekommenen zu versohnen und den Hermes Chthonios zu besanftigen. Ueber die Carisiien {Charistien) mussen um so mehr einige Worte hierbei folgen , da die Alten selbst dieses Fest mit dem der Feralien oder dem Todtenfeste in Verbindung bringen >). Die Charistien fielen auf den 22. Februar. Die Hauptstelle des Valerius Maximus 2 ) enthalt noch einige wesentliche Zuge. Es war ein eigentliches Farailienfest. Der Aelteste gab alien Mitgliedern einer Familie eine Mahlzeit. Weil ein sonst ge- lehrter Antiquar dieses Fest zu den sacris gentilitiis rechnef, und ein anderer gelehrter und geistreicher Forscher von den gentes den Begriff gegeben hat, dass man darunter nicht einzelne Gesphlechter in Rom, sondern grossere Genossen- schaften als Theile der Curien zu denken habe 3 }, so ist von mir absichtlich die Stelle des Valerius M. ganz beigefugt worden. Nach meiner Ansicht will der Geschichtschreiber angeben , bis zu welchen Graden der Verwandtschaft die Be^ 1) Ovidius Fastorr. II. 617 sqq.: Proxima cognati dixere Caristia cari, Et venifc ad socias turba prop in qua dapes. Scilicet a tumulis , et, qui periere, propinquis Protinus ad vivos ora referre juvat$ Postque tot amissos , quidquid de sanguine restat • Adspicere, et generis dinumerare gradus. Die folgende Betrachtung des Dichters verdient ganz bei ihm selbst nacli- gelesen zu werden. 2) II. 1. 8. Conviviuni etiam solemne majores nostri instituerunt, idque Charistia appellarunt; cui praeter cognatos et affines nemo inter- ponebatur: ut, si qua inter necessarios querela esset orta, apud sacra mensae et inter hilaritatem amino rum fautoribus concordiae adhibitis tol- leretur. 3) S, Chladenius de gentilitate p. 49. und Niebuhr Rom. Gesch. I. p. 229 sqq. p. 339 sqq. 3ter Ausg. vergl. Heidelbb. Jahrbb. 1S17. nr. 72. und nr. 78. p. Ii48 sqq. und p. 1238 sqq. 40* ?m 630 fugniss 5 an jenem Familienfeste Theil zu nehmen, sich erstreckt habe$ vvobei er dann die cognati und affines nennt *). Auf jeden Fall sagt er, dass auch die Cognaten und AfFinen bei diesem Feste zugeiassen wurden 2 ). Nach dieser Vorbemer- kung mogen wenige Worte genugen , urn den Geist dieses Festes, das uns die Romische Religion von einer sittlichen, ja liebensvviirdigen Seite zeigt, bemerklich zu machen. Sitt- liche Eigenschaften fordert der Dichter einzig von den Theil- nehmern dieser Feier, vielleicht gerade in einem absichtlich ge wall It en Gegensatz gegen dfe blosse Rucksichtnahme auf Verwandtschaft in seiner sittlich so entarteten Zeit. Aber wie dern auch seyn mag : — man kam eben von den Grabern, und die erneuerte Erinnerung an die Hinfalligkeit des menschli- chen Lebens musste auch den Unempfindlicheren milder und friedfertiger stimmen, als er gewohnlich war. Jetzt also ver- sammelte der Aelteste die Glieder seiner ganzen Familie zu einem Versohnungsmahle 5 er, der, menschlichem Ansehen nach, zunachst den Todten beigesellt werden sollte. Anjetzt erblickte man ihn noch im heiteren Familienkreise. Denn er- heitern sollte dieses Fest nach der mehrtagigen Suhn- und Todtenfeier. Es hatte von der sanftigenden Charts [Xdptg) seinen Namen. — ' Also eine schickliche Zeit, urn Zwistigkei- ten unter Familiengliedern auszugleichen. Diesem Tage war die Eintracht (die Concordia) besonders hold und zugethan 3 ). Wer in ihrem Sinne dachte und handelte, sollte hier, am Familientische, die Klagen der Verwandten beschwichtigen; 1) Hierbei muss der Unterschied zwischen agnati und cognati be- merkt werden; s. Cicero de Legg. I. cap. 7. §. 23. mit den Auslegern, Cujacii Observatt. lib. XXVII. cap. 6. p. 901 sq. Heinecc. und jetzt Gaii Institute lib. I. §. 156. p. 59 sq. 2) Chladenius de gentil. p. 101. unterscheidet die cognati von den gentiles, und macht die Charistien docli zu sacris geotilitiis. Er scheint die Stelle des Valerius Max. nicht gekannt zu haben. Auf das cognati bei Ovidius, als einem Dichter, diirfte man weniger Gewicht legen. 3) Ovid. Fast. If. 631 sq. ^ 631 und wenn man jetzt den Laren die gemeinsame Opferspende dar- brachte *), so niusste man ja wohl geneigter als sonst vielleicht seyn, das versohnende Wort desjenigen zu horeh, der nun bald, nach seinem Hintritt, jenem Chor der Laren, der seli- gen Herren und der unsichtbaren Aufseher und Beschutzer des ganzen Geschlechts, beigesellt werden sollte. In diesem Sinne konnte der alte Rbraer ehemals das Jahr beschliessen , denn der Februar war anfangs der letzte Monat. Aber auch ferner konnte er in diesem Sinne aus dem Hause ins Freie treten , seine Feldmarken begehen , und die Verkun- digerin des Fruhlings, die Schwalbe, begrussen 2 ). 1) Ovid. vs. 333 sq. 2) Auf den 23. Februar fielen die Terminalia (Ovid. vs. t>39.) uird bei dem 24. gedenkt derselbe Dichter (vs. 853.) der Aukunft der Schwalben. $. n. Der G o t t Tages »> In der Zahl Italischer Untergottheiten ragt vor alien jener Etrurische Tages hervor. Sein mythischer Ursprung fiihrt uns gleich in den Mittelpunkt gewisser durch das ganze Al- terthum hindurchziehender Ideen. AIs man einst, so erzahlte sich das Volk , bei Tarquinii (Corneto) in Etrurien den Acker pflugte, stand jener Gott aus der Furche auf, in Knabenge- stalt, aber mit des Greisen Weisheit ausgerustet (Cicero de Divinat. II. 23. und daselbst die Auslegg. p. 879 sq. ed. Moser. vergl. Isidori Origg. VIII. 9. p. 374 ed. Are vail.). Darura heisst er auch hie und da der ausgeackerte Knabe. Er war der Erde Sohn, und aus ihrem Schoosse hatte er die Gabe der Weissagung heraufgebracht, gerade so wie jener wun- dersame Seher des alten Thraciens, Silenus, Vielen fur einen Sohn der Erde gait, welcher ohne Zulhun eines Mannes aus der Mutter Schooss entsprang (Nonni Dionys. XIV. 97. XXIX. 202.). Auch in jeder andern Beziehung erinnert die- ser Tages an die tellurischen Machte von Samothrace und Lemnos. Er ist als Knabe gebildet. wie sie, in den altesten Idolen; er weissagt aus der Tiefe kommend, wie Sydyk, wie Esmun-Asklepios. Kurz alle jene Vorsteliungen der Pelasgi- schen Religionen kehren hier wieder. Vorzuglich aber muss an den Cabirischen Hermes gedacht werden. Denn nicht l) [Uierzu em Nachtray.] •mi 633 sobald ist Tages geboren, so triit er als Lehrer auf. Die Wissenschaft von gottlichen Dingen , die Kenntniss des Vo- gelflugs, die Kunsl in den Eingeweiden der Opferthiere zu lesen, das Alles ist sein Werk. Er hat in alien diesen Din- gen seinen Schffler Bacches unterwiesen. Ihin hat er die Acheruntischen Bucher iibergeben , die in den Priesterschuleii Etrnriens einen wesentliehen Theii der Theologie begreifen, Darin war die mystische Lehre von der Ileinigung der See- len vorgetragen, wie z. B. dureh das Blut gewisser Thiere, gewissen Gottheiten geschlachtet, die Seelen von dem Loos der Materie erioset und zur Heroenwtirde erhoben werden kbnnten *). Aber auch die heiligen Gebrauche und das ganze Carimonialgesetz leitete die Etrurische Priest erschaft von Ta~ ges und Bacches her. Die llitualbucher, wie sie hiessen, vvorin ohne Zweifel auch die Kntsuhnungen bei drohenden Vorzeichen vorgeschrieben waren . batten den Namen Tages an der Spitze. Labeo hatte sie in funfzehn Biichern ins La~ teinische ubersetzt. Die Kenntniss der Meteore, des Blitzes und Donners, in heiligen Biichern niedergeiegt, wird gleich- falls jenem beigelegt. Noch lesen wir bei Joh. Lydus im Tractat von den Erdbeben 2 ) die Bomischen Ausziige aus 1) Arnobius adv. gentt. II. 62. vergl. die Ausleger daselbst Tom. II. p. 90 Orell. Lindenbrog wollte anstatt Acheruntici libri lesen: Aruntici; vergl. den Commentar zum Animian. Marcellin. XVII. 10. p. 282 ed. Wagner. Allein da hier von tellurischen , ehthonischen Wesen die Rede ist, so muss die alte Lesart fur sehr passend gelten. 2) P. 130 ed. Schow. p. 190 ed. Hase de Ostent. Aus diesem Biich- lein erfahren wir auch zuerst, dass die in Versen niedergeschriebeneo Orakel des Tages zuerst von Vicelius und naciiher von Appulejus pro- saisch waren vorgetragen worden. Vermuthlich muss aber anstatt Bm£- fooq (Vicelius) gelesen werden Btyovloq (Figulus), indent wir nocli Frag - mente einer Brontoskopie von Nigidius Figulus haben (s. Schneiders Index zu den Scriptorr. R. rust. p. 358. und Spangeuberg de religg. Latii domestt. p. 31.). Bekanutlich hat man, weil von Tagetischen Biichern gemeldet whd, den Tages als einen Philosophen und Schriftsteller an 634 Tagetischen Schriften fiber diesen Gegenstand , z. B. welche Lander der Erde bedroht sind, wenn ein Erdbeben kommt zur Zeit, da die Sonne im Widder, welehe, wenn sie im Stier, in den Zwillingen oder im Krebse stehet, und so durch alle Zeichen hindurch. Es war ein alter GJaube der Volker, der in die meisten Orakelstiftungen eingreift , dass aus den dunkelen Kraften der Elemente die Seherkraft abstamme. Weissagende Vogel kom- men aus hoher Luft. Die Fluthen des Meeres stossen den Propheten Babylons Oannes aus (der , wenn nicht im Namen, doch in der Sache, als Fischmensch, mit Janus verwandt zu seyn scheint), die Erde war die fruhere Besitzerin des Del- phischen OrakeJs , Amphiaraus giebt Visionen in seiner Hohle, so wie das Erdfeuer des Aesculapius Heiltraume in seinen die Spitze der Efcruscischen Literatur gestellt. Dagegen erklart sich nun Lanzi im Saggio di Ling. Etrusc. II. p. 56 1 sq. mit Recht, und sucht zu beweisen, dass die Tagetischen Lehrsatze urspriinglich miindliche Orakel gewesen. Von der rhythmischen Form spricht auch Johannes der Ly- dier. Mir scheint folgende Stelle eines Lateiuers vorziiglich geeignet, um uns einen richtigen Begriff von diesen Tagetischen Buchern zu geben. Ceusorinus de die natali cap. 11: In agro Tarquiniensi puer dicitur divi- uitus exortus nomine Tages, qui disciplinam cecinerit extispicii, quam Lueumones Etruriae potentes exscripserunt. Also Tages hat die Vor- schriften der Opferschau gesungen, und die Etrurischen Hierarchen haben sie geschrieben. — Ich brauche wohl weiter nichts hinzu zu setzen, um den Leser auf den rechten Standpunkt zu stellen. Die ganze Art, wie ich den Tages geuommen, und hesonders die Vergleichung mit Hermes wird, denke ich, die richtige Ansicht vollenden. [Jetzt erfahren wir aus v dem Bericht des Proclus beim J. L. Lydus de Ostentis p. 10 ed. Hase, dass die Grieehen selbst den Tages mit dem Hermes chthonios identifi- cirten. In dieser Erzahlung erscheint der aruspex Tarchon als Schiiler, dem Tages auf seine Frageu antwortet. — Meine obige Vermuthung nehme ich aber auf die Erinnerung des Herrn Hase p. 324. zuriick ; denn dieser Kritiker vveiset nicht nur das wiederholte Vorkommen des Namens BiyJXioq in tnehrera Stellen nach zwei Handschriften , sondern auch den Namen Vicelius und Visellius in Romischen Schriften und Denkmalern nach.] ^ 635 Tempein. An solchen Vorstellungen richtete sich die alteste Naturkunde auf. Aus jener Brontoskopie der Priester erwuchs die Meteorologie , aus dem Glauben an Erd- und Schlangen- gotter die Kunde der HeilqueJlen und Heilkrauter. Hier steigt neben dem Pflug aus der Furche der lehrende Damon auf, und weiset dem Ackerbauer der Sterne Lauf, die Perioden des Jahres, der Erde Leben und die Natur des Bodens, Wind und Wetter in ihrem Einfluss auf des Landmanns Geschaft, und den Zusammenhang der Himmelszeichen mit den Kevo- lutionen der Erde. So sind die Phanomene der gesammten Natur mit dem Ackerbau in Verbindung gesetzt. Die Erde iebet und lehret, und ihr Pfleger, der Ackermann, siehet ihr Thun und horet ihre Stimme. So nennt der fromme, klare Xenophon im Buch vom Landbau (Oeconom. XIX. 17 sqq.) den Ackerbau einen menschenfreundlichen , linden Lehrer, der uns , wenn wir nur offene Sinne haben , auf das geschwindeste vveise macht. So waren denn auch jene ersten Erbauer und Pflugmanner Osiris, Triptolemus, Buzyges, Erichthonius , und wie sie alle heissen mogen, die ersten Lehrer milderer Sitte und gesetzlicher Ordnung. Darum ward ihnen auch Heroen- ehre nach ihrem Tode. In diesen Chor tritt auch Etruriens Tages A ). Doch, wie gesagt, gottliche Wissenschaft erhebt ihn zu hoherer Wurde, zur personiiicirten Intelligenz. Die Wohlthaten des Acker^ baues und der burgerlichen Ordnung sind sein Geschenk, aber auch die ungemeine Wissenschaft von hoheren gottlichen Dingen. Im Priestersystem der^Etrusker mochte er also auch wohl dem Janus als Camillus oder Hermes eben so zur Seite stehen, wie Thoth-Hermes dem Osiris im Aegyptischen. Da- her sind die Tagetischen Bucher dem Etrusker in jeder Be- ziehung , was die Hermetischen dem Aeg} r ptier gewesen. In ihnen war die Bluthe Tuscischer Weisheit niedergelegt 5 1) Niebuhr Rom. Gesch. I. pag. 93 sqq. gedenkt auch kiirzlich des 'Pages. 636 die neiligsten Lehren von der Seelen Schicksal und Laute- rung, und von dein gottlichen ewigen Wesen. Nach dieser Sitte, auf den Gipfelpunkt der priesterlichen Wissenschaft jenen Tages zu stellen, muss auch die Angabe beurtheilt werden, die ihn den grossesten Weisen derGriechen, Pytha- goras und Plato, anreiht, und diesen drei Weisen die Lehre von Einem hochsten Gotte, dem Regenten aller ubrigen Gott- heiten (de uno Deo principe et ceterorum numinum ordinatore), beilegt (Placidus Lutatius zu der Thebais des Statius IV. 516.). Die Stadt Tarquinii, in deren Gemarkung der Lehrer Tages aufgestanden war, gait im Alterthum fur eine der an- gesehensten Zwdlfstadte Etruriens. Noch jetzt zeugen manche Spuren von ihrer ehemaligen Grosse, besonders jene merk- wurdigen unterirdischen Grabgewolbe von Corneto, mit ihren Reliefs, Nischen, Urnen und Rildwerken verschiedener Art. Im Jahre 1770 fand man in den Ruinen von Corneto das bronzene Rild eines sitzenden Knaben mit Etrurischer Schrift auf dem verstuinmelten linken Arme, unter der Erde. Der erste Gedanke war an den Tarquinischen Erdgott Tages, und man wollte dabei auch die Sitte geltend machen, dass die Etrurischen Lehrer sitzend zu unterriGhten pflegten. Die Sta- tue ward darauf nach Rom in die Vaticanische Sammlung ge- bracht. In einer bei dieser Gelegenheit von Passed geschrie- benen Abhandlung, die mit dem darin befindlichen Rilde vor mir liegt (Passed Commentatio de puero Etrusco, Romae 1771.), wird diese Vorstellung bestritten, und unter andern aus der am Halse des Knaben hangenden bulla wahrscheinlich zu machen gesucht, dass es ein donarium eines patricischen Knaben sey, das man nach einer Krankheit desselben den Gottern gewidmet habe (s. p. XXVII.). Am sichersten wird man also bei der allgemeinen Rezeichnung: der Etrurische Knabe stehen bleiben '). t) Eine Abbildung in verjiingtem Maassstabe lieferfc, nach Lauzi, unsere Tafel XL1X. 2ter Ausg. und bei Guign. nr. 583. uuten. 637 Z u a a t %. Den Namen Tages leitet Lanzi nach seinem Grund- satze, alles Wesentliche der Italischen Religionen aus dem Griechischen herzuleiten, vom Thessalischen rayog^ Heerfuh- rer , Volhshaupt (JHerzog}, ab ? denn die Tarquinier seyen Thessalischen Ursprungs 2 ). Ich habe selbst den Etrurischen Tages fur Griechisch oder bestimmter fur Pelasgisch erkannt; und da ich des Silenus dabei gedachte, also des alien Bac- chus, so kann ich schon deswegen nichts dagegen haben, wenn Tages Herzog heissen soil. Denn als Heerfuhrer war ja Dionysus recht eigentlich genommen. Aber soil ich meine wahre Meinung sagen , so glaube ich , Lanzi hat sich diesmal von dem Tarquinischen Local zu sehr beengen lassen, um mit einer Thessalischen Sprachform sich zu befriedigen, die im Grunde doch nur etwas Allgemeines sagt. Ich denke, wir konnen einen eigenthumlicheren und bestimmteren Grund und Sinn des Namens finden , uud zwar ohne einmal weit von Thessaliens Granzen wegzugehen. Es war so eben vom Silenus und Bacchus die Rede. Davon wollen wir um so mehr ausgehen, da des Tages 1) Saggio di Ling, Etr. II. p. 239. 2) %ayov beim Xenoph. Hist. Gr. VI. 1. 6. von dem Thessalischen Heerfuhrer; vergl. Pollux I. 128. noUpuQxoq ttul Otxxaluv Tayoq , und Sturz. Lex. Xenoph. IV. p. 238 sq. Wenn daselbst bemerkfc wird, dass man auf den Randern der Handschriften tuytjv statfc rayov fand , so scheint dies jetzt Aufmerksamkeit zu verdienen. Lanzi hatte gewiss davon Gebrauch gemacht, ware ihm diese Variante bekannfc gewesen. ^ 638 <». Schiiler urkundlich Bacches genannt wird , d. h. ein Begeister- ter , ein OraMer (Spruchsprechery Nun treffen wir an Thes- saliens Granzen ein en ekstatischen Bacchus -Silenus an. Zu Dodona in Thesprotien finden wir ihn als einen astrologischen Weissager — als einen begeisterten Sterndeuter oder , was das- selbe ist, als einen Astrobacus Nun aber wird Bacchus in den Orphischen Gedichten als acpditrtDQ und eitdcpioq bezeichnet, welches Joseph Scaliger jedesmal sehr glucklich und alterthumlich durch Tages ubersetzt 2 ). Tagit sagte die alte Sprache statt tangit 3 ) 5 wovon auf die naturlichste Weise von der Welt Tages abgeleitet werden kann. — Und dieses stimmt auch mit den Begriffen vom Tages aufs beste zusam- men; man mag ihn nun tellurisch oder siderisch betrachten. Er ist aber, wie wir sahen, in diesem zwiefachen Sinne zu nehmen; denn er steiget aus der Furche neben dem Acker- mann auf, lehret der Erde Natur, und unterrichtet die Men- schen in den Zeichen des Himmels. Bacchus beruhret die Furche der Erde 4 ) , und giebt Belehrung uber ihr Thun und Wesen. Dieser Satz hatte seine Geriealogien, bedeutsame Namen und Handlungen. Wir mussen uns damit bekannt machen. „Tages, heisst es, ist Sohn des Genius und Enkel des Juppiter, ein Knabe, der die zwolf Volker Etruriens in der Opferschau unterrichtet haben soil" 5 ). Also vom Juppi- 1) 'AoTQopcMoq ; s. Hygin. poet, astronom. cap. 23. p. 473 Staver. vergl. meine Commentt. Herodott. I. p. 251 — 260. 2) Hymn. Orph. L. C49.) 7. LII. (51.) 9. vergl. Gesner. ad Orphei Fragmm. p. 476 Herm. 3) Festus p. 557 Dacer. p. 250 Egger. Tagere ist aber mit dem Griechischen Myeiv, beriihren, verwandt. 4) Wie die Mysterienscenen auf eine fiir die Kirchenvater arger- liche Weise diese und almliche agrarische Satze versinnlichten , kann der Leser aus dem sechszehnten Orphischen Fragment (p. 457 Herm.) ersehen. Bekanntlich wird sulcus und vomer fiir aldola gebrauclit. Man vergl. nur Lucret. IV. 1265. 5) Festus p. 557 Dacer: p. 280 Egg. Tages nomine, Genii filius, ^ 639 ter geht ein Genius aus und void Genius ein priesterlicher Lehrer Etruriens. In den Phrygischen Sagen horten wir Fol- gendes: Zeus iasst im Schlafe seinen Saamen zur Erde her- abfliessen, daraus entsteht ein Genius (J*al[xu}v} und daraus ein Heros Attes Lehrer der Phrygischen Menschheit. Also Juppiter ist der Besaamung und der Belehrung letzter Grund. 1st sein Saame geflossen und der Schooss der Mutter Erde geschwangert , so kann der Landmann mit Hoffnung pflugen. Der Saaten Gedeihen hangt aber auch wieder vom Himmel ab$ seine Sterne und Erscheinungen wollen verstanden seyn und angewendet auf das agrarische Geschaft. Schadliche Einwirkungen aus der Tiefe und aus der Luft wolJen abge- wendet seyn fder Zorn der unterirdischen und der Luft-Got- ter will gesuhnt seyn), soli anders Fulle und Wohlstand gedeihen. Darura steigt der geniale Knabe Tages aus der Erde auf, legt die Hand auf die Furche^^ segnet die Erde, und belehret ihren Bebauer uber ihre Natur und ihr Wesen, uber der Sterne Lauf und die mancherlei Zeichen in der Luft, giebt auch die Mittel an , wie der Landmann und der Gartner ihr Feld vor schadlichen Damonen bewahren sollen 3 ). — Auf nepos Jovis, puer dicitur disciplinam auspicii dedisse duodecim populis Etruriae. 1) Beim Schlafe des Zeus erinnere man sieh, was wir oben uber Juno-Prosymna gesagt liaben. Der Name BavfJo), welche vom Jacchus im gedachten Orphischen Fragment frech beriihrt wird , bezieht sich auf Schlaf und auf das Gebaren der Erde im Verborgenen. [Auch Traum- orakel hatte Tages deuten gelehrt Martian. Capella 11. §. 157: „Tages sulcis emicuit et ritum statim gentis sypnumque monstravit, d. h. somnuni- que, wie die alte Sprache redete, nach dem Griechischcn vttvoq f Schlafe s. Kopp a. a. 0. p. 211, der die Lesart gegen K. 0. Miiller gut verthei- digt und erklart hat.] 2) Also Tages der Beruhrer. 3) Columella de cultu hortorum X. vs. 344 sq. : Hinc caput Arcadici nudum cute fertur aselli Tyrrhenus fixisse Tages in limite ruris. Vergl. die Ausleger daselbst p. 538 Schneider. Ein Eselschadel dieute ais Schutzmittel, fascinum, der Felder und Garten. Der Silenische Esel 640 diese Weise hingen die Erscheinungen am Himmel und die Veranderungen auf Erden , die Zeichen der Vogel und der Opferthiere init den Arbeiten des Land man nes zusammen. Wir sagen in unserer Sprache „vom Dormer geruhret"^ so sagten die Italier vom Blitze, dass er beruhre. Ein Romi- scher Schriftsteller driickt sich daruber so aus: „ — ut in Tageticis libris legitur, Vejovis fulmine mox tangendos adeo hebetari, ut nec tonitrum, nec majores aliquos possint audire fragores" *). Da derseibe Autor an einer andern Stelle das tangere bei dem Tages nochmals gebraucht 2 ). so konnte viel- Jeicht Jcmand darin eine Anspielung auf diesen Namen suchen. Icli suche sie nicht. Aber Folgendes suche ich, oder viel- mehr, es bietet sich von selber dar: Die Priester Aegyptens lehrten: Ein Blitzstrahl beruhret eineKuh, und befruchtet sie. Aus dieser Befruchtung wird Apis geboren; und diesen Apis nannten die Griechen, nach ihrer Weise, urn sich in ihre Sprache das fremde Wort umzusetzen , Epaphus 3 ). D. h. die Erde wird vom Strahle des Himmels beruhrt , und nun gebiert sie den Sohn der Beriihrung* den Epaphus. Das ist Bacchus sivdcpioq, der Beriihrer. Der Bacchische Stier ist die Hiero- hatte seine meteorologischen und astronomischen Bedeutungen; s. die Commentatt. Herodott. a. a. O. [Wenn K. 0. Miiller Etr. II. p. 174. sich gegen Ruperti's falsche Deutung der Stelle Juvenal's XI. 96. erklart, so hat er Recht; wenn er aber iiber die liickenhafte Stelle des Hj-ginus Fab. 274. (p. 384 sq. Staver.) absprechen will, so ist dies sehr gewagt] 1) Ammianus Marcellinus XVII. 10. 2. 2) XXI. 1. 9 und 10. - — seu quod tangitur eorum adfectione Cuius disciplinae Tages nomine quidam monstrator est. Auch konnten die Freunde des Magnetismus an die electrische Baguette beim Tages denken — Fragen, die ausser meinem Kreise liegen. — In derselben Stelle des Ammianus §. 11. werden neben Donner und Blitz auch Fur- chen der Gestirne erwahnt (siderum sulci), womit das Schiessen oder scheinbare Fallen der Sterne (die Sternschnuppen) bezeichnet werden. 3) Herodot. III. 27. 28. otkaq ini xr\v fiouv I* xov ovqavov xuxto^uv, — 'EqxxvT} Aiyvnxioiot 6 "Amq, xov "EXkqviq "Eizacpov xuUouat. -m* 641 glyphe des Ackerbaues 5 und eines der vorzuglichsten Zeichen der Thierschrift ist der Ochsenkopf. Hiramel und Erde haben dera Osiris-Bacchus das Daseyn gegeben *) — wie dein Tages, dein Sohne der Beruhrung aus Juppiters Saamen. Der Blitz ist der Saame des Zeus 5 und so konnen Tages und sein Schu- ler Bacches 2 ) die Zeichen der Erde und des Hiinmels den Volkern deuten. Sie geben Zeugm'ss von Himmel und Erde, weil sie von beiden gezeuget sind. 1) Semela musste vom Donner geriihrt werden , auf dass unter dem Feuersfcrahle des Blitzes Dionysns geboren werde. 2) Einer der heiligen Stiere Aegyptens hiess auch Bacis ; s. obea ». a. O. p. 481. 64*i §. 12. Die Augurien. Mit Ackerbau, Saat- und Erntefesten hangt die geord- nete Jahreszahlung zusaminen. Auch darin sollten die Etru- rier es ziemlich weit gebracht haben. Wie viel sie hierbei von auslandischen Einsichten benutzten, mochte schwer zu bestiminen seyn. So viel ist gewiss, sie hatten schon einen geordneten Kalender. Numa, der das alt-Romische Mondsjahr auf das Sonnenjahr zuruckfuhrte , bediente sich dabei vorziig- lich der Hulfe der Priester. Wenn Macrobius (Saturn. 1. 13/) seiner Einsieht dabei Lobspruche macht, zugleich aber der Griechen gedenkt, deren Kenntnisse er vielleicht benutzt habe, so widerspricht ihm der gelehrte Verfasser der Geschichte der Astrononrie (Bailly Hist, de l'astron. VII. p. 195.). weil die Griechen dainals selbst noch nicht zur feineren Kenntniss dieses Gegenstandes gelangt waren. Daher haben Andere die Etrurier dem Namen bei diesem Geschaft an die Seite gesetzt} was wir nicht weiter untersuchen woilen 1) Griindliche Belehrung iiber diesen Theil der Etrurisclien Wissen- schaft gewahrt jetzt Niebuhr ind. Rom. Gescli. I. p. i83 — 206. bes. p. 195 sqq. [S. 291—317 3. Ausg. Ueber die Zeitrechnung u. den Kalender der Etrusker muss jetzt K. 0. Miiller Etr. II. p. 322 sqq. nachgelesen werden, und fiber die Augurien und die gesammte Divination und die OfFenbarungs - Lehre der Etrusker und anderer Italischen Volker II. p. 20 sqq. p. 110 sqq. Vergl. Cicero de Divinat. I. 6. p. 28 sqq. u. II. 23. p. 378 sqq. mit deu Auslegern ed. Moser; Hartung's Relig. der Romer I. 3. p. 96 sqq. und 643 Hierbei werfen wir einen Blick auf die Hauptarten der priesterlichen Divination unter den Etruskern. Da diese ganz genau mit ihrem Gottersystem zusammenhing, so lasst sich bei der mangelhaften Kenntniss von dieseni nicht der ganze Zusaminenhang ihrer Divinationstheorie nachweisen. Doch sehr charakteristische Satze daraus theilen uns die Alten mit. Zuvorderst das ganze Augurienwesen hing an dem auch im alten Persien und Griechenland verbreiteten Glauben, dass die Bewohner der Luft, die Vogel, von Gott getrieben wer- den. „Et aves, sagt Seneca (Quaest. Nat. II. 32.), deus movit". Auf dieseni Princip beruheten die Etrurischen Augu- rien. Daher jene Aufmerksamkeit auf den Flug der Vogel, auf ihre Stimmen, auf ihr Fressen, auf ihr ganzes Thun und Wesen. Hieraus entwickelte sich nun eine vollstandige Theorie mit kunstmassigen Regeln und Bestimmungen. Wie der Vogel Eorosch in den Zendbuchern Symbol der Zeit und Dollmetscher des Himmels heisst, wie der Adler nach heiliger Naturgeschichte den Persern erster in der vierten Classe der Thiere war und hohe Geister reprasentirte , wie man dort von vier Himmelsvogeln redete (Izeschne I. Ha. 64. II. 89.), so hatte auch der Etrurier seine heilige Ornithologie, und die Eintheilungen , die wir in Romischen Schriftstellern lesen: in alites, praepetes und oscines, so wie die Beobachtung dieser Hiinmelsboten aus hoher Luft, sind sammtlich Etrurische Au- guralinstitute (Vergl. I. Th. p. 187 sq. 2ter Ausg.). — Plinius (H. N. X. 15.) bemerkt ausdrucklich, dass man in der Etrusca disciplina mehrere Vogel abgebildet fande, die zu seiner Zeit Niemand mehr kannte. Hatten wir die Auguralbucher der Etrurier oder auch die Schrift des Labeo de Etrusca disciplina noch, so wurden wir besser im Stande seyn, zu unterscheiden, was hierbei der Naturbeobachtung oder der symbolischen Biid- nerei angehort haben mag. Dass aber die Priester dieser den sehr fleissigen Artikel Bivinatio von Mezger in A. PauJy's Real- Encyclopadie der class. Alterth.-Wiss.] Cteuzer's deutsche Schriften. III. 3. At Nation auf die lebendige Haushaltung der Natur sehr aufmerk- sain gewesen, dass sie mit scharfem Blick und sorgsamem Fleiss alle Reiche derselben beobachtet haben, davon zeigen sich mehrere Spuren. Etrurien war reich an heilsauien Krau- tern, und jene Pfleger der Religion waren sehr darauf be- dacht, ihre Krafte zu erforschen und anzuwenden. Derselbe Ruhm, der dem Aegyptier im Morgenlande beigelegt ward, Erfinder der Heilkunde zu seyn, ward in der Westwelt dem Tuscier gegeben. Wie Aegypten das Land heilsamer Wurze heisst, so heisst Etrurien das Vaterland der Heilmittel (Mar- cianus CapeJla de nupt. phil.) l ). Auch Theophrastus (Hist> plant. IX. 15.) preist.es in dieser Hinsicht, und fuhrt dabei einen Vers des Aeschylus an , worin die Tyrrhener als Meister der Arzneikunde genannt werden. Auch mehrere Quellen Etruriens waren im Alterthume wegen ihrei 4 medicinischen Wirkungen beruhmt (Dionys. Antiqq. I. 37. Plin. H. N. II. 103. ibiq. laudatt.). Auch darauf richteten dessen Bewohner grosse Aufmerksamkeit 5 wie uberhaupt Brunnen und Quellen sorgfaltig von ihnen benutzt wurden. Varro beim Nonius cap. 2. n. 8. (in Aquilex) gedenkt eines Etrurischen Brunnen- meisters, und JLabeo (ap. Fulgent. 4.) gieht uns ahnliche Nachrichten. Die Haruspicina (Extispicium) war ein anderer wesentlicher Theii von Tuscischer Priesterwissenschaft (vergl. I. Th. p. 188, 2ter Ausg.). Auch diese hatten die Etrusker mit den altesten Griechen gemein. Doch unter diesen trat sie nachher mehr in den Hintergrund zuriick. Desto mehr ward sie in Etrurien ausgebildet. Sie war eine formliche Disciplin 1) [Lib. VI. §. 637. p. 620 ed. U. Fr. Kopp. — „Hetruria regio, tarn indigetis Aeneae foedere , quam remediorum origine atque ipsius Tagetis exaratione celebrata." Mag man hierbei der schonen Conjectur Kopp's : religionum, statt remediorum, beistimmen odernichtj — der medicinische Ruhm, den die Etrusker bei den Griechen hatten, scheint unbegriindet, und K. Sprengels Darstellung der Tuscischen Arzneikunde irrig zu seyn. S. K. 0. Muller's Etrusk. II. p. 343 sq.] '-m 645 geworden, deren Satze die libri harnspicini enlhielten. Dass die so haufige Beobachtung des Inneren der thierischen Kor- per nicht ohne Einfluss auf Anatomie bleiben konnte , ist wohl naturlich. Es wird Niemand von mir erwarten, dass ich hier aus- fiihrlich von dein Auguralwesen der alten Rbmer handle. Be- kanntlich haben Bulenger (de Auguriis, in Graevii Thesaur. Antiqq. Romm. Tom. V.) und Belli (ebendaselbst) *) das Meiste aus den alten Schriftstellern zusammengetragen ; und das Unentbehrlichste ist auch bereits in die Hand- und Lehr- bucher uber die Romischen Alterthumer aufgenommen worden. Jch will mich also begniigen, einige Gesichtspunkte anzudeu- ten , die hierbei zur Charakteristik der Romischen Staats- und Privatreligion festzuhalten sind, und dabei vorziiglich auf einige neu erbffnete Quellen Riicksicht nehmen. Wir diirfen nur auf die Capitel von den Persischen und Aegyptischen Religionen zuruckblicken, um uns zu uberzeu- gen, dass die Etrurisch-Rbmische Vogeischau morgenlandi- schen Ursprungs ist Doch behaupteten auch hierin Landesart und Volksansicht ihre naturlichen Rechte , und es wurden selbst Hauptsatze hie und da mannigfach gemodelt, wie z. B. schon die bei Griechen und Romero abweichende Bedeutung von recht und link , von rechten und linken Vogeln (aves dextrae und sinisfrae) sattsam zu erkennen giebt. An die Araber, Phrygier und Cilicier erinnert Cicero (de Di vin at. I. 42. ed. Mos. p. 205 — 208. vergl. de Legg. II. 13. p. 263. ed. Mos.) selbst, indem er die Entstehung des Auguralwesens aus dem Hirtenleben andeutet, und auf die gleiche Lebensart der Ein- wohner Pisidiens und Umbriens aufmerksam macht. Nicht minder gehoren die ebendaselbst genannten Telmesser dem vorderen Asien an, welche die Griechen von ihrem Helleni- schen Apollo abstammen Iiessen (siehe die Ausleger zum t) [Neuere Schriften und Forschungen jetzt bei K. 0. Miiller Etr. II. 119 sqq. und II. 181 sqq.] 41* , 4* 646 ^ Herodot. I. 78. besonders Larcher I. p. 343.). Unter diesen Umstanden hat die Sage beira Lydier Johannes (de Magistra- tibus Bomm. prooem. p. 1.), recht verstanden, ihren guten Sinn : „Dass die nachherigen Obrigkeiten des Bomischen Ge- meinwesens anfangs Priester gewesen, ist uberail Nieinand unbekannt, sintemal Tyrrhenus sich aus Lydien gegen, Abend gewendet , und die damals sogenannten Etrusker (es war aber dies ein Sikanisches Volk) in den Weihen (rsXsTag) der Lydier unterrichtet, welche (Etrusker) dem zufolge von der Opferschau Qsx jfjs &vo axon tag) Thusker QGovoy.ovg) genannt worden sind". Die letztere ISotiz, da sie bereits im Vorhergehenden beruhrt worden k , lassen wir billig zur Seite liegen, und halten dafur den Hauptsatz fest, dass die Magistratspersonen Priester gewesen, d. h. dass in Roms alteren Zeiten die Patricier Geweihete und als solche die ge- borenen Inhaber, Ver waiter und Ausleger der ihrer Caste offenbarten Geheimnisse waren. Dass dieser ausschliessliche geistige Besitz in alien Verfassungen des Orients statt gefun- den, ist im ersten Theile allenthalben nachgewiesen worden. Hier will ich nur bemerken, dass nach dem alten Konigsrechte die Eupatriden in Athen gleiche Privilegien besassen (Plutarch. Thes. p. 11. C. cap. 24. p. 60 sq. Leopold : EvnarQidaig i*ev yiixuaxsiv rd dela^ xal naQ£%uv aq%ovxag ditodovq — ©/;- 0€vg — xal vopajv did aery. dkovq dvai^ nal ooiajv xal Uqqjv sZ-jjyjjTdg; vergl. Buhnken. ad Tim. p. 110. [vgl. Welcker's Aeschyl. Trilog. p. 300.]). Hiernach muss nun der Satz des alten Bomischen Staatsrechts beurtheilt werden, dass es zum Wesen eines Bomischen Magistratus gehdre, die Vogelschau oder die Schau su haben (auspicium habere, spectionem ha- bere) 5 und die Abstufung der verschiedenen Magistrate nach Wurden und Rechten war geistlicher Weise auf diese Abstufung der Weihen und priesterlichen Functionen gegriindet. Daher grossere und kleinere (majora et minora) Auspicien , und der sfaatsrechtliche Vorzug der grbsseren Gultigkeit der einen vor den andern (magis rata: minus rata) und dergl. Qs. die ^ 647 HauptsteJle des Gellius N. A. lib. XIII. cap. 14. und Cicero Philipp. II. 33. mit den Anraerkk. des Abramius). Daneben aber behielt eine eigene Priesterclasse , die Augur es> ihre be- sondere Vogelschau; und es komrat in der Erkiarung der alten Gesetzesfragmente und Schriftsteller sehr darauf an, die Augurien der Magistratspersonen von denen der Auguren selbst *) gehorig zu unterscheiden (z. I), bei Cicero de Legg. III. 19. 43: auspicia servanto, auguri parento — quos in au- spicio esse jusserit etc.). Wie nun neuerlich Niebuhr in der Romischen Geschichte (II. p. 380 sqq.) den Einfluss der, Etruscischen Aruspicin auf die Form nachgewiesen hat, wodurch die Homer das mm Ei- genthum vom Gemeingut abgesonderte Land bezeichneten , und seine einzelnen Theile mit unveranderlichen Granzen umschrie- ben, „eine Form, die alter als die Stadt, und die dem An- schein nach eine gezwungene und hinfallige Kunstelei, mit der inneren Kraft Romischer Institutionen , den Untergang des westlichen Reichs um ein halbes Jahrtausend uberlebt hat" — eben so belehrend wiirde es seyn, wenn nun einmal Jemand die Etrurisch-Rdmische Augur aliheorie mit dem , was der Zend- avesta und andere neu gewonnene orientalische Urkwiden der Art enthalten, im Einzelnen vergleichen wollte. Dies wurde 1) Ueber das Collegium der Auguren sehe man Cicero de Legg. II. 8. II. 12. III. 19. mit den Auslegern. [Vergl. K. 0. Miiller's Etrusk. II. p. 110 — 119. — Seitdem hat ein trefflicher Forscher J. Rubino im ersten Theil seiner Untersuchungen iiber romische Verfassung und Geschichte, Cassel 1839 , diese religiose Seite des Romischen Staatswesens in ein wohlthatiges Licht gesetzt, und erwiesen, dass der Besitz der Auspicien auf einer einzigen vom Ursprung der Stadt an durch ihre ganze Dauer hindurch fortgesetzten Ueberlieferung beruhete; indem alle Auspicien auf jenes grosse Zeichen zuriickgefuhrt wurden, wodurch die Gotter dem Romulus die Ermachtigung gaben, die Stadt zu griinden, und ihm das Konigthum des Romervolks iibertrugen ; seit welcher Zeit die Magistratur und die Au- spicien aus den Han den des jedesmaligen Inhabers mit erneuerter Eiu- williguug der Gotter rechtmassig auf einen andern iibertragen wurden.] ^ 648 vielieicht manche Parallelen darbieten mit dem Einzelnen jener Italischen Zeichendeuterei , mit den aves *) laetae und tristes {aioioi und ovy, alaioi)^ mit den praepetes und oscines (Ser- vius ad Virgil. Aeneid. L 393. III. 246. 361. 398. Festus p. 366 Dacer.) , mit den admissivae, arculae (arcivae), inhibae, remores, volsgrae (Festus p. 8. p. 439. mit den Auslegern), und was dergleichen Classification en mehr sind. Man weiss, welchen Einfluss das Auguralwesen auf Wahl der Obrigkei- ten und auf alle dffentlichen Verhandlungen und Geschafte hatte 2 ) (Cicero de Divinat. I. 16 und 17.}; wie oft hier die 1) Laetae , Vogel, die durch ihr Erscheinen Freude bringen, weil sie Heil und Gluck bedeuten; tristes , die das Gegentheil ankiindigen. Diese beiden Classen haben nun mehrere Unterabtheilungen , z. B. vols- tjrae, die sicli rait ihren Klauen und Schuabeln gegenseitig zerfleischen; rernores , die uns in einer Unternehmung aufhalten , zu zdgern nothigenj inhibae, i?iebrae 7 enebrae , welche einen hindern ; arculae, arcivae, arcinae, welche abhalten. Die oscines und praepetes werden verschie- denerklart, doch die allgemeinste Meinung nimmt jene als solche, deren Stimme bedeufcsam ist, wie die Krahe, die Eule; praepetes aber, dereii Flug von gliicklicher Bedeutung ist, besonders wenn sie auf den Augur gerade zulliegen. — Erschien nach dem ersten Augurium ein anderer und zwar ungliicklicher Vogel, so wurde durch ihn die fruhere Anzeige aufgehoben 5 dann hiess er altera avis. Hingegen ein zweiter gliicklicher Vogel bestatigte das erste giinstige Augurium. [Vergl. die Hauptstelle des Festus (p. 178. p. 267 ed. Egger verbessert nach dem cod. Florenfc. bei K. 0. Miiller Etrusk. II. p. 189 sq.): „Oscines aves App. Claudius j esse ait, quae ore canentes faciant auspicium; ut corvus, cornix, noctua: alitesy quae alis aut volatu, ut buteo , sanqualis, a qui la, immussulus, vulturius. — picas Martius, Feroniusque (von der Feronia) et parra efc in oscinibus et in alitibus habentur." Vergl. Cicero de Divin. I. 16. 78. I. 48. p. 234 sqq. ed. Moser.] 2) Bemerkenswerth ist auch die Erzahlung Johannes des I/ydiers, wie die Romer noch bis in die Kaiserzeit hinab im Januar die Prognostik des ganzen Jahres stellten (de menss. p. 62. p. 160 Roth.: nal uvtrpe-; gov xr\v oIojvooh ontav ol vnaxoi toI? uvTonQuxoqat , iytvojaxtro, tcotu- nbq una loxat, o iviuvxoq). Also der Consul musste dem Kaiser das Pro- gnostikon melden. Es kam dabei darauf an, auf welchen Tag das Fest der Kalenden des Januars fiel, und unter welchem Planeten dieser Tag 0 ' A* 649 Vogel (aves)) die spectio (Festus in voc. p. 520.) und das de coelo servare erwahnt werden$ welch ein Hinderniss der Flug einer Eule (si bubo volasset) bei den Volksversammlungen machte. Eben dieser Vogel kann a!s Beispiel dienen, wie dergleichen Vorzeichen nach ortlichen und volksmassigen An- sichten ihre Bedeutungen anderten, und wie sehr auch das Privatleben der alten Volker von solchen Meinungen durch- drungen und beherrscht war. Er gait den Athenern, als Vogei der Minerva 7 fur ein gluckliches Zeichen (Bulenger II. 6. p. 418 sq.); dagegen den Rdmern bedeutete er Tod oder Feuers- gefahr (Servius ad Virgil. Aen. IV. 462.). — Wenn wir noch in unseren Tagen die Spuren dieser Vorstellungen beim Volke linden, so erinnert dagegen der Adler, der als Vogel des Zeus den Etruskern und Komern stets ein gluckliches Zeichen und zuweilen ein Verkiindiger hoher selbst koniglicher Wiirde war (Bulenger II. 5. p. 415 sqq.), an die uralten Persischen Ideen, die wir auch in den Ebraischen Propheten angedeutet finden. Denn auch die alten Monarchen von Iran wahlten ja den Adler zum symbolischen Ausdruck koniglicher Wiirde. stand. Einen Theil dieser Stelle hatte schoa Marini I. 64. aus einer Handschrift mitgetheilfc. Das Prognostikon vom Saturnus muss jetzt mit einem Griechischen Fragment verglichen werden, welches der gelehrte Hase in den notis philoll. ad Leonem Diaconum lib. X. p. 255. mitge- fcheilt hat. v 650 — §. is. Die Theorie von den Blitzen. Die libri fulgurates enthielten die religiose Theorie des Blitzes. Dass darin sehr genaue Beobachtungen enthalten waren, genauer als sie irgend ein Volk der Erde hatte ? be- merken die Alten ausdrucklich. Die Bemerkung des Antheils, den die Erde an den Blitzen habe, die Notizen von Farben der davon getroffenen Korper sprechen fur eine genaue Auf- nierksamkeit der Etrusker auf electrische Erscheinungen *). Eine gemeine Meinung legte ihnen auch die Kunst bei, nach Willkuhr den Blitz vom Himmel herabzuiocken. Sie selbst ruhmten sich dieser Fertigkeit, und alte Traditionen in ihren Annalen erzahlten Beispiele der Art (Plin. H. N. II. 53.) 2 ). 1) Caecinna apud Senecam Quaes*. Natur. II. 49. vergl. II. 39. Plin. H. N. II. 52. Diodor. V. 40. 2) Die meisten Stellen der Alten, welche auf diese Ansicht, als konne man durch Gebete und Opfer den Blitz vom Himmel herablocken, sich beziehen , hat bereits J. C. Bulenger de Terrae motu et fulminn. lib. V. cap. 14. (in Graevii Thes. Antiqq. Ho mm. Tom. V. p» 537 sq.) gesammelfc. Dort finden sich auch die Hauptstellen iiber den Juppiter Elicius. Eben so wie Blitz suchte man Regen vom Himmel herabiulocken. Das Opfer, das man deshalb dem Juppiter (pluvius) brachte, hiess Aquae- licium; s. Festus s. v. p. 34 Dae: „Aquaelicium dicitur, cum aqua plu- vialis remediis quibusdam elicitur, ut quondam, si creditor, manali lapide in urbem ducto." S. dazu die Note von Dacier. [vergl. jetzfc K. O. Mil- ler's Etr. II. 340 sq.3 Der, welcher durch solche Mifctel Regen herab- r 651 ^ Neuere Schriftsteller haben daraus auf eine sehr richtige Kenntniss des electrischen Fluidura, ja sogar auf den Ge- brauch des electrischen Stabes, der Blitzableiter und dergl. schliessen wollen, und die mythischen Vorstellungen vom Juppiter Elicius damit in Verbindung gesetzt l ). Dieser Gott- heit weihete Numa auf dem Aventinischen Hugel einen Tern- pel (Livius I. 20.). Micali, der in dem angefuhrten Werke (II. p. 196 sqq.) diese und andere Nachrichten von der wis- senschaftlichen Cultur der Etrusker beurtheilt, mdchte diesen Juppiter als Symbol des Blitzes selbst erklaren, von dem man glaubte, man konne ihn auf der Erde durch mysteriose Kiinste wieder hervorlocken. Die ratio fulguralis . die heilige Theorie der Blitze, musste in den Priesterwissenschaften einen hohen Bang haben. Denn was ein Blitz verkundigte, das ging lockte, hiess Tuscus Aquilex. Dass aber Aquilex auch einen wirklichen Brunnenmeister bedeutet, hat schon Scaliger aus alten Glossarien in sei- nen Noten zum Festus a. a. O. bewiesen. Dies ist vielmehr die gewohn- lichste Bedeutung. Columella de R. R. it 2. 20. p. 75 sq. Schneider, nennt solche Leute aquarum indagatores. Auch heissen sie aquarum libratores. Bei den Romern kommen sie unter den Personen vor ? denen Immunitaten ertheilt worden (s. die Pandecten 1. L. 6. 6. und besonders Jac. Gothofred. zum Cod. Theodos. XIII. 4. 2 und 30. tUeber diese ganze Blitze-Theorie vergl. man jetzt die neue Quelle Jo. Laur. Lydus de Ostentis cap. 43. p. 168 sqq. Cic. de Divinat. II. 35. p. 424 sqq. ed. Moser. u. II. 53* p. 487. ibid, mit den Auslegern, ingleichen K. O. Mul- ler's Efcr. II. p. 124 sqq. 162 sqq. und Hartung's Rel. der Rom. II. 1. p. 8 sqq.] 1) [Ueber diese und andere Benennungen des Italischen Juppiter ist die Hauptstelle beim Appulejus de Mundo p. 753. Tom. II. p. 371. ed. Bossch. „Dicitur et Fulgurator, et Tonitrualis, et Fulminator, etiam Imbricitor, et item Serenator, et plures eum Frugiferum vocant etc." ■ — Arnobius VI. 25. p. 223 0rell: „riciniatus Jupiter atque barbatus , dextera fomitem sustinens perdolatum in fulminis morem"; wobei Hartung II. p. 9 sq. an den lapis capitolinus erinnert, welcher Kiesel das Symbol des Juppiter selbst war. Ich erinnere dabei auch an den Syrischen Zeus Kasios, der als ein Felsstiick dargestellt wurde, vergl. oben III. f. p. 205. nr. 31. 3ter Ausg.] ^ 652 <4l jeder andern Anzeige vor, und hob sie auf. Enthielten die Eingeweide des Opferthieres, die Stimmen oder der Flug der Vogel drohende Vorbedeutung, und es kam ein glucklicher blitz dazwischen, so war diese Drohung zernichtet. Was dagegen der Blitz verkundigte, war unwandelbar und durch kein anderes Vorzeichen aufioslich (Caecinna apud Senecam Natur. Quaest. II. 34.). Zum Zweck dieser Himmelsbeobach- tungen hatten die Tuscischen Auguren den Himmel in sechs- zehn Theile eingetheilt (Cicero de Divinat. II. 18. 42 sq.). Unter den Blitzen machten sie mehrere Classen in verschie- dener Hinsicht, theils in Bezug auf ihre Bedeutung, theils in Betreff ihrer Wichtigkeit und der Dauer ihres Sinnes. Seneca (a. a. 0. II. 49.) giebt nach Cacinna folgende Kunstworter an, deren Erklarungen man bei ihm selbst nachlesen kann: Fulmina monitoria, pestifera, fallacia, deprecanea, perempta- lia, attestata, atterranea, obruta, regalia, hospitalia, auxilia- ria. Mehrere erklaren sich von selbst. Ueber andere waren die Romischen Theoretiker ira Streit. Auch hier koramen wieder physicalische Untersuchungen vor, und die Etrusker sprachen z. B. bestimmt von Blitzen, die aus der Erde her- vorbrechen (Plin. H. N. II. 53.) J ). Ich ubergehe andere 1) Bei der Eintheilung der Blitze muss von der Hauptstelle des Seneca Naturall. Quaest. II. 40. ausgegangen werden, woven ich den Anfang hier heifiigen will : „Primo omnium non sunt fulminum genera, sed significationum. Nam fulminum genera sunt ilia, quod terebrat, quod discutit, quod urit" cet. Vorher hatte Seneca, nach der Theorie des Cacinna , drei Arten der Blitze aufgezahlt : fulmen consiliarium , f. auctoritatis , f. status (a. a. 0. II. 39.). Wir wiirden also von einer physic alischen und von einer symbolischen (oder theologischen) Classifi- cation der Blitze reden. Aus diesen und andern Stellen der Alten haben nun neuere Alterthumsforscher eine Art von Uebersiclit dieser ganzen Lehre zusammengestellt, wovon ich hier einiges Wesentliche ausheben will. So giebt J. P. Valerianus (de fulminum significatt. in Graevii Thes. A. B. Tom. V. p. 600.) drei physicalische Unterscheidungen der Blitze an: Siccum oder trocken hiess der Blitz, wenn er nicht brennt, noch die Farbe der beriihrten Gegenstande verandert, sondern sie zuweilen ^ 653 Eintheilungen dieser Blitztheorie, und bemerke nur noch, dass man einen wesentlichen Unterschied machte zwischen fulmina nur leicht beriihrt. Ein anderer Name dieser Art von Blitzen war ven- taneum; er gait fur eine Vorbedeutung grosser Dinge den Nachkommen. Die andere Art ist: fumidum, sie brennt gleichfalls nicht, giebt aber den Gegenstanden, die getroffen werden, eine schwarze Farbe , und ist der Vorbote von Ungliick; denn alles Schwarze, Dunkele ist den unteren Machten geweiht. Eudlich clarum ist der Blitz, wenn er die Fiisser leert, ohne die Decke zu verletzen und irgend eine andere Spur von sich zuriickzulassen. Er ziindet zuweilen, sonst macht er bios hell, er niacht Gold in Gefassen fliissig, und die Gefasse selbst bleiben unversehrt und dergl. mehr. Er ist ein Gliick bringendes Zeichen. Genauer bestimmt diese verschiedeneu Arten J. C. Bulenger (a. a. 0. p. 424 sqq.) nach den mehrfachen Angaben der Alten, welche sich freilich verschieden hieriiber ausdriicken. So giebt Suidas drei Classen an: xcctcu/3« rat (sc. xegavvoQ , Blitze, welche herabsteigen, yoXoevT eq , russigte, schwarze, und agyqitq, klare , helle. So audi der angebliche Aristoteles de mundo IV. 18. p. 131 Kapp, Er erklart dort die verschiedenen Bezeichnungen fur himmlische Erscheinungen der Art, als oy.r\m6q, norjOTtiQ, Tvywv u.s.w. Twv dk y.fQuvvojv ol [xlv , fahrt er dann fort, al&aXojdttq , -xpoXoevrsq kiyov- rav, ol 6k ra%ia)q diarzovrsq a Qyrjr sq , iXiy.tai 6k ol ygufAftondaiq (peqo^itvoi, ov.r\TtTo\ 6k oooi, xaxo.oitrjTiTovoi' tlq %t' was Schultes iibersetzt: Donnerkeile, die nur Schwefeldampf zuriicklassen , nennt man dampfende ; die , so schnell entziinden, heissen Argetes, feurige Strahlen; Helicia, die ge- schlangelten u. s. w. Ueber das Einzelne verbreitefc sich dort Kapp p. 131 sq. in den Anmerkungen. Bekanntlich ist hierbei Aristoteles Me- teorolog. III. 1. p. 790 F. als Hauptquelle zu betrachten 5 und aus diesen Quellen hat audi Joh. Laurentius der Lydier p. 53 sq. und p. 127 sq. p. 138 und 294 Roth, seine Notizen geschopft. Zahlreichere Unterschei- dungen , besonders auch mit Bezug auf die Wirkung und Bedeutung der Blitze, geben Plinius und Seneca an. Postulatoria z. B. waren die, die ein Opfer forderten, das vorher entweder unterlassen oder nicht auf die gehorige Art geschehen war 5 Monitoria, welche uns erinnern, wovor wir uns hiiten nuissen; Pestifera, welche Tod und Verderben andeuten; Fallaciciy die durch einen Schein von Nutzen, den sie zeigen, nur Scha- den bringen 5 Deprecanea, die eine scheinbare Gefahr ohne wirkliche Gefahr bringen 5 Peremptalia , wodurch die Drohungen der friiheren Blitze aufgehoben werden $ Attestata, welche die friiheren bestatigenj Atter- ranea, welche in einem eingeschlossenen Raume sich ereignen; Obruta, 654 publica (die aufs gemeine Wesen gehen) und privata (die das Schicksai von Individuen betreffen). Blitze der ersteren Art erstrecken sich nicht fiber das dreissigste Jahr hinaus, die letzteren nicht fiber das zehnte (Seneca Quaest. Natur. II. 48.). Doch nehmen sie bei letzteren diejenigen aus , die am Geburts- tage, am Tage der ersten Vermahlung dem Menschen kom- welche das, was schon vorher zwar getroffen, aber nicht abgesiihnt ist, treffen; Regalia, die auf das Comitium oder irgend eineu Hauptplatz. Hauptpunkt einer freien Stadt treffen, und diesem Staate Tyrannei dro- hen, oder auch iiberhaupt Vorboten der Herrschaft oder eines Reiches Cs. ebendas. p. 539. und vergl. Mitscherlich zu Horat. Carmm. I. 2. 3 sq.); Inferna, die aus der Erde hervorspringen 5 Hospitalia, welche durch Opfer den Juppifcer zu uns rufen oder einladen ; Auxiliaria y welche zum Gliick der Anrufenden kommen. — Eiuzelne Nachrichten bei Festus und andern Schriftstellern bestatigen diese Eintheilung, welche Seneca (Na- turr. Quaest. II. 49.) nach Cacinna a. a. 0. giebt, weichen auch in eini- gen Punkten ab. Noch nennt uns Plinius (H. N. II. 43.) fulmina bruta y schwere, starke Blitze. Blitze von der linken Seite her, so wie die Vogel in derselben Richtung, galten fur gliickliche Vorzeichenj s. Plin. H. N. II. 54. vergl. Bulenger a. a. O. Daher hatten die Etrurischen Gdt- terbilder den Blitz in der linken Hand, nach Buonarotti's Bemerkung, vergl. Lanzi's Saggio d. L. Etr. II. p. 239. Endlich die Ausleger dieser verschiedenen Arten von Blitzen nebst ihren Wirkungen bildeten eine eigene Classe, fulguritores genannt; s. Appulejus de Deo Socratis p. 45 Elraenh. und Bulenger a. a. 0. Diese eben angefiihrte Wortform kommt auch in der mythiscben Literatur der Etrusker vor; Servius ad Virgil. Aeneid. VI. 72: — „et Begoes Nymphae, quae artem scripserat Fulgu- ritarum apud Tuscos"j wo Andere Begones, Bygois, By goes lesen; s. Salmasii Exercitt. Plinn. p. 53. Ich weiss nicht, auf welche Auctoritat sich der gelehrte Lanzi stiitzt, wenn er arborum fulguritarum schreibt CSaggio II. p. 562.). [Und jetzt kommen im Mythograph. Vatic. III. 16. p. 238. Fulguritae vor mit dem Zusatz,, id est fulguratores , und werden Kunstverstandige in der Kenntniss der Blitze erklart. Man will den Na- men Begoe auf VeCoja zuriickftihren. Vergl. Inghirami Mon. Etrusch. II. p. 616. und daselbst Orioli u. III. p. 49. und uber ihre Bucher K. 0. Mul- ler Etr. II. 32. 37. vergl. p. 83.] In der Sage gait diese Nymphe Bygoe fur eine Etrurische Sibylle, und ist also der Velleda, Jetta und andern ahnlichen Prophetinnen anderer Volker beizugesellen. 655 <*£ men. Blitze, die aufs ganze Leben gehen, hiessen familiaria. Die Sitte, den Ort, wo ein Mensch vom Blitz erschlagen worden, durch Schaafopfer und Einzaunung zu weihen (bi~ dental), war ursprunglich auch Etrurisch A ). Durch Blitze wird der Wille der Gottheiten dem Menschen angedeutet 2 }. 1) Ueber das Bidental sind die Stellen cfer Alten, wiewohl durch einander und ohne Ordnung, gesammelt bei Bulenger a. a. O. p. 532 sqq. Jeder Ort namlich, wo entweder der Blitz eingeschlagen , oder gar ein Mensch vom Blitze getroffen war (Bidental), wurde dadurch gewisser- massen ein heiliger, den Gottern geweihter Ort. Man umgab ihn mit einer Einfassung, und hielt es fiir frevelhaft, dieselbe zu iiberschreiten oder gar wegzunelimen (movere bidental; Horat. Art. Poet. 471. mit den Auslegern). Hier lag auch der Erschlagene , welcher nicht verbrannfc werden durfte, beerdigt (Johannes der Lydier sagt dagegen, ein soldier Leichnam habe nicht beerdigt werden diirfen; de menss. p. 54. [p. 140 Roth. — Aber s. jetzt dagegen Dirksen Versuclie zur Kritik p. 325. Die iilteste Art der Bestattung war bei den Romern das Begraben, s. meinen Abriss der Rom. Antiq. §. 299 sqq.]). Oerter, welche vom Blitze getrof- fen waren, hiessen ferner obstita, fulgnrita. Uebrigens sah man es in Rom stets als eine iible Vorbedeutung an, wenn Jemand vom Blitz er- schlagen war, wie viele Beispiele, besonders aus Livius, beweisen. Ereignete sich ein solcher Fall, so zog man die heiligen Ritualbuclier zu Rathe , und das Collegium der Pontifices bestimmte nun , nach Ver- schiedenheifc des Vorfalls, irgend ein in jenen Biichern angegebenes oder bestimmtes Opfer, auch Gebete, urn die erzurnten Gdtter zu besanftigen. Dies hiess procurare fulmina. Weil der Siihnpriester (haruspex) die Spuren des Blitzes mit Erde bedeckte, so ward auch der Ausdruck ful- mina condere gebriiuchlich. Vom Blitze getroffene Orte oder Gegenstande wurden tacta oder attacta genannt. — Alle diese Formeln finden sich bei Schriftstellern und auf Inschriften, insbesondere audi auf denjenigen, die sich auf die, heiligen Gebrauche der Arvalischen Briider beziehen (woriiber die Erorterungen des Marini II. p. 678 sq. und p. 687 sq. zu vergleichen sind). 2) Unter andern war der Blitz auch eine Vorbedeutung der Ehe; s. Bulenger a. a. 0. p. 539. Daher auch der Blitz iiber dem Juppiter auf der mitgetheilten Romischen Familienmiinze, welche uns in alterthiimli- chem Costume das himmlische Ehepaar vor Augen stellt. [S. die beige- fiigten Bilder nr. 23. mit der Angabe in dieser 3ten Ausg.] 656 In verschiedenera Sinne nehmen die Gotter an den Blitzen TheiL Bald ist von neun Blitzgottern die Rede 5 bald werden die zwolf Gotter berufen, vvenn ein Blitz gesendet werden soli 5 bald schleudert ihn Juppiter aus eigenein Entschluss. Juppiter ist im hochsten Sinne Inhaber der Blitze Er fuhrt sie als hbchstes allgenugsames Wesen , und sie sind das Zei- chen , dass ohne ihn nichts geschieht (Seneca Naturr. Quaest. II. 45.). Er hat drei Blitze in seiner Rechten, jeden in einem andern Sinne. Sie heissen in der Auguralsprache mamibiae 2 ). 1) S. Bulenger a. a. 0. V. cap. 6. p. 528 sqq. Die meisten der dort angefiihrten Stellen zeigen freilich, dass Juppiter als hdchster Inhaber der Blitze genommen wurde, der sie auf die Erde herabschleudert, wo- bei ihm der Adler hiilfreich zur Seite steht, ja sie ihm herzubringt. Nach Plinius II. 52. nahmen die Etrurier neun Blitze schleudernde Gotter und eilf [Andere zehn] Arten der Blitze selber an,_ wovon drei allein dem Juppiter angehdren. Die Romer hingegen nahmen bios zwei Gattungen an, solche, die bei Tage erscheinen — Blitze des Juppiter, und solche, die bei Nacht sich zeigen — Blitze des Suinmanus. An die vielfachen Benennungen , welche besonders Juppiter in dieser Beziehung bei Grie- chen und Romern hatte, als xiQuuvtoq, vxpt^Qe^x^q und dergl., habe ich zum Theil schon oben erinnert. S. auch Cicero de N. D. II. 25. und meine Anmerkung dort p. 308, wo ich aus Marini (Acta fratrr. Arval. p. 687. 696.) des in alten Formeln und Inschriften vorkommenden Jup- piter Fulgur gedacht habe. — Ich werde unten von dern so mysteriosen Wesen Summanus in der Kiirze noch besonders sprechen. Hierbei will ich nur noch bemerken , dass Niebuhr in der Rom. Gesch. I. p. 94. einer Erklarung von jenen neun Gottern gedenkt, wonach sie als Sterngotter zu nehmen waren, ohne derselben jedoch beizustimmen. Sollte dabei nicht vielleicht an die neun Himmelsspharen zu denken seyn, die, wie wir gesehen, in den Religionen mehrerer alten Volker vorkommen? Neun Biicher sollte auch jene Sibylle Amalthea dem Tarquinius verkauffc haben „in quibus erant fata et remedia Romana" Servius ad Virgil. Aeneid. VI. 72. Es waren neun Rollen, eutlialtend Juppiters Rathschliisse, und nicht ohne Grund muss die Inhaberin derselben Amalthea genannt werden. Johannes der Lydier (de menss. p. 79. p. 192 Roth.) nennt jedoch nur drei Biicher, die die Cumaische Sibylle Amalthea Tarquinius dem Alten angeboten habe. 1) S. Bulenger a. a. O. Tom. V. p. 528 ; wo sich noch niehrere 657 Der erste Blitz , den er allcin a us eigener Bewegung sendet, ist erinnernd und linde. Den zweiten sendet Juppiter auch, aber nicht ohne den Gotterrath -der Zwolfe. Dieser Blitz bringt zuweilen Gutes, doch nicht ohne etwas Boses dabei. Auch den dritten Blitz schleudert Juppiter, aber mit Zuzie- hung des Raths der hoheren Gotter, der verhullten Gotter (involuti). Dieser Blitz verheeret und verandert den Zustand des offentlichen , wie des Privatlebens (Seneca a. a. 0. 41.) *). Stellen der Alten finden, die, wiewohl sie ira Ganzen iiber die Manubiae in Uebereiustimmung sind, doch einige kleine Verschiedenheiten bemerk- Jich lassen. Die Manubien waren (s. ebendaselbst p. 525 B. nacli Aero 7.u Horat. Od. I. 2.) weiss und schwarz; die des Juppiter aber roth und blutig. Hauptstelle ist Festus s. v. p. 226 Dac. : „Manubiae Jovis tres dicuntur esse, quarum unae sunt minimae , quae moueant placidaeque sint. Alterae, quae majores sint, ac veniant cum fragore, discutiautque aut divellant, quae a Jove sint, et consilio deorum mitti existimentur. Tertiae his ampliores , quae cum igne veniant j et quamquam nullum sine igne fulgur est, bae propriam differentiam habeant, quod aut adurant, aut fulmine deforment, aut accendant, quae statum mutent deorum con- silio superiorem." Man lese dort die Note von Dacier, und halte folgen- den Hauptbegriff fest, den die Griechischen mit den Romischen Religionen gemein haben: Juppiter ist der Berather (fitjtiijrjq oder fiovlaToq; s. oben III. Th. p. 115. Note l.>. Seinen Rath giebt er den Sterblichen unter andern durch Blitze zuweilen zu erkennen. — , Diese seit Homerus von alien Dichtern benutzte Vorstelluug hatte nun die Etrurische Priesterlehre in der Art ausgebildet, dass sie von einem fulmen consiliarium , von einem Rath gebenden Blitze, sprach. Cacinna beim Seneca N. Q. II. 39. giebt davon folgende Definition : Es ist ein Blitz , der den Menschen ge- geben wird , wenn sie etwas in Gedanken gefasst haben , vor der Aus- fiihrung, und der Vorsatz wird dadurch entweder widerrathen oder an- gerathen. Kommt ein Blitz nach der Ausfiihrung, so heisst er duct or it at is , und deutet den gliickliclien oder ungliicklichen Erfolg an. Hat man nichts vor weder in Gedanken noch in Handlungen, so heisst der alsdann fal- lende Blitz : status. Darum lieset Wyttenbach im Cicero de Legg. III. 19. 41 : Jovique Optimo Maximo atque Consiliario etc. [s. die Note dazu p. 463 sq. ed. Moser.] ' 1) [— Zu diesem Abschnitt von der Blitzlehre der Etrusker ist seit- dem Jo. Laur. Lydus de Ostentis cap. 43 sqq. p. 168 sqq. ed. Has. ge- .1P» 658 ^ In dieser Auguraltheorie lagen ethisch-politische Lehren. Die hochste Macht, Juppiter, sendet allein und ohne Beralhung nur erinnernde, linde Blitze. Je holier, je furchtbarer die Gewalt, desto geraassigter soli sie seyn. Was als strenge- res Zuchtmittel iiber die schwacheren , niederen Naturen koraint, konne nicht ohne den ganzen Gotterrath kommen; was rait Einera Schlage niederschmettern soli, werde im engen Ver- eine der Edelsten abgewogen. Seneca, der uns (ebendas. 43.) diese Satze mittheilt, findet unmittelbar ethischen Sinn fur Machtige der Erde darin *). Warura sollten wir zweifeln, kornmen, worin einiges Neue enthalten ist. — Man vergl. iiberhaupt jetzt audi Cic. de Divinat. II. 18 sqq. p. 362 sqq. ed. Moser mit den Anmerkk. u. II. 53. p. 487. — Sodann muss K. 0. Miiller's Erorterung (Etr. II. cap. 7. §. 1 — 7. p. 162 sqq.) nachgelesen werden; woriiber ich nachtrag- lich Einiges bemerke: Wenn zuvdrderst Miiller p. 163. an den Worten des Servius (ad Aeneid. VIII. 427.) „Dicunt physici de sexdecim partibus caeli jaci fulmina" mit Recht Anstoss nimmt, so wundert es mich, die Aenderung des Davies nicht erwahnt zu linden, der Etrusci vorschlugj denn allerdings war die Eintheilung des Himmels in 16 Regiouen eine Etruskische, nicht eine der Physiker. Wenn Miiller ferner (p. 175.) geneigt ist, die Erfindung der Theorie iiber die Blitze den alten Griechen beizulegen, so gab es eine Deutung, wonach der Feuerdiebstahl des Prometheus als eine Belehrung an die Menschen iiber die Blitze ausge- legt wurde (s. jetzt Mythograph. Vatic. I. I. mit G. H. Bode p. 164 sq.). . — Wenn weiterhin behauptet wird , dieser Etruscischen Lehre sey man- ches Fremde beigemischt worden, so wird man dies im Allgemeinen gelten lassen. Die naheren Bestimmungen dieser Beimischungen mochten aber wohl zum Theil willkiihrlich seyn ; wie denn audi hier wieder das allzulebhafte Abwehren alles orientalischen Einflusses auf die disciplina Etrusca sich einseitig bemerklich macht/J 1) Die Alten vertraueten verschiedenen Schutzmitteln gegen den Blitz. Man umgab sich mit der Haut eines Seekalbes, oder man trug einen Lorbeerkranz auf dem Haupte , oder pflanzte auch wohl eine weisse Rebe urn sein Haus. — Denn der Adler ? das Seekalb und der Lorbeer, sagte man, werden nicht vom Blitze getroffen; s. die Stellen von Plinius bei Bulenger a. a. 0. p. 540. [und vergl. jetzt Jo. Laur. Lyd. de Ostent. cap. 45. p. 172 sqq.] dass jene Tuscische Priesterschaft, so lange sie bei jener lin- den Wiirde des Lebens und Lehrens blieb, nicht auch selbst dieses Augenmerk genommen hatte , zuinal da sie ja so ganz im Geiste des Morgenlandes dachte, dessen eigenste Gewohn- heit es war, Konige und Regenten zum Himmel hinzuweisen, urn in Sonne und Mond, vvie im Planetenchor , die Vorbilder ihres Wandels zu sehen. Wie alle Religion der Vorwelt aus v dem Leben erwuchs, nicht aus Reflexion und Begriffen 5 wie jede zunachst aus dem Boden sprosste , welcher ihre Verehrer nahrte und trug — so war auch diese ganze Auguraldisciplin aus dem Schoosse Etruriens selbst heraufgestiegen. Es war ein warmes, schwu- les Land , dieses alte Tuscien. Eine dicke Luft , wie die Alten sagten, lastete schwer auf seinen Bewohnern. War des Ioniers leichtes Biut in dem gemassigten Clima, in der linden, gleichmassigen , heiteren Luft, leicht beweglich, und konnten unter jenem Himmel leichte, wohlgefallige Gotterbii- der und Dichtungen gelingen; so nahrte dagegen das heisse Tuscien ernstere, in sich gekehrte Sonne. Dem angeborenen Hange zur Schwerinuth und zum Tiefsinne seiner Bewohner bot die abnorme Natur des Landes in sonderbaren Phanome- nen reichen Stoff zu weiterem Forscben und Sinnen dar. Die mit heissen Diinsten geschwangerte Atmosphare, so wie der Grund und Boden selbst, zeigten viele Abweichungen vora gewohnlichen Naturlauf. Meteore und Erdphanomene l ), selt- 1) Da hin gehoren audi die haufigen Erdbeben, von denen uns R6- misclie Geschichtschreiber zum offceren erzahlen, Erdbeben, welche bis- weilen ganze Stadte zerstorten, Berge der Erde gleich machten, Seen auf der Ebene entstehcn liessen , wahrend andere ganzlich von der Ober- flache der Erde verschwanden ; ferner Spalten und Abgriinde, welche * plotzlich da entstanden, wo bisher fester Boden gewesen; endlich dum- pfes unterirdisches Gefcose. Alle diese Dinge waren natiirlich Hauptge- genstande der Verehrung der aberglaubischen Etrurier; und da sie fur Anzeigen schweren Zorns der Gotter und grossen bevorstehenden oder drohenden Ungliicks auf Erden galten, so erforderten sie grosse, offc Creuzer's deutsche Schriften. III. 3. ' 42 660 same Geburten bei Mensehen und Vieh ') waren dort nichts Ungev> ohnliehes (Cicero de Divin. 1.41 sq.). Dies hing viel- Jeicht znm Theil rait der physischen Geschichte des aUen Ita- iiens und namentlich rait den dortigen Vulcanen zusamraen, von denen kundige Ueisende in der Nahe von Etrurien, in dem eheraaligen Kirchenstaate, Spuren entdeckt haben woi- len 2 ). Stock ungen in diesen grossen Ableitern mussten frei- lich auf das Clima grossen Einfluss haben. Schwieriger mochte die Erklarung jener Erzahlungen von Ungeheuern seyn, die sich zuweilen in Etrurien gezeigt haben sollen, wie die Volta zu Volsinii, die Stadt und Land verheerte, bis endlich die Priester durch Herbeiziehung eines Blitzes sie getodtet hatten (Plin. H. N. II. 53. 54.). Wir verweilen lieber in der Absicht dabei und bei ahniichen Ziigen, urn daraus auf den Charakter des Etruskervolkes zuriickzuschliessen. Melancholie und Re- ligiositat bildeten die Grundzuge. Znm ersteren gehort der harte und grausame Siilinuiigen. Viele Stellen der Alten hieriiber giebt Bulenger a. a. 0. cap. 1 und 18. p. 515 sqq. und p. 539 sq. [vergl. die Noten zu Cic. de Divin. I. 42. p. 206 sq. ed. Moser.] 1) Eine Menge Beispiele von Missgeburten und dergl. , die sich in den Schriften der Alten erwahnt linden , giebt Bulenger de Prodigiis lib. IV. besonders cap. It). 17. in Graevii Thes. A. R. V. p.' 475 sqq. [Vergl. K. O. Miiller Etr. II. 280, der den Reichthum der Etruscischeu Volkssage an gespenstischen Wesen anfiihrt, und darin einen der Griinde findet, warum die bildende Kunst der Tusker sich hiusichtlich ihrer Gegenstande hauptsachlich auf die Griechische Heroen-Mythologie angevviesen glauben konnte. Wenn derselbe Gelehrte die Sage von einem uralten kentauren- ahnliclien Mares der Ausoner (Aelian. V. H. IX. 16.) erwahnt, so muss noch an eine Nachricht des Pausanias erinnert werden, der X. 19.6. die Gallische Benennung des Pferdes fiagy.a anfiihrt, s. jetzt Schubart u. Walz in der Note p: 567 sq. — Die Volsinische Volta hat man in einem Bas- relief zu Perugia erkennen wolleu, das uns eine aus einem Puteal dro- hend aufsteigende halbthierische Figur zeigt ; s. Inghirami Monumm. Etrusch. I. p. 500 sqq. zu Tav. LX. und daselbst Bonarotti und Vermiglioli.] 2) Eine Uebersicht giebt Sickler's Charte Plan topographique de la campagne de Rome, Rome 1811. ^ 661 Vorwurf der Kirchenlehrer> wonach Etrurien des Aberglau- bens Mutter ist *). Ein forraenreiches , beengendes Ritualge- setz umstellte den Geist der Nation. Ein feierliches, prach- tiges Wesen verhullte ihn. Es war ein carimonienreiches Volk, und selbst den Ausdruck dieser Eigenschaft, Ceremonia (caerimonia) wollen Einige von der Etrurischen Stadt Cere herleiten 2 ). Fast alien Pomp, womit sich bei den Romern Staat und Religion umgab , die Reichsinsignien , den curuli— schen Stnhl u. s. vv., hatten sie von den Tusciern bekommen 3 ). Und diese religiose Nation warf einen truben Blick , so scheint es, in die sie umgebende Welt. Davon sind die haufigen Entsuhnungen Beweise, die in ihrer Ascetik vorkomraen; davon haben wir redende Zeugen an jenen Etrurischen Mo- numenten rait jenen Larven und Ungeheuern, rait jenen Furien und Todesgeistern , welche Hammer und Koiben fuhren 4 ). 1) Arnob. VII. 26. p. 291. p. 246 Orel!.: „Genitrix et mater super- stitionis Hetruria." Den Einfluss dieser religiosen Denkart auf die biir- gerliche Verfassung der Etrusker beriihrt Lampredi del Goyerno civile degli antichi Toscani, Lucca 1760. p. 21 sq. 2) G. Vossii Etymol. L. h. p. 88. Diese Herleitung fallt weg, wenn der aclit Tuscische Name dieser Stadt, wie man vermuthet, Ckra gewe- sen; s. Miiller Etr. I. p. 87. — Doderlein Handb. d. lat. Etymol. p. 24. denkt bei caerimonia, cerimonia an cura, an das alte coerare und an eine Nebenform von xq&ieorfa.] 3) Ueber die Insignien der Romischen Konige und hoheren Magi- stratspersonen verbreitet sich Joh. Laurentius Lydus ausfiihrlicli, de Ma- gistral. Bomm. I. 7. p. 20 sqq. I. 32. p. 54 sqq. Er giebt dort Mehreres als Latinisch an, und unterscheidet die von den Tusciern angenommenen Abzeichen. In der andern Schrift de mensibus VII. p. 9. p. 24 Roth, giebt er die symbolischen und theologischen Bedeutungen einiger Insignien. 4) Beispiele bei Gori Museum Etrusc. I. tab. 12. III. 4. 10. und sonst; bei Micali tab. XXVI. und ofter, und daraus auf unserer Tafel LVIII. [2ter Ausg. mit der Opferung der Iphigenia; sodann die Ermordung der Klytamnestra und Orestes von Furien verfolgt, bei Micali tav. XLVII. vergl. jetzt Inghirami Monuinm. Etruschi I. tav. 7 sqq. tav. 27 sqq. und 42 * ^ 662 ^ Die Wahrsageschriften der Etrusker erfullten die, die sie lasen, rait Furcht und Grauen (Cicero de Divinat. I. 12.). Gleich- sara als leibhaftige Furien, mit brennenden Fackeln und Schlangen in den Handen, erschienen einst die Priester von Tarquinii vor dem Roraischen Heere (Liv. VII. 17.). Auch jene blutigen Leichenspiele hatten die Romer aus Etrurien uberkommen. Unter diesen Umstanden befremdet es nicht, wenn wir in den Alten lesen , dass man in einer Etruscischen Stadt, zu Falerii, der Juno zu Ehren Madchen opferte (Plu- tarch. Parallela Graecc. et Romm. cap. 35. p. 314 D. p. 287 Wyttenb.). Hier waren ganz bestimmte Nachrichten sehr belehrend, die uns fiber das Verhalten der Priesterschaft ge- gen diese melancholischen Auswuchse nationaler Andacht unterrichteten. So viel ist gewiss, manche ihrer religibsen Verordnungen zeugen von einem sehr sittlichen, weisen Cha- rakter, und berechtigen zu der Vermuthung, dass sie es nicht unterlassen, dem Symbolischen zugleich einen ethischen Sinn unterzulegen. Ausser dem bisher Bemerkten fuhren wir als Beispiel die Etrurische Sitte an, die Tempel der Venus, des Mars und Vulcanus ausserhalb der Stadte zu verlegen, wobei die Haruspices die moralisch-politische Ausdeutung* gaben, das Haus der Venus entferne man aus den Mauern, urn damit auch Junglinge und Frauen den Reizungen sinnlicher Lust zu entziehen; der Tempel des Vulcanus werde von den Hau- sern abgesondert, anzudeuten, dass man Stadt und Haus vor Feuersnoth zu bewahren suche$ Mars endlich musse draussen wohnen, damit Zwietracht und Waffengewalt aus der Mitte der Burger entfernt bleibe (Vitruvius I. 7. pag. 19 sq. ed. Schneider.). Ob diese Auslegung den ursprunglichen Sinn getroffen , weiss ich nicht. Immer ist sie ein Beweis , dass die Romer von dem sittlichen Ernste des Etrurischen Prie- sterstandes sehr gute Begriffe hatten , die uns bei der genauen Raoul - Rochette Monumm. ined. p. 121. p. 419. und was oben zu §. 10. dieser 3ten Ausg. bemerkt worden.] 663 ' Verbindung beider Volker als urkundliche Zeugnisse gelten konnen. Auch spricht dafur Alles, was wir sonst von Tusci- schera Nationalcharakter wissen. Hatte er auch jene Harmo- nie nicht, die liebenswiirdig und gliicklich macht, so war er desto fester in sich gegriindet, und tief gewurzelt in den tie- fen Griinden des religidsen Glaubens. Von Gottern, zura Theil einzelner Etrurischen Stadte, werden noch verschiedene angefuhrt, ohne dass viel Naheres von ihrem Dienst und Wesen bemerkt ware. Dahin gehort die Voltumna, bei deren Tempel am Ciminischen Berge (nach genaueren Untersuchungen bei Viterbo) die Etruscische Eid- genossenschaft ihre Bundesversammlungen hielt — Die Nottia (Nursia? Fortuna), die ihren Tempel zu Volsinii (Bol- sena) hatte, an dessen Wand eine obrigkeitliche Person, zur sinnlichen Jahreszahlung furs Volk, einen Nagel schlug; eine Sitte, welche bekanntlich zu den Rdmern uberging (Cincius Alimentus beinu Livius Vli. 3.). Ueber die Bedeutung dieser Glucksgottin s. Marcianus Capella I. 18. 9. Nach einer Stelle im Tertullianus (Apologet. 24.) ware diese Gottin von Volsi- 1) Livius IV. 23. 25. 4t. Ueber die Mitglieder der Etrurischen Bun- desversammlung und iiber den politischen Geist der Verfassuog muss man den Lampredi Governo di Toscc. p. 55 sqq. und besonders Niebuhrs Rom. Gesch. I. p. 78 sqq. und II. p. 240. nachlesen. In Betreff des reli- giosen Charakters solcher Biindnisse habe ich oben im Abschnitt vom Juppiter und von der Minerva einige Bemerkungen niedergelegt. An diese beiden Gottheiten miisste auch besonders gedacht werden , wenn Lanzi mit seiner Erklarung Recht hat. Es \yurde oben bemerkt, dass beide von povlr; , Rath, einen gemeinsamen Beinamen hatten. So soli auch Voltumna von povfavrijq herkommen, mit der passiven Endung in ovpevu (umna, wie Pilumnus von pilum). Hiernach ware die Etruscische Voltumna einerlei mit dem Consus der Romer, namlich die Gottin der offentlichen Rathschlage und Beschiitzerin der Rathsherren (Saggio di Ling. Etr. II. p. 108.). In einem alten Itinerar wird sie Volturna genannt s. ebendaselbst p. 107.). Die Mitglieder des Latinischen Bundes versam- melten sich in einem Haine der Gottin Ferentina (Dionys. Hal. IV. 490- [Der Voltumna wird auch bei Inghirami Mon. Etr. III. 49. gedacht.] 664 nii Nursia zu nennen, und von der Nortia , einer Gottin der Sutriner, zu unterscheiden ($. Ruperti ad 'Juvenal. Satir. X. 74. I. p. 216. und II. p. 567.} — Ancaria (Ancharia), eine Gottin, die man zu Fiesole, dem alten Fasula, verehrte (Ter- tullian. a. a. 0.), wovon'sich auch auf Inschriften bei Gori 1) [Vergl. oben §. 4. dieses Capitels. Hier gehe ich von den Wor- ten des Mart. Cap. I. §. 8S. aus : — „Quam alii Sortem asserunt, Neme- simqae nonnulli , Tychenque quam plures aut Nortiam y u vergl. dazu U. Fr. Kopp p. 127, welcher auch die Meinung widerlegt hat, dass Nursia und Nortia zu unterscheiden seven. — Ich wiederhole jetzt nicht, was ich neulich iiber Tyche, Eutychia, Fortuna u. s. w. in der Schrift Zur Gallerie der alten Dramatiker p. 19 sq. und p. 59' — 71. erdrtert, und verweise audi auf das , was iiber verschiedene Fortunen der Italiker zu den Angaben der Bilder unten nr. 1—6 dieser 3ten Ausg. bemerkt wor- den. Dass die Nortia ein holies Wesen war, das nach den religiosen Vorstellungen iiber Jahreszeiten iiberhaupt und fiber die Schicksale wal- tete, ergiebt sich aus Allem. Vergl. K. O. Muller Etr. II. p. 54 sq. u. p. 329 — 331. und Inghirami Mon. Etr. I. 532. und II. 248 sq. — Sie wurde Magna Dea genauht. — Als eine Nemesis bezeichnete Eckhel D. N. V. I. 269. eine gefliigelte weibliche, knieende Figur auf einer Mfinze, die auf der Ruckseite ein sonderbar gestaltetes Rad zeigt, und die man bald nach Malta, bald nach Camarina zu setzen geneigt war. — Seitdem sind mehrere Exemplare soldier Miinzen aus dem Boden Etrurischer Stadte Vulci. und Caere hervorgegangen, auf welchen aber jene Frauen- gestalt gorgonenartig mit hervorgestreckter Zunge und mit Schlangen in den Handen sich zeigt. Da nun zugleich auf dem Rade der Ruckseite die Charaktere ESV in uralter Schrift sich zeigen, so weiset man jetzt denselben die Miinzstatte Faesulae, jenen Hauptort Etruriens, an (vergl. L'aes grave di Museo Kircher. Class. III. tav. suppl. nr. 9. verbunden mit Raoul-Rochette im Journal d. Savants 1841. p. 263 sq. und Fr. Ca- pranesi in den Annali dell' Institut. Archeol. 1840. Tom. XII. p. 203 — 207.). — Was wir hierbei zu bemerken haben , ist einmal das auf den Miinzen einer Etruscischen Hauptstadt erscheinende Rad ? nach Lanzi das Emblem der Tuscischen Konige oder der Lucumonen, sodann die gorgonische Frauenfigur , welchd vielleicht die furchtbar waltende Nemesis oder Fortuna-Nortia darstellt; auf jedem Fall aber in den oben beruhrten Kreis der Gebilde der finsteren Etruscischen Religion gehort.] 665 (II. 77.) noch aus der Romischen Periode Spuren finden '). — Alesus, Gott von Veji ^Servius ad Virgil. Aeneid. VIII. 285. Passed Paralip. p. 229.), aus Neptuns Geschiecht. — Sodann die Etrurischen Gottheiten von ungewissem Local: z. B. Vertumnus , ein von den llomern hoch gefeierter Gott. Sie hatten ihn von einem Etrurischen Huifscorps unter des Colius Anfuhrung bekommen, und nun erhielt der neue Gott im vicus Tuscus seinen Tenipel (Yarro de L. L. IV. 8, p. 1 4. Scalig. Propert. IV. 2. init. [vergl. Niebuhr II. G. I. 422 sqq. u. Muller. Etr. I. 115 sqq.]). Die weiteren Etymologien sei- nes Naraens, so wie die Sagen von ihni, ubergehe ich hier. Er heisst endlich auch Herbstgott, seine Gattin Pomona, sein Sohn Coculus. Hier llegt der aiiegorische Sinn vor Augen. Vertumnus, von der Sonnenwende benannt, vvirbt um Pomona, die Personification der Gartenfruchte , erwirbt sie aber erst, nachdem sie gealtert, und nun wird ein blinder Sohn 5 Cacu- lus vom winterlichen Dunkel genannt, von ihnen erzeuget. Fruher hatten Priapus und die Satyrn der Pomona nachge- stellt — eine cyclische Allegorie der drei Jahreszeiten. — Andere Gotternamen sind : Volumnius , Muthur , Lapiveithei und dergleichen (vergl. Spangenberg de veteris Latii religg. P33sq.). Viele Etrurische Gotternamen, die bei den Alten gar nicht vorkommen, liefern jene ehernen Schaalen (paterae), welche man auch jetzt noch grosstentheils fur acht Etrurisch halt, und deren in der herrschaftlichen Saramlung zu Fiorenz, so wie in Privatmuseen , noch eine betrachtliche Zahl vorhan- den ist. Unter diesen Namen bemerkt man vorzuglich fol- 1) Mehrere Etrurische Inschriften mit Ankari bei Lanzi Saggio II. p. 407 sq. 4 12. 442. Auch komnit Ancharius vor. Im Tertullian wollten Ehiige statt Faesulanorum lesen Asculanorum , wonach diese Gottheit einer andereu Sfearit zugehoren wiirde [namlich dein Picenischen oder (I em Apulischen Asculum. Aber Ancharia ist Tuscisch, uud es kommt eine Etruscische Familie Aukare vor. Den Namen Aucarius wolien Ei- nige bellonarius deuten s, Muller Etr. II. 61 sq.]. 666 ^gende: Tina, Thalna , Turan , Sethlans , Thana, Tinia, Turms, Ethis; Eris u. s. w. Bekanntlich haben sie zu vielen Etymo- Jogien Anlass gegeben, die wir hier billig ubergehen *). Mit mehreren dieser Nanien wcrden Pelasgische und Griechische Gottheiten bezeichnet. Derm die Etrusker hat ten die Sitte, diesen freraden Gottheiten, deren Dienst sie unter sich auf- nahmen, nach beraerkter Aehnlichkeit mit alten Tuscischen Stammgottheiten , die Namen dieser letzten beizulegen. So nannten sie z. B. den Hephastos Sethlans , den Hermes Turms, die Athene Menerva , den Zeus Tina 2 ) und den Dionysos Ti- nia 3 ). Sehr fruh, wie gesagt, gestatteten die Etrusker den Pelasgischen Religionen Eingang bei sich, nicht nur den i ' 1) Man muss dariiber besonders den Lanzi im Saggio I. p. 61 sqq. It. p. i9t. 201. 226. 510 sqq. nachsehen , woraus ich nur einige kurze Notizen beifiigen will. Hiernach waren , mit Hulfe des abgekiirzten Ar- tikels to t diese Namen aus dem Griechischen zu erklaren: Thalna statt & 3 (thru, Venus marina CAygodfaj) $ Turan statt t6 "J4quv (o'^otj?), Mars ? oder statt t« OvQuviq, Venus Urania; Thana statt &* uvaooa oder Theana, d. i. Diana; Turms, 16 (o) e £o^?jq, Mercurius; Sethlans, Vulcanus. 2) Tina, Dina, nach Lanzi, wie ich im ersten Th. p. 171. 2. Ausg. bemerkt, vom Dorischen Ar\v (statt Z77V), nach Visconti von Ala. 3) [K. 0. Miiller Etr. II. 43 sq. mochte darin die Bezeichnung des jugendlichen Juppiters, also nur eine Nebenform von Tina erkennen. Eine locale Bezeichnung des Dionysos-Bakchus hat seitdem ein Etrusci- scher Spiegel, im Besitz E. Gerhard's, geliefert, wo ihm Phuphluns bei- geschrieben ist (s. E. Gerhard Dionysos u. Semele p. 10.), namlich von der Etruscischen Stadt Pupluna oder Populonia. Dass Juno bei den Tusciern Kupra genannt wurde , wissen wir aus Strabo (V. 241. p. 183 ed. Tsch. — rqv dk a Hgav Tvyg^vol Kvtcquv xalovaiv). Das Thana auf der patera Cospiana, welches E. Q. Visconti Hana lesen wollte, ist wohl 'A&uva , Minerva, vergl. Miiller II. p. 47 sq. und iiber mehrere dieser Tuscischen Gotternamen Inghirami Mon. Etr. II. 1. p. 207 sqq. — Seitdem aber haben wir durch Auffindung vieler Etruscischer Denkmaler, beson- ders Spiegel, und durch die Arbeiten von Micali, Orioli, Vermiglioli, Dorow, de Witte, Lenormant, Panofka, Gerhard (s. Dessen Etruskische Spiegel I. Berlin 1840.) u. A. einen grossen Zuwachs an Erlauteruugen dieser hieratischen Nomenclatur erhalten.] 667 «p» Cabiren, sondern auch andern. Myrsilus von Lesbos (bei in Dionysius Halic. A. R. I. 23. p. 61 sq. Reisk.) rechnet zu den Pelasgischen Gottern, die sie erhielten, bestimmt noch den Juppiter und Apollo. In der obigen Stelle des Vitruvius fan- den wir ja bestimmt die Tempel des Vulcan, des Mars und der Venus, vor Etruriens Stadten, angegeben. Das waren vermuthlich jene Saraothracischen Wesen Axiuri , Axiokersos und Axiokersa. Die Romischen Camiili leitet Dionysius (II. 12.) bestimmt aus diesem Cultus her. Wie Bacchus ihnen zuge- fuhrt worden, haben wir oben in mythischer Andeutung gele- sen, und so wanderten den Etruskern fort und fort auch die Gottheiten der HeJIenen zu. Dagegen empfingen aber auch diese Einiges vom Tuscischen Dienste zuriick (s. die bemer- kenswerthe Stelle des Plato de Legg. V. p. 738 C. p. 393, P. III. Vol. II. Bekker.) J ). Dieser Pelasgische alte Dienst forderte auch bei den strengen Etruriern wohl seine Rechte. Mit jenen Lehren von Samothrace und Lemnos her empfingen sie auch wohl die Idole, d. h. also heilige Binden und Amu- lete, Krug-, Bauch- und Zwerggotter, heilige Schlangen$ aber wohl auch den Phallus. In wie fern damit der Orgias- mus unter ihnen Eingang fand , wage ich nicht zu bestimmen. Theater hatten alle Etrurischen Stadte, und selbst Komodien wurden aufgefuhrt. Auch zeigen die Bilder auf Etruscischen 1) [K. 0. Miiller will bei diesen Tyrrhenischen Opferu und Weihen durchaus nur die Tyrrhenischen Pelasger verstanden, und den Kabi- rendienst, alte nationale Orgien u. dergl. ganz und gar von den Etrusci- schen Religionen ausgeschlossen wissen (Etr. II. 70. 76 sqq.)j welches mit dem ganzen Separatismus dieses Gelehrten zusammenhangt. — Etru- rische Vasen, welche jenen altagyptischen Kanoben- Gefassen ahnlich, sind seitdem mehrere bekannt gemacht worden. Man s. z. B. Dorow Notizie intorno alcuni vasi Etruschi Pesaro 1828. mit Tav. I. Man ver- binde jetzt damit, was Raoul-Rochette in der Anzeige von Micali's Werk Monumenti degli antichi popoli Italiani (im Journal d. Savant. 1834. p. 139 sqq.) aus Veranlassung dieser Fictilien iiber unbezweifelten Ur- sprung der Tyrrhener aus dem Orient bemerkt hat.] 668 Graburnen, welche nicht bios furchtbare Gegenstande dar- stellen, sondern auch Tanze, Spiele, Hochzeiten, Mahlzeiten, und dergl. dass die Rationale Harte durch geselischaftliche Frohlichkeit zuweilen gesanftigt ward. Aber der ernste, strenge Geist der Nation blieb gewiss mehr als die Griechen bei der symbolischen Bedeutung jener alten Bildersprache stehen 5 und wenn auch diese den Phallus und andere Bezeich- nungen physischer Art wahlte, so verschmaheten die Tusci- schen Theologen doch gewiss jene weit ausgesponnenen Ge- schichten von Liebeshandeln der Gottheiten, worin sich das Helienische Epos gefiel. Wir werden unten dafiir ini AUge- meinen ein bestinimtes Zeugniss beib'ringen. I in Uebrigen isl, vvie bemerkt, das Urtheil iiber die Etrurische Gottersymbolik 1) S. Fea und die Deutschen Herausgeber zu Winckelmanns Ge- schichte der Kunst I. p. 381 sqq. — Es ware liier Vieles zu bemerken, Ich begnuge mich einige Hauptpunkte anzudeuten: Die grosse Alacht der Etrusker (florentes Etruscorum opes) und ihre Herrschaffc auf dem mare superum und inferum bemerkt Livius I. 2, V. 33* Das Tyrrhenische und das Ionische Meer stand ihren Scbiffen offen cEusebii Chron. p. 36.). Die Tyrrhener mit den Carthagern verbunden (nicht niit den Phoniciern, wie noch in Winckelmanns neuester Ausgabe der Gesch. d. K. I. p. 15. steht) liefern den Ioniscben Phocaern ein Seetreffen (Herodot. I. 166.)' Dazu die inneren Hiilfsmittel s des fruchtbaren Landes. Daber fast an das Unglaublicbe granzende [u. zum Tbeil entstellte ■ — vergl. Miiller Etr. I. 275 sqq.] Nachrichten von Etruscischer Prachtliebe und Reichthum an Kostbarkeiten (Plin. H. N. XXXIV. 7.17.), nicht minder von ihrer Schwel- gerei, Vollerei und Wollust. (Man lese nur die Ausziige der Geschicht- scbreiber beim Athenaus IV. p. 153. p. 98. und besonders XII. p. 517. p. 422 sqq. Schweigh., wo sogar der Gemeinscbaft der Weiber gedacht wird. Aber dabei ist Mehreres zu berucksichtigen , einmal die Weit- schichtigkeit des Namens Tyrrhener, zumal bei Griechischen Schriflstel- lern, vergl. Niebuhr Rom. Gesch. I. p. 64. p. 159. 3ter Ausg.J, sodaun dass wir hier zum Theil Charakterziige aus den Zeiten des Verfalls ge- sammelt linden. Mehreres der Art, besonders mit Beziehung auf die ^ politiscben Schicksale der Etrusker, hat Lampredi p. 23 sqq. zusammen- gestellt.) Eine sinnliche Vorstellung von dem hauslichen YVohJleben der Etrusker gewahren mauche Bildwerke. 669 ■ schwierig, so lange nicht mit Sicherheit unterschieden ist, was auf Denkmalen Etrurisch und alt-Griechisch ist. Heyne (de vestig. domest. relig. Etrusc. in den Comment. VI. p. 48 sqq. und anderwarts) hat mit den Ersten darauf aufmerk- sam gemacht, und spaterhin sich mehr und mehr den Ansich- ten von Lanzi befreundet; welchem letzteren nachher mit Recht die meisten von mir oft genannten Alterthumsforscher und Kunstlehrer l ) gefolgt sind. 1) Man vergl. auch Niebuhr in der Rom. Gescli. I. p. 87 sq. mit A. W. Schlegels Bemerkungen in den Heidelbb. Jahrbb. 1816. p. 85S sqq. V §• I*- Ein Blick auf die Culte einiger andern Volker des alten Italiens. Fruhe Erwahnung der Umbrer *) (Herodot. I. 94. IV. 49. und daselbst die Ausleger). Ihre lange politische Abhangig- keit von den Etruskern. lhr Land ward oft zum Gebiet jener gerechnet £Liv. V. 34.). Auch in Sitten , Buchstaben , Sprache und Wissenschaften war zwischen beiden Vblkern enge Ge- - meinschaft (Liv. IX. 36. vergl. Spangenberg p. 39 sqq. und besonders Micali I. p. 60 sqq.). Auch Gotterlehre und Gotter- dienst hatten sie mit den Etruskern gemein, und wir geden- 1) Niebuhr Rom. Gesch. I. p. 97 sq. p. 160 sqq. 3ter Ausg. halt die Umbrer, von den Griechen Ombriker genannt, fiir das alteste Volk Ifca- liens, das lange vor den Etruskern gross gewesen und ein sehr weites Land bewohnt. Dazu gehorte ausser dem, was in der Folge Umbrien blieb, wahrscheinlich das siidliche Etrurien uud die Landschaft^ welclie die Sabiner zwischen dem Appenninus und der Tiber einnahmen. Aus- serdem sollen sie sicli gegen Norden und den Po als Eroberer ausgebrei- tet, und die Liburner von der Kuste vertrieben haben. Freilich unter- lagen sie den Etruskern, deren Sitten, Sprache u. s. w. sie zum Theil annahmen. Wachsmuth (Aeltere Gesch. des Rom. Staats p. 79.) vermu- thet, sie seven Celten gewesen, widerspricht iibrigens Niebuhr, in so fern kein Grund da sey, die Umbrer das alteste Volk zu nennen. Teh muss mich, der Kiirze wegen , auf diese blossen Angaben hier beschran- ken, und will daher auch nur noch im Allgemeinen auf Zoega's Abhandll. herausgeg. von Welcker p. 329 sqq. verweisen. ken ihrer nur ganz kurz einiger neuen Angaben und Denk- male wegen. Die Umbrer gaben ihren Stadten eigene heilige Namen. So hiess z. B. Eugubium (Ingubium, jetzt Gubbio) Ikuveina. Hierbei von den Eugubinischen Tafeln. Auffindung, Beschaffenheit und verschiedene Abbildungen und Erklarungen (s. z. B. Gruteri Inscriptt. Tom. I. p. 142. Gori Etruscische AI- terth. p. 138 sqq. u. s. w.). Die neueste Erklarung von Lanzi (Saggio HI. p. 657 sqq.) ist: sie gehoren zu den Etruscischen Ritualtafeln, und betreffen heilige Observanzen und Functio- ned Hiermit stimmt jetzt auch Micali (I. p. 60.) im Wesent- lichen uberein, welcher noch die Beraerkung macht, dass man den Namen Tusci ganz deutlich darin lese '). Die darin vorkommenden Gotternamen : Serite, Sata, Sepses u. s. w. sind bis jetzt weiter nicht bekannt. Aber die ebendaselbst (Tab. VI. lin. 26.) genannte Gottheit Rupinie kennen wir aus Romischen Schriftstellern (s. Virgil. Georg. 1. 150. mit den Auslegern und 1) Niebuhr Rom. Gesch. I. p. 99. bemerkt in einera Theile dieser Tafeln Umbrische uns unverstandliche Worle mit Lateinischen untermischt, woraus er die Meinung im erweislich halt, dass ein Umbrisches Volk zu den Urvatern der Latiner gehore. Man muss da mit A. W. Schlegels Kritik in den Heidelbb. Jahrbb. 1816. p. 860 sq. vergleichen. [Ausser dem, was oben zum Schlusse des lsten §. dieses Capitels dieser 3ten Ausg. bemerkt worden , miissen jetzt die Untersuchungen von K. O. Miil- ler Etr. I. p. 45 sq. 71. 102. 133. II. p. 313. 341. vergl. 188. ingleichen die von Grotefend , Ambrosch und Andern iiber dieselben Gegenstande zu Rath gezogen werden. — Denn wenn Benjamin Constant in seinem weitschweifigen Buche De la Religion etc. Tom. IV. p. 295. sich folgen- dermassen vernehmen lasst : „Nous remarquerons seulement, qu'en par- lent du culte de l'Etrurie, nous traitons de celui de toute l'ltalie antique, jusqu'a la fondation de Rome: car bien que le culte du Latium fut dif- ferent dans quelques details, son esprit n'en etait pas moins etrusque." — so ist dies nur ein Beweis von der Oberflachlichkeit dieses Werkes, das, wenn auch in guter politischer Absicht unternommen, doch zum Theil ebendeswegen den Geist des Alterthums und die ehrwiirdigsten Institute der Vorwelt verkenneu niusste.] 672 Gellius N. A. V. 12. ixiit den Auslegern). Es ist der Romi- sche Robigns oder die Gottin Robigo , und das Fest der Robi- galia war Umbrisch-Etruscischen Ursprungs. Zu den Ziigen dieser Festfeier gehorte das Opfer einer rothen, trachtigen Kuh und nachher eines Handes. Hier war also der Hund als ein Bild des Sirius, der Hitze und des Getraidebrandes u. s. w. genoromen. [Man vgl. Hartung Rel. d. Rom. II. 147 sq.] Die Parallele mit den Aegyptischen Lehren von Typhoh und typhonischen Wirkungen liegt nahe. Der Umbrische Pluto Juvie, auch Akeruniamen , der Zerstorer, genannt (Fragment eines carmen saliare bei Festus in Matrem Matut. p. 230 Dae). Valentia, eine Gottin von Ocricolum (Tertull. Apol. cap. 24.}. Viridianus, ein Gott von Narnia (Narni, s. ebendas.). Auch dieselben fremden Culte hatten die Umbrer bei sich aufge- nommen. Religion der Sabiner. Sie war , wieimmer, der Ausdruck des Nationalgeistes , und mithin sehr roh. ^ Die Sabiner stan- den am weitesten von der Etrurischen Cultur ab. Alles kun- digte eine halbe Wildheit an: die ausserst despolische Ver- fassung, die Herabwiirdigung der Frauen zu tiefer Sklaverei und zu den niedrio-sten Diensten. In Etrurien waren sie geehrt, und die Verfassung war aristocratisch. Diesen Gha- rakter behieiten sie bis zur Rbmerherrschaft (vergl. Spangen- berg p. 212 sqq. und Micali I. p. 134 sqq.). Daher denn auch roher Fetischdienst unter ihnen, und biutige Opfer, dem furcht- baren Mamers dargebracht. Sie hatten eine grosse Zahl von Gottheiten. Ihr Stammgott war Sabus oder Sabinus (Cato in Origg. beim Dionys. Hal. II. 49. Man hat verschiedene Deu- tungen dieses Namens, vergl. Joh. Lydus ue menss. p. 2. p. 4 Roth, ein Weinpflanzer u. s. w.). — Ausserdem: Sol (Varro de L. L. IV. p. 19.), denn die Sabiner waren eifrige Sonnen- diener. Luna (ebendas. p. 20.). Sancus Semo , nach Einigen ein vergotterter Konig (Augustin. de Civ. D. XV III. 19.). Seine Verwechselung mit Hercules uud dessen drei Namen Semo, Fidius und Sancus (Ovid. Fast. VI. 213 sqq.). Sancus ^ 673 ^ soli im Sabinischen der Himmel heissen ( Jo. Lydus de nienss. p. 107. p. 250 Hoth.). Verwechselung rait Simon Magus bei den Kirchenvatern (Justin. Martyr. Apolog. 2. Tertullian. Apolog. 13.). Soranus , ein Gott des Todes (Servius ad Virgil. Aeneid. XL 785.), auch Februus genannt (Isidor. Origg. V. 23.). — Ueber die Novensiles finden sich in der Hauptstelle bei Arnobius adv. gent. III. 38. 39. p. 131 sqq. Orell. f ) ver- schiedene Angaben. Piso versetzte sie als Gottheiten in der JVeunzahl zu den Sabinern, wahrend Granius sie fur die Mu- sen hielt, anderer Angaben uber die Bedeutung und den Sinn dieser Goiter, so wie uber den Namen selbst, nicht zu ge- denken.- Das frige ich noch bei, dass Manilius sie fur die neun Gotter hielt, denen aliein Juppiter (der hochste Inhaber der Blitze) die Macht veriiehen, Blitze zu schieudern. Soli- ten sie darum identisch seyn mit den neun Blitzgottern der Etrusker, wovon wir bereits oben p. 056 sqq. geredet? Stimmanus , der Gott nachtlicher Blitze , wie Juppiter der am Tage erscheinenden. Augustinus de Civit. Dei IV. 23. sagt von diesem Summanus, die alteren Homer hatten ihn raehr geehrt als seibst den Juppiter. So viel ist gewiss , dass bei den Alten seiner oft Erwahnung geschieht. Man vergl. Cic. de Divin. I. 110. Ovid. Fast. VI. 729 sqq. PJin. H. N. II. 53. mit den Auslegern. Einige hielten ihn fur den Polarstern, 1) Man verbinde damit die Noten der Herausgeber T. II. p. 169 sqq. Orell. und den dort angefiihrten Jac. Nicol. Loensis Miscell. Epiphyl. Lib. IV. cap. 15. in Gruters Lamp. crit. Vol. V. p. 421 sqq. [Ueber den Oultus der Sabiner muss man jetzt K. 0. Miiller Etr. II. 50. 64 sqq. 120. ,vergleichen ; welcber annimmt, dass ein gegenseitiger Ausfcausch meh- rerer Religionselemente zwisclien Tusciern und Sabinern stattgefundeu habe. — S. auch Hartung's Rel. d. Rom. II. 44 sqq. und denselben iiber JSancus und Dius Fidius , vergl. Miiller Etr. II. 120, wo auch des von diesem Gott benannten avis Sangualis und vom Sabinischen Auguralvve- sen geliandelt vvird. Vorziiglich muss aber auch iiber diesen „dcht Sa- binischen Gott Sancus", wie er ihn nennt, nachgelesen werden Am- brosch Stud. u. Andeutt. p. 162 sqq. 170 sqq.} 674 der fur die Auguration freilich von grosser Wichtigkeit war. Aber bestimmt wird dem Summanus auch das Werfen nacht- licher Blitze beigelegt (vergl. ftiebuhr Rom. Gesch. 1. p. 94/). In den Urkunden der Arvalischen Bruder wird er Pater ge- nannt (^Marini p. 686 sq.; der dabei p. 696 sehr gut an die Stelle des Cicero de N. D. II. 26. erinnert, wo von der Erd- kraft die Rede ist, die dem Dis Pater gewidmet sey [Man vergl. oben fiber die Etrurischen Gottheiten.]). Es scheint also dieser Etruscische Gott, wie der alteste Zeus der Grie- * chen, einmal als Inhaber der himmlischen Pole, und das an- deremal als der Regent des Erdabgrundes und des Lebens der Erde gedacht worden zu seyn. — Vacuna. Abweichende Vorstellungen von ihr (Ovid. Fast. VI. 307. Scholiast. Horat. Epist. I. 10. fin. mit ihrer Tochter Menerva (Minerva) (Dio- nys. Halic. I. 32. Arnob. 111. cap. 31.) »). Der Name der ersteren wird bestimmt Sabinisch genannt (Tarro de L. L. IV. 10.). Feronia, Freiheitsgottin. Ihr Tempel am Berge Soracte oder bei Trebula ( Dionys. Halic. III. 32. vergl. II. 49. und Heyne zu Virgils Aeneis VII. 800. vergl. Fabretti In- scriptt. p. 452.). Feuerproben fanden bei ihrem Heiligthume statt, und man hatte verschiedene Mythen von ihr. Einen andern Tempel hatte sie zu Terracina, wo die Sklaven ihre Freiheit erhielten und ihr Haar zuruckliessen (Livius XXXII. 1. Servius ad Virgil. Aeneid. VIII. 564.). Man nannte sie auch Proserpina, auch Juno. Auch Ackergottin heisst sie bei Isidorus (in Glossis). Ihr Sohn Herilus mit drei Leibern 1) ,,Eandem (sc. Minervam dixerunt) memoriam nonnulli: unde ipsum nomen Minerva quaedam Meminerva form a turn est" etc. (vergl. oben). Von der Vacuna sagte Varro: quod ea maxime hi gaudent, qui sapieu- tiae vacant (s. die Ausleger zu der angefiihrten Stelle des Ovid.), und die Scholien zu Horat. Ep. I. 10. fin. Vacuna in Sabinis dea , quae sub incerta est specie formata. Hanc quidem Bellonam, alii Minervam, alii Dianam dicunt. Vergl. auch dort Lambinus p. 189 b. [Auch bei die- ser Gottheit scheinen Sabinische und Etruscische Cuite zusammenzutreffen. Vergl. Muller Etr. If. p. 48.] 675 wird als Konig von Praneste genannt (Virgil, a. a. 0. [vgl. Inghiraini Mon. Etrusch. Tom. V. p. C)6. j). — Unter gottheiten : Terminus, Pants (Ceres), Cloacina (Ovid. Fast. II. 645 sqq.), Larunda und die Lares (s. oben). Die Nympheu Virae und Velinia (Varro de L. L. IV. 21.). — Unter den Goitheiten einzelner Sabinischer Stadte tritt der Gott von Cures [Mars) hervor. Er heisst daher pater Curis, auch Quids, Quirinus. Die gewohniiche Abieitung dieses Wortes ist von queir, cur, crij guerra, guerre , Krieg; ein Kriegsgott, als Fetisch unter dem Bilde einer Lanze verehrt. Tatius fuhrte seinen Dienst in Rom ein. Nach Tertuliian (Apolog. 24.) war er ein Gott der Falisker. Auch hatte man eine Juno Curitis, deren Bild sich auf eine Lanze stutzte (Dionys. Haiic. II. 48. Plutarch. Romul. 28. vergl. oben). Gebetsformel an sie gerichtet zu Tibur (Servius ad Virgil. Aeneid. I. 10.). Bedeutung dieser Gebrauche und Formeln (s. Bottiger Kunstmythologie [II. p. — Vom Altsabinischen Quir, Quiris, womit zusammen- hangen queir, guerre, war, Krieg. Vergl. MuIIerEtr.il. 45 sq. ■—]). Die Gattin des Mamers (Mars) hiess Neriene, d. i. die Starke, Mannheit (virtus) 5 die Homer beteten zu ihr l ). Diesem Kriegsfetisch Mamers feierte der barbarische Sabiner einen blutigen Opferdienst. Zur Zeit allgemeiner Noth gelobte er ihm den ganzen Ertrag eines Fruhlings an Pflanzen , Thieren und Menschen. Nach erhortem Gebet wur- 1) Von demselben Sabinischen Worte leitefeen die Romer audi den Familiennamen Nero in dem Claudischen Geschlecht ab; s. Liv. XXVII. 41 sqq. Sueton. Tiber, cap. I. besonders Gellii N. A. XIII. 22 - 3 womit man jetzt den Johannes aus Lydien de menss. p. 85. p. 206 Roth, ver- binden muss : viqlvi] yaq r[ uvdgia iarl zal vigwvaq iovq iivdqdovq ol SttfSwm yiuXovaiv. Die Nerine ward im Fruhling mit dem Mars gemeinsehaftlicb. verehrt, namlich bei Gelegenheit der Trompetenweihe. Man verglich diese Gottin bald mit der Venus, bald mit der Minerva (s. oben [u. Miil- ler Etr. II. 50 f.]). Im ersteren Falle waren Mars und Venus nach Sa- mothracischer Religion als die grossen Erdffner des alteren Italischen Jahres und des Feldzugs genommen. Creuzer's deutsche Schriften. III. 3. Aq ^ 676 den im nachsten Jahre alle Friichte des vorigen saramt Thie- ren und Menschen dem Mamers geopfert. Nachher milderte man die harte Sitte, und widraete einzig, was zwischen dem ersten Marz und ersten Mai geboren war, dem Gotte, so dass man Knaben undMadchen, wenn sie erwachsen waren, ver- hulltc und fiber die Cranze schickte, urn Colonien zu grunden: Ver sacrum (Livius XXII. 9. 10. Dionys. I. 16. und daselbst die Ausleger$ Festus s. v. Mamertin. p. 218 Dacer. wo er, oder vielmehr der dort angefuhrte Alfius, auch den Apollo nennt, welchem das V r er sacrum gait; s. denselben Festus s. v. Ver sacr. p. 587. [p. 43 sq. ed. Egger. vergl. Plutarch. Pyrrh. cap. 23. mit Baehr p. 215 sq.]). Auch andern Gott- heiten brachten die mit den Pelasgern vermischten alten Be- wohner des Sabinerlandes Menschenopfer. Unter ihnen prei- set der Mythus den Hercules als Urheber linderer Sitte (s. oben II. p. 654.). Auch eines Orakels wird unter den Sabi- nern gedacht. Es war dem machtigen Mars, bei Mutiena, geheiligt; und nicht unahnlich dem Dodonaischen. Man fabelte hier von einem Voge! picus (Specht), der auf des Gottes Geheiss vcn einer Sauie herab die Antwort gab (Dionys. Hal. I. 14.) '). Er heisst auch der Vogel des Mars (Ovid. Fast. 1) Einen solchen Orakelbefrager sehen wir jetzt vor einer Schlan- genumwundenen Saule, vvorauf ein Specht steht, unten ein Opferwidder, auf einer Gemme des Berliner Museum bei Tolken IV. 2. 145. und abge- bildet bei Panofka Auswahl ciniger Weihgesch. Taf. III. 3; wo uns also dieses Mars-Orakel versinnlicht wird. — Von diesem Specht-Cult haben sich Spuren in Germanischen Namen und Sagen erhalten. In einem An- gelsachsisclien Gedicht wird der buntgefiederte und streitbare Vogel 7 den die Griechen fttgoxp, uegoxp u. SqvonoXumriq , die Romer picus und apiastra (Bienenfrass) nannten, und wovon sie sagten, er babe des Mars Sdhne Romulus und Remus neben der Wolfin ernahrfc, Beovulf, d. i. Bienenwolf, Immenwolf, genannt, und es muss bei den alten Sachsen Sagen von der Heiligkeit dieses Vogels gegeben haben, die sich an einen Helden kniipf- ten, der seinen Namen fiihrte, wie der Sabinisch-Rdmische Sohn des Saturnus mit dem Vogel, als Picus , gleichnamig ist. S. Jac. Grimm in 677 *«* III. 37.). Hierauf bezieht sich auch der Mythus, dass einst der Konig Numa die beiden Seher Martius Picus und (lessen Sohn Faunus durch Hiilfe der Nymphe Egeria gefangen, und (so wie dort Midas den Silenus) zum Weissagen gezwungen habe (Valerius Antias apud Arnob. advers. genU. V. 1. p. 483. vergl. Heyne Excurs. V. ad Aeneid. VII. und Ruperti zum Juvenalis VIII. 131.). der Deufcschen Mythologie p. 3S8; vergl. Denselben in den Gotting. Gel. Anz. 1836. p. 653 sq.] 43* 678 «m $. 15. Religion der Latiner (Rdmer). Ihre Bestandtheile und Quellen sind grossentheils Etru- risch, doch bei weitem nicht ganz und gar 5 und eszeigtsich eine fruhe Vermischung mit Pelasgischen und Hellenischen Culten. Auch Sabinische und andere Elemente waren darin aufgenommen, so wie viele fremde Mythen (vergl. Heyne de fabull. graecc. ab Etrusc. art. frequent. Nov. Comment. Soc. Gotting. III. p. 52."). Ueberblick der Volker von Latium (vergl. P. M. Conradini de priscis antiqui Latii populis, Rom. 1748. Vulpii Latium vetus und Micali I. p. 191 sqq. J ). Es waren sehr starke Nationen, die, erst getrennt, nachher in den Lalinerbund, ahnlich dem Etrurischen, zusammenflossen. Natur dieses Bundes : religiose Grundlage 2 ) , feriae Latinae, Latiar. Fragen wir nach dem Nationalcharakter der Latiner, so standen sie in der Mitte zwischen Etrurischer hoherer Bildung und jener Sabinischen Roheit. Auch hier hatte das 1) In v. Bonstettens Reise nach Rom I. p. 222. sind iiber die all- mahlige Ausbildung der Latinischen Religion Vermuthungen gewagt, die wir auf sich beruhen lassen. 2) Den Hain der Ferentina, wobei die Latiner ihre Bundesversamm- lung hielten , verwechselt Dionysius Hal. A. R. III. 34. mit dem Feren- tinum der Herniker; s. Grimm ad Dionys. Hal. p. 155. not. y. und Nie- bukjr Rom. Gesch. I. p. 210. [welchen man iiber diese Geographie |iiber- haupt vergleichen muss 1. p. 87 sqq. u. passim in der 3ten Ausg. u. jetzt auch K. O. Miiller Etrusk. 1. 14 sqq. 112. II. 296. .311.] weibliche Geschlecht ein hartes Loos. Doch fruhe schon ward der Nationalgeist gemildert durch agrarische Cultur und durch gesetzliche Verfugungen zu ihrer Forderung. Verfassung, Magistrate, Pontiiices, Priestercollegien in jeder Stadt 5 fruher- hin Kbnige, nachher zwei jahrliche Dictatoren. Grosse An- hanglichkeit der Latiner an ihre Konige. Im Allgemeinen herrschte eine gute linde Nationalist, die ihren Einfluss auf das politische Schick sal dieser Vblker und auf ihre Religionen zeigte. In Kunst iind Wissenschaft konnen sie , wie bemerkt, mit den Etruskern nicht verglichen werden. Erst durch diese, wie durch die Griechen, empfingen sie bessere Einsichten, selbst in den praktischen Disciplines Die religibsen Feste der Latiner und Romer waren ur- sj>runglich nach einem zehnmonatlichen cyclischen Jahre be- stimmt, wobei die Homer noch lange nach der koniglichen Herrschaft geblieben zu seyn scheinen, wie denn uberhaupt die Zahl zehn in Etruriens Religion und zwolf in der Romi- schen eine Grundzahl waren. Die Fasti, oder der Festkalen- der des Ovidius, mit andern Nachrichten der Alten verbunden, mit den Ueberbleibseln der alten Calendarien bilden die Quel- lenliteratur Gottheiten von Latium. Allgemeine. Fnfer den Obergot- tern behauptet Saturnus den ersten Rang, den audi die Etrus- ker bei sich aufnahmen. Sein Verhaltniss zum Janus und zum Griechischen Kronos. Fruhe Vermischung beider Wesen. Einfuhrung des Saturnus in das Cretensische Gbltersystem durch EtymoSogien (Latium, latere), durch Geneaiogien (s. Saxii Tab. II. und daselbst das Geschlecht von Kronos nr. 3.). 1) Njebuhr Rom. Gesch. I. p. 200 sqq. [p. 504 sqq. 3ter Ausg.vin der durchdachten Untersucliung muss hier besonders verglichen werden. Ia Betreff der Quellen verweisen wir auf x die Fasti des Ovidius und deren Ausleger, auf die Calendaria bei Graevius im Thes. Antiqq. Romm. Vol. VIII. und auf die Fasti Praenestini mit dem Commentar des Foggini (vergl. Siieton. de Grammatt. cap. 17.) Rom. 1781. fol. und bei der Wolfi- scben Ausgabe des Suetonius III. p. 21 sq. IV. p. 315 sq. ^ 680 m Verhaltniss der Latia zur Ops und zur Griechischen Rhea und Demeter. Ueber die Idee des Latinischen Naturgottes Saturnus, von dem im Wesentlichen dasselbe gilt, was von Janus gesagt worden, nur dass die Latinischen Theoreme nicht so metaphysisch waren, brauche ich nach dem Obigen nichts zu sagen ! J. Auch ist im Vorhergehenden von den charakteristischen Ziigen seiner Festfeier geredet worden. Philosopheme uber diese Goltheit und den Planeten Saturnus. Ihm ist die Siebenzahl heilig. Pythagoreische ldeen des Phi- lolaus und Anderer (s. die Excerpte bei Joh. Lydus p. 25. [p. 72 sqq. Roth.]). — NepUinas, das personificirte Kus- tenmeer. Sein Verhaltniss zum Griechisch-Libyschen Posei- don wurde oben beruhrt. Seine Frauen, nach Latinischer Genealogie, sind Salacia und Venilia , zu denen die Romer zu 1) Niebuhr , welcher (Rom. Gesch. I. p. 94. Not.) den Saturnus und Mars als Planetengotter nimmt, glaubt (ebendas. p. 122.) , dass Saturnus mit sein em AVeibe Ops hochst wahrscheinlich Erdgott und Erdgottin sey, das Belebende und das Empfangende, Hervorbringende der Erde : „sein Reich sind ihre Tiefen. Die Deutung dieser Gotter auf Konige ist das neuere." — Es wurde im Vorhergehenden von mir bemerkt, das Satur, bald mit der Vorstellung eines physischen bald mit der Idee eines meta- physischen Urgrundes der wirklichen Dinge, der GrundbegrifF des Satur- nus seyn mochte. In der ersten Beziehung hat er auch in den Tafeln und Formeln der Arvalpriester seine Stelle als Stifter der agrarischen Cultur. Man vergl. nur des Marini gli Atti d. fr. Arvali I. p. 138. [Festus p. 133. p. 208 ed. Egger: „• — Qui deus in Saliaribus Saturnus (al. Satirnus, Sateurnus , Satrurnus, Saterinius) nominator, videlicet a sationibus ; welches mit der Niebuhrschen Ansicht ubereinstimmt. Von diesem Punkte geht auch Hartung (Rel. d. Rom. II. 3. p. 122 sqq.) aus. — Er gehorte auch zu den Etruscischen Blitzgdttern, und man legte ihm die Erd- und die Winter- Blitze bei (K. 0. Miiller Etr. II. 57. und 85.)- Viel AJtes und Neues durcheinander iiber ihn findet sich bei Jo. Laur. Lydus de menss. II. p. 70 sqq. ed. Rother beisammen; wie denn auch neuerlich Inghirami in Monumenti Etruschi, besonders Serie III. 26 sqq. 60. 71 sqq. — 237. Vielerlei iiber diesen Gott zusammengestellt hat. Ver- schiedenes wird man auch in dieser dritten Ausgabe der Symbolik beim Griechischen Gottersystem , unter Kronos u. s. w. , bemerkt linden.] 681 beten pflegten (Geliius N. A. XIII. 22.). Charakteristisch ist die Bedeutung des Ausdrucks Neptunifllii, rohe Menschen. — Ferentina und ihr heiliger Hain am Fusse des Albanerbergs. Zusammenkunfte und Jahrmarkte daselbst (Liv. I. 50.). Hier- bei vom Vejovis und Juppiter, Axur (Anxur). Streit unter den Alten schon uber die Bedeutung und Bildung dieser We- sen: Der jugendliche Juppiter (Ovid. Fast. III. 437.) 5 der jugendliche aber bose Juppiter, dem man Ziegen opferte (Gel- lius V. 12.). 1st der Juppiter Anxur der Volsker von Anxur (jetzt Terracina) ein jugendlicher Juppiter (8ervius ad Virg. Aen. VII. 800.)? Verbreitung des Vejovisdienstes in Bom (s. das oben Bemerkte). Juppiter Juvenis und Anxur auf Munzen (s. Rasche Lexicon rei num. s. v. Anxur) und auf Gemmen. Hierzu die Glaspaste, den Juppiter Anxur darstel- lend, nackt, mit umvvickeltem linken Arm, in der linken Hand einen Schaft haltend, in der rechten drei Blitze; daneben der Schild und Adler zu seinen Fiissen (in der Stoschischen Sammlung, s. Schlichtegroll Daclylioth. Stosch. I. nr. 20. p. 93 sqq.). [s. jetzt bei Guign. nr. 201. 262.] — Hauptsatz: auch hier wieder die durch das ganze Alterthum herrschende Idee von periodisch zurnenden oder verfinsterten Naturgott- heiten. Erinnerung an Brimo, Demeter-Erinnys, Hercules - Makeris u. s. w. Untergottheiten : Lubitina, Lubentina. Ursprung und erster BegriflF davon. Ihr Verhaltniss zur Volupia, zur Aphrodite, Venus (s. Cincius Alimentus bei Macrob. I. 12. und Varro de L. L. V. p. 53 Seal [VI. 47. p. 05 Egg.]). Venusdienst in Bom und erster Tempel derselben, a. tirfe. .457 von Fabius Gurges gebaut. Tempel der Lubitina (Libitina) in Rom und Bestimmung desselben (Dionys. Hal. IV. 15. vergi. Spangen- berg p. 57 sq. A ). — Anna Perenna. Verschiedene Mythen 1) Die hierher gehorigen Begriffe sind tlieils oben im Abschnitt von der Juno beriihrt worden, theils vverden sie im Capitel von der Proser- pina deutlicher werdeu. [Thorlacius , Opuscc. acadd. p. 237. 253 sqq., 682 ^ (bei Ovid. Fast. III. 528 sqq. Virgil. Aen. IV. 9. 421. 500. Sii. ital. VIII. 79.). Sie ward von den Horn em eben so wohl in die Griechische Gottermythologie verflochten, als in die Genealogie nationaler Heroen Daher ihr Verhaltniss zum Mars und zum Aeneas. Sie wird namiich dem Mars zuge- sellt, und hat rait ihm dasselbe Fest. Darait verband sich der Instige Mythus, den uns Ovidius (Fast. III. 680 sqq.) aufbe- halten hat, wie einst Anna den in die Minerva verliebten Mars getauscht hatte, da sie sich an ihre Stelle setzte. Sonst ist sie die Schwester der Dido, welch e vor Jarbas zum Bat- tus und von da weiter nach Malta flieht und darauf zum Aeneas nach Ilalien. Dort findet sie gute Aufnahme$ zieht sich aber dadurch den Hass und die Eifersucht der Gemahlin des Aeneas, Lavinia, zu. So springt sie endlich in der Ge- fahr aus dem Fenster, und stiirzt sich in den Fluss Numicius. Der Schliissel zu alien diesen Mythen liegt in ihrem Feste, den 15. Marz , in den dabei ublichen Gebrauchen und Formeln. Es war ein Jahres- und Fruhlingsfest. Die dabei gesunge- nen Lieder hatten ganz den freien Ton orgiastischer Festge- sange. Es war eine Feier des mit dem Fruhlirig neu gewon- hat die Identitat des Vejovis und Juppiter Axur griindlich erwiesenj s. meine Note zu Cic. d. N. D. III. 24. p. 630 sq. Er scheint zu Anxur neben der Feronia, welche man mit Juno identificirte , verebrt worden zu seyn; welches aber, wie gesagt, die schlimme Bedeutung, welche die Lateinische Vorsylbe ve enihalt, niclit ausschliesst (Miiller Etrusk. IC. p. 59. vergl. Hartung Rel. d. Rom. II. p. 193 sq. und Letztern auch iiber die Volupia und Venus II. p. 247 sqq.). Ueber diese Venus Libitina muss ich einstweilen auf meine Erorterungen im 4ten Bande p. 98"— -161. 2ter Ausg. verweisen.] 1) Ob Anna Perenna in Carthago unter den Heroinen verenrt ward, beruht auf Sil. Ital. VII. vs. 232, der den Hannibal vor der Schlacht bei Canna ihr eine Bildsaule im Tempel der Dido geloben lasst; s. Miinter Rel. der Carthager §. It. p. 70. Derselbe bemerkt in den Zusatzen aus v. Bonstettens Voyage sur la scene de six derniers livres de l'Eneide, Geneve 1817. p. 196, dass Anna Perenna noch jetzt in Latium unter dem Namen Anna Vetronilla eine Capelle hat. ^ 683 nenen Jahres. Man betete dabei zur Anna Perenna: ut annare perennareque commode liceat (Macrob. Sat. I. 12.) — ,.dass man froh und gesund das Jahr und viele folgende durchleben mbge." Dieses frische, neue und dauernde Jahr war eben jene Anna selbst. Es war eine Personification des alien Mon- denjahres 1 ). Darum heisst sie auch selbst der Mond. Sie war die Fuhrerin der Monden, zugieich aber die Beherrsche- rin der feuchten Sphare; daher sie ewig im Fiusse Numicius liegt, und immer und immer mit ihm dahinfliesst. Sie ist der Fluss der Monden, Jahre und Zeiten selber. Daher die Be- cherzahlung bei den Neujahrswiinschen an ihrem Feste. Daher ihr Tod in den Wellen. Sie ist die Jungfrau an Midas Grabe, die so lange dort liegt, „als das Wasser noch fliesst, aJs bluhen werden die Baume. u Ja sie giebt selbst Bliithen und Friichte. Sie lasst die Saaten spriessen. Das Getraide (an- nona) steht zunachst unter ihrer Obhut. Sie ist die Nahr- mutter 2 ) , die gute Mutter vom Berge, die dem von seinen Treibern bedrangten Plebejerhaufen bei Bovilla die warm en Kuchen bringt. Alle guten Gaben kommen von ihr und auch die Freiheit 3 ). Matuta mit ihrem Feste, Matralia genannt. 1) S. Homerische Briefe p. 135. Lennep findet (Etymolog. p. 210 sqq.) in ¥voq, annus , die Grundbedeutung retro 1 und J. C. Schmid (Animad- versiones in Lennep. Etymolog. in meinen Meletemm. III. p. 1220 leitet gleichfalls vetus, alt, vOn IW$, Jahr, ab. — Einige aspirirten auch das Wort fvbq und sagteii "fo? (s. Valckenaer ad Amnion. Animadvv. p. 197. und daselbst Theodoritus in Lexico negl nvevfiarwv. I'voq ist aber anus u e. annus, indem die alten Romer die Buchstaben nicht verdoppelten (s. Valckenaer a. a. 0. p. 196.) 5 und daher kommt auch der Ausdruck h>q xal via, der alte und neue, d. i. der dreissigste Tag, wo der alte Mond mit dem neuen im Mondenjahre wechselte. 1 2) Sie hat auch der Sage nach dem Juppiter die erste Nahrung gegeben; s. Ovid. Fast. III. vs. 660: Teque Jovi primos Anna dedisse cibos. und was ich sonst noch in den Homerischen Briefen p. 196. angefiilirt. 3) Anna Perenna wird verglichen mit Anna Puma Devi der In- die* 1) von Paterson in den Asiatic Researches VIII. p. 69 sqq. Dort Ihr Verhaltniss zur Griechischen Leucothea. lhr Sohn Por- tunus (Melicertes) f ). Albunea, die Sibylle von Tibur (Horat. Od. I. 7. 12. und daselbst Mitscherlich und Fea). Pales. Name und Begriff diese'r landlichen Gottheit. Hier befinden wir uns wieder im Gebiete des Phallusdienstes (vergl. Zoega de Obe- liscis p. 213 sqq.). Sie ward oft androgynisch gedacht. Ihr Verhaltniss zur Vesta. Die Palilia oder Partita (Ovid. Fast. IV. 721 sqq. Virgil. Georg. III. 1. und daselbst die Ausle- wird p. 72. Folgendes raitgetheilt: Description of Anna Puma Devi, from the Annada Cripa. „She is of ruddy complexion, her robe of va- rious dies, a crescent on her forehead 5 she gives suhsistance; she is bent by the weight of hear full breasts ; Bhava, or Siva (as a child), is playing before her, with a crescent on his forehead; she looks at him with pleasure, and seated (on a throne) relieves his hunger; all good is united in her; her names are Annada, Anna Piirna Devi, Bha- vani, and Bhdgavati. u Es folgen vergleichende Ausziige aus Romischen Dichtern. 2) Von H. T. Colebrooke. Dieser liefert in den Bemerkungen liber vorstehende Abhandlung noch folgende Zusatze (ebendaselbst p. 85.): „Anna Piirna Devi, or the goddess, who fills with food, is the benefi- cient form of Bhavdni; and very similar to Lacshmi or the goddess of abundance , through not the same Deity. u Sie sey beschrieben und ihre Verehrung eingepragt in einem von den Tandra's y aber nicht in den Purana's; nur in dem Siva Pur ana komme sie vor, und es fanden sich nieht viele Legenden von ihr. Sie habe einen Tempel zu Benares nahe bei dem von Visweswara. Vielleicht sey Anna Piirna verwandt mit der Annona der Romer. — [S. zu diesem Paragraphen 15. den Nach- trag IIZ.] 1) S. Ovid. Fast. VI. 473 sqq. mit den Auslegern. Einige Hand- schriften und Ausgaben geben Portumnus; wogegen sich Oudendorp zu Appulejus Metamorph. p. 307 sq. erklartj vergl. auch die Anmerk. zu Cic. de N. D. II. 26. p. 311. unserer Ausg. [S. K. 0. Miiller Etrusk. I. p. 198. und II. p. 55 sqq. : „Im Caritischen Hafen Pyrgoi hatte eine Got- tin einen grossen und reichen Tempel, welche bei den Griechen gewohn- lich Leukothea hiess. Strabon dagegen nennt sie Eileithyia und ihren Tempel eine Griiudung der Pelasger (Strabo V. p. 226. Diodor. XV. 14. p. 14.). Es war ohne Zweifel die Italische, seit Servius zu Rom, im Volskerlande und auch sonst noch in Etrurien verehrte Mater Matuta." m» 685 ^ ger *). Silvanus. Zweifelhafter Ursprung seines Mythus. Sein Verhaitniss zum Pan und andern landlichen Gottheiten (Vir- gil. Aen. VIII. 600 sqq. und daselbst die Ausleger). Medi- trina, eine Heilungsgbttin. Ihr Fest Meditrinalia. Formeln dabei (Varro de L. L. V. cap. 3. p. 48 Seal. Festus in voc. p. 234 Dac.). Mutunus Tutunus , ein Latinischer Priapus. Die Nachrichten der strafenden Kirchenlehrer von der Verehrung desselben (Augustin. de Civ. D. VI. 9. Tertullian. ad nation. II. 11.) 2 ). Semones. Begriffe von diesen Wesen (vergl. Ful- Es wird darauf bezweifelt, ob diese letztere eine Seegottin gewesen sey. — Alleiu die Begriffe von Licht und von ; Wasser fallen in ihr und in den ihr verwandten Wesen zusammen; woriiber ich im 4ten Bande 2ter Ausg. und spater in der Sclirift Zur Geschichte der Rom. Culfcur p. 101. Mehreres bemerkt habe. Ueber die Italische und Etruscische Lucina vergl. Inghirami Mon. Etr. II. 120. 290. und passim. — Jetzt hat L. Ca- nina von dieser Gottheit gehandelt, hauptsachlich aber von ihrera Tempel zu Pyrgi, dem Hafenorte von Agylla oder Caere , und von dieser ganzen Gegend Beschreibungen und Risse geg'eben. (S. Pirgi degli Agilei o Ce- riti, in den Annali dell' Inst. Archeol. 1840. Vol. XII. p. 34—44. mit den Tafeln E — F.)] 1) [Andere Mutinus Titinus s. Lactant. I. 20. 36. p. 132. und da- selbst Biinemanns Note. Auf einem Silberdenar der Gens Titia zeigt die Vorderseite ein biirtiges und gefliigeltes Haupt, die Riickseite einen ge- fliigelten Pegasus und darunter die Inschrift Q. Titi. (Vergl. unten zu den Bildern nr. 24.) In jenem Fliigelhaupt wollte Visconti den Somnus Oder Gott des Schlafes erkennen, Andere den Bacchus, Andere den Gal- lischen Mercurius Theutates (s. Eckh. D. N. Vol. V. p. 325.) u. Borghesi im Giorn. Arcad. 1824. Decbr.). Dagegen hat Lenormant (Nouv. Gal. mythol. p. 6.) in jenem Fliigelkopf den Gott Mutinus Titinus nachgewie- sen, welchem die Romischen Frauen opferten, und das Fliigelross der Riickseite mit demselben Symbol auf den Miinzen von Lampsakos ver- glichen, so dass der Gott Titinus als der Schutzgott der Gens Titia er- scheint (s. Th. Panofka Auswahl einiger Weihgeschenke, Berlin 1840, p. 59, mit Taf. IV. 7.). — Sein Heiligthum lag wahrscheinlich auf der summa Velia (s. Ambrosch Stud. u. Andeutt. p. 125. 156.). Von der Be- deutung dieses Gottes handelt audi Hartung Relig. der Romer II. p. 258, mit Beistimmung von Klausen de carmine Fratrum Arvalium p. 64.] 2) Das Scholion zu Persius Sat. I. 72. der Trierer Handschrift sagt: 686 gentius de prisco sermone p. 172 ed. Muncker.). Hierbei Be- inerkung der grossen. Zahl von vergotterten Menschen in der Latinischen Religion. Stammtafel der Seraones (vergl. Span- genberg p. 62.). Picus Faunus (s. oben). Fauna (Fatua, Fatuella ')• ®ehr bedeutsaine Sagen von ihr. Ihr Verhalt- niss zur Bona Dea, deren Nainen Manner nicht einmal wissen durften. Sacra opertanea (Macrob. Sat. I. 12.). Ueber die Bona Dea hat Middleton im Leben des Cicero das Nothige beigebracht. Hiermit verbinde man die Bemerkungen von Matthia (uber Livius etc. p. 21.). Ceres und Bona Dea (s. Dionysos p. 214 sq. und oben im Abschnitt von den Laren). Sterculms , Sohn des Faunus, auch Pilumnus genannt. Die drei Schutzgottheiten der Schwangeren: Pilumnus , Intercidua, Deverra (Augustin. de Civ. D. VI. 9. Dalechamp giebt zu Plinius H. N. XVIII. 3 , wo der Name Pilumnus als Romischer Familienname vorkommt, p. 811 Nachweisungen uber den Gott Pilumnus; vergl. Lilius Gyraldus Hist. Deor. Synt. I. p. 56, wo auch von einem Deus Intercido und einer Dea De- verra die Rede ist, und Coel. Rhodigin. L. XXIV. cap. 6.). DaunuS) Sohn des Pilumnus, und dessen Kinder Turnus und Juturna (Ovid. Fast. I. 160 sqq.). Gotlheiten einzehier Oerter: Majus zu Tusculum; [Maia oder Maiesta, Gattin des Vulcanus, hatte den Mai als den ihr geweiheten Monat Macrob. Sat. I. 12. vergl. Spangenb. p. 66.] Visidianus zu Narni; Delventius zu Cassino; Carna zu Alba (Cardea); die Natio oder Nascio zu Ardea, wo man ihr zu Ehren feierliche Umgange hielt und Opfer verrichtete. Sie ward als die Beschiitzerin der Frauen beim Gebaren ge- ,,Palilia dies sacer in honorem Iliae, quae peperit Remum et Roinuluni, et dicuntur palilia quasi parilia." Anders lauten die alteren Scliplien; s. p. 28.' 187 ed. Achaintre. 1) Servius ad Virgil. Aeneid. VII. 47. Moser zu Nonni Dionys. XIII. 328. p. 278. [ — Vergl. ferner iiber die Semonen Hartung Bel. d. Rom. 1. 41 sqq. und dagegen Klausen de carm. fratr. arvall. p. VI. und p. 62 sqq.] ^ 687 dacht, und davon auch benannt l ) r Sie war also die Lati- nische revsrvkkig. Am Gestade von Minturna, am Ufer des Flusses Liris, hatte eine Gottin einen heiligen Ham, Marica genannt 2 ). Sie ward bald fiir Venus, bald fur die Circe ausgegeben, besonders fur die nach dem Tode vergotterte Circe *). Dass beide Angaben nicht widersprechend sind, sondern auf der gemeinsamen Vorsteliung von dem Zauber- kreise des irdischen Lebens beruhen, kann ich hier nur an- deuten. Durfen wir an den Griechischen Magiy.ag dabei denken, so hatten wir in dieser Itaiiscben Marica auch die Bedeutung der Wollust (Hesych. II. p. 541 Albert.). Der Name Maricane kommt in Etruscischen Aufschriften vor 4 ). — Was aber der Name auch bedeuten mag 5 an ihn war ein Griechisch - Italisches Geschlechtsregister geknupft. das ich ganz kurz tabellarisch beifiigen will: Telemachus w Circe • Satnrnus Latinus s ). Picus Faunus w Marica Latinus 6 ). « ■ 1 , . : ■= ■ ,■ 1) S. Cicero de N. D. III. 18. mit den Auslegern p. 569. and 784. unserer Ausg. und daselbst Moser iiber die Schreibung des Namens. [Der in der kleinern Ausga.be mit Heindorf u. A. p. 205. Nascio aufgenommen hat — vergl. unten zu den Bildern nr. 23.] 2) Serv. ad Virgil. Aeo. VII. 47. Mitschefl. ad Horat. Carmm. III. 17. 7. 3) Servius a. a. 0. Lactant. de fals. relig. I. 21. p. 142 Bunem. 4) Lanzi Saggio I p. 240. II. p. 422. 5) Hygin. fab. 127. p. 230 Staver. mit den Auslegern, vergl. Briefe iiber Homer an Hermann p. 221 sqq. [Die Circe mochten Spangenb. p. 67. Niebuhr R. G. I. p. 94. fiir eine Localgottin von Circeii halten, mit Zu- stimmung von Guigniaut. S. jetzt iiberhaupt Raoui-Rochette Monumm. inedits, Oresteide und Odysseide, und Klausen's Aeneas und die Penaten. Die Italischen Volksreligionen unter dem Einfluss der Griechischen ] 6) Servius a. a. 0. Heyne Excurs. V. ad Aeneid. VII. 45 sqq. Spangenberg de religg. Lat. domestt. p. 65. und Micali II. p. 4l. 688 ^ Auch hatte Latium noch eine grosse Menge Gottheiten, deren Ursprung wir nicht kennen 5 sehr viele Ackergottheiten (Ter- tullian. ad Nat. II. 15.), Geburts- und Todesgottheiten : die Latinischen Parcen, die Morta; Ehegottheiten (Augustin. de Civ. D. VI. 9.) und dergl. Bei der Aufnahme der vielen fremden Gottheiten, die in Latium Eingang fanden , verfuhren die Latiner wie die Etrus- ker$ sie nationalisirten sie durch Namen, durch Frauen aus ihren Gotter- und Heroengeschlechtern u. s. w. Hierbei ein Blick auf die Geschlechtsregister dieser fremden Wesen: Evander und die Nicostrata (Carmenta) mit ihren Beglei- terinnen Porrima (Prosa) und Postverta, in Bezug auf das Geburtsgeschaft , wovon oben. Hercules (s. oben). Aeneas, Vesta (s. oben Cap. VIII. §. 18.). Diana und Virbius. Ety- mologien und Sagen : von Orestes und Iphigenia 5 von Hippo- lytus und Phadra, nebst einem (epos Xoyog und Philosophem (Zoega Bassiril. IX. nr. 49. und die Erklarungen). Bildliche Denkmale: der Priesterkampf zu Aricia. Rex Nemorensis (Reinhard und Sickler Alman. aus Rom 1810.). Der Etruri- sche Janus, der auch von den Latinern aufgenoramen und verschieden gedeutet wurde. Hierbei letztlich ein Wort von dem Dienste der Fortuna (_Tvxij) zu Antium, Praneste und langs der ganzen Latinischen Kuste. Dieser Dienst stammte aus den Samothracischen Religionen 5 wenigstens erzahlte man sich von Etrurischen Cabiren '), die aus Lemnos gekommen seyen, und nannte sie Ceres, Pales, Fortuna (Scholiast. ApoIIon. I. 608. Servius ad Aen. II. 325. vergl. oben). Diese Tyche, Fortuna, ward auch in die Orphischen Systeme eingefuhrt. Noch haben wir unter den Hymnen der Orphiker einen, der an sie gerichtet ist (nr. 72. pi.]); auch im34sten Orphischen 1) Hierhio gehoren die Nachrichten von den Dii Consentes und Cora* plices, nach der Hauptstelle des Arnobius adv. gentt. III. 40. u. daselbst die Ausleger T. II. p. 174 sq. Orelli; woriiber wir schon oben III. Th. p. 18. geredefc haben. 689 ^ Fragment linden wir Andeutungen. Der urspriingliche Begriff dieser Tyche hing mit dem Mondsdienste zusammen, und das Walten uber Ehe und Geburt, die Stellung und Lenkung der Nativitat, waren dabei die herrschenden Ideen. Daher ward diese Fortuna bald mit Ilithyia, bald mit Artemis-Luna, bald mit der Juno verglichen. Auch kam sie bei den Hochzeiten der Alten vor, und es war ganz in diesem Sinne, wenn in Alt-Italien die Genien der Frauen Junones hiessen. Weitere Ausbildung des Begriffs Fortuna und spatere Wendungen die er erhielt. Bildliche Darstellungen dieser Gottin. Be- richte der Alten , zum Beispiel des Pausanias (IV. 30. IX. 16.), des Plutarchus (de Fortuna Roman.). Ein Blick auf die Monumente, bei Montfaucon Antiq. expl. I. 2. tab. 196 — 198, die Fortuna im Museo Pio-Clement. II. tab. 12, auf der bei Heidelberg gefundenen vierseitigen Ara (Acta Acad. Theo- dor. Palat. I. fab. 1. p. 193.) und andere Vorstellungen (vgl. Hirt Mythol. Bilderb. p. 95. und daselbst Tab. XII. nr. 8.); auf Munzen (s. Rasche Lexicon rei num. s. Fortuna) * : auf Gemmen (Wilde Gemm. sel. p. 160.) l ). 1) [Man vergl. jetzt was oben bei der Gottin Nortia im Abschnitt uber Etruscische Culte §. 13. dieser 3ten Ausgabe bemerkt worden.] Die Salischen Priester 1 ). Fragen wir zuvorderst nachfdem Ursprunge dieser Em- richtung, so weisen uns nicht bios offenbare Uebereinstini- mungen mit orientalischen und alt-Griechischen Jnstituten« sondern auch bestimmte Naehrichten der Alten auf Vorder- asiatische, Cretensische , Samothracische und alt-Griechische Institute und Vorstellungen zuriick. Dort war es, wo wir ahnliche Priester unter verschiedenen Namen kennen gelernt haben, und zum Theil im VerfoJg noch kennen lernen werden; Priester, die in ihren Waffentanzen den Lauf der Gestirne und die Bahn der PJaneten zu versinnlichen suchten. Es sind dieSalier, urn hier gleich den rechten Standpunkt anzngeben. die Corybanten, Cureten, Telchinen und Idaer des alten Ita- liens. Der Gott, dem sie sich geweihet, heisst Mars — "^Qrjq 9 der ffrosse Axiokersos von Samothrace, der machtige Be- l) [Incerti auctoris Magisfcratuum et Sacerdotum expositions inedi- tae ed. Ph. E. Huschke, Vratisl. 1829- p. 4: „Sacerdotes salii a saltando dicti, instituti a Numa Pompilio duodecim numero f'uerunt" etc. Darauf die gage von den Ancilien ; wozu man den Herausgeber p. 133. uachlese 7 der unter Anderm bemerkt, dass die Salier sonst immer bios Salii, ohne den Zusatz sacerdotes, heissen, jedofch zugleich an saliae virgines erin- uert. — Ueber sie vergl. man jetzt auch Inghirami Hooumm. Etr. III. 271 sqq., Hartung ifcel. d. Rom. II. 163 sqq. und Ambrosch Stud. u. An- deutt. p. 54. und passim bis p. 193.]j 691 fruchter and Bcsaaracr der Erde, der Anfanger and Zerthei- ler der Zeit. Der mor^enlandische Ursprang dieses Priesterordens ver- ralh sich, vvie bemerkt, ferner in Namenserklarung and Sage. Polemo (bei Feslus s. v. p. 474 Daccr. [|>. 213 sq. Egger.]) leitet den Namen von einem gewissen A readier oder (nach Plutarch. V. Num. 13.) Samoth racier Salius her, welchen Aeneas rait sich nach Italien gefuhrt. wo er die Italische Jugend den Waffentanz gelehrt; ein Zeugniss, das einen neueren Forscher veraniasst hat, die Salier fur eine Anord- nung des Evander aus Arcadien anzugeben '). Critolaus 5 ebenfalis bei Festus, verweiset an einen Samothracier Saon, welcher mit Aeneas die Penaten nach Lavinium gebracht. Doch bedeutender als diese einzelnen Angaben bleibt das Urtheil des gelehrten Dionysius von Haiicarnass 2 ). Er nennt die Salischen Priester Choreuten, welche die bevvaffneten Gotter besingen QXogevrai Tive.g elot xal v^v^ral tojv £vq- -jtkiajv dstiiv), and iintlet kein Bedenken , den Namen Salii geradezu durch das Griechische Kovqjjtss, Careten, zu uber- setzen , welches Wort die Griechen zwar von dem Alter, von xovqo$ 9 Jungling, herleiteten, wahrend die Homer dieseiben Priester nach der Bewegung, die sie machen, oder vielmehr nach dem Tanzen oder Heigen (salire). Sain nannten 3 ). Die 1) P. Bianchini bei Gutberleth de Saliis cap. III. in Poleni Supplem. Tlies. Antiqq. VoJ. V. p. 793. Dort finden sich alle Stellen der Alten after die verschiedenen Ableitungen des Namens Salii angegeben. Die gew obnlichste leitet ibn ab von satire, tanzen, biipfeu, mit Bezug auf die Tanze, welche diese Marspriester auffiihrten. Vergl. audi Lanzi Saggio d. L. Etr. II. p. 139. 2) In der Hauptstelle Antiqq. Roram. II. p. 129 sq. Sylb. p. 384 sqq, Reisk. cap. 70. 71. 3) Kat tloiv oi JSdltoi, xaxa yovv %i\v l^v yvwotv f c Ehtyi>iH(p ps&sQf/r;- i fv&tvveq ovofiurt KovoyTsq , vrp' rjfjwv pkp ano tjj? tjhxiaq ovrioq aivo^cta^'ot rraou rovq xovgovq' vno dh Po)fiaio)v , ano tjjcj ovvtopqv xwrjaewq' to yag £|a>U IfO&aC rt xal nqdifv occAIoe vtc* v.lxwv )Jyerat. — d lutu vov r&v Tirtkwwv (.trjvior ug'i&uo'v. Also Vor- 694 m was sich bis gegen das Ende der Republik hin erhalten zu haben scheint. Seine Eltera. Vater und Mutter mussten beide zur Zeit der Aufnahme noch am Leben seyn. Die Salier zeichneten sich aus durch eine bunte, gestickte Tunica ( tunica picta — %ixwv nor/.ikoq) nach Dionysius; ihr Haupt deckte eine spitz zugehende Miitze, welche rait einem Helme viele Aehnlichkeit hatte, apex genannt; oder es war verhullt nach Gabinischer Sitte. So sehen wir sie, die Anci- lien einhertragend , auf unserer Tafel LVI. nr. 4. [2. Ausg.] (yergl. Erklanmg p. 62.} und bei Gutberleth de Saliis cap. 17. p. 123. Aehnliche Vorsteilungen nach Miinzen. s. ebendaselbst cap. 11. p. 707 sqq. Dort sind auch die weiteren Angaben iiber den Fund, fiber die ZahU Geslait und Beschaffenheit der heiligen SchiMe einer naheren Betrachtung gewurdigt 1 ). steher oder Meister nennt sie Johannes. Man wird sich dabei erinnern, dass in mauchen Griecliischen Kepubliken auch der Gberpriester nQviaviq war und hiess. 1) Man wird nicht ervvarten, dass ich hier in die einzelnen Sagcn und Angaben iiber den Fund, iiber die Gestalt und Beschaffenheifc der Ancilien, iiber die beim Herumtragen und Niederlegen derselben ublichen Cariinonien , dann in die verschiedenen Etymologien iiber das Wort sel- ber eingehe, da diesen Punkten Gutberleth in der angefiihrten Schriffc mehrere Capitel (besonders cap. 12 — 14 incl.) gewidmet hat. Hauptstel - len bleiben immer Dionysius von Halicarnass II. p. 130. cap. 71. und Plutarchus in Nunia Pomp. cap. 13. Dabei vergleiche man die nach Au- gustini copirte Abbildung der Ancilien auf unserer Tafel LVI. nr. 4. [2ter Ausg.] — Hier will ich nur noch einige Worte iiber Costume und Attribute der Salier und deren muthmassliche Bedeutung beifiigen. Auf dem bekannten silbernen Gefass von Chiusi bei Dempster T. I. tab. 77. und bei Lanzi (Saggio tav. XIV. nr. 4.) koinmen tanzende Figuren mit Helm und Schild vor. Passeri wollte deswegen Salier erkennen. Lanzi aber T. II. p. 503. widerspricht ihm mit Recht, denn sie haben keine Ancilien, wie auf unserer Tafel und bei Lanzi Tav. VIII. nr. 1. derglei- chen vorkommeu, wo dieser Gelehrte auch den Etrurischen Saliern die Ancilien beilegt. Auf jenem Gefass sind es wahre Argolische Schilde, gleich dem auf unserer Tafel XLII1. [2ter Ausg.] Aber ein Kleidungs- stuck .. das wir oben als Ornat im Dienste der Argivischen Juno ange- ♦ 695 Der Gott selber , dessen Priester und Diener seit Numa's Anordnung die Salier sind. heisst, wie bereits angemerkt worden, Mara, und zwar Mars Gradivus , ,.a gradiendo in bella" 1 ), ein Kriegsgott, der zwn Kampfe eiit mit raschem, troffen habeu, die tebeuna {vrifavvu) oder die purpume Toga, legt Dio- nysius den Saliern bei (A. R. II. 70. p. 385. vergl. oben III. Th. p. 246.). Dass in den Religionen der Argivischen Juno , der Venus und anderer Landesgottheiten der Schild und Schildkampf sehr bedeutend war, ist bereits von mir bemerkt worden; und wir diirfen nicht zweifeln, dass der runde und glanzende Argolische Schild in gottesdienstlichen Ge- brauchen als ein Symbol der Sonne genommen worden. Man weiss, dass die Colonie des Pelops Phrygische und Lydische Gebrauche in die von ihm genannte Griechische Halbinsel gebracht hat. Nun ver- gleicht Dionysius (A. R. II. 71. p. 388 sq. Reisk.) und unterscheidet doch auch wieder die Ludiones CAvdtavuq^ mit und von den Saliern. Ihr reli- gioses Spiel leitet derselbe von den Saliern ab (ebendas.; was Lanzi nach seinem System freilich auf die Etrusker bezieht a. a. O.). Vielieichfc war also jener runde Argolische Sonnenschild Lydiscken Ursprungs. Was fur einen Ursprung die Ancilien hatten, will ich nicht bestimmen; aber die Sage, dass eins vom Himmel gefallen, die Zwolfzahl dabei, so wie endlich die ganze Analogie der Chortanze mit den astronomisch-mhni- schen Tanzen Asiatischer, Cretischer und Samothracischer Priester, er- lauhen die Vermuthung, dass auch diese Schilde eine astronomisch-kalen- darische Bedeutung gehabt, Auch lesen wir beim Johannes dem Lydier, dass die Salier nach der Zahl der Italischen Monate den Janus besun- gen haben (s. v other). t) S. Festus s. v. p. 164 ed. Dacer. : v Gradivus Mars appellatus est a gradiendo in bella ultro citroque, sive a vibratione hastae, quod Graeci dicunt KQaSutvuv, vel, ut alii dicunt, quia grauiine sit ortus, quod interpretatur , quia corona graminea in re militari maxiraae est honora- tionis. a Der dort in der Note angefuhrte Servius zu Virgils Aeneis 10. 35. giebfc noch mehrere Erklarungen dieses Namens an , und setzt dann hinzu: NonnulJi eundem Solem et Vulcanum dicunt, sed Vulcanum gene- ris esse omnis principem, Martem vero Romae tantum stirpis auctorem* [Vergl. Serv. ad Aeneid. I. 296, woraus ich die Unterscheidung aushebe: „Mars, cum saevit, Gradivus dicitur, cum tranquillus est, Quirinus. u Jetzt muss iiberhaupt Klausen de carmine frafcrr, arvall. p= 36 sqq, ver- gliohen werden ] 696 schnellem Schritte. 80 sieht man ihn auch auf Komischen Miinzen dargesteHt l ). Sein Fest fiel auf den ersten des ihm geheiligten und nach ihm benannten Monats Martius. Wir niussen namlich hier an das al teste Jlomische Jahr denkeiu welches mit dem Marzsnonat begann (vergl. Cicero de Legg. II. 21.}$ wofur erst spaterhin Numa den Januarius, den Monat des Janus (\vovon oben), einsetzte 2 ). Mit dem ersten Mar/, feierte also der alte Homer des Jahres An fang 3 ); die Salier uihrten ihre Waffentanze auf, und sangen ihre Lieder (Ovid. Fast. III. 259 sqq.) Auf denselben Tag *) feierten die Matronen das Fest der Matronalia, ein blosses Frauenfest, wobei jedoch Alles auf die t) S. Gutberleth de Saliis cap. 4. p. 795. a. a. O. — Nach einer Stelle des Servius zu Virgils Aeneis II. 325. sollen die Salier Priester der von Dardanus nach Troja und von hier durch Aeneas nach Rom ge- brachten Gotter oder Penateu seyn : „nam et Samothraces horum Peaa- tiurn Antistites suos (Gutberleth lieset hier Cues) vocabant, qui postea. a Romanis Salii appellati sunt. Hi enim sacra Penatium curabant* quos tarnen Penates alii Apollinem et Neptunum volunt" cet. 2) Ueber das Romische Jahr s. Petavius de Doctr. Tempp. II. cap. 74. Ideler iiber die astronomischen Untersuch. der Alten p. 349 — 356. vergl, Ovid. Fast, II. 47 — 54, wo schon Gierig diese Stellen nebst Macrobius Saturn. I. 13. angefiihrt hat. S. auch Gierig zu Ovid. Fast. III. 155. [Zu dem, was im ersten Theil p. 175. 2ter Ausg. iiber den Romischen Fest- Cyclus angefiihrt wordeu, fiige man jetzt hinzu: Gull. E. Weber Dissert. de hudorum statorum et vice anniversaria redeuntium apud Romanos ordine. Bremae 1836. und Fest- und Geschichts- Kalender des Romischen Volks, von der Erbauung der Stadt Rom bis zum Ende des west*-rdmi s?chen Reiches, von A, Scheiffele. I. Heft. Ellwangen 1840 ] 3) Tibullus III, 1, l. Martis Romani testae venere Kalendae Exoriens nostris hie fuit annus avis. 4) S. Th, Dempsteri Calendar. Rom. in Graevii Thes. Antiqq. Romin. Tom. VIII. p. 116 sq, Ueber das Fest selber s. Ovid. Fast. III. 167—258. mit den Erliiuterungen von Gierj^, womit uocb Job. Lvdus de meuss. p. 76. zu verbinden ist ^ 697 ^ neue Zeit, auf des Jahres Anfang hindeutete. Man hing in den Tempeln frische Blumenkranze auf, auf dem Altar der Vesta wurde das Feuer ausgeloscht und ein neues angezun- det. Dabei betete man zur Juno Lucina una Fruchtbarkeii und Ehesegen. Manner erhielten Geschenke von ihren Frauen j und damit jedes Glied der Familie der festlichen Feier des Tages recht inne werde, wurden Bohnen dargereicht und ge- gessen. Dies ist die eine Seite des Festes, welches dem neuen Jahre, dem neuen Erwachen der Natur und ihrer Krafte, den Hoffnungen des neuen Sevens, im Felde wie iin Hause, gewidmet war l J. Die andere Seite ist martialisch in dem andern und uns verstandlicheren Sinne. Es sind die Vorspiele des Feldzugs. Diese begannen, nach alter Volkersitte. wann die Felder griinen und Ross und Mann unter freiem Bimmel ausdauern kann. Darum fangen, am ersten Tage des Marz, die Priester des Jahresgottes , der die Zeit wie den Katnpf eroffnet, ihre Waffenubungen auf dem Marsfelde (Campus Martius) an 5 es verherrlichen ihn die Salier durch Waffen- tanze, mit den Ancilien herumziehend in der Stadt, die seine Sohne, ein mavortiscb.es Geschlecht, gegrundet; sie schlagen an dieselben, schutteln sie gleich den Cureten, und fiihren in ekstatischer Stiminung unter Gesang ihre Reigen auf. Die Hymnen, die sie dabei absingen, enthalten das Lob der unsterblichen Gotter und ausgezeichneter Sterblichen. vvelche durch ihre heroischen Thaten sich den Lohn erwor- ben, nach ihrem Tode neben den unsterblichen Gottern in den Gesangen der Salier verherrlicht zu werden. Leider hat uns die Zeit auch diese Gesange, so ehrwiirdige Denkmale alt - 1) Man vergleiche auch das Bild des als Gott geschmiickten Monads Marz in dem VIII. Bande des Thes. Antiqq. Romm. von Graevius, u»»rf zwar die Tafel zu fol. 98. nebst p. 105. Es ist ein kraftiger Mann in eilendem Schritte, lialb nackt , uni die Lenden mit einein Wolfsfell um - giirtet, vvelcher mit der einen Hand eiuen briinstigen Bock halt. Neben- an ein Milchgefass, griinendes Kraut und eine Schwalbe — lauter Zei- chen des Fruhlings, der neueu Ueberfluss bringen wird. 698 Italischer Religion, entrissen; sie sind sammtlich. einzelne Bruchstucke ausgenommen , untergegangen *). 1) Diese Gedichte, welche die Salier absangen, hiessen Axamenta : s. Festus s. v. p. 46 Dacer. „Axamenta dicebantur carmina Saliaria, quae a Saliis sacerdotibus componebautur (besser lesen Andere cane- bantur) in universos homines (composita). Nam in deos singulos versus facti, a nominibus eorum appellahautnr, ut Janvalii, Junonii, Minervii.'' S. Gutberleth de Saliis cap. 19. p. 727 sq. Ebenderselbe hat cap. 21. p. 730 sqq. eine Sammlung der aus diesen alten Gedicbten vorbandeneu Ueberbleibsel veraustaltet, theils aus kleinen Satzen , theils aus blossen einzelnen YVortern bestehend, welche sicb aber durch gaoz alterthumli- ches Wesen und Ausdruck auszeichnen. Mit Gutberleths Sammlungen muss nun durchweg Marini' s Werk Atti e Monumenti de' fratelli Ar- vali verglichen Werderij denn da der Salischen Gesaage bei deu Alten so oft, der Arvalischen aber gar nicbt gedacht wird, von welchen letz- teren die Inschriften doch so merkwiirdige Ausbeute liefern , so ist es wahrscheiulich , dass uuter den Salischen Liedern die der Arvalischen Briider mitbegrhTen sind (Marini II. p. 597.). Die alte rohe Versart, die man die Saturninische nannte, war diesen Liedern ohue Zweifel urspriing- lich eigen (Servius ad Virgil. Georg. II. 384 sqq. vergl. Marini p. 596J. Zu deu Gottheiten , deren in diesen Bynmen gedacht wird (Marini a. a. O.), miissen wir nach dem Zeugniss des Johannes aus Lydien (p. 56. [p. 146 Roth.]) auch den Janus rechneu. YVeun Menschen nach ihrem Tode in einem Saliarischen Hymnus erwahnt wurden , so konnte dies fiir eine Art von Apotheose gelten. So begehrte das Romische Volk nach dem Tode des Germanicus, „dass sein Name im Saliarischen Liede ge- sungen werden solle a („ut nomen ejus Saliari carmine caneretur" Tacit. Annul. IT. 83. und daselbst Lipsius; vergl. auch Marini a. a. 0.). Die altesten Italisehen Heroen und Beroinen , die diese Ehre genossen, vraren Mamurius Veturius (wovon nachher). Mania der Laren Mutter und Lucia Volumnia (Marini). Diese Lieder wurden spaterhiu fiir sehr unverstand- licii gehalten (Quiuctilian. Instilut. Orat. I. 6. 40. p. 107 Spalding. „Et Saliorum carmina, vix sacerdotibus suis satis intellecta" mit Spaldings Note). Die Saliarischen reiclien Mahlzeiten (dapes, epulae Saliares) sind aus Cicero (Att c. V. 9.) und Horatius (Carm. I. 37. 2 sqq.) be- kannt. Audi kommeii Mahlzeitcn der Fratres Arvales vor (s. tab. XXIII. „ad peragenduai sacrificium per Fratres epulantes" cet. vergleiche Ma- rini pag. 204. 590. und Fea zimi Horatius Carm, IV. 5. 34. pag. 172 sq. fd. Both.). 699 Der Sinn dieser ganzen Feier, so wie die Grundidee, wird uns nun hoffentlich nicht mehr fremd seyn. Mars ist hier genomraen als Anfang aller Dinge, als erster Zertheiler des Chaos, der die Zeit bringt, der darum das kleine Jahr beginnt, wie er das grosse Weltenjahr begonnen, als gros- ser Naturgott, als Besaamer der Erde, aber auch als erster Streiter und Kampfer, Axiokersos nach Samothracischer Lehre$ welcher, als der trennende, als der Krieger, gegat- tet mit Axiokersa (Venus) *), der verbindenden , nun erst die Weltordnung hervorbringt , und zum Weltvater und Fruchtbringer wird. Ich habe diese Ideen ira Vorhergehen- den ausfuhrlich zu entwickeln Gelegenheit gehabt, die uns nun hier, in den alt-Italischen Religionen, wieder begegnen. Diesem machtigen Naturgotte Mars, durch den jedes Jahr iin Fruhlinge das neue Leben beginnt, feierte der Romer mit den oben beschriebenen Carimonien am ersten Marz das Fest des neuen Jahres, ein Fest, das durch Anspielungen auf Fihesegen und Befruchtung, wie durch Waffengerausch und Kriegsgetiimmel, sich bemerklich machte. Diesel be alt-Itali- sche Vorstellung von Mars als Naturgott spricht sich in einem alten Liede der Arvalischen Bruder, welches an dem landlichen Feste der Ambarvalia, den 29. Mai, abgesungen wurde, gut aus. Mars wird hier in dreifacher Benennung neben den Laren und Semonen oder Landgottern angerufen, ich frige es daher hier bei: Helfet uns Laren! Lass, Marmar, keine zerstorende Seuche Unsere Saaten verderben! Verleihe, Mars, dem Korne Heil! Hemme, Ares, jede Pestluft vom Meere! Rufet abwechselnd alle Semonen an! 1) Daher war in Rom der April, der zweite Monafe des Jahres, welcher aut* den Marz unmittel bar folgt, der Venus geweiht; s. Ovid, Fast. I. 39. i|tid dqrt Gierig. Auch du ? Mamurius *), hilf uns! Zum Jubel! Zum Jubel! 2 ) 1) Nach der Legende war der Name des Mamurius aur Belohnung seiner Kuust, womit er die ubrigen Ancilien gemacht, ans Ende des Salierliedes gesetzt wordenj s. Ovid. Fast. III. 259 sq. 385 sqq. vergl. Marini Arvall. II. p. 597. [vergl. oben §. 4 5 wofiir jedoch Hartung und Klausen im vorletzten Vers Marmor (Marmar) d. i. Mars gesetzt haben. S. Letztern de carm. fratrr. arvall. p. 29 sq.] 2) Aus Lauzi Saggio Tom. I. p. 142. vergl. Marini's Atti Arvall. p. 600 sqq. und oben §. 4. Deutsch bei Thorlacius in den popularen Auf- satzen, das Griechische u. s. w. Alterthum betreffend, iibersetzt von Sander, Kopenhagen 1812. p. 205. §. 17. Allgemeine Betrachtung der Religionen des alten Italiens. Werfen wir einen Blick auf die Religionen Italiens und vornehmlich Roms zuruck. Es fuhren uns die Berichterstatter selbst zu dieser allgeoieinen Betrachtung. Dass auch dort Orgiasinus und Phallusdienst nicht ganz unbekannt waren, ist bereits bemerkt worden. Auch die Volkssage hat Einiges davon aufbehalten, das obscon heissen muss, wenn man die Aussenseite ansieht, z. B. die Erzahlung von der Schwan- gerschaft der Konigin Tanaquil beim Arnobius (adv. gent. V, 18. wo Elmenhorst p. 300 Orell. noch die ausfuhrlichere Stelle des Dionysius von Halicarnass IV. init. p. 207 Sylb. anfuhrt) und der mythische Zug vom Volumnius ? im Fragment des Varro (beim Nonius in voc). Es ware ein grosser Missver- stand, wenn man diese und ahnliche Ueberlieferungen mit jenen epischen Gbttergeschichten des Hellenischen Anthropo- morphismus verwechseln wollte. Von dieser mahrchenhaften Geschwatzigkeit, von dieser kinderleichten Fasslichkeit war der religiose Sinn des alten Italiers am weitesten abgewandt. Diese Gerechtigkeit iasst selbst der Grieche Dionysiusf den Romern widerfahren. In einer auszeichnungswerthen Stelle £ Antiqq. Romm. II. 18 sq. p. 273 Reisk.) gedenkt er der Weisheit der religidsen Einrichtungen des Romulus, und zeigt den grossen Vorzug der alt-Romischen Religion vor der Grie- chischen. Jene habe ihre Tempel, geweihete Oerter, Altaic Gotterbilder und Symboie: auch iehre sie von den Kraflen -mr 702 't- will Wohlthaten der Gotter gegen das menschiiche Geschiecfat; auch feiere sie Feste, Opfer, habe gottesdienstliche Versamm- lungen, Ruhetage und Gottesfrieden mit den Griechen gemein. Dagegen die von diesen uberlieferten Mythen, mit alien den blaspheniischen Ziigen von Gotterkainpfen , Verstummelungen, Wunden, Tod, Gefangenschaft und Sklaverei der Gotter, habe die Religion der Homer sammt und sonders ausgestos- sen l ). Versteht man diese Stelle, nach ihrem Zusammenhang, von dem urspriinglichen Geprage alt-Romischer Religion, so enthalt sie eine durchaus richtige Zeichnung des eigenthiim- lichen Charakters, der den alten Romergiauben kenntlich macht. Die Romer nahmen grosstentheils die Pelasgischen Religionen auf, und bliefoen lange Zeit dabei. Es war eine Zahl alter Gottheiten, die man in der Circensischen Pompa aufzufuhren pflegte (Dionys. Antiqq. VII. 72.). Hiermit uber- nahmen sie zugleich gewisse uralte, sehr bedeutsame Ge- brauche, die Augurien, die Extispicien und ahnliche$ Dinge, die in Griechenland ziemlich fnih in fast allgemeine Verges- senheit kamen , wohlbemerkt im offentlichen Dienste. Dort wurde durch das grosse Ansehen des Homerus und Hesiodus der episch gewendete und ausgesponnene Mythus im National- dienste herrschend, und auf den Ruinen des alten tieferen Ahnens und Glaubens erhob sich die sinnliche Herrlichkeit dieses menschlich-kiaren Olympus. In Etrurien und Rom hin- gegen gevvann das poetische Element in dem offentlichen Glauben niemals diesen Sieg fiber das mystische, weil Dichter und Kiinstler niemals fiber die im Schoosse einer ernsten Prie- sterschaft ruhende Staatsreligion jene grosse Gewalt ausubten. 1) In derselben Stelle (II. 21. p. 278.) verdient der Tadel des Dio- nysius besondere Aufmerksamkeit, der diejenigen trifffc, welche die Prie- steramter dem Loose uberliessen, oder sie vvohl durch offentlichen Ausruf versteigern liessen j im Gegensatz gegen das ftoinulische Verfahren , der fiinfzig Jahre alte, durch Uerkunft uild gut en Charakter (yivu nal ctQevfj) ausgeaeiclniefee Manner aus den Curien , aus jeder zwei, habe erwahlen lasseu. 703 Jene hohen und strengen Geister Etruriens waren durch den Zaubergiirtel des lonischen Epos riicht zu fesseln. Ihr Blick drang uber die engen Granzen des menschlichen Olympus in die Tiefen des Himmels und der Erde. Jene frommen, wiir- digen Vater des stilien, milden, sinnigen Latium waren durch die bewegliche Phantasie Heilenischer Abden dera heimathli- chen Kreise der vaterlichen Religion nicht zu entrucken. 11 un- der t und siebenzig Jahre iang diente der alte fromme Homer seiner Gottheit, ohne der Bilder zu bediirfen *). Und auch 1) Plutarch, in Numa cap. VIII. §. 4. p. 65 B. p. 287 Leopold, vergl. Augustin. de Civ. D. IV. 31. — Es ist mir nicht unbekannt, was fiir Zweifel Heyne (Opuscc. acadd. II. p. 71.) gegen diese Darstellung der alt-Romischen Religion erhoben hat. Aber dem trefflichen Manne fehlten dazumal diejenigen urkundlichen Hiilfsmittel die uns jetzt auf einen ganz andern Standpunkc erheben, eben den, worauf ich in diesem BuChe raeine Leser zu ftihren suche. Sodann vergesse man doch nicht, dass von die- sen wurdigeren Charakterziigen jener altvaterischen Religiositiit der Homer Mehreres auf Rechnung der Einfalt ihrer Sitten fiillt, und mithin manches Ruhmliche der Art negativer Natur ist. Der gelehrte Posidonius giebt uns dariiber, meines Bediinkens, recht bedeutende Fingerzeige, wenn er (beim Athenaus VI. p. 274. p. 548 sqq. Schweighaus. vergl. Posidonii Rhodii Reliquiae p. 169 sqq. ed. Bake) von den alteren Romero sagt: „Herk6mmlich war bei ihnen Ausdauer und einfache Lebensweise und ein einfaltiger ungesuchter Genuss ihrer Giiter, ingleichen eine be- wundernswerthe Verehrung gegen die Gottheit (ttt tvotftia ^avfiaav^ negl to daipovtov) ? auch Gerechtigkeit , sehr viel Enthaltsamkeit in Betreff der Beeintrachtigung anderer Menschen, verbunden mit der fleissigen Betreibung des Ackerbaues." — Darauf folgen mehrere Angaben im Ein- zelnen, deren Summe darauf hinausliiuft, dass die alten Romer auch in religiosen Dingen einfach auf dem gewiesenen und abgesteckten Wege gebliebenj worauf am Schlusse der Gegensatz folgt: „Wir hielten es fiir abgeschmackt, den Gottern Gaben feierlich darzubringen nacli der Vater und des Vaterlandes Brauch, uns selbst aber Din^e vorsetzen zu lassen, welche man aus der Fremde liereingebracht. Also wird was wir an uns wenden nach dem Nutzen bestimmt, was wir aber den Gottern anbieten, sind einige Erstlinge davon." — Den grossen Einfluss des Landlebens auf die alt-Romische Religion wird Niemand verkennen. Neuerlich hat Doruseiffen (Vestigg. vitae nomadicae in morr. et legg. Romm. conspicua, 704 ferner noch, nachdem bereits Idole in den heiligen Nischeit Platz genoinmen., behielt er im grossen Dienste der hohen Vesta das Angedenken an das alte Gesetz. Fortan geniigte ihm in ihrem stillen heiligen Hause die lodetnde Flamme des reinen Feuers . ohne Bild und Abzeichen. Und wenn im Erd~ beben das geheimnissvolle Walten der dunkelen Krafte sich schrecklich verspuren liess, dann hielt sich des Romers Ge- muth in diesem dunkelen. ahnungsvollen Gebiete, und betete zu keinem bestiniinten, zu keinem bekannten Gotte l ). Ware er bei diesem Glauben der Vater geblieben, hatte er ferner- fort seine Triebe nnter der bindenden, heiligenden Gewalt, Religio genannt 2 ), gefangen gehalten, ware er nicht fremden Gottern nachgelaufen , hatte er es nicht vorgezogen, seine Aussenseite Hellenisch zu bilden und zu glatten, so hatte aus der alten, geheimnissvollen 5 naturdurchschauenden, ernsten, sittlichen Religion , nach der Bemerkung eines grossen Schrift- stellers (A. W. Schlegels, uber dramat. Kunst und Literatur II. p. 21.) , aus dieser tiefen Wurzel religios gegriindeter Traj. ad Rhen. 1819. cap. 2. §. 10. p. 53 sqq.) in Betreff der Opfermittel uud Opferanstalten einige besondere Spuren nachzuweisen gesucht, [ — Aber derselbe Verfasser hat andrerseits Manches iibertrieben und den ganzen Gegenstand sehr einseitig aufgefasst. Die Erinnerungen an die Einfachheit altvaterlicher Sitte und Lebensart spiegeln sich ab in Volkssagen, z. B. von der Tanaquil oder Gaia Caecilia (Festus p. 48 sq, p. 96 ed. Egger) und in verschiedenen Ziigen, die uns von den Schrift- stellern erhalten worden. (Vergl. Plin. H. N. VIII. 74. Juvenal. Sat. VI. 289. mit den Auslegern u. K. O. Miiller Etr. I. 238 sq.)] 1) Gell. N. A. II. 28. Natiirliche Ursachen der haufigen Erdbeben im alten Rom finden wir bei den Alten audi bemerkt. Man fiige jetzt dieExcerpte des Dionysius Halic. XVI. 10. p. 91 ed. princ. Mediolan. hinzu. 2) [Ueber dieses Wort ist neulich eine ausfuhrliche Untersuchung eingeleitet worden in der Schrift: Notio vocis Religionis Romaua — Liber primus ed. G. H. J. Ph. Volkmar Marburgi 1838. Doderlein sagt im Hudb. der lat. Etymologie p. 155: „religio, relligio die Gevvissenhaftigkeit — von re, red und uteytiv, sich urn etwas kiiinmeru. wie diligentia und uegligentia."] 705 n*» Nationalist auch eine Kunst erbluhen, eine Tragiidie sich herausbilden konnen, die ihren eigenthiimlichen Geist und Werth iiber Zeiten und Volker hinaus behauptet hatte, statt dass wir jetzt oft vergebliche oder halbgelungene Bestrebun- g;en in einera fremden Gebiete bedauern mussen. Einen noch empfindlicheren 8toss erlitt dadurch das Gewissen des Alt- glaubigen , wahrend den Neuerungssuchtigen mit dem leicht- fertigen Inhalie Hellenischer Gottergeschichten eben recht gedient war Doch auch in Griechenland hatten edlere Geister fortdauernd etwas Anderes gesucht und gefunden. Wenn dem flacheren Sinne diese bunte, helle, Jaute Gotter- welt geniigte, so fluchtete der ernstere, tiefere Mensch sein reiferes Denken und sein heiligeres Gefuhl in den Schooss der Mysterien. Diesen Vereinigungspunkt fiir wiirdige hohere Naturen hatte die Vorzeit gestiftet, und alte Priestergeschlech- ter hatten ihn mitten unter dem herrschenden Anthropomor- phisms in Griechenland zu behaupten gewusst. Jene Insti- tute wurden nun auch fur den Romer in einer truben Zeit von Zerruttung oder Knechtschaft eine Freistatte, wo die stre- bende Seele Aufrichtung und Heilmittel fand. — Diesen neuen Kreis von Lehren und Biidern wollen wir im vierten Buche zu beschreiben suchen. 1) Dieser Kaltsinn gegen die Religion der Vater, diese Verachfcung der alten Einfalt, der altreligiosen Sitten und Denkart, muss aucli als eine Hauptursache von des Romischen Staats Verfall angesehen werden 5 wie dies mehrere Stellen des Dionysius besagen: Antiqq. Romm. II. 6. p. 248 sq. Reisk. 11. p. 260. 14. p. 265. 24. p. 284. 34. p. 308. 74. p. 398. III. 21. p. 464 sq. V. 60. p. 989. VII. 35. p. 1389. VIII. 37. p. 1592. X. 17. p. 2033 sq. §• 18. Die Palilien und Rom die ewige Stadt. Wir haben so eben den Einlluss des Landlebens auf die Religion der a!ten Roiner beruhrt: und so werden wir uns nicht wundern , mit einem Hirtenfeste die Feier von Roms Grtin- dung verbunden zu sehen 1 ). Es war das Fest der Pales, oder die Palilien. DerGottheit, der es gewidmet war, muss- ten wir schon oben bei der Pallas gedenken; wo wir in ihr ein mysterioses Wesen gefunden, zweifelhaften Geschlechts, bald grosse Mutter bald Vesta genannt, aber gewiss dem Kreise der Phallusgottheiten angehorig — dass ich so spreche: eine Italische Bhavani oder, was dasselbe sagen will, eine Gottheit , die das Leben giebt und erhalt 2 ), Den Italischen 1) Im Zusammenhang mit dem alt-R6mischen Hirtenleben beriihrt audi Dornseiffen in den Vestigg. vit. nomad. Romm. Cap. II. §. 6. p. 48 sq. dieses Fest. 2) S. oben. [— Martian. Capella I. 50. p. 96 Kopp : „Vos quoque Jovis filii, Pales et Favor" etc.; wo also Pales, wie unter den Tusci- schen Penaten, mannlich erscheint. Vergl. K. 0. Miiller Etr. II. 130. Derselbe bemerkt vorher II. 8S : „Pales muss man wohl als ein mann- weibliches Wesen denken, da man doch den und die Pales schwerlich als ganz verschiedene Wesen trennen kann. Pales als Weib gehorte, wie die Palilien beweisen, zu den alten Schutzgottheiten Roms, deren Sacra spater obsolet und dunkel geworden waren." — Wenn dagegen Hartung Rel. d. Rom. II. 148. verachtlich von einem Zwitter spricht, dessen gleichen im Romischen Olymp sich nicht f'sinde, und einen bios 707 Hirtenvolkern war sie nun insbesondere Schutzgottheit iind Mehrerin der Heerden und ihrer Huter. Daher man auch der andern Nainensform des Festes, Partita , die Deutung gab. dass dasselbe vora gebaren, par ere , benannt worden *). Die Umstande dieses Festes rait den daran gekniipften Legenden wird man wohl am Jiebsten beim Ovidius selbst nachlesen, welcher bekanntlich diesen Theil der altvaterischen Religionen seiner Landsleute mit besonderer Liebe und nicht ohne Sinn fur die Einfalt des alten Hirteniebens geschildert hat 2 ). Die wesentlichen Ziige, die er uns hauptsachlich davon aufbehalten, stellen uns ein Suhnfest der Heerden und Hirten sinnlich vor Augen; und da das Anzunden von gros- sen Feuern 3 ) mit allerlei Abwendungs- und Bannungsformeln dabei wesentlich war, so haben bereits andere Alterthums- forscher mit diesen Palilien die Feuer zu Ehren der Ostera oder die Maifeuer der alten Deutschen verglichen 4 ). Ueber den Ursprung und ursprunglichen Sinn der Palilien druckt sich Dionysius mit Vorsicht aus: ,,0b sie (die Romer) aber, sagt er, diesen Tag schon fruher wegen der damit mannlichen Hirtengott Pales anerkennt, so mag er das selber verant- worfcen.] 1) S. die Ausleger zu Virgil. Georg. III. 1. Ovid. Fastorr. VI. 677. 820. Plutarch. Romul. cap. XI. p. 42 Coray. p. 110 sq. und daselbst Leo- pold. Im Dionysius Halic. I. 88. p. 229 Reisk. lieset man seit Sylburg Ilaktha statt naqavtalia; und IlaXtXia oder Ilaqthu (denn beide Formen sind gebrauchlich) will auch Coray in Plutarch's Romulus cap. 12. fiir naXr\ha gesetzt wissen (s. dessen Note Vol. I. p. 370.); ersteres hat Leopold in den Text aufgenommen. 2) Fast. IV. 721 sqq. 3) Ovid. a. a. O. 781 sq. Moxque per ardentes stipulae crepitantis acervos Trajicias celeri strenua membra pede. Vergl. vs. 727. 805 sq. 4) S. die Ausleger zu Virgil. Georg. Iff. t. und Niebuhrs Rom. Gesch. I. p. 156 sq. [p. 250. sq. 3ter Ausg.] Creuzer's deutsche Schriften. III. 3. 45 verkmipften frohlichen Gebrauche zur Grundung der Stadt fur vorzuglich geeignet gehalten. oder erst mit dem Anfang der Erbauung geheiiigt , und die den Hirten gunstigen Gotter an demselben verehreu zu miissen geglaubt haben, vermag ich nicht bestimmt zu versichern" Bestimmt versichert dagegen Plutarchus, dass bereits vor Grundung der Stadt Rom das Hirtenfest [porr/pm) eopnj} der Palilien in Latium gebrauchiieh gewesen. Derselbe erwahnt auch die Sage, dass der Stiftungstag gerade auf einen Tag gefalien , an dem die Sonne durch den Mond verfinstert worden 2 ). Hiermit will uns also die Volkssa«*e selber schon erinnern, dass wir bei der Stiftung Roms den gestirnten I limine] nicht aus den Augen lassen sollen. Und es war ein uraltes Fruh- iingsfest. angeordnet nach den kalendarischen Zeichen des Thierkreises. Am 20. April trat die Sonne in das Zeichen des Stieres: mit dem 21. feierte Rom seinen Stiftungstag und die Palilien 3 ). Um es kurz zu sagen: mit dem volleren Fruh- ling, wann die grosse kosmische Conjunction des siderischen Stieres mit der Ivuh erfolgt, aber auch wann der Stier der Italischen Heerden bninstig vvird, wann neues Leben und Fortpfianzen gedtihi — dann feierte der alte Romer die Pflan- zung seiner Vaterstadt 4 ). An soiche, alien Volkern der 1) Dionys. Halic. A. R. I. 88. p. 229 Reisk. 2) Plutarchi Romul. XL p. 110. und daselbst Leopold. Dort findet man auch die chronoJogischen Angaben, womit Niebulir in der Rom. Gesch. I. p. 192 sqq. [p. 291 sqq. 3ter Ausg.] zu vergleichen ist. Sie gehoren nicht zu unserm Zweck. 8) S. die Romiscfien Fasti und daselbst: XII Kal. Maj. Sol in Taururn abit ; XI Kal. Maj. Palilia Romae natalis; vergl. Plutarch. 1. J. mit den Auslegern und Gierig zu Ovids Fasti Tom. II. p. 544. 4) [Uierbei mdge jetzt noch ganz kiirzlich der sacra Argeorum gedacht werden : Unter den Argei verstand man einmal „gewisse aus Binsen gefioclitene Menschenfiguren , die von den Pontifices und Vestalin- nen alljahrlich an deu Iden des Mai von der SubJicischen Briicke in die Tiber geworfen wurden , dreissig oder vier und zvvanzig an der Zahl. «*. 709 <^ Vorzeit gemeinsame 9 astronomische und agrarische Hieroglyphen sollen wir denken, wenn wir horen, Roms Gebartstag sey im Zeichen des Stieres gefeiert worden. Zur Erklarung dieses Grundgedankens fiige ich kein Wort weiter bei, weil ich Leser voraussetzen darf, die mir auf dem bisherigen Wege gefolgt sind, und die also mit mir in verschiedenen Landen der Vorwelt Tempel, Grabmaler und Stadte im Stierzeichen grunden gesehen haben Ich beruhre nur noch einige Stif- Zweitens bedeutete Argei gewisse Stellen in der Stadt Rom, an welchen von den Pontifices oder unter ihrer Aufsicht, zwei Monate fruher am t6. oder 17. vor den Kalenden des April, gewisse lieilige Gebrauche ver- richtet wurden" (s. K. O. Miiller in Bottiger's Archaeologie und Kunst I. 1>. 69—94. und daselbst die Stellen der Alten, besonders Varro de L. L. V. 8. p. 50 sqq. Spengel, p. 12 sqq. Egger, Plutarch. Quaest. Romm. XXXn. p. 113 Wytt. Ovid. Fast. IV. 791. V. 621. Gell. N. A. X. 15.). - Jene Platze waren dreimal neun oder sieben und zwanzig Opferplatze, und man sprach von diesen argeischen Kapellen auch , als se^ en sie die Graber der Argivischen Gefahrten, die mit Hercules in das alteste Rom gekommen waren. Die Sache selbst war aber schon vor den Zeiten des Varro obsolet und dunk el geworden , und obschon neuerlich mehrere Forscher, wie Miiller, Grotefend, Hartung, Ambrosch u. A. davon ge- handelt haben — , so mochte sich doch kaum mehr als die Vermuthung erge- ben, dass diese an gewisse Zahlen : 24, 27, 30 gekniipften heiligen Oert- lichkeiten und Festlichkeiten sich auf astronomisch-kalendarische Weihen bezogen, wodurch einerseits Siihnungeu alter Verschuldungen, die in der Vorzeit durch Menschenopfer abgebiisst worden, andrerseits religiose Einfriedigungen von Heroen-Grabern bezweckt wurden.] 1) Man erinnere sich was im Vorhergehenden uber Memphis, My- cene, Theben u. s. w. bemerkt worden. Auch die altesten Miinzen von Athen hatten den Stier; Eckhel D. N. V. T. II. p. 207. und Beck ad Aristophanis Aves vs. 1106. vergl. jetzt Robert Walpole's Memoirs p. 427 sq. Servius ad Virgil. Aeneid. VIII. 328. „At Italia plura nomina habuit; dicta est enim Hesperia , Ausonia, Saturnia, Vitalia. u In Betreff des historischen Sinnes jener erst partiellen, dann allmahlig erweiterten Benennungen will ich nur auf Niebuhrs Rom. Gesch. I. p. 32 sqq. ver- weisen. Der Name Italia hat seit Bochart Geogr. sacr. p. 595 sqq. die verschiedensten Etymologien erfahren. Man vergl. nur Dionys. Halic. 45* 710 tungslegenden , die auf Rom sich besonders beziehen. Romu- lus umackerl den Boden der Stadt mit einem Stier und mit einer Kuh Der Stier war auf der Seite angejocht, die nach aussen ging, die Kuh 5 nach innen; anzudeuten, dass die t. 35. mit den Auslegern; Hesycli. II. p. S2. Alberti; Sickler de Monumm. Dionyss. p. 16. und des Ritters L. Bossi Geschichte Italiens vor Erbauung der Stadt Rom, iibers. v. Leiden fro St, Weimar 1820. p. 3 sq. — Aber wir Iiaben alle Ursache, auf folgenden Zeugnissen alter Historiker zu fussen , eiomal , dass dieses Land wegen seiner Viehweiden und Rind- viehzucht beriihmfc war (Timaeus ap. Gell. N. A. XI. 1. und Piso ap. Varron. de Re rust. II. 1.), sodann dass Italien von haUq den Nam en hatte, welches Wort in Efcrurischer Sprache einen Stier bedeutete (Apol- lodor. II. 5. 10. und dessen Fragmni. p. 450. mit Beyne's Anmerkk. Mun- cker uud Staver. zum By gin. fab. 127. p. 230 sq.). Wirklich haben die Iguvinischen Tafelo vitlu fur bos, und die Italischen, namentlich Samni- tischen Miinzen geben das Bild des Ochsen mit der Aufschrift Viteliu (vergl. das unteu beigefiigte Miinzbild mit der Beschreibung nr. 12.). Im Lateinischen vitulus ist das Wort noch iibrig, und die oben von Ser- vius angegebene Namensform Vitalia zeigt uns die Aeolische Wortform FixuXosy FtxuUu (vergl. Lanzi Saggio II. p. 109 sq.). Wer nun die ur- spriingliche Sprechart der alten Volker kennt , wird die Sage nicht bei Seite liegen lassen , dass Hercules mit seinen Geryonsrindern durch Italien gexogen (Apollodor. a. a. O. Arrian. Exp. Alex. II. 16. vergl. die Fragmm. Becataei Milesii p. 50 sqq.). Sie weiset uns wieder auf das Frulilingszeichen im Zodiacus und auf den religios-kalendarischen Grund vom Stiftungstage Roms im Zeichen des Stieres hin. Da wir oben die Beracleen von dieser Seite betrachtet haben, so brauchen wir dazu nichts beizufiigen. Die Wirklichkeit (die physische Fruchtbarkeit Italiens) und die ideale Anschauung, wonach die Stadte Abbilder der himmlischen Zeichen sind , behaupteten neben einander ihre Rechte. [— Niebuhr R. G. I. p. 16 sq. ist bei dem Landesnamen Viteliu, Vitalium, Vitellium, — analog den Formen Samnium , Latium — mehr geueigt an die alt-ita- lische Gottin Vitellia zu denken , die Sueton im Vitellius cap. t. erwabnt.] 1) Ovid. Fast. IV. 825 sq. Inde premens stivam designat moeoia sulco Alba jugum niveo cum bove vacca tulit. Vergl. die Ausleger daselbst und Joh. Lydus de menss. p. 9S. [p. 232 Rother.] Manner den Auswartigen furchtbar , die Frauen aber den Ein- heimischen fruchtbar werden sollen Dieses Zusaramenjochen war zugleich ein Bild der Ehe. Da ich diesen Punkt schon im Abschnitt von der Juno beruhrt habe, so bemerke ich hier nur, dass auf diesem agrarischen Bilderkreise die ganze feier- liche Ehestiftung der alten Romer und die eben deswegen so genannte Confarreatio beruhete 2 ). Daher auch die alt-Romi- sche Eheformel , wodurch die Unzertrennlichkeit der Vermahl- ten feierlich bezeichnet ward: „ubi tu Caius, ego Caia", wobei eben Caius, oder vielinehr Gaius, zuerst agrarisch das mannliche. wehrhafte agrarische Thier, und niithin Caja (Gaia) die mithelfende, fruchtbare, niitzliche Kuh bezeichnet hatte 3 ). Die ewig in sich ruhende (jiach alter Vorstellung) und ewig nahrende, fruchtbare Erde und der vereinigte Fleiss von Mann und Weib bei ihrer Bebauung — das waren die Bilder von dem Heil und Bestehen der Stadt und des sta'dtischen und hdmlichen Vereins. In diesem Sinne rufte Romulus, nach der Legende, den Mars und die Vesta um Schutz bei der Grun- dung der Stadt an 4 ). Nun musste auch die Stadt ihren Na- men haben , oder vielmehr inehrere, gemeine, ungemeine und geheimnissvolle. Man weiss ja, wie viel Kraft die Volker der Vorzeit in geheimnissvollen Namen suchten s ). Da gab 1) Lydus a. a. O. 2) Da ich die genauere Erorterung davon einem anderen Orte auf-* behalten muss, so will ich meine Leser vorlaufig nur auf des Gajus In- stitutionen I. §. 112. p. 40 sq. , als auf eine tieu gewoonene Urkunde, verweisen. 3) Plutarch. Quaestt. Romm. 30. Hesych. I. p. 791 Alb. naoq' b iy- yurtjs povs; vergl. die Ausleger daselhst und Dornseiffen de vit. iiomarl, Romm. p. 139. Bei yala dachte man auch an die Erde (Gaea); s. Hesych. p. 790. und oben den Abschnitt von der Religion der Juno. 4) Ovid. Fast. IV. 827 sq. Vox fuit haec regis : condenti , Juppiter , Urbein Et genitor Mavors! Vestaque mater ades. 5) Platonis Cratylus p. 438. p. 177 Heindorf. Origenes c. Cels. V. 45. p. 45 de la Rue. Jamblich. de master. VIII. 5. p. 154 Gal. 712 es Namen. die nur Gotter und gottvertraute Menschen vvuss- ten, Namen nur den Priestern bekannt, und Namen fur alles Volk. Drei Namen gab auch Romulus seiner Stadt: einen geheininissvolien (>£A£ot/xoV)$ einen priesteriichen (ieoan- y.6v)\ einen biirgerliehen QtzoIitixov). Der geheimnissvoile war: Liebe Q'Eqojs), auf dass Alle durch gottliche Liebe in der Stadt begriffen und vereinigt seyen der priesterliche: Flora (0X(oqo) oder Anthusa {^Avdovoa)' : der burgerliche: Roma (JPojpa) 2 ). Die bekannte Stelle in der Apokalypse des Johannes (XVII. 5.) hat zu mehreren Untersuchungen uber den geheimnissvollen Namen der Stadt Rom Anlass ge- geben. Das Geprufteste hat Munter neuerlich geliefert 3 ). Er fuhrt die bedeutendsten Meinungen an, und wundert sich, dass Niemand auf den Namen Satumia gefallen. Dieser Name war in Etrurien und Latium geheiligt, und das alteste Rom 4 ) hatte zuerst zwei Hugel in seinen Ringmauern, das Pallan- 1) Joh. Laur. Lydus de menss. p. 98. [p. 230 Roth.] Jeder sieht, dass hier eigentlich an die Uebersetzung Amor und deren Anagranim Roma gedaclit vverden muss. Johannes deutet dies gleich selbsfc durch seine Anspielung auf das Virgilische Amaryllis an. Namlich er schliesst sich den alten Auslegern an, vvelche bei Virgil. Eclog. 1.5. in der Ama- ryllis eine geheimnissvolle Bezeichnung von Rom suchten; s. den Probus und Servius daselbst. [Dieses Namen-Anagramm beriihrt jetzfc auch Pa- nofka, s. Berliner Terracotten I. p. 97. Ich bemerke jetzt nur noch, dass., wenn wirklich eine alte Vorstellung diesem Anagramm Amor, Roma zu Grunde lag, nicht sowohl das Erotische, als vielmehr das kosmisch- Venbindende , nach dem altpythagoreischen Begriff, wie er beim Plato Sympos. p. 202. p. 428 Bekker. dargelegt wird, vorvvaltete.] 2) Es folgen noch einige Bemerkungeu iiber diese Namen, woriiber ich meine Leser, der Kiirze wegen, den Macrobius Saturn. III. 5. und den Solinus cap. t. mit Salmasius zu vergleichen bitte. 3) De occulto urbis Romae nomine, in den antiquarr. Abhandlun- gen nr. I. 4) Roma quadrata, vergl. Bossi Gesch. Italiens p. 265. — nach der Form der Romischen Feldldger , wenn man den wahren Grund dieser Anlage der Stadt wissen will; s. Niebuhrs R. G. I. p. 157. 713 teum, nachher der Palatinische Hugel, uud den Capitolinischen, worauf ehemals eine kleine Burg Saturnia gestanden J ); und Munter will — was ich dahin geslellt seyn lasse — auf alten Romischen Miinzen noch Spuren -gefunden haben, dass Satur- nia die alteste Bezeiehnung der Oertlichkeit gewesen, die nachher als Capitolinischer Hugel vorkommt. Der priester- liche Name Antkusa (Flora ) hatte seine eigene Legende : Tarquinius der Alte will auf dem Tarpejischen Hugel (dem nachherigen Capitolinischen} bauen. Zn dem Ende miissen viele Platze, worauf Altare stehen, exaugurirt (dem gemeinen Gebrauch feierlich gewidmet) werden. Die Auguren bewerk- stelligen dies mit alien ubrigen ohne Schwierigkeit; nur Ter- minus und Juventas 2 ) wollen nicht weichen. Der Schluss, den die Wahrsager aus diesem Ereigniss ziehen, ist die er- freuliche Hoffnung, dass lteine Zeit die Granzen der Stadt Rom verriicken, oder ihre Hbhe umkehren tverde. Das war Flora, die Bliihende 3 das war Valentia-Roma QPcj^rf)^ die Starke 3 ). 1) Dionys. Hal. I. 34. II. 1. Varro de L. L, IV. 7. Heyue's Excurs. ad Virgil. Aeneid. VIII. vs. 314. p. 274. Munter a. a. 0. p. 44. und Zoe- ga's Abhandll. von Welcker p. 332 sqq. 2) Dionys. Hal. III. 69. p. 586 Reisk. Im Texte stent Ntoxriq, ge- wohnlicher in diesem Sinne ist sonst "Hfa , s. meine Aumerk. zu Cic. ds W, D. I. 40. p. 183. 3) Man hatte eine Sage: Rom habe zuerst Valentia geheissen, sey aber von Evander Roma CPw^tj) nach dem Griechiscben genannt vvorden (Solinus a. a. 0.). Munter macht aber p. 38. die richtige Bemerkung, dass jene Form (Valentia) zu neu sey, und dass die alteren Romer viel- mehr Valeria oder Valesia gesagt baben wiirden. Die sehr verschiede- nen Angaben vom Namen Roma findet der Leser beim Festus p. 453 sqq. ed. Dacer. [p. 78. p. 135 sq. Egger.] beisammen. Bekanntlicb hat ueuer- lich A. W. Schlegel vvieder die Etymologic von ruma (i. e. mamma, Brust} begiinstigt. Wenn der Leser sicli eriunern will, was wir oben bei der Minerva von dem wilden Feigenbaume bemerkten, der ein altes Zeichen Italischer Stadte war, £ — woriiber Guigniaut auf Burnouf des Aelteren Anmerk. zu Tacit. Anuall. XIII. 58. verweiset. —J und was die Romer Aehnliches vom vicus ruminalis und von den unter dem Feigen - ^ 714 m, Ihre Starke und Festigkeit hatte noch andere Versiche- rungen ansser den magischen Namen. Ueber der Romer Stadt vvaltete anch eine sorgsam verheimlichte Schutzgottheit : „Auf dem Capitol ward ein Schild geweiht, auf dem geschrieben stand: Dem Geist (GeniusJ der Stadt Rom, sey er nun Mann oder Weib'* ganz im Sinne der alten gottesfurchtigen baume ernahrten Briidern Romulus und Remus erzahlten, so wird er die Ansicht selbst wohl nicht oberllachlich finden. Aber Roma (als pto^), Starke, bat uiclit weniger mythologischen Hintergrund, und Satur — Saturnus ist eben der Maunliche und Starke, wie Mavors. 1) Servius ad Virgil. Aeneid. II. 293 — 96: „Genio urbis Romae, sive mas sit, sive foemina. " Macrobius Saturn. III. 5. sagt, in alten Scbriften werde diese Gottheit verschieden bezeichnet, bald als Juppiter, bald als Juno, bald als Dea Angerona. Er selbst will die Ops Consivia verstanden wissen. Wie man diese letztere nun mit der, von uns schon oben erlauterten Dea Dia zusammengestellt hat, muss man bei Marini Atti Arvall. p. 10 sq. nachlesen. [— Ueber die Ops Consiva habe ich oben im Artikel vom Cousus im Nachtrag IV. Band III. 2. p. 491 — 498 sq. 3ter Ausg. gesprochen. — Ueber die Angerona hat Christoph Saxe in seiner Abhandlung de Dea Angerona, Utrecht 1766, alle Zeugnisse der Alten zusammengestellt. Jetzt vergl. man noch Kopp zum Mart. Capell. p. 19, Hartung Rel. d. Rom. II. 247. (vergl. Pauly's Real-Encyclopaedie I. p. 48 L sq.). — Mir leuchtet am meisten ein, was Bottiger (KJ. Schrif- teu III. p. 288 sqq.) dariiber gesagt hat; vvoraus ich Folgendes aushebe: A us Allem geht so viel hervor, dass die Romer ein geheimes Wort hat- ten, womit sie die eigentliche Schutzgottin Hirer Stadt benannten , und dass wegen des bekannten Volksglaubens, dass man die Gotter durch Beschworungen und Namennennung einem Volke oder einer Stadt ab- spanstig machen konne, dieser Name ein unverbruchliches Geheimniss fiir Alle bleiben musste, die nicht durch ihren Beruf zur Mitwissenheit desselben berechtigt waren. Man erdichtete nun eine eigene Gottin , die durch den an den Mund gelegten Finger oder wohl gar durch eine Art von Maulschloss oder Infibulation des Mundes dieses Stillschweigen (das favete linguis, fvarofta gebot und nannte sie Angerona, Agerona, Angeronia. — Ich musste sehr jrren, oder der weibliche Kopf, welcher eigentlich die zweite Hiilfte des altesten Janus bifrons, der bekannten uralten Doppelherme, ausmacht, wiirde, wenn wir ihn ganz entziffern konnten, uns nicht nur dariiber, wer die unbekannte Schutzgottin Roms 715 Romer, die tiber dasjenige am wenigsten zu bestimmen wag- ten, woran ihnen am meisten gelegen war. Endlich garantirten auch im Bewusstseyn der Nation Zie- hen heilige Unterpfdnder Roms ewige Dauer: der konische Stein *)$ der thbnerne Juppiterswagen von Veji; die Asche des Orestes 2 ) ; das Scepter des Priamus 5 der Schleier der Helena oder der Ilione 3 ); die Ancilien$ das Palladium. — Wir befinden uns hier auf einem religiosen Boden. Auf den histo- rischen erhoben sich die alten Volker erst spater. Eben darum aber wirkte jener Glaube so wunderbar, beides bei den Rb- mern und bei auswartigen Volkern. Diese einzige Stadt hatte eben alles Geheimnissvolle und Magische in sich vereinigt. Was konnte ihr schaden? Noch Virgilius spricht im alten Romersinne das Wort der Verheissung aus 4 ). Wenn diese Stadt einerseits sich im Namen der schdnen 5 J gefiel, und wenn noch das neue Rom, die Stadt des Constantinus , eine Ver- sicherung der ewigen Bluthe mit dem Namen Flora auf sich uberzutragen beflissen war 6 ) — so wollte jene doch vorzugs- und wer die Bona Dea, gewiss einerlei Gottheit mit ihr, gewesen sey, der die romischen Frauen eine so geheimnissvolle Jahresfeier begingen, sondern auch iiber die urspriingliche Bedeutung unserer Angerona die sichersten Aufschliisse ertheilen."] 1) Man streitet fiber die Lesart : cautes (cotes) und acus. Im erste- ren Falle ware vou einer Nadel oder von einer Spindel oder von einem Bilde (typus bezeichnet) die Rede. S. Cancellieri le sette cosi fatali di Roma antica §. 1. p. 21 sq. 2) Desselben Leichnam war fur Sparta ein Unterpfand von Sieg und Heil ; Herodot. I. 67 sq. vgl. die Commentatt. Herodott. I. g. 23. p. 298 sqq. 3) Verschiedenheit der Lesart; s. Cancellieri §• 5. p. 38 sqq. 4) Aeneid. I. 277 sq. His (den Rdmern) ego nec metas rerum nec tempora pono; Imperium sine fine dedi. 5) e H jtcdfj Athenaus III. p. 297 Schweigh. 6) Joh. Laur. Lydus p. 99. [p. 234 cf. p. 182 Roth.] 'Pw^, ftXwqa xal rj KwvoTavTivovnoXiq , Tjyovv "Av&ovaa, — An einem Thore von Constan- tinopel lieset man noch eine Inschrift, worin die festen Mauern dieser — 716 * weise die ewige Stadt seyn und heissen. Kein Beiname kommt haufiger auf Munzen und Aufschriften vor als der der Ae- terna Urbs. In diesera Sinne eroffnet eine alte Dichterin ihren Lobgesang auf Rom mit folgcnden Strophen , womit wir diesen Theil unseres Buchs beschliessen vvollen 2 ) : „Heil sey dir, o Tochter des Ares, Roma, „Mit dem Goldband, schlachtenbeseelte Herrin, „Die Olympos Pracht du bevvohnst auf Erden, „Stets unerschuttert. „Dir allein gab Mora, die allerhabene, „Hoheit unzerreisslicher Konigsherrschaft , „Dass du stets die Herrengewalt besilzend „Fuhrest die Andern." Stadt gepriesen werden, und wie kaum Pallas eine festere Burg habe griinden konnen (Sestini Lettres sur la Turquie Vol. III. p. 85.). 1) Bei Gruterus, Eckhel u. A. vergl. Heyne ad Virgil. Aeneid. I. 277. Antholog. graec. Vol. IV. p. 175 Jacobs, und Cancellieri p. 4 sqq. 2) S. Stob. Sermon. VII. p. 87. [Vol. I. p. 204 ed. Gaisf. wo dieser G-esang der Lesbischen Dichterin Melinno , nicht der Erinna beigelegt wird.] vergl. Welcker in meinen Meletemm. II. p. 18 sqq. und Denselben in der deutschen Ausgabe von Zoega's Bassirilievi di Roma , mit Zoega's ausfuhrlicher Abhandlung selbst XXXI. p. 237—258. A 11 li a n s zur Lehre von den Griechischen und Italischen Religionen. Von den Hero en und Daemonen. §. i. Zwar muss* en wir dieser Lehre bisher schon im Einzel- nen gedenken; jedoch ihre allgemeine Uebersicht erhalt hier, bei dem Uebergange zu der gebildeten Mystik der Griechen, unsers Bediinkens, ihre passendste Stelle, weil Heroen und Damonen nirgends so entschieden hervortreten , als im Ge- heimdienst und in den darait befreundeten Systemen alter Philosophen. Nirgends mochte auch die nach Griehenland verpflanzte auslandische Priesterlehre von der offentlichen Volkspoesie der Griechen sich so deutlich unterscheiden und so sichtbar trennen, als in diesem Capitel von den Mittel- wesen. Homer us verzichtete auf den VolJgehalt dieses Dogma, und sang im leichteren Sinne eines Glaubens, der die Gotter selbst sich nahe und menschlich hulfreich wahnte; und die- sem Homerischen Gesetz huldigten auch hierin fast alle nach- 718 ^ folgenden Poeten. So konnten die Griechischen Volkssagen von damonischen Wesen keine sinnliche Haltung und Ge- stalt gewinnen. Wir wollen davon atisgehen , und, nach einem kurzen Ueberblick der Volksmeinungen und des offent- lichen Dienstes, die systematischen Lehren der von aussen her nach Griechenland verpflanzten Damonologie andeuten. 719 S- 2. Damon (dalpcav'). Wie Vieles wussten nicht Philosophen nnd Gelehrte aller Art fiber dieses Wort zu sagen, und wie verschieden waren nicht ihre Erklarungen, je nachdem sie das Dogma von den Mittelwesen so oder anders ansahen. Mit Uebergehung dieser Etymologien beraerke ich nur, dass entweder dalaj, ich lerne, als Grundwort angenonimen, und daijpwv , einsichtsvoll } als erste Bedeutung gesetzt wird (In- terprett. Graecc. ad Iliad. I. 222.), oder dass man in dem Worte dalaj und seiner Wurzel daw den Begriff des Einihei- lens sucht, und mithin unter daifjuov^ es sey Gott oder Mit- telwesen, sich ursprunglich einen Eintheiler, Austheiier und Ordner denkt (Lennep. Etymolog. 1. Gr. p. 167.) ; eine Erkla- rung , die , wie wir unten sehen werden 5 bei beruhmten Grie- chischen Schriftstellern Beifall gefunden hat. Nach Proclus (Schol. in Platonis Cratyl. p. 52 ed. Heindorf.) hatte man in der alten Sprache ddpajv gesagt '). Auch vom Worte Heros 1) [S. jetzt §. 131. p. 82. ed. Boisson. "On to iv rij aqxatu tpovij %ov$) gaben Griechische Grammatiker die verschiedensten Herleitungen. Es leidet wohl keinen Zweifel, dass T^wg mit sQQoq oder epos (wie Zeus genannt wurde, s. Hesych. Tom. I. p. 1445 ed. Albert, und daselbst die Ausleger) und mit sga oder wie Juno hiess, ein und dasseibe Wort ist, wie auch mit dem Lateinischen herus und hera und mit dem Deut- schen Herr *). In welcher Bedeutung fasst nun Homerus den Begriff der Damonen und Heroen? In einer solchen, die wenig oder keine Gerechtigkeit, - — sinnverwandt dem metaphorischen ta/iiat, und Schick- salsmachte." Dr. Sch incite ini Artikel Damonologie , in der Hallischen Allg. Encyklopaedie XXU. p. 32. bemerkt noch, nachdem er meine Eror- terung angefiihrt: „Diese Bedeutung fiihrt am sichersten zu dem BegrifF von Genius", und fiigt im Verfolg (p. 34.) bei: „Der romische Genius fiihrt den Menschen in's Leben , leitefc ihn wohlwollend und sanft durch dasseibe, und geniesst als treuer Gefahrte, was dem seiner Pflege An- vertrauten zu Theil wird."] 1) [G. Fr. Grotefend in der Hall. allg. Eucyklop. zweite Sect. 6ten Theils. p. 4tl. leitet ^gcoq von aXgoj ab, und nimmt als Grundbedeutung an: einen iiber die gemeine Menschennatur Erhabenen, mit der Bemer- kung: „dass man diese so einfache und natiirliche Ableitung des Wortes so lange verkennen konnte, fallt um so mebr auf, da schon das Wort uQertl , mit welchem Homeros vorzugsweise der Heroen kriegerische Tiich- tigkeit — und alle wesentlichen Eigenschaften eines Heros in einem Zeit- alter, wo Tapferkeit und aussere Vorziige iiber Alles gal ten , in Einem Begriffe zusammenfasst, auf jene Ableitung fiihren musste. Schon die untrennbare Partikel aqi, welche wie Zqi, obwohl in einem andern Sinne, den BegrifF eines Wortes zu verstarken pflegt, bezeichnet vornehmlich die erbohte Fahigkeit oder Tauglichkeit zu Etwas" und im Verfolg (p. 42.) fiigt er hinzu : „Ob iibrigens der Name "Hot] mit qgcoq verwandt sey, lasst sich bezweifeln , wenn , wie Creuzer im dritten Theile seiner Symbolik p. 4 sq. behauptet Ich ftihre ja das Zeugniss des Hesychius an, wel- cher dies auch nicht behauptet sondern berichtet), Zeus auch tygoq oder I'goq hiess, womit sich wegen des gescharften Selbstlautes das latinische heros , hera und das teutsche Herr weit eher vergleichen lasst, als mit yguq : denn selbst das teutsche hehr hat in dem Hohen seine Wurzel, die sich mit dem Griechischen uiqw in eine Verbindung bringen lasst."] 721 <*» Spuren ') von jenem genaueren Sprachgebrauche zeigt, der durch die Geheimlehre und philosophischen Schulen eingefuhrt ward. Darauf machen schon die Alten ausdriicklich aufmerk- sam. Hieruber erklart sich Plutarchus in der Schrift fiber die Abnahme der Orakel (p. 415 Francof. p. 969 Wytt.) auf eine sehr beiehrende Weise. Wir werden auf diese Stelle weiter- hin zuruckkommen. Auch Eustathius und die anderen Grie- chischen Ausleger nehmen von den Worten des Dichters (Iliad. h 122.): „Athenaa ging ,,in den Pallast des donnernden Zeus, zu den andern Got- tern" ; wo dai {iov a<; stekt, Veranlassung , den weiteren Sinn zu bemerken , worin Homerus dieses Wort gebrauchte. So waren auch den ubrigen Dichtern, vom Aeschylus an bis zu den Alexandrinischen und noch weiter herab , jene da/fdovsg in der Kegel Gotter 2 ), so wie das Damonische (daifjioviov)^ das Gottliche, ohne alle Spur jener beziehungsreichen Bedeutsam- keit, die das Dogma der Priester und Philosophen und, im Einzelnen, zum Theil selbst das Volk kennt. Um in einer an sich nicht bestreitbaren Sache nicht Citate zu haufen, ver- weise ich den Leser auf die Beweisstellen, die Staveren zum Fulgentius (Mythoiogicon p. 712.) aus den Griechischen Dich- tern gegeben hat. Diesem Sprachgebrauch schliessen auch gewdhnlich die Attischen Prosaiker und andere Schriftsteller der Griechen sich an, die uber aligemeinere Gegenstande und nicht im Sinne philosophischer Schulen schreiben. Die Schrif- ten des Xenophon und ahnliche konnen hier als Beispiel die- nen, wiewohl dabei nicht ausser Acht zu lassen ist, dass, 1) Doch sind Stellen, wie Odyss. II. 134, sehr sprechend; wo Voss meines Bediinkens auch 6k Sal(X(av richtig iibersetzt hat: „und andres der Vdmon". Ueberhaupt sind in der Odyssee init diesem Worte fast i miner Nebenbegriffe verbunden , auch wenn Gotter damit bezeichnet werden. 2) S. SpanSieim zu Aristophan. Plut. vs. 81. ^ 722 wenn auch SaLfMov und daiftdvios sehr haufig nichts anders als den Begrilf von Gott und gottlich bezeichnet , unzahligemal doch auch der Nebenbegriff von Fortuna, von Gluck und Un- gliick, daran geknupft ist (C. Barth Adversarr. XXXV. 17. [Vergl. jetzt Nitzsch erkJar. Anmerkungen zu Odys. I. p. 69 f. wo bemerkt wird, dass der Unterschied jener Bedeutungen besonders in den Adiectiven 9eiog und daipopiog hervortritt, und dass der Begriff einer hohern geheimnissvollen Macht mehr im Worte dcd^wv als in deog sich kund giebt.]). Ohne alles weitere Rasonnement war dem Griechen Sai/uajv und daipoviov die hohere, dunkele Macht, die, ohne sein Zuthun, seine Schicksale lenkte, jedes gottliche Wesen uberhaupt, dessen Kraft das Maass seiner Krafte uberstieg. Nicht minder alJgemein ist der Gebrauch, den Homerus von dem Worte Heros macht. Er entspricht ganz der allge- meinen Urbedeutung Herr. Ich verweile dabei um so weni- ger, je bekannter die Bemerkungen sind, die neuere Ausleger des Dichters und die Verfasser der Worterbucher daruber gemacht haben. Schon die Griechischen Grammatiker geden- ken der Freigebigkeit, womit Homerus den Namen Heroen austheilt. Die Beobachtung, dass bei ihra so Viele, ganz ohne Hinsicht auf Kriegsthaten , bis auf den Mundschenken, Heroen heissen , leitete sie zum Theil zu dem Ausspruch: alle Manner der Vorzeit wiirden Heroen genannt (Hesych. I. p. 1659. v. 'Hqojojv. Apollon. Lex. Homer, s. voc). Es waren eben die Herren, d. h. jene Kampfer und ihre Gefahrten, die in der Griechischen Nationalsage , durch die Zeitferne mehr und mehr verherrlicht , als eine gehobene Menschenclasse ge- priesen wurden. Hiermit stimmt auch die Angabe des Aristo- teles (Problem. XIX. 49.) zusammen , wenn sie auch in Betreff der Damonen nicht ganz Homerisch ist. Nach ihm theilten sich die Unsterblichen in Gotter und Damonen, die Slerblichen in Heroen und gewohnliche Menschen. Hiernach ist also ein Jeder, den seine Trefflichkeit uber das Maass gemeiner Mensch- heit hinaushebt, ein Heros. d. h. ein Edier, ein Adelicher in diesem Sinne. Diejenigen besonders, die aus den Schranken der Gegenwart entriickt in vorziiglicher Erinnerung fortleb- ten, erhielten diesen Ehrennamen. Nach der Natur aller Volkssagen wachst die Grosse der Stammhelden mit zuneh- mender Zeitferne. Was in den dammernden Hintergrund der Vorwelt zuriicktritt , entschwindet den Granzen der Menschen- welt, und geht in die gottlichen Kreise uber. Schwach schim- mert auch dieses in den Homerischen Gedichten durch. So wird unter denen, die vor Trqja fielen, ein Geschlecht von Halbgottern genannt (Iliad. XII. 23.). Dieser Ausdruck be- stimmte Griechische Erklarer, an den Kampfer aus friiherer Vorzeit, an Herakles, zu denken$ und der scharfsichtige Bent- ley wollte die Stelle sogar in den sonstigen Homerischen Aus- druck umandern. Die neuesten Herausgeber Heyne und Wolf sind beim gewohnlichen Texte geblieben, und es ist gerathe- ner 5 in diesem Ausdruck, von Agamemnon und seinen Gefahr- ten gebraucht, eine Spur jener gesteigerten Heroenidee an- zuerkennen , die sonst so haufig ist 1) VHfXL&twv yivoq avSqwv hat Hesiodei'sche Farbe, s. 'Egy. 160, vgl. Heynii Obss. Vol. VI. p. 277. ad Homer. 1. 1. — Schneider wollte den ganzen zwdlften Gesang der Iliade fur das Werk eines spatern Rhapso- den halten. Oder man miisste jenes ypC&sot im geringeren Sinn von ttyxt&eoi nehmen, wie z. B. die Phaeaken genannt werden. Vergleiche Grotefend a. a. O. p. 412.] Creu%er>s deutsche Schriften. III. 3. 46 724 §. 8. Diese Steigerung ist schon entschiedener beim Hesiodus, in dessen Haustafel einzelne unzweideutige Satze einer ganz ausgebildeten Damonologie liegen. In der Stelle von den Zeitaltern QEgy. 122 sqq. nach Voss) singt der Dichter von den Menschen des goldnen Alters: nach ihrem Tode „Werden sie fromine Damonen der oberen Erde genennet, Gute, des Wehs Abwehrer, der sterblichen Menschen Be- huter, Welche die Obhut tragen des Rechts und der schnoden Vergehung, Dicht in Nebel gehullt, ringsum durchwandelnd das Erd- reich , Geber des Wohls : dies ward ihr koniglich glanzendes Ehramt." So fuhren die Alten diese Stelie an : Plato im Cratylus (p. 398. p. 50 ed. Heind.) und Andere. Hier treten die Menschen der fruhesten, seeligsten Vorwelt ganz sichtbar in einer Wurde auf, die der gottlichen zunachst steht. Sie sind Mittler zwi- schen Gottern und Menschen, unsichtbare Aufseher uber der Menschen Thun , Handhaber der Gerechtigkeit. ' Zugleich sind sie Geber des Reichthums QiXovTodorai) , Segenbringer aus der Erde, wie die tellurischen Gottheiten alle. Ganz ent- sprechend ist die Beschreibung, welche ein Orphischer Hymnus (LXXIII. [72.]) von einem Damon vorzugsweise niacht. Er ^ 725 — heisst auch Segenbringer fahovtoddtyg), wenn er gute Gaben bringend in ein Haus eingeht, aber er niromt auch wohl die Fulle wieder, und fuhret die Schliissel des Leides iind der Lust. Ganz so hatte Sophocles in seinem Inachus den PJuto als TckovzodoTijg mit herrlicher Fulle ira Hause eintreten las- sen (Scholiast. Aristoph. Plut. 727.), und bei Diodorus (I. 12.) heisst in einem Orphischen Fragment Demeter Mutter Erde und Segengeberin (jikovTodozeiQa)^ so wie man auch an den Lenaen den tellurischen Dionysos -Kkowoboxa anredete *). Die Todesgottheiten sind auch die grossen Erdkrafte. Amen- thes- Ades giebt und niramt. Haben und Verlieren ist ihr Werk. Sie sind die Schltisseltrager und Austheiier (Diony- sos p. 206. 242.), und die Damonen sind in diesem Austhei- lungsamte ihre Diener. Darum heissen sie auch Salpov€q. Also in einem Gedicht, und zumal in dem altesten und unbe- strittensten Poem dieser Schule, schon ganz deutliche, aus- gesprochene Satze einer systematischen Damoneniehre. In einer andern Stelle (Hes. "Epy. 231 sqq.) ruft der Dich- ter den Verwaltern des Rechts erinnernd und warnend zu, sie sollten an jene Mittelwesen denken. Dort heissen sie hei- lige Diener des Zeus, Unsterbliche , und ihre Zahl wird ge- nannt: Drei Myriaden oder dreissig tausend sind es, die als Huter und Aufseher uber die Rechtspflege die ganze Erde durchwandeln. Mithin ist ihnen das Reich der Freiheit wie das der Natur angewiesen. Hier geben oder nehmen sie die Guter der Erde und die guten Gaben, dort lohnen oder stra- fen sie 5 beides nach sittlichen Grunden. — Auch die Abstu- fung dieser Mittelwesen kennet Hesiodus, aber er bezeichnet sie weniger deutlich fiir uns. Er singt nur ganz kurz davon. Denen er sang, waren es bekannte Lehren. Vom zweiten silbernen AJter sagt er namlich (vs. 140.): 1) Moser zum Nonnus p. 220. und die dort citirten Scholien des Aristophanes Ran. 479. 46 * „Aber nachdem auch dieses Geschlecht einhullte die Erde, Werden sie sterbliche Gotter der oberen Erde genennet, Als die zweitenj jedoch ward ihnen auch Ehre zum An- theii " Auch ohne die streitige Lesart (jB-mx$6vioi und vnoyftovioi; wovon doch Ersteres billig vorgezogen worden) 2 } liegt das Verhaltniss dieser zweiten Wesenclasse zu der ersteren wenig iui Klaren. Dass sie geringer ist, ergiebt sich von selbst, wie man die Worte auch ordnen mag (yergl. Graevii Lectt. Hesiod. cap. IV. p. 525 ed. Losn.). Hierbei kommt auch die Frage in Anregung: Dachte sich Hesiodus die Damonen sterb- lich oder unsterblich, oder nur zum Theil unsterblich, etwa die des ersten Weltalters? Nach der angefuhrten Ueber- setzung war diese zweite Classe bestimmt sterblich. Auch alte 8chriftstelie.r waren der Meinung. Plutarchus in der Haupt- stelle (de def. Orac. p. 415 C. p. 700 sq. Wytt. vergl. Hesiodi Fragg. p. 277 Gotti. p. 190 Gaisf.) sagt bestimmt und ganz allgeinein, dass Hesiodus die Damonen fur sterblich gehalten ha be , und fuhrt zur Bestatigung die Worte einer Ny raphe an, welche in steigendem Fortschritt die Lebensdauer der lang lebenden Naturen aufzahlt und zuletzt mit den Worten schliesst: „und wir zehn Alter des Phonix, Wir schonlockige Nymphen , des Aegiserschutterers Toch- ter." 1) Unwillkiihrlich muss man hier an die Indischen Rischis, an die Persischen Heiligen , uod an deren Abtheilungen in konigliche, grosse, gerechte, gute, erwiihlte, fromme u. s. w. denken; s. Kosegarten zum Tndischen Gedicht Nala p. 214. 289. und besonders Silvestre de Sacy zum Pend-Nameh p. LVIII — LX. 2) [Jetzt muss ich bemerken, dass Letzteres mehr kritische Auto- ritat hat, und auch von Lanzi und Gottling aufgenommen worden. Aucii Buttmann im Mytholog. II. p. 24. zielit es vor, ingleichen der Verf. in der Schulzeitung a. a. 0. p. 7 ; vvelcher let^tere dabei an die sinnliche Vorstellun**; von nachfclichen Geisteru denkt, die aus Sehusucht zum Kor- per in der Tiefe der Grabesstiitcen sich aufhalten.] 727 Plutarchus fuhrt diese biidliche Angabe auf eine bestitnmto Zahl zuriick, deren Resultat dieses ist, dfiss die Damonen neuntausend siebenhundert und zwanzig Jahre ieben. Aber. vvird man sagen, was berechtigte den Plutarchus, aus dieser Stelie von der Nymphe auf die Hesiodeische Meinung von den Damonen zu schliessen ? Freilich untersehied man zuweilen jene landlichen GoUheiten, Satyrn, Nymphen und dergleiehen von den gewesenen Menschen, die nach ihrem Tode in eine hohere Stufe , in die der Mittelwesen , versetzt worden waren. Jene landlichen Gottheiten bildeten den Chor der Untergotter, plebs deorum oder dii plebeji, wie sie bei Romischen Schrift- stellern zuweilen heissen, die man von den auserwahlten Got- tern (dii selecli) oder von dem hohen Gotterrath (Senalus deorum) untersehied (Augnstin. de Civ. D. VII. §.) l ). AHein zuweilen wird von jenen V titer gottheiten gerade wie von den zu Halbgottheiten erhobenen Menschen geredet. So heissen z. B. die Dryaden, also eine Nymphenclasse, beim Ovidius (Heroid. Epist. IV. 49.) ausdriicklich Haibgottinnen (semideae; vergl. Cuperi Observatt. III. 16.). Und damit man nicht denke, dass dies erst spatere Romische Begriffsverwirrung sey, so nennt Theopompus (beim Aelianus V. H. III. 18.) den Silenus : ein Wesen dunkler als ein Gott, besser als ein Mensch und dem Tode nicht unterworfen, wahrend ihm Conon (Narrat. I.), gleichfalis aus alten Nachrichten, eine menschliche Natur bei- legt, und Pausanias (VI. 24. §. 6.) versichert, dass man bei den Pergamenern Silenengraber zeigte. So wird auch der Seher Silenus wohi Damon genannt. Plutarchus nun, ein ge- nauer Kenner der Hesiodeischen Ideen, hielt sich aus jener Beschreibung des Looses der Nymphen fur berechtigt, das, was von diesen Wesen, die so nahe an die Damonen granz- l) [und 6. Man vergleiche jetzt was neuerlich iiber diese Italische Damonen- und Heroen-Lehre, auch mit AnfiihruDg des Hesiodus, Hertz- berg de Diis Bomauorum patriis cap. 4 et 5. p. 9 sqq. zusanimenge- stellt hat.] ten und oft dam it zusammenfielen , ausgesagt ward, als von den Damonen uberhaupt gesagt anzunehmen. Und nach dem bisher Bemerkten diirfen wir ihm wohl hierin folgen. Aristo- teles freiiich in der oben angefuhrten Stelle folgte einer andern Theorie , und gariz gewiss gab es daruber schon verschiedene Dogmen. Und auch Hesiodus QBgy- 232 sqq.) scheint, dem Ausdrucke nach, eine Damonenclasse, dieerste- als unsterb- lich gedacbt zu haben. Wahrscheinlich folgte er, so sehr er die Lehrsysteme der Vorzeit kannte, in seinem Volksgedicht doch lieber dem Volksglauben, der in diesem Gebiete, sich selbst uberlassen, uberall im Unbestimmten beharret. Das Nebelhafte, Schwimmende, Charakterlose ist eben der Cha- rakter dieser geisterhaften Sphare. Darum vermied sie auch der klare Homerus , dessen helles Epos bestimmte Umrisse forderte. Das letzte Bruchstiick dieser Hesiodeischen Geisterlehre bezieht sich auf das vierte Weltalter. Zeus (heisst es ebendas. 142 - 144 sqq.) schuf „Jener Heroen Geschiecht, das gottliche: welche die Vor- welt Einst Halbgotter genannt, in der Erd' unendlichen Hau- men. " Darauf wird von diesen Heroen gesagt, dass sie theils im Thebanischen Kriege, theils vor Troja, der Helena wegen, gefallen waren , und dass sie nun , nach Zeus Rathschluss, am Rande des Weltalls in den seeligen lnseln des Oceanus ein seeliges Leben fiihren — Begriffe, die eben so sehr mit der Homerischen Stelle (Iliad. XII. 23.), als mit manchen Aeusserungen des Pindarus und anderer Griechischen Poeten ubereinstimmen. Jene Hesiodeische Beschreibung muss aber als eine Hauptstelie in Betreff der Griechischen Begriffe von den Heroen gelten. Auch Plutarchus (de def. Orac. p. 415 B. p. 699 Wytt.) ertheilt dem Hesiodus das Lob, dass er die vernunftigen Naturen gesondert habe in Gotter, Damonen? ^ 729 Heroen und Menschen; unter den Heroen seyen die Halbgot- ter mitbegriffen. Durch dieses Sondern und Bestimmen einer- seits, so wie durch die bemerkten Unbestimmtheiten andrerseits, tritt dieser Dichter zwischen der priesterlichen und philoso- phischen Damonologie und dem Volksglauben in die Mitte *). Er bildet mithin den schicklichen Standpunkt, von welchem wir auf dieses Gebiet der Griechischen offentlichen Religion zuruckblicken , und sodann zu einer kurzen Andeutung der philosophischen Lehrsatze ubergehen konnen. 1) Man kann hiermit vergleichen , was ich schou im zweiten Theile Cap. VII. §. 4. p. 442 sqq. [2ter und III. 1. § 4. p. 64 sqq. 3ter Ausg.] iiber das Verhaltniss des Homerus und Hesiodus zur Religion ihrer AH- v liter und zu der ihrer Zeitgenossen gesagt habe. 730 Von dem Thun und Leben des Griechischen Volkes, von dera geineinen Glauben und Denken sind die Gedichte des Homerus die alteste , getreueste Urkunde. Die Scheidung der Stande, wie seine Welt sie zeigt, giebt uns raanchen Auf- schluss uber die Entstehung jener allgemeinen Heroenvereh- rung. Es ist unter den Menschen jener Zeit schon eine grosse Ungleichheit bemerkbar. Der gemeine Freie blickt zu dem Adelichen als einem Wesen hoherer Art hinauf. Sie standen auch hoher, bei aller iibrigen Einfalt ihresLebens, sie waren gehoben durch Ehre, Macht, Guterbesitz, wie durch Leibes- krafte, Schonheit und Bildung. Von den Heerftihrern aus alten Konigshausern ? von den Konigen selbst gait dies im hoheren Grade. Hatten letztere vor dem Adei nur Vorrang, keine Herrschaft uber ihn, so erscheint der Zustand des Land- manns fund landliches Gewerbe war ja das alJgemeinste im damaligen Griechenland) desto gedruekter. Unter jenen Be- giinstigten konnte mithin nur diefrische, voile Kraft des Men- schen sich entfalten. Ihr freies, ritterliches Leben, unter Jagdbelustigung , Walfeniibung und Krieg oder beim gemein- schaftlichen Mahle , gestattete jenes unverkummerte Gedeihen kraftiger Naturen. Hiernach bestimmte sich denn auch ihr Antheil an offentlichen Handlungen in der Versammlung der Gemeine und in der Schlacht. Wie dort das Wort der Edlen entschied, so hier der Kampf, oft Zweikampf, unter ihnen. Es ist unnothig dieses Bild der Homerischen Welt weiter auszuraalen, da jetzt, unter uns Deulschen zuuial . die Kennl- niss derselben allgemein vorausgesetzt werden kann. Das religiose Denken von den Heroen und ihrem offentlichen Dienste wollten wir kurzlich liberblicken. Beides erwuchs aus jenem Zustande des heroischen Alters. Das Volk wusste nicht an- ders , als dass jene Adelichen seine Vorstreiter und Vertreter seyen. Auf ihren Schultern ruhete die Last des Krieges, auf ihren Geist stutzte sich das gemeine Wesen. Und jene Heer- fiihrer und Konige an ihrer Spitze, sie vvaren und hiessen avaxres, Besorger, Verweser, wie die Gotter selber. Was Zeus unter den Gottern war, war Agamemnon unter den Men- schen. Die Herrschaft der Konige kommt von Zeus, dem obersten Konig und so auch das Vermogen zu herrschen, Leibeskraft und Leibesgrdsse, Muth, Entschluss und Weisheit. Daher denn ein solcher Heerfiihrer nicht nur gotterahnlich, deoeidijq, io-ofcog, sondern in jener Beziehung besonders dio- ysvijq, dioTQ®Q6vr\oav). Wenn uns der Name Astrabacus an den Esel erinnerte, so erinnert uns 738 Gesetzgeber des Alterthums auch an diesen Volksglauben die heilsamsten Grundsatze der Moral anzuknupfen. Dieselbe ethi- sche Haltung darf man freilich nicht in alien Sagen suchen, womit das Griechische Volk sich trug. Mehrere davon sind jedoch recht charakteristisch. Der base Heros von Temessa z. B. war zum allgemeinen Sprichwort geworden (Aelian. V. H. VIII. 18.). Diese Geschichte spiegelt den alten Wahn des gemeinen Mannes recht augenscheinlich ab : Einer der Gefahr- ten des Ulysses hatte an Italiens Kuste im trunkenen Muth ein Madchen von Temessa geschandet. Die Einwohner nah- men auf der Stelle Rache, und steinigten ihn. Nun ward der Geist (jfraiuiDv) des Getddteten sofort ein Wurgengel fur die Gegend , der mit Morden der Burger jung und alt gar nicht abliess, bis das Orakel zu Delphi den Einwohnern rieth, den Heros (JBquj^ zu versdhnen durch Stiftung eines Hains , eines Tempels und durch jahrliches Darbringen der schonsten Jung- frau. Dies sollte einst eben wieder geschehen , als der Locrier Euthymus, ein trefflicher Faustkampfer , der sich durch seine Siege zu Olympia eine Statue verdient hatte, von Mitleid und Liebe bewegt, den Kampf mit dem Damon unternahm und gliicklich bestand. Der bose Heros ward aus dem Lande ver- der Name seines Bruders und Gefahrten Alopekos an den Fuchs ; und wir denken sogleich an Aegypten , wo der Esel als ein Typhonisches Thier nicht bios wegen anderer Beziehungen , sondern auch seiner Farbe wegen, welche der eines Fuchses so ahnlich ist, gehasst und verachtet ist. — Aber auch siderische Beziehungen diirfen wir nicht iibersehen. Denn Astrobacus C^aiQo^axoq, wie einige Handschriften haben) erklaren die Alten bereits durch aatgovofioq , einen Sternseher, Sterndeuter, be- geisterten Seher und Sanger, der auch mit Bacchus und den Silenen oder Satyrn in Verbindung tritt , wie ich anderwarts gezeigt habe. Eben er, der Lacedamonische Landesheros, wird daher auch von Clemens dem Alexandriner den Damonen zugezahlt (s. Protrept. p. 35. Potter.). Da ich im ersten Theile meiner Commentatt. Herodott. §. 2t. p. 24l — 270. diesen ganzen Gegenstand ausfiihrlicher behandelt habe, so moge es mir geniigen, aufmerksam gemacht zu haben, wie der Landesheros zugleich als ein Damon in diesen alt-Griechischen Vorstellungen hervortritt. «m 739 trieben, und verschwand unter den Wellen des Meeres, Die schone Jungfrau ward des Wohlgemuthen Euthymm Weib , und von Stund an war Temessa von der Plage erloset. Der Sie- ger erreichte ein hohes Alter, und auch jefzt entging er dem Tode. Er stieg in den FIuss Cacinus hinab, der das Gebiet der Locrier von dem Rheginischen scheidet, und ward nicht niehr gesehen, gait aber seitdeui bei seinen Landsleuten fur einen Sohn des Flussgottes. — Noch in der liomischen Periode zeigte man die Copie eines alten Bildes mit mehreren Figuren von Gottern und Menschen, und darunter den bosen fferos von Temessa, schwarz und furchterlichen Anseliens und mit einer Wolfshaut l ) bekleidet f Ael. 1. I. Pausan. VI, «.). In wie weit hierbei ein Betrug statt gefunden , Jjegt ganz ausser unserer Uutersuchung. Auch der Betrug musste auf den Volksglauben gebaut seyn; und diesen beurkundet die Ge- schichte sehr charakteristisch. Znvorderst beweiset sie die alte Meinung von der Existenz boser Heroen, sodann zeigt sie in mehreren Zugen das Angriinzen der hei oischen Wesen ans Damonische und ans Gottliche. Jener Euthymus war ja selbst ein damonischer Mann Qdaipovioq) in jedem Sinne, besonders durch seine Starke und durch seinen Muth. Jene gewann ihm den Sieg zu Oiympia und eine treffliche Statue von der Hand des grossen Kunstlers Pythagoras. Auch zeig- ten die Locrier noch spat einen Kiesenstein , den er vor seine Hausthure gewalzt hatte (Aelian. a. a. O.). Er war also selbst wie jener Heroen einer. Sodann , als Mitleid und Liebe seinen edlen, strebenden Geist jede Gefahr vergessen raacht, bewahrt sich dieser sein Geist als der grossere, sfarkere. Also Damon uber Damon. Ein herrschender Zug alten Volks- glaubens. In diesem Giauben sagte auch der Aegyptische Wahrsager zum Antonius, sein Genius sey edel und hohen Strebens, aber vor dem Genius des Octavius bebe er doch 1) Der Leser wird hier von selbsfc an die bose Bedeutung des Wolfs und an die Wolfsmenschen oder Wehrwolfe denken, Creu%er's deutsche k Schriften. Ilf, 3. JVj 740 feige zuruck. Hier uberwaltigt der edlere Damon des Euthy- mus den thierischen Plagegeist des Heros. Der gebandigte Damon gehet unter ini Meere, und den betagten Euthymus, der den Tod nicht fiihlen soil;, nimmt freundiich der vaterlan- dische FIuss auf. Hier granzen Natur und Geist im Ahnen alter Volker nahe an einander. Was den Wilien beweget, was uber des Menschen Sinn und Leben waltet, das beweget auch die Elemente, das waltet auch in der Tiefe des Meeres und in dem dahingleitenden Flusse. Dass jener Zug nicht zufallig ist, beweiset seine Wiederkehr in ahnlichen Volkssa- gen. Noch heut zu Tage lasst der gemeine Glaube Gespen- ster in Flusse *) und Walder bfinnen; und von den Wal- dungen des Parnassus, aus Griechenland heriiber zu dem Italischen Sybaris hin, tonten ahnliche Laute eines alten Volksmahrchens. Dort am Fusse des Parnassus, bei Crissa, hausete ein weiblicher Plagegeist von furchtbarer Grosse und Gestalt, Sybaris, auch Lamia genannt. Hier fielen schone Jiinglinge als Opfer, bis einst Eurybates 2 ), des Euphemus Sohn, aus Liebe zu dem schonen Alcyoneus, der eben als Opfer fallen soli, die bose Sybaris von den Felsen des Par- nassus heruntersturzt. Sie zerschmettert den Kopf an einem Steine; aus diesem Steine entspringt sofort eine Quelle, Sy- 1) Ich erinnere hier an den bbsen Damon Sintes. So verstand der Paraphrast des Homer, Demosthenes, die Stelle in der Odyssee XI. 597. — %6r 3 unooTQtxpuoY.t y.QUTaiiq , von einem starken Damon, Namens Cratais, der dem ungliicklichen Sisyphus i miner wieder den Stein vom Berggipfel herabwalzt; s. Eustath. zu der angefiihrten Stelle p. 460, 9 sqq. Im Kwolften Gesang der Odyssee vs. 124. heisst die Mutter der Scylla Kra- tais QKoaTcdq)* 2) Ueber Evovpuxri<; und Evqv(Jutoc;, so wie iiber Evovpaxoi, in der Mehrzahl, wovon man viele Sagen hatte oaau Tiooxtyotoiv fW&ra* Evqvfiuxoiofi-, s. Eustathius zur Odyssee XIX. 247. p. 694 Basil, vergl. ihit Ephori Frag mm. Marx. p. 207. Es liegen hierin vielerlei Fabeln und Traditionen. Die Stelle des Eustathius ist zum Theil aus des Gre~ gorius Commentar uber Heimogenes p. 925. genottiinen. Ijaris genannt, woher nachgehends die Stadt der Locrier Sybaris in Italien den Naraen erhielt (Antonin. Liber, cap. 8. #us dem Nicander). Auch hier ahnliche Zuge, Der Held, der die Lamia bandigt und besehwichtigt, ist des JEuphemus Sohn. Wie dort der Sieger selbst Euthymus, der Wohlge-* muthe, heisst, so heisst hier der gliickliche Kampfer Sohn des Euphemus , der Sohn des guten Wunsches, oder der gliick- lichen, bindenden Formel. Mit heiliger Stille und niit dem o-uten Worte des Heils soli besonders auch den Heroen ire- dient werden (Porphyr. de Abstin. IV. p. Ferner auch ihn den Eurybates, wird ausdriickiich bemerkt, hat ein Dfc mon (Saipwv) des Weges nach Crissa gefuhrt. Also auch hier wieder Geist gegen Geist. Endlich geht auch hier die aufgelosete Natur des bosen Geistes in lebendiges Wasser uber, sein Wesen stromt mit der Quelle fort und fort, und wenn Euthymus ira Glauhen seiner Landsleute Sohn eines Flussgottes heisst , so musste Eurybates wenigstens , nach der Delphischen Sage, sein Geschlecht vom Flusse Axius herlei- ten. Der Mythus von dem aus dem Blute des Wunderwesens Marsyas entsprungenen Flusse dieses Namens, so wie andere ahnliche, beruhet auf demselben Grunde. Das eigenthumliche Seyn und Wirken jedes Wesens ist sein Genius (J5ai^ajv) 9 Er ist der gesammelte Strahlenpunkt seiner Krafte 9 die wir- kende Ursache seines eigenthumlichen Bestehens, sey es Quelle, Pflanze, Thier oder Menscli , und mithin bald regsames Leben, Vegetation, bald Instinkt, bald Sinn, Character, Art und Wille. Wie diese Griechische Religion der Phantasie alle Eiemente beseelte und somit eine Menge von Naturgeistern ^etzte, so erblickte sie in der Stufenreihe kraftiger mensch- licher Individuaiitaten eben so viele Damonen. Was in den verborgenen Tiefen der Natur ruhet und waltet, so wie was im dunkelen Hintergrunde der Menschenseele ruhet oder das Ausserordentliche einer Menschenkraft — das Alles gehort in diese n damonischen Kreis. Wo eine unerklarliche Macht wir- ket in Natur oder in Freiheit, zum Heil oder Unheil, da ist ^ 742 etwas Damonisches. Dieser Glaube der blossen Phantasie weiss suniichst noch eben so wenig von ethischem Unterschied zwi~ schen Gut und Bos, als er in diesem schtvebenden Gebiete be- stimmte Abiheilungen von Hoch und Hoher , heroisch, damonisch oder gottlich lcennt. Jener Faustkampfer Euthymus war ein Wundermensch durch Kraft und Wiilen. Was er that, schlug zum Heile aus. Der Faustkampfer Cieomedes von Astypalaa war nicht minder stark. Auch er errang den Sieg. Aber weil er im Kampfe den JLeib seines Gegners Iccus mit einem Schlage aufriss, so versagten die Hellanodiken ihm den Preis. Daruber ward er schwermuthig. In diesem Wahnsinne reisst er zu Astypalaa, als ein zweiter Simson, einen Pfeiier um, auf dem das Dach einer Schule ruhete, und sechszig Knaben werden unter den Ruinen begraben. Die Burger wollten ihn steinigen. Er fluchtet in den Tempel der Athene, und als man einen Kasten , worin er sich verborgen, zerschlagt, fin- det man keine Spur von ihm. Das deswegen befragte Orakei befiehlt den Astypalaern , den Cieomedes als den letzten unter den Heroen zu verehren x ). So ruhete auf Cieomedes gleiche Wunderkraft. aber sehr ungleiches Geschick. Was er that, schlug zum Unheil aus. Dennoch endet er ehrenvoll, und lebet im Voiksglauben und Volksdienst als Heros fort, so wie Euthymus ais Gott des Flusses gilt, in den er entschwun- den war. Diese ganze Unbestimmtheit verschmolzener Begriffe hat der Griechische Sprachgebrauch im Worte daipovioq auf be- halten. Es bezeichnet einen ausserordentlichen Menschen bald als thatig und wirksam gedacht, wie dort Agesilaus fiber den in Sparta eindringenden Epaminondas das Wort aussprach, bald als leidend und unter dem Einfluss hoherer Machte, nach seinem Geschick betrachtet, nach dem Sinne seines Lebens, roithin gliicklich, ungliicktich. Daher schon der unbestimmte Q Oenomaus beira Euseb. Pr. Ev. V. 34. Pausau. VI. 9. 3. Aelian. V. H. XI. 3. 743 Gebraucfa, in welchem Homerus dieses Wort so oft nimmt, wodurch es haufig zu einer allgemeinen Anrede wird, oder audi im tadelnden Sinne gesagt wird. Beispieie werden jedem Leser dieses Dichters in Menge einfallen. Schon die Alten haben darauf aufmerksam geuiacbt (s. z. B. FJutarch. de Isid. p. 360 F. und 361 A. p. 475 sqq. Wy(t.) Die Bedeutung, in der Homerus das Hauptwort daluuiv fur Gott selbst nimrat, wurde oben bemerkt. Auch das Substantiv bai^oviov schliesst sich diesem Sinne an, wovon Aristoteles (Rhetor. II. 23.) schon die sehr gute Erklarung giebt : es bezeichne einen Gott oder eines Gottes Werk. Hier iniissen wir auch des Verhaltnisses zwischen Heroen, Damonen und Gottern gedenken, wie es sich in Sprache und Meinung des Volkes zeigt. Ein systematiscbes Unterscheiden wird man, nach dem Bemerkten, hier nicht ervvarten; aber eine Art von Grundriss eines geordneten Gebiets scheint doch iin Helldunkel des Volksglaubens durchzuschiramern. Eines- theils treten, wie wir sahen, die Heroen Q'B^cueg) und Damo- nen Qz/alpovsg) in geschichtlicher Wurdigung uber die Men- schen (jxvdQa>rcoi), als uber die jetzt Lebenden. So nach der Darsteiiung des Hesiodus, der in naherer Vorzeit Heroen nennt und in dem ferneren Hintergrunde der Vorwelt zweier- lei Damonengeschiechter. In diesem Sinne werden also die Damonen in die historische Reihe (urn so zu sprechen) mit auf- genommen. Gleichwohl fuhlte auch der geraeine Sinn der Alten einen Unterschied des Heros and des Damon, der zu- nachst mit jenen Bestimnjungen einer formlichen Damonologie nichts zu thun hat, wovon sich im Hesiodus Spuren zeigen. Daruber lasst der Sprachgebrauch, als die eigentliche Volks- stimme, sich deutlich vernehmen. Man kann nicht in Abredc stelien, dass bal^mv und ifecoq oft von einem und demselben Wesen gesagt werden konnte und gesagt ward Der Heros von Temessa hiess und konnte auch der Damon von Temessa heissen (Pausan. VI. 7.). Aber keine dieser Bezeichnungen war mit der andent voilig synonym, Fassen wir jenes Voiks- 744 toahrchen mit seinem einzelnen Wortgebrauch einmal etwas fiaher ins Auge: Der Eauslkarapfer Euthymus, heisst es, ging nach Italien zuriick, und dort kampfte er rait dem Heros (jigoq top "floaty Hier konnte noch nicht Damon gesagt werden. Es wird uns erst das in der Sage beruhmte Wesen angekiindigt^ wozu auch in solchen Fallen der Artikel, als Ansdruck einer gangbaren Sage, mithilft. Nun geht die Er- zahiung fort bis zura Tode jenes Gefahrten des Ulysses, wo wir dann von dem Schaden horen, den der Geist [dai* f«w v) des gesteinigten Menschen [dv9pajnov~) gethan hatte* Hier heisst der vom Leibe get re ante Plagegeist, oder die personiiicirte schadiiche Kraft, naturlich SaifAajv. Darauf folgt die Erwahnung des Orakels, wonach sie ihn versohnen sol- len* Wen? den Damon? Nein, jenen Ulyssesgefahrten , der Von ihnen erschlagen worden , wodurch sie gegen Helden und Schiitzlinge der Athene gefrevelt hatten > wenn gleich Ulysses ohne Nachfrage nach ihm weiter gesegelt war 5 also wieder den Heros (rov "Eqvj), Nun folgen die Jahre des Jungfrauen- tributs, wodurch der Geist [dalpajv) abbezahlt wird, bis end- iich der Zufall den Euthymus nach Temessa fuhrt, gerade zu der Zeit, als man das Herkommliche that — dem Damon (daLy.ovt). So muss es jetzt heissen, denn jetzt ist von dem Unglucksgeiste die Rede 5 weichen die Jungfrauen furchten mtissen. Es folgt des Euthymus That. Er halt den Angriff des Damons (daipovog — so heisst jetzt die furchtbare feind- sselige Kraft) standhaft aus, und bandigt ihn* Und nun wird jener aus dem Lande getrieben, und verschwindet im Meere* Wie heisst er hier? der Heros (6 "Ho to i). Eigentlich war ja der Plagegeist, der Damon gebannt. Es heisst aber jetzt: der Heros war vertrieben ; d. h. jener Urheber des ganzen Jammers , von dem man so lange gehort > der immer wieder gekommen war, dieser konnte nun nicht wieder kommen: jener base Mann, der in seinem frevelnden Thun die Bewoh- ner des Ortes bis zur Verzweiflung gebracht, der fiir sein Unrecht nur verdiente Strafe gelitten* und dennoch fortwah*- rem} Rache suchte; daher ihn denn auch das Volk in dem Denkspruch : der Heros von Temessa kv TsueoTj t! Houjg) als ein Exempel aller Ungerechten hinstellt, die Genugthuung fordern , wo sie solche zu leisten hatten. Es ist also die ganze historische und menschliche Personalitat in jenen Worten be- zeichnet: „der Heros war ins Meer gebannt^. Zuletzt wird des Gemaldes gedacht, worauf man neben der Here, neben dem Flussgott Calabrus, der Quelle Calyea und der Stadt Temessa , mitten unter den Einwohnern dieses Ortes auch den erblickte, den Euthymus vertrieben hatte. — - Jetzt heisst es vvieder dalpcov, denn jetzt sollen wir horen, wie im Bilde das Gespenst l ) aussah , d. h. der verfinsterte , bdse Geist des erschlagenen Menschen, dessen schwarze Seele sich, auch vom Leibe getrennt, mit schwarzer, furcht barer Hulle umge- ben hatte. — Gleichlautend mit dieser Volkssprache 1st die Natursprache des Homerus. Gleich in dem Eingange zur liias wird der Seelen der Helden (jpv%al voujojv^ gedacht, die Achilles zur Unterwelt sendete, und hinzugefugt, sie selbst (avvovg^) habe er den Hunden und Vdgeln zum Raube hin- geworfen. [S. Plotin. I. 1. extr. mit meiner Note p. 6 ed. Oxon. vergl. IV. 3. 27.] Und wer erinnert sich nicht vieler andern Stellen, die diese kindische, populate Anthropologic verrathen? An andern ist von den Schatten Qeidcuka) der He- roen die Rede, die in der Unterwelt sind , wahrend sie selbst uber der Erde schweben, in der Luft u. s. w., oder, wie es in den Herakleen hiess, Herakles Schatte ist beim Ades, er selbst, sein verklartes Wesen, ist im Oiymp bei den Gottern. Immer ist hier Heros (jjpws) der ganze Mensch , der geprie- sene Held mit Leib und Seele. Was die Sprache so trennl. dessen Unterschied liegt im Verstande oder zum wenigstcn im Gefuhle des Volkes. Es ist mithin Damon (daifAojv)* dass t) Sonst konmit auch das Wort yaofice (Erscheinun^ . GusuensJo vojb dene-n vor, die bald ^uif? bald datpoveq lieissen; s. die Note xn den Conarnentt. Herodott, P. I, p. 233 sq. ich so sage, das empfundene , das gefuhlte Abstr actum einer Individuality , es ist das, wodurch jedes Einzelnwesen seinen eigenthumlichen Bestand hat: die Elemente (Quell-, Fluss- geist — Feuer-, Erdgeist u. s. w.), die Y T egetabilien (Baum- geister u. s. w.), so wie im Menschen die abgesondert an- geschaute Individual itat in Phantasie, Verstand , Willens- kraften u. s. w. Heros (^w<;) hingegen ist zuerst die Bezeichnung des ganzen, natur lichen Menschen , besonders des hervortref enden , wurdigen Menschen, des Helden; sodann und vorzuglich die historische Erscheinung einer imposanten Personality , das Biid eines grossen Menschen der Vorzeit in seinem ganzen Seyn und Handeln. Triflft der Blick im pragnanten Moment einer grossen That die Kraft, die sie verrichtet, dann sagt der bevvundernde Zuschauer: dcupd- vioq, und damit meint er denn den Grund dieses Thuns, den Geist der Kraft, den dafaajp, Genius 5 uberschauet er aber die Thatenreihe eines Heldenlebens, oder, die Zeiten hin- durch, jene Folge grosser Menschen, der Helden u. s. w., dann gedenkt er des Heros und der Heroen Qypaiiov). Darum redet man audi von einer heroischen Periode und nicht von einer damonischen. So sprach auch der Romer vom Genius, wenn er die Kraft bezeichnete, die einen Camiilus und an- dere Helden in entscheidenden Momenten getragen und gehoben, oder wahrend ihres thatenvollen Lebens geleitet hatte; trat er aber etwa in den Vorsaal (in das atrium) eines edlen Geschiechts, und sah darin die Bilder grosser Manner und Helden aufgestellt, so konnte er sie, im Ueber- blick der historischen Reihe, mit dem Namen Heroen be- zeichnen. In diesem Decomponiren und Person ificiren des Decom- ponirten liegt der Schliissel zur Erklarung einiger durch das ganze Alterthum hindiirchgreifenden Gevvohnheiten. Nicht ohne Absicht haben vvir daher zugleich der Romer gedacht. Dass eine potenzirte Individualist, ais Damon, als Genius gedacht- nun selbst wieder zur Person wild, dadurch ist das 747 m» ganze Genienwesen, das in den Mysterien so wesentlich ist, schon gewissennassen erklarbar. Doch, da dies noch be- stimmt eine orientalische Quelle hat, wie unten sich ergeben wird, so erinnere ich hier nur daran, inn zuzeigen, wie die- ser Theil der Geheimlehre dem Griechischen Volksglauben so zu sagen die Hand reichte, und folglich gewissermassen im Mystischen popular war. Zweitens liegt hier der Grund jener kunstlichen Personificationen, wodurch dera Geist eines Gottes oder Heros u. s. w. neben dem Gott und Heros selbst ein eigenes Daseyn verliehen und , dem Charakter des Grund- wesens gemass, seine eigenthumliche Form gegeben wird. Wir werden unten gelegentlich eines Bildwerks mit Bac- chischen Genien gedenken. Wer weiss nicht, wie viel Sinn- voiles und Liebliches die lebendige Phantasie der Griechcn in diesem Kreise geschaffen hat. Diese mehrentheils geflu- gelten Jiinglings- und Knabenfiguren , deren Schlafe man mit Blumen bekranzt sieht, und die zuweilen Schalen in den Hand en tragen, sind gleichsam die kleinen schonen Ebenbil- der der grossen Gottheiten, denen sie dienen. Mit Bewun- derung sprechen die Kenner von mehreren dieser Kunst- wesen, z. B. Winckelmann in der Geschichte der Kunst (II. p. 81 sqq. neueste Ausgabe) von dem geflugelten Genius in der Villa Borghese Diese Genien , in mehrerer Zahl einer einzigen Gottheit beigegeben, mochte ich die personificirten Momente, Tage, Stunden eines gottlichen Lebens nennen. Es sind darin die verschiedenen Stimmungen ergriffen, in denen der mensehlich gedachte Gott erscheint, bald milde 1) Man vergleiche die beiden Genien, welche den Kopf eines Wid- ders tragen — Friihlingsweihe, dem Juppiter-Ammon gefeiert, auf unse- rer Tafel XXXVII. (vergl. Erklarung p. 26.) 2ter Ausg. [Der sogenannte Genius der Villa Borghese, jetzt zu Paris im Louvre, und abgebildefc bei Bouillon Musee Vol. I. pi. 9, ist nach den Herausgebern der Win- ckelm. Werke II. 297. 2ter Dresdn. Ausg. eine Nachbildung des Praxite- JiseUen Eros tm Thespiae; woinit audi Hirt Bilderb. II. p. 218. iiberein- Himmt.j ^ 748 und freundlich, bald ernst oder wohi auch ziirnend. Man erinnere sich hierbei an jene ziirnende Isis, an den zornigen Hercules, und an die Begleiter des Aesculapius, Euaraerion (der gute Tag), Telesphorus und andere. Drittens ist aus jener personificirenden Volksdamonologie die spaterhin so sehr verbreitete Sitte der Vergotterung (\\potheose) herzuleiten. 749 $. 5. Doch ehe wir davon sprechen, mussen wir nach Griechi- svken Begriffen jene Steigerung verfolgen , wodurch der Heros zum Halbgott oder auch zum Gotte wird. Hierbei muss uns die Grundansicht gegenwartig seyn, wovon der Grieche bei ailem religiosen Denken ausging. Sein Standort dabei war immer die Erde, und die Menschenwelt lieferte ihm seine gottlichen Wesen. Die grossen Geslalten, wie sie ihm in der Stamnisage erschienen , die ausserordentlichen Bestrebun- gen ungemeiner Naturen geben ihm den Maassstab dessen was er gottlich nannte. Jene klare und scharfe Beobachtung des acht Menschlichen in Charakteren und Handlungen leitete ihn zum Gottlichen hinauf. Was von menschlichen Gesinnun- gen und Bestrebungen in seiner Art das Edelste war, und was in diesem Sinne von Stammhelden die Ueberlieferung zu tnelden hatte, das war heroisch und dem Gottlichen verwandt. Es Jag mithin im Geiste Hellenischen Volksglaubens , von unten auf, aus der umgebenden Mitwelt, den Blick aufwarts zu erheben, und mit wachsender Zeitferne das gesteigerte Menschliche immer hoher und hoher zu stellen, bis in den Oiyrap seiber hinauf. Das ist der Sinn und Ton des ganzen Griechischen Stamramythus und der Herogonie. Die Genea- iogien der Regentenhauser knupfen sich durch Gottersohne an die hochsten Wesen national er Religion selbst an. Man wird sagen, dass wir bisher dasselbe ja von alien Volkern des alten Asiens und Aegyptens zu bemerken Gelegenheit 750 gehabt haben. Dasselbe wohl, aber auf andere Weise. In jenen Religionen des Morgenlandes sind auch die Gotter X ti- ter der Stammhaupter . und letztere sollen in ihrem Seyn und Thun die Vollkommenheit jener zu erreichen streben; und in so weit steigt auch die populare Stammreligion von unten auf, Allein dort tritt in der Summe des religiosen Denkens das Metaphysische mehr hervor. Die Epiphanien der einzelnen Goiter , die Lebensgeschichten der ins Fieisch gebornen We- sen kiindigen sich mehr als periodische Ausstrahlungen aus einem Grundwesen an, in das sie zuruckkehren, und von denen sie sich nie so ganz lostrennen. Der mythische Le- benslauf eines jeden Naturgottes behalt sich fast durch und durch die Farbe der Lichtsphare, aus welcker er ausgegan- gen. Der orientalische Jahresgott z. B. wandelt fort und fori in dem Lichte des Sonnenkreises, und giebt in jedem Zeicheu und Lebensmoment seine Abkunft kund. In den Griechischen Volkssagen und Volksgedichten von dergleichen Halbgottern ist das Nationalmenschliche so uberwiegend und hat eine so grosse Breite, dass man in der Kegel nur das mythisch ver- herrlichte Abbild wirklicher Stammhelden und derenHeldenleben siehet, ausgepragt mit einigen Grundziigen aus dem Cyelus physischer Deificationen. Die Griechischen Herakleen in ihrer nationalen Menschlichkeit liefern uberzeugende Beweise. So sehr trennt sich in diesem Punkte die Griechische Volksreli- gion von dem Glauben des Orients, dass hier Konige der Vorzeit, mit himmlischen Kraft en ausgerustet, in die unge- messenen Raume der Geisterwelt entschwinden. wahrend dort im popular Homerischen Biide seibst der Olympus nur die verherrlichte Copie eines Griechischen Konigshauses ist, und Zeus nur ein gesteigertes Ideal des Stammkonigs. Der Grie- chische Mythus ist im Ganzen nach dem Mittelmaass des Menschen gemessen: in den Gottersagen des Orients herrsclu das Unendliche vor. Euhemerus und seine Anhanger hatten gewiss diesen Scheidepunkt ins Auge gefassr, als sie die ganze Zahl der Griechischen Gottheiten fur blosse vergottem 751 Menschen erklarten. Plularchus £de Isid. p. 359 sq. p. 471 sqq. Wyttenb.) widersetzt sich diesem System aus alien Kraften, and erklart sich dabei fur die Meinung derer , die jene leiden- den. trauernden und menschlich afficirten Gottheiten, wie Osi- ris, Dionysos, Isis, Ceres, fur grosse Damon en erklaren, d. h. fur Wesen, in denen das Gottliche nicht unvermischt ist, die mit solclien Regungen der Seele, mit solchen Emplindungen des Leibes begaht sind, dass sie an Lust und Unlust und am Loose der Menschheit Antheil nehmen miissen u. s. w. In diesen Halbgottheiten ist die religiose Anschauung des Orients mit dem Griechischen Volksglauben vermittelt, oder, wenn man will, hier trifft der Weg von oben und der von unten zusammen. Ein und der andere Stammheld erscheint als He- ros im hoheren Sinne. Er thut mehr als andere Heroen, er schreitet aus den Granzen der Menschheit hinaus, und voll- bringt Gotth'ches. Auf alien ruhet gottliche Kraft Mit diesen Einzelnen aber lasst der Volksglaube die ewigen Grundkrafte der Natur, die Gottheiten (nach dem Elementendienst der Griechen), auf ausserordentliche Weise in Verbindung trefen. Sie haben das Ungemeine vermocht, weil ein Gott oder eine Gottin ihnen das Leben gegeben, so dass also, wie beim Herakles, ihr eigenthumliches Wesen aus Gott war, oder weil, wie Philo (Thiod omnis bonus liber p. 881. p. 462 Man- gey) sagt, die sterbliche Mischung von dem Unsterblichen jn ihnen uberwaltigt war. In dieser Beziehung sprach man. audi gerade in Betreff des Hercules von einera reinen Leibe, von einem gottlichen Leibe (Julianus Orat. VII. p. 219 sq. ed. Spanh.), und, zum Beweise der Popularitat dieser Vor- stellung, sprachen Dichter selbst von einem vergotterten Leibe, wie Callimachus (H. in Dian. 159.). der den Herakles, seinen Gliedmassen d. h. dem Leibe nach, Gott werden lasst. Der atherische Korpertheil, der vom Vater war, stieg auf dem Oeta zum Vater auf. Daher ward Hercules auch nicht, wie andere Heroen, in den Luft- und Mondkreis versetzt, son- dern er gelangte in die Versaramlung der Olympier selbst, ^ 752 ^ und er ward als Hercules immortalis, wie er auf Munzen heisst, ein allgemeiner Gott (vergl. Spanheim zum Callimachus a. a. 0.). Hier steigt also eine Gottheit durch Zeugung ins Fleisch herab. Von diesem Vereinigungspunkte aus geht nun orientalische Gottersage und Griechischer Volksmytbus jedes seinen eigenen Weg. Wahrend jene bemuht ist, die Gotter- emanation in pbysischen Bildern (wie z. B. dort beira Attis, in den Symbolen vom Mandelbaume, von der Pinie, von der Ziege, von dem Saamen des Zeus und von der Entmannung) den Ungeweiheten offenbar zu machen. zeigt der Hellene, wie sein Gottersohn durch Thaten Bellenischer Art seine gottliche Abkunft beurkundet, und dadurch sich endiich die Aufnahme zum olynipischen Vaterhause verdient habe. Dieses Streben und Verdienen fullt den Heroenmythus der Griechen aus, und so ist dieser Halbgott dem Heros und der Hsros dem Men- schen als Vorbild hingestellt. Diesen Weg der Bestrebungen von unten auf, wie ihn die Volkssage dem Griechen vorzeich- net, fassten Einige in folgender Idee auf, die zwar philoso- phisch, aber doch ganz im Geiste des gemeinen Glaubens gedacht ist: Wie die Korper stufenweise in einander uber- gehen, so, sagten sie, sey es auch mit jener Vergotterung beschaffen. Denn wie aus Erde Wasser, aus Wasser Luft, aus Luft Feuer sich entwickein durch eine Steigerung der Natur, eben so werden die besseren Seelen aus Menschen Heroen, aus Heroen Damonen. Auf der Stufe der Damonen werden sodann einige wen ige Seelen durch lange Lauterung ganz und gar der Gottlichkeit theilhaftig; wahrend andere auf jenen Hohen sich nichi halten konnen, und wieder zur menschlichen Natur zuriickfallen (Plutarch, de OracuJ. defect, p. 415 B. p. 699 Wyttenb.). Jenen Weg der Lauterung hat- ten , wie wir sahen , die orientalischen Religionen nach ihrer Weise aufgefasst und zu einer Hauptlehre geiuacht; und daher haben ihn die Griechischen Mysterien , die folglich in dieser Heroenlehre sich mit dem Voiksglauben freundlich beruhren, Daher auch Griechische Nationaldichter, wie Pindarus, diese 753 dem gemeinen, wie dein hoheren GJauben gemeinschaftliche Wahrheit so trefflich benutzen konnten. Dies werden wir unten bei den Bacchischen Mysterien zeigen. Vorjetzt ver- folgen wir noch die popularen Vorsteilungen von dem heroi- schen Stufengange zum Gottlichen. Vom historischen Standpunkte, den Volkssage und Epos nahmen, ist mit den letzten Helden, die vor Troja gestritten, die heroische Zeit geschlossen, und das gegenwartige ist das eiserne Geschlecht. Gleichvvohl blieb die Vorstellung herr- schend, dass auch aus diesem spateren Weltalter einzelne Treffiiche die Heroenwiirde verdienten, oder zu einer noch erhabeneren Stufe hinaufstiegen. Schon Cuper (Observv. p. 330 ed. Lips.) hat daran erinnert , dass Eunapius vom Tya- neischen Apollonius wie von einera Mittelwesen zwischen Gott und Mensch redet. Dahin gehoren auch die Aeusserun- gen der Aiten fiber Pythagoras, welchen Xenocrates und Andere fur Apollo's Sohn hielten; Andere hingegen fiir einen Geist, der auf ausserordentliche Weise vom Apollo inflnirt worden sey (Jamblich. vit. Pythag. p. 5 ed. Kust.). Doch weil gegen die Popularitat dieser Sagen von Einem und dem Andern Zweifel erregt werden konnten, so erinnere ich an das aus Pausanias (VI. 9.) oben angefuhrte Orakel, das den Bewohnern von Astypalaa sehr charakteristisch verkundigt, ihr Mitburger Cleomedes sey der letzte der Heroen, und sie sollten ihm Opfer bringen als einem, der nicht mehr sterblich sey. Das war also ein Heros aus der zweiundsiebzigsten Olympiade. Aus der sechsundsechzigsten stelit Athen ein Heroenpaar in seinem Harmodius und Aristogiton auf. We- nigstens versetzt jenes beruhmte Scolion des Samiers Calli- stratus (beiin Athenaus XV. p. 695. B. p. 540 sqq. Schweigh.), das doch als ein rechtes Volkslied gelten muss, den Harmo- dius in die Insein der Seeligen neben Achilles und Diomedes. So lernen wir auch aus Charon beira Plutarchus (de virtutib. raulier. p. 45. s. Historicc. graecc. Fragmm. p. 111.) cine Heroine Lampsace kennen , die gegen die ein und dreissigste *m 754 Oiyrapiade gelebt haben muss; und so liessen sich, wenn es nothig ware, noch viele Beispiele haufen. Das letzte kann auch als Beweis der ira Griechischen Volksdienste mitunter eingefuhrten Vergotterung der Heroen gelten. Gedachte Lamp- sace hatte, gegen das harte Begehren ihrer Landsleute, der Bebryker , eine ganze Colonie von Phocaern vom Tode geret- tet Als die Retterin bald darauf gestorben war, hatte die dankbare Gemeine ihr Heroenehre zuerkannt Nach einiger Zeit ward in bffentlicher Versammlung beschlossen , sie als Gottin zu verehren. Vielleicht ward dieser neue Beschluss durch eine Sage motivirt, dass die edle Retterin von einer Gottheit ihr Daseyn habe. Es sagt zwar der genannte Logo- graph davon nichts. Auch fmden sich sonst Spuren von wirk- licher Vergotterung Griechischer Heroen, die nicht Gotter- sdhne waren. So ward z. B. Menelaus von den Bewohnern von Therapne, neben der Helena, erst als Heros, dann als Gott verehrt (Isocrat. Helen, encom. cap. 27 fin. p. 359 Lang, p. 218 Coray.). Ein Exempel von zwiefacher Verehrung Eines VVesens haben wir oben am Herakles gesehen. Schriftstelier, wie Herodotus und Plutarchus (de Isid. p. 361 E. p. 482 Wyt- tenb.), die die Identitat des auslandischen Gottes Herakles mit dera einheimischen Heros einsahen, billigten diesen dop- pelten Dienst. Ira gemeinen Glauben aber hatte die auf die- sem Sohne des Zeus ruhende Gotteskraft es ihm moglich gemacht, die Wohnung im Olympus zu verdienen. Helena, des Juppiter Tochter, wird aus einer Halbgottin in der Folge auch zur Gottin. Den Diomedes, horten wir, versetzte ein beruhmtes Volkslied unter die ubrigen Heroen in die Inseln der Seeligen. Allein eine sehr alte Sage, der Ibycus und Pindarus folgten, kannte ihn als Gott (Pindari Nem. X. 12. ibiq. Scholiast, [vergl. Schneidewin ad Ibyci fragui. XX. p. 156 sq. und Prelier ad Polemon. p. 49 sq. J). Athene hatte ihm die Unsterbiichkeit verliehen, deren sein Vater Tydeus durch eigene Schuld veiiustig geworden war. lm Thebani- schen Kriege hatte ihn Menalippus verwundet. Daruber ^ 755 ergriramte er so sehr, dass, als Amphiaraus ihra den Kopf des erschlagenen Melanippus brachte, er dessen Hirn oder, nach Euripides (im Meleager; s. Schol. laud, vergl. Valcke- haer Diatrib. ad Euripid. Reliq 756 Aeneid. XI. p. 636 sq.). Allein gerade die Diomedeische Sage, so wie das oftere Wiederkehren desselben Zugs in andern, kann uns einen Wink geben, dabei nicht stehen zu bleiben. Vogel waren ini hoheren Alterthume schon natur- liche Bilder der Mittelwesen. der Damonen und Heroen, die man sich, jenen ahnlich, als Bewohner des Luftkreises dachte. Jene wachsanien und scharfsehenden Geister, die als gottliche Huter und Boten uber Landern und Menschen schweben, dachte sich der alte Perser unter dem Biide von Vogeln. Merken wir nun auf die Vorstellungen der Perser von ihren Feruers, als den gottlichen Theilen der Menschenseele , als unsterblichen Wesen und Wachtern uber die Guten , und erinnern uns des Mythus von den aus der Asche des Heros aufsteigenden Memnonischen VogeJn , so werden wir es vvohl nicht so ganz unvvahrscheinlich finden, dass das Alterthum unter dem Bilde jenes heroischen Gefliigels die Immaterialitat und Reinheit, so wie die Wachsamkeit jener verklarten See- len hoher Stammhelden verstanden wissen wollte. Im Mythus vom Diomedes ist zugleich der Gegensatz nicht undeutlich angedeutet. Jene materielle Gesinnung des Tydeus, jene Wuth, die ihn sogar bis zum Menschenfleischessen treibt, solche Grauelthat macht diesen rohen. thierischen Aetolier zn der Gotterwiirde unfahig. Dagegen der edlere Sohn lebt als Gott, und ist vom Tribut aller Sterblichen befreit 5 oder, ist auch sein Leib gestorben, so erheben sich uber dem Grabe, neben dem Platanus, die gleichsam mehr atherischen Vogel. Wer sich erinnert. was wir im ersten Th. p. 107. 2ter Ausg. von der bildlichen Bedeutung des Schmetterlings in Bezug auf die Seele bemerkten , wird diesen Ideengang nicht unwahr- scheinlich finden. Der erste unter den Lichtgeistern , Ormuzd, hatte unter den Vogeln den Habicht und Adler zum eigenthumlichen Bilde. Die Griechen und Rbtner kannten den letzteren als Vogel des Juppiter: und auch dem Romischen Imperator, als dem irdi- schen Juppiter, war der Adler geheiligt. Hiermit hing auch die Sitte zusammen, dass man bei der Apotheose eines Rbmi- schen Kaisers von dem angezundeten Katafalk auf dem Mars- felde einen AdJer emporsteigen liess, der die Seele des Kai- sers gleichsam sichtbarlich zum Olympus hinauftrug *). Dass die Griechen schon die Idee von dem die Seele emportragen- den Adler hatten, dass daher auch auf der Pyramide, die Alexander dem Hephastion anzunden liess 4 ), fiber den Fackein Adler angebracht waren, und dass das Ganze sich in orien- talische Ideen und symbolische Gebrauche im Dienste der grossen Sonnengbtter, wie z. B. des Phonixtragers Herakles, verliert, leidet keinen Zweifel, und bedarf, nach dem Obigen, keiner weiteren Ausfuhrung. Ueber die Ausbildung der Vor- stellungen vom Vergotterungsadler bis zu dem Mittelalter herab hat Bottiger (Vorles. uber Kunstmythol. p. 68.) die Belege beigebracht. Dieser Gebrauch der Apotheose, wie sie in Rom einge- fuhrt war, geht zwar zunachst von dem Etrurischen Genien- wesen aus, dessen ich im Vorhergehenden schon gedacht habej dieses seibst aber beruht am Ende auf Vorstellungen, welche in der ganzen Vorwelt verbreitet waren, und durch altere Thracische und 8amothracische Institute zu den Grie- chen wie zu den Etruskern kamen. Der Sinn, in welchem ein Mensch handelt, die Gewohnheit seines Lebens, die Kraft, womit er, wenn es gilt, thatig ist, das Alles hiess, nach altem Glauben , sein Genius. Er heisst der Begleiter des Le- bens (offadoq oder ovvonadoq; Jambiich. vit. Pythag. cap. 2, 8. p. 5 Kust.), und in wie fern er die Seele zum Hoheren Ieitet, des Lebens Mystagog (juvcrrayajyoq tov fiiov ; Menan- der beim Ammianus Marcellinus XXI. 14. [und bei andern Schriftstellern 5 s. Meineke ad Menandri Reliqq. incerta fragg. XV1I1. p. 203; vergl. Gaulmin und Boissonade zum Michael 1) Dio Cassius lib. LVI. 42. LXXIV. 5. Herodian. IV. 2. 22. 2) Diodor. XVII. 115. vergl. Saintecroix Examen critique des Hist. d'Alexandr. p. 468 sqq. 48* 758 Psellus de operatione daemonum p. 264 s(j. 5 und jetzt meine Annott. in Plotin. III. 4. p. 160, wo ieh die Differenzen in den Meinungen der Allen beinerkt babe, indem Einige zwei Gcnien als Regenten jedes Menscben annahmen, einen guten und einen bosen, Andere dagegen behaupteten, Ein Damon regiere vieie Seelen 11. s. w.]). Er wird auch wohl der Gott der nienscblicben Natur (naturae Deus humanae 5 Horat. Epist. II. 2. 188.) genannt: und das Gestirn, in dem der Mensch geboren worden, und unter dessen Einfluss er stent, ist doch wieder unter die Leitung des Genius gestellt (ebendaselbst). Jhn also zu gewinnen und zuna Freunde zu behaiten, war eine Hauptsorgc des Lebens, ihn, wenn er sich verfin- slerle, zu versohnen und zu erheitern, ein Hauptgeschaft. Nacb der Unbestimmtheit , die diesem Theile des Volksglau- bens eigen ist, nehraen Einige Einen Genius als Vorsteher jedes Menschen an , der bald hell , bald dunkel , bald weiss, bald schwarz sey (wie Horatius a. a. 0.)$ Andere zwei, einen guten und einen bosen. Nach mehreren Spuren in alien Schriftstellern und in Etrurischen Bildwerken zu schliessen, war dieser Duaiismus in der Damonenlehre sehr alt. Hiernach ward unter beiden ein Slreit gedacht, wer von ihnen uber das Leben eines Menschen vorwalten sollte. Ira Griechischen Volksglauben tritt, wie die Damonenlehre uberhaupt, so auch diese Zweiheit wenig hervor. Von einem Genius, der uber die Perioden und Momente des Lebens waltet, finden sich Spuren. So sprichl Callimachus von einem Damon des mor- genden Tages [Aaipova rig so olds tov avQtov ; Epigramm. nr. XV. p. 288 ed. Ernest.) und Horatius (Epist. II. 1. 144.) von einem Genius, der des kurzen Lebens eingedenk ist. Daher die Ideen vom Genuss des Lebens mit denen vom Ge- nius zusammenschmolzen , wie die Romische Sprache in ihrem ^indulgere genio, defraudare genium" und ahnlichen zu erken- nen giebt. Je starker nun dieser Vorsteher des Lebens ist, und je gunstiger dem Menschen, uber den er waltet, desto vollkommener und glucklicher ist dieser. Wo der kraftige ^ 759 ^ Genius mit standhafter, treuer Vorliebe alle Handlungen eines seltneren Menschen zum Ruhm und Heile Jenkte, da verehrle der bewundernde Mitburger den gottlichcn Geist, und so ward ein solcher Auserwahlter QdaifAovtoq)^ wie jener Euthymus von den Locriern, auch wohl als Gott nach seinem Tode an- gebetet. Die Geschichte der Ptolemaer in Aegypten gedenkt ahnlicher Vergoiterung. Der Sohn beehrte den Vater, seinen Reichsvorfahr darait. Die Achaer widmeten ihrem Aratus nicht bios Heroendienst, sondern formliche O-pfer (Casaubonus ad Sueton. Caes. cap. 88.). Bei jeder ausgezeichneten Natur betrachtete man mit Verehrung ihren hohen Genius. Das theilte sich ganzen Menschendassen und Standen mit, wie dort den Heroen in der Homerischen Welt. Im alten Rom standen der Herr und die Frau eben so hoch im Verhaliniss zu ihren Sclaven. Es ward daher Sitte , dass letztere bei den Genien ihrer Herren, und die Magde bei den Genien (Ju nones) ihrer Frauen schwuren '). Hiermit hing die Con- secration verstorbener Aeltern in der Privatreligion ihrer Kin- der zusammen, und damit die VergdUerung des JuKus Casar durch Augustus (Casaubonus a. a. 0.). Nun schwur auch das ganze Romische Reich beim Genius des Augustus und seiner Nachfolger. Aus diesen unter Griechen und Romern verbreiteten Vorstellungen ist die Sitte der Apotheose Kosm- scher Kaiser erwachsen. In fruheren Zeiten war das Rei- spiel des Romulus das einzige. Die Griechen gaben nachher das erste Exempel dadurch, dass sie Romischen Feld herren und Proconsuln Altare, ja zuweilen Tempel widmeten, und auch der personificirten Roma gottliche Ehre erwiesen. Nun ward der Genius des Augustus mit der Fortuna von Rom ge- meinschaftlicher Bewohner von Tempeln, bis man endlich zur volligen Apotheose der Kaiser uberging; wobei die Vorstel- 1) [S. jetzt Hertzfoerg de Diis Rom in. patriis, cap. 3, de ge- niorum natura und cap, 5, de genio virorum efc de Junone mulieruiu p. 17 — 22/] 760 lung voin Vater des Vaterlandes und die in manchen Romi- schen Privatreligionen schon ubliche Consecration der ver- storbenen Aeltern mitwirkte. Diesen Ursprung der Vergot- terungen Rdtnischer Kaiser hat, nachst Casaubonus, Wieland zu den Briefen des Horatius (II. p. 78 sqq. verglichen mit p. 178.) sehr befriedigend erwiesen *). So hatte die Genienwelt auf das tagliche Denken und Reden des Etruskers und Romers den wichtigsten Einfluss. Nach dem geheimnissvolleren Geiste ihrer Religion wussten beide Volker sich viel damit. In aJlen Lebensaltern, man mbchte sagen , auf jedem Schritt und Tritt waren sie jener Mittelwesen gewartig, die in geisterhafter Unbestimmtheit, wie in Wolken, urn sie schwebten. Der Grieche uberliess den Unterricht uber diese Geisterwelt der systematischen Geheimlehre und dem Mysteriendienste , der ihn an gewissen Festperioden aus dem Kreise des gewohnten Denkens ent- riickte. Gemeinhin, im Laufe des gewohnlichen Lebens und offentlichen Tempeldienstes, blieb er auch in diesem Artikel seinem Grundtriebe getreu, die gesammte G otter welt recht menschlich zu nehmen. Daher sagten ihm jene Dam on en weniger zu, weiJ sie keine Geschichte hatten. Mithin be- gniigte sich der Volksglaube mehrentheils , sie ein fiir alle- mal an den Anfang der Zeiten zu verlegen, und sich desto mehr an die Heroen zu halten. Diese hatten ihren Mythus und Geschlechtsregister. Von einem jedem wusste man, was er gethan und gelitten, wo er gelebt und welche Lander er zum Schauplatz seiner Thaten gemacht habe. Da hatte doch Alles seine Gestalt und Haltung, und wenn auch in den Kraften und Wirkungen , die das Volk den Heroen zuschrieb, zumal bei nachtlicher Weile, das Damonische, Schauerliche 1) Vergl. auch Mitscherlich Conimentfc. de Apotheos. [Man vergl. jetzt was uber die Sagen von Rhea Sylvia, Romulus^ die Genien Rom's, der Romischen Welt u. s. w. zu den Bildern nr. 28 — 32. bei diesem Hefte bemerkt worden ist.] <*m 761 niit hindurchspielte. so waren doch auch die Geister dieser hohen Stammherren in eine mehr menschliche Nahe geriiekt, und der Hellene konnte hoffen, sie durch gehdrigen Dienst in menschenfreundlicher Stimmung zu erhalten. Wie dieser Heroendienst beschaflen war, wollen wir nun mit Wenigem bemerken. 7(,2 §• 6. Es ist oben schon ein Gesetz des Draco (beim Porphyr. de Abstin. IV. p. 380 ed. Rhoer.) angefuhrt worden, das die Athenienser anwies, den Gottern und einheiinischen Heroen jahrliche Opfer von Erstlingsfruchten und Kuchen zu bringen. Hier werden die Heroen gleich nach den Gottern genannt, ohne Erwahnung von Damonen. Das geschieht auch in an- dern Stellen der Alten, z. B. im Fragment des Heraelitus wo auf die &soL gleich die i}q(d8$ folgen. Vielleicht mochte man die Damonen in den $eoL inbegrilfen denken. Wahr- scheiniicher und mehr im Geiste Griechischer Religion sind vielmehr in solchen Erwahnungen des offentlichen Dienstes die ygajsg mit den dalpoveg ziemlich verschmolzen. Auch diese hohen Landesheroen sind Schutzgeister , Aufseher und Wachter, die liber den Landern schweben, und folglich ein damonisches Mittleramt verrichten. Der Glaube , dass ein solcher Seeliger erschienen sey und seinen Landsleuten Vor- zeichen wegen der Zukunft gegeben habe, und sonstige Winke, so wie die Hoffnung, dass er auch nach dem Tode noch fur ihr Wohl bemiiht sey, mochten wohl den ersten An- lass zu diesem Heroendienste gegeben haben (Salmasius ad Spartian. p. 39 sq. [vergl. Gaulmin und Boisson. zum M. Psel- 1) Beim Origenes gegen Celsus VII. 65. p. 740 E. de la Rue. Der- selbe Heraelitus nennt ebendaselbsfc VI. 12. p. 639. den Genius Cfaifimv') ausdriicklich ; vergl. Sclileiermaclier in Wolfs und Button. Mus. der Al- tertli. Wiss. I. p. 497 und 523. ^ 763 * Jus de oper. daemon, p. 264 sq.]). Der gewdhnliche Heroen- dienst war im Wesentlichen Todtendienst, und von der Ver- ehrung der Gotter bestimmt unterschieden. Wir wollen einige Fingerzeige in Betreff dieser Classification im Allgemeinen geben, und sodann das Nothige vom Heroencultus beifiigen. Porphyrius in der Hauptstelle (de antr. Nymph, cap. 6. p. 7 ed. Goens.) bemerkt, den Olympischen Gottern weihe man paovg, edi] und fiajpovg; den chthonischen und den Heroen i- wfxoi}^ und der bereits oben angefuhrte Hippothoon wird in tie ra Verzeichniss bei Pausanias zuerst genannt l ). Die Zahl von hundert Heroen, die uns der angefuhrte gelehrte Scholiast nennt, und die vermuthlich fast sammtlich Attische waren, kann uns einen Begriif von der Ausdehnung auch dieses Theils der Griechischen Religionen geben. Doch mochten die Athe- ner, deren deioidcupovia gerade in Bezug auf Heroendienst Aelianus (V. H. V. 17.) nennt . auch hierin wohl vor anderen eifrig seyn. Auch auf den Munzen Griechischer Stadte wurden die Heroen verewigt, besonders wenn sie zugleich Erbauer der- selben waren. So ward der Clazomenier Tisamenus von den Bewohnern von Abdera , zu deren Stadt er den ersten Grund gelegt hatte, als Heros verehrt, und auf den Munzen dieser lonischen Colonialstadt kommt eine Heroine Abdera und ver- muthlich auch ein Heros Abderus vor. Dieser war , w ie Hylas, ein Liebling des Herakles 2 ). Auf ahnliche Weise verewig- ten die Bewohner der Stadt Temessus ihren alten Heros Soly- mus, als Erbauer der Stadt, auf ihrem Gelde. In demselben Sinne verehrten andere Stadte ihre Erbauer als Heroen, ja zuweilen selbst als Gotter, wie z. B. die Bewohner von Ala- bandos und Tenedos ihren Tenes und Alabandos (Cicero de N. D. III. 15. mit meiner Anmerk. p. 547.). Auch die Erhal- tung einer Stadt war fur den Wohlthater der Ursprung von Heroenehren. So widmeten die Bewohner von Amphipolis in Thracien dem Spartanischen Feldherrn Brasidas , weil er ihre Zeitung. 1840. p. 766 sq. und auf K. Fr. Hermanns Lehrb. der griech. Staatsalterth. §. 94. p. 208 sq. 3ter Auf].] 1) Herodot. V. 66. Pausanias I. 5. Scholiast, mscr. Aristid. Panath. I. p. 336 Jebb. 2) Apollodor. II. 8, 5. und daselbst Heyne. Hygini fab. 30. p. 86. und daselbst Staver. Stadt gerettet hatte, Todtenopfer, ein jahrliches Festopfer und eine Colonie (Thucydid. Lib. V. 11.). Beispiele aus den Grie- chischen Stadtemiinzen giebt Spanheini (de us. et praest. Numism. Tom. I. p. 563 sqq.) mit reicher Hand. Ausgezeich- nete Wesen stiegen, wie wir sahen, selbst zu den Gottern auf. Die Herakleen und Dionysiaden (und von der ietzteren lnhalt muss ja im Verfolg vorzuglich die Rede seyn) hatten diese Ansicht in hoherer und niederer Stufe ergriffen. Die Herakliden, nachdem ihr Stammherr aus den Sterblichen ge- schieden war, fliichten sich, von Eurystheus vertrieben, nach Athen. In dem daruber entstandenen Kriege veriiert Eury- stheus sein Leben. Nun bewohnen Hyllus und andere Herakli- den die Stadt Theben. Jetzt stirbt Aiemene in liohem Alter. Nach Juppiters Rathschluss soil sie in der Seeligen Inseln dem Rhadamanthus vermahlt werden. Hermes stiehlt daher ihren Leib den Herakliden , die am Grabe statt der Frau einen Stein finden. Diesen setzen sie bei in einem Haine, und seit- dem sieht man das Heroum der Alcmene zu Thebe l ). So war also des Herakles Mutter Heroine. Dem Sonne erwies zuerst Athen, das die Herakliden aufgenommen und mit den Waffen vertheidigt hatte, gdtttiche Ehre, da ihm in andern Stadten bisher nur Heroendienst zu Theil geworden war (Diodor. Sic. IV. 39.). Athen gerade, man ubersehe diese Angabe nicht, das agypiisirende Athen erkennt Herakles zuerst ais Gott, d. h. den Sem-Herakles aus Aegypten selber her. Die- sem Sonnenkinde Herakles und Sonnengotte selbst feierte man auch fortan Mysterien (J oh. Lydus de menss. p. 93. p. 220 Rother.). Was mochte der lnhalt dieser Mysterien seyn? Hauptsachlich ohne Zweifel jene Verklarung durch Feuer und Licht, jene Lauterung des materiellen Menschen vom Heros zum Damon und Gott hinauf , wovon ja auch der Volksmythus in der Verbrennungsscene auf dem Oeta die Spuren aufbe- l) Pherecydes apud Antonin. Liber, cap. 33. vergl. Pherccydea p. 184 ed. sec. Sfcurz. Creuzer's deutsche Schrifteu. III. 3. AQ 772 wahrte. Das war Aegyptisch- Athenische Priesterlehre nnd fortdauernd (wie Lydus a. a. 0. vermuthen lasst) allgemeine Herakleische Myaterienlehre. In der Bacchischen Religion, wie wir unten sehen werden , trat diese Lauterungstheorie viel deutlicher hervor. Hier muss nur an eine Heroine dieses Krei- ses erinnert werden. Es war des grossen Bacchus Mutter Semele selbst. Am alten Sonnenorte, zu Delphi, feierte man ihr alle neun Jahre einen heiligen Tag. Er hiess Herois £flQoj'i<;~). Es war ein Geheimdienst, den ein t'f-Qog Xoyog erklarte. Ge- lehrte Griechen forschten nach des Festes Bedeutung. Diese sey den Thyaden bekannt, antwortete der Referent. Aus dem Hergang dabei zu schliessen , werde die Auferwechung der Se- mele vorgestelit (Plutarch. Quaest. Graec. XII. p. 293 B. C. p. 202 Wytt.). So kniipft sich also die Heroenlehre mit den Bacchischen und andern Mysterien zusammen, die uns im Verfolg beschaf- tigen werden. Im Capitel von der mysteriosen Heilsordnung werden wir das Amt der Damonen und Heroen naher bemer- ken. Vorerst werfen wir nun noch einen Blick auf die Ddmo* nologie und Heroologie nach der Lehre der Schulen , sowohl ira Morgenlande , als unter den Griechen. 773 §. 7. Es kann hierbei natiirlich unsere Absicht nicht seyn, die philosophische Damonenlehre in alle Wendungen zu verfolgen, die sie in den Systemen der Griechen nahm. Wir haben nur ihren Ursprung aus den Religionen des Orients zu bemerken, den Gang, den sie im Grossen genommen, und ihren Zusam- menhang mit der Lehre von den Mysterien. Den Ursprung der Damonenlehre aus fremden Religionen bemerkt Piutarchus £de Oracul. defect, p. 415 A. p. 699 Wyttenb.), ohne jedoch fiber das eigentliche Vaterland etwas entscheiden zu wollen. Er redet dort von den Damonen als Mittelwesen 5 die uns mit den Gottern vereinigen , und bemerkt dabei , es moge dies nun Lehre der Magier und des Zoroaster, oder Thracisches Dogma von Orpheus her, oder Lehre der Aegyptier oder Phrygier seyn, wie denn in den Religionsgebrauchen dieser beiden Volker Manches vorkomme, was darauf fuhre. Verbindet man eine andere Stelle (de Isid. p. 360 D. p. 477 sqq. Wyttenb.) damit, so sieht man, dass Piutarchus hierbei an die Osirisfeier und an die Feste des Attis und die damit zusammenhangenden Mythen dachte, denn diese ins Fleisch gekommenen Gotter erklart er dort fur Damonen. Allerdings hat der geJehrte Forscher die Hauptpunkte in jener Stelle bezeichnet, wovon alle Damonenlehre zu den Griechen ausgegangen ist. Die Phrygischen und Samothracischen Lehren von Mittelwesen und planetarischen Potenzen haben wir im Vorhergehenden nachgewiesen. Hier, wo wir auf dem Scheidepunkte des 49* Griechischen Volksglaubens von der Mysterienlehre und Or- phischer Doctrin stehen, wollen wir unsern Lesern das ins Gedachtniss zuriickrufen, was wir oben ausfuhrlicher uber die Damonologie der alten Perser und Aegyptier bemerkt haben *). bevor wir die philosophischen Ansichten der Griechen andeuten. Der alte Magismus ist ganz gewiss eine Hauptquelle dieser so ausserst wichtigen Lehre. In welchem Zweige desselben und an welchem Orte dieser fruchtbare Satz zuerst gekeimt sey, ob in Baetriana, Medien oder Babylon, niochte wohl jetzt noch schwer zu beantworten seyn. Genug, Zoroaster und seine Nachfolger hatten eine systematische Classification von Mittelwesen , die mit ihrem ganzen Lehrgebiiudc aufs in- nigste verflochten war. Darin stiinmen Griechische Schrift- steller und Parsische Urkunden zusammen. Beweise liegen in Menge vor, die ich oben a. a. 0. zum Theil angegeben habe. In Betreff der Aegyptier miissen wir hier noch die Frage beruhren: Hatten die Aegyptier denn auch Heroen? Das soli ja Herodotus (II. 50. 143.) bestimmt verneint, und nachher doch wieder, fails die erste StelJe nicht verdorben sey, in schneidendem Widerspruche mit sich selbst, durch erzahlte Thatsachen bejahet haben. So lautet der Vorwurf, den Mei- ners in seiner kritischen Geschichte der Religionen (I. p. 326.) dem Altvater der Historie macht. Es kommt hierbei Alles auf die richtige Erklarung der Worte (II. 50.) an: vo^ovm d' wv AlyvitzLOL oud' vqwoi ovdiv. Die SteiJe ist nicht verdor- ben. Wenn man weiss, wie die Griechen, und namentlich Herodotus, vo^i^siv und rd vo^i^o^eva gebrauchen (man ver- gleiche nur II. cap. 51 und 64.), so sieht man ohne Weiteres, dass hier der Geschichtschreiber wieder eine Verschiedenheit des Aegyptischen und Griechischen Cultus beraerkJich machen wollte, wie er in diesen Capiteln so oft thut. Er wollte also sagen: die Aegyptier verrichten den Heroen keinen der her- 1) S- I. 2. p. 2 1 sqq. und p. 311 sqq. 3ter Ausg. 775 gebrachten Gebrauche. d. h. nach dem ganzen Sinn und Zu- sammenhang , der unter uns Hellenen hergebrachten also keine Feier von Todestagen, keine Todtenmahle, keine Todtenopfer (JvayiaiAovf). Dass Aegypten Wesen hatte, die man nach Griechisehem Begriff Heroen nennen konnte, wusste der Ge- schichtschreiber wohl. Wir haben oben aus Plutarchus eine exoterische Ansicht bemerkt, wonach Osiris und Typhon selbst einst Menschen gewesen waren. Eine ahnliche Sage in Be- treff des Thebaischen Hermes und des Memphiters Asklepios, die aus Menschen Goiter geworden waren, beruhrt Clemens von Alexandria (Strom. I. p. 331.). Wenn dieser letztere Begriff bei den Aegyptiern vorwaltete , so konnte ganz natur- lich von jenem Todtendienst unter ihnen hierbei nicht die Rede seyn. Gerade in demselben Falle befand sich der Grieche in Betreff des Olympischen Herakles. Wollte er hier consequent seyn fund die agyptisirenden Athener wie die ihnen nachah- menden andern Stadte waren es ja), so musste ein Gottes- dienst an die Stelle des Todtenopfers treten. 776 §• 8. Diese systeinatische Damonen- und Heroenlehre fand nun u nter den Griechischen Philosophen Eingang. Dass sie auf mehreren Wegen, sovvohl uber Vorderasien als unmitteJbar aiis Aegypten, zu ihnen gelangen konnte, haben wir, nach Plutarchus (de Orac. defect, p. 415. p. 699 Wyttenb.) oben bemerkt. Dass Aegypten jedoch die Hauptquelle fur die ge- ordnete, hbhere Daraonologie der Griechen war, wird sich im Verfolg aus dem ergeben, was uber die Orphischen Schulen gesagt werden muss. Auf die Orphiker deutet auch Plutar- chus theils in der angefuhrten Stelle, theils in der andern (de Isid. p. 360 D. p. 478 Wytt.) sichtbarlich bin. Hier sagt er, Pythagoras, Plato, Xenocrates und Chrysippus seyen im Begriff von den Damonen als Mitteiwesen den alten Theologen gefolgt, womit so haufig die Orphiker bezeichnet werden. Mit jenen vier Namen sind so ziemlich die Hauptschulen genannt, die in Griechenland die Damonologie ausgebildet haben: Py- thagoras namiich, Plato und alle, die sich fruher und spater, bis nach Christi Geburt herab, Pythagoreer und Platoniker nannten, und die Stoiker, die in dieser Lehre so Vieles mit den Platonischen Schulen gemein hatten. Wir deuten kurz- lich einige Hauptpunkte an, mit nachster Beziehung auf die Mysterien. Thales soil zuerst den Unterschied der Gotter, Da- monen und Heroen vorgetragen haben (Athenagoras Legat. pro Christ, p. 28.). Nach dem , was wir aus Hesiodus wissen, muss in dieser fragmentarischen Nachricht wohl von einem Versuch systematischer oder doch geordneter Begriindung die Rede se}n, den dieser Vater Ionischer Philosophic gemacht haben mochte. Dafiir spricht auch der Zusatz, wo wir horen, er habe die daipovaq als psychische Wesen, die Heroen aber als die vora Leibe getrennten Menschenseelen genannt. So nimmt letzteren Satz der sogenannte Plutarch us (de placit philos. I. 8.), der diese Lehre dem Thaies, Pythagoras, Plato und den Stoikern beilegt. Da die Erorterung einzelner Schul- dogmen ausser meinem Piane Jiegt, so begnuge ich raich zu beinerken, dass bei Athenagoras bios von abgeschiedenen Seelen der Menschen (jxv&qujtvujv statt cra^uarwi/) die Rede ist. Geleo-entlich bemerke ich nur noch, dass die auch von Beck aufgenommene Lesart i\)v%txd(; gegen die Galenische (jpvor/Aq) durch die Stelle des Athenagoras Bestatigung erhalt. Der Unterschied zwischen guten und bosen Heroen wird in der angeblich Plutarcheischen Schrift (a. a. 0.) gleich- falls jenen Philosophen beigelegt. Im Pythagoreischen System tritt schon eine bestiramtere Oeeononiie des Geisterreichs her- vor. Da horen wir von einera Abfall der Seelen und von ihrer Riickkehr, von einera Seelengebieter Hermes, der die reineren in die oberen Spharen zuriickfuhrt, die unreinen aber den Erinnyen zur Fesselung ubergiebt; auch dass die Luft mit Seelen erfullt sey, die Damonen und Heroen heissen, die den Menschen Trauuie senden, und Menschen und Thieren Heilmittel in Krankheiten angeben (Diogen. Laert. VIII. 32. und daselbst die Ausleger). Die Classen der Wesen bestimm- ten die Pythagoreer so: Es gabe drei Ordnungen verniinfti- ger Naturen (7.oy/xcoi/) , die erste bestehe aus den Gottern (9soig), die zweite, mittlere (to fxeaov ai&eQiov) seyen die Damonen und Heroen, und die dritte, die irdische (%d6viov) die Menschen. Oder sie redeten auch von dreierlei daipoveq: Die ersten sind unsterbliche , am nachsten verwandt dem hoch- sten Gott und keiner Sundhaftigkeit fahig; die zweiten sind Heroen , mitten inne zwischen diesen und der folgenden Classes die dritte sterbliche, d. h. Menschenseelen, welche durch ihre Tugenden fainaufgestiegen sind in den reinen Aether. Dort kbnnen sie iminer bei den Gottern bieiben, wenn sie nicht durch neue Verschuldung die Strafe verdienen, in sterbliche Leiber zuriickkehren zu miissen ( HierocJes ad Pythagorae aur. carra. p. 22(1. vergl. Schier zu dieser St. p. 36.). Nach andern Angaben (s. d. a. St.) statuirten die Pythagoreer nur zwei Damonenordnungen, wie denn die Berichte fiber diese Schule aus begreifJichen Ursachen in jeder Lehre abweichen. So viel 1st gewiss, dass der Grundfaden dieser und anderer Pytha- goreischen Dograen schon von sehr alten Sehriftstellern als eine Fortsetzung Aegyptischer, Orphischer oder Bacchischer Lehren angesehen ward. Man vergleicbe nur die Hauptstelle des Herodotus (II. 81. nach der achten , unverstunimelten Les- art — wir kommen unten darauf zuruck). Hiermit hing denn auch der Folgesatz zusammen, der unmitteJbar an jene Py- thagoreische Damonologie und Heroologie angekmipft wird (Diogen. Laert. VIII. 32.), dass die Reinigungen und die ganze Mantik sich auf diese Geister beziehen. An diese Pneu- matologie schloss auch Empedocles sich an. Er hatte ganz ahnliche Vorstellungen von der Seeie und von ihrer Verbin- dung mit dem Leibe in der Zeugung. Auch nach ihm waren die Seelen gottlichen Ursprungs; sie hiessen ihm Daraonen, und ihr Herabkominen in den Korper verglich er mit einer Verbannung, die sie so lange Zeit von den Gottern entfernt halte, deren Theil sie doch seyen '). Auch er weiss von jenen Reinigungen und Qualen der Seelen (Damonen) durch die verschiedenen Elemente, welche wir unten im AUgemeinen deutlicher machen miissen (Plutarch, de Isid. p. 361 C. p. 480 Wyttenb.). Die Erde nennt er in diesen Beziehungen den freudelosen Ort (drsQitea %cjqov) und die Wiese der Ate ^Attjc, Xsi^cdva ; Hierocles in aur. carm. Pyth. p. 186 ed. Needh.). 1) Plutarch, de exilio p. 607 C. p. 446 Wytt. vergl. EmpedocL Sturzii p. 446 sqq. und Philosophoruni vett. reliqq. ed. S. Harslet IF. p. 84 sq. 779 Milhin braucht Empedocles schon den Ausdruck dd'h^ovex, audi von den schuldigen Seelen der Bosen, die erst in Korper zuriickgebannt und endlich durch alle Elemente hindurch ge- trieben werden (Vergl. Sturz. Empedocl. p. 448 sqq.) So schwer es seyn mochtc, fiber die Damonologie des Heraclitus etwas ganz ins Einzelne gehendes zu sagen, so mochte ich darum doch nicht an der Aechtheit einiger Satze zweifeln, die uns die Alten von ihm aufbehalten haben, wie Schleier- macher (in Wolfs und Buttraanns Mus. der Alterthumswiss. I. 3. p. 495 sqq.) geneigt ist. Heraclitus konnte dennoch ein Gegner der Volksreligion seyn, ohne sich von einer Damo- nenlehre loszusagen, die aus den Theorien des Orients sich zu den Griechen fortgepflanzt hatte, und wovon das alteste Poem des Hesiodus so deutliche Spuren zeigt, jener Anfuh- rungen aus den Pythagoreischen Dogmen nicht zu gedenken. Nach Diogenes Laertius (IX. 7.) hatte Heraclitus gelehrt: Alles sey mit Seelen und Damonen angefullt. Hiermit setzt man die Erzahlung bei Aristoteles (de partib. anim. I. 5.) in Verbindung, wonach er behauptete, auch am geringsten Orte O S. Kqrsten in Philosophorum Graecc. vett. reliqq. II. p. 33, be- merkt, nachdem er Plutarchs Urtheil iiber den mythischen und orgiasti- schen Charakter der Empedoklei'schen Gesange angefiihrt hat, sehr gut: Empedokles miisse als der letzte jener alten Priestersiinger betrachtefc werden, der sich nacli Ton und Geist seiner Gedichte zuuachst an den Epimenides und an die alten Orpliiker anschliesse. — Seine Daemonen- Lehre stellt K. so dar (p. 506 sq): ,,Diis proximi Daemones longaevi. — Quaecunque niortalibus obtingant vel bona vel mala, horum caussas retulifc ad divinas quasdam naturas, variis cognominibus pro varia earum indole appellatas, quales sunt quae in ipsius carmine memorantur: Na- tura et Letum, Cura et Sopor, Maiestas et Squalor, Amor et Rixa, Can- dor et Fallacia, aliae (vid. Empedocl. vs. 21 — 30, bei Sturz. p. 296 sqq.; bei Karsten p. 32 sq.). His daemonibus diversas naturae vires, bonorum vel malorum principia velut expressit; hos rebus mortalium interesse et hominum fata regere putavit, existinians unicuique mortalium, simulac natus, obtingere diversos genios ut ipvxonopnovq dwafietq, quorum hi ad bona, ill! ad mala eos impellant" etc. 780 seyen die Gotter, so wie jene missbilligende Aeusserung fiber den Bilderdienst (bei Celsus in Origen. c. CeJs. VII. p. 738.): „und zu diesen Bildern beten sie, als wenn jemand mit den Hausern foder Balken) redete , nicht einraal wissend , wer Gotter und Heroen sind", Ueber den Sinn und die Stelle, die diese Damonenlehre im Heracliteischen System haben mochte, wor uber Schleiermacher einige gute Bemerkungen macht , will ich hier nicht ausfuhrlich reden; hier Jege ich nur die Vermuthung nieder, dass, wie uberhaupt, so auch in die- sera Capitel die Philosopheme des Heraclitus als eine Haupt- wurzel der Stotschen Damonologie zu betrachten sind. Ehe ich von dieser rede, muss ich des Plato und der Ahademiker gedenken. Es ist nicht zu laugnen, dass dieser Philosoph in seinen verschiedenen Schriften fur die Damono- logie verschiedene Standpunkte nimmt; gleichwohi lasst sich nicht verkennen, dass er die Lehre in dem ganzen Urafange, den sie im Orient und durch fruhere Griechische Religions- institute und Schulen erhalten hatte, kannte, und zum Theil auf eine sehr bemerkenswerthe Weise gebrauchte. Im Timaus (p. 40 d. T. IX. p. 40 Steph.) spricht er zuruckhaltend davon, und erwahnt die Schwierigkeit, die Geburt der Damonen zu erkennen. Im Cratylus (p. 51 Heind.) wird, nach der dort gewohnlichen Art, ihr Name erklart: sie seyen Einsichtsvolle (daijfioveq)^ die Heroen aber werden dort, in derselben ety- mologischen Manier, als Sdhne von Gottern oder Gottinnen in Bezug auf das Wort Liebe (jgwq) erklart. In der Apolo- gie hingegen werden die Sonne, die die Gotter mit Nymphen oder andern Frauen erzeugt haben, Damonen genannt. In der bekannten Stelle des Phadrus, wo Hestia in der Gotter Hause allein bieibt, wird Zeus, der Fuhrer (/jye^wV), der anderwarts auch f^syag dsog oder peyurTos, der grosse und grosseste Gott, heisst, von den ubrigen Gottern (deoi) und von den Damonen (daipove<*) unterschieden. Unter den Letz- ten sind dort alle Seelen (die gottlichen ausgenommen) , auch die menschlichen , gemeint, ehe sie in sterbliche Leiber kom- 4* 781 men (Phadr. p. 251. und daselbst Heindorf.). Gott biidete namlich die Menschenseelen selbst, hiess sie, ehe sie sich mit dem sterblichen Korper verbanden, auf den Sternen wohnen zu gleicher Zahl, und belehrte sie dort vor dem Hinabgang uber ihr gottliches Wesen und ihre Bestimmung (Timaus a. a. 0.). Im PoJitieus (p. 271 Steph. p. 277 sq. Bekker.) wird von den Damonen geredet, die als gottliche Hirten (Huter, vopeig d-etoi) die lebendigen Wesen nach ihren verschiede- nen Gattungen huteten, und (p. 539 C.) von der Sorgfalt des uns beherrschenden und hiitenden Damons. In den Ge- setzen (IT. cap. 6. p. 713 sq. p. 349 sq. Bekker.) werden, nach den verschiedenen Gotterclassen , die Damonen und dar- auf die Heroen der offentlichen Verehrung empfohlen. In der Hauptstelle (Epinomis cap. 8. p. 984 sq. p. 359 Bekk.) erkJart sich Plato uber die heiligen Thiere (fwa), wie er sie nennt, womit in einer zusammenhangenden Stufenfolge der Himmel erfullt ist, redet sodann von den sichtbaren Gottern in den Sternen, von den Thieren im Aether und von den Damonen in der Luft. Beide letztere Arten konnen nicht ganz gesehen werden. So nahe auch die Damonen um uns sind, sie erschei- nen uns doch nie offenbar. Aber mit bewundernswerther Ein- sicht und mit hellem, scharfem Geiste begabt durchschauen sie alle unsere Gedanken. Den treffJicken , edlen Menschen lieben sie ausserordentlich , den bosen hassen sie 5 denn diese Wesen (die Damonen) sind nun schon durch Schmerz und Freude ruhrbar — Empfindungen , die der vollendete Gott nicht kennt. Zwischen den hoheren Gottern, den Damonen und der Erde herrscht ein bestandiger Verkehr. Diese mitt- leren Wesen, die Damonen, konnen sich mit leichtem Flug herablassen , so wie sie sich zum Himmel erheben. Eine fiinfte Art von Wesen stellt man sich am richtigsten als Halbgotter vor. Sie gehoren dem Wasser an, und, nur zuweilen sicht- bar, erregen sie auch bei dunkler Erscheinung Bewunderung. Alle diese Wesen (£mm) offenbaren sich vielfaltig, in Trau- men und in der Divination, durch das Ohr von Kranken und ^ 782 Gesnnden und beim Abschied aus diesem Leben} sie wirken vielfach auf das Genriith des Menschen. Daher viele offent- liche und Privat-Religionsanstalten ihretwegen geordnet sind und ferner angeordnet werden. Der Gesetzgeber soil in alien diesen Dingen keine Neuerungen niachen. Hieran schliesst sich die andere Hauptstelle unmittelbar an , die noch deutlicher als jene die Beziehung dieser ganzen Lehre auf die Mysterien zeigt. Ich theiie sie daher ganz mit. „ Was ware also, fragt Socrates (im Platonischen Gastniah! cap. 28. p. 202 Steph. , nach Schleiermacher) die weise Diotima, was ware Eros"? Worauf sie erwiedert: „Ein grosser Damon, o Socrates. Denn alles Damonische ist zwischen Gott und dem Sterblichen. — Und was fur eine Verrichtung, sprach ich, hat es? Zu ver- dollmetschen und zu uberbringen den Gottern, was von den Menschen und den Menschen , was von den Gottern komrat, der Einen Gebete und Opfer und der Andern Befehle und Vergeltung der Opfer. In der Mitte zwischen Beiden ist es also die Erganzung, dass nun das Ganze in sich selbst ver- bunden ist. Und durch dieses Damonische geht auch alle Weissagung und die Kunst der Priester in Bezug auf Opfer, Weihungen und Besprechungen und alierlei Wahrsagung und Bezauberung. Denn Gott verkehrt nicht mit Menschen 5 son- dern aller Umgang und alles Gesprach der G otter mit den Menschen geschieht durch dieses sowohl ira Wachen als im Schlafe. Wer sich nun hierauf versteht, der ist ein damoni- scher oder geistlicher Mann 5 wer aber nur auf andere Dinge oder irgend auf Kiinste und Handarbeiten , der ist ein gemei- ner. Solcher Damonen oder Geister nun giebt es viele und vielerlei , und einer von ihnen ist auch Eros". — Welche Auf- merksamkeit diese Steiie schon im Alterthume gefunden hat, zeigen die vielen Anfuhrungen und Anspielungen Wir l) Plutarch, de Isid. p. 361 B. C. p. 480 Wyteenb. Aristidis Oratfc. IF. p. 106 ed. Jebb. Appulejus de dogm. Platon. und de genio Socratis p. 101. p. 133 ed. Bosschae. Porphyr. de Absfcin. p. 173 ed. Bhoer. Her- ^ 783 linden dieseiben Ideen in dem Bruchstuck eines Orphischen Gedichts bei Clemens von Alexandria (Strom. V. p. 724. Or- phica Hermanni p. 453. obwohl spater Abfassung nach Lobeck Aglaoph. p. 455 sq.) wieder, und namentlich versichert man von dieser Platonischen Stelle, dass sie ganz in der Orphi- achen Weise sey Wir haben nicht den geringsten Grund, in die voile, buchstabliche Wahrheit dieser Aussage einen Zweifel zu seizen, da nach alien Zeugnissen die forllaufende Tradition von Asien und Aegypten her immer dasselbe grosse System von Geistern zeigt, die vom Scheitelpunkte des Him- mels bis in die Eingeweide der Erde die Sterne , die Elemente, die Metalle und Pilanzen und den thierischen Leib regieren, und auch die Seelen huten, freundlich bald und hold dem Guten, bald strafend und furchtbar dem Bosen, und denen jede Seele, je besser sie ist, desto grbssere Aufmerksamkeit und Verehrung widmet. Dass von dieser Pneumatologie Man- ches selbst im Volksglauben lag, ist oben bemerkt worden, und so konnte Menander eine Sentenz wie die: „Es seyjedem Menschen von der Geburt an sein Genius beigegeben als My- stagog des Lebens" (Ammian. Marcellin. XXL 14.), selbst auf die Buhne bringen. Diese Veredlung des Menschen durch Mittelwesen wird im Verfolg deutlicher werden, wo wir die Heilsordnung nach der Lehre der Mysterien zeigen. Hier wollen wir nur noch einige Hauptideen der nachfolgenden Philosophen andeuten, die guten Theils nun den Plato als ihren Lehrer auch hierin mias ad Platonis Phaedr. p. 93 ed. Ast. Maximus Tyr. Dissert. XIV. 8. p. 2G6. und andere Stellen , deren ich zum Theil unten gedenken muss. Vergl. meiue Anmerkung zum Proclus in Platonis Alcibiad. T. cap. 11. nach meiner Ausgabe. [und jetzt meiue Annott. in Plotin. p. 102. p. 160 sqq. und passim ed Oxou.] i) 8. Proclus in PJat. Alcib. I. bei Bentley Epist. ad Millium p. 455 Lips, vergleiclie Eschenbachii Epigenes p. 120 sqq. [vergl. Procli opera Tom. If. p. 181 ed. Cousin.] ^ 784 erkennen l }. Dass auch die Alcademiker hieriiber ihre Theo- rien hatten, zeigen mehrere Berichte. Dahin gehort z. B. der Satz des Xenokrates , den uns Plutarchus (de Isid. p. 361 B. p. 479 sqq. Wytt.) aufbehalten hat: Weder den Gottern noch den guten Damonen kamen jene ungliicklichen Tage ^die der Griechische Kalender auffuhrte) noch jene Feste zu, wobei Trauer, Wehklagen, Fasten, Unglucksworte und dergleichen Dinge gebrauchlich seyen. Es gabe in dem Luftraume gewisse grosse und starke Naturen , duster und menschenfeindlich von Charakter. Diese hatten an solchen Aeusserungen der An- dacht einen Gefallen und betrachteten sie als einen Tribut, wodurch sie bevvogen wiirden von grosseren Heimsuchungen abzustehen. — Hierbei konnen wir uns des furchtbar zuchti- genden Damon [dalpujv dkccorcoQ^) erinnern ? der im zwei und siebzigsten [LXXIII.] Orphischen Hymnus vorkommt. Auch gehdren die durch Blut und Tod rachenden Genien [daipovsq TCQoqTQonaioii Ttakafivalot) und ahnliche Kunstwdrter der 1) [Zuvor muss ich nachtraglich einige treffende Bemerkungen Joh. Kopp's mittheilen , die er in den Miinchn. Gelehrt. Anzeig. 1840. nr. 252. p. 975 sq., am Schluss seiner Kritik von Theoph. Hart ma no de Diis Ti- maei Platonici, in folgenden Worten niedergelegt hat: „Weil das Wort &toq einen viel weiteren unbestimmteren und niedrigern Begriff anzeigte, als wir heute mit dem Worte Gott verbinden , eben darum hat Plato durch den Namen Srjf/iovgyoq ihn von den iibrigen streng geschieden so wie Aristoteles seinerseits den absoluten Geist oder Gott seiner Nalur- philosophie hochst selten &i6q nennt, vermuthlich urn die gemeinen Vor- stellungen von Gottern abzuwehren. Eben dieser Aristoteles gebrauche den gliicklichen Ausdruck : Die Natur sey nicht gottlich, sondern ddmo- nisch ! Er meint dainit zwar vorzugsweise die sublunarische Welt des Animalismus, scheint aber anderwarts auch die Gestirnwelt nicht auszu- schliessen. Plato ist der einzige entschiedene Monotheist mit einem wahr- haft supramundanen nicht bios nothwendig denkenden, sondern freien Gott. Die iibrigen, die er wohl auch &eoC nennt, sind alle Geschbpfe jenes Einen hochsten Gottes, sind Engel oder Naturgeister oder wie man sie nennen mag, ihm zum Theil ahnlich, immer aber und in alle Wege untergeordnet." Damonologie hierher, in gutem und bosemSinne, die uns der gelehrte Gramniatiker Pollux bekannt macht. Zu der Zahl der guten gehdren die Jdsenden (^Xvoioi), die abwehrenden QdnoTQoiiatoL^^ die Uebel abwendenden (ake&xaxoi) und ahnliche Namen, die wir dort (Pollux Onomast. V. 26. 131.) lesen, worunter uns der Jetzte an den Heiland Herakles, der ihn auch fuhrte, aufs neue erinnert. Auch die Stoiker kann- ten gute und bose Damonen , gute und bose Heroen (Plutarch, de Piacit. 1. 8.). Sie schlossen sich, wie bemerkt, in Vielera an Heraciitus und in dieser Lehre besonders an Plato an. Mithin vvaren auch sie gute Orphiker, nur dass sie alte Dogmen, nach ihrera System, dialektisch zu erweisen suchten. Je mehr sie auf das Capitel von der Divination und Geisterlehre hiel- ten , desto ausgebildeter muss ihre Damonologie gewesen seyn. Oben wurde uns der beruhmte Chrysippus als einer von denen genannt, die hierin den alien Theologen gefolgt seyen. So hatte auch der beruhmte Posidonius ein eigenes Buch uber die Heroen und Damonen geschrieben, woraus Macrobius (Sa- turn. I. 12.) eine Stelle uber die atherische Substanz der Da- monen anfuhrt '). Aus Aetius (lib. VI. cap. 12.) erfahren wir, dass Posidonius behauptet hatte, der Alp (Incubus) sey nicht der bose Damon , der die von ihm Besessenen zu plagen pflege. Die Stoiker nahmen neben jenen Damonen, denen auch sie Leidenschaften beilegten und die Obhut uber des Menschen Thun und Lassen, und die sie, wie bemerkt, in gute und bose eintheilten , auch Heroen an , und bezeichneten mit diesem letztern Namen die Seelen der abgeschiedenen Tugendhaf- ten *)• Aus der allgemeinen Quelle systematischer Damonologie, aus den Theorien des Orients, hatten nun ihrerseits auch die Ebraer geschopft, besonders seit dem Babylonischen Bxil. 1) Vergl. Posidonii Rhodii Doctr. coll. J. Bake p. 45. 2) Diogen. Laert. VII. 151. und daselbst Menage; vergl. Lipsii Phy- siologia Stojcor. I. 18. p. 48 sq. 786 Unter den Seleuciden und Ptolemaern war bekanntlich dieser Verkehr der Juden mit dem Orient einerseits und andrerseits mit den Griechen, besonders in Alexandria, noch lebhafter und dauernder. Hier trat nun der Ausdruck daljucov, und daipoviov vorzuglich , im Sinne eines bosen, plagenden Gei- stes l ) 5 welchen freiiich auch schon die aiteren Griechen kann- ten, noch bestimmter hervor, und ward in einer eigenen Pneu- matologie ausgebildet. Hieraus entsprangen jene Begriffe von Damonen (dai^ovia) als Geister boser Menschen, welche in den Leib Anderer fahren und sie plagen, so wie von den Mitteln dagegen, z. B. von Wunderkrautern, wodurch man diese Dainonen aostreiben konne 2 ). Es ist bekannt, wie viele Wendungen dieser neue Ideenkreis unter den Juden genoni- men , und wie herrschend er nach dem N. T. unter den Zeit- genossen von Christus gewesen , woruber die Erklarer dieser Urkunden 3 ) und die historia diaboli des belesenen Mayer (Tubingen 1780.) befragt werden konnen. Bekanntlich wurde 1) Ich fiige hier noch die bemerkenswerthe Stelle aus Theodoretus beij die ich in den Commentt. Herodotfc. I. p. 268 sq. genauer behandelfc habe: uowfjaxoq (.lev ovv r; daifioru)V qivatq, l%a.nv.xuv 6h xouq uv&oojnovq eko- &viu, a.XXoy.oru xiva xovxoiq ImSuvivvovoi a/^ftara u. s. w. Als ein Gespensfc ■ — cpciopa — erschien ja auch Astrabacus der Gattin des Aristo, wie wir oben sahen. [Die Kirchenlehrer sprachen auch von uq/moI dul^ioveq, worunter sie die Anfiihrer der bosen Genien verstanden, vergl. Hase ad Jo. L. Lyd. de Osfcentis p. 303.] 2) Josephus de bell. Judaic. VII. §. 3. Eustathius zur Odyss. X. 294. p. 398 Basil, fiihrt da, wo er von des Ulysses Bezwingung der Circe spricht, Folgeudes an: ^t'cpoq de yaoiv iy.q,o t 9tl xr\v Klqy.riv, 7} otq daiftonov ovoav f.iay.Qo/QOViov {ihv , &vrjx6v de oucoq nut ooj/.iaxoeidhq y.vX nu&et deiltuq uXwaiftov , 7] xaxu xiva (pvoiy.r)v id fonjt a xaiv xiva yu.q duifiovioiv , 0') q Xoy oq , v Xuq xivaq six o ov vx a 1' r\ yovv Xaanvq it ax a rov Ttegctj- yr\xt\v A tow avov t*-/&na i^inov aui>q xal aXXoiq eldoiXoiq. Also ge~ wisse Holzarten und der Edelstein Jaspis gewahren Schutz. 3) S. z. B. zu Ephes. II. 2, in welcher Stelle grosse Ausleger die bestimmte alte Lehre von dem Wohnsitz der Damonen in der Luffc nach- gewiesen haben die auch Plato kennfc. jene bose Bedeutung von dmuovta nun audi unter christlichen Schriftstellern die herrschende (vergl. Origenes c. Cels. V. p. 254.). Andrerseits ward der Ausspruch Christi (Matlh. XVIII. 10.) Veranlassung, dass die grossen Kirchenlehrer den Satz von einem Engel adoptirten, der jedem Menschen als Schutzgeist beigegeben sey. Die Ausdrucke, die sie davon brauchen, nahern sich zuweilen der Griechischen Mysterien- sprache und den Ausdrucken der Philosophen. 80 werden z. B. in einer Stelle bei Dionysius Areopag. (de coelesti hierarch. T. I. cap. 4 B. C) die Engel gerade so beschrieben, wie Plato iin Gastmahl von den Damonen redet, und eine Stelle des Basilius (c. Eunomium III. p. 272.), wo von dera Engel gehandelt wird, der jedem Glaubigen als Padagog (jzaida- ycuyog) und als Hirte (vopevg) zur Regierung des Lebens beigegeben sey, erinnert theils an das, was wir oben von den Mystagogen des Lebens in Menanders Fragmenten lasen, theils und noch bestimmter an jene Platonischen Stellen von den Hirten unter den Damonen, und an die Bezeichnungen des Stoikers Seneca, der (Epist. 101.) von dem Gotte (deus) spricht, weleher einem Jeden als Padagogus beigesellt werde. Alle diese Umstande befeuerten den ungemeinen Eifer noch mehr, womit die Philosophen in der Rbmischen Kaiser- periode die Damonologie bearbeiteten ; besonders die Platoniker. Es war zwar , wie schon zum ofteren von uns bemerkt wurde, im Allgemeinen Geist dieser Schule, sich recht eng wieder an die Vorzeit anzuschliessen, und wieder hervorzusuchen , was im alten Volksglauben , was in der Geheimlehre nur irgend von tieferem Gehalte lag, und den religiosen, natur- durchschauenden Sinn der altesten Griechischen Denker unter sich neu zu erwecken. Orphische, Pythagoreische und Plato- nische Satze wurden also bei jeder Lehre von ihnen zum Grunde gelegt. Aber ohne jene neue Beruhrungen mit den Ideen des Morgenlandes und namentlich mit Judischen, ohne die siegreichen Fortschritte des Christenthums wurde ihro Geisterlehre doch nicht diese Richtung und diese Ausbildung Creuxer's deutsclie Schriften. III. 3. crj bis ins Einzelnste erhalten haben. Eben dieses Umfangs wegen. den die Damonologie jelzt gewann, mussen wir, nnserm Zweck zufolge, uns auf einige Hauptpunkte beschranken, die unter den bedeutendsten Philosophen *) dieser Periode in Anregung gebracht wurden, und grossenthcils streitig waren. So hat schon Plotinus in der Hauptstelle (Ennead. HI. 5. 6. p. 296) 2 ) offenbar entgegengesetzte Behauptungeri mehre- rer Philosophen vor Augen. Er dringt aber, nach seiner Weise, gleich in den Mittelpunkt der ganzen Untersuchung ein , und tragt einen bestiinmten 8atz vom Wesen der Damo- nen dogmatisch vor. Giebt es Damonen in der intelligiblen Welt? Von dieser Frage geht er aus. Nein, ist die Ant- wort. 1m Intelligiblen giebt es nur Goiter , und auch nach ihnen, im Sinnlichen (a/tf^rtuT), giebt es noch Cotter, zwei- ter Ordnung. Sie reichen bis zur Sphare des Mondes, und hangen von jenen intelligiblen Gottern ab, wie die Strahlen von den Sternen abhangig sind, aus denen sie ausfliessen. Nun folgen die Damonen. Sie sind die Spur (7/i>os), die Fussstapfen der Weltseele. Die Seele, rein und an und fur sich, zeugte Gotter, die Seele, strebend nach dera Guten und Schonen, zeuget Eroten. Das ist die eine CJasse der Damonen. Die ubrigen Damonen werden auch von der Welt- seele gezeugt, aber durch andere Krafte, zum Dienste der Welt, um Alles zu erfullen und mit dem Ganzen harmonisch zu verwalten. Denn die Weltseele musste auch in die Welt sich erstrecken, darum zeugte sie die Krafte der Damonen, die mit dem Ganzen von ihr selbst zusammenstimmen. Wie konnen sie das, und welcher Materie sind sie theilhaftig? 1) Der Philosoph Origenes, Zeitgenosse des Longinus, liatte ein eigenes Buch von den Damonen geschrieben; s. Longini Epist. in Por- pliyrii Vit. Plot. cap. 3. und cap. 20. [p. LH. und p. LXXI ed. Oxon. mit meinen Anmerkungen dazu p. XCIII. und p. CXXItt] 2) TP- 536 sqq. ed. Oxon. Der Kiirze wegen muss ich meine Leser auf meine Annott. /-u diesen Stellen , so wie vorlier zu III. 4. p. 160 — 173, verweisenj m 789 Reiner korperiichen , denn sonst waren sie sinnliche Wesen Ctijct aioSrjTa). Denn wenn gleich Viele annehmen, die Da monen, ah solche , haben luftartige oder feurige Leiber, so entsteht ja noch zuvor die Frage: wie konnen sie uberhaupt zu einem Leibe kommen. da ja das Absolut-Reine sich nicht sofort mit dem Korper verbindet? Es muss zuvor ein Gegen- satz in ihnen gesetzt werden, der als der Grund der Verbin- dung mit einem Leibe gedacht werde; denn warum verbindet sich die eine Natur damit, die andere nicht? Der Grund die- ser Vermischung ist eine intelligible Materie. Was dieser letz- teren theilhaftig ist, das gelangt durch sie auch zur Verbin- dung mit dem Leibe. — Hierauf wird sodann der Platonische Mythus von der Geburt des Eros bezogen. Man sieht, wie sehr Plotinus hier bemuht ist, die Cardi- nalfrage bei dieser ganzen Lehre von den Mittelwesen zu beantworten: Wie es doch komme, dass das Bessere zum Schlechteren ubergegangen, d. h. warum die Damonen, die als den Leidenschaften unterworfene Wesen so nahe an die Menschen granzen (s. p. 295 sq.), nicht Jieber haben frei davon in jener reinen Hohe verbleiben wollen. Was also Plato oder ein Platoniker in der Hauptstelle (Epinomis a. a. 0.) unerklart gelassen, wenn er die Damonen in die Classe der Luftwesen setzte, und sie durch Leid und Freude riihr- bar dachte, daruber findet Plotinus im Gastmahl im Mythus von des Eros Geburt Aufschluss. Diese mythische Antwort des Meisters genugt ihm aber nicht. Er geht einen Schritt weiter , er fuhrt das Problem aus dem Bilderkreise in die Welt der Begriffe, und beantwortet die Frage philosophisch aus Principien. Hiermit hangen die Ideen des Jamblichus (de myster. Aegypt. I. 17.) zusammen, wodurch dieser die vom Porphyrins erhobene Schwierigkeit zu heben suchte. Dieser fragte in seinem Briefe an den Aegyptischen Priester Anebo: Die Gotter haben keinen Leib, und doch sollen die leib- lichen , sichtbaren Gestirne sammt Sonne und Mond Gotter 50* ^ 790 ^ seyn? ') Hier stellt sich nun Jamblichus den Begriff von einem himmlischen Leibe (ovQavtov cro^ua) auf, der dem un- korperlichen Wesen der Gotter sehr verwandt sey. Milhin konnten auch jene sichtbaren Gotter — zwar nicht absolute, jedoch auf gewisse Weise — unkdrperlich genannt werden. Welchen Gebraucb die grossesten Kirchenlehrer von diesem Satz in der Lehre von den Engein gemacht haben, ist be- kannr* Derselbe Philosoph erklart sich an einem andern Orte (de mysfer. Aegypt. II. 1. p. 39 Gal.) uber den Unterschied der Bainonen, der Heroen und der Seelen: die Damonen ent- stohen vermoge der zeugenden und demiurgischen Krafte der Gotter, in so weit jene in ihren aussersten Zertheilungen hervortreten $ die Heroen vermoge der Ideen des Lebens in den Gottcrn; an sie schliessen sich die Seelen in ihren hoch- sten Punkten an. Daher ist auch ihr Wesen verschieden. Das Wesen der Damonen ist whkend, es fuhrt die Naturen innerhalb der Welt zur Vollendung (rsXsaiovgydv)^ es erfullt die Verwaltung der einzelnen Naturen. Das Wesen der He- roen ist lebendig und vernunftig , und zur Leitung der Seelen gemacht. Die Damonen haben die zeugenden Krafte, sic ste- hen der Geburt vor, und binden die Seelen an Leiber$ die Heroen besitzen die Leben gebenden Krafte, die Krafte den Menschen zu leiten und aus der Geburt wieder zu erlosen. Die Wirkungssphare der Damonen ist grosser, sie erstreckt sich innerhalb der ganzen Welt 5 die der Heroen beschrankt 1 ) Ueber den Satz von der gottlichen Natar der Sterne erklart sich aus- fiihrlicli Chalcidius cap. II. §. 129 sq. p. 327 scj. Von dem Einfluss der Planeten auf gewisse Gotterbilder, und von der Meinung, dass gewisse Idole vorzugsweise von Gottern influirt waren, habe ich, in Betreff der Philosopheme , friiher (I. Th. p. 178 2ter Ausg.) das Nothige angefiihrt. Hiermit hing die andere Meinung zusammen, dass Gotterbilder von Da- monen bewohnt seven, wie der menschliche und thierische Leib von einer .Seele — Ideen, die besonders unter den Christen, nach den herrschenden bosen Vorstellungen von den Damonen, zu vielen Bilderstiirmen Anlass gaben (vergl. Casp. Barthii Adversaria LV. 5. p. 2591 sq.)* sich auf die Aufsicht iiber die Seelen (ebendas. p. 40.) l ). — Also auch hier sehen wir von der Damonologie auf die mysteridse Heilsordnung eine Anwendung gemacht, von der wir in den Platonischen Schriften und vor Plato deutliche Anzeigen fanden. In Betreff der demiurgischen Gotterkrafte. woraus hier die Entstehung der Damonen abgeleitet wird ? erinnere ich hierbei gelegentlich an die verschiedenen Prii- dicate und Wirkungen, die die Philosophen dieser Zeit, in- gleichen die Gnostiker, Valentinianer und andere Secten, dem Demiurgen und seinem Verhaltniss zu deu Aeonen gaben, welche, mit manchen spateren Ideen der Mithrasdiener ver- schmolzen und mannigfaltig verandert, nach Heyne's Vermu- ihung (Optiscull. academm. III. p. 809 sqq.), zu der Fiction von dem Damon Demogorgon , einer hohen magischen Potenz, Veranlassung gegeben haben 5 welches um so mehr zu mer» ken ware , weil man sonst in den Schriften der alten Griechen Eigennamen der Damonen selten findet, wenn man dahin nicht jene einzelnen Angaben, wie die von der Lamia und von den Damonen im Gefolge einiger Gottheiten, rechnen will *). 1) Auch hieriiber giebt Proclus iu dem Commentar zu Plato's Cra,- tylus ioi. 13 1, p. 80 Boisson. weitere Aufschliisse. Unter den Weseu, sagt er, welche eine Erkeuntniss Gottes uud der Inteiligenz ervvecken (%u dt frjq yvwoecoq xiav &tu>v y.ai 'i?jq vosgaq ovotctq 7igoy.lrjxiy.u) 7 nenucn die Theologen die Einen Engel, eben wegen ihres gottlichen Weseus und weil sie die Einheit der Natur gleichmassig machen deu secundaren We- sen (#a%* twif^v vr}v vnagltv tutv &£ojv loTupuva , xal to h'oeidhq tqq Corriot 77 daipovuq a'Cdtuq)* Die heroischen Seelen hingegen haben zweier- lei Formen des Lebens. Es wird darauf der Unterschied unter den He- roen ausfiihrlich erortert. Heroen, die von Gottinnen abstammen, siud dem wechselnden Schauspiel des Lebens zugethan und voll von Thaten ^ 794 widmeten sie auch der Lehre vom Genius, als Schulzgeist des einzelnen Memchen , eine grosse Aufinerksamkeit. Davon Jiegt eine eigene Abhandlung in den Werken des Plotinus, als ein merkwurdiges Actenstiick , vor uns , auf das wir unsere Leser verweisen nmssen. Es ist das vierte Buch in der dritten Enneade, und fuhret den Titel n Von dem tins zugeordneten Dcimon^ (jtsql tov eikqxdroq i][A.aq dat/uovog). Hier ist Satz und Ausdruck schon als Platonisch bemerkensvverth. Wenn Plato , vvie wir sahen , zuweilen von einem Hirten sprach , der uns besitzt und hutet, so redet er anderwarts von dem Da- mon, der uns durchs Loos erlangt hat, dem wir zugefallen sind. Dies benefit sich auf jene Anthropologic, die wir in der Mysterienlehre wieder linden, auf jene Naturordnung, nach der beim Herabsteigen der Seelen einer jeden ihr Damon zu- geordnet wird. Das ist der sikijxwg ijpdq daiuuw, den auch schon Lysias (p. 198. p. ISO Reisk.) kennt; und gerade die- ser Ausdruck kommt als recht eigenthiimliche Bezeichnung in diesera Sinne oft wieder vor. Plato brauchte ihn auch, wie wir weiter unten sehen werden, sehr bestimmt (de Republ. X. 14. p. 620. p. 514 Bekker.), auf welche Stelle Plolinus (a. a. 0. p. 284.) anspielt, so wie auch Hermias (Commentar. in Platon. Phaedr. p. 93 sqq.), der dieses Wort dreimal ge- braucht und einmal auch absolut: 6 sikijxujg dai^iov; so werden auch in der mehreren Zahl die Damonen genannt oi sikyxdres riftds (z. B. bei Saliustius de Diis et mrmdo cap. 20. p. 278 Gale) *)• Zu vielen Theorien uber den Schulzgeist lust, wie Achilles, der nocli im Hades das korperliche Leben zuiiick- wiinschte, um seinem Vater beizustehen. Hingegen solche Heroen, deren Vater ein Gott ist, wie Minos und Rhadamanthus, die Sonne Juppiters, suchen sich vom Zeitlichen loszumachen und sich zuruckzufluchten in das Eine und wahrhafte Seyn. Ich habe einen Theil dieser Stelle in den Meletemm. I. p. 88. not. 64. mitgetheilt und verbessert. 1) So sagt Proclus in Platonis Alcib. I. p. 41 ed. nostr. : Diese Gotter nun, die Damonen, sind es, welchen nach ihrem Wesen die See- ^ 795 (Genius) eines jeden Menschen gab diesen Philosophen auch die Sage von dem Dainoniura des Socrates Stoff und Anlass. [Man vergl. jetzt noch Boethius de daemonio Socratis beim Jo. Laur. Lyd. de Ostent. p. 352 ed. Hase.] Hermias (a. a. 0. p. 93 sq.) nimrat daher und aus der bekannten Stelie des Platonischen Gastmahls Gelegenheit, den Satz ins Licht zu setzen , dass wir Menschen unter einem Damon siehen. Dies erhelle, meint er, nicht nur aus den Schicksalen des Lebens, indem viele Dinge ausser unserer Macht liegen, z. B. die Wahl eines Standes u. s. w. , sondern auch daraus , dass unser Geist nicht bios unter der Leitung unserer Vernunft stehe, sondern auch unter fremdem Einfluss, wie unter andern die Traume bewiesen. Es komme mithin Alles darauf an , ob wir den Damon, welcher uber unser Leben waitet, wahrnehmen oder nicht. Jenes ist Zeichen einer edleren Seele , dies einer niederen, unedleren. Dies fuhrt ihn zu der Fra#e, wie die Damonen sich verstandlich machen, ob sie z. B. mit Sinnen begabt sind, ob und in welcher Bedeutung sie eine Stimme haben. Plotinus lege ihnen Laut und Stimme bei. Nach den Berichten bei Porphyrins (de vit. Pythag. p. 42.) musste diese Meinung schon alt gewesen seyn, denn dort wird sie dem Pythagoras beigelegt. Nach Hermias unterschieden die Pla- toniker freilich die damonische Stimme von der durch die kbr- perlichen Organe hervorgebrachten Menschenstimme. Dei- Damon, sagten sie, braucht keine Zunge, um zu uns zu reden. Uebrigens aber ist das Vehikel, dessen er sich bedient, dem unsrigen verwandt *). Zuletzt bemerkt Hermias, wie zwar jeder Mensch gleich bei der Geburt einen bleibenden Gefahr- ten, einen Hauptgenius erhalte, jedoch wahrend seines Le- len zugeordnet sind (ovtol drj ovv ol &iol dut(.iov4q daw ol xax* ovaiuv dXq- %6req xaq ipv%aq). I) Bekanntlich hat Psellus in einer eigenen Schrift 7 ,Von den Wir- kungen der Damonen" sich iiber diese Fragen weiter verbreitet. IS. jetzt ed. Boissonad. Norimberg. 1808.] 796 benslaufs, welcher eine Vielheit von Leben bilde, mehreren Genien unterworfen werde, die ihn periodenweise beherrschen. Die siindhafte Seele werde einem leidenschaftlichen Damon untergeben, die reinere und nuchterne einem gutartigen und edien. Mithin bleibe es wahr, was Plato sage (s. de Republ. X. cap. 14.), dass der Damon uns nicht durcbs Loos ergreife. sondern dass wir ihn w allien. Die sittliche Wendung, die hier dieser sonst so gefahr- Jichen Lehre gegeben ist, wird wohl Niemand unbemerkt las- sen. Auch in diesera Sinne waren die ersten Manner in diesen Schulen achte Platoniker$ vorzuglich Plotinus, der allenthal- ben darauf ausgeht, neben der Damonenlehre den ethischen Satz von der Freiheit zu retten. Dahin gehort auch dessen ideenreiche Abhandlung gegen die Astrologen (die dritte in der zweiten Enneade), mit der Ueberschrift: jjVon dem, was die Sterne wirken". Es ist bekannt, welchen verderblichen Einfluss die Grundsatze der sogenannten Chaldaer auf die Moraiitat der damaiigen Generationen ausserten, welche Ge- walt sie uber die Gemiither in hohen und niedern Standen ubten, und wie sehr daher ernste Philosophen , wie Panatius, Cicero, Sextus, Favorinus (s. Gell. N. A. XIV. 1.), alien ihren Scharfsinn aufboten, um dieses Uebel in der Wurzel auszurotten. Plotinus leistete dasselbe von seinem Standpunkte, wie das angefuhrte Duch beweist, worin er z. B. zu erwei- sen sucht, wie die eine Seele in uns, die Naturseeie, freilich an den Sternen hange, und unter das Fatum gebunden sey; unsere andere Seele aber ? die aus Gott ist , frei sey , frei voni Fatum und von den Gestirnen, und wie sie uns selbst frei zu machen vermoge. In dieser Lehre von der Befreiung und Hinauflauterung der Seele theilten sich die Meinungen dieser Philosophen. Da machte man zuvorderst eben so wohl eine Classification der Menschen , wie man die Damonen unter Classen gebracht hatte. Wer die theurgische Kraft hat. sagt Psellus (de ^ 797 «m omnivaria doctrina cap. 55. p. 110 Fabric.}, heisst 3eo7tditu(j t gottlicher Voter (vielleicht liefen hier Vorstellungen aus der Mithraslehre mitunter); wer die Kraft der Contemplation (die Betrachtung, Zrecopia) hat, heisst ein dsiog, ein Gottlicher. (Hiermit slinimt Porphyrins Sent. nr. 34. uberein, wenn man namlich dort &8io$ statt dsoq, lieset.) Wer die reinigende Kraft besitzt, heisst ein Geistlicher (jdaipdviog)} wer die politische Tugend hat, heisst ein Edler, Trefflicher (ouovdalo^). Man sieht, dass bei dieser hier mitgetheiiten Terminologie der Satz von der Moglichkeit einer Lauterung der Seele bis zur Gott- heit zum Grunde liegt. Eben daruber aber waren die Mei- nungen streitig. Olympiodorus (zu Plato's Phadon) klagte die- jenigen einer Untreue gegen die PJatonischen Lehren an, die den Menschen in einen Damon, Engel oder Gott verwandel- ten l ). Psellus seinerseits selbst wollte auch von einem wirk- lichen Gottvverden nichts wissen, und lehrte bios ein Aehn- lichwerden der Seele, eine Vervvandtschaft mit hoheren Gei- stern. Jamblichus hingegen (de myster. Aegypt. II. 2.) redete wenigstens bestimmt von Fallen, in denen die Menschenseele durch den Strahl des hoheren Lichtes ganz zum Engel ver- klart werde. Noch weiter ging Damascius, der ebenfalls von dieser Wirkung des gottlichen Lichtstrahls redete, und von der Seele sagte, sie werde endlich auch wohl Gott (jteovtat; vergl. Gale ad Jambl. a. a. 0.). So kniipften sich also von dieser Seite auch die Resultate des philosophischen Denkens an jene Reinigungen und Lauterungen an, die in den Ge- brauchen und Lehren der Mysterien unter bildlicher Hulle ver- anstaltet waren. Ueberhaupt aber kann diese Uebersicht der Heroen- und Damonenlehre einen Jeden uberzeugen, dass, bei alien Veranderungen in Form und Ausdruck, die sie im 1) [In einem zweiten von Cousin herausgegebenen Commeutar de? OJympiodorus iiber denselben Dialog vverdeu physische, politische, rei- nigende, beschauliche , exemplarische und hieratische Tugenden unter- schieden; s. Guigniaut III. I. p. 54.] ^ 798 ^ VerJauf der Zeit unter Griechen und Roroern, zumal seit Ent- stehung des Christenthums, erhalten hatte, doch durch alle diese Theorien derselbe Grundgedanke hindurch zieht, der im Volksglauben nur durch einzelne Aeusserungen und Merk- male kennbar wird , in der Geheimlehre aber und in den Phi- Iosophemen mehr nach seineui Zusammenhang erscbeint *). 1) Hierzu Nachtrag IV, Wachtrage zu den Italischen Religionen. i. Ueber den Zuwachs an Denhmalern und Schriften zu dieser Lehre y und iiber den Geist der altrdmischen Religion, Wie ansehnlich dieser Zuwachs seit Erscheinung der zwei- ten Ausgabe dieses Werkes gewesen, hat sich zwar aus den Zusatzen zu dieser dritten ersehen lassen: jedoch muss ich davon kiirzlich noch besonders sprechen , und habe auch einige epikritische Bemerkungen beizufugen. Seit den letzten zwanzig Jahren ist dieser Theil der alten Cultur- und Religions *• Geschichte ganz besonders bereichert vvorden, sowohl an QueJlen, als auch an Hulfsmitteln. In Betreff jener haben vvir die monumentalen und die literarischen zu unterscheiden. Anlangend die erstern, wie viele antike Denkmaler sind in diesem Zeitraume nicht aus dem Schoos der Italischen Erde von den Po-Gebieten an bis nach Sicilien hinab zu Tage gefdrdert worden, und wem fallen dabei nicht die Namen so mancher Italienischer, Franzosischer , Britischer aber vorziiglich auch Deutscher Archaologen ein, die theils (lurch Entdeckung, theils durch Forschung dieses Feld mit Erfolg angebaut haben? — Ueber Alles dieses geben die ^ 800 seit 1829 erscheinenden Abtheiiungen des Institute di Corri- spondenza archeologica die vollstandigsten Uebersichten. INicht minder ergiebig sind die literarischen Quellen ge- wesen. Hier miissen zuerst die neuen Bearbeitungen des Cicero de Be publica, de Divinatione. de Legibus, der Fasti des Ovidius und der Werke anderer Bomischer Dichter, der Mythographi Vaticani, der Interpretes Virgilii, des Varro, des Festus, des Martianus Capella und des Jo. Laur. Lydus de mensibus genannt werden. Neue Ausbeute haben geliefert einige erst jiingst bekannt gemachte Schriften , wie z. B. die Fragmente desselben Lydus de ostentis, die Incerti auctoris raagistratuum et sacerdotiorum expositiones und einiger alten Grarainatiker. Ich komme zu den Hulfsmitteln. Hier muss nun billiger- massen des sel. K. 0. Mullers Werk die Etrusher obenan ge- stellt werden Zum fernern Zuwachs konnen nun nicht eigent- 1) Ich muss hierbei nochmals nachtraglich auf die von mir II. 836 f. und zu Cic. de Legg. p. 216. beriihrten Worte des Cicero de Divinat. I. 41 — : 5>ut de principum filiis sex singulis Efcruriae populis in discipli- nam traderentur" zuruckkommen. Die fruheren und neueren Meinungen dariiber hat Moser in seiner Ausgabe p. 203 — 205 zusammengestellt. — Seitdem ist K. 0. Miiller in Etrusk. II. 4 sq. der Erklaruug von Gorenz, Frandsen u. A. beigetreten, dass Etruskische, nicht Romische Patricier- Sdhne in der Opferschau unterrichtet worden. Er verandert jene Worte so: ut de principum filiis X (i. e. deni) ex singulis Etruriae populis in d. tr. und bemerkt p. 346: „Die besondern Scliulen der Haruspices theil- ten dann die genauere Kenntniss rait. Dass auch Homer hier manclie Kunde der Art holten, lasst sich wohl nicht bezweifeln ; nur eine regel- massige Unterweisung Romischer JiingliDge in der Disciplin, vom Romi- schen Staate selbst angeordnet Und befohlen, ist nicht zuzugeben." Da- gegen hat Hartung Rel. d. Rom. I. 126. die alte Lesart und Meinung vertheidigt, aber auf eine Weise, dass er die gauze Nachricht p. 242. wo nicht fiir erdichtet, doch fur sehr libertrieben erklart, „da sicli nicht einsehen lasse, was diese romischen Jiinglinge, ausser der Opferscliau, irgend von den Tuskern batten holen konnen , da deren Fortschritte in den Kiinsten und Wissenschaften nicht beneidenswerth waren (< u. 80! lich Schriften gezahlt werden, die entweder auf populare Be- Iehrung berechnet sind, oder die, ohne aus den Quellen ge- schopft zu seyn, politischen Zwecken dienen sollen, wie z. B. Benj. Constant's Buch Du Polytheisme Romain. — Dagegen enthalten andere Werke. obschon sie historisch oder rechts- historisch sind. viele quellenmassige Forschungen uber die Italischen und besonders Romischen ReJigionen und ihre Ver- haltnisse zura Staate, wie namentlich die von Niebuhr, E. Platner, Wachsmuth, und die neueren von Huschke uber die Verfassung des K. Servius Tullius und von Rubino im lsten Bande seines Werks: Untersuchungen uber Romische Ver- fassung und Geschichte und selbst am Schluss des vorigen Jahres noch: Brocker Vorarbeiten zur romischen Geschichte I. p. 121 — 127. ,,uber einige Priesterthiimer" Tubingen J 842. Schon vorher hatte Hartung sein Werk herausgegeben : Die Religion der Rdmer nach den Quellen dargestellt (Erlan- gen 1836.). Da ich uber dasselbe nicht nur an mehreren Stellen dieser dritten Ausgabe der Symbolik mich geaussert, auch friiher schon einen besondern Bericht daruber abgestat- tet habe, so begnuge ich mich jetzt, dessen Schluss hierher- zusetzen, und aus der Anzeige selbst eine Stelle auszuheben, die einen charakterischen Mythus der alten Latiner betrifft s. w. (!) — Mir scheint nach wiederholter Priifung die Mnllersche Vor- stellung jetzt am annehmlichsten zu seyn. 1) S. Heidelbb. Jahrbb. der Lit. 1837. p. 113—131. Der Schluss lautet: Hiennit beschliesse ich meinen Bericht uber ein Buch, das ich, bei manchem Verdienstlichen , das es hat, und bei dem unverkennbaren Fleisse, womit es bearbeitet worden, seiuen Grundsatzen und sein em Geiste nach, nicht fiir ein gelungenes halten kann. — Jene Stelle betrifft die DU indigetes und den Caeculus: p. 88 sq. (heisst es in meiner An- zeige p. 124 sq.) erzahlt der Verf. (Hartung) nach Virgilius, Aen. VII. 678, die Mythen von den Dii indigetes und vom Caeculus, und macht zu den Worten : „Zu Praeneste gab es Pontifices und Dii indigetes, so gut wie zu Rom. Es gab namlich daselbst zwei Briider, welche indigetes genanut wurden u die Anmerkung : Im Texte des Servius heisst es : erant ^ 802 ^ In den letzten Jahren haben zwei Philologen die Itali- sehen Religionen und Culte init grosser Sprachkunde und etiatn duo fratres, qui dim appellabantur. Alleiu der Zusammenhang zeigt deutlich, dass eim oder autem fiir etiam C?) und indigetes fur divi geschrieben werden muss." — Hierzu bemerke ich: La Cerda wolltc: digitii. Aber der Mythographus Vaticanus II. 184. hat divini und die Interprr. Virgil. Vaticc. haben : Varro a Dipidiis pastoribus educatum, ipsique Dipidio nomen fuisse et cognomentum Caeculo tradit libro, qui inscribitur Marius aut de fortuna. Hierauf wird (p. 89.) aus Solinus be- richtet: „Praeneste ist laut den Praenestinischen Urkunden von Caeculus gegriindet, den, wie die Sage geht, die Sch western der Digitii neben einem zufalligen Feuer gefunden haben.'* [Es muss heissen : zufallig neben einem Feuer, denn es muss fortuito gelesen werden, s. H. Grotius zum Martian. Capell. VI. 642.] Hierauf fahrt der Verf. fort : Aber was sollen hier die Digeti oder Digitii;, womit die Romer die idaeischen JciHTvloi zu iibersetzen pflegenP, denn von diesen ist keine Spur in der latinischen Religion [? — S. den Nigidius beim Arnobius III. 41.] Offen- bar muss Indigetuni geschrieben werden, welches Wort audi bei Arno- bius und anderwarts mit Digeti verwechselt ist. [Aber die codd. Palatt. haben Digitorum sorores. Dagegen wollte Salmasius in Solin. p. 46: Igidiorum sorores, i. e. icidiorum, olxidiojv, i. e. Larum. — Allein als- dann musste es omdiorum heissen, da die Lateiner von ohoq oecus bil- deten. Ohne triftige Auctoritat mochte ich also Digitorum oder Digitiorum nichfc andern.] — Im Verfolg beschliesst der Verf. seine Ausdeutung dieses Latinischen My thus mit den Worten: ,, Caeculus ist sein Name, ein Name, der ohne Zweifel aus jtaiw (caleo) gebildet ist, und dessen Bedeutung mit der Sage iibereinstimmt , dass die Flamme des Herdgottes ihn umleuchtet hatte." Dieser Herleitung kommt, wie es scheint, Mar- tianus zu Hiilfe (p. 525 Kopp) : „Praeneste ab Ulyssis nepote Praeneste (conditum), licet alii velint Caeculum conditorem, quem pignus asserunt fuisse flammarum." — Aber in der Beschreibung des Servius heisst es: oculis minoribus, quam rem efficit fumus (vergl. die Mythogr. Vatt. I. 84. II. 184.). — • Also die Alfcen dachten beim Caeculus an caecus, und in caecultavit (beim Festus), wo das 1 erscheint, liegt die nahere Etymo- logic Das Natiirliche des genealogischen My thus leidet darunter nicht. Des Feuers Sohn ist der Rauch, und der hinkende Vulcanus hatte einen blinzelnden Sohn Caeculus, ganz in der naiven Sprache der Vorwelt, welche natiirliche Erscheinungen in ihrem Zusammenhang personificirt; und wenn die alten Praenestiner den Caeculus abgebildet haben, so haben ^ 803 eifrigera Streben bearbeitet, Klausen und Ambrosch. Der erstere besonders in seinem Biichlein fiber die Arval-Briider und dann in seinem grosseren Werk Aeneas und die Penaten. — Wenn letzterem Werke Klarheit, Ordnung und Uebersichtlichkeit man- gel!, so musste es durch die in ihm niedergelegte Gelehrsamkeit und durch den darin herrschenden Forschungsgeist die schonsten Hoffnungen erregen. Um so mehr ist zu bedauern, dass die vollendete Reife seiner Erzeugnisse durch einen fruhen Tod des Verfassers unterbrochen worden. Dagegen verspricht die frische Thatigkeit des Letzteren noch manche herrliche Fruchte. Unter dem was sie bereits hervorgebracht , schliesst die erste Schrift fiber den Charon der Etrusker auf eine wurdige Weise sich an die K. 0. Muller'schen Forschungen an. Die Studien und Andeutungen im Gebiet des altromischen Bodens und Cultm sind umfassender, und erstrecken sich auf alle Elemente der Italischen Religionen. Hieran reihen sich Desselben Anfange sie ihn ? in der Kunstsprache zu reden, oftftctot, fitfivy.ooi, vorgestellt, wie wir auf alt-sicilischen Miinzen die chthonische Demeter- Ceres vorge- stellt sehen. — Wer endlich diesen mythisch-genealogischen Spuren weiter nachgeht, wird in einem von Flainmen umleacliteten und halb- blinden Sohn des Vulcanus einen Feuerarbeiter und derazufolge auch seine Verwandtschaft mit den mythischen Digitis oder* was einerlei ist, JanTvXotq nicht verkennen. Ich fiige jetzt noch die Notiz von einer ganz neuen Schrift bei , welche einen Theil der altvaterlichen Religion der Romer behandelt: [Be biis Romanorum patriis sive de Larum atque Penatium tarn publicorum •juani privatorum religione et cultu scripsit G. A. B. Hertzberg. — Ad~ jecta est nova fori Roman! et adiacentium locorum adumbratio - — Halae 1841. Da dieses Biichlein mir erst jetzt zu Handen gekommen, so werde ich GeJegenheit nehmen, einige Punkte desselben in meinem folgenden Capitel von den Heroen und Daemonen zu beriihren. Hier bemerke ich nur noch, dass es mir unbekannt ist, ob diese Beschreibung und Karte des Forum Romanum auf eigenen Local-Untersuchungen beruht oder nicht. In jedem Falle wird es nothig seyn , den Plan des Forum Romanum und der Sacra via in den Studien u. Andeutungen von J. A.- Ambrosch als Correctiv zu Rath zu Ziehen. Creuzer's deutsclie Schriften. ill. 3. £i -3* 804 von Untersuchungen iiber die hieratische Literatur und die Hierarchie der alten Rbraer in den grundlichen Abhandlungen : Observationum de Sacris Romanorum libris particula prima und de Sacerdotibus curialibus* Bei einigen Puncten habe ich in den Anmerkungen zu diesem Capitel in der dritten Ausgabe auf diese Schriften bereits hingewiesen. Jetzt nehme ich zum Schlusse dieses Nachtrags von denselben Anlass noch einige aligemeine Be- merkungen anzuknupfen: Zuvorderst lassen sich 5 wie wir allenthalben gesehen, im Gesammtinhalte der Italischen und insbesondere auch der Bomischen Religionen orientalischc , pelasgische, samothracische und hellenische Bestandtheile nach- weisen. Die samothracischen haben wir so eben noch in einem latinischen Mythus gegen Hartung nachgewiesen 5 und die ita- lischen Volksreligionen unter dem Einfluss der griechischen darzustellen , ist ja der Zweck des letzten Werkes des sel. Klausen gewesen. Fragen wir aber nun weiter nach der relativen Prioritat der Elemente des altesten romischen Cultus, so herrschen daruber verschiedene Ansichten. Unser Verfas- ser erklart sich fur das acht latinische Element : „Der Umstand, sagt er *) , dass der alteste Cultus Boms albanisch war, dass von den altesten Priesterthumern der Romer mehrere, wie Pontifices, Flamines, Salier, Vestalinnen, sich als uralte In- stitute Alba's oder doch aitlateinischer Stadte nachweisen lassen, dass endlich die altlateinischen Umlande seit uralten Zeiten Festkalender besassen und mithin einen geordneten Cultus haben mussten: dies und manches weniger in die Au- gen Fallende scheint uns in der That die Ansicht zu begrun- den, dass auch die altesten Institutionen des romischen Prie- sterthums aus acht lateinischer Nationalist hervorgegangen, und nicht erst unter sabinischem Einflusse entstanden sind." Ein zweiter Hauptpunkt , ohne welchen sich nach meiner Ueberzeugung das Romische Volks- und Staats- 1) In den Sfcudien und Andeutungen I. p. 193. Anmerk. t70. *C 805 ^ Leben iiberhaupt nicht verstehen lasset , ist der innige Zusam- menhang der romischen Religion mit dem Feldbau. Nach dem romischen Volksglauben war Alles, was zu des Menschen Leibesnahrung und Nothdurft gehoret, von einzelnen Gotthei- ten als eine Gnadengabe zu erflehen. Dies geht aus vielen Anstalten der Romer hervor, besonders aus gewissen auf die Feldmarken und Landgemeinden bezuglichen Carimonien l )< Die Feldmeister (Magistri pagorum) standen den landlichen Opfern vor, weiheten und suhneten die Felder, und hielten Uinschau bei den Feldbauern selbst, um beides, nachlassige und besonders fleissige, beim Konige anzngeben. Jene reli- giosen Gebrauche, Geliibde, Siihnungen und Opfer lernt man aus den romischen Autoren uber den Landbau kennen; wo fast jedesmal auch die bei den landlichen Festen , Opfern, Um- gangen und Suhnungen gebrauchlichen Formeln mitgetheilt sind 2 )- 1) Ambrosch de Sacerdotibus Curialibas Dionys. II. 76. p. 29. und daselbst Plin. H. N. XVIII. 2 sq. Sicul. Flacc. de condit. agror. p. 25. vergl. Hartung Bel. d. Bom. II. p. 145. 2) Hier einige Hinweisungen nur auf Cato: Landliche Cultushand- lungen, de B. B. cap. 83. 84. p. 69 ed. Schneider; Mars Silvanus, eben- daselbst; Juppiter Dapalis. Daps, mit Formeln cap. 132. 133. p. 86; Porca praecidanea Cereri, Opfer dem Juppiter, Janus, der Ceres, mie Fonmeln cap. 134. 135. pag. 87 seq. ; Lucum conlucare Romano more cap. 139. 140. pag. 92. — Agrum lustrare, Suovetaurilia , mit Formeln cap. 141. 142. p. 92 sq. — Hierbei auch ein Wort von der land- lichen Gdttin Hostilina. Augustin de C. D. sagt: man habe die Gottin Hostilina verehrt, wenn die Saaten mit neuen Aehren gleich geworden waren, weil die Alten aequare hostire genannt haben. Schneider ad Caton. de B. B. VI. p. 31. will an dieserErklarung zweifeln. Aber sollte eines Neuern Zweifel uns mehr gelten als die Versicherung eines Alten, zumal da diese Erklarung dem naiven Sinn des Landmannes so ganz gemass ist? — Das hostorium, oder das Streichbrett, womit man das Getreide oben auf dem Scheffel gleichmachte, und host us , gleich, gleich- gemessen, gehdrt eben dahin. — Aber dieses alte Adiectiv ist aus meh- reren Texten*der Bomischen Schriffcsteller verschwunden ; vielleicht in zwei Stellen des Tacitus (Annal. XV. 25. und Historr. II. 31.). Sicher 51* 806 *m Dies letztere hangt nun mit dem ganzen Carimonialgesetz und Cariinoniendienste der alten Romer zusammen , der, schon iin Entstehen des Cultus peinlich, uuistandlich und lastig ! ), im Laufe der Zeiten eine inimer driickendere Biirde werden musste. Von diesera ganzen Werk - und Wort-Dienst giebt nun schon die erste Abtheilung von unsers Verfassers Ab- handlung uber die heiligen Biicher der Romer (de sacris Romanorum libris) die anschaulichste Vorstellung. Da befin- den wir uns in einem wahren Irrgarten oder hieratischen Z winger von Cultus -Doctrinen und -Disciplinen, in einem Ged range von Vorschriften uber das wann ? wo und wie der zu verrichtenden Cultushandlungen , indem Monat, Tag, Ta- geszeit 5 Ort, Anrichtung, Stellung, Gebardung, Stimmung der Priester oder deren Stellvertreter auf das allergenaueste bestimmt sind. — Diirfen wir uns da verwundern, wenn schon im Zeitalter der wahren Romergrosse einem erleuchteten Grie- ehen ' 2 ) alle diese Dinge , auf die er doch das ganze Romische Staatsgebaude gegriindet sah 5 ills Aberglauben erschienen, als ein Aberglaube , den er jedoch um der Menge willen staats- klug findet, weil er eben gleich den meisten Grossen Roms, mit denen er verkehrte, sich dem reflectirenden Euhemeris- mus 3 ) zugewendet hatte ? Und durfen wir uns wundern, wenn aber muss man im Cicero Verriu. IL 2. cap. 47. mit dem Vaticaner Pa- limpsest lesen: hostissimum Veneri deberi praemium, statt Veneri potis- simum ; wie ich anderwarts gezeigt habe. 1) Cicero de Re Publ. II. 14. Sacrorum autem ipsorum diligentiam difficilem, apparatum perfacilem esse voluit (Numa). Diese diligentia difficilis , oder peinliche Sorgfalt, wird verstandlich ? wenn man an die unzahligen Gottheiten, mannigfaltigen Gebrauche und an die angstlichc Aufmerksamkeit auf Alles, was auf die Gotter Bezug hatte , denkt. — YVeswegen Tertullianus Apolog. cap. 21. mit Recht sagen konnte: Numa Ronmnos operosissimis superstitionibus oneravit. Vergl. Ambrosch de Sacerdotibus Curialibus p. 21. not. 56. 2) Polybius VI. 56. 0 Wenn Puclita im EingaDg seines Cursus der Insfcitutionen die romische Religion (namlich die alte, volksthumliche) eir.en umgekehrten -P* 807 nun vollends ina Zeitalter eines Varro und Cicero Gebrauche und nichts als Gebrauche, welche Priester und Volk mit scru- puloser Genauigkeit ausubten, das ausmachten, was man da- mals Romische Religion nannte? Diirfen wir uns deinzufolge endlich wundern, wenn einerseits nachgerade der strebende Geist oder das trostbedurftige Herz freraden, besonders mor- genlandischen Gottheiten und Gebrauchen huldigte; oder wenn die Besseren ebensofort willig dem Christianismus Gehor gaben, der sie von der Sklaverei des von den Vatern ererbten Werk- und Wortdienstes entfesselte? Ich habe diese Schlussbetractitung mit Vorbedacht ange- hangt, da mil es nicht scheinen moge, als hatte ich von der religwsen Anschauung der welthistorischen Einheit Roms am Schluss dieses Capitels mich gegen die Gebrechen der alt- rSmischen Religion uberhaupt verblenden lassen. Euhemerismus nennt, die ihre Lehren zu geschichtlichen Begebenheiteu uad ilire Gdtter zu ihren Konigen erhobea habe, so brauclie ich nach mei- nen Erorterungen im Allgemeinen Theil der dritten Ausgabe meines Buchs (s. daselbst I. p. 90*— 105) hier nicht weiter zu beweisen, dass die Religion der alten Griechen, urn von andern Volkern nicht *u sprecheu, denselben Gang genommen hatte. II. T a g e s. (tfachtrag zu §. 11.) Obschon K. 0. Miiller einige Zuge dieses Mythus in der neugewonnenen Erzahlung beim Jo. Laurentius dem Lydier l ) unbenutzt gelassen, so will ich doch des ersteren gedrangte Darstellung zum Texte nehmen, und daran einige Berichti- gungen und Erganzungen und dann eine weitere Erorterung anknupfen: „Haufig kommt der Ausdruck: Biicher des Tagea vor, von dessen Bedeutung zuerst zu handeln ist. Die alte in Etruskischen Buchern aufgezeichnete (Cic. de divin. II. 23.) Sage meldete: Auf den Feldern Tarquinifs habe ein Ackers- mann den Pflug zufalligerweise sehr tief gefiihrt , da sey Tages hervorgetreten , der Sohn eines Genius 5 Enkel des Jupiter 2 ), 1) K, 0. Miiller's Etrusk. II. p. 24 — 26. Jo. Laur. Lydus de Osten- tis p. 6 sqq. ed. Hase, vergl. p. 100 und p. 190. Die Erzahlung habe ich in einer Anmerkung zu Cic. de Divinat. II. 23. p. 379 ed. Moser in der Originalsprache mitgetheilt. — Ueber die Oertlichkeit s. man jetzt : Heinr. Wesiphal Topografia dei contorni di Tarquinii e Vulci, in den Annali dell' Inst, archeol. Tom. II. p. 36 sqq. mit Tav. A et B. 2) „Dies nach Festus s. v. Tages [p. 188. p. 280 ed. Egger: „ Tages nomine, Genii filius, nepos Jovis.]. Daher Cic. de harusp. resp. 10. veterem ab ipsis diis immortalibus, ufc hominum fama est, Etruriae datam disciplinam. — Rura Tyrrhena, saltusque Tagetis. Statius Sylv. V, 2. 1." ^ 809 ein Knabe an Gestalt , aber ein Greis an Weisheit Der Ackersmann habe vor Erstaunen laut aufgeschrieen , das be- nachbarte Volk sey herbeigestromt , und die Lucumonen der zwolf Volker 2 ) hatten nun den Tages die Lehre von der Opferweissagung, der Blitzbeobachtung und andern Theilen der Disciplin singen horen und sie aufgezeichnet, worauf der 1) „Nach Jo. Lydus, de ostent. 3. p. 10 ed. Hase, einem neugebor- nen Kinde gleich, aber mit Zahnen und andern Zeichen reifen Alters. Strabon [V. 2. p. 123 Tzsch.] nennt den Tarchon von Geburt grau, worin ihm Eustathios zur U. II. 20. tp» 137 ed. Lips.] und zu Dionys. Per. V. 347. folgc; es ist sehr klar, dass Tarchon und Tages Personen der- selben Sage waren, die leicht verwechselt werden konnten." [In der Stelle des Strabo hatte Ruhnkenius zum Vellei. p. 6. aus Dionys. Perieg. a. a. 0. schon friiher hergestellt: — vm dk Tvqqt\v^ tbv nlilo* avar^Gcn; laov , i^arnhv, anstatt ouoTetkaq. Ueber die Sage von diesem Lydier Tarkon CTctQy.iov , wie Strabo schreibt statt T«^wv) vergleiclie man jetzt Jo. Lyd. p. 8— 10, wo er ein aruspex und ein Sehuler des Tyrrhenos aus Lydien genannt wird. Hartung Rel. d. Roiner I. 215. vergleicht mit die- ser Beschreibung des Tages die ahnliche des Numa, welcher von Kind- heit an altersgrau gewesen (Serv. ad Aen. VI. 808: „Hic etiam canus fuit a prima aetate."). Ich erinnere im Voraus bei der Knabengestalfc des Tages an die phonicischen Pataken und die Aegyptischen Zwerggot- ter (s. meinen Dionysos p. 147.) und an den Knaben Hermes, wie denn die Griechen den Tages fur den chthonischen Hermes, y&6viov "Eq^v erkannten (Proclus beim Jo. Lyd. p. 10.). Das war Hermes Eriunios mit demselben Beinamen, womit der liode Geist der Weisheit bezeichnet wird Cvooq igioimoq). — Die Verwechselung tritt auch in der Sage beim Lydus p. 10. hervor, wo ein Buch von Einigen dem Tarchon, von Andern dem Tages zugeschrieben wird.] 2) „So Censorin. de die nat. 4. extr. Disciplinam aruspicii dedisse Xll populis Etruriae sagt Festus. Hiermit verbinde ich zugleich, was Miiller I. 73. sagt: Wenn nicht auch der Etruskische Damon Tages in demselben Tarquinii aus der Erde gestiegen seyn sollte ; womit es vor- trefflich iibereinstimmt , dass gerade Tarchun mit den Lucumonen der zwolf Staaten Etruriens seine Lehre zuerst vernomraen haben soil. — Die Etrusker sahen also wirklich in einheimischer Sage Tarquinii als den Ort an, von wo, wenn nicht ihre Nation, doch deren Gesittung und Re- ligion siusgegangen sei." ^ 8i() ^ w under bare Knabe sogleieh gestorben sey *). Der Ackers- maim, den unsere aiteren Quellen nicht nennen, war gewiss kein anderer, a!s der Tarquinische Tarchon, wie Joannes der Lydier berichtet, ein Missverstandniss Strabon's (s. oben) andeutet und auch das Local der Sage beweist; diesen Haupt- heros der Etruskischen Mytkoiogie soil Tages die Weisheit t) Diesen Zug hat Isidor. Origg. VIII. 9. [p. 374 ed. Areval. und daraus zum Tlieil die Scholiast, inedd. ad Lucan. I. 637. p. 99 ed. C. Fr. Weber. Wenn es beim Isidorus vorher heisst: „ Tages. Hie ex oris aruspicinam dictavit, et postea non apparuifc, so meinte Arevali: ex- miens 5 Andere: exortus; die altera Ausgaben geben ex horis. Dass eine andere Variante ex arts die richtige Lesart sey , wird jetzt niemand be- zweifeln, der die Erzahlung des Jo. Lydus p. 12. vergleicht, wonach der Hergang dieser war: Der Knabe Tages steigt aus der Furche neben dem pfliigenden Tarchon auf, dieser nimmt ihn in seine Arme, setzt ihn in einem Heiligthume nieder (naX rdlq hgoic; hanoS-efitvoq ronoiq) und bittet ihn, etwas von den Geheiranissen durch ihn zu erfahren. Also dorten lehret er vom Altar herab (ex aris). Hier erinnern wir, wiederum im Voraus, an den aus der Erde gebornen Erechtheus (Erichthonios) , den Pallas-Athene sofort in ihren Tempel versetzt (Iliad, n. 546 sqq.). Wie aber lehret er? Er singet die Opferschau, heisst es (Censorin. de d. nat. tl: qui disciplinam cecinerit extispicii), und so Mtiller, der aber folgen- den sprechenden Zug nicht hatte iibergehen sollen. Jo. Lydus erzahlt namlich: die Belehrung geschah unterredungsweise , indem Tarchon fragt, Tages antwortet QnuSrineg fr.eX, xaza xiva §ia\oyixr\v ctfuUav , igony (xh< dfj&ev 6 Tkqxmv, (tnoxQtveTcu dh o Tciyt\q) und zwar fragt jener in der gewohnlichen Italischen Sprache, dieser aber antwortet in alter unver- standlicher Sprechart, wie denn auch in dem aus diesen Gesprachen ver- fassten Buche des Tarchon in alten schwerverstandlichen Charakteren die Antworten niedergeschrieben sind, und daher mehrere Ausleger be- schaftigt haben (Lydus p. 10—12.) — gauz in orientalischer Weise. Uni jetzt von der Indischen Lehrforni nicht zu sprechen, bemerke man nur, wie die Aegyptische Sage vom Hermes lautet, der jetzt seine Biicher verbirgfc, jetzt sich nur unvollstandig vernehmen lasst, daun aber wieder bald dem fragenden Tat, dann dem fragenden Horus antwor- tend Belehrungen erthcilf (s. z. B. S(;ob- Eclogg. I. 52- P- 930 sqq. HeerO-1 811 gelehrt haben l ), seine und der Lncumonen Aufzeichnung sollten die Tagetischen Schriften seyn." 1) „Das extispicium leiten von ihm ab Censorin a. a. 0. Ammiau. Marc. XXI. 10. Lucan. Phars. I. 631 sqq. Serv. Aen. II. 781; das aru- spicium Festus, die haruspicina im Ganzen Cicero a. a. O. so vvie Isidor. Origg. VIII. 9; das extispicium und die filitzbeobachtung Arnob. adv. gent. II. 69. Nach Columella X. 340. lehrte er Beschirmung des Ackers gegen Fascination. Ovid. Met. XV. 550. sagt ganz allgemein : qui primus Etruscam edocuit gentem casus aperire futuros; eben so Martian. Cap. II. 9. 6 : Tages sulcis emicuit et ritum statim gentis Sypnumque (haruspicium) monstravit." [Wenn Miiller hierbei p. 39. der Ausgabe des Hugo Gro- tius citirt, so fallen einem bei diesem Batavischen Tages die Verse des grossen Jos. Scaliger vor jenes Junglings Ausgabe des Martianus ein: „Hugo Soboles Grotius optimi parentis Qui limina nondum tetigit puberis aevi, Sed mente senili teneros praevenit annos." Was aber Miiller's Aenderung betrifft, so habe ich schon in einer Note dieser dritten Ausg. zu meinem eignen Text dem neuesten Herausgeber U. Fr. Kopp beistimmen miissen, der p. 211. das Unzulassige dieser Con- jectur erwiesen hat. — Jetzt will ich bemerken , dass sie eben so un- statthaft isfc, als wenn man beim Arnobius II. 62. in Aruntiis libris lesen wollte , statt in Acheronticis 1. , wie er selbst II. p. 27 f. richtig bemerkt (man vergl. audi Orelli zu derselben Stelle p. 910 , wo er zu erweisen sucht, dass es unter den Tagetischen Btichern Acheruntische gab, und beifiigt: Der Name der Acheruntischen Biicher ist offenbar Griechisch, und bezieht sich auf Acheron tische Todtensacra vom Fluss und See Ache- ron in Thesprotien." — Hierbei kann ich nicht unbemerkt lassen, dass Hartung Bel. d. Bom. I. p. 214 sq. die Erzahlung von der Auffindung der Biicher des Numa durch den Amtsschreiber Terentius fur eine Nachbil- dung der Sage vom etrurischen Tages halt, und so fortfahrt: „ dergestalt, dass sogar der Name der beiderseitigen Pfliiger der namliche ist : denn Terentius oder Tarutius ist, wie wir an einem andern Orte zeigen wol- len, mit Tarquinius und Tarchun identisch, und bezeichnet einen solchen, der mit den unterirdischen Gottheiten in Beziehung steht." — Aber, um zur Stelle des Martianus zuriickzukehren, so hat weder H. Grotius noch neuerlich Arevali zum Isidorus p. 374. an dem sypnumque monstravit den gertngsten Anstoss genoinmen, aber man muss es mit kleinem Buchstab schreiben und mit Kopp erklaren, sonmumque demonstravit, d, h, der -A 812 ^ Wenn uns nun nteht etwa das Lydische Vaterland des Lehrers des Tarchon, Tyrrhenos, und die Unterscheidung eines alteren und jiingern Tarchon, dem alteren und jiingern Hermes vergleichbar , sondern mehrere andere Spuren dieser Etrusker-Sage letztlich auf das Morgenland hinleiteten, so lagen doch die Anzeigen von einem naheren Zusammenhang init Griechischen noch viel deutlicher vor. — Hieruber haben wir nun ganz neuerlich einen uberraschend glucklichen Auf- schluss gewonnen. K. 0. Muller l ) beraerkte noch: „Der Etruskische Damon Tages, der Urheber der Etruskischen Disciplin , ist in keinen Griechischen Mythus hineingezogen worden." Jetzt durfen wir behaupten, die Tuscische Sage vom Tages sey einer Griechischen nachgebildet , und mit Modification ervveitert werden. Diese willkommene Belehrung haben wir dem Scharfblick eines geistreichen und sinnigen Deutschen Archaologen zu danken 2 ). Der Verfasser bemerkt aus der Erde aufgestiegene Tages hat den Etruskern den Traum erklart, oder mit andern Worten : er hat sie die Traumdeutung gelehrt. — Wenn aber Muller die Griechische Benennung der Acherontischen Biicher des Tages hervorhebt, und dieselben von den Todten-Sacra am Thesproti- schen See Acheron herleitet, so darf ich wohl auch , um den Gesichts- kreis zu erweitern, an den Genius Polypnos erinnern, auch Polymnos, Prosymnos cngoavuvog') oder Prosunnius genannt, der am Argolischen See bei Lerna dem Dionysos den Weg ins Todtenreich gezeigt (Arnob. V. 28: „Prosumnus quidam exoritur, — qui se januam Ditis , atque Ache- rusios aditus pollicetur indicaturum etc.'' vergl. Clemens Alex. Protr. p. 29 Potter und das Weitere in meinem Dionysos p. 233 sqq.); — und endlich den Satz aufstellen, dass wir in dieser Tuscischen Sage von dem neben dem Ackermann aus der Erde aufsteigenden Tages im Gebiete der Dionysischen und Cerealischen Religionen und im Mythenkreis der Deme- ter Prosymna (s. vorlaufig Symbolik IV. p. 36 2ter Ausg.) d. h. der in die Unterwelt hinabsteigenden und zur Oberwelt zuriickkehrenden Semela und Proserpina uns bennden. 1) Etrusker I. p. 73. vgl. Inghirami Monumm. Etruschi I. 2. p. 532: „Altrimenti i lafcini scrittori non ci avrebbero indicato un Tagete vene- rato soltanto in Etruria." 2) Dem Mieglietfe des Instituto archeologico Herrn Braun in Row. 3* 813 unter Anderm, dass vvir aus mehreren antiken Denkmalern vielleicht vermuthen diirfen, es habe eine Sage unter den Griechen von einer Liebesbegegnung des Hercules und der Mi- nerva gegeben. Von dieser vermutheten Liebschaft hat er nun eine Reihe von Beweisstucken vorgelegt: eine Volcenter Amphora (Taf. 4.), worauf Herakles und Pallas sich treuher- zig die Hande reichen 5 eine Vase (Taf. 2. b.) , worauf Hera- kles der Pallas nachsetzend erscheint; einen Etrurischen Spiegel (Taf. 2. c), Herakles und Pallas, und Venus (Tu- ran) zwischen ihnen; einen Spiegel mit einer geflugelten Pallas und eine Spiegeldecke (Taf. 2. a. und Taf. 3.) mit der Vorstellung des auf die Pallas Angriffe machenden Herakles 5 endlich auf einem Etrurischen Spiegel aus den Grabern von Toscanella jetzt im Berliner Museum (Taf. 1.) erkennt der Verfasser an der Glatze und dem Gesichtsausdruck das Kind Tages mit greisem Verstande , einen Mohnstengel , als Hindeu- tung auf das Chthonische , in der Hand, welches von Pallas (mit der Etrurischen Beischrift Menrva) gehalten, und von Herakles (Erkle) vaterlich angefasst wird, als der en Sohn; zur Seite Venus (Turan) und ihre Dienerin Munthu , tvelche den Her aides kranzt und salbt. Hierbei weiset nun der Erklarer die Aehnlichkeit dieses aus dem letztbeschriebenen Spiegel hervortretenden Mylhus von Tages mit dem des Erichthonios nach ') ? wobei er treffend S. Tages und des Hercules und der Minerva heilige Hochzeit. Eine Abhandlung rein archaologischen Inhalts von Emit Braun. Miinchen 1839. fol. 11 S. mit 5 Tafeln. Obschon ich diese schdne Schrift als ein Geschenk des Verfassers vor mir liegen habe, so will ich doch der Kiirze wegen den wesentlichen Inhalt aus Welckers Bericht dariiber im Rheinischen Museum fiir Philologie VI. 1840. p. 635—640 hier mittheilen. 1) S. jetzt unsere Tafel nr. 35. zu III. 2. mit Pallas - Athene , zwi- schen Poseidon und Hephastos stehend, und den ihr von der Gaa aus dem Erdboden emporgehaltenen kleinen Erichthonios aufnehmend und die Erklarung dazu p. 524 3ter Ausg. — Hier mache ich auf den Unterschied des ganz kindlich gebildeten Erichthonios dieses Basreliefs und des glatz- kopfigen alternden Knaben Tages jenes Spiegelbildes aufmerksam. <** 814 bemerkt, dass Pallas auch hier nur mystisch die Mutter des Tages (wie in Athen auch des Apollon) sey , und reine Jung- frau bleibe, indem sie den aus der Erde Geborenen in ihre mutterliche Pflege nehme. 55 Und, setzt der Berichterstatter hinzu, erklaren sich nicht, zur Erganzung dieser schonen Conjectur, die beiden andern Spiegei eben daraus nun weit bestimmter da bin, dass Herakles gegen die keusche Gottin sich ahnlich beniinmt, wie Hephastos? Der Augenschein mochte dafur entscheiden, und die beiden Vorstellungen zusammen bilden daher erst den einen mystischen My thus, den l€Qog yduoq der Athene Metis und des Herakles, wie deren andere aus Sagen und Monumenten bekannt sind. u 815 III. Die Palicischen Getter und Anna Peretma. (Nachtrag zu §. 15.) Zu diesem Riickblick auf die Siciiischen Paliken - Gotter veranlasst mich der Umstand , dass unter den neuesten Bear- beitern dieser Cultus-Sage zwei einige Punkte beruhrt haben, die ich selbst besprochen hatte *). Welcker namlich , urn von diesem zuerst zu reden, hat zwei Verbesserungsversuche in Zweifel gezogen 2 ). Er sagt namlich : „ Jo. Lyd. de Mens. 1) Zu Cicero de N. D. III. 22. p. 600—603. und in der zweiten Aus- gabe dieser Symbolik II. p. 229. und zuletzt §. 15 5 wo ich auch die Quellen und neuern Hiilfsmittel angegeben. Zu den erstern ist nichts Neues hinzugekommen , denn was die Mythographi Vaticani I 190. und II. 45. unter den Rubriken : Palici dii und Juppiter et Aetna nympha ge- ben, ist im Wesentlichen dasselbe, was Servius zu Virgil. Aen. IX. 584. und die Scholl. zum Statius Theb. XII. 156. haben. Dagegeu baben von den Neuern, ausser Ebert und Welcker, von denen sogleich die Rede seyn wird, Gottfr. Hermann in der Abhandlung de Aeschyli Aetnaeis Lips. 1837. und L. Preller in einer sehr ileissigen Ausfiihrung zu Pole- monis Periegetae Fragmenta LXXXIII. p. 126 — 131, diesen Mythus und Cultus behandelt. Seitdem bat denselben auch Raoul-Rochette besprochen, und zwar mit Berichtigung mehrerer My thologen , im Journal des Savants Janvier p. 11 — 16; wobei ich aber eine eindringende Kritik von Wel- cker's zum Theil sehr ungliicklichen Etymologien und Deutungen erwar- tet hatte. 2) In dem Supplement zu seiner ins Franzdsische iibersetzten Ab- handlung : Les Paliques Sicilians 6eoi IlaXixot [nafoy.oQ, in den Annali 816 ^ p. 105 ? TSTaQToc, 'flcpaiGTog 6 Mavrovq, 6 SixskiujTqq. La conjecture 6 [*avT(po$ y mise dans le texte dans 1' edition de Roetker p. 246. est inexacte. Ce que Creuzer, Cicero N. D. III. 22. p. 602, met a la place de la variante alteree: Quartus ^Vulcanus) Menano Palico natus, nous donne un nouveau Pa- lique, dont il ne soutiendra probablement plus l'existence." Was das Erste betrifft, so konnte die bei den Alten uber- haupt gebrauchliche Weissagung aus Feuer und Flamme in den vulkanischen Gebieten urn den Aetna urn so naturlicher in Ausubung komnien , und wirklich hatte Vulcanus auf diesem Gebirge ein Heiligthum ( Aelian. H. A. XI. 3. p. 244 Jacobs.). Wenn ferner Jo. Lydus eben so wie Cicero diesen Vulcanus als Sicilischen bezeichnet, so lasst sich schon daraus vermu- then, dass er als orakelgebender Gott gedacht war 5 wenn nun aber noch obendrein neben dem Worte Sicilier das Wort pavTovq erscheint, so ist doch in solchem Zusammenhang nichts naturlicher, als ihn mit der kleinen Aenderung pav- T(pog als einen fatidicus oder wahrsagenden Gott zu bezeich- nen. Hiermit tritt er denn in den Kreis der andern Weissa- gegotter Siciliens, der Paliken, ein 5 und in der That wird Vulcan- Hephastos in zwei Genealogien mit denselben ver- knupft; nach der einen ist er ihr Grossvater, nach der andern ihr Vater l ). Endlich hat gerade meine Erorterung fiber die dell' Institute archeolog. 1830. Tom. II. p. 245 — 257. Obige Stelle steht pag. 256. 1) Das Schema dieser Doppelgenealogie nach der Hauptstelle des Macrobius Saturn. V. 19. hat Ph. C. Hess. Observatt. Critt. in Plutarchi Timol. cap. 12. p. 59. zusammengestellt, und zugleich aus Hesychius eine dritte bemerkt, wonach der in ganz Sicilien verehrte Gott Adranos, oder Hadranos, der Paliken Vater war; welchen Namen G.Hermann a. a. O. in eine Liicke der Erzahlung des Xenagoras beim Macrob. 1. 1. einge- setzt hat, indem er erganzt: ¥&vaav 'Adgavo) tw fjgm, wogegen jedoch Plutarch a. a. O. den *Adqavoq, wie dort geschrieben ist, ausdrucklich Gott nennt. Man vergl. iibrigens Preller ad Polemon. p. 128. Gott, Da- mon und Heros wird von den Paliken ausgesagt, vergleiche Welcker a. a. O. p. 255. natiirlichen Grunde der Verwandtschaft des Hephastos mit den Paliken einen andern Alterthumsforscher vollkommen befrie- digt o. Dieses ieitet uns zum zweiten Punkte hin. Hier konnte ich nun gegen Welcker geltend machen, dass meine Aende- rung im angefuhrten Text des Cicero : Menano Palico die Zu- stimmung von Schutz und Orelli gewonnen, uud von Moser in der kleinen Ausgabe und in der Deutschen Uebersetzung sogar in den Text ist aufgenommen worden, und dass diese Aenderung auch nach den vorliegenden Varianten eine geringe ist. Was aber die Annahme eines Paliken-Gottes Menanos, die er nicht gelten lassen will, noch wahrscheinlicher macht, ist der Umstand, dass die Stadt Menae oder Menaenum nicht nur nahe bei einem der Paliken-Seen lag, sondern auch selbst den Namen Palike (JlalMif) erhielt, und dass auf den Mun- zen dieser Stadt sich deutliche Spuren dieses Cultus zeigen 2 ). Dafiir scheint auch die Analogie zu sprechen, indem, wie der eine Palike Adranus mit einem Flusschen Adranum gleich- namig ist, so auch Menanus mit dem Flusschen Menais den- selben Namen fuhren wurde 3 ). Doch wurde sich dieser Parallelismus sprachlich und sachlich noch symmetrischer ge- stagen , wenri wir annahmen, Cicero habe Amenano Palico geschrieben, wovon auch eine Spur in den Handschriften erscheint, indem vor dem Mena — in einigen codd. noch ein Buchstab, in andern eine Sylbe sich zeigt Die Griechen 1) J. Frid. Ebert Dissertatt. Sicul. Tom. I. p. 184: „Quid cognatio- nis Vulcano cum Palicis sit, Creuzerus in Symb. T. II. p. 229. acute exponit." 2) S. zum Cic. de N. D. III. 22. p. 602. und daselbst Haym, Tor- remuzza, Eckhel und Mionnet; vergl. Polemon. 1. 1. p. 127 sqq. 3) S. zum Cic. a. a. O. vergl. Stephan. Byz. p. 36 ed. Berkel. Die Stadte Adranum und Menanum hatten eben daher ihre JBenennungen, wie denn die Sicilischen Stadtenamen meistens mit den vorbeifliessenden Fliissen gleichnamig waren. Duris beim Steph. Byz. in 'JxQayuvveq, vergl. Eberti Sicula p. 183. 818 verbinden namlich ddQavr}$ (unkraftig) gerne mit a^ewfc und d^evi]v6q (nicht ausdauernd, oder ausbleibend) '). Wenn hiermit nun die Eigenschaft der Aetneischen Quel- ien und Flusschen, die unter den vulkanischen Wirkungen dieses Bodens in ihrem regelmassigen Laufe oft unterbrochen waren, und namentlich des Ainenas oder Amenanos 9 der die Felder von Catana bald reissend uberschwemmte, bald Jahre lang ausbleibend sie ganzlich troeken legte 2 ) , bezeichnet war, so war damit auch das Wesen der Palicischen Gotter selbst, welche zunachst nichts anders waren als zwei sogenannte Bruderquellen mit ihren wechselnden und wunderlichen Er- scheinungen, in alter Bildersprache ausgesprochen. Ich wende mich nun von den Einreden Welckers, ohne in seine weitere Auffassung dieser Mythen und Culte 3 ) ein- zugehen, nochmals zu einera kurzen Ruckblick auf den Ge- genstand selbst. Wenn ich so eben bemerkte, dass in den beiden Namen Adranus und Amenanos nach der Griechischen Sprache eine t) Olympiodor. in Platonis Alcibiad. pr. p. 217. Ou yag oUtcu avvog — ctfitvqvaq xal ao&evetq xat adgavelq. S. meine Anraerk. und zum Plotin. p. 179^ vergl. jetzt Stephani Thesaur. Paris, ed. nov. I. p. 700 sq. 2) Ovid. Metam. V. 279: Nec non Sicanias volvens Amenanus arenas Nunc fluit, interdum suppressis fontibus aret. Vergl. Stephan. Byz. in IlaXixri p. 618 Berkel. Cluver. Sicilia antiqua p. 34 1 sqq. und Cataneorum Antiquitates im Vol. X. des Thesaur. ItaJ. efc Siciliae. 3) Womit der Verfasser die Erklarung zweier Vasenbilder zu be- griinden suchfce; eine Erklarung, die seitdem von Gottfr. Hermann de Aeschyli Aetnaeis p. 9 sq. ganzlich verworfen, hingegen von Th. Pa- nofka in der Abhandl. Zeus und Aegina p. 16 sq. gebilligt worden. Kunstdenkmaler dieses Cultus hatte vorher schon Ed. Gerhard in den Antik. Bildwerken p. 68. und p. 110. besprochen, und E. Q. Visconti hat auf einer trefflichen Gemme des Florentiner Cabinets nr. 124. scharfsin- nig den, fur Masinissa bisher gehaltenen, Paliken-Gott Adranus nachge- wiesenj s. Raoul-Rochette im Journal des Savants 1831. p. 334. 819 Hauptseite dieser Gottheiten dargestellt sey , so gilt dies eben- falls von der gemeinsamen Benennung, welche der al teste Zeuge dieses Cultus in derselben Sprache ausdeutet, indera er sagt, sie wurden mit gutein Grunde Paliken genannt, weil sie wiederum aus der Dunkelheit an dieses Tageslicht zuruck- kamen *). Wenn aber im vorhergehenden Verse desselben Dichters, wo er sie die ehrwurdigen Paliken 2 ) nennt, der ursprungliche phonicische Name dieser Gottheiten ausgespro- chen ware , wie Bochart behauptet, der alle einzelnen Namen der Personen und Oertlichkeiten dieses Cultus auf die phoni- cische Sprache zuruckfuhrt, so ware dies ein auffallendes Beispiel, dass die Griechen schon fruh auch in Fallen, wo sie die auslandischen Namen von Gottheiten kannten, dieselben doch aus ihrer eigenen Sprache zu deuten suchten. Ich selbst hatte ebenfalls an das Phonicische erinnert 3 ), daneben aber auch der oder des Pales und des Phallos gedacht. Letzteres hat nun demselben Gelehrten, der in einem andern Punkte mir beigestimmt, Bedenken verursacht *). Und dass in der 1) II nut UaXixwv svXoywq [livtu qiartq HaXtv yccg 1Y.0V0 £y, oxoTovq rotJ' iq yuoq* Aeschylus in den Aetnaeerinnen beim Macrob. Sat. V. 19, vergl. Aeschyli Fragg. p. 20 ed. Schiitz., welches wortlicher wiedergegeben ist in ite- rum venientes als in bis geniti, vergl. Servius a. a. O. u. Mythogr. Vatic. I. 190. und II. 45. Diese Tragodie des genannten Dichters war Ahvalcu von dem Chor der darin auftretenden Aetnaeischen Frauen oder Jungfrauen betitelt s. Valckenaer. Callimachi Elegiar. fragg. p. 176. 2) Vs. 2. desselben Fragments : 2epvovq Ilahxovq. So habe ich nach der Vorschrift der Grammatiker accentuirt, statt 21aUy.ovq } s. Preller ad Polemon, p. 127. Bochart im Phal. et Can. I. 28. p. 535. behauptet nam- lich, dieses Epitheton ae^ivoC driicke den phonicischen Namen der Paliken Palichin oder Pelichin, aus* 3) Wie jetzt auch Preller, der jedoch auch ein mogliches Stamm- wort aus der Landessprache nicht ausschliesst , ad Polemon. p. 129. 4) Ebert namlich, der nun, um auch seine Einrede gegen mich nicht zu verschweigen , so fortfahrt Dissert. Sicul. t. p. 184. — „verum doceri velim|, ubi Graecis scriptoribus dii nakmot eo, quo Creuzerus vult sensw Creuzer's deutsche Schriften. HI. 3. 820 Aeschyleischen Worterklarung : „Denu sie kominen wieder (udkiv yap ixova'^) aus dem Dunkel ans Tageslicht" der Grundbegriff der Dii Palici gegeben war, unterliegt keinem Zweifel, und geht aus dem Wesen dieses Naturdienstes von selbst hervor. War er doch seinem Ursprung nach ganz ortlich und bewegte sich urn den Aetna herum. Da war dann das Intermittiren das den umwobnenden Naturmenschen auf- fallendste Phanomen. Flamnien stiegen jetzt aus dem Erd- boden auf, jetzt verschwanden sie wieder 5 ebenso Quellen und Gewasser, wie wir oben vom Cataneischen Flusschen Amenanus aus Ovidius vernommen haben. Gerade so werden die Quellen oder sogenannten Becher (Krateren) der Paliken selbst beschrieben. Die Paliken, heisst es, haben Krateren, welche Wasser in kuppelformigen Blasen herauftreiben , und es wiederum in denselben Schoos aufnehmen" *). Auf dem- selben Grunde beruhete vielleicht eine hieratische Ornithologie ; wie etwa eine Sage vom Vogel Weihe {jy.tIvos, milvius), dass er, von der Sommerwende an erlahmt (wie Vulcanus) in Kluften verborgen, mit dem Fruhiing alljahrlich wieder memorentur. Porro sublimiorem Mam nominis Palicorum a &uXXqi dedu- cendi (Symb. II. 669.) rationem hauddum scisse Aeschylus dicendus erifc, qui, teste Macrobio »»Palicos omnium primus in litteras dedit«« eorum- que nomen aliter derivavit. 4< — Aber wie sollte doch eine hdhere Phal- lus -Lehre dem Aeschylus unbekannt gewesen seyn, da ja Herodotus (11.490 schon wusste, dass Religionsphilosophen den Phallos grossartiger ausgedeutet batten. — Damit soil aber keineswegs gesagt seyn, dass Aeschylos in seinen Aetnaerinnen , welches Stuck ja eine Tragodie, kein Satyr drama war, diese Lehre beriihrt hatte. 1) Strabo VI. 9. p. 276 Tzsch. — xttl nuXtv rft; tov avtov dexo- pdvovg fivxov, welcher letztere Zug in der lat. Uebersetzung ganz ver- wischt worden ist. Diese Kessel oder Quellen waren Delli CdtXXoi oder JeUXoi), auch Briider genannt, und waren eben die Paliken selber (He- sych. in Hafoxot vergl. Preller ad Polemon. p. 129, der sich aber fiber xQrivri Stxdyltvoq nicht deutlich ausdriickt. Jac. Gronov. erinnertc dabei an xoixut, noTUfmr. KXtvi) bedeutefc aber hier ein gewisses Maass; s.,Beek- mann ad Arisfotel. Mi nib. I. p. 7.) : goS(Tt}q) zeigte. Dionys. Halic. I. 52. vergl. Heyne Excurs. I. ad Aeneid. V: Super Aeneae accessu ad Siciliam. Vergl. Serradifalco Antiquita della Sicilia I. p. 136 sq. mit meinem Bericht dariiber in den Heidelbb. Jahrbb. der Lit. 1836. p. 357. 4) Ueber eine Spur dieser punischen Channa — (das ware also: fiSfl} was 1. Sam. 1. 2 sqq. und Luc. II. 36. Griechisch "Avvk heisst) die T — Klausen auf Miinzen von Melite vermuthet, weiter unten. — „ Ob die Schwester der Dido, Virgil's Anna, welche die Romer mit der italischen Nymphe Anna Perenna verwechselten, gottliche Ehre genossen, muss auf dem Glauben beruhen, den Silius verdienen mag, der den Hannibal, welchen sie in seinem Gedicht zur Schlacht bei Canna aufmuntert, ihr eine Bildsaule im Tempel der Dido geloben lasst. Sil. Ital. VIII. 221." Miinter Relig. der Kartliager p. 114. 2ter Ausg. Nach Bochart (Geogr. Sacr. I. 33. p. 582 sqO war das Alles eine blosse Erdichtung, Phonici- sche Colonien liessen sich in Italien selbst gar nicht nachweisen, des Aeneas Verbindung mit Dido und der Anna Ankunft in Italien seyen starke Parachronismen; keine Spur zeige sich, dass Hannibal in Italien religiose Verwandtscliaft mit den Einvvohnern geltend gemacht. — Aber die Einfuhrung der Auna in die Geschichte des Karthagerkriegs, und wie sie auf Anstiften der Juno den Hannibal gegen die Romer aufregt, ist doch von Silius acht ei>isch erfuuden. 830 *mm in Lavinium Aufnahnie , im Numicius Ruhe and Gottlichkeit finden. Wie Aeneas Leben bis zu dieser Statte ein unstates ist, so auch das der Anna; sie wird da her mit Io verglichen *), vvelche im viel^ewundenen Lauf, wie der Rio torto Numicius, umhergetrieben wird, bis sie zu Kanobos an der Nilmiindung ihre Statte iindet. Jene Unstetigkeit ist der Anna eigen wegen der Rastlosigkeit des rinnenden Wassers. Diese Rastlosig- keit wird als das Bild der rinnenden Zeit betrachtet, welche durch die Wasseruhr gemessen wird. Gleich der Io wird auch Anna auf den Mond oder auf Themis, die Mutter der Horen, bezogen, weil nach beiden das Jahr gerechnet wird. Denn das ganze Jahr hindurch muss der Quell, der die Wirth- schaft versorgen soil, vorhalten, stark und frisch genug, um weder im Somraer auszutrocknen, noch im Winter auszufrieren. Davon hat Anna Perenna ihren INamen 2 ), wie dies vornam- lich aus ihrer Auffassung in Rom zu erkennen ist, wo am Idus des Marz, nachdem beim Anfang des biirgerlichen Jahrs das neue Feuer der Vesta angezundet, die Thur der Curia Regia des Flamen mit neuem Lorbeer geschmuckt war, der 1) Ovid. Fast. III. 657. 2) Man sagte perennus und perennis (Verheyk zam An ton in. Lib. p. 268). Der Begriff von dieser Seite ist vollstandig in folgendem Vers des Ovid. Fast. III. 654. ausgesprochen : Amne perenne latens Anna Perenna vocor. In der Note sagt Klausen: „Der Stamm von Anna so- wohl als Perenna ist der der Praeposition amb, wovon anibulare, ampins, amnis, solemnis" u. s. w. Hartung Rel. d. Rom. II. p. 229. bemerkt: ,,Wenn man mit Doderlein perennis von amnis herleitet [im Hand I), der lat. Etymol. p. 136. sagt er jetzt: „ perennis — Syncope von nagafiovoq, bleibend. Oder von amnis."], so ist dadurch die Herleitung von annus nicht ausgeschlossen ; denn annus — annulus und amnis sind blosse Ne- benformen, von der Praeposition am herstammend, wie schon die Alten (z. B. Varro L. L. V. 28. VI. 8. [p. 44 Spengel. p. 8 sqq. Muller et Egger. und p. 191 Speng. p. 55 ed. M. et E.] Macrob. Sat. I. 14.) gese- lien haben. Die ununterbroehene Linie muss immer eine Kreislinie seyn, und in der That bildeten die rinnenden Gewasser nach der Vorstellung rter Alten einen Kreislauf aus dem Ocean und in denselben zuriick u. s. w. a *fc 831 Anna Perenna im Namen des Staats sowohl als der Einzelncn geopfert ward, damit Jahr urn Jahr das Leben unbeschwert verrinne. Hier ist augenscheinlich dargelegt, dass Anna Pe- renna in dem unversiegbaren Gewasser des Staatshaushalts waltet, wie Vesta in seinem Fewer 5 dass sie die wesentliche Erganzung des Begriffs dieser Gottin ist, deren Priesterinnen die Sorge fur jene beiden Theile zusteht. Zu diesem unver- siegbaren Gewasser geniigt dem Staat nicht ein Quell oder Teich, wie der der Camenen und der Iuturna; aus diesem kann das Heiligthum gesuhnt und besprengt werden; das grosse Nahrwasser des Staats muss der Landesfluss seyn *). Wie fur Lavinium der Numicius , ist es fur Rom die Tiber 2 ). An dem iinmer mit frischer Welle anlangenden Strom hat 1) Im Vorhergelienden hatte der Verfasser das Wasser der Iuturna als das harte, starkende und reinigende; das der Anna Perenna als das weiche, belebende und nahrende gegeneinander gestellt. — Hierbei be- merke ich: Doderlein Etymol. und Synon. I. 5. und Handb. der Etym. p. 91. leitefc Juturna von diuturna her, „wie diis, diutinis ac jugibus. Nonius 5 im Gegensatz von torrens, dem temporaren Strom." Hartung Rel. d. R. II. p. 102. findet die Herleitung aus dem alten Stamme junyo natiirlicher: v levywf,u, da der Begriff von jugum — X>wyoq, wie der Ge- brauch dieses Wortes bei den Bracken und Gebirgsketten beweist , so genau mit dem von continuus und perpetuus zusammenhangt; denu quod junctum est, id continuum." Wollte ich neue Etymologien versuchen, so konnte ich an Io-Juno erinnern. Lieber will ich den Argivischen Quell Kanathos auftihren, worinJuno, sich jahrlich badend, ihre Jungfrauschaft immer wieder gewann (Pausan. II. 38. 20? ferner dass am lsten Juni, am Fest der Juno, die Romer alljahrlich vom Morgen an kaltes Wasser der Gesundheit wegen tranken (Jo. Laur. Lyd. IV. 57. p. 208 Roth.). — Im Tempel der Juturna sah man ein Gem aide , wie eine Jungfrau den Soldaten die Quelle Aqua virgo gezeigt hatte (Frontiu. de Aquaeduct. p. 10 5 vergl. Klausen p. 708.). — Der Quell lag zwischen dem Tempel der Vesta und dem der Castoren (s. Ambrosch Stud, und Andeutungen I. p. 100.). 2) Cic. de Republ. II. 5: „ Romulus — urbem perennis amnis et aequabilis — posuit in ripa" wozu ich p. 2t4. der Moser'schen Ausgabe Mehreres bemerkt und auch an die Anua Perenna erinnert habe. 832 m Anna Perenna ihren obstreichen Hain oberhalb der Stadt zwischen der flaminischen und salarischen Strasse nah an der milvischen Brucke Hier zerstreut sich die Plebes auf der Wiese, Manner und Frauen lagern sich paarweise im Grase, ein Theil unter freiem Himmel, Wenige unter Zelten, Einige in Lauben , Andere unter ihrer iiber Rohrstabe ausge- breiteten Toga. Es ist das Fest der sonnigen Fruhlingsluft. Erhitzt durch diese und durch den Wein leeren sie fur jedes Jahr, das sie noch zu leben wunschen, einen Becher, singen Lieder, begleiten sie mit Gebardenspiel , fuhren Reigentanze auf, die Madchen mit flatterndem Haar, kehren endlich wan- kend heim, von den Begegnenden giucklich gepriesen, und trunkene Weiber leiten trunkene Greise" u. s. w. 2 }. Wenn es nun aber eine sehr missliche Annahme Klau- sen's ist, dass der Mythus von der Anna, ursprunglich in Latium entstanden , in Sicilien und Nachbar-Inseln ausgebildet worden, so ist es nicht weniger gewagt, wenn derselbe ein 1) Das Anna -Fest wurde am Ufer der Tiber zwischen dem pons Milvius (Ponte molle) und der Einmiindung des Anio gefeierfc (vergl. Gierig ad Ovid. Fast. IU. 524.). 2) Auszug aus Ovidius Fast. III. 523—542. — Hartung Rel. der R. II. 230. bemerkt noch vveiter, wie Anna nach der Volkssage einst als verschleierte Braut den der Minerva nachstellenden Mars betrogen hatte (Ovid. Fast. III. 675 sq.) und fahrt darauf fort: „Dadurch scheint sie in der That mit der Petreja verwandt, einer gleichfalls unverwiistlichen Alten, wie schon der Name anzeigt, deren Bild als eine spasshafte Maske bei gewissen Festaufziigen figurirte. Vielleicht ist es darum nicht ohne Bedeutung gewesen, dass ihr Fest gerade hinter dem Bachlein Petronia an der Tiber begangen wurde, und dasselbe dabei immer sehr feierlich nach einem Uebergangs-Auspicium perenne auspicium iiberschritten wurde [Festus p. 53. p. 103 Egger. Perenne dicitur auspicari, qui amnem aut aquam, quae ex sacro oritur, auspicato transit.]. Das Passiren der Bache und Fliisse gehorte eben gleichfalls zu den Gnadengewahrungen dieser Gottin, weil es ein Bild jegliches Ueberstehens ist." Dabei Erinnerung an die sogenannten petrones (Festus p. 210. p. 342.) oder an die stein- alten Landleute. 833 verschleiertes Krauenhaupt, graecisirt oft mit der 8tirnbinde (speridone) ant Munzen von Melite (Malta) und , fiige ich bei, von Gaulos (Gozzo) vorkommend l ), fur einen Kopf der Channa zu halten geneigt ist. Aber wenn man auch, was am sichersten ist 2 ), dabei stehen bleibt, dass Anna Perenna Italien angehbrt, und in dem Latinischen Cultus als eine Fluss-, Mond-, Zeit- und Zeitigungs - Gbttin verehrt wurde, und wenn man auch viel- leicht annehmen muss, dass sie keine eigentlichen Tempel, Tempelbilder und Tempeldienst hatte, sondern als ein landli- ches Naturwesen ihre Huldigungen auch bios in der freien Natur empfing, so war doch gewiss diese rustike Verehrung, die ja auch stadtisch , ja offentlich und selbst politisch wurde 3 ), nicht ohne dramatische Aufzuge und nicht ohne Bildwerk, oder wenigstens Masken. Hier bleibt also fur den Archaolo- gen die Aufgabe, sich in dem weiten antiken Bilderkreise nach Vorstellungen dieser Anna umzusehen. E. Q. Visconti mochte diese Aufgabe losen wollen, wenn er bei dem Frauen- bild auf der patera Cospiana an die Anna Perenna dachte 4 ). 1) Er citirt Mionnet. I. p. 342. nr. 17. 18. 19. 21. 24. 25. Dumersam Cab. Allier, p. 18. Comb. Mus. Brit. N. P. p. 87. Man vergl. aber auch Eckhel D. N. V. Vol. I. p. 268. 269. — Wir haben oben in dieser dritten Ausgabe der Symbolik II. 2. Nr. 25. (Man s. daselbst p. 449 sq. und p. 507.) eine auch bei Pellerio , Miiuter und jetzt bei Gesenius vorkom- mende Miinze mit d ems el ben Frauenkopf und auf der Riickseite mit einem Widderkopf und einer punischen Aufschrift mitgetheilt, woraus unsere Leser sich diese Figur anschaulich machen konnen, welche von alien Arcbaologen als Astarte-Juno bezeichnet wird. 2) Vergl. oben Bochart und Miinter. 3) Man denke an des Mdrzes Iden ihren Festtag und J. Casar's Todestag. 4) S. Fr. Inghirami Monumm. Etruschi, Ser. II. p. 223. Das Anna auf Griechischen Munzen von Gabala unter Commodus bei Pellerin Rec. III. pi. 134. fig, hat zu wunderlichen Hypothesen Anlass gegeben (s. Eckhel D. N. V. Tom. III. p. 313.) Dagegen erscheiot Dido auf Rom. 834 ^ — Was wir oben von einem Gemalde im Heiligthum der Juturna, mit der Vorstellung der den durstigen Kriegern ge- wiesenen Aqua Virgo vernominen, lasst ahnlichc Darstellun- gen in Bezug auf Anna Perenna vermuthen. Ein in einem Romischen Grabmal gefundenes Wandgemalde ist schon im vorigen Jahrhundert bekannt gemacht worden Auf den ersten Blick hat der Erklarer (p. 6 sqq.) darin eine landliche Festscene der Anna- Perenna -Feier erkannt. Da er jedoch noch einer andern Ausdeutung Raum giebt, es konne dieses Grabesbild auch wohl eine trostreiche Vorstellung des gluck- lichen Lebens in den Inseln der Seligen seyn, so sehe icb mich veranlasst, die erstere Erklarung mit einigen Bemer- kungen zu unterstutzen : Fur diese spricht zuvorderst die Stellung des kleinen Knaben, der zwei alten Mannern aus einer Schale zutrinkt. — Wir sehen hier namlich drei Gene- rationen vereinigt, Greise 2 ), Manner, Frauen, Jungfrauen und Kinder; — zweitens der Hirtenstab , wo mit die eine aus dem Obstgarten (s. oben) heraufsteigende Jungfrau sich stutzt, urn die Last eines rait Fruchten und Broden beladenen Kor- bes, den sie tragt, sich zu erleichtern; drittens und beson- ders aber das uber der Scene in einem Laubgewinde erschei- nende Frauen-Haupt$ welches offenbar sich auf die Anna- Kaisermiinzen von Sidon u. Tyrus ; auf diesen mit der Aufschrift /IEI4SIN. Eckhel ibid. p. 371. u. p. 388. 1) In den Antiquitates Middletonianae Tab. I. Ich habe eine Copie davon in den Abbildungen zu diesem Theil meines Buchs dritter Ausgabe, unter nr. 33. der Bildcr, mitgetheilt. 2) Und wie wir bei diesem ganzen Bilde an die Ovidische Be- sclireibung des Festes erinnert werden; so hier an folgende Verse (IIL 531 sqq.): „Gliihend von Sonn' und Wein erfleh'n sie so viele der Jahre, Als sie Pokale geleert nach der beschlossenen Zahl. Manchen find est Du hier, der Nestor's Jahre getrunken, Manche, die jetzo der Kelch schnell zur Sibylle gemacht. " 835 Luna bezieht, oder auf die thauende Mondsgottin die sich in den Fluthen der Tiber oder des Anio spiegelt. 1) Silius Italicus Pan. VIII. 225, von der, nach dem Gesprach mit Hannibal verschwindenden Anna: „ Dixit, et in nubes humentia sustulit ora u Crruzer'x deutsclie Scliriffeo. III. 3. IV. Von den Hero en und Damon en. (JNachtrag zum Anhang §. t— 8.) Je grosser der Zuwachs ist . den diese Lehre an Quellen und Hiilfsmitteln erhalten hat, deren Ergebnisse reichen Stoff zu einem eignen Buche darbieten, desto mehr muss ich mich hier auf eine blosse Angabe derjenigen beschranken, deren nahere Kenntniss zu machen mir moglich war. Zuvorderst haben wir durch Angelo Mai mehrere Inedita gewonnen, z. B. Stiicke des JudenPhilo, und des Porphyrius, und vorziiglich Griechischer Kirchenschriftsteller und aus derselben neugeoffneten Fundgrube haben wir noch den un- t) Als Beispiel hier eine Stelle aus des Polychronios CommeDtar iiber den Daniel in der Scriptorum vett. nova Collectio Vaticana I. p. 144. „Einige, heisst es dort, nennen den Regenten des Perserreichs eine ge- wisse damonische Natur" CTivkq ttqyovTa fiaoiUtaq HeQoojv daifiovix^v uva teyovot (pvow). Die Widerlegung dieses Satzes ubergehe ich billig, und bemerke nur, dass er mit der Notiz beim Olympiodorus in Platon. Alcib. pr. p. 153 ed. princ. Francof. zusanimenfallt, wo erzahlt wird, dass dem Perserkonig Opfer und Huldigungen, wie einem Gotte, gleich nach seiner Thronbesteigung dargebracht werden {riixwvxiq to? -&i6v). Es ist bekannt, dass diese Vergotterung des Konigs auf der Persischen Reichsreligion beruhete, wonach er als Reprasentant des Ormuzd oder des Mithras auf lirden betrachtet wurde (vergl. v. Hammer in den Wiener Jahrbb. der Liter. Band VIII. p. 381.) 837 gedruckten Commentar des Proclus uber das zehnte Buch des Staats von Plato zu erwarten; welches nach dem bereits be- kannt gemachten Schriftstellerverzeichniss , worin unter An- dern der in dieser Lehre wichtige Xenokrates vorkommt, noch manche bedeutende Aufschliisse verspricht; zumal da gerade in diesem Buche der grosse Satz ausgesprochen ist, dass der Damon nicht den Menschen, sondern der Mensch den Damon sich erwahlet ! ). — Aber auch die in jungster Zeit zuerst bekannt gemachten Werke Griechischer , zum Theii christlicher , Autoren liefern manche Ausbeute zu diesen Doctrinen. Man denke nur an die Anecdota. welche Bach- raann, Bekker, Boissonade und Cramer herausgegeben haben. — Besonders ist auch die spatere Philosophic der Griechen durch Abdrucke von Manuscripten und somit die Damonologie und Psychologic bereichert worden , namentlich durch Werke des Proclus von Cousin , durch die von mir edirten und erlau- terten Commentare des Proclus und Olympiodorus uber Plato's ersten Alcibiades 2 ) und die von Boissonade zuerst vollstandig 1) Ein Satz der mit der ganzen platonischen Lehre von der Seele und von dem freien Willen des Menschen aufs innigste zusammenhangt; wie denn die ganze Damonologie der Alten mit ihrer Psychologie natiir- lich in genauestem Zusammenhang steht. Ich habe von dieser Seelen- lehre der alten Philosophen in dem Bericht iiber eioige christliche Schrift- steller dieses Inhalts in den Heidelbb. Jahrbb. der Lit. seitdem eine kurze Uebersicht gegeben; und will hier nur auf eine Correlation aus diesen beiden Doctrinen liinweisen: so wird z. B. die Weltseele die gute Schwe- ster der Menschenseele genannt, und diese letztere wieder zum Korper in einem Verhaltniss dargestellt, wie der Damon oder Genius zum gan- zen Menschen sich verhalt (S. Plotin. II. 9. 18. mit den Anmerkungen p. 132 Oxon. vergl. des Armeniers David commentar. mscr. in Porphyrii quinque voce). Hieraus wird man ersehen, dass zu wiinschen ware, es mdchten einem kiinftigen Bearbeiter der ganzen Damonen-, Heroen- und Seelen- Lehre der Alten alle zum Theil noch ungedruckte Quellenschrift- steller zuganglich werden. 2) Worin unter vielem Andern (man s. nur den Index In meiner Ausgabe unter der Rubrik negl Saifioiiwv p. 353 sq.) die von Plutarchus 53* ^ 838 ^ herausgegebenen Scholien ties Proclus iiber den GYalylus, durch die neue Bearbeitung mehrer Stuck e des M. Psellus besonders seiner Schrift von der Wirksamkeit der Damonen, durch die vorher unedirte Gegenschrift gegen die von inir neu bearbeitete Institutio theologica des Proclus, von Nicolaus von Methone, die wir dem Herrn J. Th. Voemel verdanken, und endlich durch die vollstandige Ausgabe des Philosophen Damascius uber die ersten Principien, welche Herr J. Kopp mit Ausziigen aus Herennius zuerst ins Publicum gegeben. Was die Hulfsmiitel betrifft, so kann ich mich ganz kurz tassen, da ich die neuesten oben in mehreren Aninerkungen angefuhrt und einzelne Satze aus ihnen mitgetheilt habe. Jm Allgemeinen davon schliesslich zu sprechen , so enthalt Grote- fend's Aufsatz iiber die Heroen bei aller Kurze, wie man erwarten kann. viel Tuchtiges; weniger Eigenthiimliches der sonst sehr fieissig gearbeitete und klar abgefasste Artikel von Schincke uber die Damonen. Dieselbe Klarheit ware dem ungenannten Verfasser des unvollendeten Beitrags zur Geschichte der Griechischen Damonologie zu vvunschen ge- vvesen. Er ist jedoch die Frucht eigener kritischen For- schungen; nur dass diese zu sehr der negativen Richtung einiger neuerer Kritiker folgen. Wenn Solger (iiber den ttr- sprung der Lehre von den Damonen in der Religion der alten Griechen 5 in den nachgelassenen Schriften II. p. 650 sqq.) an meine Forschungen den Maasstab seiner Philosophic legte, so konnte ich, bei aller sonstigen Achtung gegen seinen Geist, davon auch nicht die geringste Notiz nehmen, da ich keine Religionsphilosophie der Griechen u. s. w. , sondern eine durch und durch aus Quellen geschopfte Ethnographie des religiosen Gebietes der alten Volker beabsichtige. und Appuleius in eigenen Schriften behandelte Lehre vom Genius des Sokrates wieder aufs Neue besprochen wird. (Man s. Procl. in Alcib. pr. p. 78 sqq. Olympiodor. in euudem p. 2 1 sqq.) Hierzu konimf jetzt noch eiu Bruchstfick des Lateinischen Philosophen Boethius, als Anliang zu Jo. Laur. Lydus de Ostentis ed. C. B. Hase p. 352 sq. 4ngalbe tier Abbildungcii dritten Heft des dritten Theiles *). Nr. 1. Fortuna mit einem Genius, sie mit einem azurnen Sternenmantel und einer gleichfarbigen Tunica bekleidet, mit einer hohen Gemmen- Krone auf dem Haupte und mit einem Steuerruder; worauf der mit einer rothen Chlamys bekleidete und einen griinen Schild in der linken Hand haltende Genius sich mit seiner rechten stutzt. Ein sehr sorgfaltig ausgefuhr- tes Wandgemalde aus Pompeii, zuerst edirt im Museo Bor- bonico Vol. VIII. tav. 24. Hier nach: Tav. II. b. an der Abhandlung des Dr. Heinr. Wilh. Schulz: Rappresentazioni della Fortuna in Dessen Rapporto intorno gli scavi Pompejani, Roma 1889. p. 47 sqq. vergl. Monumenti dell' Instituto archeol* di Roma 1839. 1) Die zur Italischen Mythologie und Symbolik gehdrigen Bilder der zweiten Ausgabe, welche im Bilderhefte zu derselben p. 57 — 62. verzeichnefc sind, werden ebenfalls hier weggelassen, ausser einem oder andern im Texte eingedruckten Holzschnitte. — Zu Taf. II. nr. 3. (vergl p. 57. nr. 1. des Bilderlieftes 2ter Ausg.) vergl. man jetzt das III. 1, p. 202. nr. 16. 3ter Ausg. dieser Symbolik Bemerkte. — Das als Siihn- opfer bezeiclinete Bild p. 61. nr. 8. unten 2ter Ausg. ist nach Raoul= Rochette Monumm. ined. p. 121. und p. 419, vielmehr eine Etruscische Darstellung der Opferung der Iphigenia. 840 Nr. 2. Aehnliche Fortuna, welcher ein geflugelter Eros einen Spiegel darreicht. Unedirte Carniol-Gemme; ebendas.; vergl. p. 75. Nr. 3. Fortuna (Primigenia) von Praeneste, zwei Kin- der (Juppiter und Juno) an ihren Busen driickend. Auf einer Terracotta -Platte bei Montfaucon Antiq. expl. Suppl. I. 85. 3. — Hier, nach Guigniaut pi. CL1I. nr. 565. (vergl. vorlaufig Cicero de Divinat. II. 41. 85. p. 448 ed. Moser mit meiner Anmerk. und Symbolik Band IV. p. 214 sq. 2ter Ausg.). Nr. 4. Die Fortunae £ Glucksgottinnen) von Antium mit zwei Delphinen. Grossmunze unter K. Augustus gepragt aus Auftrag des Triumvir Q. Rustius; bei Oisel LXI. 1. (vergl. C. L. Stieglitz Distributio Numorum FamiJiarum Romanarum. Lips. 1830. p. 85.). — Hier, nach Guign. nr. 56C. Nr. 5. Das Schicksal (Sors , welcher Name beigeschrie- ben ist) als Frauenbiiste mit einem Halsband geschmuckt. Munze der Familie Plaetoria bei Morelli Thes. p. 323. (vergl. Stieglitz a. a. 0. p 86.). — Hier, nach Guign. nr. 569. Nr. 6. Bonus Eventus (Genius des Pflanzensegens), in der einen Hand eine Schale, in der andern einen Aehren- buschel haltend; auf einer Munze des Kaisers Titus im Kbnigl. Franzos. Cabinet. ( — Sein Haupt mit derselben Beischrift auf einer Miinze der Familie Scribonia, s. Stieglitz p. 87. — Mit dem Fullhorn und mit einer zweizinkigen Hacke, auf einer Gemme vom Marburger Grabmal der heil. Elisabeth. S. meine Schrift: Zur Gemmenkunde p. 49—52, p. 163 sq. zu nr. 10 daselbst.) — Nach Guign. nr. 570. Nr. 7. Eine Frau mit langem faltigem Gewand, in der einen Hand einen Oelzweig, in der andern ein Fullhorn hal- tend, sich auf eine Saule stutzend. Umschrift: Securitas po- puli Romani (Sicherheit des Romervolks.). Miinze des Kaiser Nerva; bei Oisel LIX. 9 5 — nach Guign. nr. 571. Nr. 8. Junger Mann mit blossem Haupt, halbbekleidet , auf eine Lanze gestutzt, ein Fullhorn hallend: ihm gegenuber eine behelmte Frau mit einer Lanze und einem kurzen Schwert 841 ^ (parazoniuni). Umschrift Honos et Virtus (Ehre und Tapfer- keit). Munze des K. Galba bei Oisel LXIV. 7. (Stieglitz p. 87 sq.); — nach Guign. nr. 573. Nr. 9. Die Roinischen Penaten Trojanischer Herkunft. Zwei gegeneinander uber sitzende nackte Jiinglinge rait Schild und Lanze. Spiegel getragen von einer Apollo ahnlichen Ge- stalt. Bei La Chausse Mus. Roman. II. 22; — nach Guign. nr. 580. (Vergl. die Bilder der Dioskuren und der Kabiren in dieser Symbolik nr. 23 und 24. und dazu p. 203 3ter Ausg.). Nr. 10. Bild des Vejovis und auf der andern Seite zweier Laren; zwischen ihnen der Kopf des Vulcanus mit einer Zange und mit der berichtigten Inschrift LAKE. Unten ein Hund. Munze der gens Caesia bei Morelli ed. Havercamp. p. 59 sqq. (vergl. Eckhel D. N. Vol. V. p. 156. Stieglitz p. 79. Ais Holzschnitt in der Symbolik II. p. 870 2ter Ausg. und jetzt bei Guign. nr. 581. — Andere wollten die Penaten darin er- kennen, s. K. 0. Midler's Hndb. p. 623. nr. 7. Nr. 11. Lar familiaris (Hausschutzgott). Gekauert sitzen- der Knabe, ein Hundsfell uber den Schultern haltend. Neben ihra ein Brodkorb, mit Lebensmitteln gefullt. Bei Caylus Rec. dantiqq. III. 54. 4 5 — nach Guign. nr. 581. a. Nr. 12. Italische Miinze; Vorderseite ein belorbeertes Haupt; daneben mit Oscischer Schrift: VITELIV5 Ruckseite behelmte Gottin mit einer Lanze 5 neben ihr ein Stier. Diese Silbermiinze habenMillingenMed. gr. ined. I. 19. p. 31. Pelle- rin I. Suppl. II. tab. 1 und 2. Micali l'ltalia tab. LVIII. 10 Sie ist eingedruckt ais Holzschnitt Symbolik II. p. 819 2ter Ausg. und jetzt bei Guign. nr. 600. (Der Stier bezeichnet Italien, vvorauf sich auch die Beischrift Viteliu bezieht: Vite- liu, Vitaiia, Vitulus). Nr. 13. Voicentisches Gefass der Konigl. Berliner Samm- lung mit dem Etruskischen Ckarun (Charon) in einfachem aber weibischen Gewand, gleich demjenigen einer Bakcha auf der Ruckseite derselben Vase 5 — nach Ambrosch de Charonte Etrusco Vratislav. 1837. tab. I. mit p. 64 sq. Anmerls.: K. O. — 842 Muller Etrusk. 11. p. 99 sq. wollte in diesem Todtenfuhrer den Tuskischen Gott der Unterwelt Mantus erkennen. Man vergl. unten zu nr. 19, Nr. 14. Zweites Gefass derselben Sammlung. ebenfalls darstellend den Etruscischen Charon, aber mit aufgehobenem Hammer sich umwendend und drohend, damit der ihm nach- reitende Verstorbene (den jener in die Unterwelt zu fuhren hat, und der sich nach seiner Fran umsieht, welche mit einer dem Pferdeschweif aufgelegten Hand ihm den Abschiedsgruss er- theilt) ihm nicht entrinne. — Ebendas. Taf. II. mit p. 67—71. Nr. 15, Abzug in die Unterwelt. Charon mit erhobenem Hammer fuhrt das Ross, worauf der in sein Gewand gebullte Verstorbene sitzt, am Zugel. Hinter dem Pferd schreitet ein Gepaek tragender sanfterer Genius. Basrelief auf einer Ala- baster-Urne im Museo von Volterra, bei Inghirami Monimenti Etruschi Serie I. P. I. tav. 7.$ — nach Guign. nr. 591. Nr. 16. Aehnliche Scene. Ein befliigelter Genius fuhrt das Pferd, das einen unverhullten Todten tragt, am Zugel, und loschet eine brennende Fackel am Boden aus. Ein anderer fnrcht barer geflugelter Genius (vielleicht Charun) mit Hammer und Schwert folgt dem Pferde. Basrelief auf einer ahnlichen Urne bei Micali CIV. 1. vergl. Inghirami M. E. ebendas. tav. 8: — nach Guign. nr. 591. a. Nr. 17. Eine verhuilte Seele auf einem Seeross reitend, den Seezug in die Unterwelt andeutend. Basrelief auf einer {ihnlichen Urne, bei Inghirami M. E. ebendas. tav. 6: — nach Guign. nr. 591. b. Nr. 18. Kampfscene zwischen zwei Kriegern , wovon der eine unter seinem umgestiirzten vierspannigen Wagen liegt. Zwei geflugelte Genien auf beiden Seiten, wovon der eine mannliche im Fliigel ein Auge tragend, ein Pferd am Zugel fasst; der andere weibliche, mit dem Schwert bewfiffnet, scheint mit einem Griffel die Todesstunde des gefailenen Krie- gers zu bezeichnen. — Auf dem Urnendeckel ruhet die Figur einer prachtig geschmiickten Matrone, welche in der einen 843 Hand eine geoffnete Schreibtafel halt, in der andern einen Granatapfel, diese der unterirdischen Proserpina heilige Frucht. — Die Etruscische Inschrift besagt, dass die Verstorbene zu dem grossen Geschlecht der Cecini gehorte. — AJabasterurne im Louvre zu Paris, bei Mieali tav. CV$ — nach Guign. nr. 591. c. Nr. 19. Manias oder Vedius, der Etruscische Pluto aut seinem Throne sitzend, und in seinen Handen eine Fackel und ein Schwert haltend 5 neben ihm Cerberus. Bei Inghirami Mon. Etr. Ser. I. 1. tav. 9. p. 82 sqq. vergl. K. 0. Muller's Etrusker II. p. 61. 96 und 99 , und s. oben zu nr. 13. — Hier, nach Guign. nr. 592. b. Nr. 20. Silvanus stehend , bartig , umkranzt rait einem Fichtenzweig, mit einem Thierfell bekleidet, worin er Fruchte tragt , in der einen Hand einen jungen Fichtenstamm tragend, in der andern ein Gartenmesser. Neben ihm ein Altar, \vo- rauf ein alter und ein junger Landmann ein Opfer bringen, wahrend ein Knabe die Doppelpfeife blaset. Unten am Altar das auch den Laren geweihte Hausthier, der Hund. Von der andern Seite fuhren Landleute ein junges Schwein zum Opfer herbei. — Basrelief bei Thomas de Donar. p. 85, bei Guign. nr. 598. (Daher ist. auch die Statue im Louvre, bei Clarac p. 345. Bouillon I. 58. Guign. nr. 597. Millin G. M. nr. 291, als Vertumnus bezeichnet, ein Silvan, s. Guign. a. a. 0. p. 247. und K. 0. Muller's Handb. d. A. d. K. §. 404. p. 619. nr. 1.) — Hier, nach Millin Gall, mythol. CXVI. nn 289. Nr. 21. Haupt der Flora mit Blumen bekranzt und eine Blume dahinter. Riickseite: Sitzende Vestalin verschleiert , eine Larape in der Hand haltend (vielleicht die Vestalin Clau- dia Quinta). Munze der gens Clodia bei Morelli Thesaur. p. 93. vergl. Stieglitz Numi famill. p. 73. — Hier, nach Guign. nr. 599. a. Nr. 22. Statue der Pomona, die mit Blumen bekranzt in ihrein Mantel verschiedene Fruchte mit beiden Handen halt. ^ 844 « Bei Cavaceppi Raccolt. II. 45. Clarac pi. 441. nr. 804. — Hier, nach Guign. nr. 599. d. Anmerk.: Gleichwie die Flora aus der Fruhlings - Hora der Griechen gebildet zu seyn scheint ; so die Pomona aus der Griechischen Opora oder Herbst-Hora; s. K. 0. Muller's Handb. d. A. d. K. §. 404, p. 619. vergleiche meine Schrift Zur Gemmenkunde p. 120 und 201. Nr. 23. Amor auf der einen Seite, auf der andern in einem Distylon Korinthischer Ordnung Juppiter Gamelius, uber ihm der Blitz und Juno Cinsia, uber ihr die Mondscheibe. Umschrift um den Kopf des Amor: Maxsumus; unter Juppiter und Juno : C. Egnatius. Co. F. Cn. N. Munze der gens Egna- tia bei Morelli Thes. p. 159. (und daraus vorher als Holz- schnitt im Text der Symbolik II. p. 546 2ter Ausg. S. das Bilderheft p. 24. zu nr. 38.) jetzt nach Guign. nr. 275. a. [vergl. Eckhel D. N. V. Vol. V. p. 205, Stieglitz Nuram. Famill. Roram. p. 52. E. Gerhard's Antike Bildwerke I. p. 109 sq. not. 215. und Panofka in der Auswahl antiker Weih- geschenke, Berlin 1840. p. 58. und p. 67 5 wo die zwei Gott- heiten neben einander so bezeichnet werden: Jupiter - Genius und Juno Natio [Nascio]. S. daselbst zu Tafel III. nr. 7, worauf aber Blitz und IViond, oder ein Polos, fehlen. Nr. 24. Bartiger Kopf des Titinus ([Mutinus Tutunus) mit Fliigeln an der Stirn. Auf der Ruckseite ein sprengender Pegasus. — Silber-Denar der gens Titia bei Morelli, auch in einer Heidelberger Sammlung. — Hier, nach Panofka Von einer Anzahl antiker Weihgeschenke Taf. IV. nr. 7. vergl. p. 59. Anmerk.: Von diesem Titinus, einem ltalischen Pria- pus , ist zum Texte dieses Capitels §. 15. das Ndthige bemerkt worden. Nr. 25. Kopf des Pallor mit gestraubtem Haar und dem Schild im Rucken$ auf der Ruckseite: Mars auf einer vom Phobos, der eine Fackel halt, gelenkten Biga Lanzen wer- fend. Aufschrift L. Hostilius Saserna, bei Morelli I. p. 199. — Hier, nach Panofka Von einer Anzahl antiker Weihgeschenke Taf. III. nr. 4. Nr. 26. Kopf des Pavor mit herabhangendem Haar$ hin- ter ihm ein Lituus 5 Riickseite das Idol der drtemis- Diana mit einem Hirsch. — Ebendaselbst; auch ein Exemplar mit aus- drucksvollerem Gesicht des Pavor in einer Heidelberger Samm- lung*. Silber-Denar derselben gens mit derselben Aufschrift. — Hier, nach Panofka a. a. 0. Taf. III. nr. 5. (vergl. Eckhel D. N. V. T. V. p. 226. Miilin G. Myth* nr. 158. 159. Stiegiitz Numm. famill. p. 56. und p. 90. K. 0. Muller's Handb. §. 406. p. 626. nnd Panofka a. a. 0. p. 59 sq., welcher im Namcn Hostilius eine Anspielung auf Mars, so wie in der Artemis der letztern Munze eine Diana Hostilina , eine Art von Enyo- Beilona erkennet; und welche mit der Getreide-Gottin Hosti- lina (s. oben Nachtrag I.) nicht verwechselt werden darf. — Ueber Deimos und Phobos s. Symbolik III. 1. p. 208 Ster Ausg. mit den Bildern nr. 20. a. und nr. 20. b.). Nr. 27. Lorbeerbekranzter Kopf der Salus (Heilgottin, Valetudo) mit der Umschrift Salutis^ Riickseite Hygiea mit einer Schlange an einen Cippus gelehnt, Umschrift M. Aci- lius III Vir Valetu. Bei Morelli gens Acilia HI. p. 2. vergl. D. N. V. T. V. p. 119. Stiegiitz Numm. Famill. p. 83. — Silber-Denar der gens Acilia 5 auch in einer Heidelb. Samm- lung. — Hier, nach Panofka Weihgeschenke Taf. IV. 9. vergl. p. 68. (Eine andere Silbermunze derselben gens Acilia mit derselben Gottin und mit der Umschrift Acil. II Vir ist abgebildet Symbolik Taf. V. nr. 11. vergl. dazu Band II. p. 414 2ter Ausg.). Nr. 28. Mars, die Rhea- Sylvia als seine Braut fuhrend. Gegeniiber der Genius des Albanerbergs auf einer Felsenhohe sitzend mit einem Fichtenzweig 5 unten der Flussgott Anio. Ihm gegeniiber ein Baumstamm, Schaaf und Ziege zur An- deutung der Landschaft. Basrelief im Vatican (s. Mus. Pio- Clement. Tom. V. tav. 25.) — Vergl. uber andere Denkmaler aus diesem Mythenkreis der Romischen Incunabel - Sagen 846 «p K. 0. Muller's Handb. d. A. d. K. §. 873. S. p. 546. ~ Hier. nach Millin Gall, mythol. CLXXX. nr. 654. Nr. 29. Roma mit Helm und Schwert auf sieben Hu*reln sitzend. Unter der Gottin eine Wolfin mit Romulus und Re- mus 5 welter abwarts der Flussgott Tibris , Unterschrift : Roma. Bei Pedrusi VI. 12. 6. (Sonst auf Miinzen. s. Stieglitz Numm, famill. p. 91. und auf andern Denkmalern, vergl. K. 0. Miil- ier's Handb. §. 405. p. 622. nr. 2.). — Hier, nach Millin Gal. myth. CLXXXII. nr. 662. Nr. 30. Der Genius des Romervolks , auf dem Haupt den modius (Scheffel), in der einen Hand das Fullhorn, mit der andern aus einer Schale ein Trankopfer in die Opferflamme ausgiessend. Umschrift: Genio Populi Romani. Bronzemunze Constantin I., bei Banduri II. 2. (Ueber andere Munzen und Denkmaler mit ahnlichen Darstellungen s. Stieglitz Numm. Famill. p. 91. Dessen archaol. Unterhalt. II. p. 156. und Mul- ler's Handb. a. a. 0. p. 623. nr. 6.). — Hier, nach Millin Gal. mythol. CLXXXII. nr. 668. Nr. 31. Der Genius der Romischen Welt und der ewigen Stadt, tragend auf seinen machtigen Flugeln zwischen zwei Adlern das als Juppiter und Juno costumirte kaiserliche Ehe- paar Antoninus pi us und Faustina; in der Hand des Genius erblickt man die Weltkugel mit Sternen und Thierkreis von einer Schlange umwunden. Unten rechts erscheint die Gottin Roma mit erhobener rechten Hand zur Begrussung der Kai- ser 5 zu ihren Fussen Spolien oder Waffenstiicke aller Art; auf ihrem Schilde sieht man die an der Wolfin saugenden Romulus und Remus; der Roma gegenuber ruht als schoner Jiingling der Genius des Marsfeldes mit einem von ihm gehal- tenen Obelisken, als Zeichen des Bestattungsortes der gestor- benen Kaiser und Kaiserinnen. Ganz unten die daran vor- beifliessende Tiber. — Basrelief im Vatican bei Visconti Mus. Pio- Clement. Tom. V. tav. 29, auch bei Hirt mythol. Bild. B. XVI. mit p. 185 sq. — Hier, nach Millin Gal. mythol. CLXXX, nr. 682. 84'/ -A Nr. 32. Genius loci (Oerllicher Schutzgeist) als eine unter Pflanzen sich windende und vom Hausaltar Nahrung holende gewaltige Schlange. — Aus einem Poinpejanischen Wandffemaide in den Mon. dell' Instit. archeol. 1839. und E. W. Sehulz Rapporto intorno gli Scavi Porapeiani Rom. 1839, Anmerk.: Ueber die Genien aller Art, die Ortsgenien und ihre Darstellungen auf Miinzen und andern antiken Denkmalern . s. E. Q. Visconti im Museo Pio- Clement. Tom. V. p. 56 sqq. ed. de Milan 5 Rasche Lex. univ. rei num. vet. II. 1. p. 1371 sqq. 5 Stieglitz Numm. Famill. p. 78 sqq. 5 K. 0. Muller's Hndb, $. 405. p. 623. nr. 6. — E. W. Sehulz a. a. 0. p. 75. und daselbst Persii Satir. I. J 13. mit den Auslegern. Nr. 33. Landliche Scene von dem am 15. Marz jahrlich von den Romern im Freien am Ufer der Tiber nachst der Miindung des Anio gefeierten Feste der Anna Perenna, — Oopie eines Wandgemaldes aus einem Romischen Grabmal, jetzt in England. — Nach den Antiquitates Middletonianae. London 1747. Tab. 1. Anmerk.: Von diesem und andern ver- mutbeten Bildern dieses Kreises ist naehtraglich zum §. 15. dieses Capitels der Symbol ik 3ter Ausg. gehandelt worden. I ii It a 1 t. Neuntes Capitel. Alt-Italische Religionen. Seitt §. 1. Einleitung 531 §. 2. Betrachtung der alt-Italischen Religion iiberhaupt . . • . 542 §. 3. Religion der Etrusker 545 §. 4. Die Gottheiten der Etrusker (Laren) 553 §. 5. Von den Penaten 576 §. 6 — 9. Janus 585 §. 10. Der Gott Mantus 624 §. 11. Der Gott Tages 632 §. 12. Die Augurien 642 §. 13. Die Theorie von den Blitzen 650 §. 14. Ein Blick auf die Culte einiger andern Volker des alten Italiens 670 §. 15. Religion der Latiner (Romer) 675 §. 16. Die Salischen Priester 690 §. 17. Allgemeine Betrachtung der Religionen des alten Italiens . 701 §. 18. Die Palilien und Rom die ewige Stadt 706 Anhang zur Lehre von den Griechischen und Italischen Religionen. §. I — 8. Von den Heroen und Damonen 717 850 N a c h t r a g e. SeJte I, Ueber den Zuwachs an Denkmalern und Schriften zu dieser Lelire, und iiber den Geist der altrdmischen Religion . . . 799 II. Tages (zu §. 11.) 808 III, Die Palicischen Gotter und Anna Perenna (zu §. 15.) . . . 815 IV, Von den Heroen und Damonen (zum Anhang §, I — 8.) . , . 836 Angabe der Abbildungen 839 / *